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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb in den Streitjahren
(2000 bis 2002) eine Lotto-Servicegesellschaft. Am 18.2.2000
firmierte die Klägerin zunächst als A-KG; im März
2000 übernahm sie ihren Geschäftsbetrieb von der B-KG. Ab
dem 5.3.2001 firmierte die Klägerin als C-KG und ab dem
17.10.2003 unter D-KG. Komplementärin der Klägerin ist
die E B.V. mit Sitz in den Niederlanden.
Alleinvertretungsberechtigter Direktor der Komplementärin ist
X. Kommanditistin der Klägerin war in den Streitjahren die
Beigeladene, die im Jahr 2006 ausgeschieden ist.
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Die Klägerin organisierte in den
Streitjahren Spielgemeinschaften zur Teilnahme an den
wöchentlichen Ausspielungen des deutschen Lotto- und
Totoblocks mit von ihr entwickelten Systemreihen
(Zahlenkombinationen), welche für die in Spielgemeinschaften
verbundenen Mitspieler einzusetzen waren. Gemäß Ziff. 7
der Teilnahmebedingungen (allgemeine Geschäftsbedingungen)
erteilten die Mitspieler der „Gesellschaft“
(Klägerin) unter Befreiung von § 181 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Vollmacht, im Namen der
Mitspieler Gesellschaftsverträge zur Gründung von
BGB-Spielgemeinschaften, den Treuhandvertrag für die
Spieler/die Spielgemeinschaften mit einem Treuhänder und einen
Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Spieler, den
Spielgemeinschaften und sich selbst abzuschließen.
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Das Vertragsverhältnis mit dem Spieler
wurde mit der Einzahlung des Spielbetrags auf ein Einzahlungskonto
begründet. Nach § 2 Nr. 2 des
Geschäftsbesorgungsvertrags waren die auf dem Einzahlungskonto
eingehenden Beträge wie folgt zu verwenden: - 44,8 % zur
Vertragserfüllung an die Treuhandgesellschaft, - 36,0 %
für die Spielvermittlung an die „Gesellschaft“
(Klägerin), - 19,2 % für Serviceleistung und Konzeption
der Spielmöglichkeit an die „Gesellschaft“
(Klägerin).
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Gemäß Ziff. 8 der
Teilnahmebedingungen beauftragten die Mitspieler einen von der
„Gesellschaft“ (Klägerin) bestellten
Treuhänder im eigenen Namen, aber für Rechnung der
Spielgemeinschaft, den Spielvertrag mit den Lottogesellschaften
über deren Annahmestellen abzuschließen, die
Lottoscheine in Verwahrung zu nehmen, etwaige Gewinne für die
Spielgemeinschaft gegenüber der Lottogesellschaft geltend zu
machen, diese entgegenzunehmen und einem Treuhandkonto
zuzuführen, sowie die Gewinne schließlich an die
Mitspieler auszuzahlen. Nach Ziff. 3 der Teilnahmebedingungen war
die Klägerin für den Fall, dass nicht alle Anteile an
einer Spielgemeinschaft an Mitspieler vergeben werden können,
berechtigt, sich selbst an der Spielgemeinschaft zu beteiligen
und/oder den bestellten Treuhänder anzuweisen, für diese
Spielgemeinschaft keinen Spielvertrag mit den Lottogesellschaften
abzuschließen. Für den zuletzt genannten Fall sollte der
Mitspieler „auf andere Weise an Ersatz
gelangen“.
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Treuhänder war nach den
Treuhandverträgen vom 24.1.2000 die F B.V. und vom 3.9.2001
bzw. 2.7.2002 die G B.V., jeweils mit Sitz in den Niederlanden. Die
Treuhandgesellschaften wurden bei Abschluss der
Treuhandverträge jeweils von X vertreten. In § 1 B und D
der jeweiligen Treuhandverträge war geregelt, in den
allgemeinen Geschäftsbedingungen sei vorgesehen, dass die
Anteile der Spielgemeinschaften und das gezeichnete Spielentgelt
der Spielgemeinschaften auf den Treuhänder zur
Treuhandverwaltung für die Mitspieler und Spielgemeinschaften
übertragen werden. In § 2 Satz 2 des Treuhandvertrags
wurde festgelegt, dass die in der Anlage zum Vertrag
beigefügten allgemeinen Geschäftsbedingungen Inhalt des
Treuhandvertrags sind. Nach § 3 des Treuhandvertrags sollte
der Treuhänder die Spielanteile jeder Spielgemeinschaft
treuhänderisch verwalten, um die Rechte in Bezug auf das
gemäß den allgemeinen Geschäftsbedingungen im
Eigentum der Mitspieler stehende Vermögen zu sichern.
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Wie sich aus der vom Finanzgericht (FG) mit
Beschluss vom 4.5.2009 14 K 5127/05 F erkannten Berichtigung des
Tatbestands des hier angefochtenen Urteils ergibt, wurden nach den
Angaben der Steuerfahndung für ca. 2 % der Einsätze der
Mitspieler Lottoscheine abgegeben. Im Übrigen erhielten die
Spieler anteilig in Höhe ihrer Quote Gewinne ausgezahlt, die
angefallen wären, wenn mit den den Mitspielern vor den
amtlichen Lottoziehungen mitgeteilten Zahlenkombinationen und
Spielscheinnummern Verträge mit den staatlichen Lotterien
zustande gekommen wären.
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Eine bei der Vorgängergesellschaft der
Klägerin ab Januar 1999 durchgeführte
Steuerfahndungsprüfung gelangte zu der Feststellung, dass jene
Gesellschaft der Lotteriesteuer unterliege. Am 27.9.2001
erließ das Finanzamt A gegen jene Gesellschaft
Lotteriesteuerbescheide. Gegen die Klägerin ergingen
gleichfalls aufgrund der Feststellungen einer
Steuerfahndungsprüfung am 10.7.2003 Bescheide über
Lotteriesteuer in Höhe von ... EUR (1. März bis
31.12.2000), ... EUR (1. Januar bis 31.12.2001) und ... EUR (1.
Januar bis 30.11.2002). Einspruch und Klage der Klägerin
hatten keinen Erfolg. Die vom FG Köln gegen sein Urteil vom
16.11.2005 11 K 3095/04 (EFG 2006, 849 = SIS 06 18 34) zugelassene
Revision wies der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 2.4.2008 II
R 4/06 (BFHE 221, 256, BStBl II 2009, 735 = SIS 08 20 69) als
unbegründet zurück, u.a. mit der Begründung, die
Klägerin habe eine der Lotteriesteuer unterliegende Lotterie
veranstaltet.
