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A. Vorgelegte Rechtsfrage, Sachverhalt und
Ausgangsverfahren, Anrufungsbeschluss, Stellungnahmen der
Beteiligten
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I. Vorgelegte Rechtsfrage
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Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH)
hat dem Großen Senat folgende Rechtsfrage zur Entscheidung
vorgelegt:
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Können Aufwendungen für die Hin-
und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat
veranlassten Reisen in abziehbare Werbungskosten (Betriebsausgaben)
und nicht abziehbare Aufwendungen für die private
Lebensführung nach Maßgabe der beruflich (betrieblich)
und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden,
wenn die beruflich (betrieblich) veranlassten Zeitanteile
feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind?
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II. Sachverhalt und
Ausgangsverfahren
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Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte
Ehegatten. Der Kläger, der früher auch in den USA
berufstätig war, bezog im Streitjahr (1994) als
kaufmännischer Angestellter Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit zunächst bei einem im Bereich
der Informationstechnologie tätigen Unternehmen und im zweiten
Halbjahr aus einer Tätigkeit als „EDV-Controller“
bei einem Unternehmen der Versicherungsbranche.
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Er besuchte - wie auch in den Vorjahren -
eine Computer-Messe in Las Vegas, auf der er im Vorjahr einen
Vortrag gehalten hatte. Er flog am Freitag, dem 11.11.1994 - ohne
die Klägerin -, nach Las Vegas. Die Messe begann am darauf
folgenden Montag und endete an dem darauf folgenden Donnerstag. Von
Montag bis Mittwoch fanden in der Zeit von 10:30 Uhr bis 17:00 Uhr
(mit drei halbstündigen Pausen) Fachveranstaltungen und
Fachdiskussionen statt. Am Donnerstag dauerten die
Fachveranstaltungen von 9:00 Uhr bis 14:30 Uhr. Am darauf folgenden
Samstag flog der Kläger von Las Vegas zurück nach
Köln; dort traf er am Sonntag ein.
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Der Kläger machte die Aufwendungen
für die Reise als Werbungskosten bei der Ermittlung seiner
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geltend:
Flugkosten (inklusive Flughafengebühren),
Tagungsgebühren, Verpflegungsmehraufwand und Hotelkosten
für sechs Übernachtungen.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte nur die
Tagungsgebühren als Werbungskosten. Das Finanzgericht (FG) gab
der dagegen erhobenen Klage teilweise statt (EFG 2001, 1186). Von
den sieben Tagen des USA-Aufenthalts seien nur vier Tage einem
eindeutigen beruflichen Anlass zuzuordnen. Deshalb seien nur Kosten
für vier Übernachtungen und Verpflegungsmehraufwendungen
für fünf Tage zu berücksichtigen. Die Flugkosten
seien zu 4/7 als Werbungskosten anzuerkennen. Die Aufteilung dieser
Kosten sei möglich, weil an den einzelnen Messetagen
ganztägig berufliche Veranstaltungen stattgefunden
hätten.
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Mit der Revision (Az. VI R 94/01) rügt
das FA die Verletzung von § 12 Nr. 1 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG). Das FG habe die Flugkosten
abweichend von der Rechtsprechung des BFH zu Unrecht aufgeteilt.
Die Berücksichtigung der Übernachtungskosten und
Verpflegungsmehraufwendungen durch das FG hält das FA hingegen
für zutreffend. Das FG habe jedoch übersehen, dass die
Tagungsgebühren bereits vom FA zum Abzug zugelassen worden
seien.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Einkommensteuer unter Berücksichtigung
weiterer Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers
aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 1.896 DM
(969,41 EUR) festzusetzen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
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III. Vorlagebeschluss des VI.
Senats
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Der VI. Senat hält das Urteil der
Vorinstanz auch insoweit für zutreffend, als das FG die Kosten
des Hin- und Rückflugs aufgeteilt und zu 4/7 als
Werbungskosten des Klägers berücksichtigt hat. Der VI.
Senat möchte der Revision des FA gleichwohl stattgeben und die
Vorentscheidung aufheben, weil das FG die Tagungsgebühren, die
das FA bereits berücksichtigt hatte, irrtümlich nochmals
als Werbungskosten abgezogen hat. Nur insoweit beabsichtigt der VI.
Senat, die Einkommensteuer der Kläger anderweitig
festzusetzen.
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Der VI. Senat sieht sich an der
beabsichtigten Entscheidung jedoch gehindert, weil seine
Rechtsauffassung von den Urteilen des IV. Senats vom 5.12.1968 IV R
46/67 (BFHE 94, 484, BStBl II 1969, 235 = SIS 69 01 49) und vom
28.10.1976 IV R 35/76 (BFHE 121, 35, BStBl II 1977, 238 = SIS 77 01 36) abweicht.
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16
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Auf Anfrage des VI. Senats hat der IV.
Senat mitgeteilt, er neige dazu, dem VI. Senat in dessen Auffassung
zu folgen, dass die folgerichtige Umsetzung der mit dem objektiven
Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung ein Aufteilungs-
und Abzugsverbot für Kosten einer lediglich teilweise durch
die Einkunftserzielung veranlassten Reise nur erfordere, wenn die
Kosten der Reise nicht nach objektiven Kriterien aufgeteilt oder
keine sicheren Feststellungen zu Grund und Höhe der durch die
Einkunftserzielung veranlassten Kosten getroffen werden
könnten. Er sehe sich an einer Zustimmung zur Abweichung von
seinen Urteilen aber durch die Rechtsprechung des Großen
Senats gehindert.
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17
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Der VI. Senat hat daraufhin
gemäß § 11 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
den Großen Senat angerufen. Er stützt seinen
Vorlagebeschluss ferner auf § 11 Abs. 4 FGO, weil die
vorgelegte Rechtsfrage für eine Vielzahl ähnlicher
Fälle Bedeutung habe und wegen der unterschiedlichen
Auffassungen in Rechtsprechung und Schrifttum eine Entscheidung des
Großen Senats geboten sei. Hinsichtlich der Begründung
im Einzelnen wird auf den Vorlagebeschluss vom 20.7.2006 VI R 94/01
(BFHE 214, 354, BStBl II 2007, 121 = SIS 06 37 91) Bezug
genommen.
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IV. Stellungnahmen der Beteiligten
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1. Die Kläger und das FA haben sich
nicht mehr geäußert.
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2. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 FGO) und hat wie
folgt Stellung genommen: Der Auffassung des vorlegenden Senats,
auch Reisekosten seien generell aufteilbar und mit dem
betrieblich/beruflich veranlassten Anteil abziehbar, sei nicht zu
folgen. Mit dieser Vorgehensweise werde das im Gesetz angelegte
Aufteilungs- und Abzugsverbot im Ergebnis außer Kraft gesetzt
und der Abzug der Aufwendungen lediglich dann ausgeschlossen, wenn
die betrieblich/beruflich veranlassten Zeitanteile gegenüber
den privat veranlassten nicht ins Gewicht fallen. Diese Wertung
kehre das Aufteilungs- und Abzugsverbot in ein weitgehendes
Aufteilungs- und Abzugsgebot um und sei mit dem Sinngehalt des
§ 12 Nr. 1 EStG unvereinbar. Aus dieser Vorschrift sei
abzuleiten, dass der Aufwand für Reisekosten in Fällen
einer nicht unerheblichen privaten Mitveranlassung
grundsätzlich nicht abziehbar sei. Der Abzug der Aufwendungen
setze voraus, dass sie nach objektiven und einfach
nachprüfbaren Kriterien unmittelbar dem
beruflichen/betrieblichen Bereich zugeordnet werden könnten.
Das sei bei einer nicht unerheblichen privaten Mitveranlassung
nicht der Fall. Die beruflichen/betrieblichen Zeitanteile des
Aufenthalts seien wegen der eingeschränkten
Verifikationsmöglichkeiten als Aufteilungsmaßstab
unbrauchbar.
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21
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Allerdings lasse die Rechtsprechung bei
einer Reihe von anderen Lebenssachverhalten eine Aufteilung nach
Zeitanteilen zu (z.B. bei Aufwendungen für Kraftfahrzeuge oder
der Telefongrundgebühr). Diese differenzierende Behandlung sei
auf die Eigenart der betreffenden Lebenssachverhalte
zurückzuführen; sie sei jedoch nicht Ausdruck eines
allgemeinen Prinzips. Daher bestehe kein Anlass, sie auf
Reisekosten auszudehnen. Die Gerechtigkeitserwägungen, die der
bisherigen Rechtsprechung des Großen Senats zugrunde gelegen
hätten, seien gerade für Reisekosten von hoher Bedeutung,
weil sich die Möglichkeit, an Reisen mit beruflichen
Berührungspunkten teilzunehmen, für einzelne
Berufsgruppen ganz unterschiedlich darstelle. Auch sei die
Abgrenzung von beruflichen und privaten Berührungspunkten bei
Reisen, insbesondere bei Auslandsreisen, häufig schwierig und
hänge vom Geschick der Darstellung durch den Steuerpflichtigen
ab. Die Auffassung des vorlegenden Senats führe auch nicht zu
einer Vereinfachung, weil danach immer noch die Fälle
abzugrenzen seien, in denen die beruflichen Berührungspunkte
nicht ins Gewicht fielen. In Zukunft würden zudem die
Steuerpflichtigen für die Kosten zahlreicher Reisen, die sie
bisher mangels Erfolgsaussicht nicht geltend gemacht hätten,
einen anteiligen Abzug verlangen.
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B. Entscheidung des Großen Senats zu
Verfahrensfragen
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1. Der Große Senat entscheidet
gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche
Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Sache durch eine
mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Keiner der
Beteiligten hat mündliche Verhandlung beantragt.
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2. Die Vorlage an den Großen Senat ist
gemäß § 11 Abs. 2 bis 4 FGO zulässig. Die
Auffassung des vorlegenden Senats weicht von den Urteilen des IV.
Senats in BFHE 94, 484, BStBl II 1969, 235 = SIS 69 01 49 und in
BFHE 121, 35, BStBl II 1977, 238 = SIS 77 01 36 ab. Auf Anfrage des
vorlegenden Senats hat der IV. Senat mit Beschluss vom 1.6.2006 IV
ER-S-1/06 mitgeteilt, er sehe sich an einer Zustimmung zu der
beabsichtigten Abweichung durch die bisherige Rechtsprechung des
Großen Senats gehindert. Aufgrund der unterschiedlichen
Auffassungen in Rechtsprechung und Schrifttum sowie der erheblichen
Bedeutung der Rechtsfrage für die Praxis kommt der Frage auch
grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 11 Abs. 4 FGO zu.
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25
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3. Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die
Entscheidung des VI. Senats in der Revisionssache VI R 94/01
entscheidungserheblich. Bejaht der Große Senat die
Vorlagefrage, so ist die Revision des FA zwar begründet und
das angefochtene Urteil des FG aufzuheben, die Steuer ist jedoch
nur insoweit anderweitig festzusetzen, als das FG die bereits vom
FA berücksichtigte Tagungsgebühr irrtümlich nochmals
abgezogen hat. Verneint der Große Senat hingegen die
Vorlagefrage, so hat die Revision des FA in vollem Umfang Erfolg.
Das FG-Urteil ist in diesem Fall aufzuheben und die Klage insoweit
abzuweisen, als das FG die Flugkosten zu 4/7 als Werbungskosten
berücksichtigt hat.
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C. Entscheidung des Großen Senats
über die vorgelegte Rechtsfrage
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Der Große Senat folgt im Wesentlichen
der Auffassung des vorlegenden Senats.
