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A. Gegenstand der Vorlage (Sachverhalt,
Entscheidung des Finanzgerichts - FG - und Vortrag der
Beteiligten)
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Streitig ist, ob Aufwendungen für ein
Erststudium nach dem Abitur, das nicht im Rahmen eines
Dienstverhältnisses stattfindet, als vorweggenommene
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit zu berücksichtigen sind.
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) studierte nach seinem Abitur in den Jahren 2002 bis
2004 zunächst an der Universität A und in den Jahren 2004
bis 2008 an der B in C internationale Betriebswirtschaftslehre. Der
Studiengang an der B sah eine enge Verzahnung zwischen Theorie und
Praxis vor und beinhaltete zwei Auslandssemester sowie drei
Praktika. Im Anschluss an sein am 4.7.2008 erfolgreich
abgeschlossenes Studium erhielt der Kläger zum 1.11.2008 eine
Festanstellung als Assistent des Vertriebsvorstands einer AG; dort
war er bis 30.6.2011 tätig.
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Der Kläger machte mit seiner
Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2007) bei
den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen
Bruttoarbeitslohn in Höhe von 1.612 EUR und Werbungskosten in
Höhe von 19.528 EUR geltend. Die Werbungskosten ergaben sich
aus den Aufwendungen für Arbeitsmittel (Absetzungen für
Abnutzung auf PC 723 EUR, Fachliteratur pauschal 150 EUR,
Studiengebühren 5.120 EUR) sowie aus den Kosten für das
Auslandssemester in Australien (Zimmermiete 5.000 EUR;
Verpflegungsmehraufwand für 180 Tage x 39 EUR = 7.020 EUR;
Flugkosten 1.515 EUR).
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5
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte im streitigen
Einkommensteuerbescheid bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten lediglich den
Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 920 EUR und legte damit
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von
692 EUR zu Grunde. Die durch den Studienaufenthalt in Australien
entstandenen Aufwendungen berücksichtigte er nur mit 4.000 EUR
als Sonderausgaben in Form von Berufsausbildungskosten. Mit anderen
Einkünften des Klägers betrug damit der Gesamtbetrag der
Einkünfte 12.437 EUR. Davon wurde ein verbliebener
Verlustvortrag zum 31.12.2006 in Höhe von 8.993 EUR abgezogen,
der aus in den Vorjahren anerkannten Berufsausbildungskosten des
Klägers stammte. Nachdem das FA keine weiteren Werbungskosten
berücksichtigt hatte, stellte es den verbleibenden
Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31.12.2007 mit weiterem
Bescheid auf 0 EUR fest.
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Die dagegen nach erfolglosem Einspruch
erhobene Klage hat das FG mit den in EFG 2012, 612 = SIS 12 08 11
veröffentlichten Gründen abgewiesen. Der Kläger habe
zum einen die Aufwendungen für seine Berufsausbildung nur
teilweise schlüssig dargelegt, nämlich im Ergebnis
lediglich in Höhe von 14.552 EUR.
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Zum anderen habe das FA die Aufwendungen zu
Recht nur als Sonderausgaben und nicht als vorweggenommene
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit behandelt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die
gesetzlichen Neuregelungen in § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 und
§§ 52 Abs. 23d und 30a des Einkommensteuergesetzes (EStG)
i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes (BeitrRLUmsG)
vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) bestünden nicht.
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Der Kläger rügt mit der Revision
die Verletzung von Bundesrecht. Die Aufwendungen für sein
Studium seien vorweggenommene Werbungskosten. Soweit dem § 9
Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG entgegenstehe, verstoße
dies gegen Verfassungsrecht.
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9
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Der Kläger beantragt, das angefochtene
Urteil des FG Münster vom 20.12.2011 5 K 3975/09 F sowie den
Bescheid über die Ablehnung der gesonderten Feststellung des
verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer auf den
31.12.2007 vom 3.7.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
9.10.2009 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den verbleibenden
Verlustvortrag zur Einkommensteuer auf den 31.12.2007 in Höhe
von 18.278 EUR festzustellen.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Die Neuregelungen durch das BeitrRLUmsG
seien nicht verfassungswidrig. Die dort getroffene Unterscheidung
zwischen den Kosten für die erstmalige Berufsausbildung und
ein Erststudium einerseits und für sonstige Fortbildungskosten
andererseits sei eine im gesetzgeberischen Ermessensspielraum
liegende Typisierung.
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B. Entscheidung des Senats
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Die Aussetzung des Verfahrens und die Vorlage
an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sind gemäß Art.
100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 80 Abs. 2
Satz 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht
(BVerfGG) geboten.
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14
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Der Senat ist davon überzeugt, dass
§ 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wegen Verstoßes
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner
Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der
finanziellen Leistungsfähigkeit verfassungswidrig ist, weil
die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine eigene
Berufsausbildung einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt
bleiben, indem sie weder als Werbungskosten noch in anderer Weise
die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage in einer den
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Weise
mindern.
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I. Beurteilung am Maßstab des einfachen
Rechts und Entscheidungserheblichkeit
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Nach einfachem Recht wäre die Revision
des Klägers unbegründet. Denn das FG hat zutreffend
entschieden, dass § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG den
Werbungskostenabzug für die vom Kläger geltend gemachten
Aufwendungen ausschließt.
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Sollte allerdings § 9 Abs. 6 EStG i.d.F.
des BeitrRLUmsG verfassungswidrig sein und für nichtig
erklärt werden, wäre die Revision des Klägers
jedenfalls insoweit begründet, als der Kläger nach der
Würdigung des FG die Aufwendungen für seine
Berufsausbildung schlüssig dargelegt hat, nämlich im
Ergebnis in Höhe von 14.552 EUR. Nach den Feststellungen des
FG bestand zwischen dem Studium und der späteren
Berufstätigkeit auch ein konkreter Veranlassungszusammenhang,
der den Abzug der Aufwendungen für das Studium als
vorweggenommene Werbungskosten rechtfertigt. Denn der Studiengang
des Klägers sah unter anderem eine enge Verzahnung zwischen
Theorie und Praxis vor und beinhaltete zwei Auslandssemester sowie
drei Praktika und verschaffte dem Kläger im Anschluss an das
am 4.7.2008 erfolgreich abgeschlossene Studium zum 1.11.2008 eine
Festanstellung als Assistent des Vertriebsvorstands einer AG,
für die er bis 30.6.2011 tätig war. Aber auch dann, wenn
das BVerfG die Versagung des Werbungskostenabzugs für
Berufsausbildungskosten für verfassungswidrig erklärt und
dem Gesetzgeber aufgibt, eine Neuregelung zu treffen, bliebe
für den Kläger des Ausgangsverfahrens die Chance offen,
dass der Gesetzgeber eine im Vergleich zur bisherigen
verfassungswidrigen Rechtslage für ihn günstigere
Regelung schaffte.
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Angesichts dessen ist die Entscheidung des
vorlegenden Senats im anhängigen Revisionsverfahren von der
Gültigkeit des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG
abhängig. Denn eine Vorlagefrage ist auch dann i.S. des §
80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entscheidungserheblich, wenn die
Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des
Ausgangsverfahrens die Chance offen hält, eine für ihn
günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Die
Entscheidungserheblichkeit ist deshalb auch dann zu bejahen, wenn
im Falle eines Gleichheitsverstoßes der Gesetzgeber diesen
auf verschiedenen Wegen heilen kann und eine der dem Gesetzgeber
möglichen Entscheidungsvarianten den - bis dahin weiter
ausgesetzten - Prozess in Richtung einer für den betroffenen
Grundrechtsträger günstigen Entscheidung beeinflusst.
Nichts anderes gilt, wenn das BVerfG die Norm für mit dem
Grundgesetz unvereinbar erklärt, aber die weitere Anwendung
des bisherigen Rechts gemäß § 35 BVerfGG anordnet
(BVerfG-Beschlüsse vom 22.6.1985 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121,
BStBl II 1995, 655 = SIS 95 17 08; vom 17.4.2008 2 BvL 4/05,
BVerfGE 121, 108 = SIS 08 32 52, m.w.N.). Maßgebend für
die Entscheidungserheblichkeit ist nur, dass die
Verfassungswidrigerklärung der Norm dem Kläger des
Ausgangsverfahrens die Chance offenhält, eine für ihn
günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen
(BVerfG-Beschluss in BVerfGE 121, 108 = SIS 08 32 52, unter
B.I.).
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II. Die im Streitfall maßgeblichen
Rechtsvorschriften, Rechtslage und Rechtsentwicklung
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1. Die maßgeblichen
Rechtsvorschriften
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21
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Nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des
BeitrRLUmsG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine
erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das
zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn
diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen
eines Dienstverhältnisses stattfindet. § 4 Abs. 9 EStG
i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt Entsprechendes für die Zwecke
der Gewinnermittlung; danach sind Aufwendungen des
Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder
für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung
vermittelt, keine Betriebsausgaben. § 9 Abs. 6 und § 4
Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG sind nach § 52 Abs. 23d
Satz 5 und § 52 Abs. 12 Satz 11 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG
rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004 anwendbar.
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22
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Aufwendungen des Steuerpflichtigen für
seine erstmalige Berufsausbildung sind als Sonderausgaben (§
10 EStG) zu berücksichtigen. Denn § 10 Abs. 1 EStG
bestimmt in seinem Einleitungssatz, dass Sonderausgaben die
nachfolgend im Tatbestand aufgeführten Aufwendungen sind, wenn
sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie
Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden. § 10
Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG erklärt sodann
Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 6.000 EUR
im Kalenderjahr zu Sonderausgaben. Diese Fassung des § 10 Abs.
1 Nr. 7 EStG ist erstmals für Veranlagungszeiträume ab
2012 anzuwenden (§ 52 Abs. 24a Satz 3 i.d.F. des BeitrRLUmsG).
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG in der für
Veranlagungszeiträume vor 2012 geltenden Fassung (EStG a.F.)
waren Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu
4.000 EUR im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar.
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23
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Die einkommensteuerrechtliche
Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten regelt des
Weiteren auch § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG, der nach
§ 52 Abs. 30a EStG dieser Fassung für
Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden ist; § 12 Nr. 5
EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG bestimmt:
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24
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„Soweit in den §§ 9c, 10
Absatz 1 Nummer 1, 2 bis 4, 7 und 9, §§ 10a, 10b und den
§§ 33 bis 33b nichts anderes bestimmt ist, dürfen
weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der
Einkünfte abgezogen werden
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1. ...
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5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen
für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein
Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, wenn
diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen
eines Dienstverhältnisses stattfinden.“
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25
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§ 12 Nr. 5 EStG wurde mit dem AOÄndG
eingeführt und hatte zunächst folgenden Wortlaut:
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26
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„Soweit in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2,
4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c
nichts anderes bestimmt ist, dürfen weder bei den einzelnen
Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen
werden
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1. ...
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5. Aufwendungen des Steuerpflichtigen
für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein
Erststudium, wenn diese nicht im Rahmen eines
Dienstverhältnisses stattfinden.“
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2. Die Rechtsentwicklung
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28
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§ 9 Abs. 6, § 4 Abs. 9 und § 12
Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG beruhen ausweislich der
Gesetzesmaterialien auf der Änderung der Rechtsprechung des
vorlegenden Senats zur einkommensteuerrechtlichen
Berücksichtigung von Fortbildungskosten einerseits und
Ausbildungskosten andererseits.
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a) Der vorlegende Senat unterschied in seiner
Rechtsprechung bis zum Urteil vom 4.12.2002 VI R 120/01 (BFHE 201,
156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74) zwischen den als
Werbungskosten abziehbaren Kosten einer Fortbildung in einem
bereits ausgeübten Beruf und den als Sonderausgaben begrenzt
absetzbaren Kosten einer Ausbildung zu einem künftigen
Beruf.
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Fortbildungskosten waren danach nur Ausgaben,
die ein Steuerpflichtiger tätigte, um in dem ausgeübten
Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen
gerecht zu werden, sowie Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger
machte, um sich in dem von ihm ausgeübten Beruf fortzubilden,
damit er ohne Wechsel der Berufs- oder Erwerbsart, also ohne
Übergang zu einem anderen Beruf, besser vorwärtskommen
kann.
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31
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Berufsausbildungskosten wurden dagegen
angenommen, wenn die Aufwendungen dazu dienten, Kenntnisse zu
erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf
notwendig waren oder welche die Grundlage dafür bilden
sollten, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen zu
wechseln. Derartige Aufwendungen stünden - so die damalige
Rechtsprechung - noch nicht mit einer konkreten beruflichen
Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im
Zusammenhang; solche Ausgaben erwüchsen grundsätzlich
jedem Steuerpflichtigen, gehörten daher zu den Kosten der
Lebensführung und seien deshalb nach § 12 Nr. 1 EStG
nicht als Werbungskosten abziehbar. Sie seien nur bis zu den
gesetzlich vorgesehenen Höchstbeträgen als Sonderausgaben
zu berücksichtigen. Der vorlegende Senat führte diese
Grundsätze letztlich zurück auf die Rechtsprechung des
Reichsfinanzhofs (RFH). Dieser sei - ohne weitere Begründung -
davon ausgegangen, dass „die Erlangung der für den
Lebenskampf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten
grundsätzlich der privaten Lebensführung zugehört,
die Aufwendungen hierfür daher nicht abzugsfähig
sind“ (so Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003,
403 = SIS 03 07 74, mit Hinweis auf RFH-Urteil vom 24.6.1937 IV A
20/36, RStBl 1937, 1089, 1090; vgl. zur Rechtsentwicklung der
Berufsausbildungskosten seit den ersten Einkommensteuergesetzen
Holthaus, Die Berücksichtigung von Bildungskosten im
Einkommensteuerrecht, Bonn 2010, S. 22 ff.; Johenning,
Bildungsaufwendungen im Einkommensteuerrecht, Hamburg 2009, S. 68
ff.).
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32
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Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für
ein Erststudium an einer Hochschule (Universität oder
Fachhochschule) ordnete die frühere Rechtsprechung auf dieser
Grundlage den Berufsausbildungskosten zu. Dem Steuerpflichtigen
werde damit eine andere (höherrangige) berufliche,
gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung eröffnet, die
regelmäßig die Grundlage für eine neue oder andere
als die bisherige Lebensgestaltung des Steuerpflichtigen schaffe.
Der Senat bewertete nach diesen Grundsätzen alle akademischen
Studiengänge einheitlich, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu
vermeiden. Dies galt allerdings nicht für Studiengänge an
einer Akademie oder Fachschule, die ohne Verleihung eines
akademischen Grades oder des Titels „graduiert“
abschlossen. Diese konnten als Werbungskosten abgezogen werden
(Senatsurteil vom 23.8.1979 VI R 87/78, BFHE 128, 472, BStBl II
1979, 773 = SIS 79 03 94).
