Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 26.4.2012 4 K 2789/11
aufgehoben.
Die Sache wird an das Hessische Finanzgericht
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens übertragen.
1
|
I. Die Beteiligten streiten um die
Verrechnung von Verlusten bzw. Aufwendungen des ideellen Bereichs
eines eingetragenen Vereins mit positiven Einkünften aus
Gewerbebetrieb nach Aberkennung der Gemeinnützigkeit.
|
|
|
2
|
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist ein eingetragener Sportverein, dessen
Herrenmannschaft seit längerer Zeit in der ... spielt und der
gemäß den entsprechend erteilten Freistellungsbescheiden
des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) in den
Streitjahren (2002 bis 2008) wegen der Verfolgung
gemeinnütziger Zwecke i.S. von § 5 Abs. 1 Nr. 9 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) und § 3 Nr. 6 des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002) von der Körperschaft- und
Gewerbesteuer befreit war. In seinen Steuererklärungen und den
dazu gefertigten Gewinnermittlungen gab der Kläger jeweils an,
neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch
gewerbliche Einkünfte erzielt zu haben, wobei er als Gewinn
aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
„Werbung“ nach § 64 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO)
ab 2003 jeweils pauschal 15% der erzielten Nettoeinnahmen zu Grunde
legte.
|
|
|
3
|
Nachdem im Rahmen einer
Außenprüfung festgestellt worden war, dass der
Kläger bezüglich der an die Spieler der Herrenmannschaft
geleisteten regelmäßigen Lohnzahlungen von 2005 bis 2008
keine Lohnsteuer angemeldet und die aus verschiedenen geselligen
Veranstaltungen in den Streitjahren erzielten Einnahmen nicht in
voller Höhe erklärt hatte, versagte das FA ihm die
Steuerbefreiung für die Jahre 2002 bis 2009. Es erließ
geänderte Festsetzungsbescheide für die Streitjahre, in
denen es unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
- BFH - (Senatsurteil vom 27.3.1991 I R 31/89, BFHE 164, 508, BStBl
II 1992, 103 = SIS 91 20 38) bei der Ermittlung der
Jahresüberschüsse i.S. von § 4 Abs. 3 des
Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) die Einkünfte des
Klägers aus Gewerbebetrieb und aus Vermietung und Verpachtung
nicht mit den Verlusten aus dem ehemaligen Zweckbetrieb
(Spielbetrieb und sonstige, zur Verwirklichung des Vereinszwecks
bestimmte sportliche Aktivitäten) verrechnete. Die deswegen
erhobene Klage blieb ohne Erfolg; das Hessische Finanzgericht (FG)
hat sie als unbegründet abgewiesen. Sein Urteil vom 26.4.2012
4 K 2789/11 ist in EFG 2012, 1776 = SIS 12 20 49
abgedruckt.
|
|
|
4
|
Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf
Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision.
|
|
|
5
|
Der Kläger beantragt, das FG-Urteil
und die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die
Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbeträge für
die Streitjahre auf 0 EUR festzusetzen sowie die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu
erklären.
|
|
|
6
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
7
|
II. Die Revision ist begründet und
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung. Es bedarf weiterer Feststellungen
dazu, ob und ggf. in welchem Umfang Aufwendungen aus dem
Sportbereich des Klägers teilweise den Gewinn des
Werbebetriebs gemindert haben. Die Anwendung des
Gewinnpauschalierungswahlrechts nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO auf
die Werbeeinnahmen des Klägers hat die Vorinstanz indes zu
Recht abgelehnt.
|
|
|
8
|
1. Der Kläger war in den Streitjahren
nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 2002 und § 3
Nr. 6 GewStG 2002 von der Körperschaft- und der Gewerbesteuer
befreit.
|
|
|
9
|
a) Nach den tatrichterlichen Feststellungen
der Vorinstanz hat der Kläger in den Streitjahren die
Einnahmen aus jährlich stattfindenden geselligen
Veranstaltungen sowie aus einer im Jahr 2006 durchgeführten
Jubiläumsveranstaltung gegenüber dem FA nicht in voller
Höhe erklärt; im Zeitraum von Januar 2005 bis Anfang 2008
hat der Kläger keine Lohnsteueranmeldungen für die
Leistungen an die Spieler der Herrenmannschaft abgegeben. Aufgrund
der unrichtigen bzw. unterlassenen Erklärungen ist es zu
Steuerverkürzungen gekommen. Diese Feststellungen des FG sind
von den Beteiligten nicht mit zulässigen und begründeten
Revisionsgründen angegriffen worden und deshalb für den
erkennenden Senat verbindlich (§ 118 Abs. 2 FGO).