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I. Rechtsentwicklung
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1. Gesetzgebung und Rechtsprechung zur
Beurteilung gemischter Aufwendungen (ohne Reiseaufwendungen)
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Gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind
Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst
sind. Nach § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG sind
Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung
der Einnahmen; sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der
sie erwachsen sind. Gemäß § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG
(eingeführt durch das Einkommensteuergesetz 1934 vom
16.10.1934, RGBl I 1934, 1005, RStBl 1934, 1261) dürfen -
abgesehen von den hier nicht maßgeblichen Ausnahmen im
Einleitungssatz der Vorschrift - die für den Haushalt des
Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner
Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei der
Einkommensermittlung nicht abgezogen werden. Dazu gehören nach
§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die Aufwendungen für die
Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche
Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur
Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des
Steuerpflichtigen erfolgen.
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a) Die dem § 12 Nr. 1 EStG 1934
vorausgehende Gesetzgebung
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Der Grundsatz, dass Aufwendungen für die
private Lebensführung nicht abziehbar sind, war bereits in den
dieser Vorschrift vorangehenden Bestimmungen geregelt.
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aa) So waren bereits nach § 9 Abs. II.
Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes vom 24.6.1891 (Gesetz-Sammlung
für die Königlichen Preußischen Staaten 1891, 175)
insbesondere die zur Bestreitung des Haushalts der
Steuerpflichtigen und zum Unterhalte ihrer Angehörigen
gemachten Ausgaben „nicht abzugsfähig“.
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bb) Die Vorschrift des § 8 Abs. III. Nr.
2 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vom 19.6.1906 (Gesetz-Sammlung
für die Königlichen Preußischen Staaten 1906, 259),
übernahm die vorgenannte Regelung und erweiterte sie dahin,
dass insbesondere alle Aufwendungen zur Befriedigung
persönlicher Bedürfnisse „nicht
abzugsfähig“ waren.
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35
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Allerdings war damals anerkannt, dass
Aufwendungen, die sowohl persönlichen als auch beruflichen
Bedürfnissen dienen, aufzuteilen und zu einem entsprechenden
Teil abziehbar sind (Fuisting/Strutz, Die Preußischen
direkten Steuern, Erster Band, Kommentar zum Einkommensteuergesetz,
8. Aufl. 1915, § 8 Anm. 57; Königlich Preußisches
Oberverwaltungsgericht - PrOVG -, Entscheidung vom 26.9.1901 Rep.
XI.a.88/01., PrOVGE 10, 86 – zu den Löhnen einer
Viehmagd und einer Haushälterin, die jeweils im Haushalt und
in der Landwirtschaft eingesetzt waren; danach sollte die nur
gelegentliche Verwendung eines für den Betrieb eingestellten
Dienstboten im Haushalt dem Abzug der gesamten Kosten nicht
entgegenstehen).
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cc) Die Bestimmungen des § 15 Nr. 3 des
Einkommensteuergesetzes vom 29.3.1920 (RGBl I 1920, 359) und des
§ 18 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes vom 10.8.1925 -
EStG 1925 - (RGBl I 1925, 189) nahmen ebenfalls die Formulierung
der Vorläufervorschriften auf. § 18 Abs. 1 EStG 1925
verdeutlichte zusätzlich, dass grundsätzlich solche
Ausgaben nicht abgesetzt werden dürfen, die sich als
Verwendung des Einkommens darstellen. Auch nach diesen Vorschriften
galt zunächst - im Anschluss an die Entscheidung in PrOVGE 10,
86 - der Grundsatz, dass, wo die Verwendung für
persönliche Zwecke gegenüber der Verwendung für
berufliche Zwecke nicht ganz unerheblich ist, eine entsprechende
Teilung der Aufwendungen in einen als Werbungskosten abziehbaren
und einen nicht abziehbaren Teil erforderlich ist (Strutz,
Kommentar zum EStG 1925, Bd. 1, 1927, § 18 Anm. 20).
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37
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b) Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs unter
der Geltung des Einkommensteuergesetzes 1925
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38
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Während der Geltung des
Einkommensteuergesetzes 1925 hatte der Reichsfinanzhof (RFH)
zunehmend über den Abzug von Aufwendungen zu entscheiden, die
im Wesentlichen privat veranlasst waren und nur in einem losen,
allenfalls mittelbaren Zusammenhang zur Berufstätigkeit
standen (vgl. Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer,
München/Berlin 1940, § 11 S. 15). Er beurteilte solche
Aufwendungen, insbesondere so genannte
Repräsentationsaufwendungen, grundsätzlich als nicht
abziehbare Kosten der Lebensführung, weil in derartigen
Fällen wegen der Schwierigkeiten der Abgrenzung zwischen
Lebenshaltungskosten und Werbungskosten der Nichtabziehbarkeit von
Lebenshaltungskosten der Vorrang einzuräumen sei (Urteile vom
7.3.1928 VI A 207/28, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1928 Bd. II,
Sp. 312 - Haushalt und Bedienung; vom 2.8.1930 VI A 1267/30, RStBl
1930, 679 – Villa des Generaldirektors; vom 10.6.1931 VI A
686/31, StuW 1931 Bd. II, Sp. 1305; vom 4.5.1932 VI A 1646/31,
RStBl 1932, 727 - Einladungen und Bewirtung; vom 13.11.1930 VI A
558/30, RStBl 1931, 108 - Verleihung des Ehrentitels eines
bayerischen Kommerzienrats; vom 15.10.1930 VI A 1754/30, RStBl
1931, 23 - Wahl der Tochter eines Kaufmanns zur
Schützenkönigin; vom 20.3.1930 VI A 147/30, RFHE 27, 82;
vom 27.8.1930 VI A 1216/30, RStBl 1931, 740 - jeweils zu
Beiträgen an politische Parteien; vom 23.6.1933 VI A 1493/30,
RStBl 1933, 811; vom 23.6.1933 VI A 170/32, RStBl 1933, 812 -
jeweils zu Zuwendungen für wohltätige Zwecke).
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39
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Allerdings ging der RFH auch weiterhin davon
aus, dass solche wesentlich privat veranlassten Aufwendungen
teilweise abziehbar sein könnten, soweit ein abgrenzbarer
beruflicher Mehraufwand gegeben sei (Urteile in StuW 1928 Bd. II,
Sp. 312; vom 15.1.1930 VI A 1675/29, RStBl 1930, 265 –
Mehraufwendungen für Verpflegung; vom 17.7.1930 VI A 1134/30,
RStBl 1931, 6 - Hörgerätebatterien; vom 29.4.1931 VI A
860/31, RStBl 1931, 905 - PKW-Kosten; in RStBl 1932, 727; vom
16.9.1931 VI A 1711/30, RStBl 1931, 921 - Bekleidungsaufwand). Der
abziehbare Teil der Aufwendungen war danach notfalls zu
schätzen (RFH-Urteile in StuW 1928 Bd. II, Sp. 312; in RStBl
1931, 6; 1931, 905).
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c) Einführung des § 12 EStG 1934 und
darauf folgende Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs
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41
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Die vorgenannte Rechtsprechung griff der
Gesetzgeber 1934 mit der auch heute noch geltenden Vorschrift des
§ 12 EStG ausdrücklich auf (Gesetzesbegründung,
RStBl 1935, 33, 41). Der RFH setzte unter der Geltung dieser
Vorschrift seine überkommene Rechtsprechung fort, dass dann,
wenn die Abgrenzung zwischen Lebenshaltungskosten und beruflichen
Aufwendungen schwierig ist, grundsätzlich nicht abziehbare
Ausgaben anzunehmen sind (Urteil vom 15.11.1939 VI 572/39, RStBl
1940, 28 – Aufwendungen eines Fabrikanten zur
Wiederherstellung der Jägerehre), dass jedoch ein beruflich
veranlasster Mehraufwand oder ein ausschließlich beruflich
veranlasster Teil der Aufwendungen abziehbar und notfalls durch
Schätzung zu ermitteln ist (Urteile vom 14.11.1934 VI A
688/34, RStBl 1935, 413; vom 8.4.1936 VI A 253/36, RFHE 39, 250;
vom 20.1.1937 VI A 526/36, RStBl 1937, 778).
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d) Rechtsprechung des Obersten
Finanzgerichtshofs und daran anknüpfende Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs
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Der Oberste Finanzgerichtshof (OFH)
knüpfte an diese Rechtsprechung ausdrücklich an und
entwickelte für den Abzug des in gemischten Aufwendungen
enthaltenen beruflich veranlassten Anteils erstmals die
Formulierung, dass solche Aufwendungen als Werbungskosten zu
beurteilen seien, wenn „sie sich von den Kosten der
Lebensführung leicht und einwandfrei trennen lassen“
(Urteil vom 15.10.1948 III 37/48, RFHE 54, 270 –
Verschleiß von Schuhsohlen und bürgerlicher Kleidung
eines Außendienstmitarbeiters). Diese Formulierung
übernahm nachfolgend der BFH in seine Rechtsprechung (z.B.
Urteile vom 24.11.1950 IV 91/50 U, BFHE 55, 59, BStBl III 1951, 23
= SIS 51 00 10; vom 10.3.1955 IV 633/54 U, BFHE 60, 343, BStBl III
1955, 131 = SIS 55 00 76; vom 24.4.1956 I 228/55 U, BFHE 63, 3,
BStBl III 1956, 195 = SIS 56 01 41). Hinzu kam nun die
Überlegung, es würde die Gleichmäßigkeit der
Besteuerung gefährden, wenn Steuerpflichtigen, die als
Einkunft den Gewinn versteuern, ohne besondere Schwierigkeit
private Kosten als Betriebsausgabe behandeln könnten;
Arbeitnehmer hätten eine solche Möglichkeit im
Allgemeinen nicht (BFH-Urteil in BFHE 63, 3, BStBl III 1956, 195 =
SIS 56 01 41).
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44
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e) Weitere Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs
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Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung
verlief uneinheitlich.
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aa) So beurteilte der BFH mit Rücksicht
auf § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG u.a. die folgenden Aufwendungen
insgesamt als Kosten der Lebensführung, ohne eine Aufteilung
zuzulassen: Aufwendungen für ein Hörgerät (Urteil
vom 8.4.1954 IV 345/53 U, BFHE 58, 689, BStBl III 1954, 174 = SIS 54 00 95), für das Nachschlagewerk eines Lehrers und eines
Anwalts (Urteile vom 5.7.1957 VI 39/56 U, BFHE 65, 246, BStBl III
1957, 328 = SIS 57 02 16 - unter Hinweis auf eine entsprechende
Beurteilung der Aufwendungen für eine Tageszeitung, einen
Radioapparat, ein Fernsehgerät, für
Unterhaltungslektüre und allgemeinbildende Literatur; vom
5.4.1962 IV 127/60 U, BFHE 75, 279, BStBl III 1962, 368 = SIS 62 02 41), für Tonbandgerät und Farbdias eines Lehrers (Urteile
vom 6.5.1959 VI 183/57 U, BFHE 69, 81, BStBl III 1959, 292 = SIS 59 01 73; vom 8.4.1960 VI 164/59 U, BFHE 71, 70, BStBl III 1960, 274 =
SIS 60 01 58; vom 25.8.1961 VI 286/60 U, BFHE 73, 605, BStBl III
1961, 486 = SIS 61 03 15), für das Rundfunkgerät im
Büro eines Steuerbevollmächtigten (Urteil vom 26.7.1962
IV 438/60, HFR 1963, 286) und das Fernsehgerät eines Rundfunk-
und Fernsehschriftstellers (Urteil vom 13.8.1964 IV 53/61 U, BFHE
80, 146, BStBl III 1964, 528 = SIS 64 03 09), für das von
Arbeitnehmern mitbenutzte Segelboot eines Gewerbetreibenden (Urteil
vom 25.4.1963 IV 237/61, HFR 1964, 193) sowie für einen auf
einem Binnenschiff von der Familie des Schiffers und den drei
Schiffsjungen benutzten Kühlschrank (Urteil vom 22.11.1960 I
212/60 U, BFHE 72, 95, BStBl III 1961, 37 = SIS 61 00 22).