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33
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In der praktischen Anwendung führten
diese Rechtsgrundsätze dazu, dass bei einem Zweitstudium
(Zusatz-, Aufbau- oder Ergänzungsstudium) Fortbildungskosten
angenommen wurden, wenn die im Erststudium erworbenen Erkenntnisse
ergänzt und vertieft wurden und das Zweitstudium keinen
Wechsel in eine andere Berufsart eröffnete. Entsprechendes
galt in Fällen einer gegenüber der bisherigen
Berufstätigkeit angestrebten
„Spezialisierung“, wenn etwa der Humanmediziner
Zahnmedizin studierte, um Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurg zu werden
(Senatsurteil vom 8.5.1992 VI R 134/88, BFHE 167, 538, BStBl II
1992, 965 = SIS 92 15 36), oder der Diplom-Bauingenieur
Betriebswirtschaftslehre studierte, um Projektleiter zu werden oder
eine eigene Baufirma zu gründen (BFH-Urteil vom 19.6.1997 IV R
4/97, BFHE 184, 283, BStBl II 1998, 239 = SIS 97 20 58).
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34
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Im Grundsatz waren danach Umschulungskosten,
nämlich Aufwendungen, um von einer Berufs- oder Erwerbsart zu
einer anderen überzuwechseln, Berufsausbildungskosten.
Fortbildungskosten wurden nur unter den Voraussetzungen anerkannt,
die der BFH zum Zweitstudium entwickelt hatte, insbesondere wenn
also kein Wechsel der Berufsart vorlag (Senatsurteil in BFHE 201,
156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74, m.w.N.; ausführlich
zur Unterscheidung zwischen Aus- und Fortbildung und zur neuen
Rechtsprechung ab 2002 z.B. auch Ismer, Bildungsaufwand im
Steuerrecht, Köln 2006, S. 133 ff.).
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35
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b) Diese bis zum Jahr 2002 sich entwickelnde
Rechtsprechung stieß zunehmend auf Kritik; auf die im
Senatsurteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74,
unter II.2. nachgewiesenen kritischen Rechtsprechungs- und
Literaturnachweise wird Bezug genommen. Die Kritik brachte
insbesondere vor, dass die terminologische Unterscheidung zwischen
Berufsausbildung und Berufsfortbildung steuersystematische
Gesichtspunkte vernachlässige, sich zunehmend vom Gesetz
entferne, mit der Zuordnung von Aufwendungen für ein
Erststudium zum Privatbereich ohne Beachtung der das Studium
konkret veranlassenden Umstände in unzulässiger Weise
typisiere und mit der so geschaffenen und kaum noch
überschaubaren Kasuistik zu Rechtsunsicherheit führe.
Insbesondere würden den mittlerweile eingetretenen
tiefgreifenden Änderungen und Entwicklungen im
gegenwärtigen Berufsleben sowie der zunehmenden
Arbeitslosigkeit nicht ausreichend Rechnung getragen; die
notwendige Flexibilität der Arbeitnehmer werde gehemmt und
angesichts der Vielgestaltigkeit der beruflichen Weiter- oder
Fortbildung mit dieser Form der Typisierung gegen Art. 3 Abs. 1 GG
verstoßen. Schließlich führe die
Berücksichtigung eines Zweitstudiums zu einem ungesetzlichen
und sachlich nicht gerechtfertigten Akademikerprivileg.
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36
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c) Der Senat änderte beginnend mit dem
Urteil in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74 diese
Rechtsprechung. Nunmehr konnten die Aufwendungen für eine auf
die Erzielung von Einkünften gerichtete
Umschulungsmaßnahme unabhängig davon Werbungskosten
sein, ob die Bildungsmaßnahme eine neue Basis für andere
Berufsfelder schaffte oder einen Berufswechsel vorbereitete. Diese
Rechtsprechung führte der Senat mit im Wesentlichen gleicher
Begründung dahingehend fort, dass Aufwendungen für ein
berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium, sofern beruflich
veranlasst, als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Es
wurde auch ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass
Ausgaben für ein Erststudium an einer Universität oder
Fachhochschule stets der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen
und deshalb nur als Sonderausgaben begrenzt abziehbar seien
(Senatsurteil vom 17.12.2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II
2003, 407 = SIS 03 07 75). In einem weiteren Urteil entschied dann
der Senat, dass zwar Aufwendungen für den Erwerb des
Privatflugzeugführerscheins regelmäßig keine
Werbungskosten seien, dass aber Aufwendungen einer Stewardess
für den Erwerb des Verkehrsflugzeugführerscheins
einschließlich Musterberechtigung als vorab entstandene
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit zu berücksichtigen seien (Senatsurteil vom 27.5.2003 VI
R 85/02, BFHE 207, 393, BStBl II 2005, 202 = SIS 05 08 87). Diese
Grundsätze wandte der Senat auch bei einer erstmaligen
Berufsausbildung sowie bei einem erstmaligen Hochschulstudium im
Anschluss an das Abitur an (Senatsurteil vom 20.7.2006 VI R 26/05,
BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764 = SIS 06 35 00). Danach waren die
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung in
Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als
vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen (Senatsurteile vom
27.5.2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884 = SIS 03 29 58; VI R 58/02).
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37
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Der Senat begründete die
Rechtsprechungsänderung im Wesentlichen mit dem objektiven
Nettoprinzip. Der Grundsatz der Besteuerung nach der steuerlichen
Leistungsfähigkeit gebiete, Aufwendungen, die im Zusammenhang
mit der Erwerbstätigkeit entstünden, steuermindernd als
Werbungskosten zu berücksichtigen. Werbungskosten i.S. des
§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG lägen vor, wenn sie durch den
Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen
veranlasst seien. Diese berufliche Veranlassung sei gegeben, wenn
ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und die
Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt
würden. Ausreichend sei, wenn die Ausgaben den Beruf des
Arbeitnehmers im weitesten Sinne förderten. Erziele der
Steuerpflichtige noch keine Einnahmen, lägen vorab entstandene
Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen in einem hinreichend
konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit späteren
Einnahmen stünden. Der erforderliche Veranlassungszusammenhang
könne bei jedweder berufsbezogenen Bildungsmaßnahme
erfüllt sein, zumal § 9 EStG keine Sonderregelung zu
Berufsbildungskosten enthalte.
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38
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Dieser Beurteilung stehe § 10 Abs. 1 Nr.
7 EStG a.F. nicht entgegen. Denn danach seien Aufwendungen des
Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann
Sonderausgaben, „wenn sie weder Betriebsausgaben noch
Werbungskosten sind“. Nach dem Gesetz habe der
Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug Vorrang vor dem Abzug
von Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben, so dass § 10
Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. keine Sperrwirkung entfalte (Senatsurteil in
BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74, unter II.3.).
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39
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Auch aus der Entstehungsgeschichte des §
10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ergebe sich nichts Gegenteiliges
(BTDrucks V/3430, 8 f.; Bericht des Finanzausschusses zu BTDrucks
V/3602, 2, 3). Dort seien Aufwendungen für die eigene
Berufsausbildung einschließlich der Umschulung als
einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigungsfähig
beurteilt, da es sich dabei um Lebenshaltungskosten handele.
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40
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Der Gesetzgeber habe damit aber nicht die
Abziehbarkeit von Betriebsausgaben oder Werbungskosten
einschränken wollen. Denn § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F.,
der den Vorrang des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs
vorgesehen habe, sei unberührt geblieben.
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41
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Dem Werbungskostenabzug stehe auch nicht
§ 12 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG entgegen. Denn aus
beruflichen Gründen entstandene Kosten stellten nicht zugleich
Aufwendungen für die private Lebensführung dar, welche
die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des
Steuerpflichtigen mit sich bringe.
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42
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Das BVerfG habe zwar noch im Beschluss vom
8.7.1993 2 BvR 773/93 (Die Information - INF - 1993, 549, NJW 1994,
847) die in der Rechtsprechung vorgenommene Abgrenzung zwischen den
- als Werbungskosten abziehbaren - Berufsfortbildungskosten und den
- als Sonderausgaben beschränkt abziehbaren -
Berufsausbildungskosten für mit der Verfassung vereinbar
erklärt. Die Entscheidung enthalte aber - entsprechend der
Aufgabenstellung des BVerfG - keine Aussage zur Auslegung des
einfachen Rechts. Im Übrigen habe das BVerfG schon im Jahr
1984 darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, ob ein anderer
„Beruf“ im Sinne der bisherigen Rechtsprechung
anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig
durchführbar sei und sich auch im Bildungswesen tiefgreifende
Änderungen und Entwicklungen vollzogen hätten. Die
einzelnen Bereiche der Aus- und Fortbildung, die früher
stärker gegeneinander abgeschottet gewesen seien, wiesen heute
breitere Übergänge, Zwischenformen und Angebote auf.
Daher sei es „zweifelhaft, ob früher getroffene
höchstrichterliche Entscheidungen zur Abgrenzung zwischen
Fortbildungs- und Ausbildungskosten gegenwärtig
unverändert aufrechterhalten werden können“
(Beschluss vom 22.5.1984 1 BvR 523/84, INF 1984, 406).
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43
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d) Das AOÄndG vom 21.7.2004 führte
§ 12 Nr. 5 EStG rückwirkend ein mit Wirkung zum 1.1.2004
(Art. 6 Abs. 2 AOÄndG). Ausweislich der
Gesetzgebungsmaterialien sollte die Neuregelung des Abzugs von
Kosten einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums
Steuerausfällen vorbeugen, die sich aus der Rechtsprechung des
BFH ergeben könnten und aus der Fortentwicklung dieser
Rechtsprechung erwartet wurden. Mittel- bis längerfristig
wurde mit einem Steuerausfallrisiko in einer
Größenordnung von jährlich 1,5 Mrd. EUR gerechnet
(BTDrucks 15/3339, 2). Die einkommensteuerrechtliche Behandlung der
Ausbildungskosten sollte deshalb neu geordnet werden (BTDrucks
15/3339, 10), sich dabei aber weitgehend am Grundansatz des BFH
orientieren, also nicht etwa zur Rechtslage vor 2002
zurückkehren. Ausbildungskosten einer ersten beruflichen
Befähigung sollten allerdings den Kosten der
Lebensführung zugewiesen werden (BTDrucks 15/3339, 10).
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44
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aa) Streitfälle zur Berücksichtigung
von Aufwendungen für eine Berufsausbildung unter der Geltung
des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entschied der
vorlegende Senat erstmals mit Urteilen vom 18.6.2009 VI R 14/07
(BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 = SIS 09 28 99), VI R 31/07
(BFH/NV 2009, 1797 = SIS 09 32 46), VI R 79/06 (= SIS 09 40 48), VI
R 6/07 (BFH/NV 2009, 1796 = SIS 09 32 45) und VI R 49/07 (BFH/NV
2009, 1799 = SIS 09 32 47).
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45
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Der vorlegende Senat urteilte, dass auch unter
der Geltung des neu geschaffenen § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des
AOÄndG das Veranlassungsprinzip grundsätzlich
unverändert fortgelte, dass Aufwendungen für ein
erstmaliges Hochschulstudium demgemäß Werbungskosten
i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein könnten und dem
§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso wenig wie das Abzugsverbot
in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG entgegenstünden
(Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 = SIS 09 28 99). Denn
nach wie vor seien nach dem Einleitungssatz des § 10 Abs. 1
i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. Aufwendungen des
Steuerpflichtigen für seine eigene Berufsausbildung nur dann
Sonderausgaben, „wenn sie weder Betriebsausgaben noch
Werbungskosten sind“, so dass der Werbungskosten- bzw.
Betriebsausgabenabzug weiter Vorrang vor dem Abzug von Aufwendungen
für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben habe;
§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. könne daher keine
Sperrwirkung für erwerbsbedingte Aufwendungen entfalten.
§ 12 Nr. 1 EStG stehe einem Abzug von Bildungsaufwendungen im
Allgemeinen und Kosten für ein Studium im Besonderen nicht
entgegen, wenn das die Aufwendungen auslösende,
maßgebliche Moment der beruflichen und nicht der privaten
Sphäre entstamme.
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46
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§ 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG
hindere die Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten
für ein sog. Erststudium zumindest dann nicht, wenn eine
abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen sei. Die Vorschrift
bestimme in typisierender Weise, dass Aufwendungen für eine
erstmalige Berufsausbildung (und ein Erststudium) noch nicht mit
einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus
fließenden Einnahmen im Zusammenhang stünden. Denn
nachdem die bisherige Rechtsprechung des Senats grundsätzlich
auch nach der durch die Einfügung des § 12 Nr. 5 EStG
i.d.F. des AOÄndG beabsichtigten
„Neuordnung“ der Ausbildungskosten habe
maßgebend sein sollen (BTDrucks 15/3339, 10), erfasse diese
Typisierung zwar auch Aufwendungen für ein Studium, sofern es
sich dabei um eine Erstausbildung handele. Allerdings sei die
Typisierung nicht auf Steuerpflichtige zu erstrecken, die ein
Studium im späteren Berufsleben berufsbegleitend oder in
sonstiger Weise als Zweitausbildung aufgenommen hätten. Diese
Auslegung begründete der Senat damit, dass ansonsten in
gleichheitswidriger Weise Steuerpflichtige, die nach
abgeschlossener Berufsausbildung erstmalig ein Studium aufgenommen
hätten, gegenüber Steuerpflichtigen benachteiligt seien,
die eine zweite nichtakademische Ausbildung, ein Zweitstudium oder
ein Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses
absolvierten. Deshalb erfasse § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des
AOÄndG nach dessen i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F.
somit gebotener verfassungskonformer Auslegung allenfalls die
Fälle des Erststudiums, das zugleich eine Erstausbildung
vermittele und nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses
stattfinde.
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47
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bb) Mit weiteren Urteilen entschied sodann der
vorlegende Senat, dass Aufwendungen für eine erstmalige
Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F.
des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten
und diese Vorschrift ebenso wie § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F.
den Vorrang des Werbungskostenabzugs und Betriebsausgabenabzugs
unberührt ließen (Urteil vom 28.7.2011 VI R 38/10, BFHE
234, 279, BStBl II 2012, 561 = SIS 11 26 71). Demnach könnten
Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur
durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12
Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG in gleicher Weise zu vorab
entstandenen Werbungskosten führen (Urteil vom 28.7.2011 VI R
7/10, BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 = SIS 11 26 72), wie etwa
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung an einer
Fachhochschule im Fach Betriebswirtschaft (Urteil vom 15.9.2011 VI
R 15/11, BFH/NV 2012, 27 = SIS 11 38 85) und Aufwendungen für
eine erstmalige Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer
(Urteile vom 28.7.2011 VI R 59/09, BFH/NV 2012, 19 = SIS 11 38 80;
vom 15.9.2011 VI R 22/09, BFH/NV 2012, 26 = SIS 11 38 84).