|
|
|
10
|
b) Zu Recht - und von der Revision nicht
beanstandet - hat das FG aus den wiederholten und nicht nur
geringfügigen Verstößen gegen die steuerlichen
Erklärungspflichten gefolgert, dass die tatsächliche
Geschäftsführung des Klägers in den Streitjahren
nicht den Anforderungen des § 59 letzter Halbsatz, § 63
Abs. 1 AO entsprochen hat und dass deshalb die
Steuerbegünstigungen entfallen sind. Nach § 63 Abs. 1 AO
muss die tatsächliche Geschäftsführung der
begünstigten Körperschaft auf die ausschließliche
und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke
gerichtet sein und den Bestimmungen der Satzung über die
Voraussetzungen für Steuervergünstigungen entsprechen.
Diesen Vorgaben hat das Verhalten des Klägers widersprochen.
Denn eine Körperschaft verfolgt dann keine gemeinnützigen
Zwecke, wenn sie Tätigkeiten nachgeht, die - wie die
Steuerverkürzung - gegen die Rechtsordnung verstoßen
(vgl. BFH-Urteil vom 27.9.2001 V R 17/99, BFHE 197, 314, BStBl II
2002, 169 = SIS 02 04 48, zur Lohnsteuerverkürzung durch einen
Sportverein).
|
|
|
11
|
2. Die Vorinstanz hat zu Recht angenommen,
dass die Werbeeinnahmen des sonach in den Streitjahren nicht
steuerbegünstigten Klägers grundsätzlich nicht mit
den Aufwendungen aus dem Spielbetrieb verrechnet werden
können.
|
|
|
12
|
a) Als steuerpflichtige Körperschaft
unterlag der Kläger in den Streitjahren gemäß
§ 8 Abs. 1 KStG 2002 (für die Gewerbesteuer i.V.m. §
7 Satz 1 GewStG 2002) mit jenem Einkommen der Besteuerung, das sich
nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes ergibt. Aus
diesen Vorschriften folgt, dass die Werbeeinnahmen des Klägers
als gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 zum steuerpflichtigen Einkommen
gehören, während die (positiven wie negativen) Ergebnisse
aus dem Sportbereich keinem der Einkunftstatbestände des
Einkommensteuergesetzes unterfallen und deshalb nicht
steuerpflichtig sind (vgl. ebenfalls zu einem nicht
steuerbegünstigten Sportverein Senatsurteil vom 19.11.2003 I R
33/02, BFHE 204, 21 = SIS 04 05 65). Insbesondere handelt es sich
dabei nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Denn nach den -
von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen der
Vorinstanz hat der Kläger seinen Spielbetrieb nicht mit der
gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 für die
Annahme eines Gewerbebetriebs erforderlichen
Gewinnerzielungsabsicht geführt. Die aus dem Sportbereich
herrührenden Aufwendungen (z.B. für Spieler, Trainer,
Schiedsrichter, Sportplatz- oder Hallenmiete) sind demnach der
außersteuerlichen Sphäre des Klägers zuzuordnen und
mindern deshalb nicht sein steuerpflichtiges Einkommen.
|
|
|
13
|
b) Diese Rechtsfolge ergibt sich aus den
zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 8 Abs. 1 KStG 2002 und
des § 7 Satz 1 GewStG 2002 i.V.m. § 15 EStG 2002. Der
Senat sieht weder eine rechtliche Möglichkeit noch eine
sachliche Rechtfertigung für die Forderung der Revision, nicht
steuerbegünstigten eingetragenen Vereinen - entsprechend der
Senatsrechtsprechung zu Kapitalgesellschaften (z.B. Senatsurteil
vom 22.8.2007 I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961 = SIS 07 36 22, m.w.N.) - eine außersteuerliche Sphäre
abzusprechen und deren sämtliche Einkünfte als
steuerpflichtig zu behandeln. Das ist schon deshalb ausgeschlossen,
weil der eingetragene Verein - unabhängig davon, ob er
steuerlich als gemeinnützig zu beurteilen ist oder nicht -
gemäß § 21 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
als „nicht wirtschaftlicher Verein“ definiert
ist und deshalb der jeweilige ideelle Vereinszweck im Vordergrund
stehen muss. Der Verein darf sich wirtschaftlich nur nachrangig im
Rahmen des sog. Nebenzweckprivilegs betätigen (vgl. z.B.