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Auf der Grundlage der von der Klägerin
abgegebenen Feststellungserklärungen 2000 bis 2002
erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA
- ) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der
Abgabenordnung - AO - ) stehende Feststellungsbescheide. Darin
stellte er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr
2000 auf ./. ... DM (Bescheid vom 7.3.2003), für das Jahr 2001
auf ./. ... DM (Bescheid vom 5.6.2003) und für das Jahr 2002
auf ./. ... EUR (Bescheid vom 19.4.2004) fest.
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Im Rahmen einer bei der
Vorgängergesellschaft ab August 2001 durchgeführten
Steuerfahndungsprüfung sowie einer Anschlussprüfung bei
der Klägerin u.a. wegen Gewinnfeststellung und Gewerbesteuer
gelangte der Prüfer sowohl in seinem die
Vorgängergesellschaft betreffenden Prüfungsbericht vom
20.11.2002 für die Jahre 1997 bis 1999 als auch in seinem die
Klägerin betreffenden Bericht vom 6.4.2005 für die Jahre
2000 bis 2002 zu der Feststellung, dass in den Gewinnermittlungen
von den Spielbeiträgen lediglich die Anteile für
Spielvermittlung (36 %) und für Serviceleistungen und
Konzeption (19,2 %), nicht aber der Spieleinsatz-Anteil in
Höhe von 44,8 %, der nach dem Vertragswerk an den
Treuhänder abzuführen war, als Betriebseinnahmen erfasst
worden waren. Bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ging
der Prüfer gemäß Tz. 11 des Steuerfahndungsberichts
vom 6.4.2005 davon aus, dass für tatsächlich abgegebene
Lottoscheine ein Abschlag von 2 % zu gewähren sei, und nahm
insoweit auf den Prüfungsbericht wegen Lotteriesteuer vom
23.6.2003 Bezug. Zusätzlich seien die Einnahmen zu erfassen,
die mit tatsächlich abgegebenen Lottoscheinen in Zusammenhang
stünden. Auf dieser Grundlage ermittelte der Prüfer unter
Tz. 14 des Berichts folgende Einkünfte aus
Gewerbebetrieb:
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...
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Das FA erließ daraufhin am 16.6.2005
nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Feststellungsbescheide
2000 bis 2002, in denen es die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in
folgender Höhe feststellte und verteilte:
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...
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobene Klage sah das FG teilweise als begründet an. Zuvor
hatte die Klägerin eine berichtigte
Feststellungserklärung 2002 vom 8.3.2007 eingereicht, in der
lediglich noch ein Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von ...
EUR (laufende Einkünfte ./. ... EUR) ausgewiesen war. Nach der
Gewinn- und Verlustrechnung 2002 betrugen die Umsatzerlöse
Januar bis Dezember 2002 unverändert ... EUR. Das FG
änderte die angefochtenen Feststellungsbescheide 2000 bis
2002, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.11.2005,
dahin ab, dass der Gewinn für das Jahr 2000 mit ... EUR,
für das Jahr 2001 mit ... EUR und für das Jahr 2002 mit
... EUR festgestellt wird; im Übrigen wies es die Klage
ab.
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Zur Begründung führte das FG im
Wesentlichen aus, die Spieleinsatz-Anteile seien nicht deshalb
gewinnneutral zu behandeln, weil es sich um den Mitspielern als
Treugeber zuzurechnende Wirtschaftsgüter handele (§§
39 Abs. 2, 159 AO). Nach den vorliegenden Treuhandverträgen
sei die Klägerin nicht als Treuhänder aufgetreten. Auch
im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrags sei kein
Treuhandverhältnis mit den Mitspielern vereinbart worden.
Gegen ein Treuhandverhältnis spreche, dass der
Spieleinsatz-Anteil zusammen mit den Service-Anteilen auf Konten
der Klägerin vereinnahmt worden sei und es deshalb an einer
Trennung von Treugut und Eigenvermögen fehle. Diese
„Vermischung“ bei der Klägerin werde auch nicht
dadurch beseitigt, dass der Spieleinsatz-Anteil nach Weiterleitung
zumindest zunächst als gesondertes Vermögen der
niederländischen Treuhandgesellschaften erschienen sei. Auch
habe der Mitspieler nach Leistung seines Einsatzes weder Einfluss
auf das weitere Geschehen noch einen Rückzahlungsanspruch
gehabt. Damit sei die für ein Treuhandverhältnis
wesentliche Verpflichtung des Treuhänders zur jederzeitigen
Rückgabe des Treuguts nicht erfüllt. Auch seien die
Spieleinsatz-Anteile weder „durchlaufende Posten“ noch
Betriebsausgaben i.S. von § 4 Abs. 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG). Zwar habe die Klägerin den
tatsächlichen Abfluss der Spieleinsatz-Anteile an den
Treuhänder im Klageverfahren nachgewiesen. Es fehle jedoch an
der betrieblichen Veranlassung des Abflusses. Die Klägerin
habe unstreitig bei ca. 98 % der Spieleinsatz-Anteile den
Treuhänder angewiesen, keine Lottoscheine zu erwerben; die
Spieler hätten in anderer Weise Ersatz erhalten sollen. Eine
entsprechende Verpflichtung gegenüber den Mitspielern habe nur
im Fall des tatsächlichen Erwerbs von Lottoscheinen beim
Treuhänder gelegen. Auch habe die Klägerin keinen
Freistellungsanspruch gegenüber dem Treuhänder. Aufgrund
fehlender vertraglicher Regelungen sei den Treuhändern
freigestellt gewesen, wie sie mit den erhaltenen Geldern weiter
verfahren. All dies schließe eine betriebliche Veranlassung
der Abführung der Spieleinsatz-Anteile aus. Insoweit komme
auch nicht die Bildung einer Rückstellung für ungewisse
Verbindlichkeiten gegenüber dem Treuhänder wegen der
Erfüllung von Ersatzansprüchen der Mitspieler in
Betracht. Der hinsichtlich tatsächlich gespielter Lottoscheine
vom FA anerkannte Betriebsausgabenabzug sei auch der Höhe nach
nicht zu beanstanden. Gewinn mindernd zu berücksichtigen seien
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten in Form
von Lotteriesteuer für alle drei Streitjahre. Hinsichtlich der
Gewerbesteuer kämen solche Rückstellungen nur zum
31.12.2001 und 31.12.2002 in Betracht. Auf den 31.12.2000 sei keine
Gewerbesteuer-Rückstellung zu bilden, weil sich die im Jahr
2000 laufende Fahndungsprüfung nur auf Lotteriesteuer bezogen
habe und daher nicht die Grundlage für die überwiegende
Wahrscheinlichkeit einer Gewerbesteuer-Nachforderung
liefere.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe zu
Unrecht das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses verneint.
