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Kosten für Telefongespräche eines Soldaten der Marine während des Einsatzes auf einem Schiff

Kosten für Telefongespräche eines Soldaten der Marine während des Einsatzes auf einem Schiff: Während einer Auswärtstätigkeit von mindestens einer Woche entstandene Telefongebühren können als Werbungskosten abzugsfähig sein. - Urt.; BFH 5.7.2012, VI R 50/10; SIS 12 33 47

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Sonstige Werbungskosten / Lohnsteuer
Fundstellen
  1. BFH 05.07.2012, VI R 50/10
    BStBl 2013 II S. 282
    BFH/NV 2013 S. 293
    LEXinform 927974

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 3.4.2013
    St.G. in NWB 52/2012 S. 4201
    AK in DStZ 3/2013 S. 55
    -/- in StuB 3/2013 S. 110
    St.Sch. in BFH/PR 3/2013 S. 77
    H.P.Sch./P.H./B.H. in Stbg 2/2013 S. 73
    St.G. in HFR 2/2013 S. 121
    KAM in Stbg 3/2013 S. M 8
    M.Sch. in DB 29/2013 S. 1578
Normen
[EStG] § 9 Abs. 1 Satz 1, § 12 Nr. 1 Satz 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 02.09.2009, SIS 10 10 98, Telefonkosten, Werbungskosten, Berufliche Veranlassung, Auswärtstätigkeit
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 25.11.2020, SIS 20 19 29, Steuerliche Behandlung der Reisekosten von Arbeitnehmern: Das Bundesfinanzministerium hat ein neues Schre...
  • BFH 27.10.2015, SIS 16 07 16, Abkommensrechtliche Beurteilung von Werbeeinkünften eines Berufssportlers: 1. Zur abkommensrechtlichen Be...
  • BFH 22.10.2015, SIS 15 28 93, Aufwendungen für Besuchsfahrten des Ehegatten keine Werbungskosten: Aufwendungen für Besuchsfahrten eines...
  • BMF 24.10.2014, SIS 14 28 22, Ergänztes BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1.1.2014: Mit dem Gesetz zur Änd...
  • BFH 13.11.2013, SIS 14 03 91, Aufwendungen für bürgerliche Kleidung als Werbungskosten: Aufwendungen für bürgerliche Kleidung sind nach...
  • BMF 30.9.2013, SIS 13 27 50, Reform des steuerlichen Reisekostenrechts: Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmens...
  • FG Münster 28.8.2013, SIS 14 17 95, Fahrtkosten der Ehefrau zum Beschäftigungsort des Ehemannes als Werbungskosten des Ehemannes: Ein Stpfl.,...
  • FG Baden-Württemberg 21.1.2013, SIS 13 13 13, Häusliches Arbeitszimmer, privat genutzte Toilette: 1. Die für einen Betriebsprüfer prägende Tätigkeit wi...
Fachaufsätze
  • LIT 02 71 55 M. Schmitt/Th. Meyen, DB 29/2013 S. 1578: Privater Mehraufwand bei Auswärtstätigkeit als Werbungskosten - BFH-Urteile vom 28.3.2012, VI R 48/11 = S...
  • LIT 02 60 13 H.P. Schneider/P. Hoffmann/B. Hage, Stbg 2/2013 S. 73: Kosten für Telefongespräche während einer Auswärtstätigkeit - BFH vom 5.7.2012, VI R 50/10 = SIS 12 33 47...
  • LIT 02 54 00 St. Geserich, NWB 52/2012 S. 4201: Kosten für Telefongespräche eines Soldaten der Marine während des Einsatzes auf einem Schiff - Kommentar ...

 

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Soldat der Marine. Er ist auf einer Fregatte eingesetzt. Während eines Einsatzes auf hoher See und während des Aufenthalts in ausländischen Häfen entstanden ihm Kosten in Höhe von 252 EUR für 15 jeweils an den Wochenenden geführte Telefonate mit Angehörigen und seiner Lebensgefährtin.

