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Doppelte Haushaltsführung, Hauptwohnung am Beschäftigungsort

Doppelte Haushaltsführung, Hauptwohnung am Beschäftigungsort: 1. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn die Hauptwohnung, d.h. der "eigene Hausstand" i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, ebenfalls am Beschäftigungsort belegen ist. - 2. Die Hauptwohnung ist i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG am Beschäftigungsort belegen, wenn der Steuerpflichtige von dieser seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Die Entscheidung darüber obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. - Urt.; BFH 16.11.2017, VI R 31/16; SIS 17 24 67

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Doppelte Haushaltsführung
Fundstellen
  1. BFH 16.11.2017, VI R 31/16 (ECLI:DE:BFH:2017:U.161117.VIR31.16.0)
    BStBl 2018 II S. 404
    BFHE 260 S. 143
    DStR 2018 S. 178
    BFH/NV 2018 S. 372

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 25.5.2018
    Ch. Dürr in FR 4/2018 S. 190
    S. Geserich in BFH/PR 4/2018 S. 84
    L. Hilbert in NWB 6/2018 S. 312
    B. Rätke in BBK 4/2018 S. 153
Normen
[EStG] § 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5, § 12 Nr. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Baden-Württemberg, 16.06.2016, SIS 16 17 80, Doppelte Haushaltsführung, Ort, Eigener Hausstand, Beschäftigungsort, Zumutbarkeit
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Berlin-Brandenburg 8.11.2021, SIS 22 00 07, Anmietung einer zweiten Wohnung am Arbeitsort in unmittelbarer Nähe zur Arbeitsstätte, um die an Parkinso...
  • BMF 25.11.2020, SIS 20 19 29, Steuerliche Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern: Das Bundesfinanzministerium hat ein neues Schre...
  • BFH 28.4.2020, SIS 20 13 10, Werbungskostenabzug bei Zuwendungen der Bundeswehr durch die Zurverfügungstellung einer Gemeinschaftsunte...
  • FG Nürnberg 6.11.2019, SIS 19 21 54, Voraussetzungen für die Geltendmachung von Aufwendungen wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haus...
  • BFH 23.10.2019, SIS 20 01 91, Vorab entstandene Werbungskosten bei doppelter Haushaltsführung: Aufwendungen für eine Wohnung sind nach ...
  • BFH 4.4.2019, SIS 19 06 71, Zur Abziehbarkeit von Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat im Rahmen einer doppelten Haus...
  • BFH 16.1.2018, SIS 18 06 87, Doppelte Haushaltsführung, Hauptwohnung am Beschäftigungsort: 1. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nic...
Fachaufsätze
  • LIT 03 60 04 Ch. Dürr, NWB 13/2018 S. 844: Doppelte Haushaltsführung nur bei unzumutbarer Fahrzeit zwischen Hauptwohnung und Arbeitsstätte? - Lit.; ...

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 16.6.2016 1 K 3229/14 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

 

1

I. Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen.

 

 

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind seit Oktober 2010 verheiratet und wurden für das Streitjahr (2013) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger war nichtselbständig in A tätig.

 

 

3

Die Kläger und die beiden Kinder der Klägerin wohnten im Streitjahr in B. Ab März 2013 bewohnte der Kläger zudem eine Wohnung in A. Von dieser suchte er unter der Woche seine in der Nähe gelegene Arbeitsstätte auf. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie - vergeblich - Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von insgesamt 15.750 EUR geltend. Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 24.4.2014 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) mit Einspruchsentscheidung vom 9.9.2014 als unbegründet zurück.

 

 

4

Die daraufhin erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2016, 1423 = SIS 16 17 80 veröffentlichten Gründen ab. Eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung liege nicht vor. Der Kläger könne von seiner Hauptwohnung seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich aufsuchen. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) fielen damit nicht auseinander. Erst- und berufliche Zweitwohnung seien vielmehr am Beschäftigungsort belegen. In einem solchen Fall komme eine doppelte Haushaltsführung nicht in Betracht.

 

 

5

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

6

Sie beantragen, das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 16.6.2016 1 K 3229/14 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 24.4.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.9.2014 dahin zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen der Kläger um 15.750 EUR gemindert wird.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht darauf erkannt, dass die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung im Streitjahr nicht vorlagen.

 

 

9

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG).