Sie - die Klägerin - habe im Auftrag der Mitspieler den
eingezahlten Betrag in eine Treugutkomponente und die
Vergütungskomponenten „entmischt“. Auch sei eine
Treuhandschaft im Streitfall nicht deshalb ausgeschlossen, weil
kein Rückforderungsrecht des Treugebers bestehe, denn die
jederzeitige Rückgabe des Treuguts entspreche nur dem Wesen
einer Verwaltungstreuhand, nicht dem einer Verwendungstreuhand, die
den Treuhänder nur zur bestimmungsgemäßen
Verwendung der anvertrauten Mittel verpflichte. Zumindest stellten
die weitergeleiteten Beträge Betriebsausgaben dar. Das
Vertragswerk habe auch bei Nichtzustandekommen einer
Spielgemeinschaft (Schadens-)Ersatzansprüche der Teilnehmer
vorgesehen; es komme nicht darauf an, ob die Klägerin insoweit
einen vertraglichen Freistellungsanspruch gegen den Treuhänder
habe. Die Personenidentität auf der Ebene der
vertretungsberechtigten Organe stehe einem Betriebsausgabenabzug
nicht entgegen.
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Die Klägerin beantragt, das
vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die geänderten
Feststellungsbescheide 2000 bis 2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 15.11.2005
erklärungsgemäß zu ändern.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Es trägt im Wesentlichen vor, dass es
sich bei den streitbefangenen Beträgen um Ausgaben für
betriebsfremde Zwecke, also um Entnahmen, handele. Eine
betriebliche Veranlassung, den Anteil von 44,8 % der Spieleinnahmen
an den Treuhänder weiterzuleiten, ergebe sich auch nicht aus
der Ersatzverpflichtung im Fall des Nichterwerbs von Lottoscheinen,
denn den Treuhänder treffe nach dem Vertragswerk keine
entsprechende Verpflichtung. Ausgehend von der faktischen
Handhabung seien nur Überweisungen in Höhe von 2 % der
Gesamteinnahmen nötig gewesen. Die Klägerin habe - obwohl
sie insoweit die Feststellungslast treffe - Angaben dazu
verweigert, welcher Anteil der 44,8 % für die Auszahlung von
Gewinnen verwendet worden sei. Auch sei ein Betriebsausgabenabzug
ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige davon Kenntnis habe, dass
der Zahlungsempfänger vom Betriebszweck abweiche; der X habe
als Geschäftsführer der Klägerin von der
Nichteinhaltung des Vertragswerks durch den Treuhänder
gewusst. Ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis
liege schon deshalb nicht vor, weil es im Innenverhältnis an
einer Treuhand konstituierenden Weisungsbefugnis der Treugeber
mangele.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die
Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Zwar ist das FG im Ergebnis zu Recht davon
ausgegangen, dass die Spieleinsatz-Anteile (44,8 % der von den
Spielern eingezahlten Beträge) - jedenfalls soweit sie nicht
zum Erwerb von Lottoscheinen einer staatlichen Lotteriegesellschaft
verwendet worden sind - nicht unter dem Gesichtspunkt eines
steuerrechtlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses einem
Anderen als der Klägerin zuzurechnen sind (II.1.). Es handelt
sich auch insoweit um Betriebseinnahmen der Klägerin (II.2.).
In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das FG auch
die Annahme eines sog. durchlaufenden Postens verneint (II.3.).
Gleiches gilt für die Würdigung des FG, dass eine
betriebliche Veranlassung der Weiterleitung der
Spieleinsatz-Anteile an den (jeweiligen) Treuhänder nicht aus
der Verpflichtung der Klägerin gegenüber den Mitspielern
aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag abgeleitet werden
könne, soweit mit den Geldern nicht - wie in dem zugrunde
liegenden Vertragswerk vorgesehen - Lottoscheine erworben worden
sind (II.4.b). Das FG wird jedoch noch zu prüfen haben,
inwieweit in den Fällen der Nichtteilnahme an den staatlichen
Lotterien im Rahmen der von der Klägerin veranstalteten
Lotterie entstandene Gewinnansprüche
(„Ersatzansprüche“) der Mitspieler bei der
Klägerin Gewinn mindernd zu berücksichtigen sind (II.4.d
und II.6.).
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1. Die Würdigung des FG, dass es sich bei
den Spieleinsatz-Anteilen nicht um den Mitspielern als Treugeber
zuzurechnende Wirtschaftsgüter (hier in Gestalt liquider
Mittel) handelt (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO), ist -
jedenfalls soweit die an den sog. Treuhänder weitergeleiteten
Mittel entgegen den Teilnahmebedingungen tatsächlich nicht
für den Erwerb von Lottoscheinen bei staatlichen
Lottogesellschaften verwendet worden sind - revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden.
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a) Nach § 39 Abs. 1 AO sind
Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen.
Eigentümer im Sinne dieser Vorschrift ist der zivilrechtliche
Eigentümer bzw. Inhaber des Wirtschaftsguts. Eine vom
Zivilrecht abweichende Zurechnung bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1
Satz 1 AO; übt ein anderer als der Eigentümer die
tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der
Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die
gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das
Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm
das Wirtschaftsgut zuzurechnen. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO
führt beispielhaft für das in Satz 1 dieser Vorschrift
genannte wirtschaftliche Eigentum Treuhandverhältnisse an, bei
denen das Wirtschaftsgut grundsätzlich dem Treugeber
zuzurechnen ist.
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aa) Der Begriff der Treuhand wird in § 39
Abs. 2 AO nicht definiert. Auch kennen weder das bürgerliche
Recht noch das Steuerrecht einen typischen Treuhandvertrag; die
Treuhandschaft zeichnet sich durch eine Vielzahl von Formen aus
(vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.1.1993 IX R 269/87, BFHE 170, 383,
BStBl II 1994, 615 = SIS 93 12 15, m.w.N.; Kruse in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 39 AO Rz 31;
Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 39 Rz 36, m.w.N.). Dies
führt indes nicht dazu, dass jede formal als
„Treuhandvertrag“ bezeichnete Vereinbarung zur
steuerrechtlichen Anerkennung eines Treuhandverhältnisses i.S.
des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO führt (vgl. z.B.