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47
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bb) Hingegen beurteilte der BFH Aufwendungen
für die Anschaffung eines (gebrauchten) Flügels und eines
Tonbandgerätes bei einem Musiklehrer in vollem Umfang als
Werbungskosten (Urteil vom 24.8.1962 VI 57/62, HFR 1963, 57;
für einen neuen Flügel später allerdings a.A. das
BFH-Urteil vom 10.3.1978 VI R 111/76, BFHE 125, 52, BStBl II 1978,
459 = SIS 78 02 55). Aufwendungen für einen sowohl privat als
auch zur gewerblichen Zimmervermietung genutzten Kühlschrank
hielt der BFH für aufteilbar (Urteil vom 9.10.1963 I 397/60,
HFR 1964, 77), ebenso Aufwendungen für die Waschmaschine und
den Heimbügler eines Arztes (Urteile vom 13.4.1961 IV 54/60 U,
BFHE 73, 106, BStBl III 1961, 308 = SIS 61 02 08; vom 13.3.1964 IV
158/61 S, BFHE 79, 605, BStBl III 1964, 455 = SIS 64 02 69). Auch
die (festen und die variablen) Kosten für einen PKW sind nach
ständiger Rechtsprechung aufteilbar (seit dem BFH-Urteil vom
9.10.1953 IV 536/52 U, BFHE 58, 120, BStBl III 1953, 337 = SIS 53 02 24, das an die Rechtsprechung des RFH anknüpft), ebenso die
Kosten für einen Telefonanschluss (ursprünglich bereits
einschließlich der Grundgebühr: BFH-Urteil vom
16.12.1966 VI 133/64, BFHE 87, 622, BStBl III 1967, 249 = SIS 67 01 48).
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cc) Mit Beschlüssen vom 20.11.1969 IV
348/64 (BFHE 98, 152, BStBl II 1970, 308 = SIS 70 01 66) und vom
16.1.1970 VI R 31/68 (BFHE 97, 425, BStBl II 1970, 187 = SIS 70 01 00) riefen der IV. und der VI. Senat den Großen Senat an mit
dem Ziel, für gemischt genutzte Wirtschaftsgüter in
weiterem Umfang als bisher eine Aufteilung der Kosten zu erreichen.
Der IV. Senat hielt eine griffweise Schätzung des beruflichen
Nutzungsanteils bei einem Fernsehgerät für geboten, das
der Inhaber eines Film-Informationsdienstes und Drehbuchautor
angeschafft hatte. Der VI. Senat wollte das Urteil des FG
bestätigen, das für einen Gerichtsassessor die
Anschaffungskosten einer Schreibmaschine zu 90 % und die eines
Tonbandgeräts zu 50 % als beruflich veranlasst anerkannt
hatte.
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dd) Der Große Senat erteilte diesem
Vorstoß eine Absage (Beschluss vom 19.10.1970 GrS 2/70, BFHE
100, 309, BStBl II 1971, 17 = SIS 71 00 11; darauf Bezug nehmend
Beschluss vom 19.10.1970 GrS 3/70, BFHE 100, 317, BStBl II 1971, 21
= SIS 71 00 12). Die Bedeutung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG
liege in der steuerlichen Behandlung der gemischten Aufwendungen.
Sowohl der Wortlaut des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG als auch dessen
Sinn und Zweck schlössen die Aufteilung von einheitlichen
Aufwendungen grundsätzlich aus.
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ee) Trotz der Entscheidung des Großen
Senats in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 = SIS 71 00 11 verlief
die Entwicklung auch weiterhin uneinheitlich.
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51
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(1) So gab der BFH mit Rücksicht auf den
vorgenannten Beschluss des Großen Senats seine frühere
Rechtsprechung zur Abziehbarkeit von Telefongrundgebühren auf:
Er hielt mit Rücksicht auf das Aufteilungsverbot des § 12
Nr. 1 Satz 2 EStG eine schätzungsweise Aufteilung der
Grundgebühren bei einem teils beruflich und teils privat
benutzten privaten Telefonanschluss in der Wohnung des
Arbeitnehmers nicht mehr für zulässig (Urteile vom
19.12.1977 VI R 198/76, BFHE 124, 428, BStBl II 1978, 287 = SIS 78 01 60; vom 9.11.1978 VI R 195/77, BFHE 126, 418, BStBl II 1979, 149
= SIS 79 00 78).
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(2) Andererseits entwickelte sich die
Rechtsprechung zu § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG schon wenige Jahre
nach der Entscheidung des Großen Senats in BFHE 100, 309,
BStBl II 1971, 17 = SIS 71 00 11 wieder in die Gegenrichtung.
Einzelne Entscheidungen traten dem Beschluss des Großen
Senats sogar offen entgegen. So führte der IV. Senat im Urteil
vom 11.11.1976 IV R 3/73 (BB 1978, 1293) aus, das Aufteilungs- und
Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG könne nach dem
Grundsatz der Steuergerechtigkeit dann nicht gelten, wenn es zu
einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führte. Der
beruflich veranlasste Anteil an den Aufwendungen für Kleidung,
Friseur und Kosmetika einer selbständigen Sängerin wurde
im Streitfall nach dem Werbungskostenpauschbetrag für
unselbständig tätige Sängerinnen geschätzt.
Allerdings schränkte der IV. Senat diese Beurteilung
später wieder ein (BFH-Urteile vom 6.7.1989 IV R 91-92/87,
BFHE 158, 221, BStBl II 1990, 49 = SIS 89 23 21; vom 18.4.1991 IV R
13/90, BFHE 164, 419, BStBl II 1991, 751 = SIS 91 17 42).
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Ferner änderte der BFH erneut seine
Rechtsprechung zur Abziehbarkeit von Telefongrundgebühren. Der
Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung
gebiete es, Telefongrundgebühren nicht anders als die fixen
Kosten von Kraftfahrzeugen zu behandeln, da insoweit in jeder
Hinsicht vergleichbare Sachverhalte vorlägen (Urteil vom
21.11.1980 VI R 202/79, BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131 = SIS 81 04 57).
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ff) In der Folgezeit traten weitere
Fallgruppen hinzu, in denen der BFH eine Aufteilung gemischt
veranlasster Aufwendungen grundsätzlich zuließ, so etwa
Aufwendungen für ein Privatflugzeug oder einen Hubschrauber
(Urteile vom 4.8.1977 IV R 157/74, BFHE 123, 158, BStBl II 1978, 93
= SIS 78 00 56; vom 27.2.1985 I R 20/82, BFHE 143, 440, BStBl II
1985, 458 = SIS 85 17 12), für eine auch im Betrieb
eingesetzte Hausgehilfin (Urteil vom 8.11.1979 IV R 66/77, BFHE
129, 134, BStBl II 1980, 117 = SIS 80 00 69), für die
Reinigung typischer Berufskleidung in der privaten Waschmaschine
(Urteile vom 29.6.1993 VI R 77/91, BFHE 171, 525, BStBl II 1993,
837 = SIS 93 20 64; vom 29.6.1993 VI R 53/92, BFHE 171, 527, BStBl
II 1993, 838 = SIS 93 20 63), für Versicherungsprämien
(Urteile vom 19.2.1993 VI R 42/92, BFHE 170, 560, BStBl II 1993,
519 = SIS 93 13 36; vom 31.1.1997 VI R 97/94, BFH/NV 1997, 346 =
SIS 97 09 39; vom 20.5.2009 VIII R 6/07, BFH/NV 2009, 1519 = SIS 09 25 71), Kontoführungsgebühren (Urteil vom 9.5.1984 VI R
63/80, BFHE 141, 50, BStBl II 1984, 560 = SIS 84 14 33), Zinsen
für eine durch betriebliche und private Auszahlungen
entstandene Kontokorrentverbindlichkeit (Beschluss des Großen
Senats vom 4.7.1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 =
SIS 90 21 11) sowie Aufwendungen für die Leerstandszeiten
einer Ferienwohnung (Urteil vom 6.11.2001 IX R 97/00, BFHE 197,
151, BStBl II 2002, 726 = SIS 02 03 94) und für einen privat
angeschafften und in der privaten Wohnung aufgestellten PC (Urteil
vom 19.2.2004 VI R 135/01, BFHE 205, 220, BStBl II 2004, 958 = SIS 04 17 33).
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2. Rechtsprechung zur Berücksichtigung
von Aufwendungen für Reisen
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a) Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs
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Der RFH hielt die Aufteilung der Kosten einer
gleichermaßen beruflich und privat veranlassten Reise
für zulässig. Danach konnten Aufwendungen für eine
Weltreise eines im Betrieb tätigen Sohnes des
Geschäftsinhabers, die sowohl der Betätigung für die
Firma als auch der Ausbildung des Sohnes diente, zur Hälfte
als Betriebsausgaben abgezogen werden (Urteil vom 19.2.1930 VI A
37/30, StuW 1930 Bd. II, Nr. 488). Für die Studienreise eines
Innenarchitekten nach Italien und in den Orient hielt der RFH
für den Fall, dass die Reise gleichermaßen beruflichen
Zwecken und dem Vergnügen gedient hatte, ebenfalls eine
Teilung der Kosten für angebracht (Urteil vom 5.3.1930 VI A
1960/29, StuW 1930 Bd. II Nr. 497).
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b) Ältere Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs
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Demgegenüber war die Rechtsprechung des
BFH zur Berücksichtigung von Aufwendungen für Reisen
enger.
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Der BFH war ursprünglich zwar der
Auffassung, dass es zu weit ginge, die Kosten einer Studienreise
nur dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn sie
ausschließlich im beruflichen Interesse aufgewendet
würden; es genüge, wenn weitaus überwiegend der
Gesichtspunkt des beruflichen Interesses ausschlaggebend sei
(Urteil vom 29.7.1954 IV 479/53 U, BFHE 59, 144, BStBl III 1954,
264 = SIS 54 01 58). Liege eine Reise im weitaus überwiegenden
betrieblichen Interesse, könne gleichwohl für einen Teil
der Aufwendungen nach § 12 Nr. 1 EStG (Kosten der
Lebensführung) der Abzug als Betriebsausgabe zu versagen sein.
Wenn für die Abgrenzung der betrieblichen Aufwendungen von den
Kosten der Lebensführung keine Unterlagen zur Verfügung
stünden, sei die Aufteilung im Wege der Schätzung
vorzunehmen (Urteile vom 28.8.1958 IV 229/57 U, BFHE 68, 113, BStBl
III 1959, 44 = SIS 59 00 20 - Ärztefortbildung in Meran; vom
16.11.1961 IV 105/60 U, BFHE 74, 481, BStBl III 1962, 181 = SIS 62 01 17 - Anwaltsfortbildung in Österreich und der Schweiz; vom
2.12.1965 IV 6/65 U, BFHE 84, 187, BStBl III 1966, 69 = SIS 66 00 37 - Betriebsausgabenabzug bis zur Landesgrenze für einen
Ärztekongress in Davos).