 

 

2

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 machte er diese Aufwendungen als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) erkannte diese Aufwendungen nicht an.

 

 

3

Das FG gab der Klage aus den in EFG 2010, 706 = SIS 10 10 98 veröffentlichten Gründen statt. Die während einer Dienstreise entstandenen Telefonkosten eines Soldaten seien bei über einwöchiger Abwesenheit als Werbungskosten abzugsfähig. Grundsätzlich seien Telefonate mit Angehörigen dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn derartige Telefonate während einer beruflich bedingten Auswärtstätigkeit stattfänden. Im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Telefonkosten für ein wöchentliches - typisiert: fünfzehnminütiges - Telefonat anstelle einer durchgeführten Familienheimfahrt als Werbungskosten abziehbar. Diese Rechtsprechung fuße auf dem Gedanken, die private Veranlassung werde durch die beruflich bedingte Abwesenheit überlagert. Eine solche Wertung lasse sich generell auf alle Formen der Auswärtstätigkeit übertragen.

 

 

4

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

5

Das FA beantragt, das Urteil des FG vom 2.9.2009 7 K 2/07 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

6

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

7

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die während der Auswärtstätigkeit des Klägers entstandenen Aufwendungen für Telefonate mit seinen Angehörigen und seiner Lebensgefährtin im Ergebnis zu Recht als Werbungskosten anerkannt.

 

 

8

1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ) und liegen nach ständiger Rechtsprechung des BFH vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein objektiver Zusammenhang besteht.

 

 

9

a) Ob Aufwendungen der beruflichen Sphäre oder der Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, entscheidet sich unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, ohne dass dabei allerdings schon ein abstrakter Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non die einkommensteuerrechtliche Zuordnung der Aufwendungen zur Erwerbssphäre rechtfertigt. Aufwendungen sind vielmehr nur dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und zum anderen die Zuweisung dieses maßgebenden Besteuerungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (BFH-Urteil vom 6.5.2010 VI R 25/09, BFHE 229, 297, BStBl II 2010, 851 = SIS 10 20 97, m.w.N.). Ein Werbungskostenabzug kommt jedoch grundsätzlich dann nicht in Betracht, wenn die Aufwendungen zwar den Beruf fördern, daneben aber auch der Lebensführung dienen, es sei denn, dass der den Beruf fördernde Teil der Aufwendungen sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und in leicht nachprüfbarer Weise abgrenzen lässt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37).

 

 

10

b) Neben den Aufwendungen z.B. für Wohnung, Verpflegung und Bekleidung sind insbesondere auch die Aufwendungen für Telefonate privaten Inhalts etwa mit Angehörigen und Freunden typische unter § 12 Nr. 1 EStG zu subsumierende Lebensführungskosten. Derartige Aufwendungen sind, wenn sie nach den Vorschriften über das steuerliche Existenzminimum als Sonderausgaben oder als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4 und des § 9 EStG entzogen, um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37).

 

 

11

c) Zum traditionellen Bestand des deutschen Einkommensteuerrechts gehört es aber auch, Kosten, die untrennbar sowohl privat als auch beruflich veranlasst sind, der steuerrechtlich erheblichen Berufssphäre zuzuordnen, wenn die Aufwendungen so stark durch die berufliche/betriebliche Situation geprägt sind, dass der private Veranlassungsbeitrag bei wertender Betrachtung unbedeutend ist.

 

 

12

So ordnet das Gesetz Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen, die auch bei einer beruflichen Mitveranlassung zunächst private Lebensführungskosten darstellen und deshalb nicht abziehbare Werbungskosten sind (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 EStG), bei Vorliegen einer Auswärtstätigkeit der Erwerbssphäre zu und lässt deshalb nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG kalendertäglich einen nach Reisedauer gestaffelten Pauschbetrag zum Werbungskostenabzug zu.