BFH-Urteile vom 20.1.1999 I R 69/97, BFHE 188, 254, BStBl II 1999,
514 = SIS 99 15 10, und vom 4.12.2007 VIII R 14/05, BFH/NV 2008,
745 = SIS 08 17 22). Die Vorschrift greift nur dann, wenn im
konkreten Einzelfall ein steuerlich anzuerkennendes
Treuhandverhältnis besteht (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.2009 I R
12/09, BFHE 228, 195, BStBl II 2010, 590 = SIS 10 06 48). Ob dies
der Fall ist, muss nach den in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen entschieden werden.
Allgemein gilt, dass bei der Prüfung, ob ein
Treuhandverhältnis (im steuerrechtlichen Sinne)
tatsächlich gegeben ist, ein strenger Maßstab anzulegen
ist (vgl. BFH-Urteile vom 15.7.1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518,
BStBl II 1998, 152 = SIS 97 21 32; in BFH/NV 2008, 745 = SIS 08 17 22). Wesentliche inhaltliche Kriterien für die
steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses sind
nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Weisungsgebundenheit
des Treuhänders und - jedenfalls im Grundsatz - dessen
Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treuguts (vgl.
zum Weisungsrecht gegenüber dem Treuhänder Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405,
BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08, unter C.V.3.b cc; hinsichtlich
aller genannten Voraussetzungen BFH-Urteile in BFHE 183, 518, BStBl
II 1998, 152 = SIS 97 21 32, und in BFHE 188, 254, BStBl II 1999,
514 = SIS 99 15 10, jeweils m.w.N.; in BFH/NV 2008, 745 = SIS 08 17 22). Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen
(z.B. BFH-Urteile in BFHE 188, 254, BStBl II 1999, 514 = SIS 99 15 10, und in BFH/NV 2008, 745 = SIS 08 17 22, jeweils m.w.N.). Auch
muss das Treuhandverhältnis wegen der vom Zivilrecht
abweichenden Zurechnungsfolge auf ernst gemeinten und klar
nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder
beruhen und auch tatsächlich durchgeführt werden
(gleichfalls ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE
183, 518, BStBl II 1998, 152 = SIS 97 21 32, und in BFH/NV 2008,
745 = SIS 08 17 22; Senatsbeschluss vom 11.3.2008 IV B 77/07,
BFH/NV 2008, 1159 = SIS 08 24 91); dabei wird auch die
zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung vorausgesetzt (vgl.
BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 745 = SIS 08 17 22; kritisch dazu Kruse
in Tipke/Kruse, a.a.O., § 39 AO Rz 34). Das Handeln des
Treuhänders im fremden Interesse muss wegen der vom
zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig
erkennbar sein (auch hierzu BFH-Urteile in BFHE 183, 518, BStBl II
1998, 152 = SIS 97 21 32, m.w.N., und in BFH/NV 2008, 745 = SIS 08 17 22).
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bb) Ob ein Vertrag oder - wie hier - ein
Vertragswerk als Vereinbarung einer Treuhand auszulegen ist und wem
ggf. als Treugeber ein Wirtschaftsgut nach § 39 Abs. 2 Nr. 1
Satz 2 AO zuzurechnen ist, obliegt in erster Linie der
Würdigung des FG als Tatsacheninstanz; das FG hat über
das Vorliegen dieser Voraussetzungen anhand der Umstände des
Einzelfalls zu entscheiden (z.B. Senatsbeschluss in BFH/NV 2008,
1159 = SIS 08 24 91). Die Revisionsinstanz hat die
grundsätzlich dem FG als Tatsacheninstanz obliegende Auslegung
von Verträgen nur darauf zu überprüfen, ob es die
Willenserklärungen der Beteiligten richtig ausgelegt, ob es
vor allem die gesetzlichen Auslegungsregeln (vgl. §§ 133,
157 BGB) beachtet und nicht gegen Denkgesetze und
Erfahrungssätze verstoßen hat (BFH-Urteil in BFHE 183,
518, BStBl II 1998, 152 = SIS 97 21 32, m.w.N.). Die bei
Würdigung aller Umstände des Einzelfalls gewonnene
Überzeugung bindet das Revisionsgericht selbst dann, wenn sie
nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (z.B.
Senatsbeschluss in BFH/NV 2008, 1159 = SIS 08 24 91).
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b) Nach diesen Maßstäben hält
die Würdigung des FG, dass auf der Grundlage des im Streitfall
maßgeblichen Vertragswerks die Mitspieler nicht als Treugeber
anzusehen seien, jedenfalls im Ergebnis revisionsrechtlicher
Überprüfung stand, soweit die Mittel der Mitspieler nicht
zum Erwerb von Lottoscheinen einer staatlichen Lotteriegesellschaft
verwendet worden sind.
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aa) Das FG hat die Umstände des
Streitfalls dahin gewürdigt, dass die Mitspieler nach Leistung
ihres Einsatzes keinen Einfluss mehr auf das weitere Geschehen und
insbesondere keinen Anspruch auf Rückzahlung der eingezahlten
Gelder mehr gehabt hätten und deshalb im Streitfall ein
wesentliches Merkmal eines Treuhandverhältnisses fehle.
Allerdings ist der Klägerin darin zuzustimmen, dass bei einer
Mittelverwendungstreuhand (vgl. zum Begriff z.B. Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 30.10.2003 III ZR 344/02, NJW -
Rechtsprechungsreport Zivilrecht 2004, 121) hinsichtlich der Gelder
des Treugebers, die vom Treuhänder abredegemäß
verwendet werden, jedenfalls grundsätzlich keine
Rückgabeverpflichtung des Treuhänders besteht. Gleichwohl
steht der Hinweis der Klägerin auf das Vorliegen einer
Verwendungstreuhand dem vom FG gefundenen Ergebnis nicht entgegen,
soweit der Spieleinsatz-Anteil tatsächlich nicht für den
Erwerb von Lottoscheinen einer staatlichen Lottogesellschaft
verwendet worden ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob nach den
zuvor genannten Maßstäben auch eine
Mittelverwendungstreuhand zu einem steuerrechtlich relevanten
Treuhandverhältnis führen kann, soweit sie
grundsätzlich die Rückforderung der überlassenen
Mittel ausschließt. Denn jedenfalls an dem Erfordernis der
tatsächlichen Durchführung des vereinbarten
Treuhandverhältnisses wäre auch im Fall der
Verwendungstreuhand festzuhalten. Soweit keine Verwendung in dem
den Mitspielern versprochenen Sinne erfolgt ist, wäre deshalb
auch einem derart vereinbarten Treuhandverhältnis die
steuerrechtliche Anerkennung zu versagen. Auch stellt es unter den
im Streitfall vorliegenden Umständen eine mögliche
Würdigung dar, wenn das FG im Ergebnis davon ausgegangen ist,
dass die Mitspieler nach der Zahlung ihres Einsatzes hinsichtlich
eventueller späterer Auszahlungen lediglich Ansprüche
hatten, die denen eines Spielers in einer staatlichen Lotterie
vergleichbar sind; auch insoweit spräche das im Streitfall
praktizierte Geschäftsmodell gegen das Vorliegen eines
steuerrechtlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses. Wenn
das FG als gegen eine solche Treuhand sprechenden Gesichtspunkt
auch berücksichtigt hat, dass die Klägerin
Spieleinsatz-Anteil und Service-Anteil der eingezahlten Gelder
„vermischt“ hat, so taugt dieser Umstand
jedenfalls als mögliches Indiz dafür, dass eine
treuhandähnliche Verwaltung der für Spieleinsätze
vorgesehenen Gelder auch im äußeren Erscheinungsbild
nicht erkennbar war. Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob im
Streitfall ein steuerrechtlich anzuerkennendes
Treuhandverhältnis bereits aus den vorstehenden Gründen
zu verneinen ist.