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61
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Auch dann, wenn die Reise als privat zu
beurteilen sei, könnten einzelne abtrennbare Vorgänge auf
dieser Reise zu Werbungskosten führen (Urteile vom 27.1.1955
IV 199/54 U, BFHE 60, 331, BStBl III 1955, 126 = SIS 55 00 75; vom
11.10.1962 IV 432/60 U, BFHE 76, 97, BStBl III 1963, 36 = SIS 63 00 27). Zur Prüfung der beruflichen Veranlassung einer Reise
stellte der BFH indiziell darauf ab, ob die Reise im Rahmen eines
straff organisierten Programms stattfindet, das die Wahrnehmung
privater Interessen praktisch ausschließt (Urteile in BFHE
59, 144, BStBl III 1954, 264 = SIS 54 01 58; in BFHE 68, 113, BStBl
III 1959, 44 = SIS 59 00 20; vom 9.12.1960 IV 241/60 U, BFHE 72,
263, BStBl III 1961, 99 = SIS 61 00 65 – kein
Betriebsausgabenabzug für Studienreise eines Architekten nach
Florenz; vom 9.12.1960 IV 232/60 U, BFHE 72, 335, BStBl III 1961,
126 = SIS 61 00 85 – kein Betriebsausgabenabzug für
Reise eines Arztes nach Lambarene; vom 24.8.1962 VI 106/62 U, BFHE
75, 673, BStBl III 1962, 512 = SIS 62 03 28 – kein
Werbungskostenabzug für Reise eines Pastors in biblische
Länder; vom 18.2.1965 IV 36/64 U, BFHE 82, 88, BStBl III 1965,
279 = SIS 65 01 63; vom 4.8.1967 VI R 62/66, BFHE 90, 43). In
Ausnahmefällen könne der beruflich bedingte Reisezweck
jedoch auch ohne das Vorhandensein einer straffen Organisation auf
andere Weise nachgewiesen werden (Urteile in BFHE 72, 263, BStBl
III 1961, 99 = SIS 61 00 65; in BFHE 76, 97, BStBl III 1963, 36 =
SIS 63 00 27; in BFHE 90, 43).
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62
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Nach diesen Maßstäben beurteilte
der BFH Aufwendungen eines Möbelkaufmanns für eine
fachlich organisierte USA-Reise (einschließlich des Flugs von
Deutschland in die USA und zurück) als Betriebsausgaben;
lediglich die Kosten eines in den USA vorgeschalteten privaten
Reiseteils, der aber kürzer als der berufliche Teil war,
wurden als nicht abziehbar ausgeschieden (Urteil in BFHE 82, 88,
BStBl III 1965, 279 = SIS 65 01 63). Demgegenüber teilte der
BFH die Kosten der Reise eines Augenarztes zu einem internationalen
Ärztekongress in Athen nicht in einen beruflichen und einen
privaten Reiseteil auf, sondern sah insgesamt eine Privatreise als
gegeben an, weil die Flugkosten relativ hoch waren und nur
fünf Tage auf den Kongress, 12 Tage dagegen auf den
Privataufenthalt (in Begleitung der Ehefrau zu einer günstigen
Reisezeit) entfielen; daher beurteilte der BFH nur die durch die
Tagung entstandenen Mehrkosten als abziehbar (Urteil vom 22.7.1965
IV 269/64 U, BFHE 83, 401, BStBl III 1965, 644 = SIS 65 03 70).
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63
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In der Folgezeit betrachtete der BFH zunehmend
jeweils die gesamte Reise als Einheit: Sei eine
ausschließliche oder weitaus überwiegende betriebliche
Veranlassung, die der Steuerpflichtige zu beweisen habe, nicht
gegeben, so folge aus § 12 Nr. 1 EStG, dass die gesamten
Kosten der Reise grundsätzlich zu den Lebenshaltungskosten
gehörten, selbst wenn eine berufliche Tätigkeit
gefördert werde; eine Aufteilung der Reisekosten komme dann
grundsätzlich nicht in Betracht (Urteile vom 22.7.1965 IV
55/65 U, BFHE 83, 406, BStBl III 1965, 646 = SIS 65 03 71; vom
4.8.1967 VI R 289/66, BFHE 90, 52, BStBl III 1967, 776 = SIS 67 04 83 – Reise eines Geografielehrers mit seiner Ehefrau nach
Ostafrika; vom 4.8.1967 VI R 192/66, BFHE 90, 50, BStBl III 1967,
774 = SIS 67 04 81 – Reise eines Englischlehrers mit seinem
PKW nach England; vom 1.4.1971 IV R 72/70, BFHE 102, 90, BStBl II
1971, 524 = SIS 71 02 75; vom 22.5.1974 I R 212/72, BFHE 113, 274,
BStBl II 1975, 70 = SIS 75 00 43; auch Beschluss des Großen
Senats in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 = SIS 71 00 11, unter
II. 7.; ferner Urteile vom 15.7.1976 IV R 90/73, BFHE 120, 28,
BStBl II 1977, 54 = SIS 77 00 37; vom 28.10.1976 IV R 63/75, BFHE
121, 31, BStBl II 1977, 203 = SIS 77 01 15; in BFHE 121, 35, BStBl
II 1977, 238 = SIS 77 01 36).
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Allerdings könnten die anlässlich
einer Privatreise im beruflichen Interesse abgrenzbar und
nachweisbar aufgewendeten Mehrkosten abgezogen werden (vgl.
außer den vorstehenden Zitaten z.B. BFH-Urteile in BFHE 90,
43 – Fahrtkosten eines Kunsthistorikers zur Teilnahme an
einem Kongress in Spanien sind nur für den beruflichen Umweg
abziehbar; vom 4.12.1974 I R 112/73, BFHE 114, 488, BStBl II 1975,
379 = SIS 75 02 24).
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So berücksichtigte der BFH jedoch z.B.
die Kosten der ersten (lehrgangsmäßig mit
Fachvorträgen an der örtlichen Universität
ausgefüllten) Woche einer siebenwöchigen Studienreise
einer Englischlehrerin in die USA nicht als Werbungskosten, weil
die Klägerin allein wegen der fünf Vorträge die
teure Reise in die USA sicherlich nicht angetreten hätte
(Urteil vom 4.8.1967 VI R 186/66, BFHE 90, 47, BStBl III 1967, 773
= SIS 67 04 80). Und die 17 1/2-tägige (straff organisierte,
aber durch großräumige Reiseetappen gekennzeichnete)
USA-Reise eines Augenarztehepaars beurteilte der BFH, ohne eine
Aufteilung zu erwägen, insgesamt als privat, obwohl an sechs
Tagen ein Fachprogramm geboten wurde (Urteil vom 8.8.1968 IV R
62/68, BFHE 93, 88, BStBl II 1968, 680 = SIS 68 04 65). Ebenso
lehnte der BFH die Aufteilung der Reisekosten für die
17-tägige Reise eines Zahnarztes zum Welt-Zahnarztkongress in
Mexiko ab, weil der Kongress nur neun Tage gedauert hatte und die
Ehefrau mitgereist war (Urteil in BFHE 121, 35, BStBl II 1977, 238
= SIS 77 01 36).
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Die Aufteilung von Flug- oder Fahrtkosten
einer nicht ganz überwiegend beruflichen Reise in einen
beruflichen und einen privaten Teil je nach den Zeitanteilen lehnte
der BFH generell ab. Vielmehr rechnete er diese Kosten in vollem
Umfang dem privaten Bereich zu (z.B. Urteile in BFHE 90, 47, BStBl
III 1967, 773 = SIS 67 04 80; in BFHE 93, 88, BStBl II 1968, 680 =
SIS 68 04 65; in BFHE 94, 484, BStBl II 1969, 235 = SIS 69 01 49;
in BFHE 102, 90, BStBl II 1971, 524 = SIS 71 02 75). Allerdings hat
der VI. Senat in einem solchen Fall (überwiegend privat
veranlasste Reise, unterbrochen durch den Besuch eines Kongresses)
die gesamten notwendigen Fahrtkosten zu dem Kongress als abziehbar
beurteilt, weil der Kläger die Reise ins Ausland auch dann
unternommen haben würde, wenn keine privaten Zwecke damit
verfolgt worden wären (Urteil vom 17.12.1971 VI R 235/70,
nicht veröffentlicht).
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c) Anrufung des Großen Senats im
Verfahren GrS 8/77
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Der I. Senat legte mit Beschluss vom 26.1.1977
I R 53/75 (BFHE 123, 320, BStBl II 1978, 52 = SIS 78 00 30,
Gründe wiedergegeben im Beschluss des Großen Senats vom
27.11.1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 = SIS 79 01 12) dem Großen Senat folgende Rechtsfragen zur Entscheidung
vor:
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1. Können Aufwendungen für die
Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken
Betriebsausgaben sein, wenn mit der Reise
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a) programmgemäß auch ein
allgemein-touristisches Interesse befriedigt wird,
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b) außerhalb des Gruppenprogramms ein
Privataufenthalt des Steuerpflichtigen verbunden wird, wobei die
Informationsreise (1. a) auch ohne diesen privaten Reiseteil (1. b)
unternommen worden wäre?
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2. Sind im Falle der Bejahung der Rechtsfrage
zu 1. b die Gesamtkosten der Reise in der Weise aufzuteilen, dass
nur die durch den privaten Reiseteil veranlassten Mehrkosten von
der Berücksichtigung als Betriebsausgaben ausgenommen
werden?
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Der I. Senat beabsichtigte, ein FG-Urteil zu
bestätigen, dass die Kosten eines Unternehmers für eine
von einem Fachverband organisierte Informationsreise in die USA im
Wesentlichen als Betriebsausgaben anerkannt hatte. An die
Gruppenreise, die auch touristische Punkte enthielt, hatte sich ein
individuell organisierter privater Reiseteil angeschlossen, dessen
Kosten der Kläger bereits aus den Betriebsausgaben
ausgeschieden hatte. Der I. Senat war der Auffassung, der
betriebliche Charakter der Informationsreise werde durch den
anschließenden privaten Aufenthalt nicht in Frage gestellt,
und zwar selbst dann nicht, wenn der private Aufenthalt zeitlich
den betrieblichen überschreite. Maßgebend sei, dass der
private Teil der Reise für die gesamte Reise nicht
ursächlich gewesen und von dem betrieblichen Reiseabschnitt
klar abgrenzbar sei.
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d) Beschluss des Großen Senats vom
27.11.1978 GrS 8/77 (BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 = SIS 79 01 12)
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Der Große Senat beantwortete mit seinem
Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 = SIS 79 01 12 die
ihm vorgelegten Rechtsfragen wie folgt:
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1. Aufwendungen für die Teilnahme an
einer Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken sind keine
Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn
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a) sie nicht objektiv durch den Betrieb
(Beruf) des Steuerpflichtigen veranlasst sind, insbesondere wenn
mit der Reise programmgemäß auch ein
allgemein-touristisches Interesse befriedigt wird, das nicht von
untergeordneter Bedeutung ist,
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b) außerhalb des Gruppenprogramms mit
der Gruppenreise ein Privataufenthalt verbunden wird, dem im Rahmen
der Gesamtreise mehr als nur untergeordnete Bedeutung zukommt.
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2. Ist die Gesamtreise (1.) als nicht
betrieblich (beruflich) veranlasst zu beurteilen, sind einzelne
abgrenzbare Aufwendungen, die ausschließlich betrieblich
(beruflich) veranlasst sind, als Betriebsausgaben (Werbungskosten)
abziehbar.
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Der Große Senat hat damals
ausgeführt: Eine Auslandsgruppenreise sei insgesamt und als
Einheit zu beurteilen, weil die einzelnen Teile einer solchen Reise
von der Organisation und der Durchführung her nur im
Zusammenhang gesehen werden könnten. Könnten Aufwendungen
für eine Auslandsgruppenreise, die teils aus privaten, teils
aus beruflichen Erwägungen durchgeführt worden sei,
steuerlich abgesetzt werden, würden dem Aufteilungsverbot
zuwider Aufwendungen, die auch der Lebensführung dienten,
steuerlich abgezogen. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 12
Nr. 1 Satz 2 EStG sei eine Aufteilung teils beruflich, teils privat
veranlasster Aufwendungen selbst dann ausgeschlossen, wenn die
Aufteilung „wenigstens theoretisch in quantitativ messbare
Abschnitte“ möglich wäre, der Umfang der
einzelnen Teile an einer Reise aber nicht feststellbar und nicht
nach objektiven Maßstäben nachprüfbar sei.