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(1) Der Senat begründete dies im
Wesentlichen damit, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des
AOÄndG nicht per se und ausnahmslos Aufwendungen des
Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und
für ein Erststudium vom Abzug ausschließe (Senatsurteil
in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 = SIS 11 26 71, Rz 13 ff.).
Denn nach dessen Einleitungssatz seien auch solche Aufwendungen nur
insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom
Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als „in §
10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, ... §§ 33
... nichts anderes bestimmt ist“. § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG a.F. bestimme jedoch etwas anderes: Aufwendungen für die
eigene Berufsausbildung seien als Sonderausgaben abziehbar, wenn
sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben seien. § 12 Nr.
5 EStG i.d.F. des AOÄndG stehe damit unter dem Vorbehalt des
vorrangigen Sonderausgabenabzugs. Der Sonderausgabenabzug stehe
wiederum unter dem Vorbehalt, dass die Aufwendungen nicht
Werbungskosten oder Betriebsausgaben seien. Im Ergebnis seien daher
Aufwendungen für die erstmalige eigene Berufsausbildung auch
unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG als
Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter
Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der
späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten
Berufstätigkeit bestehe. Der Senat sah in § 12 Nr. 5 EStG
i.d.F. des AOÄndG eine klarstellende Norm, vergleichbar mit
§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG. Nach Auffassung des Senats konnte die
gegenteilige Auslegung nicht auf die Gesetzgebungsmaterialien
gestützt werden. Aus der BTDrucks 15/3339, 10 f. ergebe sich
zwar, dass jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen
für die erste Berufsausbildung den Kosten der
Lebensführung habe zurechnen wollen. Andererseits habe danach
an der bisherigen Rechtsprechung des BFH festgehalten werden
sollen. Im Ergebnis sei der Wille des Gesetzgebers im Gesetz selbst
nicht hinreichend konkret umgesetzt worden, insbesondere habe der
Gesetzgeber das Normengefüge des vorrangigen Werbungskosten-
und Sonderausgabenabzugs insoweit unverändert beibehalten.
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49
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(2) Diese Rechtsprechung des vorlegenden
Senats wird in der Literatur teilweise kritisiert. Die Auslegung
verstoße gegen den klaren Wortlaut und gegen das aus den
Gesetzesmaterialien herleitbare entgegengesetzte Regelungskonzept
des Gesetzgebers und missachte damit anerkannte
Auslegungsgrundsätze. Die eigentlich entscheidungserhebliche
Frage, ob § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG und § 10
Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. verfassungswidrig seien und als
singuläre Abweichung vom Veranlassungsprinzip gegen den
allgemeinen Gleichheitssatz verstießen, bleibe außer
Betracht (Birk, DStR 2014, 65, 71; Reiß, FR 2011, 863, 864;
Ismer, FR 2011, 846, 849; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 1303; dagegen Kanzler,
FR 2011, 862).
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50
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e) Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf diese
Urteile die Regelungen zur einkommensteuerrechtlichen
Berücksichtigung von Aufwendungen für die eigene
Berufsausbildung, wie oben unter B.II.1. dargestellt, durch die
§§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 und 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des
BeitrRLUmsG geändert.
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51
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Unter Bezugnahme auf die öffentliche
Anhörung diverser Verbände in der 60. Sitzung des
Finanzausschusses vom 21.9.2011 sowie auf ein
nichtöffentliches Fachgespräch in der 66. Sitzung des
Finanzausschusses vom 24.10.2011 sollte nun mit dem BeitrRLUmsG
klargestellt werden, dass Berufsausbildungskosten für eine
erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das
zugleich eine Erstausbildung vermittele, vom Betriebsausgaben-
sowie Werbungskostenabzug ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 3
ff.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die
meisten Sachverständigen die BFH-Rechtsprechung nicht teilten
und dass mit der vorgeschlagenen Regelung die ursprüngliche
Rechtslage wiederhergestellt werde, um erheblichen
Verwaltungsaufwand und Steuerausfälle von über 1 Mrd. EUR
zu vermeiden. Der geänderten Kostensituation und der
Preisentwicklung solle dadurch Rechnung getragen werden, dass der
Sonderausgabenhöchstbetrag von 4.000 EUR auf 6.000 EUR
angehoben werde (BTDrucks 17/7524, 5). Die Klarstellung sei
erforderlich geworden, weil der BFH bemängelt habe, dass aus
den vorangegangenen Regelungen der Wille des Gesetzgebers, die
Kosten der Berufsausbildung oder des Erststudiums vom
Werbungskostenabzug auszuschließen, nicht hinreichend
deutlich geworden sei (BTDrucks 17/7524, 10 f.).
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III. Verfassungsrechtliche Beurteilung
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53
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Nach Überzeugung des Senats
verstößt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in der
Ausprägung des daraus abgeleiteten verfassungsrechtlichen
Gebots der Besteuerung nach der finanziellen
Leistungsfähigkeit und des Gebots der Folgerichtigkeit (1. bis
4.).
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54
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Der Senat ist dagegen der Auffassung, dass die
rückwirkende Änderung der einkommensteuerrechtlichen
Vorschriften zur Berücksichtigung von Aufwendungen für
die eigene Berufsausbildung verfassungsrechtlich hinzunehmen ist
(5.).
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1. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs.
1 GG) gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG-Beschluss
vom 21.6.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, <180>, BFH/NV
2006, Beilage 4, 481 = SIS 06 33 60, ständige Rechtsprechung).
Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche
Begünstigungen (BVerfG-Beschlüsse vom 8.6.2004 2 BvL
5/00, BVerfGE 110, 412, <431>, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33 =
SIS 04 36 31; in BVerfGE 116, 164, <180> = SIS 06 33 60).
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56
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Dieser allgemeine Gleichheitssatz ist
bereichsspezifisch anzuwenden. Dementsprechend hat der Gesetzgeber
im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes
und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden
Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des
Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das
Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als
rechtlich gleich qualifiziert, ist gerade im Bereich des
Einkommensteuerrechts vor allem durch zwei eng miteinander
verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der
Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und
durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse
verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf
abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher
Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale
Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die
Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der
Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der
Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands muss die einmal
getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der
Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen
folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen
Grundes (vgl. z.B. BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 2 BvL 1/07, 2/07,
1/08, 2/08, BVerfGE 122, 210, <233> = SIS 08 43 42;
BVerfG-Beschluss vom 12.10.2010 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 = SIS 10 36 57; jeweils m.w.N.).
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57
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2. Die für die Lastengleichheit im
Einkommensteuerrecht maßgebliche finanzielle
Leistungsfähigkeit bemisst der einfache Gesetzgeber nach dem
objektiven und dem subjektiven Nettoprinzip. Danach unterliegt der
Einkommensteuer grundsätzlich nur das Nettoeinkommen,
nämlich der Saldo aus den Erwerbseinnahmen einerseits und den
(betrieblichen/beruflichen) Erwerbsaufwendungen sowie den
(privaten) existenzsichernden Aufwendungen andererseits. Deshalb
sind Aufwendungen für die Erwerbstätigkeit
gemäß §§ 4, 9 EStG und existenzsichernde
Aufwendungen im Rahmen von Sonderausgaben,
Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen
Belastungen gemäß §§ 10 ff., 31 f., 33 ff.
EStG grundsätzlich steuerlich abziehbar. Im Rahmen des
objektiven Nettoprinzips hat der Gesetzgeber des
Einkommensteuergesetzes die Zuordnung von Aufwendungen zum
betrieblichen bzw. beruflichen Bereich, derentwegen diese
Aufwendungen von den Einnahmen grundsätzlich abzuziehen sind,
danach vorgenommen, ob eine betriebliche bzw. berufliche
Veranlassung besteht (vgl. § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1
EStG). Dagegen mindern Aufwendungen für die Lebensführung
außerhalb des Rahmens von Sonderausgaben,
Familienleistungsausgleich und außergewöhnlichen
Belastungen nicht die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage
(klarstellend § 12 Nr. 1 EStG); dies gilt gemäß
§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch für solche
Lebensführungskosten, „die die wirtschaftliche oder
gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt,
auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit
des Steuerpflichtigen erfolgen“.
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58
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a) Ungeachtet der Frage, ob dem objektiven, in
§ 2 Abs. 2 EStG zum Ausdruck kommenden Nettoprinzip
Verfassungsrang zukommt, kann der Gesetzgeber dieses Prinzip beim
Vorliegen gewichtiger Gründe jedenfalls durchbrechen und sich
dabei generalisierender, typisierender und pauschalierender
Regelungen bedienen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 23.1.1990 1
BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, <237> = SIS 90 09 55,
BStBl II 1990, 483 = SIS 90 09 55; vom 4.12.2002 2 BvR 400/98,
1735/00, BVerfGE 107, 27, <48> = SIS 03 19 40, BStBl II 2003,
534 = SIS 03 19 40, m.w.N.). Hiernach entfaltet schon das
einfachrechtliche objektive Nettoprinzip Bedeutung vor allem im
Zusammenhang mit den Anforderungen an hinreichende Folgerichtigkeit
bei der näheren Ausgestaltung der gesetzgeberischen
Grundentscheidungen. Die Beschränkung des steuerlichen
Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips als
Ausgangstatbestand der Einkommensteuer gehört zu diesen
Grundentscheidungen, so dass Ausnahmen von der folgerichtigen
Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen
Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden
Grundes bedürfen (vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 11.11.1998 2
BvL 10/95, BVerfGE 99, 280, <290> = SIS 99 08 48, BStBl II
1999, 502 = SIS 99 08 48; in BVerfGE 107, 27, <48> = SIS 03 19 40).
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b) Für den Bereich des subjektiven
Nettoprinzips ist das Verfassungsgebot der steuerlichen Verschonung
des Existenzminimums des Steuerpflichtigen und seiner
unterhaltsberechtigten Familie zu beachten (BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 107, 27, <48> = SIS 03 19 40, m.w.N.). Wieweit
über den Schutz des Existenzminimums hinaus auch sonstige
unvermeidbare oder zwangsläufige private Aufwendungen bei der
Bemessungsgrundlage einkommensmindernd zu berücksichtigen
sind, ist nach Auffassung des BVerfG selbst verfassungsgerichtlich
bislang noch nicht abschließend geklärt; dies gilt
insbesondere für Aufwand außerhalb des Feldes
familiärer Unterhaltspflichten (BVerfG-Beschluss in BVerfGE
107, 27, <48> = SIS 03 19 40). Jedenfalls hatte das BVerfG
schon vor der grundlegenden Rechtsprechung zur Verschonung des
Existenzminimums dem Grunde nach bereits gefordert, das
Einkommensteuerrecht müsse solche zwangsläufigen
Aufwendungen „berücksichtigen“. Diese
Rechtsprechung hat das BVerfG dahingehend fortentwickelt, dass
diese einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung auch
realitätsgerecht sein müsse (Nachweise im
BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27 = SIS 03 19 40, <48
f.>).
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Das BVerfG spricht insoweit davon, dass es die
verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur
einkommensteuerlichen Berücksichtigung von
Unterhaltsaufwendungen gestützt auf den allgemeinen
Gleichheitssatz sowie Art. 1 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG in
ausdrücklicher Distanz zum allgemeinen einfachgesetzlichen
Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG entwickelt habe. Im Gegensatz
zu den dort erfassten nicht abzugsfähigen
„allgemeinen Kosten der Lebensführung“
müsse etwa beim Kindesunterhalt berücksichtigt werden,
dass durch solche Aufwendungen die steuerliche
Leistungsfähigkeit gemindert werde. Speziell gelte dies
für die Ausbildungskosten für die Kinder des
Steuerpflichtigen jenseits des Existenzminimums; insoweit gelte
eine staatliche Verpflichtung, solche Kosten teilweise zu
übernehmen oder „wenigstens bei der Besteuerung der
Eltern als Minderung ihrer Leistungsfähigkeit
anzuerkennen“ (so BVerfG-Beschluss in BVerfG 107, 27,
<48 f.>, mit Hinweis auf BVerfG-Beschluss vom 26.1.1994 1 BvL
12/86, BVerfGE 89, 346 = SIS 94 05 12, <354 f.>, BStBl II
1994, 307 = SIS 94 05 12). Dies muss nach Auffassung des
vorlegenden Senats erst recht für die eigenen
Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst gelten.
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Allgemein gilt: Für die
verfassungsrechtlich gebotene Besteuerung nach der finanziellen
Leistungsfähigkeit kommt es nicht nur auf die Unterscheidung
zwischen beruflichem oder privatem Veranlassungsgrund für
Aufwendungen an, sondern jedenfalls auch auf die Unterscheidung
zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und
zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand andererseits. Die
Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands steht nicht ohne
Weiteres zur Disposition des Gesetzgebers. Dieser hat die
unterschiedlichen Gründe, die den Aufwand veranlassen, auch
dann im Lichte betroffener Grundrechte differenzierend zu
würdigen, wenn solche Gründe ganz oder teilweise der
Sphäre der allgemeinen (privaten) Lebensführung
zuzuordnen sind (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 107, 27, <49> =
SIS 03 19 40).
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3. Gemessen an diesen verfassungsrechtlichen
Maßstäben verstößt § 9 Abs. 6 EStG
i.d.F. des BeitrRLUmsG, der Aufwendungen für die erste
Berufsausbildung aus dem Anwendungsbereich des § 9 Abs. 1 Satz
1 EStG ausnimmt, nach der Überzeugung des vorlegenden Senats
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. §
9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird auch unter
Typisierungsgesichtspunkten den verfassungsrechtlichen
Anforderungen an eine gleichheitsgerechte Besteuerung nicht
gerecht. Denn auch unter Berücksichtigung privater
Mitveranlassungsaspekte und einer damit dem Gesetzgeber
eröffneten Typisierungsbefugnis bei der
einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen
für die Berufsausbildung lässt sich die in § 9 Abs.
6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG getroffene Durchbrechung des
maßgeblichen Veranlassungsprinzips nicht rechtfertigen.
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63
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a) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen
für seine eigene Berufsausbildung gehören zu den die
einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindernden
Erwerbsausgaben; dies gilt nicht nur - wie in § 9 Abs. 6 EStG
i.d.F. des BeitrRLUmsG geregelt - bei Aufwendungen für eine
Ausbildung, die keine Erstausbildung ist, und für alle
Ausbildungen, die im Rahmen eines
Ausbildungsdienstverhältnisses stattfinden. Vielmehr sind auch
Kosten für eine erstmalige Ausbildung Erwerbsaufwendungen und
deshalb Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG. Solche
Werbungskosten liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn
sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger
Einnahmen veranlasst sind. Eine berufliche Veranlassung ist
gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und
die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs
getätigt werden (vgl. Beschluss des vorlegenden Senats vom
10.1.2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl II 2008, 234 = SIS 08 08 35, m.w.N.). Danach besteht ein solcher Veranlassungszusammenhang
zwischen den Berufsausbildungskosten als Erwerbsaufwendungen und
späteren Erwerbseinnahmen. Denn eine Berufsausbildung ist
regelmäßig die notwendige Voraussetzung für eine
nachfolgende auf die Erzielung einkommensteuerbarer Einkünfte
gerichtete berufliche Betätigung. Die Aufwendungen für
die Ausbildung zu einem „Beruf“ sind geradezu
prototypisch „beruflich“ veranlasst.