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bb) Hinsichtlich des streitbefangenen, an den
sog. Treuhänder weitergeleiteten, indes tatsächlich nicht
zum Erwerb von Lottoscheinen einer staatlichen Lotteriegesellschaft
verwendeten Teils der Spieleinsatz-Gelder scheidet die
steuerrechtliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses
bereits deshalb aus, weil sich die nach Maßgabe der vom FG
festgestellten Teilnahmebedingungen der Klägerin erteilte
Vollmacht der Mitspieler (Ziff. 7 der Teilnahmebedingungen)
lediglich auf den Abschluss eines Treuhandvertrags im Namen eines
jeden Mitspielers bezog, der seinerseits den Abschluss eines
Spielvertrags mit „den Lottogesellschaften über deren
Annahmestellen“ zum Gegenstand hatte (Ziff. 8 der
Teilnahmebedingungen); dementsprechend sind die
Teilnahmebedingungen auch zum Inhalt des Treuhandvertrags bestimmt
worden. Eine anders lautende Vereinbarung mit dem sog.
Treuhänder dahin, die Spieleinsatz-Anteile tatsächlich -
ungeachtet des in Ziff. 3 der Teilnahmebedingungen bestimmten
Ausnahmefalls - zu einem ganz überwiegenden Teil nicht zu dem
in den Teilnahmebedingungen bestimmten Zweck zu verwenden, war von
der Vollmacht der Mitspieler nicht gedeckt. Ausgehend von den
Feststellungen des FG sind im Streitfall keine Umstände
ersichtlich, nach denen die Vereinbarung einer von den
Teilnahmebedingungen abweichenden Geschäftspraxis von den
Mitspielern nachträglich genehmigt worden wäre (§
177 Abs. 1 BGB); den Mitspielern waren weder Art oder Umfang einer
von dem Vertragswerk abweichenden Geschäftspraxis bekannt noch
sind diese im weiteren Verlauf ihrer Spielbeteiligung
nachträglich über das überwiegend praktizierte
Geschäftsmodell informiert worden. Daher konnte die
tatsächliche Geschäftspraxis, nach der sich die
Klägerin ganz überwiegend im Rahmen der Veranstaltung
einer eigenen Lotterie lediglich an eine staatliche Lotterie
„angehängt“ hat (vgl. BFH-Urteil in BFHE
221, 256, BStBl II 2009, 735 = SIS 08 20 69), nicht durch einen im
Namen der Mitspieler abgeschlossenen Treuhandvertrag gedeckt sein.
Schon deshalb scheidet die Zurechnung der nicht zum Erwerb von
Lottoscheinen verwendeten Spieleinsatz-Anteile bei den Mitspielern
im Rahmen eines steuerrechtlich anzuerkennenden
Treuhandverhältnisses i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2
AO aus. Dem steht nicht entgegen, dass der im Streitfall
abgeschlossene Treuhandvertrag nach den Feststellungen des FG
formell dem in den Teilnahmebedingungen versprochenen
Geschäftsmodell entsprach. Denn insoweit steht der
steuerrechtlichen Anerkennung eines Treuhandverhältnisses
entgegen, dass entgegen dem bereits genannten Erfordernis der
tatsächlichen Durchführung des Vereinbarten die formell
bestimmte Geschäftspraxis ganz überwiegend
tatsächlich nicht umgesetzt worden ist. Deshalb wäre dem
von der Klägerin behaupteten Treuhandverhältnis sogar
insgesamt die steuerliche Anerkennung zu versagen, also auch
insoweit, als tatsächlich Lottoscheine erworben worden sind.
Nachdem jedoch FA und FG insoweit entsprechende Abschläge bei
den Einnahmen der Klägerin vorgenommen haben, die von der
Klägerin der Höhe nach nicht beanstandet worden sind,
kommt es auf letztgenannten Gesichtspunkt nicht
entscheidungserheblich an.
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Der streitbefangene, nicht für den Erwerb
von Lottoscheinen einer staatlichen Lotteriegesellschaft verwendete
Spieleinsatz-Anteil der an die Klägerin von den Mitspielern
gezahlten Gelder ist somit nach § 39 Abs. 1 AO der
Klägerin und nicht den Mitspielern zuzurechnen.
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2. Bei den streitbefangenen, abweichend vom
vereinbarten Geschäftsmodell verwendeten Spieleinsatz-Geldern
handelt es sich in voller Höhe um Betriebseinnahmen.
Betriebseinnahmen sind in Anlehnung an § 8 Abs. 1 und § 4
Abs. 4 EStG alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch
den Betrieb veranlasst sind (z.B. BFH-Urteile vom 22.7.1988 III R
175/85, BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 = SIS 88 22 10, und vom
2.9.2008 X R 25/07, BFHE 223, 35, BStBl II 2010, 550 = SIS 08 41 86; Senatsurteil vom 8.11.2007 IV R 24/05, BFHE 219, 567, BStBl II
2008, 356 = SIS 08 10 87, m.w.N.). „Betrieblich“
veranlasst ist eine Zuwendung von Vermögenswerten dann, wenn
ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb
besteht (Senatsurteil in BFHE 219, 567, BStBl II 2008, 356 = SIS 08 10 87, m.w.N.). Im Streitfall bestand ein wirtschaftlicher
Zusammenhang der fraglichen Einnahmen mit einem Gewerbebetrieb.