 

 

10

a) Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen demnach auseinanderfallen (Senatsurteile vom 21.1.1972 VI R 95/71, BFHE 104, 193, BStBl II 1972, 262 = SIS 72 01 57; vom 8.10.2014 VI R 16/14, BFHE 247, 406, BStBl II 2015, 511 = SIS 15 00 56, und vom 7.5.2015 VI R 71/14, BFH/NV 2015, 1240 = SIS 15 16 57; Schmidt/ Loschelder, EStG, 36. Aufl., § 9 Rz 229; Oertel in Kirchhof, EStG, 16. Aufl., § 9 Rz 99, 108; Bergkemper in Herrmann/Heuer/ Raupach - HHR -, § 9 EStG Rz 496; Geserich, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 9 Rz G 60; Blümich/Thürmer, EStG, § 9 Rz 325; Claßen A. in Lademann, EStG, § 9 EStG Rz 92; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 1020). Denn nur dann ist der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG beschäftigt. Eine doppelte Haushaltsführung ist deshalb nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen einen Zweithaushalt führt und auch der vorhandene „eigene Hausstand“ am Beschäftigungsort belegen ist. Denn dann fallen der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort nicht auseinander.

 

 

11

b) Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Ort der langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte (z.B. Senatsurteile vom 11.5.2005 VI R 7/02, BFHE 209, 502, BStBl II 2005, 782 = SIS 05 36 04, und VI R 34/04, BFHE 209, 527, BStBl II 2005, 793 = SIS 05 36 02, sowie vom 19.9.2012 VI R 78/10, BFHE 239, 80, BStBl II 2013, 284 = SIS 12 30 62).

 

 

12

aa) Es entspricht der langjährigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, den Begriff des Beschäftigungsorts weit auszulegen und darunter insbesondere nicht nur die nämliche politische Gemeinde, in der die Arbeitsstätte (jetzt: erste Tätigkeitsstätte) liegt, zu verstehen. So hatte der Senat bereits mit Urteil vom 9.11.1971 VI R 96/70 (BFHE 103, 506, BStBl II 1972, 134 = SIS 72 00 83; s.a. Senatsurteil vom 16.12.1981 VI R 227/80, BFHE 135, 57, BStBl II 1982, 302 = SIS 82 14 33) darauf erkannt, dass ein Arbeitnehmer auch dann am Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG wohnt, wenn er in der Umgebung der politischen Gemeinde wohnt, in der sich seine Arbeitsstätte befindet, und von dort aus zur Arbeitsstätte fährt. An dieser dem Tatbestand der doppelten Haushaltsführung und dem Veranlassungsprinzip geschuldeten Rechtsprechung hat der Senat grundsätzlich festgehalten (aus neuerer Zeit z.B. Senatsurteile vom 19.4.2012 VI R 59/11, BFHE 237, 449, BStBl II 2012, 833 = SIS 12 18 70, und vom 26.6.2014 VI R 59/13, BFH/NV 2015, 10 = SIS 14 32 51). Er hat entschieden, dass eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort dient, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen, und hat dies bei Wegezeiten von etwa einer Stunde bejaht (Senatsurteile in BFHE 237, 449, BStBl II 2012, 833 = SIS 12 18 70, und in BFH/NV 2015, 10 = SIS 14 32 51).

 

 

13

bb) Dementsprechend haben auch die Finanzgerichte, die Finanzverwaltung sowie die Kommentarliteratur eine Wohnung am Beschäftigungsort bejaht, wenn der Arbeitnehmer von dort üblicherweise täglich zu seiner Arbeitsstätte fahren kann (z.B. FG des Saarlandes, Urteil vom 25.6.1993 1 K 189/92, EFG 1994, 201 = SIS 94 15 95; FG Münster, Urteil vom 19.10.1999 13 K 2468/94 E, juris; FG Hamburg, Urteil vom 26.2.2014 1 K 234/12, EFG 2014, 1185 = SIS 14 15 09; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2015 7 K 7366/13, EFG 2016, 1005 = SIS 16 10 19, Revision anhängig unter VI R 2/16; Amtliches Lohnsteuer-Handbuch 2013, H 9.11 (1-4) „Zweitwohnung am Beschäftigungsort“; Schmidt/ Loschelder, a.a.O., § 9 Rz 229; Wagner, in: Heuermann/Wagner, LohnSt, F, Rz 313; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, „Doppelte Haushaltsführung“ Rz 47, 48; Oertel in Kirchhof, a.a.O., § 9 Rz 109; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 360; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 9 Rz 1040; Lochte in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 9 Rz 186; Geserich, DStR 2012, 1737, 1740; kritisch aber Dürr, Deutsche Steuerzeitung 2017, 323).

 

 

14

c) Die Entscheidung darüber, ob die fragliche Wohnung so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Denn die Antwort darauf kann nur aufgrund der Berücksichtigung und Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls gegeben werden und ist insbesondere von den individuellen Verkehrsverbindungen und Wegezeiten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte abhängig; dabei ist naturgemäß die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein wesentliches, allerdings kein allein entscheidungserhebliches Merkmal (Senatsurteile in BFHE 237, 449, BStBl II 2012, 833 = SIS 12 18 70, und in BFH/NV 2015, 10 = SIS 14 32 51).