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64
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b) Der Senat verkennt nicht, dass zwischen der
tatbestandlichen Qualifikation von Aufwendungen nach den
einfachgesetzlichen Grundlagen des Einkommensteuerrechts einerseits
und der verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen
Bewertung und Gewichtung multikausaler und multifinaler
Wirkungszusammenhänge andererseits zu unterscheiden ist
(BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, <238 f.>,
m.w.N.). Er ist allerdings der Auffassung, dass
Berufsausbildungskosten auch unter Berücksichtigung
multikausaler und multifinaler Wirkungszusammenhänge deutlich
geringere private Mitveranlassungsaspekte aufweisen als etwa
Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Bei diesen Wegekosten mag - jedenfalls bei typisierender
Betrachtung - die berufliche Mitveranlassung umso stärker
zurücktreten, je länger der Arbeitsweg ist. Dagegen wird
bei Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung der private
Veranlassungszusammenhang typischerweise in dem Maße
schwinden, wie der damit für den Steuerpflichtigen verbundene
finanzielle Aufwand steigt. Das zeigen nicht nur, aber gerade auch
die Fälle der Ausbildungen zum Berufspiloten.
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Aufwendungen für die eigene
Berufsausbildung gründen danach regelmäßig nicht
auf unbeachtlichen privaten Motiven. Dem lässt sich nicht
entgegenhalten, dass Steuerpflichtige auch Studiengänge und
sonstige Bildungsmaßnahmen wählen, die - wie
regelmäßig etwa bei einem Seniorenstudium - erkennbar
keinen Veranlassungszusammenhang zu einer späteren beruflichen
Tätigkeit aufweisen und daher teilweise oder sogar in vollem
Umfang privat motiviert sind. Denn die einkommensteuerrechtliche
Qualifikation dieser Aufwendungen als im Wesentlichen privat
motivierte Aus- und Fortbildungsaufwendungen, die nicht zum
Werbungskostenabzug führen, folgt schon einfachrechtlich aus
dem allgemeinen Werbungskostenbegriff i.S. des § 9 Abs. 1 Satz
1 EStG.
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66
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aa) Die einkommensteuerrechtliche Bedeutung
des beruflichen Veranlassungszusammenhangs zeigt etwa die
Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen für
der beruflichen Fortbildung dienende Reisen (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1,
BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37). Denn in solchen Fällen ist
stets zu prüfen, ob ein unmittelbarer beruflicher Anlass
zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht
den Schwerpunkt bildet. Enthält eine Reise abgrenzbare
berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils
nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, erfordert das
Nettoprinzip, den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten als
Werbungskosten zu berücksichtigen. Der Umfang des beruflichen
Kostenanteils ist dabei zu schätzen (BFH-Beschluss in BFHE
227, 1, BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37).
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bb) Dieser berufliche
Veranlassungszusammenhang ist grundsätzlich auch
veranlagungszeitraumübergreifend. Denn es ist ständige
Rechtsprechung des BFH, dass ein Werbungskostenabzug selbst dann
möglich ist, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch
keine Einnahmen erzielt. Solche Aufwendungen sind als vorab
entstandene (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar, wenn sie in
einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren
Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Dies
gilt nicht nur für Lohneinkünfte, sondern für alle
Überschusseinkunftsarten (vgl. nur Schmidt/Loschelder, EStG,
33. Aufl., § 9 Rz 35, m.w.N.; zu Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung: BFH-Urteile vom 15.11.2005 IX R 3/04,
BFHE 212, 45, BStBl II 2006, 258 = SIS 06 07 06; vom 28.3.2007 IX R
46/05, BFH/NV 2007, 1490 = SIS 07 24 04; Einkünfte aus
Kapitalvermögen: BFH-Urteil vom 24.5.2011 VIII R 3/09, BFHE
235, 197, BStBl II 2012, 254 = SIS 12 04 58). Bei
Gewinneinkünften gilt Entsprechendes; hier sind vorab
entstandene Erwerbsaufwendungen als vorweggenommene
Betriebsausgaben abziehbar (z.B. BFH-Urteile vom 19.2.2009 IV R
18/06, BFHE 224, 330, BStBl II 2009, 654 = SIS 09 14 83; vom
18.8.2010 X R 30/07, BFH/NV 2011, 215 = SIS 11 00 61;
Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 484, m.w.N.).
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Der Abzug als vorab entstandene Werbungskosten
scheitert auch nicht daran, dass noch ungewiss ist, ob der
Steuerpflichtige die durch die Berufsausbildung erworbenen
Kenntnisse im Rahmen einer selbständigen Arbeit oder im Rahmen
eines Arbeitsverhältnisses einsetzen wird. Denn die
Aufgliederung in sieben Einkunftsarten ist nur ein
steuertechnisches Mittel, um die wirtschaftliche
Gesamtleistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zutreffend zu
erfassen (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss vom 30.9.1998 2 BvR 1818/91,
BVerfGE 99, 88, <95> = SIS 98 23 05, m.w.N.). Die Versagung
eines Werbungskostenabzugs mit der formalen Begründung, die
Einkunftsart stehe noch nicht fest, wäre mit den
Grundsätzen des objektiven Nettoprinzips nicht vereinbar
(Urteil des vorlegenden Senats vom 18.4.1996 VI R 75/95, BFHE 180,
349, BStBl II 1996, 529 = SIS 96 18 02). Das geltende Recht
unterscheidet auch nicht danach, ob mit den vorab entstandenen
Aufwendungen erst eine Einkunftsquelle geschaffen wird. Vielmehr
sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen, die in einem
hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit späteren
Einnahmen stehen, als Werbungskosten abziehbar.
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Unabhängig von der jeweils betroffenen
Einkunftsart setzt indessen auch die Berücksichtigung vorab
entstandener Erwerbsaufwendungen entsprechend den allgemeinen
Grundsätzen stets voraus, dass ein ausreichend bestimmter
wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und
späteren Einnahmen besteht. Dementsprechend hat der vorlegende
Senat in ständiger Rechtsprechung in Bezug auf vorweggenommene
Werbungskosten bei Berufsausbildungsaufwendungen entschieden, dass
der notwendige Veranlassungszusammenhang fehlt, wenn
„gleichsam ins Blaue hinein“ studiert wird
(Urteile in BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764 = SIS 06 35 00; vom
19.4.1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452 = SIS 96 18 03) oder ansonsten private Gründe nicht ausgeschlossen werden
können (Urteil vom 26.1.2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl
II 2005, 349 = SIS 05 16 32; Beschluss vom 10.2.2005 VI B 33/04,
BFH/NV 2005, 1056 = SIS 05 25 79).
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c) § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG
selbst nimmt zum Ausgangspunkt, dass die Aufwendungen für die
eigene Berufsausbildung regelmäßig nicht auf
unbeachtlichen privaten Motiven gründen. Er regelt die
einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung von
Berufsausbildungskosten in zweifach differenzierender Weise. Zum
einen unterscheidet die Regelung zwischen der erstmaligen
Berufsausbildung - sei es in Form der Ausbildung, sei es in Form
des Erststudiums - einerseits und nachfolgenden Ausbildungen
andererseits. Zum anderen differenziert die Regelung zwischen
Berufsausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses und
solchen ohne Dienstverhältnis. Im Ergebnis schließt die
Regelung damit einzig Aufwendungen für die erstmalige
Berufsausbildung, die außerhalb eines
Dienstverhältnisses stattfindet, vom Werbungskostenabzug aus.
Insoweit wird das Veranlassungsprinzip durchbrochen. Diese
Durchbrechung gründet allerdings nicht auf einer den
tatsächlichen Umständen entsprechenden zutreffenden
Beobachtung und Bewertung der Motive und Beweggründe des
Steuerpflichtigen. Denn obwohl in aller Regel Steuerpflichtige eine
erste Ausbildung nur durchlaufen, um mit den dadurch erworbenen
Kenntnissen und Fertigkeiten später Einnahmen zu erzielen,
geht die Regelung typisierend davon aus, dass die erste Ausbildung
außerhalb eines Dienstverhältnisses niemals, aber die im
Rahmen eines Dienstverhältnisses durchgeführte
Berufsausbildung stets einen hinreichenden
Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit
aufweisen kann und dies auch für alle zweiten und diesen
nachfolgenden Ausbildungen gilt. Diese Regelung schließt
damit - insoweit einzigartig im Einkommensteuerrecht - beruflich
veranlassten Aufwand deshalb aus, weil dieser Aufwand erstmals
getätigt wird.
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aa) Die derart typisierende Regelung des
§ 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG wird nach Auffassung
des vorlegenden Senats den Anforderungen nicht gerecht, die von
Verfassungs wegen der Gesetzgeber bei generalisierenden,
typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu beachten hat. Denn
der Gesetzgeber kann dabei zwar die Vielzahl der Einzelfälle
in einem Gesamtbild erfassen, dieses Gesamtbild muss aber die
regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergeben. Eine
Typisierung kann die in wesentlichen Elementen gleich gearteten
Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und dabei auch
Besonderheiten generalisierend vernachlässigen. Diese
Verallgemeinerungen müssen allerdings auf eine möglichst
breite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände
einschließende Beobachtung aufbauen. Die gesetzliche
Typisierung muss insoweit realitätsgerecht den typischen Fall
zum Maßstab nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210,
<232> = SIS 08 43 42).
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bb) Diese Typisierungsgrundsätze verfehlt
§ 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG. Weder die Regelung
selbst noch die Gesetzgebungsmaterialien dazu lassen erkennen, dass
im Sinne der Anforderungen an eine Typisierung der in der
Lebenswirklichkeit angetroffene Befund in der Vielzahl seiner
Einzelfälle in einem Gesamtbild erfasst worden wäre. Die
rein numerische Differenzierung zwischen erster Berufsausbildung
und nachfolgenden Ausbildungen lässt nicht erkennen, dass die
Regelung mindestens grob typisierend zwischen privater Veranlassung
einerseits und beruflicher Veranlassung andererseits unterscheidet.
Entsprechendes gilt für Ausbildungen mit und ohne
Dienstverhältnis.
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Die Literatur wendet daher auch ein, dass die
Gesetzgebung an überholte Terminologien anknüpfe, die der
RFH 1937 aufgestellt habe, als Aufwendungen für das
Erststudium als Lebensführungskosten „zum besseren
Durchstehen des Lebenskampfes“ qualifiziert worden seien
(Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S.
13; Söhn, in Festschrift für Hermann Otto Solms, S. 97,
101, „Wiederbelebung der Lebenskampfthese“;
Johenning, a.a.O., S. 77 f.), und dass letztlich die kategorische
Zuordnung von Bildungsaufwendungen zur Privatsphäre
willkürlich sei (Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl.,
§ 8 Rz 264).
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(1) Ausweislich der Gesetzesmaterialien soll
das Abzugsverbot „die Grundentscheidung des
Gesetzgebers“ verdeutlichen, dass die erste
Berufsausbildung und das Erststudium als Erstausbildung der
privaten Lebensführung zuzuordnen sind. Diese besondere
Qualifikation gerade der ersten Berufsausbildung und des
Erststudiums wird allerdings nicht etwa mit empirischen Daten
begründet, sondern vielmehr mit den „Grundsätzen
des Sozialrechts, in dem diese Ausbildungsbereiche der
Bildungsförderung und nicht der Arbeitsförderung
unterliegen“ (BTDrucks 17/7524, 10, mit Hinweis auf
BTDrucks 15/3339, 10 f.). Wenn schließlich die Zuordnung
dieser Aufwendungen zum Bereich der Sonderausgaben allein noch
damit erklärt wird, dass der
„Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung oder
Erststudium und späterer Berufstätigkeit typischerweise
nicht hinreichend konkret ist, so dass es aus der Sicht des
Gesetzgebers erforderlich und zulässig ist, diesen Bereich
nicht im Rahmen der Einkünfteermittlung zu regeln“,
bleibt die Grundlage für diesen „typischerweise nicht
hinreichend konkreten“ Veranlassungszusammenhang offen.
Es ist nicht erkennbar, auf welcher Tatsachengrundlage diese Typik
beruht. Zutreffend wird deshalb insoweit die Frage aufgeworfen, aus
welchen Gründen nicht auch Aufwendungen für die zweite,
dritte oder jede weitere akademische oder nicht akademische
Berufsausbildung pauschal den Kosten der privaten
Lebensführung zugeordnet werden können (Jochum, DStZ
2005, 260, 264; Söhn, a.a.O., S. 97, 101; Johenning, a.a.O.,
S. 224).
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(2) Die vermeintliche Typik eines nicht
hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhangs steht weiter im
Widerspruch zur Behandlung der Werbungskosten für die erste
eigene Berufsausbildung, wenn diese im Rahmen eines
Dienstverhältnisses stattfindet. Denn bei Vorliegen eines
Dienstverhältnisses scheint nach Auffassung des Gesetzgebers
der Veranlassungszusammenhang zwischen Erstausbildung und
späterer Berufstätigkeit hinreichend konkret, obwohl es
auch in diesen Fällen nicht um den Abzug von Werbungskosten
für diese dort - im Rahmen des Dienstverhältnisses -
ausgeübte gegenwärtige Berufstätigkeit geht, sondern
ebenfalls um den Abzug von Aufwendungen für eine künftige
Berufstätigkeit, für die Kenntnisse erst im Rahmen des
gegenwärtigen Ausbildungsdienstverhältnisses vermittelt
werden. Dies bleibt nach Auffassung des Senats unbeachtet, wenn die
zum BeitrRLUmsG in Bezug genommenen Materialien (BTDrucks 15/3339,
11) zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG
Ausbildungskosten im Rahmen eines Dienstverhältnisses
entsprechend einer langjährigen älteren Rechtsprechung
des BFH weiterhin als Werbungskosten behandeln, weil diese Kosten
unmittelbar dazu dienten, Einnahmen in einem bestehenden
Dienstverhältnis zu erzielen. Dementsprechend wirft auch
insoweit die Literatur zu Recht die Frage auf, aus welchen
Gründen die so wesentliche private Veranlassung der
Erstausbildung nach Einschätzung des Gesetzgebers durch ein
Dienstverhältnis unwesentlich werde (Johenning, a.a.O., S.