Denn mit der Veranstaltung einer Lotterie (vgl. BFH-Urteil in BFHE
221, 256, BStBl II 2009, 735 = SIS 08 20 69) waren die
Gesellschafter der Klägerin (vgl. z.B. Senatsurteil vom
3.2.2010 IV R 26/07, BFHE 228, 365, BStBl II 2010, 751 = SIS 10 08 17) - wie im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist
und wie auch die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 1 des
Gewerbesteuergesetzes bei einer Lotterie voraussetzt - Unternehmer
eines Betriebs i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, der auf
eine selbstständige nachhaltige, mit Gewinnerzielungsabsicht
unternommene und sich als Beteiligung am allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr darstellende Betätigung (§ 15
Abs. 2 EStG) gerichtet war. Mit der Ausübung (jedenfalls auch)
einer gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 EStG war die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene
Tätigkeit der Klägerin in vollem Umfang als
Gewerbebetrieb anzusehen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).
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3. Das FG hat im Ergebnis zu Recht verneint,
dass die streitbefangenen Mittel bei der Klägerin nur sog.
durchlaufende Posten waren. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG sind
bei der Ermittlung des Gewinns Betriebseinnahmen und
Betriebsausgaben auszuscheiden, die als durchlaufende Posten im
Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und
verausgabt werden. Kennzeichen des durchlaufenden Postens ist
mithin die Verklammerung von Einnahme und Ausgabe zu einem
einheitlichen Vorgang (vgl. hierzu und zum folgenden Senatsurteil
vom 15.5.2008 IV R 25/07, BFHE 221, 169, BStBl II 2008, 715 = SIS 08 28 84, m.w.N.). Die Regelung gilt zwar unmittelbar nur im Fall
der Gewinnermittlung durch Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3
Satz 1 EStG); sie beschreibt jedoch Grundsätze, die auch im
Rahmen der Gewinnermittlung durch - wie hier -
Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG, ggf. i.V.m.
§ 5 Abs. 1 EStG) in dem Sinne zu beachten sind, dass die
Gewinnneutralität des Vorgangs durch die Aktivierung und
Passivierung gleich hoher Wertzugänge und Wertabgänge
sichergestellt wird. Demgemäß setzt zwar die Annahme
eines durchlaufenden Postens weder die Existenz eines
Treuhandverhältnisses voraus noch ist es erforderlich, dass
die vereinnahmten Beträge gesonderten Konten gutgeschrieben
werden. Auch kommt es bei Ermittlung des Gewinns durch
Betriebsvermögensvergleich - im Gegensatz zur
Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 Satz 2 EStG) -
nicht darauf an, ob die Beträge vom Steuerpflichtigen im
fremden Namen vereinnahmt werden; ausreichend ist vielmehr, dass er
für fremde Rechnung handelt. Gegen die Annahme eines
durchlaufenden Postens sprechen im Streitfall indes neben dem
Umstand, dass die Klägerin nach den Feststellungen des FG
nicht für fremde Rechnung gehandelt hat, auch die nachstehend
behandelten Besonderheiten, nach denen eine vollständige
betriebliche Veranlassung der Mittelabflüsse an den sog.
Treuhänder und damit die Gewinnneutralität entsprechender
Wertzu- und -abgänge ausgeschlossen ist.
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4. Revisionsrechtlicher Überprüfung
stand hält die Würdigung des FG, dass die nach den auch
vom FA nicht bestrittenen Feststellungen des FG an den sog.
Treuhänder weitergeleiteten Gelder (Spieleinsatz-Anteile)
infolge der vom Vertragswerk abweichenden tatsächlichen
Durchführung der Lotteriegeschäfte grundsätzlich
nicht als Betriebsausgaben der Klägerin anzuerkennen sind.
Soweit das FG - dem FA folgend - wegen tatsächlich gespielter
Lottoscheine neben entsprechenden Gewinnen als Betriebseinnahmen
auch Betriebsausgaben für den Erwerb von Scheinen der
staatlichen Lotterien berücksichtigt hat, ist dies gleichfalls
nicht zu beanstanden. Das FG wird jedoch noch zu prüfen haben,
inwieweit im Rahmen der von der Klägerin veranstalteten
Lotterie entstandene Gewinnansprüche der Mitspieler - auch als
nach dem Vertragswerk den Mitspielern eingeräumte
„Ersatzansprüche“ - bei der Klägerin
zu Betriebsausgaben geführt haben.
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30
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a) Betriebsausgaben sind gemäß
§ 4 Abs. 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst
sind. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist gegeben, wenn die
Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und
subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Großen Senats
des BFH vom 4.7.1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817
= SIS 90 21 11, unter C.II.2., m.w.N., und vom 21.9.2009 GrS 1/06,
BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672 = SIS 10 00 37, unter C.III.1.a).
Die Beantwortung der Frage, ob Aufwendungen durch eine
einkommensteuerrechtlich relevante Tätigkeit veranlasst sind,
ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH im Wesentlichen eine
Frage der Feststellung und der Würdigung des Sachverhalts, die
in erster Linie dem FG obliegt und in der Regel für den BFH
als Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend
ist, es sei denn, dass vom Revisionsgericht zu
berücksichtigende Verfahrensverstöße bei der
Feststellung des Sachverhalts vorgekommen sind oder die
Würdigung einen Verstoß gegen Denkgesetze oder
Erfahrungssätze enthält (vgl. Senatsurteil vom 6.3.2008
IV R 72/05, BFH/NV 2008, 1311 = SIS 08 28 07, m.w.N.). Die
Gesamtwürdigung des FG erzeugt darüber hinaus dann keine
Bindungswirkung gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn das FG
die maßgeblichen Umstände nicht vollständig in
seine Überzeugungsbildung einbezogen hat; dies stellt - auch
ohne diesbezügliche Rügen - einen materiell-rechtlichen
Fehler dar (vgl. z.B. Senatsurteile in BFH/NV 2008, 1311 = SIS 08 28 07, m.w.N.; vom 26.6.2007 IV R 29/06, BFHE 218, 291, BStBl II
2008, 103 = SIS 08 05 42; BFH-Urteil vom 19.12.2005 VI R 63/01,
BFH/NV 2006, 728 = SIS 06 15 09).