MünchKommBGB/ Reuter, 6. Aufl., § 21 Rz 19ff.). Somit hat
der eingetragene Verein per definitionem einen ideellen, nicht
gewerblichen Bereich.
|
|
|
14
|
Im Übrigen ist - entgegen dem Petitum der
Revision (ähnlich Dehesselles, DStR 2012, 2309) - die
Anerkennung eines außersteuerlichen Bereichs bei einem
eingetragenen Verein für diesen im Vergleich zur steuerlichen
Behandlung von Kapitalgesellschaften jedenfalls nicht generell
nachteilig und ist auch für den Streitfall nicht ausgemacht,
dass eine Behandlung wie eine Kapitalgesellschaft für den
Kläger zu für diesen niedrigeren Steuern führen
würde. Es wäre dann nämlich zu erwägen, auf den
Verein auch die für Kapitalgesellschaften geltenden
Grundsätze zur Behandlung dauerdefizitärer
Verlustbetriebe (dazu Senatsurteil in BFHE 218, 523, BStBl II 2007,
961 = SIS 07 36 22) anzuwenden. Da es sich auf der Grundlage der
Feststellungen des FG bei dem Spielbetrieb des Klägers um
einen nicht mit Gewinnerzielungsabsicht geführten
dauerdefizitären Verlustbetrieb gehandelt hat, wären dann
möglicherweise dessen Verluste dem Gewinn des Klägers
gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 2002 als verdeckte
Gewinnausschüttungen (vGA) hinzuzurechnen (vgl. zur
Anwendbarkeit der vGA-Regeln auf Vereine z.B. Senatsurteil vom
13.8.1997 I R 85/96, BFHE 184, 311, BStBl II 1998, 161 = SIS 98 06 23; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8 Rz 201, 1345, m.w.N.).
|
|
|
15
|
c) Der Umstand, dass der Sportbereich im Falle
weiter bestehender Gemeinnützigkeit des Klägers als
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. von § 14 AO
anzusehen (und jener Betrieb gegebenenfalls als Zweckbetrieb i.S.
von § 65 oder § 67a AO steuerbefreit) gewesen wäre,
widerspricht den vorstehenden Erwägungen nicht. Anders als der
Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG 2002 erfordert der
wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerbegünstigter
Körperschaften nach § 14 Satz 2 AO ausdrücklich
keine Gewinnerzielungsabsicht, so dass die Voraussetzungen für
Gewerbebetrieb und wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in diesem
Punkt nicht deckungsgleich sind. Für die Forderung, der
Zweckbetrieb einer einstmals steuerbegünstigten
Körperschaft müsse nach dem Wegfall der Begünstigung
zwingend in der steuerlich beachtlichen Sphäre verbleiben
(vgl. Dehesselles, DStR 2012, 2309), gibt es keine gesetzliche
Grundlage.
|
|
|
16
|
3. FA und FG haben die Aufwendungen des
Sportbereichs ausschließlich der nicht steuerbaren
Sphäre und nicht (teilweise) auch dem gewerblichen Bereich
„Werbung“ des Klägers zugeordnet. Ob das
richtig ist, bedarf weiterer Sachaufklärung.
|
|
|
17
|
a) Keinen Zweifel hat der Senat allerdings
daran, dass die Aufwendungen des Spielbetriebs primär durch
diesen selbst veranlasst worden sind. Ausgaben eines Vereins z.B.
für Spieler, Trainer, Schiedsrichter usw. werden primär
deswegen getätigt, um die vom Verein bezweckte sportliche
Betätigung zu organisieren und zu fördern und den mit den
Vereinsmannschaften angestrebten sportlichen Erfolg zu erreichen.
Das gilt nicht nur für Sportbetriebe als Zweckbetriebe
steuerbegünstigter Vereine (Senatsurteile in BFHE 164, 508,
BStBl II 1992, 103 = SIS 91 20 38; vom 5.2.1992 I R 59/91, BFH/NV
1993, 341; vom 5.6.2003 I R 76/01, BFHE 202, 323, BStBl II 2005,
305 = SIS 03 38 18), sondern auch dann, wenn ein
satzungsmäßig gemeinnütziger Verein die
Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen aufgrund Fehlverhaltens der
tatsächlichen Geschäftsführung nicht erfüllt.
