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I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2006 zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt. Sie wohnten in A.
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In der Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machte der Kläger bei den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte für 224 Tage geltend. Die
einfache Wegstrecke zu seinem Arbeitsplatz in B setzte er mit 69 km
an.
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Die Klägerin machte Fahrten zu ihrem
Arbeitsplatz in C für 212 Tage mit 30 km geltend.
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Zudem begehrte der Kläger - neben
unstreitigen Werbungskosten in Höhe von 542 EUR - die
Berücksichtigung von Aufwendungen für den Besuch der
Computermesse CeBIT in Hannover in Höhe von 255,30 EUR. Dabei
handelt es sich um Fahrtkosten in Höhe von 237,30 EUR (791 km
x 0,30 EUR), 6 EUR für den Tagesparkschein sowie eine
Verpflegungspauschale von 12 EUR.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte bei den Einkünften des
Klägers aus nichtselbständiger Arbeit lediglich
Fahrtkosten auf der Grundlage einer einfachen Entfernung von 55 km.
Bei der Klägerin legte er 22 km zugrunde. Aufwendungen
für den Besuch der CeBIT erkannte das FA nicht als
Werbungskosten an.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhoben die Kläger Klage, die das Finanzgericht (FG) als
unbegründet abwies. Die Entscheidung ist in EFG 2011, 1966 =
SIS 11 20 88 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügen die Kläger
die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
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Die Kläger beantragen, das Urteil des
FG Rheinland-Pfalz vom 15.11.2010 5 K 1482/08 und die
Einspruchsentscheidung vom 12.3.2008 aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid für 2006 dahingehend abzuändern,
dass bei den Einkünften des Klägers aus
nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe
von 1.196,10 EUR sowie bei den Einkünften der Klägerin
aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in
Höhe von 50,88 EUR berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. 1. Die Revision der Kläger ist
begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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2. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) können Aufwendungen des
Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und
regelmäßiger Arbeitsstätte als Werbungskosten bei
den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen
werden. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach § 9 Abs. 1
Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden
Fassung für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die
Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für
jeden vollen Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von
0,30 EUR anzusetzen. Für die Bestimmung der Entfernung ist die
kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte maßgebend; eine andere als die
kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden,
wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom
Arbeitnehmer regelmäßig für Wege zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte benutzt wird (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4
Satz 4 EStG).
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a) Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH), der sich die Finanzverwaltung angeschlossen
hat, ist eine Straßenverbindung dann als
verkehrsgünstiger als die kürzeste Verbindung zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen, wenn der Arbeitnehmer
eine andere - längere - Straßenverbindung nutzt und auf
diese Weise die Arbeitsstätte trotz gelegentlicher
Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher
erreicht (BFH-Urteil vom 10.10.1975 VI R 33/74, BFHE 117, 70, BStBl
II 1975, 852 = SIS 75 04 94; BFH-Beschluss vom 10.4.2007 VI B
134/06, BFH/NV 2007, 1309 = SIS 07 20 10; Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 11.12.2001 IV C 5 - S 2351 -
300/01, BStBl I 2001, 994 = SIS 02 02 80).
„Offensichtlich“ verkehrsgünstiger ist die
vom Arbeitnehmer gewählte Straßenverbindung dann, wenn
ihre Vorteilhaftigkeit so auf der Hand liegt, dass sich auch ein
unvoreingenommener, verständiger Verkehrsteilnehmer unter den
gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der
Strecke entschieden hätte.
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b) Der in Streit stehende zweite Halbsatz des
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG wurde durch Art. 1 Nr. 8
Buchst. b des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20.12.2001
(BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4) nachträglich
angefügt. Nach den Gesetzesmaterialien sollte für die
Bestimmung der maßgeblichen Entfernung die kürzeste
(benutzbare) Straßenverbindung zwischen Wohnung und
Arbeitsstätte zugrunde zu legen sein (Gesetzentwurf vom
10.10.2000, BTDrucks 14/4242, S. 6). Da der Gesetzeswortlaut von
der „kürzesten Straßenverbindung“ und
nicht mehr wie zuvor von der „kürzesten benutzbaren
Straßenverbindung“ sprach, kamen Zweifel auf, ob
diese Formulierung eine längere Strecke noch zum Abzug
zugelassen hätte. Da der Gesetzgeber eine solche
Verschlechterung für Kraftfahrzeugbenutzer nicht
beabsichtigte, stellte er mit der Ergänzung des § 9 Abs.
1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG um dessen zweiten Halbsatz klar, dass
die bis 2000 geltende Rechtslage weiter fortbestehen sollte
(Bericht des Finanzausschusses vom 8.11.2001, BTDrucks 14/7341, S.
10). Diese Rechtslage wiederum gründete sich wesentlich auf
die Rechtsprechung des erkennenden Senats (BFH-Urteil in BFHE 117,
70, BStBl II 1975, 852 = SIS 75 04 94), die in Fällen, in
denen zur Ableitung der Verkehrsströme längere, aber
zeitlich günstigere Verkehrsverbindungen durch Schnell- oder
Ringstraßen geschaffen worden waren, denjenigen
Arbeitnehmern, die solche Verkehrsadern auch tatsächlich
regelmäßig nutzten, den Abzug der hierdurch entstehenden
höheren Aufwendungen ermöglichen wollte. Diese Auslegung
des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG ist
mithin auch für die neu gefasste Regelung maßgeblich
(BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1309 = SIS 07 20 10).
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c) Konkrete zeitliche Vorgaben, die
erfüllt sein müssen, um eine Straßenverbindung als
„offensichtlich verkehrsgünstiger“ als die
kürzeste Fahrtroute anzusehen, gibt die
höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor.