224; Söhn, a.a.O., S. 97, 101), und führt aus, dass
gleichheitswidrig beamtenrechtliche Ausbildungsverhältnisse
steuerlich begünstigt seien (Lang, Steuer und Wirtschaft -
StuW - 2007, 3, 12 f.).
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(3) Aus den vorgenannten Gründen folgt
der vorlegende Senat auch nicht der Rechtsprechung, soweit sie
keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §
9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG hat. Denn sie
betont zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber das objektive
Nettoprinzip bei Vorliegen gewichtiger Gründe durchbrechen
könne, sich dabei generalisierender, typisierender und
pauschalierender Regelungen bedienen dürfe und dabei keinen
atypischen Fall wählen, sondern realitätsgerecht den
typischen Fall als Maßstab zugrunde legen müsse (so
insbesondere FG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2011 14 K 4407/10
F, EFG 2012, 686 = SIS 12 14 79, Vorentscheidung im
Revisionsverfahren VI R 2/12; FG Münster, Urteil vom
20.12.2011 5 K 3975/09 F, EFG 2012, 612 = SIS 12 08 11; ebenso
BFH-Urteil vom 5.11.2013 VIII R 22/12, BFHE 243, 486, BStBl II
2014, 165 = SIS 13 34 23, mit Hinweis auf das BVerfG-Urteil in
BVerfGE 122, 210, <232> = SIS 08 43 42). Dieser typische
maßstabgebende Fall ist indessen in § 9 Abs. 6, §
12 Nr. 5 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG nicht zugrunde gelegt. Die
dafür gegebene Begründung, Berufsausbildungskosten
stünden regelmäßig noch nicht im direkten
Zusammenhang mit einer konkreten Einnahmenerzielung, sondern
dienten losgelöst von einem späteren
Anstellungsverhältnis zunächst primär der
individuellen Bereicherung des Steuerpflichtigen durch die
Erlangung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Sinne einer
„Ausbildung“, nimmt tatsächlich gegebene
Veranlassungszusammenhänge nicht zur Kenntnis. Wenn etwa ein
Steuerpflichtiger eine Flugschule mit dem Ziel besucht, dort den
Beruf des Verkehrsflugzeugführers zu erlernen, ist diese
berufliche Ausbildung regelmäßig durch die angestrebte,
einkommensteuerbare berufliche Tätigkeit mindestens
„schwerpunktmäßig“ veranlasst (so
Söhn, a.a.O., S. 97, 102). Dieser Beispielsfall zeigt den
Veranlassungszusammenhang besonders deutlich, trifft aber im Grunde
für die ganz überwiegende Zahl der Ausbildungsberufe und
Studiengänge zu. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass es
auch rein privat veranlasste berufliche Ausbildungen gebe oder eine
private Mitveranlassung beruflicher Bildungsmaßnahmen nie per
se ausgeschlossen werden könne (Söhn, a.a.O., S. 97,
102). Denn damit werden Ausnahmen und geringfügige
Veranlassungsbeiträge statt des Regelfalles und gewichtiger
Veranlassungsbeiträge der gesetzlichen Typisierung zugrunde
gelegt. Das widerspricht der verfassungsrechtlich gebotenen
Anforderung an eine gesetzliche Typisierung, nämlich keinen
atypischen Fall zu wählen, sondern realitätsgerecht den
typischen Fall als Maßstab zugrunde zu legen. Im Ergebnis
trifft insoweit die Kritik zu, dass der Gesetzgeber bei
Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die erstmalige
Berufsausbildung den tatsächlichen Veranlassungszusammenhang
„ausblendet“, um ein gewünschtes Ergebnis
zu erreichen (so Söhn, a.a.O., S. 97, 102).
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(4) Die Regelung, die das Erststudium oder die
erstmalige Berufsausbildung dem Bereich der privaten
Lebensführung zuordnet, lässt sich auch nicht mit einer
Vereinfachung der Verwaltungspraxis rechtfertigen. Insoweit wird
zutreffend eingewandt, dass die Tatbestandsmerkmale
„erstmalige Berufsausbildung“,
„Erststudium“, „im Rahmen eines
Dienstverhältnisses“ schon für sich weiteren
Auslegungsbedarf begründen, statt zu vereinfachen (Lang, StuW
2007, 3, 12 f.; Steck, DStZ 2009, 384; Heuermann, Finanzausschuss,
60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S. 12). Dem lässt sich auch
nicht entgegenhalten, dass es mitunter schwierig sei, den
Veranlassungszusammenhang zwischen der Berufsausbildung und der
späteren, der Einkünfteerzielung dienenden
Berufstätigkeit festzustellen (so Trossen, FR 2012, 501, 508).
Denn in den Fällen, in denen das Abzugsverbot ohnehin nicht
greift, nämlich bei sämtlichen Zweitausbildungen und
allen nachfolgenden Ausbildungen einerseits sowie bei den
Ausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses andererseits,
wird stets zu prüfen bleiben, ob ein hinreichender
Veranlassungszusammenhang besteht. Aus diesen Gründen folgt
eine Vereinfachung auch nicht daraus, dass die Regelung eine
Verlustfeststellung entbehrlich mache (so Förster, DStR 2012,
486, 491).
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Ungeachtet der Frage, ob diese gesetzlichen
Regelungen überhaupt vereinfachen, ist zu
berücksichtigen, dass auch eine angestrebte
Verwaltungsvereinfachung die von Verfassungs wegen zu beachtenden
grundlegenden Anforderungen an Pauschalierungen und Typisierungen
nicht außer Acht lassen darf. Denn dem Gesetzgeber stehen
zwar insbesondere bei steuergesetzlichen Regelungen
Pauschalierungs- und Typisierungsspielräume zu. Aber auch
diese Typisierungen müssen, selbst wenn sie in weitem Umfang
die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen
dürfen, jedenfalls den typischen Fall als Leitbild wählen
(vgl. z.B. BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42,
<232 f.>; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224 = SIS 10 36 57). Dieser typische Fall ist indessen als Leitbild hier nicht
zugrunde gelegt.
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(5) Im Ergebnis genügt damit die
Neuregelung, die typisierend danach differenziert, ob die
Kenntnisse für die künftige Berufstätigkeit im
Rahmen eines Studiums, im Rahmen eines Dienstverhältnisses
oder im Rahmen eines vom Steuerpflichtigen selbst finanzierten
Ausbildungsganges vermittelt werden, nicht den
verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen.
Denn die dort getroffene Typisierung steht nach Auffassung des
vorlegenden Senats in keinem erkennbaren Zusammenhang zu den in der
Realität typischerweise vorkommenden Fällen eines
privaten oder beruflichen Veranlassungszusammenhangs; die Grenzen
einer möglichen „Hinwegtypisierung“ sind
damit überschritten.
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(6) Die Verfassungsmäßigkeit der
mit der Vorlage zur Prüfung gestellten Norm ist nach
Auffassung des vorlegenden Senats auch nicht durch den
Kammerbeschluss des BVerfG in INF 1993, 549, NJW 1994, 847
geklärt (so BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10; ebenso
z.B. Förster, DStR 2012, 486, 490). Diese Entscheidung erging
zu einem Beschluss des vorlegenden Senats vom 2.3.1993 VI B 126/92,
der die Nichtannahme der Revision zum Inhalt hatte, betraf einen
Streitfall aus den achtziger Jahren und hatte zum Gegenstand die
Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde (§§ 93a, 93b
BVerfGG i.d.F. vom 12.12.1985, BGBl I 1985, 2226). Seitdem hat das
BVerfG seine Rechtsmaßstäbe zur verfassungsrechtlich
gebotenen Berücksichtigung von den Steuerpflichtigen
unausweichlich entstehenden Aufwendungen deutlich fortentwickelt,
so dass die im Beschluss in INF 1993, 549, NJW 1994, 847 getroffene
Beurteilung der fachgerichtlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung
zwischen den - als Werbungskosten abziehbaren -
Berufsfortbildungskosten und den - als Sonderausgaben
beschränkt abziehbaren - Berufsausbildungskosten nicht die
gegenwärtige verfassungsrechtliche Beurteilung wiedergibt
(ähnlich Fehr, DStR 2007, 882, 884). Im Übrigen hatte ein
weiterer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung
annehmender Kammerbeschluss des BVerfG schon im Jahr 1984 darauf
hingewiesen, dass die Entscheidungen, ob ein anderer
„Beruf“ im Sinne der bisherigen Rechtsprechung
anzunehmen sei, schwierig und oft kaum zuverlässig
durchführbar seien und sich angesichts dessen die Frage
stelle, ob die Unterscheidung zwischen Fortbildungs- und
Ausbildungskosten gegenwärtig unverändert
aufrechterhalten werden könne (BVerfG-Beschluss in INF 1984,
406).
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Angesichts der deutlichen Fortentwicklung der
verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum objektiven und
subjektiven Nettoprinzip lässt sich die verfassungsrechtliche
Zulässigkeit der Neuregelungen über den
Werbungskostenabzug bei Berufsausbildungskosten nicht damit
begründen, dass Erstausbildungskosten schon seit
Einführung einer das Leistungsfähigkeitsprinzip
berücksichtigenden modernen Einkommensteuer nicht als
Erwerbsaufwendungen angesehen worden seien und diese historische
Betrachtung ein starkes Indiz dafür sei, dass die vorgenommene
Typisierung grundsätzlich realitätsgerecht sei (so
Förster, DStR 2012, 486, 490; Klein, DStR 2014, 776, 778).
Denn auch bis zu den maßgebenden Entscheidungen des BVerfG
zur einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung des
Existenzminimums der Steuerpflichtigen selbst sowie des
Kinderexistenzminimums war es rechtshistorisch gewachsene
Tradition, ein solches Existenzminimum allenfalls durch symbolische
Beträge nach Kassenlage zu normieren.
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cc) Ausweislich der Begründung im
Gesetzgebungsverfahren sollte mit § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des
AOÄndG und dessen „Klarstellung“ durch
§ 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG kein grundlegender
Systemwechsel in der Besteuerung der Berufsausbildungskosten
angestrebt werden (BTDrucks 17/7524, 10; BTDrucks 15/3339, 10 f.).
Angesichts dieser Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren
und mit Blick auf die tatsächlich erfolgten
Rechtsänderungen weist die Neuregelung noch kein ausreichendes
Mindestmaß an konzeptioneller Neuordnung auf, das für
einen Systemwechsel oder für eine grundlegend neue
Zuordnungsentscheidung zu fordern ist (a.A. Förster, DStR
2012, 486, 490). Denn die Neuregelung erschöpft sich im
Wesentlichen in einem Ausschluss für Werbungskosten die
erstmalige Berufsausbildung betreffend, begründet mit der
Behauptung, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung der
berufliche Veranlassungszusammenhang noch nicht hinreichend konkret
sei. Die der Neuregelung zugrunde liegende generelle Annahme, eine
erstmalige Berufsausbildung weise jedenfalls bei typisierender
Betrachtung noch keinen hinreichend konkreten
Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit
auf, war offensichtlich Grundlage des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F.
des AOÄndG. Dieses Modell beruht allerdings auf keinem
systemtragenden Gedanken und lässt insbesondere auch keinen
folgerichtig ausgestalteten Be- und Entlastungsgrund erkennen.
Dieses Typisierungsmodell verfehlt daher - wie oben ausgeführt
- die Anforderungen, die der Gesetzgeber bei solchen
generalisierenden, typisierenden und pauschalierenden Regelungen zu
beachten hat.
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dd) Verbleibt als Regelungszweck allein,
Steuermindereinnahmen zu vermeiden, rechtfertigt dies eine
Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht. Denn der Zweck
der Erhöhung staatlicher Einnahmen kann nach der
Rechtsprechung des BVerfG für sich allein keine Abkehr von
Grundprinzipien, insbesondere vom Veranlassungsprinzip, und keine
Ausgrenzung einzelner Aufwendungen aus dem Tatbestand der
Werbungskosten begründen, zumal dem Ziel der
Einnahmenvermehrung letztlich jede - auch eine willkürliche -
steuerliche Mehrbelastung dient. Für die verfassungsgerechte
Verteilung von Mehrbelastungen nach dem Maßstab finanzieller
Leistungsfähigkeit enthält allein dieser
Einnahmeerzielungszweck kein Richtmaß (so BVerfG-Urteil in
BVerfGE 122, 210, <233> = SIS 08 43 42). Deshalb kann
jedenfalls der Hinweis in den Gesetzgebungsmaterialien (BTDrucks
17/7524, mit Verweis auf BTDrucks 15/3339, 2), dass die Neuregelung
der Abzugsfähigkeit der Kosten einer erstmaligen
Berufsausbildung und eines Erststudiums Steuerausfällen
vorbeugen solle, die sich aus der Rechtsprechung des BFH ergeben
könnten und aus der Fortentwicklung dieser Rechtsprechung
erwartet würden, die Durchbrechung des Veranlassungsprinzips
nicht rechtfertigen. Angesichts dessen wird zutreffend die
Auffassung vertreten, dass die Äußerungen im
Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 12 Nr. 5 EStG
i.d.F. des AOÄndG, dessen „Klarstellung“
§ 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG dienen sollte (BTDrucks
17/7524, 10), letztlich nur dahin interpretiert werden
könnten, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG
allein zu dem Zweck der Sicherung des Steueraufkommens und dem Ziel
der Einnahmenvermehrung geschaffen worden und deshalb die
Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips verfassungswidrig sei
(so Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772, mit Hinweis auf die
Beschlussempfehlung und den Bericht des Finanzausschusses in
BTDrucks 15/3339, unter D. Kosten; Söhn, a.a.O., S. 97, 101
f.; Schulenburg, DStZ 2007, 183, 184; Lang, StuW 2007, 3, 12; ders.
in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267).
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4. Selbst wenn der Gesetzgeber von Verfassungs
wegen berechtigt gewesen sein sollte, mit § 9 Abs. 6 EStG
i.d.F. des BeitrRLUmsG die Aufwendungen für die erste
Berufsausbildung einfachrechtlich durch
„Hinwegtypisierung“ aus dem Anwendungsbereich
des Werbungskostenabzugs i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu
nehmen, verstößt die Neuregelung nach Auffassung des
Senats gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in
der Ausprägung des Grundsatzes der Besteuerung nach der
subjektiven Leistungsfähigkeit.
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Denn gemessen an den vorstehend dargestellten
verfassungsrechtlichen Maßstäben (oben B.III.2.b)
gehören die Aufwendungen, die Steuerpflichtigen für ihre
erste Berufsausbildung entstehen, jedenfalls zum
zwangsläufigen und pflichtbestimmten Aufwand, der nicht zur
beliebigen Disposition des Gesetzgebers steht.