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77
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Ergebe die Gesamtbeurteilung, dass auch
private Reiseinteressen vorgelegen hätten, sei
regelmäßig die betriebliche (berufliche) Veranlassung
der gesamten Auslandsgruppenreise zu verneinen. Das
Aufteilungsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG verbiete es, auf
das einfache Überwiegen des einen (privaten) oder des anderen
(betrieblichen, beruflichen) Zwecks abzustellen. Die Abziehbarkeit
von Aufwendungen könne nur dann in vollem Umfang anerkannt
werden, wenn die Förderung des Betriebs (Berufs) bei weitem
überwiege und die Lebensführung ganz in den Hintergrund
trete.
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78
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Die Verbindung zwischen einer Gruppenreise,
die noch nicht als privat veranlasst zu beurteilen wäre, mit
einem Privataufenthalt spreche regelmäßig für die
private Veranlassung der gesamten Reise, weil beide Teile der Reise
im Zusammenhang miteinander geplant und durchgeführt sowie
insbesondere die Beförderungskosten für beide Teile
aufgewendet würden.
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79
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Die Aufteilung von Fahrtkosten einer Reise,
bei der Gesichtspunkte der Lebensführung eine nicht ganz
untergeordnete Rolle gespielt hätten, sei in aller Regel
ausgeschlossen. Aufwendungen der einheitlich zu würdigenden
Reise fielen unter das Aufteilungs- und Abzugsverbot. Aus den
Aufwendungen einer insgesamt als privat zu beurteilenden Reise
dürften deshalb nicht einzelne Aufwendungen herausgelöst
und ihrerseits als betrieblich anerkannt werden. Derartige Kosten
entstünden für die als Einheit zu behandelnde (private)
Reise und seien mangels objektiver, leicht nachprüfbarer
Umstände nicht aufteilbar. Dies gelte selbst dann, wenn
einzelne Reiseabschnitte - isoliert betrachtet - als betrieblich
veranlasst angesehen werden könnten.
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80
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Jedoch könnten einzelne Aufwendungen, die
zusätzlich zu den Aufwendungen für eine als privat zu
beurteilende Reise entstünden und die ausschließlich
betrieblich (beruflich) veranlasst seien, als Betriebsausgaben
(Werbungskosten) anerkannt werden. Dagegen seien alle Aufwendungen,
die auch ohne den einzelnen betrieblichen (beruflichen) Anlass
entstanden wären, nicht als Betriebsausgaben oder
Werbungskosten abziehbar.
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81
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e) Weitere Entwicklungen in der Rechtsprechung
des Bundesfinanzhofs zu Reiseaufwendungen
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82
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Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung
verlief wie folgt: Der BFH teilte im Anschluss an den Beschluss des
Großen Senats in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 = SIS 79 01 12 die Kosten der An- und Abreise, auch wenn die Reise sowohl
beruflich genutzte als auch privat genutzte Zeitanteile enthielt,
nicht auf; vielmehr ließ er die Reisekosten entweder ganz
(dazu nachfolgend aa) oder aber gar nicht (dazu nachfolgend bb) zum
Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu. In jüngerer
Zeit kam es sodann zu einer Akzentverschiebung in der
Rechtsprechung in Richtung einer weitergehenden Abziehbarkeit von
Reiseaufwendungen (dazu nachfolgend cc).
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83
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aa) Bereits unmittelbar nach der Entscheidung
des Großen Senats in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 = SIS 79 01 12 bestätigte der IV. Senat ein FG-Urteil, das die
Aufwendungen eines Facharztes für eine 28-tägige
Südafrika-Reise, auf der lediglich 15 Tage den beruflichen
Interessen des Klägers gedient hatten, vollständig als
Betriebsausgaben anerkannt hatte; der IV. Senat führte dazu
aus, die für Auslandsgruppenreisen geltenden Erwägungen
des Großen Senats ließen sich nicht ohne weiteres auf
Reisen übertragen, denen offensichtlich ein unmittelbarer
betrieblicher Anlass zugrunde liege (Urteil vom 12.4.1979 IV R
106/77, BFHE 127, 533, BStBl II 1979, 513 = SIS 79 02 54; vgl.
ferner Urteile vom 15.12.1982 I R 73/79, BFHE 138, 40, BStBl II
1983, 409 = SIS 83 09 07; vom 13.12.1984 VIII R 296/81, BFHE 143,
53, BStBl II 1985, 325 = SIS 85 09 11; vom 16.10.1986 IV R 138/83,
BFHE 148, 262, BStBl II 1987, 208 = SIS 87 05 17 – Reise
einer Kunstmalerin zu den Seychellen).
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bb) Demgegenüber ließ der BFH in
zahlreichen anderen Fällen Reisekosten trotz beruflicher
Mitveranlassung insgesamt nicht zum Abzug zu (Urteile vom 13.2.1980
I R 178/78, BFHE 130, 48, BStBl II 1980, 386 = SIS 80 02 11 –
Studienreisen eines Herstellers und Vertreibers von
orthopädischen Hilfsmitteln; vom 8.7.1988 VI R 118/86, BFH/NV
1989, 93 = SIS 88 23 42 – Türkeireise einer
Berufsschullehrerin, die fast ausschließlich türkische
Schülerinnen unterrichtet; vom 14.7.1988 IV R 57/87, BFHE 154,
312, BStBl II 1989, 19 = SIS 88 23 12 –
Steuerberater-Symposium auf der „Finnjet“; vom
1.12.1989 VI R 135/86, BFH/NV 1990, 558 = SIS 90 14 48; vom
8.8.1991 VI R 161/87, BFH/NV 1992, 100 = SIS 91 24 35 –
jeweils Studienreise eines Lehrers in die DDR; vom 7.9.1990 VI R
110/87, BFH/NV 1991, 232; vom 24.10.1991 VI R 134/87, BFH/NV 1992,
240; vom 14.5.1993 VI R 29/92, BFH/NV 1993, 653 = SIS 93 21 36
– jeweils vom Dienstherrn genehmigte Auslandsstudienreise von
Referendaren; vom 27.3.1991 VI R 51/88, BFHE 164, 75, BStBl II
1991, 575 = SIS 91 16 95 – von der Hochschule genehmigte
Auslandsstudienreise eines Geographieprofessors; vom 2.3.1995 IV R
59/94, BFH/NV 1995, 959 = SIS 95 21 19 –
Fortbildungsveranstaltung für Rechtsanwälte in Sils
Maria; vom 21.8.1995 VI R 47/95, BFHE 179, 37, BStBl II 1996, 10 =
SIS 96 03 34 – Englandreise einer Englischlehrerin; vom
29.11.2006 VI R 36/02, BFH/NV 2007, 681 = SIS 07 09 24 –
Israelreise einer Religionslehrerin mit dem Schulkollegium).
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cc) Eine Modifizierung der vom Großen
Senat in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 = SIS 79 01 12
entwickelten Maßstäbe vollzog sich mit dem BFH-Urteil
vom 23.4.1992 IV R 27/91 (BFHE 168, 254, BStBl II 1992, 898 = SIS 92 19 13): Danach steht dem Betriebsausgabenabzug der Kosten
für die Teilnahme an einer beruflichen
Fortbildungsveranstaltung nicht entgegen, dass dieser Veranstaltung
ein Urlaubsaufenthalt an demselben Ort vorangeht; die Kosten der
Reise zum Veranstaltungsort und zurück einschließlich
Reisenebenkosten können in diesem Fall jedoch ebenso wie die
Kosten des Urlaubsaufenthalts nicht als Betriebsausgaben abgezogen
werden (vgl. ferner BFH-Urteile vom 23.1.1997 IV R 39/96, BFHE 182,
536, BStBl II 1997, 357 = SIS 97 09 09; vom 18.5.2005 VIII R 43/03,
BFH/NV 2005, 2174 = SIS 05 48 16).
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86
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Des Weiteren führte der X. Senat im
Urteil vom 26.11.1997 X R 146/94 (BFH/NV 1998, 961 = SIS 98 11 17)
aus, die für die einkommensteuerrechtliche Zuordnung einer
Auslandsreise erforderliche Gesamtbeurteilung könne auch im
Fall des zweiwöchigen Japanaufenthalts einer mehrköpfigen
Familie für ein Familienmitglied einen unmittelbar
betrieblichen Anlass (z.B. Abschluss eines wichtigen Vertrages)
ergeben, der es ausnahmsweise erlaube, familiäre Aspekte und
touristische Begleitumstände der Unternehmung insoweit in den
Hintergrund treten zu lassen und den damit verbundenen Aufwand
(hier An- und Abreisekosten) dieser Person anteilig als
Betriebsausgaben anzuerkennen.
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87
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Sodann änderte der VI. Senat mit
Rücksicht auf das Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften vom 28.10.1999 Rs. C-55/98 (EuGHE
I-1999, 7641 = SIS 99 21 40 - Vestergaard) seine Rechtsprechung zu
Sprachkursen im Ausland: Danach kann abweichend von der bisherigen
Rechtsprechung bei einem Sprachkurs in einem anderen Mitgliedsstaat
der Europäischen Union nicht mehr typischerweise unterstellt
werden, dass dieser wegen der jeder Auslandsreise innewohnenden
touristischen Elemente eher Berührungspunkte zur privaten
Lebensführung aufweist als ein Inlandssprachkurs (Urteil vom
13.6.2002 VI R 168/00, BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765 = SIS 02 94 76 – Sprachkurs in Südfrankreich mit
unterrichtsfreien Nachmittagen). Auch im Übrigen fand in der
Rechtsprechung des VI. Senats eine Akzentverschiebung statt. Danach
ist nicht mehr erforderlich, dass die Verfolgung privater
Interessen nahezu ausgeschlossen oder von ganz untergeordneter
Bedeutung ist. Reisekosten sind vielmehr in der Regel schon dann
vollständig abziehbar, wenn der Reise ein unmittelbarer
beruflicher Anlass zugrunde liegt und die Verfolgung privater
Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet (BFH-Urteil
vom 27.8.2002 VI R 22/01, BFHE 200, 250, BStBl II 2003, 369 = SIS 03 07 26, m.w.N. – Teilnahme einer wissenschaftlichen
Hilfskraft an einem Universitätsinstitut für Geographie
an einer Exkursion in die USA „Nationalparks und
Naturkunde des Wilden Westens“; vgl. auch BFH-Urteile vom
19.12.2005 VI R 63/01, BFH/NV 2006, 728 = SIS 06 15 09; VI R 88/02,
BFH/NV 2006, 730 = SIS 06 15 10; VI R 65/04, BFH/NV 2006, 1075 =
SIS 06 21 04; VI R 89/02, BFH/NV 2006, 934 = SIS 06 17 31 -
Sprachkurs in Andalusien im Mai; vom 22.6.2006 VI R 61/02, BFHE
213, 566, BStBl II 2006, 782 = SIS 06 31 52; vom 11.1.2007 VI R
8/05, BFHE 216, 325, BStBl II 2007, 457 = SIS 07 07 66; vom
22.7.2008 VI R 2/07, BFH/NV 2008, 1837 = SIS 08 38 06 -
Fortbildungskongress der Bundesapothekerkammer in Meran mit
ganztägigen Exkursionen zum Monte Baldo und zur Seiser Alpe).
Der Grundsatz, dass die Kosten der An- und Abreise nur einheitlich
entweder ganz oder gar nicht abziehbar sind, blieb indes bisher
unverändert.