Denn an dem Veranlassungszusammenhang der Ausgaben für den
Sportbereich ändert sich dadurch prinzipiell nichts.
|
|
|
18
|
b) Jedoch hat der Kläger geltend gemacht,
die Ausgaben für den Sportbereich (z.B. Spielergehälter)
seien jedenfalls teilweise auch aus dem Grund getätigt worden,
um die Attraktivität des Vereins für die Werbepartner des
Vereins zu erhalten und zu steigern, d.h. um die Einnahmen aus dem
Werbebetrieb zu erzielen bzw. zu erhöhen. Bei Annahme eines
derartigen zusätzlichen Veranlassungszusammenhangs wäre
eine partielle Zuordnung von Aufwendungen des Sportbereichs zum
Werbebetrieb entgegen der Annahme der Vorinstanz im vorliegenden
Fall nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
|
|
|
19
|
aa) Das FG hat sich für sein Ergebnis auf
die bisherige Rechtsprechung des Senats zur Einkommensermittlung
von (steuerpflichtigen) wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben
gemeinnütziger Vereine gestützt. Danach ist die nach
§ 4 Abs. 4 EStG 2002 erforderliche Veranlassung durch die
wirtschaftliche Tätigkeit nur für solche Ausgaben
gegeben, die ihre Ursache im Unterhalten des wirtschaftlichen
Geschäftsbetriebs haben. Wäre eine Betriebsausgabe auch
ohne den steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb entstanden, so
darf sie den steuerpflichtigen Gewinn nicht mindern. Ergibt die
Gewichtung, dass eine Ausgabe vorrangig durch den ideellen Bereich
bzw. den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb veranlasst ist, so
ist sie dem jeweiligen Bereich in vollem Umfang zuzuordnen. Eine
anteilige Schätzung entfällt. Etwas anderes gilt nur,
wenn z.B. eine primär durch den ideellen Bereich veranlasste
Ausgabe sich aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit
erhöht. Der überschießende Betrag kann als
ausschließlich durch den wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb veranlasst angesehen werden. Führt die
Gewichtung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so ist davon auszugehen,
dass die steuerbegünstigte Körperschaft „in
erster Linie“ ideelle Zwecke verfolgt (vgl. Senatsurteile
in BFHE 164, 508, BStBl II 1992, 103 = SIS 91 20 38; in BFH/NV
1993, 341, in BFHE 202, 323, BStBl II 2005, 305 = SIS 03 38 18;
sowie vom 27.3.1991 I R 30/89, BFH/NV 1992, 412; Senatsbeschluss
vom 21.9.1995 I B 85/94, BFH/NV 1996, 268; vgl. auch Senatsurteil
vom 21.7.1999 I R 55/98, BFH/NV 2000, 85 = SIS 00 50 88, zu einem
Feuerwehrverein).
|
|
|
20
|
bb) Das aus dieser Senatsrechtsprechung
abgeleitete „Aufteilungsverbot“ für
gemischt veranlasste Aufwendungen von Sportvereinen (z.B. für
notwendige Gemeinkosten, wenn diese sowohl dem Sportbereich als
auch dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dienen) ist in der
Literatur vielfach als zu einer Übermaßbesteuerung
führend kritisiert worden (z.B. Thiel, DB 1993, 1208;
Lang/Seer, FR 1994, 521, 522ff.; Seer in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 64 AO Rz 11;
Jachmann/Unger in Beermann/ Gosch, AO § 64 Rz 86;
Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl.,
Rz 7.52f.; Bott in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit,
3. Aufl., § 8 Rz 274; s. auch Bericht des Finanzausschusses
[7. Ausschuss] des Deutschen Bundestags zum Regierungsentwurf eines
Gesetzes zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999,
BTDrucks 14/4626, S. 3f., 7f.). Der Gesetzgeber hat diese Kritik
insofern aufgegriffen, als er mit dem Gesetz zur Änderung des
Investitionszulagengesetzes 1999 vom 20.12.2000 (BGBl I 2000, 1850,
BStBl I 2001, 28) durch Anfügung des § 64 Abs. 6 AO
für einzelne wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
steuerbegünstigter Körperschaften (Werbung,
Totalisatorbetriebe und Blutspendedienste)
Gewinnpauschalierungswahlrechte eingeführt hat.