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a) Aufwendungen für die eigene
Berufsausbildung dienen der Existenzsicherung des Steuerpflichtigen
in ähnlicher Weise wie die unmittelbar der Sicherung seines
eigenen Existenzminimums dienenden Aufwendungen für Essen und
Wohnen. Diesen Aufwendungen kann sich der Steuerpflichtige nicht
beliebig entziehen. Denn ohne eine Ausbildung kann der
Steuerpflichtige keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, mithin
keine Einnahmen erzielen und damit auch nicht seine Existenz aus
eigener finanzieller Kraft sichern. Diese eigenständige
selbstverantwortliche Existenzsicherung hat Vorrang vor staatlicher
Fürsorge (BVerfG-Beschluss vom 13.2.2008 2 BvL 1/06, BVerfGE
120, 125 = SIS 08 16 87), so dass der Steuerpflichtige nicht auf
das von staatlicher Seite sozialrechtlich gewährleistete
Mindestmaß verwiesen werden kann. Daraus folgt zugleich, dass
die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung
zwangsläufig sind; sie fallen zur Existenzsicherung des
Steuerpflichtigen unvermeidlich an und sind daher nicht der frei
gestaltbaren Einkommensverwendung zuzurechnen. Vergleichbar mit dem
Unterhaltsaufwand für eigene Kinder kann auch der Aufwand
für die eigene, auf - künftige - Existenzsicherung
gerichtete Berufsausbildung nicht mit beliebiger privater
Bedürfnisbefriedigung rechtlich gleichgestellt werden.
Dementsprechend kann der Steuergesetzgeber auf die Mittel des
Steuerpflichtigen, die dessen eigener existenzsichernder
Berufsausbildung dienen, jedenfalls ebenso wenig zugreifen, wie auf
die Mittel, die zur Pflege und Erziehung der Kinder des
Steuerpflichtigen unerlässlich sind; denn in beiden
Fällen handelt es sich um keine Mittel des Steuerpflichtigen,
die zur Befriedigung beliebiger Bedürfnisse eingesetzt werden
(vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 29.5.1990 1 BvL 20/84, 1 BvL
26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, <87> = SIS 90 14 01, BStBl
II 1990, 653 = SIS 90 14 01; vom 8.10.1991 1 BvL 50/86, BVerfGE 84,
348 = SIS 91 24 36, <359 f.>; BVerfG-Urteil vom 7.7.1992 1
BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91, BVerfGE 87, 1,
<38>; BVerfG-Beschluss vom 25.9.1992 2 BvL 5/91, 2 BvL 8/91,
2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, <170> = SIS 92 21 01, BStBl II
1993, 413 = SIS 92 21 01). Denn was für die Ausbildungskosten
der Kinder des Steuerpflichtigen gilt, nämlich dass diese
Aufwendungen als Minderung der Leistungsfähigkeit anzuerkennen
sind (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 107, 27, BStBl II 2003, 534
= SIS 03 19 40; in BVerfGE 89, 346 = SIS 94 05 12, <354 f.>,
BStBl II 1994, 307 = SIS 94 05 12), muss erst recht für die
Ausbildungskosten des Steuerpflichtigen selbst dem Grunde nach
gelten.
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87
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Selbst wenn die Aufwendungen aus der
verfassungsrechtlichen Perspektive mit Blick auf die multikausalen
und multifinalen Wirkungszusammenhänge (BVerfG-Urteil in
BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42) als gemischt - nämlich sowohl
beruflich als auch privat - veranlasst zu qualifizieren wären
oder ganz der privaten Sphäre zugeordnet werden könnten,
können von Verfassungs wegen diese Aufwendungen nicht allein
deshalb einkommensteuerrechtlich unberücksichtigt bleiben (so
aber Förster, DStR 2012, 486, 492). Denn Folge der
verfassungsrechtlich zulässigen gesetzgeberischen Bewertung
und Gewichtung multikausaler und multifinaler
Wirkungszusammenhänge ist zwar, dass sich dem Gesetzgeber
erhebliche Typisierungsspielräume eröffnen. Aber auch
diese erheblichen Typisierungsspielräume müssen bei deren
Ausfüllung und Umsetzung den verfassungsrechtlichen
Anforderungen daran genügen. Insoweit kann die finanzielle
Belastung durch Berufsausbildungskosten ebenso wenig
„hinwegtypisiert“ werden, wie die Belastung
durch Wegekosten (dazu BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210,
<241> = SIS 08 43 42, m.w.N.). Dies folgt letztlich aus der
Umsetzung des Prinzips, dass es für die verfassungsrechtlich
gebotene Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit
nicht nur auf die Unterscheidung zwischen beruflicher oder privater
Veranlassung der Aufwendungen ankommt, sondern auch auf die
Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung
einerseits und zwangsläufigem, pflichtbestimmtem Aufwand
andererseits. Denn auch die Berücksichtigung privat
veranlassten Aufwands steht nicht ohne Weiteres zur Disposition des
Gesetzgebers. Dieser hat die unterschiedlichen Gründe, die den
Aufwand veranlassen, auch dann im Lichte betroffener Grundrechte
differenzierend zu würdigen, wenn solche Gründe ganz oder
teilweise der Sphäre der allgemeinen (privaten)
Lebensführung zuzuordnen sind (so BVerfG-Urteil in BVerfGE
122, 210 = SIS 08 43 42, <234 f.>, m.w.N.).
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88
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b) Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen zu
seiner eigenen Berufsausbildung sind von Verfassungs wegen nicht
nur dem Grunde nach zu berücksichtigen. Sie müssen auch
der Höhe nach in realitätsgerechtem Umfang Eingang in die
steuerliche Bemessungsgrundlage finden. Denn es entspricht
mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BVerfG, dass
existenznotwendiger Aufwand in angemessener,
realitätsgerechter Höhe von der Einkommensteuer
freizustellen ist (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 120, 125 = SIS 08 16 87; vom 16.3.2005 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268 = SIS 05 30 25; vom 10.11.1998 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, BStBl II 1999, 174
= SIS 99 04 07; zuvor schon BVerfG-Beschlüsse vom 22.2.1984 1
BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, <223> = SIS 84 09 03, BStBl II
1984, 357 = SIS 84 09 03; vom 17.10.1984 1 BvR 527/80, 1 BvR
528/81, 1 BvR 441/82, BVerfGE 68, 143, <153>; in BVerfGE 82,
60, <88> = SIS 90 14 01, BStBl II 1990, 653 = SIS 90 14 01).
Der Gesetzgeber ist danach gehalten, den tatsächlichen
Entwicklungen Rechnung zu tragen und die von Verfassungs wegen zu
berücksichtigenden existenzsichernden Aufwendungen nach dem
tatsächlichen Bedarf - realitätsgerecht - zu bemessen.
Bedient sich der Gesetzgeber dabei typisierender und
pauschalierender Abzugsgrößen, sind diese jedenfalls
realitätsgerecht zu bemessen.
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89
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c) Der von Verfassungs wegen gebotenen
einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der Aufwendungen
der Steuerpflichtigen für deren eigene Berufsausbildung wird
nicht dadurch entsprochen, dass Aufwendungen für die eigene
Berufsausbildung als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 7
EStG a.F./i.d.F. des BeitrRLUmsG in Höhe von bis zu 4.000
EUR/6.000 EUR die einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage
mindern. Denn eine von Verfassungs wegen gebotene
realitätsgerechte einkommensteuerrechtliche
Berücksichtigung tatsächlich entstandenen Bedarfs fordert
nicht nur die realitätsgerechte Bemessung dieses Bedarfs,
sondern auch, dass der einkommensteuerrechtliche Abzugstatbestand
jedenfalls nach seiner Grundkonzeption typischerweise geeignet ist,
der geminderten steuerlichen Leistungsfähigkeit Rechnung zu
tragen. Der Abzugstatbestand muss insoweit nicht nur die
tatsächlichen Gegebenheiten aufnehmen und in den einzelnen
Tatbestandsmerkmalen abbilden, sondern auch diesen Anforderungen
genügende Rechtsfolgen normieren. Dem wird die
einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des
Berufsbildungsaufwands als Sonderausgaben nicht gerecht. Denn diese
einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung läuft
regelmäßig ins Leere. Der Abzugstatbestand ist dabei
nach seiner Grundkonzeption wirkungslos, weil er gerade und
typischerweise nur solchen Steuerpflichtigen zuteil wird, die in
dem Zeitraum, in dem ihnen diese Aufwendungen entstehen,
regelmäßig - noch - keine eigenen Einkünfte
erzielen, nämlich Auszubildenden und Studenten.
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90
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aa) Berufsausbildungskosten entstehen aus
Sicht des objektiven Nettoprinzips als gegenwärtiger Aufwand,
um zukünftig einen Ertrag zu erzielen; das entspricht auch der
einfachrechtlichen Sichtweise des vorlegenden Senats in seiner
bisherigen Rechtsprechung. Selbst dann, wenn der Gesetzgeber
berechtigt sein sollte, diese Aufwendungen als privat
(mit)veranlasst zu qualifizieren, wäre von Verfassungs wegen
zu beachten, dass diese Aufwendungen aus Sicht des subjektiven
Nettoprinzips zwangsläufig entstünden und
zukünftiger Existenzsicherung dienten. Denn auch aus der
Perspektive des subjektiven Nettoprinzips bleibt die Besonderheit,
dass im Unterschied zu den sonstigen einkommensteuerrechtlich
berücksichtigten privaten Aufwendungen einschließlich
des im Tarif eingefügten steuerlichen Existenzminimums
Berufsausbildungskosten typischerweise keine gegenwärtig
konsumierten Lebenshaltungskosten sind, sondern der
zukunftsbezogenen Existenzsicherung dienen. Deren besondere
Zukunftsbezogenheit ist nach Auffassung des vorlegenden Senats auch
zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber diese Aufwendungen
nicht den Werbungskosten, sondern den Sonderausgaben zuweist. Denn
der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen zwar nicht gehalten,
steuermindernde Aufwendungen entsprechend der einfachrechtlichen
Systematik einzuordnen. Die von der einfachrechtlichen Systematik
abweichende Einordnung muss aber zu den im Wesentlichen gleichen
steuerlichen Auswirkungen führen, die eine systemgerechte
Einordnung dieser Aufwendungen zur Folge hätte
(BVerfG-Beschluss vom 19.2.1991 1 BvR 1231/85, BVerfGE 83, 395).
Der vorlegende Senat teilt insoweit die Beurteilung des X. Senats
des BFH, nach der einer systemwidrigen Einordnung von Aufwendungen
als Sonderausgaben verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt und dies
einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellen kann, wenn
die aus einer systemwidrigen Einordnung resultierenden Rechtsfolgen
zu einer nicht gerechtfertigten steuerlichen Ungleichbehandlung
führen (vgl. BFH-Urteil vom 18.11.2009 X R 6/08, BFHE 227,
137, BStBl II 2010, 282 = SIS 10 00 40 zur Einordnung der
Altersvorsorgeaufwendungen in den Bereich der Sonderausgaben trotz
ihres Werbungskostencharakters).
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91
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bb) Die Einordnung der Berufsausbildungskosten
in den Bereich der Sonderausgaben bewirkt eine solche nicht
gerechtfertigte steuerliche Ungleichbehandlung. Denn
grundsätzlich ist es nach der einkommensteuerrechtlichen
Systematik von entscheidender Bedeutung, ob Aufwendungen zu den
Erwerbsaufwendungen zählen, die zu
berücksichtigungsfähigen und insbesondere auch
vortragsfähigen Verlusten durch den Verlustabzug (§ 10d
EStG) berechtigen, oder den existenzsichernden Aufwendungen
zugeordnet werden, die zwar grundsätzlich die
einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage mindern, aber jeweils
nur in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie entstanden sind, als
Abzugstatbestand wirksam sein können. Unter
Berücksichtigung der Eigenart der Berufsausbildungskosten als
zwangsläufig, aber in besonderer Weise zukunftsgerichtet, ist
der Gesetzgeber jedenfalls dann, wenn er Abzugsbeträge
einführt, um Aufwendungen des Steuerpflichtigen
einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, verpflichtet,
diese auch so auszugestalten, dass sie jedenfalls im typischen Fall
grundsätzlich zur Anwendung kommen. Diesen Anforderungen
genügt die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den
Bereich des Sonderausgabenabzugs, wie gegenwärtig normiert,
nicht.
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92
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(1) Der Gesetzgeber hat die Abzugsbeträge
eingeführt und erhöht, um Aufwendungen des
Steuerpflichtigen einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen.
Er hat dies ausdrücklich damit begründet, „der
geänderten Kostensituation und der Preisentwicklung Rechnung
zu tragen“ (so BTDrucks 17/7524, 5), und zur
Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. durch das
BeitrRLUmsG angeführt, dass von den Bildungseinrichtungen
neuerdings verstärkt erhobene Studien- und
Ausbildungsgebühren zu berücksichtigen (seien) und der
auf 6.000 EUR angehobene Höchstbetrag den Steuerpflichtigen
die Möglichkeit geben soll, „die höheren Kosten
im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend zu machen. Ein
unbegrenzter Abzug der Ausbildungskosten ist angesichts staatlicher
Instrumente der Ausbildungsförderung ... und der steuerlichen
Begünstigungen bei den Eltern ... nicht geboten“ (so
BTDrucks 17/7524, 10). Schließlich war es schon ausweislich
der Gesetzesmaterialien zu § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des
AOÄndG (BTDrucks 15/3339, 10) die Absicht des Gesetzgebers,
dass „Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine
Ausbildung ... in erheblich größerem Umfang als bisher
gesetzliche Berücksichtigung finden“. Jedes erste
Studium sollte danach „steuerlich wirksam
werden“. Den Anforderungen des modernen Berufslebens
sollte dadurch Rechnung getragen werden, dass diese Kosten
künftig bis zu einem Betrag von 4.000 EUR abgezogen werden
könnten; damit würden Ausbildungs- oder Studiengänge
mit erhöhten Aufwendungen etwa durch Ausbildungs- oder
Studiengebühren und Lernmittel angemessen
berücksichtigt.
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93
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(2) Der Regelungszweck der
einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung der
Berufsausbildungskosten wird verfehlt, wenn im gegenwärtigen
einkommensteuerrechtlichen System Berufsausbildungskosten als
Sonderausgaben einkommensteuerrechtlich berücksichtigt werden.