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II. Auffassungen im Schrifttum
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Nach der überwiegenden Auffassung im
Schrifttum lässt sich aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein
allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot ableiten (Arndt, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 12 Rz B 3 ff.; Nolde
in Herrmann/Heuer/Raupach, § 12 EStG Rz 67; Schmidt/Drenseck,
EStG, 28. Aufl., § 12 Rz 14 ff.; Schmieszek in
Bordewin/Brandt, § 12 EStG Rz 97; Claßen in Lademann,
EStG, § 12 EStG Rz 23 ff.; Blümich/Lindberg, § 12
EStG Rz 53; Kurzeja in Littmann/Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 12 Rz 130 ff.; Dürr in
Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 12 Rz 48;
Rundshagen in Korn, § 12 EStG Rz 24; Birk, Steuerrecht, 12.
Aufl., § 5 Rz 967 ff., 1019 ff.; Jakob, Einkommensteuer, 4.
Aufl. 2008, Rz 219 ff.; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl.,
§ 9 Rz 243 ff.; Tiedtke, Einkommensteuer- und
Bilanzsteuerrecht, 2. Aufl. 1995, 466; Tipke, Die
Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2. Aufl., Köln 2003, 769;
Eisendick, Das Aufteilungs- und Abzugsverbot, Diss., Bochum 1993,
Frankfurt a.M. u.a. 1995; Scheich, Das Abzugsgebot und -verbot
gemischter Aufwendungen, München 1996; Ehlers, DStR 1973, 269;
Tipke, StuW 1979, 193, 203 ff.; Söhn, Deutsche
Steuerjuristische Gesellschaft - DStJG - 3, 1980, 13, 51 ff.;
Ruppe, DStJG 3, 1980, 103, 139 ff.; Gorski, DStZ 1981, 111, 113;
Wassermeyer, StuW 1981, 245; Kottke, DStR 1992, 129; Kruse,
Festschrift für Klaus Offerhaus, Köln 1999, 491, 496;
Wissenschaftlicher Beirat der Ernst & Young AG, BB 2004, 1024,
1028 ff.; Strahl, Kölner Steuerdialog - KÖSDI - 2004,
14019; Offerhaus, DStR 2005, 446; Weber, StuW 2009, 184, 194).
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90
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Der bisherigen Rechtsprechung zum Aufteilungs-
und Abzugsverbot folgen hingegen Görlich, DB 1979, 711, 713;
D’Avis in Dankmeyer/Giloy, Einkommensteuer, § 12 Rz 26;
Völlmeke, DStR 1995, 745; Crezelius, Steuerrecht II, Die
einzelnen Steuerarten, 2. Aufl., § 9 Rz 4; von Sicherer,
Einkommensteuer, 1998, 72; Seiler in Kirchhof, EStG, 8. Aufl.,
§ 12 Rz 3.
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91
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III. Auffassung des Großen Senats
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92
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Der Große Senat folgt im Grundsatz der
Auffassung des vorlegenden Senats. Aufwendungen für die Hin-
und Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat
veranlassten Reisen können grundsätzlich in abziehbare
Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare
Aufwendungen für die private Lebensführung nach
Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der
Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten
Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung
sind. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen
Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern,
einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder ganz von
einer Aufteilung abzusehen.
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93
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1. a) Bei der Ermittlung der Einkünfte
sind Aufwendungen als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG)
oder Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abzuziehen, wenn sie
durch die Einkünfteerzielung veranlasst sind. Eine solche
Veranlassung ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen mit der
Einkünfteerzielung objektiv zusammenhängen und ihr
subjektiv zu dienen bestimmt sind, d.h. wenn sie in
wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer der Einkunftsarten des
Einkommensteuergesetzes stehen (vgl. Beschluss des Großen
Senats in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 = SIS 90 21 11, unter
C. II. 2., m.w.N.). Prägend für das Einkommensteuergesetz
ist die Unterscheidung zwischen der durch die einzelnen
Einkunftsarten definierten Erwerbssphäre und der Sphäre
der Einkommensverwendung. Demgemäß bedarf es der
Trennung zwischen den den jeweiligen Einkünften zuzuordnenden
Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben, Werbungskosten) einerseits
und den - grundsätzlich nicht abziehbaren - Kosten der
Lebensführung andererseits. Nach dem Regelungsziel des
Einkommensteuergesetzes sind Aufwendungen dann als durch eine
Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem
steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang
stehen. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang
besteht, ist zum einen die - wertende - Beurteilung des die
betreffenden Aufwendungen „auslösenden
Moments“, zum anderen dessen Zuweisung zur
einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Ergibt
diese Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder in nur
unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des
Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sind
sie als Betriebsausgaben oder Werbungskosten grundsätzlich
abzuziehen (Beschluss des Großen Senats in BFHE 161, 290,
BStBl II 1990, 817 = SIS 90 21 11, unter C. II. 2. b aa und bb).
Beruhen die Aufwendungen hingegen nicht oder in nur unbedeutendem
Maße auf beruflichen Umständen, so sind sie nicht
abziehbar.
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94
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b) Die gesetzlichen Abzugstatbestände
für Betriebsausgaben und Werbungskosten sind Ausdruck des
objektiven Nettoprinzips, nach dem der Steuergesetzgeber die
für die Lastengleichheit im Einkommensteuerrecht u.a.
maßgebliche objektive finanzielle Leistungsfähigkeit
bemisst. Danach unterliegt der Einkommensteuer grundsätzlich
nur das Nettoeinkommen, nämlich der Saldo aus den
Erwerbseinnahmen einerseits und den (betrieblichen/ beruflichen)
Erwerbsaufwendungen andererseits. Das objektive Nettoprinzip hat
verfassungsrechtliche Bedeutung vor allem im Zusammenhang mit den
Anforderungen an die hinreichende Folgerichtigkeit bei der
näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen
Grundentscheidungen (st. Rspr., vgl. zuletzt Urteil des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 9.12.2008 2 BvL 1/07, 2
BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42,
unter C. I. 3.). Daneben ist das objektive Nettoprinzip bei der
Rechtsanwendung als Auslegungsrichtschnur heranzuziehen (vgl. z.B.
Beschlüsse des Großen Senats vom 30.1.1995 GrS 4/92,
BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 = SIS 95 07 16, unter C. III. 1.;
vom 23.8.1999 GrS 1/97, BFHE 189, 151, BStBl II 1999, 778 = SIS 99 20 54, unter C. II. 2. b; BFH-Urteil vom 29.4.2008 VIII R 98/04,
BFHE 221, 129, BStBl II 2008, 749 = SIS 08 27 72).
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2. Ob und inwieweit Aufwendungen für eine
Reise in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart
stehen, hängt von den Gründen ab, aus denen der
Steuerpflichtige die Reise oder verschiedene Teile einer Reise
unternimmt. Die Gründe bilden das „auslösende
Moment“, das den Steuerpflichtigen bewogen hat, die
Reisekosten zu tragen.
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96
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a) Die Gründe des Steuerpflichtigen
für eine bestimmte Reise sind anhand der gesamten
Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu ermitteln; das ist
grundsätzlich Aufgabe der Finanzgerichte als Tatsacheninstanz
(vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Lassen sich keine Gründe
feststellen, die eine berufliche Veranlassung der Reise belegen,
gehen entsprechende Zweifel zu Lasten des Steuerpflichtigen.
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97
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b) Seit der Entscheidung in PrOVGE 10, 86 ist
in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine unbedeutende private
Mitveranlassung dem vollständigen Abzug von Betriebsausgaben
oder Werbungskosten nicht entgegensteht und dass umgekehrt eine
unbedeutende berufliche Mitveranlassung von Aufwendungen für
die Lebensführung keinen Betriebsausgaben- oder
Werbungskostenabzug eröffnet.
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98
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c) Enthält eine Reise abgrenzbare
berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils
nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind (z.B. einer
beruflich veranlassten Reise wird ein Urlaub hinzugefügt), so
erfordert es das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der
Reisekosten zum Abzug zuzulassen. Der Umfang des beruflichen
Kostenanteils ist notfalls zu schätzen (vgl. im Grundsatz
bereits Entscheidung in PrOVGE 10, 86).
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99
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d) Reisekosten, die sowohl den beruflichen als
auch den privaten Reiseteil betreffen (z.B. Kosten der Hin- und
Rückreise zu einem Auslandsaufenthalt, der berufliche und
private Teile umfasst), sind zur Umsetzung des Nettoprinzips
ebenfalls aufzuteilen. Insoweit gelten die Grundsätze
sinngemäß, die die Rechtsprechung bereits zum Abzug
fixer PKW-Kosten und der Telefongrundgebühr entwickelt hat
(BFH-Urteile in BFHE 58, 120, BStBl III 1953, 337 = SIS 53 02 24;
in BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131 = SIS 81 04 57).
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100
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3. Die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2
EStG steht einer Aufteilung von gemischt veranlassten, aber anhand
ihrer beruflichen und privaten Anteile trennbaren Reisekosten nicht
entgegen. Der Große Senat ist nach erneuter
Überprüfung der Auffassung, dass § 12 Nr. 1 Satz 2
EStG kein allgemeines Aufteilungs- und Abzugsverbot normiert.
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101
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a) Für einen engen Anwendungsbereich
spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift. Gemäß
§ 12 Nr. 1 Satz 1 EStG dürfen die für den Haushalt
des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner
Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei der
Einkommensermittlung nicht abgezogen werden. Dazu gehören nach
§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die Aufwendungen für die
Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche
Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur
Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des
Steuerpflichtigen erfolgen.
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102
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Die Anknüpfung „dazu
gehören“ stellt einen Zusammenhang her zwischen den
in Satz 2 der Vorschrift genannten Lebensführungsaufwendungen
und den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 der Vorschrift
(Aufwendungen für Haushalt und Unterhalt der Familie). Zudem
gilt Satz 2 der Vorschrift nach seinem Wortlaut keineswegs für
alle, sondern nur für solche Lebensführungsaufwendungen,
die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des
Steuerpflichtigen mit sich bringt (vgl. Enno Becker, Die Grundlagen
der Einkommensteuer, München/ Berlin 1940, § 11 S. 15:
„Was ist man seiner Stellung schuldig?“).
Derartige ihrer Natur nach private Aufwendungen werden nicht
dadurch zu abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten, dass
sie zur Förderung des Berufs dienen. Weiter reicht der
Anwendungsbereich der Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG
nach ihrem Wortlaut nicht.
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103
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b) Das aus dem Wortlaut zu entnehmende
Auslegungsergebnis wird durch den aus der Entstehungsgeschichte
abzuleitenden Gesetzeszweck bestätigt. Die
Gesetzesbegründung lautet (RStBl 1935, 33, 41):
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104
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„§ 12 gilt für
sämtliche Einkunftsarten. In Ziffer 1 sind –
entsprechend der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs – als
nicht abzugsfähig auch aufgeführt die Aufwendungen
für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder
gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt,
auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit
des Steuerpflichtigen erfolgen. Damit ist klargestellt, dass die
sogenannten Repräsentationsaufwendungen nur dann zu den
Betriebsausgaben oder zu den Werbungskosten gerechnet werden
können, wenn sie ausschließlich zur ... beruflichen ...
Tätigkeit gehören und nichts mit dem Privatleben zu tun
haben. Wenn bei Repräsentationsaufwendungen private und
berufliche Gründe zusammenwirken und eine Trennung nicht
erfolgen kann, sind die Ausgaben nicht
abzugsfähig.“
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105
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Wie daraus hervorgeht, bezweckt die
Vorschrift, die Rechtsprechung des RFH zu den so genannten
Repräsentationsaufwendungen umzusetzen. Der RFH hatte für
Repräsentationsaufwendungen wegen der Schwierigkeiten der
Abgrenzung zwischen Lebenshaltungskosten und Werbungskosten zwar
der Nichtabziehbarkeit von Lebenshaltungskosten den Vorrang
eingeräumt (Urteile in RFHE 27, 82; in StuW 1931 Bd. II, Sp.