|
|
|
21
|
cc) Der Senat hält an der geschilderten
Rechtsprechung nicht uneingeschränkt fest.
|
|
|
22
|
aaa) Es besteht zwar kein Grund, diese
Rechtsprechung aufgrund der behaupteten Nachteile wirtschaftlich
tätiger Vereine gegenüber „gewerblichen
Wettbewerbern“ (so BTDrucks 14/4626, S. 4)
grundsätzlich zu revidieren. Der „nicht
wirtschaftliche“ Verein i.S. von § 21 BGB
unterscheidet sich durch die strukturelle Nachrangigkeit der
wirtschaftlichen Betätigung gegenüber dem (steuerfreien)
Idealbereich von vorrangig erwerbswirtschaftlich tätigen
Körperschaften, bei welchen es einer Gewichtung und Abgrenzung
von steuerfreien zu steuerpflichtigen Einnahmen und Ausgaben in
dieser Form nicht bedarf. Auch erscheint das Veranlassungsprinzip
nach wie vor als der in diesem Zusammenhang geeignete und
sachgerechte Abgrenzungsmaßstab.
|
|
|
23
|
bbb) Die bisherige Rechtsprechung wird indes
insoweit der zwischenzeitlichen Entwicklung des
Veranlassungsprinzips nicht gerecht, als danach auf der Grundlage
einer rein kausalen Betrachtung bei vorrangiger Veranlassung durch
den Sportbereich die Berücksichtigung einer etwaigen
Mitveranlassung durch den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
vollständig ausscheiden soll. Der für die steuerliche
Beurteilung maßgebliche Veranlassungszusammenhang ist nach
heutigem Verständnis weniger durch die
(naturwissenschaftliche) Kausalität, als vielmehr durch das
Prinzip der wertenden Selektion der Aufwandsursachen gekennzeichnet
(vgl. Senatsurteil vom 27.3.2013 I R 14/12, BFH/NV 2013, 1768 = SIS 13 27 90; Wacker, DStR 1999, 1001, jeweils m.w.N.). Darüber
hinaus können unter bestimmten Umständen mehrere
Veranlassungszusammenhänge jeweils anteilig
Berücksichtigung finden. Zur Vorschrift des § 12 Nr. 1
Satz 2 EStG 2002 hat der Große Senat des BFH (Beschluss vom
21.9.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37)
entschieden, dass entgegen der bis dahin vertretenen Sichtweise
Reisen nicht mehr in jedem Falle insgesamt als Einheit zu
beurteilen sind, sondern dass unterschiedliche Reiseabschnitte
unterschiedlich beruflich oder privat veranlasst und die
Aufwendungen hierfür entsprechend aufzuteilen sein
können. Voraussetzung für eine Aufteilung ist danach,
dass die Aufwendungen abwechselnd oder nebeneinander trennbar
sowohl beruflich (betrieblich) oder privat veranlasst sind.
Für solche Aufwendungen, deren berufliche (betriebliche) und
private Beweggründe untrennbar ineinander verwoben sind und in
denen es an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung der
Aufwendungen fehlt, bleibt es hingegen nach dem Beschluss des
Großen Senats dabei, dass ein Abzug als Betriebsausgaben oder
Werbungskosten insgesamt nicht möglich ist (vgl. Dötsch
in juris PraxisReport Steuerrecht 10/2010 Anm. 1.; Schwenke, FR
2011, 1051, 1053f.).
|
|
|
24
|
ccc) Auf der Grundlage dieses
zwischenzeitlichen Anschauungswandels ist die Senatsrechtsprechung
zur Zuordnung primär durch den Sportbetrieb veranlasster
Aufwendungen von Sportvereinen dahin zu modifizieren, dass eine
anteilige - ggf. auch schätzungsweise - Berücksichtigung
einer gewerblichen Mitveranlassung möglich ist, wenn und
soweit objektivierbare zeitliche oder quantitative
Abgrenzungskriterien vorhanden sind (ebenso AO-Anwendungserlass zu
§ 64 Nr. 6; vgl. auch Fischer in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 64 AO Rz 81). Sind die
ideellen und gewerblichen Beweggründe für die
Aufwendungen mangels objektivierbarer Abgrenzungskriterien
untrennbar ineinander verwoben, muss es demgegenüber zur
Vermeidung willkürlicher Schätzungen bei der
Berücksichtigung nur des primären
Veranlassungszusammenhangs verbleiben.