Denn der Gesetzgeber legt damit der Regelung ein atypisches Bild
zugrunde, indem die Berufsausbildungskosten ausschließlich in
dem Veranlagungszeitraum einkommensteuerrechtliche
Berücksichtigung finden, in dem der Steuerpflichtige als
Auszubildender oder Student typischerweise keine eigenen
Einkünfte und Bezüge erzielt. Die Regelung ist damit
nicht folgerichtig, wenn sie einerseits Aufwand
einkommensteuerrechtlich berücksichtigen soll, andererseits
aber strukturell dahingehend konzipiert ist, dass es zu einer
solchen einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung
bildungsbedingten Aufwands praktisch nicht kommen kann. Angesichts
der bekannten einkommensteuerrechtlichen Struktur war diese Folge
der Regelung vorhersehbar. Sie war darüber hinaus auch
bekannt. Denn die Bundesregierung hatte im Gesetzgebungsverfahren
mitgeteilt, dass durch die Anhebung des als Sonderausgaben
abziehbaren Höchstbetrags von 4.000 EUR auf 6.000 EUR
lediglich von steuerlichen Mindereinnahmen in Höhe von 8 Mio.
EUR auszugehen sei und dass von dieser Regelung lediglich 10.000
Steuerpflichtige betroffen seien (BTDrucks 17/7524, 6).
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(3) Die Berücksichtigung der
Berufsausbildungskosten als Sonderausgaben führt noch in
weiterer Hinsicht zu ungereimten Ergebnissen. Denn die
einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung als Sonderausgaben
ist zum einen im Vergleich zu den Fällen widersprüchlich,
in denen die Berufsausbildungskosten der Steuerpflichtigen als
Werbungskosten berücksichtigt werden, weil die
Berufsausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses i.S. des
§ 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG stattfindet. Denn
gerade diese Steuerpflichtigen, die schon gegenwärtig
über eigene Einkünfte verfügen, können ihre
Einkünfte durch die in ihrem Fall als Werbungskosten
qualifizierten Berufsausbildungskosten mindern und gegebenenfalls
bei einem entsprechenden Werbungskostenüberschuss Verluste
feststellen lassen. Zum anderen führt die
Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten als
Sonderausgaben aber auch in den Fällen zu
widersprüchlichen Ergebnissen, in denen zwar kein
Dienstverhältnis gegeben ist, aber die Auszubildenden und
Studenten über andere eigene Einkünfte verfügen, sei
es kraft sonstiger Erwerbstätigkeit, sei es durch seitens der
Eltern übertragene Einkunftsquellen (Schmidt/Loschelder,
a.a.O., § 12 Rz 56). Denn gerade in diesen Fällen wirkt
der Sonderausgabenabzug in der gesetzlich zugelassenen Höhe
nicht anders wie ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug und
bewirkt damit eine Einkommensteuerentlastung zum jeweiligen
Grenzsteuersatz.
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(4) Dementsprechend kritisch wurde schon im
Gesetzgebungsverfahren im Rahmen der
Sachverständigen-Anhörung durch den Finanzausschuss
(Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll Nr. 15/60, S.
13) und im Weiteren dann auch in der steuerrechtlichen Literatur
die Einordnung der Berufsausbildungskosten in den Bereich der
Sonderausgaben beurteilt, dies teilweise mit Beispielrechnungen
belegt (Greil, DStZ 2011, 796, 800) und auf den gänzlich
anderen Wirkmechanismus bei einer Berücksichtigung als
Werbungskosten oder Betriebsausgaben mit der nur dann gegebenen
Möglichkeit, Verluste im Rahmen des § 10d EStG
vorzutragen, hingewiesen (Rimmler, StuW 2005, 117, 125; Prinz, FR
2005, 229, 235; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772). Die Anhebung des
Höchstbetrags auf 4.000 EUR erscheine zwar auf den ersten
Blick wie eine verbesserte steuerliche Absetzbarkeit, erweise sich
aber im Regelfall der Studenten und Auszubildenden, die noch keine
Einkünfte erzielten, als wirkungslos (Rimmler, StuW 2005, 117,
125; Pfab, Die Behandlung von Bildungsaufwendungen im deutschen
Einkommensteuerrecht, Frankfurt 2008, S. 285; Johenning, a.a.O., S.
226 f.; früher schon Isensee/Kannengießer, Weiterbildung
und Einkommensteuerrecht, S. 84).
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Im Ergebnis wäre ein solcher
Abzugstatbestand schon als freiwillig subventionierende Regelung
verfassungsrechtlich zweifelhaft, weil eine derart ausgestaltete
Subvention typischerweise nur ohnehin leistungsfähige
Steuerpflichtige mit gegenwärtigen Einkünften erreichte.
Erst recht genügt der Abzugstatbestand aber nicht den
Anforderungen an eine verfassungsrechtlich gebotene
realitätsgerechte Berücksichtigung tatsächlich
entstandener Aufwendungen.
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d) Die einkommensteuerrechtliche
Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten durch den Abzug
in Höhe von 4.000 EUR/6.000 EUR als Sonderausgaben - ebenso
wenig der Ausschluss als Werbungskosten - genügt auch nicht
etwa deshalb den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil
staatliche Instrumente der Ausbildungsförderung, insbesondere
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), sowie weitere
steuerliche Begünstigungen bei den Eltern durch
Freibeträge, Kindergeld oder Kinderfreibeträge einen
entsprechenden Ausgleich bewerkstelligten (so BTDrucks 17/7524, 10;
ähnlich Trossen, FR 2012, 501, 508; Fissenewert in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 12 EStG Rz 164). Denn
ähnlich wie die Unzulänglichkeit des Grundfreibetrags
nicht dadurch ausgeglichen werden konnte, dass andere
einkommensteuerrechtliche Tatbestände einzelne Sonderbedarfe
berücksichtigten oder bestimmte öffentliche Leistungen
steuerfrei stellten (so BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153 = SIS 92 21 01, <175 ff.>, BStBl II 1993, 413 = SIS 92 21 01),
können auch einzelne zu Gunsten der Eltern wirkende
Abzugstatbestände oder Zuwendungen sowie einzelne steuerfreie
Förderleistungen die grundsätzlich gegebene
Unzulänglichkeit der einkommensteuerrechtlichen
Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten bei den
betroffenen Steuerpflichtigen, den Auszubildenden selbst, nicht
ausgleichen. Damit wird dem verfassungsrechtlichen Gebot, den
entstandenen Bedarf bei dem Steuersubjekt, bei dem er anfällt,
realitätsgerecht zu berücksichtigen, nicht entsprochen.
Denn durch solche Tatbestände werden entweder nicht die
Steuerpflichtigen selbst, sondern deren Eltern erfasst oder auch
nur einzelne Gruppen von Steuerpflichtigen entlastet. Diese
Entlastungstatbestände kommen aber nicht allgemein und in
allen Fällen, in denen den Steuerpflichtigen Ausbildungskosten
entstehen, zur Anwendung. Auf diesen Zusammenhang hat das BVerfG
ausdrücklich in seinem Beschluss zur steuerrechtlichen
Freistellung des Existenzminimums anlässlich der Leistungen
nach dem BaföG und der steuerfreien Leistungen nach § 3
EStG hingewiesen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 87, 153, <176>
= SIS 92 21 01, BStBl II 1993, 413 = SIS 92 21 01). Vergleichbar
damit werden solche Förderleistungen und Steuerbefreiungen
für die eigene Berufsausbildung ebenfalls nur unter besonderen
Voraussetzungen gewährt, nämlich bei besonderem Bedarf;
sie werden auch nicht allgemein, sondern nur bestimmten Gruppen von
Steuerpflichtigen zuteil. Deshalb genügen solche zu Gunsten
einzelner Steuerpflichtiger wirkende singuläre
Sondertatbestände nicht den verfassungsrechtlichen
Anforderungen einer hinreichenden einkommensteuerrechtlichen
Berücksichtigung der Berufsausbildungskosten. Dies gilt erst
recht für Abzugstatbestände, die nicht zu Gunsten der
Steuerpflichtigen, sondern zu Gunsten deren Eltern wirken. Deshalb
lässt sich der Ausschluss des
veranlagungszeitraumübergreifenden Verlustabzugs auch nicht
damit rechtfertigen, dass Steuerpflichtige mit den Kosten ihrer
Erstausbildung wirtschaftlich nicht belastet sind, weil ihre Eltern
zivilrechtlich verpflichtet sind, diese Kosten zu tragen (§
1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Denn dieser
Anspruch geht in zahlreichen Fällen - insbesondere bei teuren
Ausbildungen - ins Leere.
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In der Literatur (Kanzler, FR 2003, 722, 723;
ders., FR 2011, 862, 863; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1772; Prinz,
FR 2005, 229, 236; Fehr, DStR 2007, 882, 885; Ismer, a.a.O., S. 485
ff.; Söhn, a.a.O., S. 97, 103 f.; Johenning, a.a.O., S. 301)
wurde ebenso wie sodann auch in der
Sachverständigenanhörung zutreffend auf den Aspekt
hingewiesen, dass die einzelnen personenverschiedenen
Entlastungstatbestände nicht oder nur unzureichend aufeinander
abgestimmt sind (Heuermann, Finanzausschuss, 60. Sitzung, Protokoll
Nr. 15/60, S. 13, Stellungnahme S. 2; Jarass, ebenda, S. 16 f.).
Dies mag Grund für den Gesetzgeber sein, die Neuregelung zum
Abzug der Berufsausbildungskosten derart auszugestalten, dass
gegebenenfalls Doppelberücksichtigungen etwa durch die
Kombination von Kindergeld oder Kinderfreibetrag einerseits und dem
Abzug von Aufwendungen andererseits beachtet und ausgeschlossen
werden und künftig gewährleistet ist, dass die
Aufwendungen des Steuerpflichtigen um die ihm aus öffentlichen
Kassen gewährten Förderleistungen gekürzt
werden.
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99
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e) Im Lichte der von Art. 12 GG
geschützten Berufswahlfreiheit ist es nach Auffassung des
Senats von Verfassungs wegen auch nicht zulässig, den
Steuerpflichtigen auf Ausbildungsgänge zu verweisen, die keine
oder geringere Kosten verursachen, sei es, weil ausbildende
Unternehmen aus eigenen Interessen die Ausbildungskosten
übernehmen, sei es, weil die öffentliche Hand
entsprechend kostengünstige oder sogar unentgeltliche
Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellt.
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100
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5. Die Neuregelungen zur
einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von
Berufsausbildungskosten genügen zwar nach Auffassung des
vorlegenden Senats nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen
einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit.
Der vorlegende Senat ist allerdings nicht davon überzeugt,
dass im Streitfall die Anordnung der rückwirkenden Geltung der
Neuregelung gegen die Prinzipien der Rechtssicherheit und des
Vertrauensschutzes verstößt.
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a) Das grundsätzliche Verbot echt
rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien
der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (zuletzt
BVerfG-Beschluss vom 17.12.2013 1 BvL 5/08, DStR 2014, 520, HFR
2014, 359 = SIS 14 07 79). Danach ist das Vertrauen in die
Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des
Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer
Grundlage erworbenen Rechte geschützt. Es bedarf vor diesen
Verfassungsprinzipien einer besonderen Rechtfertigung, wenn der
Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit
zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend
ändert. Die Grundrechte und das Rechtsstaatsprinzip
garantieren in ihrem Zusammenwirken die Verlässlichkeit der
Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die
Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als
eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die
Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte
die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie
betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere
Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres
rechtserheblichen Verhaltens galten. Deshalb sind Gesetze mit
echter Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen nur
ausnahmsweise von Verfassungs wegen zulässig (BVerfG-Beschluss
in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359 = SIS 14 07 79, m.w.N.).
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102
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b) § 52 Abs. 23d Satz 5 EStG i.d.F. des
BeitrRLUmsG erklärt § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des
BeitrRLUmsG rückwirkend ab dem Veranlagungszeitraum 2004
für anwendbar. Die Frage, inwieweit nachträglich in
abgeschlossene Sachverhalte eingegriffen wird, ist im Steuerrecht
mit Blick auf die jeweiligen Veranlagungszeiträume zu
beurteilen. Im Einkommensteuerrecht liegt deshalb eine echte
Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen erst dann vor,
wenn der Gesetzgeber die mit dem jeweiligen Ende des
Veranlagungszeitraums entstandene Einkommensteuerschuld
nachträglich ändert (§ 38 der Abgabenordnung i.V.m.
§ 36 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfG-Beschlüsse in DStR 2014,
520, HFR 2014, 359 = SIS 14 07 79, Rz 40 ff., m.w.N.; vom 7.7.2010
2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1 = SIS 10 22 45, <18 f.>, BStBl II 2011, 76 = SIS 10 22 45; vom 10.10.2012
1 BvL 6/07, BVerfGE 132, 302, <319> = SIS 12 29 53, BStBl II
2012, 932 = SIS 12 29 53). Danach bewirkt § 52 Abs. 23d Satz 5
EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG eine echte Rückwirkung
beziehungsweise Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Denn die im
Jahr 2011 beschlossene Regelung greift nachträglich in
Sachverhalte ein, die in den Jahren 2004 bis 2010 abgeschlossen
waren, und ändert nachträglich die entstandene
Einkommensteuerschuld.
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103
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c) In allen den Vorlagen zugrunde liegenden
Fällen der streitigen Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008
liegt eine solche echte Rückwirkung/Rückbewirkung von
Rechtsfolgen vor. Diese Rückwirkung ist nach Auffassung des
Senats allerdings nicht verfassungswidrig. Denn sie fällt
unter die seitens der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten
Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot einer echten
Rückwirkung/Rückbewirkung von Rechtsfolgen.
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104
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aa) Ausgehend davon, dass das
Rückwirkungsverbot im Vertrauensschutz nicht nur seinen Grund,
sondern auch seine Grenze findet, gilt das grundsätzliche
Verbot einer echten Rückwirkung/Rückbewirkung von
Rechtsfolgen nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des
geltenden Rechts hat bilden können oder ein Vertrauen auf eine
bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht
schutzwürdig war. Die Rechtsprechung des BVerfG geht insoweit
von nicht abschließend definierten typisierenden Fallgruppen
eines ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende
Gesetzeslage aus. Maßstab ist dabei, ob die bisherige
Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der
betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen
(vgl. BVerfG-Beschluss in DStR 2014, 520, HFR 2014, 359 = SIS 14 07 79, Rz 64 ff., m.w.N.).
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105
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Typisierte Formen eines solchen fehlenden
Vertrauens liegen etwa dann vor, wenn die Betroffenen schon im
Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den
Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern
mit deren Änderung rechnen mussten, wenn etwa die Rechtslage
so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden
musste. Entsprechendes gilt, wenn das bisherige Recht in einem
Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel
an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden. Weiter
können auch überragende Belange des Gemeinwohls dem
Vertrauensschutz entgegenstehen. Schließlich wirkt der
Vertrauensschutz nicht zu Gunsten der Bürger, wenn sie sich
nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein
verlassen durften oder wenn durch die sachlich begründete
rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz
unerheblicher Schaden verursacht wird.