1305; in RStBl 1931, 108; 1932, 727; 1933, 811). Er hatte indes
einen beruflich veranlassten Mehraufwand zum Abzug zugelassen
(Urteile in StuW 1928 Bd. II, Sp. 312; in RStBl 1930, 265; 1931, 6;
1931, 905; 1931, 921; 1932, 727). Der berufliche Kostenanteil war
notfalls durch Schätzung zu ermitteln (Urteile in StuW 1928
Bd. II, Sp. 312; in RStBl 1931, 6; 1931, 905). Ferner verdeutlicht
die Gesetzesbegründung, dass ein Abzugsverbot nur dann
bestehen soll, wenn private und berufliche Gründe so
zusammenwirken, dass eine Trennung nicht möglich ist. Ein
allgemeines Aufteilungsverbot lässt sich daraus gerade nicht
herleiten.
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106
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c) Dieses Auslegungsergebnis steht im Einklang
mit der bisherigen Rechtsprechung, die bereits in zahlreichen (als
Ausnahmen bezeichneten) Fällen eine Aufteilung gemischter
Aufwendungen für geboten erachtet hat und derentwegen im
Schrifttum zu Recht von einer „Perforation des
Aufteilungsverbots“ gesprochen wird (Kruse, Festschrift
für Klaus Offerhaus, Köln 1999, 491, 496). Zu Unrecht
macht das BMF in seiner Stellungnahme geltend, diese
differenzierende Behandlung sei auf die Eigenart der betreffenden
Lebenssachverhalte zurückzuführen. So sind z.B. für
fixe PKW-Kosten, Telefongrundgebühren,
Versicherungsbeiträge und Betriebskosten einer Waschmaschine
keine besonderen Eigenarten erkennbar, die im Vergleich zu anderen
gemischten Aufwendungen eine Aufteilung einfacher oder nach dem
Maßstab des Nettoprinzips sachgerechter erscheinen
ließen. Vielmehr tragen die zahlreichen Ausnahmen in der
Rechtsprechung zur Rechtsunsicherheit bei und lassen die Auswahl
der Fallgruppen, für die die Rechtsprechung am Aufteilungs-
und Abzugsverbot festgehalten hat, eher willkürlich
erscheinen.
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107
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d) Allerdings hat der Große Senat
seinerzeit in seinem Beschluss in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17
= SIS 71 00 11 ausgeführt, das von ihm in § 12 Nr. 1 Satz
2 EStG verortete Aufteilungsverbot diene in erster Linie der
steuerlichen Gerechtigkeit. Es solle verhindern, dass
Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder
bewusst herbeigeführte Verbindung von beruflichen und privaten
Erwägungen Aufwendungen für ihre Lebensführung nur
deshalb zum Teil in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich
verlagern könnten, weil sie einen entsprechenden Beruf
hätten, während andere Steuerpflichtige gleichartige
Aufwendungen aus versteuerten Einkünften decken müssten.
Dazu hat das BMF in diesem Verfahren ergänzend
ausgeführt, die Gerechtigkeitserwägungen, die der
bisherigen Rechtsprechung des Großen Senats zugrunde gelegen
hätten, seien gerade für Reisekosten von hoher Bedeutung,
weil sich die Möglichkeit, an Reisen mit beruflichen
Berührungspunkten teilzunehmen, für einzelne
Berufsgruppen ganz unterschiedlich darstelle.
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108
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Der Große Senat hält nach erneuter
Überprüfung an seiner früheren Argumentation nicht
mehr fest. Ein aus § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG folgendes
Aufteilungsverbot lässt sich nicht aus dem Grundsatz der
Steuergerechtigkeit ableiten.
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109
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Der Begriff der Steuergerechtigkeit (als
Rechtsbegriff) bedeutet, dass im Interesse verfassungsrechtlich
gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden
muss, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch
gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit),
während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer
Einkommen im Vergleich mit der Besteuerung niedrigerer Einkommen
angemessen gestaltet werden muss (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE
122, 210 = SIS 08 43 42; BFH-Urteil vom 26.11.2008 X R 15/07, BFHE
223, 445, BStBl II 2009, 710 = SIS 08 44 40; vgl. BVerfG-Beschluss
vom 29.5.1990 1 BvL 20, 26/84 und 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II
1990, 653 = SIS 90 14 01, unter C. III. 3. c).
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110
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Dem vom Großen Senat in BFHE 100, 309,
BStBl II 1971, 17 = SIS 71 00 11 formulierten Argument, es
müsse verhindert werden, dass Steuerpflichtige Aufwendungen
für ihre Lebensführung zum Teil in den
einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern könnten,
liegt offenbar der Gedanke zugrunde, es drohe eine ungleiche
Belastung (Besserstellung) im Vergleich zu denjenigen
Steuerpflichtigen, denen ihr Beruf keine solchen Möglichkeiten
biete. Diese Argumentation übersieht jedoch, dass diese Gefahr
dann nicht besteht, wenn aufteilbare Aufwendungen tatsächlich
aufgeteilt und nur die beruflich veranlassten Kostenanteile
abgezogen werden. Der Steuerpflichtige, dem derartige Aufwendungen
entstanden sind, wird auf diese Weise zutreffend nach seiner
Leistungsfähigkeit besteuert. Der Steuerpflichtige hingegen,
dem keine solchen beruflichen Kostenanteile entstanden sind, ist
durch den in seinem Fall nicht erforderlichen Abzug nicht
benachteiligt. Im Übrigen kann Steuerpflichtigen der Abzug von
Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht mit der Begründung
versagt werden, ihr Beruf erfordere Aufwendungen, die für
andere Steuerpflichtige Privataufwendungen sind. So ist z.B. ein
Hobby-Skiläufer nicht dadurch benachteiligt, dass für den
Berufs-Skilehrer die neu angeschafften Skier Arbeitsmittel i.S. von
§ 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG sind. Und so ist auch ein IT-Fachmann,
der - wie im Ausgangsverfahren vom FG festgestellt - aus
beruflichen Gründen eine Messe der IT-Industrie in den USA
besucht, gegenüber einem Touristen nicht sachwidrig
privilegiert, sondern wird vielmehr entsprechend seiner
Leistungsfähigkeit besteuert, wenn er nur die Kosten des
beruflichen Anteils der Reise, nicht aber auch die des privaten
Reiseanteils bei seiner Einkünfteermittlung abziehen kann.
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Das Gebot der Steuergerechtigkeit (Besteuerung
nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) vermag also ein
generelles Aufteilungs- und Abzugsverbot, das auch einen
zweifelsfrei nachgewiesenen beruflichen Kostenanteil nicht zum
Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zulässt, nicht
zu rechtfertigen; vielmehr gebietet das
Leistungsfähigkeitsprinzip die Berücksichtigung des
beruflichen Anteils durch Aufteilung, notfalls durch
Schätzung.
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Durch eine Aufteilung wird auch vermieden,
dass Aufwendungen insgesamt als beruflich veranlasst anerkannt
werden, obwohl sich eine private Mitveranlassung aufdrängt. So
hat der BFH in manchen Fällen Aufwendungen für Fernreisen
insgesamt als beruflich beurteilt, obwohl bei diesen Reisen eine
touristische Komponente nahe lag, der besser durch Aufteilung -
ggf. im Wege der Schätzung - hätte Rechnung getragen
werden können (vgl. insbesondere Urteile in BFHE 127, 533,
BStBl II 1979, 513 = SIS 79 02 54 – Südafrikareise eines
Facharztes; in BFHE 148, 262, BStBl II 1987, 208 = SIS 87 05 17
– Reise einer Kunstmalerin zu den Seychellen; in BFH/NV 2008,
1837 = SIS 08 38 06 - Fortbildungskongress der
Bundesapothekerkammer in Meran mit ganztägigen Exkursionen zum
Monte Baldo und zur Seiser Alpe).
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e) Des Weiteren hat der Große Senat in
BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 = SIS 71 00 11 das
Aufteilungsverbot damit gerechtfertigt, die Vorschrift des §
12 Nr. 1 Satz 2 EStG wolle im Interesse der steuerlichen
Gerechtigkeit verhindern, dass Aufwendungen für die
Lebensführung als vom Steuerpflichtigen durch den Betrieb
veranlasst dargestellt würden, ohne dass für das FA die
Möglichkeit bestehe, diese Angaben nachzuprüfen und die
tatsächliche berufliche oder private Veranlassung
festzustellen. Das BMF hat in seiner Stellungnahme dazu
ergänzend ausgeführt, die Abgrenzung von beruflichen und
privaten Berührungspunkten bei Reisen, insbesondere bei
Auslandsreisen, sei häufig schwierig und hänge vom
Geschick der Darstellung durch den Steuerpflichtigen ab.
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Auch insoweit hält der Große Senat
nach erneuter Überprüfung an seiner früheren
Argumentation nicht mehr fest. Bestehen nach Ausschöpfung der
im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen des FA (oder
im Gerichtsverfahren des FG) und der gebotenen Mitwirkung des
Steuerpflichtigen weiterhin gewichtige Zweifel, dass den als
Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen
eine berufliche Veranlassung zugrunde liegt, so kommt für die
strittigen Aufwendungen schon aus diesem Grund ein Abzug insgesamt
nicht in Betracht.
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Bestehen hingegen keine Zweifel daran, dass
ein abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich veranlasst ist,
bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so ist dieser
Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen
Umstände zu schätzen (§ 162 der Abgabenordnung,
§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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f) Auch der Grundsatz der Praktikabilität
(der gleichmäßigen Durchführbarkeit; dazu Tipke,
Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2. Aufl., 2000, 359) der
Steuergesetze erfordert es nicht, die Vorschrift des § 12 Nr.
1 Satz 2 EStG weiterhin im Sinne eines allgemeinen Aufteilungs- und
Abzugsverbots zu verstehen.
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Allerdings vertritt das BMF in seiner
Stellungnahme die Auffassung, der Abzug von Reiseaufwendungen setze
voraus, dass sie nach objektiven und einfach nachprüfbaren
Kriterien unmittelbar dem beruflichen/betrieblichen Bereich
zugeordnet werden könnten. Das sei bei einer nicht
unerheblichen privaten Mitveranlassung nicht der Fall. Die
beruflichen/betrieblichen Zeitanteile des Aufenthalts seien wegen
der eingeschränkten Verifikationsmöglichkeiten als
Aufteilungsmaßstab unbrauchbar.
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Dieser Argumentation vermag sich der
Große Senat nicht anzuschließen. Schon nach der
bisherigen - vom allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsverbot
geprägten - Rechtsprechung musste die Frage, ob ein
Steuerpflichtiger eine Auslandsreise aus betrieblichen
(beruflichen) oder privaten Gründen unternommen hat, anhand
objektiver Merkmale beurteilt werden; die tatsächlichen
Feststellungen dieser Merkmale und ihre Gewichtung (Würdigung)
für die einzelne Reise waren auch bisher im Einzelfall Aufgabe
der Finanzämter und der Finanzgerichte als der
steuergerichtlichen Tatsacheninstanz (Beschluss des Großen
Senats in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 = SIS 79 01 12, unter
C. II.). Schon bisher galt das allgemeine Aufteilungs- und
Abzugsverbot dann nicht, wenn die private Mitveranlassung von ganz
untergeordneter Bedeutung war oder wenn eine Aufteilung der
Aufwendungen nach objektiven und leicht nachprüfbaren
Maßstäben möglich erschien (Beschluss des
Großen Senats in BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17 = SIS 71 00 11, unter C. II. 6.). So hatte der Große Senat speziell
für Reiseaufwendungen entschieden, die Abgrenzung und
Entscheidung, ob (private) Lebenshaltungskosten oder
betriebs(berufs-)bedingte Aufwendungen vorliegen, könne bei
Auslandsgruppenreisen zu Informationszwecken nur auf Grund einer
Würdigung aller Umstände des einzelnen Falles getroffen
werden; es sei deshalb in jedem Einzelfall zu prüfen, ob und
in welchem Umfang private Gründe die Reise (mit-)veranlasst
hätten (Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213 = SIS 79 01 12, unter C. II. 2). Dabei konnten bisher auch im Falle einer
insgesamt als privat gewürdigten Reise einzelne Aufwendungen,
die ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlasst waren,
zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen werden. Insoweit war
schon in der bisherigen Rechtsprechung eine Aufteilung der Reise
nach Zeitanteilen angelegt. Der Große Senat hatte
nämlich in seinem Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II 1979,
213 = SIS 79 01 12 (unter C. IV. 2. b) ausgeführt, die
Abgrenzbarkeit beruflich veranlasster Reiseaufwendungen sei auch
anzuerkennen, wenn ein Steuerpflichtiger während einer
Auslandsgruppenreise in Abweichung von dem Gruppenreiseprogramm an
einem Tag z.B. einen Geschäftsfreund aufsuche oder eine
ausschließlich betrieblich (beruflich) veranlasste
Besichtigung in Form eines Abstechers vom Programm
durchführe.