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Soweit in der Rechtsprechung der
Finanzgerichte (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 18.7.2005 10 K
514/05 E, EFG 2005, 1852 = SIS 05 43 08; Hessisches FG, Urteil vom
25.9.2006 1 K 1310/04, juris = SIS 07 12 26) eine Zeitersparnis von
mindestens 20 Minuten für erforderlich gehalten wird, ist dem
in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Insbesondere kann nicht in
jedem Fall eine Zeitersparnis von 20 Minuten gefordert werden, weil
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG für jeglichen
Arbeitsweg anzuwenden ist und bei einer solchen Auslegung für
kürzere Strecken, beispielsweise wenn die Fahrt zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte auf der kürzesten Strecke
regelmäßig nur etwa 20 Minuten dauert, praktisch keinen
Anwendungsbereich mehr hätte, weil in diesem Fall eine
zeitliche Verkürzung auf der schnellsten Strecke nicht mehr
als 20 Minuten ergeben könnte. Hieraus ist ersichtlich, dass
zeitliche Erfordernisse ins Verhältnis zur Gesamtdauer der
Fahrten gesetzt werden müssen. Entsprechend ist die Frage, ob
eine Straßenverbindung als „offensichtlich
verkehrsgünstiger“ als die kürzeste Route
angesehen werden kann, nach den Umständen des Einzelfalls zu
bestimmen. Ist allenfalls eine geringfügige Verkürzung
von unter 10 % der für die kürzeste Verbindung
benötigten Fahrzeit zu erwarten, so spricht viel dafür,
dass diese minimale Zeitersparnis allein für einen
verständigen Verkehrsteilnehmer keinen ausschlaggebenden
Anreiz darstellen dürfte, eine von der kürzesten
Verbindung abweichende Route zu wählen. Umgekehrt ist eine
relativ große zu erwartende Zeitersparnis ein Indiz
dafür, eine Verbindung als „offensichtlich
verkehrsgünstiger“ i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3
Nr. 4 Satz 4 zweiter Halbsatz EStG anzusehen. Schließlich ist
auch zu berücksichtigen, dass das Merkmal der
Verkehrsgünstigkeit auch andere Umstände als eine
Zeitersparnis beinhaltet. So kann eine Straßenverbindung auch
dann „offensichtlich verkehrsgünstiger“
sein als die kürzeste Verbindung, wenn sich dies aus
Umständen wie Streckenführung, Schaltung von Ampeln
o.Ä. ergibt. Deshalb kann eine „offensichtlich
verkehrsgünstigere“ Straßenverbindung auch
vorliegen, wenn nur eine relativ geringe oder gar keine
Zeitersparnis zu erwarten ist, sich die Strecke jedoch aufgrund
anderer Umstände als verkehrsgünstiger erweist als die
kürzeste Verbindung.
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3. Auch die Ausführungen in der
Vorentscheidung, mit denen eine Berücksichtigung der
Aufwendungen für den Besuch der CeBIT abgelehnt wurde, halten
einer revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.
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Nach dem Beschluss des Großen Senats des
BFH vom 21.9.2009 GrS 1/06 (BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37) ist der beruflich veranlasste Anteil an Reisekosten als
Werbungskosten abziehbar, wenn eine Reise berufliche und private
Veranlassungsbeiträge enthält, die jeweils nicht von
untergeordneter Bedeutung sind. Notfalls sind beruflich und privat
veranlasster Anteil im Wege der Schätzung zu ermitteln. Im
Streitfall hat das FG seine Entscheidung, die geltend gemachten
Aufwendungen für den Besuch des Klägers auf der CeBIT
seien nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, lediglich
damit begründet, dass ihre ausschließlich berufliche
Veranlassung nicht belegt sei. Damit hat es die im Beschluss des
Großen Senats des BFH in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 =
SIS 10 00 37 niedergelegten Grundsätze nicht angewandt, obwohl
hierzu aufgrund der Gesamtumstände des Streitfalls
Veranlassung bestanden hätte.
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4. Die Vorentscheidung war aufzuheben. Die
Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückverwiesen. Die Feststellungen des FG ermöglichen
keine abschließende Entscheidung des Streitfalls. Im zweiten
Rechtsgang wird das FG, ggf. im Wege einer Beweisaufnahme,
feststellen, ob die von den Klägern für Fahrten zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte regelmäßig benutzten
Straßenverbindungen „offensichtlich
verkehrsgünstiger“ waren als die jeweils
kürzeste Route.
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Hinsichtlich der Aufwendungen für den
Besuch der CeBIT wird das FG feststellen, ob und ggf. inwieweit die
geltend gemachten Aufwendungen beruflich veranlasst sind. Werden -
wie im Streitfall - Kosten von Dritten übernommen, liegt eine
berufliche Veranlassung nahe. Sollte nach den im zweiten Rechtsgang
zu treffenden Feststellungen des FG keine überwiegende
Veranlassung durch die berufliche Tätigkeit des Klägers
vorliegen, wird das FG prüfen, ob eine Aufteilung anhand
privater bzw. beruflicher Veranlassungsbeiträge möglich
ist.
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5. Angesichts dessen braucht der Senat nicht
zu entscheiden, ob dem FG die von der Revision gerügten
Verfahrensfehler unterlaufen sind (Senatsurteil vom 11.2.2010 VI R
65/08, BFHE 228, 421, BStBl II 2010, 628 = SIS 10 08 18,
m.w.N.).
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