 

 

15

Denn eine Mindestentfernung zwischen Haupt- und beruflicher Zweitwohnung bestimmt das Einkommensteuergesetz nicht (Geserich, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 9 Rz G 60). Sie können sich deshalb in Ausnahmefällen sogar in derselben politischen Gemeinde befinden (Schmidt/Loschelder, a.a.O., § 9 Rz 229; HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 496; Blümich/ Thürmer, § 9 EStG Rz 361; Küttner/Thomas, Personalbuch 2017, Stichwort: Doppelte Haushaltsführung, Rz 11; Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 9 Rz 1040; Fuhrmann in Korn, § 9 EStG Rz 111.2; s.a. die Vereinfachungsregelung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 24.10.2014, BStBl I 2014, 1412 = SIS 14 28 22, Rz 101; wenn ausnahmsweise ein tägliches Fahren nicht zumutbar erscheint, Geserich, DStR 2012, 1737, 1738).

 

 

16

2. Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung nicht zu beanstanden.

 

 

17

a) Nach den nicht angegriffenen und den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) unterhielt der Kläger im Streitjahr zusammen mit der Klägerin und deren beiden Kindern einen eigenen Hausstand in B. Das FG hat weiter festgestellt, dass sich die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers im Streitjahr unter der Anschrift C in A befand und der Kläger diese an 42 Tagen mit dem PKW von B und an 178 Tagen von seiner Wohnung in A mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsuchte.

 

 

18

b) Die Vorinstanz hat darüber hinaus festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass der einfache Arbeitsweg des Klägers von B zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte in A 36 km betrug. Es hat die Fahrzeit für diese Wegstrecke mit dem PKW einschließlich eines Zeitzuschlags aufgrund von Staulagen zu den Hauptverkehrszeiten „im Bereich von einer Stunde“ geschätzt (§ 162 der Abgabenordnung i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat das FG mit durchschnittlich 1:05 bis 1:11 Stunden festgestellt.

 

 

19

c) Bei dieser Sachlage ist die tatsächliche Würdigung des FG, der Kläger habe seine regelmäßige Arbeitsstätte in A von seiner Wohnung in B aus in zumutbarer Weise täglich aufsuchen können, zumindest möglich und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, unter den Bedingungen einer Großstadt und deren Einzugsbereich seien solche Fahrzeiten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte üblich und ohne weiteres zumutbar. Zutreffend hat es in diesem Zusammenhang neben der reinen Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie der benötigten Fahrzeiten von etwa einer Stunde auch auf das gut ausgebaute Straßennetz und den gut erreichbaren öffentlichen Personennahverkehr im Großraum A abgestellt. Das FG hat daher zu Recht entschieden, dass (auch) die Wohnung des Klägers in B am Beschäftigungsort belegen war.

 

 

20

3. Die Aufwendungen des Klägers für die Zweitwohnung in A können auch nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden. Die Aufwendungen für eine (Zweit-)Wohnung sind als Kosten der Lebensführung grundsätzlich nicht beruflich veranlasst.

 

 

21

Aus dem Umstand, dass der Kläger die Zweitwohnung in A nach den Feststellungen des FG aus beruflichen Gründen gemietet hat, um seine Arbeitsstelle besser und schneller erreichen zu können, ergibt sich für den Streitfall nichts anderes. Denn die vom Kläger für die Zweitwohnung geltend gemachten Unterkunftskosten dienten jedenfalls auch dem der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzurechnenden Wohnen. Aufwendungen hierfür sind auch nach Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots (Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21.9.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37) - jenseits der vorrangigen Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG - grundsätzlich als nicht abziehbare und nicht aufteilbare Aufwendungen für die Lebensführung anzusehen (Zimmer in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 9 Rz 1002).

 

 

22

Dies gilt hinsichtlich von Unterkunftskosten nach der Rechtsprechung des BFH - wenn der Regelungsgegenstand des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG betroffen ist - insbesondere dann, wenn die Voraussetzungen für eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung - wie vorliegend - nicht erfüllt sind (BFH-Urteile vom 13.3.1996 VI R 58/95, BFHE 180, 136, BStBl II 1996, 315 = SIS 96 12 34; vom 22.4.1998 XI R 59/97, BFH/NV 1998, 1216 = SIS 98 17 41, und vom 28.8.2014 V R 22/14, BFH/NV 2015, 17 = SIS 14 32 55; jeweils m.w.N.; a.A. HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 490, m.w.N.). Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist lex specialis zu § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG (Geserich, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 9 Rz G 7; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 326; jeweils m.w.N.).

 

 

23

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.