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b) Nach diesen Maßstäben ist die
Würdigung des FG, dass - soweit mit den streitbefangenen
Spieleinsatz-Anteilen keine Lottoscheine erworben worden sind -
eine betriebliche Veranlassung der Weiterleitung der
Spieleinsatz-Anteile an den sog. Treuhänder nicht aus der
Verpflichtung der Klägerin gegenüber den Mitspielern aus
dem Geschäftsbesorgungsvertrag abgeleitet werden könne,
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Zutreffend stützt sich das FG für
die Verneinung einer betrieblichen Veranlassung insoweit darauf,
dass die Klägerin bei ca. 98 % der von den Mitspielern
geleisteten Spieleinsatz-Anteile den Treuhänder angewiesen
hat, keine Lottoscheine zu erwerben, und dass die Spieler Ersatz in
anderer Weise erhalten sollten. Folge aus dem Fehlen einer solchen
betrieblichen Veranlassung ist dann, dass die Weiterleitung von
Spieleinsatz-Anteilen an den sog. Treuhänder nur als
außerbetrieblich veranlasste Zahlung und damit als Entnahme
zu behandeln ist. Diese Würdigung als Entnahme folgt bereits
aus einer nicht feststellbaren betrieblichen Veranlassung und ist
unabhängig davon, dass in den Streitjahren abweichend von den
Vorjahren der sog. Treuhänder möglicherweise nicht
Gesellschafter der Klägerin war. Im Übrigen gehörten
die als Treuhänder fungierenden Gesellschaften wie die
Komplementärin der Klägerin zu einem Verbund von unter
der Leitung von X stehenden Unternehmen.
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33
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Da das FG in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise von der nicht vereinbarungsgemäßen
Handhabung des Treuhandverhältnisses ausgegangen ist, kann
dieses insgesamt steuerrechtlich nicht anerkannt werden. Aus diesem
Treuhandverhältnis kann folglich auch keine betriebliche
Veranlassung für die Zahlungen an den sog. Treuhänder
entnommen werden, so dass die Zahlungen den Gewinn der
Klägerin nicht mindern. Der Senat braucht demgemäß
auch Zweifeln daran, ob sich das Betriebsvermögen der
Klägerin durch die Weiterleitung überhaupt gemindert hat
oder ob es nicht infolge fortbestehenden eigenen treugeberischen
Zugriffs auf die Spieleinsätze bis zur Verwendung zum Kauf von
Lottoscheinen im Ergebnis unverändert geblieben ist, nicht
weiter nachzugehen.
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34
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c) Soweit das FG hinsichtlich des
tatsächlichen Erwerbs von Lottoscheinen durch den sog.
Treuhänder das Vorliegen von Betriebsausgaben der
Klägerin bejaht und insoweit den vom FA berücksichtigten
„Abschlag für tatsächlich gespielte
Lottoscheine“ auf die Betriebseinnahmen gebilligt hat,
ist diese Würdigung gleichfalls möglich, denn die
tatsächliche Mittelverwendung ist insoweit durch das
Vertragswerk und das ihm zugrunde liegende Geschäftskonzept
gedeckt. Dabei kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob schon die
Weiterleitung der später entsprechend dem Vertragswerk
verwendeten Gelder oder erst deren Verausgabung für den Erwerb
von Lottoscheinen einer staatlichen Lotterie bei der Klägerin
zu Betriebsausgaben geführt hat; denn die Feststellungen des
FG geben keinen Anlass, von einer erheblichen zeitlichen
Inkongruenz der vereinnahmten Gelder und ihrer Verwendung für
den Erwerb von Lottoscheinen auszugehen. Wenn sich das FG insoweit
der Berechnung des FA angeschlossen hat, begegnet auch dies keinen
revisionsrechtlichen Bedenken. Einerseits hat die Klägerin
auch gegen die Quantifizierung der Geschäfte, bei denen
tatsächlich entsprechend dem im Vertragswerk vorgesehenen
Regelfall Lottoscheine erworben und gespielt worden sind, keine
Verfahrensrügen erhoben. Andererseits wäre der angesetzte
Prozentsatz auch als Schätzung Teil der freien
Beweiswürdigung des FG (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m.
§ 162 AO) und unterläge damit nach § 118 Abs. 2 FGO
nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen
Überprüfung (vgl. z.B. Senatsurteil vom 13.12.1984 IV R
265/82, juris, m.w.N.). Mit dem FA hat auch das FG den für den
Erwerb von Lottoscheinen zugrunde gelegten Prozentsatz auf den
gesamten Spieleinsatz (also auch den Service-Anteil) und nicht nur
auf den an den Treuhänder weitergeleiteten Spieleinsatz-Anteil
bezogen, was sich zugunsten der Klägerin auswirkt; das FG
weist zutreffend darauf hin, dass insoweit 2,29 % des
Spieleinsatz-Anteils als Betriebsausgaben berücksichtigt
werden. Vereinnahmte Gewinne aus tatsächlich gespielten
Lottoscheinen hat das FG - auch insoweit dem FA folgend -
gegengerechnet. Dass es sich bei derartigen Gewinnen dem Grunde
nach um Betriebseinnahmen handelt, hat auch die Klägerin nicht
bestritten. Da die Klägerin gegen die vom FG
berücksichtigten Gewinne auch der Höhe nach keine
Revisionsrügen erhoben hat, ist der Senat nach § 118 Abs.