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Danach kommen auf der Grundlage der vom
Großen Senat nunmehr weiterentwickelten Rechtsauffassung,
nach der § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG kein allgemeines Aufteilungs-
und Abzugsverbot zu entnehmen ist, die beruflichen und privaten
Zeitanteile einer Reise als nahe liegender und sachgerechter
Aufteilungsmaßstab in Betracht. Ihre Verifikation ist nicht
schwieriger als die umfassende Würdigung der einzelnen
Merkmale, die aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BFH der
Finanzverwaltung und den Finanzgerichten abverlangt worden war.
Dies gilt umso mehr, als die Aufteilung auch im Wege der
Schätzung geschehen kann und im Übrigen ein Abzug der
strittigen Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten
ohnehin ausscheidet, wenn die berufliche Veranlassung nicht durch
zureichende Gründe belegt ist.
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g) Der Große Senat ist an einer Abkehr
von der bisherigen Rechtsprechung zum Aufteilungs- und Abzugsverbot
weder unter dem Aspekt des Gewohnheitsrechts noch im Hinblick auf
das Gebot zur Wahrung der Rechtsprechungskontinuität gehindert
(vgl. dazu Beschluss des Großen Senats vom 17.12.2007 GrS
2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608 = SIS 08 13 73, m.w.N.).
Die frühere Auslegung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG konnte
sich nicht gewohnheitsrechtlich verfestigen, weil, wie dargelegt,
von Anfang an und auf Dauer zahlreiche und gewichtige Stimmen im
Schrifttum die Existenz eines gesetzlichen Aufteilungs- und
Abzugsverbots bestritten hatten. Auch unter den Gesichtspunkten der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ist das Festhalten an
der über Jahrzehnte praktizierten höchstrichterlichen
Rechtsprechung nicht geboten. Diese Rechtsprechung hat keinen
Vertrauenstatbestand begründet, der zu Dispositionen
hätte Anlass geben können.
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4. Danach sind Aufwendungen für Reisen,
die abgrenzbare berufliche und private Anteile enthalten,
grundsätzlich aufzuteilen, sofern die berufliche oder private
Veranlassung nicht von völlig untergeordneter Bedeutung
ist.
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a) Damit unterscheiden sich Reisekosten von
den grundsätzlich nicht abziehbaren und nicht aufteilbaren
unverzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung, die
nach Maßgabe des subjektiven Nettoprinzips durch die
Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen
Existenzminimums (§ 32a Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 6 EStG;
dazu Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 81
ff., m.w.N.) pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben
(insbesondere gemäß § 10 EStG) oder
außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 ff. EStG)
abziehbar sind. Zwar ließen sich theoretisch auch
Aufwendungen etwa für bürgerliche Kleidung, für eine
Brille oder für eine Armbanduhr bei feststehender Arbeitszeit
durchaus entsprechend aufteilen (Ruppe, DStJG 3, 1980, 103, 143
f.). Derartige Aufwendungen sind aber, wenn sie nach den
Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum, als
Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen zu
berücksichtigen sind, grundsätzlich dem Anwendungsbereich
des § 4 Abs. 4 und des § 9 EStG entzogen, um eine
doppelte Berücksichtigung zu vermeiden (vgl. Ruppe, a.a.O., S.
143 f.). Inwieweit gleichwohl ein etwa gegebener beruflicher
Mehraufwand zu berücksichtigen ist, bleibt danach in erster
Linie der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen (vgl. z.B.
§ 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG; § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG:
„typische Berufskleidung“).
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Dem entspricht im Ergebnis die bisherige
Rechtsprechung, die derartige Aufwendungen als nicht abziehbar
beurteilt hat (OFH-Urteil in RFHE 54, 270 – Verschleiß
von Schuhsohlen und bürgerlicher Kleidung; BFH-Urteil in BFHE
58, 689, BStBl III 1954, 174 = SIS 54 00 95; BFH-Beschluss vom
22.4.2003 VI B 275/00, BFH/NV 2003, 1052 = SIS 03 32 65 –
jeweils zur Anschaffung eines Hörgeräts; BFH-Urteile in
BFHE 158, 221, BStBl II 1990, 49 = SIS 89 23 21; in BFHE 164, 419,
BStBl II 1991, 751 = SIS 91 17 42; vom 20.3.1992 VI R 55/89, BFHE
168, 83, BStBl II 1993, 192 = SIS 92 17 40; vom 27.5.1994 VI R
67/92, BFHE 175, 57, BStBl II 1995, 17 = SIS 94 21 58 –
jeweils zu bürgerlicher Kleidung; vom 23.10.1992 VI R 31/92,
BFHE 169, 350, BStBl II 1993, 193 = SIS 93 03 34; vom 20.7.2005 VI
R 50/03, BFH/NV 2005, 2185 = SIS 05 48 23 – jeweils zu den
Kosten einer Brille). Aus den gleichen Gründen sind z.B. auch
Aufwendungen zur Förderung der Gesundheit grundsätzlich
nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar (st.
Rspr., vgl. bereits Entscheidung des PrOVG vom 13.3.1894 Rep.
V.C.1395/93, PrOVGE 2, 453).
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b) Der Große Senat geht nach wie vor von
dem seit der Entscheidung in PrOVGE 10, 86 geltenden und seither
die Rechtsprechung prägenden Grundsatz aus, dass eine
unbedeutende private Mitveranlassung dem vollständigen Abzug
von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht entgegensteht und
dass umgekehrt eine unbedeutende berufliche Mitveranlassung von
Aufwendungen für die Lebensführung keinen
Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug eröffnet.
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c) Greifen die - für sich gesehen jeweils
nicht unbedeutenden - beruflichen und privaten
Veranlassungsbeiträge (z.B. bei einer beruflich/privaten
Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine
Trennung nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren
Kriterien für eine Aufteilung, so kommt ein Abzug der
Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht (vgl. Söhn,
Festschrift für Klaus Offerhaus, Köln 1999, 477, 485;
Scheich, Das Abzugsgebot und -verbot gemischter Aufwendungen,
München 1996, S. 39, 50).
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d) An der Grenzlinie zwischen Berufs- und
Privatsphäre besteht ein Anreiz für die
Steuerpflichtigen, Privataufwendungen als beruflich veranlasst
darzustellen, um so den Abzug dieser Aufwendungen zu erreichen. Dem
haben die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte bei der
Sachverhaltsaufklärung und bei der Rechtsanwendung besonders
Rechnung zu tragen. So dürfen sich die Finanzgerichte in der
Regel nicht allein auf die Darstellung des Steuerpflichtigen
stützen, wenn es an entsprechenden Nachweisen für dessen
Sachvortrag fehlt. Vielmehr hat der Steuerpflichtige die berufliche
Veranlassung der Aufwendungen im Einzelnen umfassend darzulegen und
nachzuweisen (BFH-Urteile vom 27.9.1991 VI R 1/90, BFHE 166, 61,
BStBl II 1992, 195 = SIS 92 03 38; vom 21.6.1994 VI R 16/94, BFH/NV
1995, 216; Völlmeke, DStR 1995, 745, 750). Diese
Anforderungen, die nach der bisherigen Rechtsprechung nur die Frage
betrafen, ob der Abzug der Aufwendungen insgesamt in Betracht kam,
gelten nunmehr nach der geänderten Auslegung des § 12 Nr.
1 Satz 2 EStG auch für die Frage, ob ein Teil der Aufwendungen
als beruflich veranlasst anerkannt werden kann.
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e) In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung
(Beschluss des Großen Senats in BFHE 126, 533, BStBl II 1979,
213 = SIS 79 01 12, unter C. II. 2. a) sind Reisen nicht mehr in
jedem Falle insgesamt als Einheit zu beurteilen. Vielmehr
können unterschiedliche Reiseabschnitte unterschiedlich
beruflich oder privat veranlasst und die Aufwendungen hierfür
entsprechend aufzuteilen sein.
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Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab
kommt in derartigen Fällen das Verhältnis der beruflichen
und privaten Zeitanteile der Reise in Betracht. Das
unterschiedliche Gewicht der verschiedenen
Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erfordern,
einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder von einer
Aufteilung ganz abzusehen.
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Nimmt der Steuerpflichtige zum Beispiel
aufgrund einer Weisung seines Arbeitgebers einen beruflichen Termin
wahr, so können die Kosten der Hin- und Rückreise auch
dann in vollem Umfang beruflich veranlasst sein, wenn der
Steuerpflichtige den beruflichen Pflichttermin mit einem
vorangehenden oder nachfolgenden Privataufenthalt verbindet (vgl.
auch BFH-Urteil in BFHE 82, 88, BStBl III 1965, 279 = SIS 65 01 63;
zum umgekehrten Fall einer insgesamt privaten Veranlassung vgl.
BFH-Urteil in BFHE 90, 47, BStBl III 1967, 773 = SIS 67 04 80).
Dabei kommt es nicht notwendig darauf an, ob der private Teil der
Reise kürzer oder länger ist als der berufliche Teil
(a.A. insoweit BFH-Urteil in BFHE 83, 401, BStBl III 1965, 644 =
SIS 65 03 70).
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An den im Beschluss in BFHE 126, 533, BStBl II
1979, 213 = SIS 79 01 12 (unter C. II. 1. der Gründe) für
Auslandsgruppenreisen entwickelten Abgrenzungsmerkmalen hält
der Große Senat grundsätzlich fest. Vor dem Hintergrund
des Beschlusses des BVerfG vom 7.11.1995 2 BvR 802/90 (BStBl II
1996, 34 = SIS 96 01 13 - Oderkonto) vermögen die Indizien
indes keine Gesamtwürdigung im Einzelfall zu ersetzen, sie
dürfen nicht schematisch geprüft und wie rechtliche
Tatbestandsmerkmale verselbständigt werden. Auch stehen sie
einer Aufteilung der Kosten nach den beruflichen und privaten
Zeitanteilen der Reise nicht entgegen.
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IV. Entscheidung des Großen Senats
über die vorgelegte Rechtsfrage
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Der Große Senat beantwortet die ihm
vorgelegte Rechtsfrage wie folgt:
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1. Aufwendungen für die Hin- und
Rückreise bei gemischt beruflich (betrieblich) und privat
veranlassten Reisen können grundsätzlich in abziehbare
Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare
Aufwendungen für die private Lebensführung nach
Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der
Reise aufgeteilt werden, wenn die beruflich veranlassten
Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung
sind.
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2. Das unterschiedliche Gewicht der
verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im
Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab
heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen.
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