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106
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bb) Nach Auffassung des Senats entfällt
vorliegend der Vertrauensschutz gegenüber einer
rückwirkenden Änderung der Rechtslage unter dem Aspekt
einer geänderten langjährigen höchstrichterlichen
Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen
höchstrichterlichen Rechtsprechung, wie etwa durch das BVerfG
zum Fremdrentenrecht (BVerfG-Beschluss vom 21.7.2010 1 BvL 11/06, 1
BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126, 369) und zum
Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfG-Beschluss vom 2.5.2012 2 BvL
5/10, BVerfGE 131, 20) entschieden.
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107
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(1) Der Gesetzgeber beschloss mit dem
BeitrRLUmsG bewusst eine rückwirkende Regelung. Er hat die
verfahrensrechtliche Zulässigkeit der rückwirkenden
Neuregelung damit begründet, dass lediglich eine Gesetzeslage
wiederhergestellt werde, die vor der Rechtsprechungsänderung
durch den BFH einer gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis
entsprochen habe; nach der Rechtsprechung des BVerfG sei in solchen
Fällen eine rückwirkende Rechtsänderung
verfassungsrechtlich zulässig. Zum Beleg einer solchen
gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis wurde auf die Urteile
des vorlegenden Senats vom 18.6.2009 in BFHE 225, 393, BStBl II
2010, 816 = SIS 09 28 99 und in BFH/NV 2009, 1797 = SIS 09 32 46
Bezug genommen; dort habe der BFH noch entschieden, dass das
Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG
für alle Fälle des Erststudiums als Erstausbildung
wirksam sei. Dies habe auch der Gesetzgeber für das
Abzugsverbot bei den Werbungskosten und Betriebsausgaben im Jahre
2004 klar zum Ausdruck gebracht (BTDrucks 17/7524, 16, unter
Hinweis auf BTDrucks 15/3339, 10 f.).
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(2) Seit dem Urteil vom 4.12.2002 in BFHE 201,
156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74 entsprach es zwar einer
gefestigten Senatsrechtsprechung, dass auch Kosten einer ersten
Ausbildung Werbungskosten sein können. Denn der vorlegende
Senat hatte ausdrücklich die Auffassung aufgegeben, dass
Ausgaben für ein Erststudium stets der allgemeinen
Lebensführung zuzuordnen und deshalb nur als Sonderausgaben
begrenzt abziehbar seien (vgl. im Einzelnen dazu oben B.II.2.c;
Senatsurteil in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407 = SIS 03 07 75).
Dementsprechend hatte er mit Urteil in BFHE 202, 314, BStBl II
2004, 884 = SIS 03 29 58 zur erstmaligen Berufsausbildung in
Fällen einer Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer
entschieden. Diese Urteile änderten aber eine langjährige
anders lautende Rechtsprechung, auf die der Gesetzgeber bereits mit
dem AOÄndG vom 21.7.2004 reagierte und § 12 Nr. 5 EStG
i.d.F. des AOÄndG einführte. Danach sollten unter
weiteren Voraussetzungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten
noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte die Aufwendungen des
Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und
für ein Erststudium abgezogen werden, wenn diese nicht im
Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Angesichts der
gerade erst geänderten langjährigen Rechtsprechung und
der alsbaldigen Reaktion des Gesetzgebers darauf konnte sich auf
Grundlage der Urteile des vorlegenden Senats noch kein
Vertrauenstatbestand dahingehend herausbilden, dass Kosten einer
Erstausbildung uneingeschränkt dem vollen Werbungskostenabzug
unterliegen.
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(3) Zu dieser mit dem AOÄndG geschaffenen
Rechtslage entschied der Senat mit Urteilen vom 18.6.2009 in BFHE
225, 393, BStBl II 2010, 816 = SIS 09 28 99 und in BFH/NV 2009,
1797 = SIS 09 32 46 (vgl. dazu oben B.II.2.d aa). Aufwendungen
für eine erstmalige Berufsausbildung seien „im
Regelfall nicht ausreichend beruflich veranlasst. Insoweit fehlt
es, wie beim Besuch von allgemeinbildenden Schulen, an der
konkreten Berufsbezogenheit. Diese Sicht gibt die typisierende
Regelung des § 12 Nr. 5 EStG wieder“. Unter
Berücksichtigung einer „hiernach gebotenen
verfassungskonformen Auslegung ... erfasst das Abzugsverbot des
§ 12 Nr. 5 EStG allenfalls die Fälle des Erststudiums,
das zugleich eine Erstausbildung vermittelt und nicht im Rahmen
eines Dienstverhältnisses stattfindet“
(Senatsurteile in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 = SIS 09 28 99,
II.2.d; in BFH/NV 2009, 1797 = SIS 09 32 46, II.2.d). Angesichts
dieser auf der Grundlage des AOÄndG ergangenen Rechtsprechung
des Senats durch die Urteile vom 18.6.2009 konnte sich bei den
Steuerpflichtigen ebenfalls kein hinreichend gefestigtes und damit
schutzwürdiges Vertrauen dahingehend bilden, dass auch
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung als
Werbungskosten einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung
finden. Zutreffend wird insoweit auch in den Gesetzesmaterialien
zur Rechtfertigung einer rückwirkenden Anwendung des § 9
Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf die vorgenannten Urteile des
vorlegenden Senats vom 18.6.2009 verwiesen. Die Urteile belegten
eine gefestigte Rechtsprechung und Rechtspraxis, die jedenfalls
Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und
Aufwendungen für ein Erststudium, das zugleich eine
Erstausbildung vermittelt, nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen
habe (BTDrucks 17/7524, 16).
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(4) Diese Einschätzung gilt nach
Auffassung des vorlegenden Senats trotz des Umstandes, dass in den
Entscheidungen in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 = SIS 09 28 99
und in BFH/NV 2009, 1797 = SIS 09 32 46 ausdrücklich daran
festgehalten worden war, dass für den Abzug der
Berufsausbildungskosten das Veranlassungsprinzip unverändert
gelte und im Streitfall auch anzuwenden sei sowie dass dem Abzug
der Berufsausbildungskosten als Werbungskosten der
Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG a.F. ebenso
wenig entgegenstehe wie das Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG
i.d.F. des AOÄndG. Denn den dort entschiedenen
Streitfällen lagen jeweils andere Ausgangssachverhalte
zugrunde; dort waren jeweils Aufwendungen für ein Erststudium
nach vorausgegangener abgeschlossener Berufsausbildung streitig.
Nur für diese Fallgruppe hielt der Senat in
verfassungskonformer Auslegung § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des
AOÄndG schon für nicht anwendbar. Denn § 12 Nr. 5
EStG i.d.F. des AOÄndG sollte die Abziehbarkeit von beruflich
veranlassten Kosten für ein sog. Erststudium zumindest dann
nicht hindern, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung
vorausgegangen ist. Diese Auslegung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F.
des AOÄndG fand dann auch in der nachfolgenden
Gesetzesänderung durch das BeitrRLUmsG im Wortlaut der neu
gefassten Regelungen (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12
Nr. 5 EStG) unmittelbar seinen Ausdruck.
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(5) Schließlich lässt sich ein von
Verfassungs wegen zu beachtender Vertrauensschutz auch nicht damit
begründen, dass die Ausführungen des Senats im Urteil in
BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816 = SIS 09 28 99 zur Reichweite des
Abzugsverbots des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG nicht
zu den tragenden Gründen gehörten (HHR/Bergkemper, §
9 EStG Rz 711). Denn der erste Leitsatz dieses amtlich
veröffentlichten Urteils lautet: „§ 12 Nr. 5
EStG bestimmt in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen
Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit
einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehlt. Die Vorschrift
enthält jedoch kein Abzugsverbot für erwerbsbedingte
Aufwendungen.“ Angesichts dessen kommt es nicht mehr
darauf an, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Entscheidungen
oberster Gerichte - trotz der ihnen zugewiesenen Aufgaben der
grundsätzlichen Auslegung und Weiterentwicklung des Rechts -
ohnehin keine dem Gesetzesrecht gleichkommenden Bindungen entfalten
(BVerfG-Beschluss in BVerfGE 131, 20, <42>).
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Entsprechendes gilt für den Umstand, dass
eine überwiegende Auffassung in der Literatur davon
ausgegangen war, dass § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des AOÄndG
verfassungswidrig oder jedenfalls verfassungsrechtlich zweifelhaft
sei, weil dadurch der Werbungskostenabzug unter Verstoß gegen
das objektive Nettoprinzip ausgeschlossen werde (Schmidt/Drenseck,
EStG, 29. Aufl., § 12 Rz 57; Drenseck, DStR 2004, 1766, 1771;
Lang, StuW 2007, 3, 12 f.; Rimmler, StuW 2005, 117, 125;
Wesselbaum-Neugebauer, FR 2005, 676; Lang in Tipke/Lang,
Steuerrecht, 20. Aufl., § 9 Rz 267; Bergkemper, FR 2006, 1038;
Ehehalt, DB 2006, Beilage 6 zu Heft 39, S. 7 f.; Fehr, DStR 2007,
882; Schulenburg, DStZ 2007, 183; Steck, DStZ 2009, 384; Pfab,
a.a.O., S. 283 ff.; Müller-Franken, DStZ 2007, 59; a.A. Ismer,
a.a.O., S. 405).
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Soweit der vorlegende Senat schließlich
mit Urteilen vom 28.7.2011 in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 =
SIS 11 26 71 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 = SIS 11 26 72 entschied, dass Aufwendungen für eine erstmalige
Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG i.d.F.
des AOÄndG vorab entstandene Werbungskosten sein könnten
(dazu B.II.2.d bb), kommt auch insoweit der Ausnahmetatbestand der
geänderten langjährigen höchstrichterlichen
Rechtsprechung bei einer noch nicht gefestigten neuen
höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung. Denn auf
diese Rechtsprechungsänderung reagierte der Gesetzgeber dann
alsbald mit dem BeitrRLUmsG vom 7.12.2011 und schloss den
Werbungskostenabzug für eine erstmalige Berufsausbildung und
für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung
vermittelt, aus. Im Übrigen konnte sich ohnehin auf der
Grundlage der Urteile kein Vertrauenstatbestand für davor
liegende Zeiträume entwickeln, insbesondere für die
Veranlagungszeiträume 2004 bis 2008, die in den
Revisionsverfahren, die den Vorlagen zugrunde liegen, streitig
sind; der vorlegende Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung des
BFH-Urteils in BFHE 243, 486, BStBl II 2014, 165 = SIS 13 34 23, Rz
17 f.
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cc) Angesichts dessen lässt der
vorlegende Senat dahinstehen, ob die rückwirkende Anordnung
des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG auf
Veranlagungszeiträume vor 2011 auch mit dem durch die
Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Ausnahmetatbestand der
unklaren und verworrenen Rechtslage zu rechtfertigen ist (Trossen,
FR 2012, 501, 504 f.).
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IV. Verfassungskonforme Auslegung
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Nach Auffassung des vorlegenden Senats
scheidet schließlich auch eine verfassungskonforme Auslegung
des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG aus. Die
verfassungskonforme Auslegung einer Norm ist zwar dann geboten,
wenn unter Berücksichtigung von Wortlaut,
Entstehungsgeschichte, Gesamtzusammenhang und Zweck mehrere
Deutungen möglich sind, von denen nicht alle, aber zumindest
eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt.
Durch den Wortlaut, die Entstehungsgeschichte und den Gesetzeszweck
werden der verfassungskonformen Auslegung allerdings Grenzen
gezogen. Ein Normverständnis, das in Widerspruch zu dem klar
erkennbar geäußerten Willen des Gesetzgebers träte,
kann deshalb auch im Wege verfassungskonformer Auslegung nicht
begründet werden. Dies griffe der rechtspolitischen
Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vor (so
BVerfG-Beschluss vom 11.1.2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164 = SIS 05 30 28, <182 f.>, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260, m.w.N.).
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Der vorlegende Senat sieht schon angesichts
des Wortlauts des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG
keinen Raum für eine verfassungskonforme Auslegung. Denn der
Wortlaut ist nunmehr derart eindeutig, dass insoweit keine diesem
Wortlaut noch entsprechende Auslegung erkennbar wäre, die
Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder für
ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, als
Werbungskosten abziehbar machte. Dies gilt erst recht unter
Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des § 9 Abs. 6 EStG
i.d.F. des BeitrRLUmsG. Denn der Gesetzgeber schuf § 9 Abs. 6
EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gerade deshalb, um die vom vorlegenden
Senat in seinen Urteilen in BFHE 234, 279, BStBl II 2012, 561 = SIS 11 26 71 und in BFHE 234, 271, BStBl II 2012, 557 = SIS 11 26 72
gefundene Auslegung zu korrigieren (vgl. oben unter B.II.2.d bb),
nach der eine Regelung allein in § 12 Nr. 5 EStG i.d.F. des
AOÄndG nicht zwingend und ausnahmslos Aufwendungen des
Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und
für ein Erststudium vom Abzug ausschließe.
Ausdrücklich heißt es in den Materialien zum
BeitrRLUmsG, damit solle nun klargestellt werden, dass
Berufsausbildungskosten für eine erstmalige Berufsausbildung
und für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung
vermittele, vom Betriebsausgaben- sowie Werbungskostenabzug
ausgeschlossen seien (BTDrucks 17/7524, 5 ff.). Der ausnahmslose
Ausschluss des Werbungskostenabzugs für solche
Erstausbildungskosten ergibt sich weiter auch unter Einbeziehung
des Gesamtzusammenhangs und des Zwecks der Regelung. Denn das
Regelungskompendium des Abzugs von Berufsausbildungskosten für
die Erstausbildung und das Erststudium, das zugleich eine
Erstausbildung vermittelt, umfasst mit dem BeitrRLUmsG nunmehr
aufeinander abgestimmt und umfassend alle Abzugstatbestände:
§ 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG regelt den
Werbungskostenabzug, § 4 Abs. 9 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG
erweitert dies für den Betriebsausgabenabzug. Korrespondierend
dazu sind diese Aufwendungen ausdrücklich dem Bereich der
Sonderausgaben zugewiesen, da der Gesetzgeber insoweit
ausdrücklich der vorangegangenen Rechtsprechung des
vorlegenden Senats nicht folgt und lediglich mit Verweis auf eine
geänderte Kostensituation und Preisentwicklung den
Höchstbetrag für den Abzug von Berufsausbildungskosten
als Sonderausgaben von 4.000 EUR auf 6.000 EUR anhebt (BTDrucks
17/7524, 5). Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs zur Vermeidung
erheblichen Verwaltungsaufwands und von Steuerausfällen von
über 1 Mrd. EUR war schließlich auch ausweislich der
Materialien Regelungszweck. Nach alledem scheidet eine
verfassungskonforme Auslegung des § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des
BeitrRLUmsG, die den Werbungskostenabzug für
Erstausbildungskosten gestattete, nach Auffassung des vorlegenden
Senats aus.
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