|
|
|
25
|
c) Ob und inwieweit nach diesen Kriterien im
Streitfall die Aufwendungen des Sportbereichs dem Werbebetrieb des
Klägers zuzuordnen sind, lässt sich anhand der
tatrichterlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht sicher
beurteilen. Es ist zwar nicht unplausibel, dass bestimmte Ausgaben
des Sportbereichs eines Vereins (beispielsweise für die
Verpflichtung bekannter - „werbewirksamer“ -
Spieler) auch mit Blick auf die Möglichkeit höherer
Werbeeinnahmen getätigt werden. Doch hat das FG hierzu - aus
seiner rechtlichen Sicht konsequent - für den Streitfall
ebenso wenig Feststellungen getroffen wie zu der Frage, ob für
eine Abgrenzung der Beweggründe objektive Kriterien vorhanden
sind. Das ist im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Die
Feststellungslast trägt insoweit der Kläger.
|
|
|
26
|
4. Zutreffend hat das FG entschieden, dass dem
Kläger kein Wahlrecht entsprechend § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO
zusteht. Die Vorschrift gilt für steuerpflichtige
wirtschaftliche Geschäftsbetriebe steuerbegünstigter
Körperschaften und besagt, dass der Besteuerung eines
wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, der in der Werbung
für Unternehmen besteht, die im Zusammenhang mit der
steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich
Zweckbetrieben stattfindet, ein Gewinn in Höhe von 15% der
Einnahmen zugrunde gelegt werden kann. Die Bestimmung ist sowohl
von der systematischen Stellung als auch vom Wortlaut her eindeutig
auf steuerbegünstigte Körperschaften zugeschnitten und
kann entgegen der Auffassung der Revision mangels planwidriger
Regelungslücke nicht analog auf nicht begünstigte
Körperschaften angewendet werden. Aus der
Gesetzesbegründung folgt unmissverständlich, dass der
Gesetzgeber mit der Regelung ausschließlich die geschilderte
Rechtsprechung (Senatsurteil in BFHE 164, 508, BStBl II 1992, 103 =
SIS 91 20 38) hat „korrigieren“ wollen, weil
diese tendenziell dazu führe, dass gemeinnützige
Körperschaften stärker besteuert würden als die
entsprechenden Tätigkeiten gewerblicher Unternehmen (BTDrucks
15/4626, S. 8). Es besteht daher kein Anhalt dafür, dass der
Gesetzgeber die nicht steuerbegünstigten Körperschaften
(Vereine) nur versehentlich (und planwidrig) aus dem
Anwendungsbereich der Pauschalierungswahlrechte ausgespart hat.
|
|
|
27
|
Der Revision ist auch nicht darin zu folgen,
dass die Begrenzung des Anwendungsbereichs des Wahlrechts nach
§ 64 Abs. 6 Nr. 1 AO auf steuerbegünstigte
Körperschaften gegen das verfassungsrechtliche
Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes
verstößt. Denn das Wahlrecht setzt voraus, dass die
betreffende Werbung „im Zusammenhang mit der
steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich
Zweckbetrieben“ stehen muss. Dieser spezifische
Zusammenhang mit einer steuerlich privilegierten Tätigkeit ist
ein (hinreichender) sachlicher Anknüpfungspunkt für eine
auf steuerbegünstigte Körperschaften begrenzte
Regelung.
|
|
|
28
|
5. Das angefochtene Urteil beruht teilweise
auf einer anderen Auffassung. Es ist deshalb aufzuheben. Die Sache
ist an das FG zurückzuverweisen, damit im zweiten Rechtsgang
die noch erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen
werden können.
|
|
|
29
|
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
|
|
|
30
|
Der Antrag, die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren für
erforderlich zu erklären, betrifft das Verfahren der
Kostenfestsetzung; im hier anhängigen Revisionsverfahren ist
er unzulässig (z.B. BFH-Urteil vom 5.10.2011 VI R 91/10, BFHE
235, 372, BStBl II 2012, 127 = SIS 11 39 44, und Senatsurteil vom
6.6.2012 I R 3/11, BFHE 238, 46, BStBl II 2013, 430 = SIS 12 27 90).
|
|
|