 

 

13

Dies gilt gleichermaßen für im Schnittbereich von beruflicher Sphäre und privater Lebensführung liegende Mobilitätskosten. Sie werden ebenfalls als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt. Danach gehören - hinreichend folgerichtig - vor allem Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG) zu den im Rahmen des objektiven Nettoprinzips abzugsfähigen beruflichen Aufwendungen, obwohl solche Aufwendungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) wegen der privaten Wahl des Wohnorts zwangsläufig auch privat mitveranlasst sind (BVerfG-Urteil vom 9.12.2008 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42; a.A. noch BFH-Vorlagebeschluss vom 10.1.2008 VI R 17/07, BFHE 219, 358, BStBl II 2008, 234 = SIS 08 08 35, unter B.VI.1.c bb allein berufliche Veranlassung der Wegekosten). Ähnliches gilt etwa für die Kosten beruflich veranlasster auswärtiger Übernachtungen, vor allem aber auch für die beruflich begründete doppelte Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5, Abs. 3 EStG). Auch wenn die Begründung des zweiten Haushalts am Arbeitsort im Wesentlichen beruflich veranlasst sein mag, so ist doch die Entscheidung, zusätzlich den alten Hausstand als Wohnsitz beizubehalten, aus der Sicht des Steuerpflichtigen in aller Regel der Privatsphäre zuzuordnen (BVerfG-Entscheidungen in BVerfGE 122, 210 = SIS 08 43 42, und vom 4.12.2002 2 BvR 400/98, 2 BvR 1735/00, BVerfGE 107, 27 = SIS 03 19 40).

 

 

14

Gemäß dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung lässt auch die Rechtsprechung privat veranlasste Aufwendungen wegen der Überlagerung durch berufliche Gründe zum Werbungskostenabzug zu (z.B. BFH-Urteil vom 9.3.1979 VI R 171/77, BFHE 127, 522, BStBl II 1979, 519 = SIS 79 02 57 zu den besonderen Umständen, die die Berücksichtigung bürgerlicher Kleidung als typische Berufskleidung rechtfertigen; BFH-Urteil vom 28.3.2012 VI R 48/11, BFHE 237, 82 = SIS 12 13 99 zu den Aufwendungen eines LKW-Fahrers für Dusche, Toilette und Reinigung der Schlafkabine; BFH-Urteil vom 18.3.1988 VI R 90/84, BFHE 153, 526, BStBl II 1988, 988 = SIS 88 18 43 zu den Kosten für ein Ferngespräch wöchentlich bis zu einer Dauer von 15 Minuten statt einer Familienheimfahrt), obwohl die Befriedigung dieser allgemein menschlichen Bedürfnisse in erster Linie Ausfluss der Lebensführung ist.

 

 

15

2. Nach diesen Grundsätzen sieht es der Senat als gerechtfertigt an, auch Aufwendungen für Telefonate privaten Inhalts, die nach einer mindestens einwöchigen Auswärtstätigkeit entstehen, als beruflich veranlassten Mehraufwand der Erwerbssphäre zuzuordnen. In einem solchen Fall werden die privaten Gründe der Kontaktaufnahme etwa mit Angehörigen oder Freunden typisierend betrachtet durch die beruflich/betrieblich veranlasste Auswärtstätigkeit überlagert. Denn bei einer Abwesenheitsdauer von mindestens einer Woche sind die notwendigen privaten Dinge - ebenso wie beispielsweise bei einer doppelten Haushaltsführung aus beruflichem/betrieblichem Anlass - aus der Ferne nur durch über den normalen Lebensbedarf hinausgehende Mehraufwendungen für Telekommunikation zu regeln. Dieser Mehraufwand ist damit ganz überwiegend durch den beruflichen Veranlassungszusammenhang geprägt und mithin nur in ganz untergeordnetem Umfang von Momenten der privaten Lebensführung beeinflusst. Dementsprechend ist die Entscheidung des FG, die dem Kläger während seiner dienstlichen Einsätze entstandenen Telefonkosten für die 15 jeweils an den Wochenenden geführten Telefonate in Höhe von 252 EUR als Werbungskosten zu berücksichtigen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (§ 118 Abs. 2 FGO).