2 FGO auch hieran gebunden.
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d) Der erkennende Senat erachtet es jedoch
nach den oben genannten Maßstäben als
materiell-rechtlichen Fehler, dass das FG nicht in seine
Überzeugungsbildung einbezogen hat, dass das im Streitfall
tatsächlich praktizierte Geschäftskonzept
Gewinnansprüche der Mitspieler gegen die Klägerin und
daraufhin erfolgte Auszahlungen an Mitspieler auch nahelegt, soweit
keine Lottoscheine erworben und gespielt worden sind. Denn die
Klägerin hat sich in diesen Fällen - wie bereits
erwähnt - an die Zahlen der staatlichen Lotterie
„angehängt“ (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE
221, 256, BStBl II 2009, 735 = SIS 08 20 69). Hat die Klägerin
damit selbst eine Lotterie veranstaltet, so führen auch im
Rahmen dieser Lotterie entstandene Gewinnansprüche von
Mitspielern, die nicht auf die Weiterleitung von zuvor aus der
staatlichen Lotterie erzielten Gewinnen gerichtet sind, zu
betrieblich veranlasstem Aufwand (§ 4 Abs. 4 EStG). Da die
Klägerin ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich
(§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG) ermittelt, kommt es nicht
auf den Zeitpunkt der Auszahlung von Lotteriegewinnen an. Die
Frage, in welchem Wirtschaftsjahr sich die Verpflichtung zur
Auszahlung von Lotteriegewinnen Gewinn mindernd auswirkt, bestimmt
sich für die Klägerin vielmehr nach allgemeinen
Bilanzierungsgrundsätzen. Danach wirkten sich nach einer
Ausspielung rechtlich bestehende Ansprüche der Mitspieler
gegen die Klägerin als Lotterieveranstalter in Gestalt einer
Passivierung entsprechender Verbindlichkeiten bereits in dem
Wirtschaftsjahr Gewinn mindernd aus, in dem die Ansprüche
entstanden und dem die entsprechenden Aufwendungen wirtschaftlich
zuzurechnen sind. Da es sich bei den nach Maßgabe der jeweils
ausgespielten Lottozahlen bestehenden Gewinnansprüchen der
Mitspieler - soweit keine unmittelbare Gewinnauszahlung erfolgt ist
- regelmäßig um dem Grunde und der Höhe nach
gewisse Verbindlichkeiten handelt, sind diese grundsätzlich
immer als „Verbindlichkeit“ zu passivieren
(§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. §§ 247, 266 des
Handelsgesetzbuchs - HGB - ; vgl. auch z.B. BFH-Urteil vom
16.2.1996 I R 73/95, BFHE 180, 110, BStBl II 1996, 592 = SIS 96 15 13). Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob die Mitspieler bei
einem von der Klägerin nicht gemäß §§ 276
und 278 BGB zu vertretenden Nichtzustandekommen von
Spielverträgen mit einem Lottounternehmen von ihr nicht
Schadensersatz in Höhe des positiven Interesses, also in
Höhe der etwaigen entgangenen Gewinne, hätten fordern
können, sondern lediglich die vollständige oder teilweise
Rückzahlung der geleisteten Einsätze (so BFH-Urteil in
BFHE 221, 256, BStBl II 2009, 735 = SIS 08 20 69). Denn es liegt
nahe, dass das Geschäftskonzept der Klägerin ohne die
Auszahlung auch ausgespielter Gewinne, denen lediglich die von der
staatlichen Lotterie gezogenen Zahlen zugrunde gelegen haben,
wirtschaftlich nicht tragfähig gewesen wäre. Etwas
anderes gälte zwar dann, wenn das von der Klägerin
verfolgte Geschäftskonzept auch beinhaltet hätte,
Mitspielern die nach Maßgabe der staatlichen Lottozahlen
erzielten Gewinne vorzuenthalten. Die bisherigen Feststellungen des
FG enthalten jedoch keinerlei Hinweise auf eine möglicherweise
betrügerische Ausrichtung des Geschäftsmodells. Vielmehr
entspricht der Annahme von weiteren Auszahlungen die - vom FG bei
seiner Würdigung allerdings in materiell-rechtlich
fehlerhafter Weise nicht näher aufgegriffene - Feststellung
des FG, dass die Spieler anteilig in Höhe ihrer Quote Gewinne
ausgezahlt erhielten, die angefallen wären, wenn mit den den
Mitspielern vor den amtlichen Lottoziehungen mitgeteilten
Zahlenkombinationen und Spielscheinnummern Verträge mit den
staatlichen Lotterien zustande gekommen wären. Allein der vom
FG angeführte formale Gesichtspunkt, dass das Vertragswerk
für den Fall der Nichtbeteiligung an einer staatlichen
Lotterie keine Regelungen über die Verwaltung und Verwendung
der Spieleinsätze durch den Treuhänder enthalte und dass
nur für den Fall des tatsächlichen Erwerbs von
Lottoscheinen Ansprüche der Mitspieler gegenüber dem
Treuhänder bestanden hätten, vermag deshalb noch nicht
auszuschließen, dass Teile der streitbefangenen Gelder oder
auch Teile der von der Klägerin nicht weitergeleiteten Gelder
für Auszahlungen an Mitspieler verwendet worden sind. Für
den möglichen Betriebsausgabenabzug und eine Passivierung von
Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber den Mitspielern
machte es keinen Unterschied, ob die Klägerin selbst oder in
deren Auftrag der sog. Treuhänder Gewinnausschüttungen
vorgenommen hätte. Denn die Mittelherkunft (Finanzierung aus -
ggf. auch im Wege des wirtschaftlichen Eigentums zuzurechnenden -
Aktiva der Klägerin, aus Einlagen oder aus Fremdmitteln)
spielte für die Qualifizierung solcher Auszahlungen als
Betriebsausgaben keine Rolle. Soweit die bisherigen Feststellungen
des FG keine Hinweise auf eine betrügerische Ausrichtung des
Geschäftskonzepts der Klägerin enthalten, steht einer
Passivierung von Verbindlichkeiten gegenüber den Mitspielern
auch nicht die Annahme entgegen, dass diese mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erfüllt werden sollten
(vgl. dazu z.B. BFH-Urteil in BFHE 180, 110, BStBl II 1996, 592 =
SIS 96 15 13; Blümich/Schreiber, § 5 EStG Rz 759, jeweils
m.w.N.).
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36
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Der Hinweis des FA, dass die Klägerin
trotz Aufforderung durch die Steuerfahndung nicht nachgewiesen
habe, welcher Anteil des streitbefangenen Spieleinsatz-Anteils
für betriebliche Zwecke abgeflossen ist, und sie hierfür
die Feststellungslast treffe, entbindet das FG noch nicht davon,
der Frage von Gewinnauszahlungen an Mitspieler bzw. dem Entstehen
von Gewinnansprüchen der Mitspieler auch hinsichtlich der
nicht über eine staatliche Lotterie abgewickelten
Geschäfte nachzugehen. Im finanzgerichtlichen Verfahren gilt
grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz (§ 76 Abs. 1
Satz 1 FGO). Er gilt auch im Streitfall, denn es ist nicht
ersichtlich, dass die Klägerin hinsichtlich der Frage von
Auszahlungen an bzw. Gewinnansprüchen der Mitspieler im Fall
des Nichterwerbs von Lottoscheinen ihre Mitwirkung im
finanzgerichtlichen Verfahren verweigert hätte; vielmehr hat
die Klägerin dort auch den Abfluss der Spieleinsatz-Anteile
zur Überzeugung des FG (soweit ersichtlich erstmals) belegt.
Zudem hat die Klägerin den von ihr geltend gemachten
Betriebsausgabenabzug bislang darauf gestützt, dass allein
schon eine Weiterleitung der Spieleinsatz-Anteile an den
Treuhänder eine betriebliche Veranlassung dieser
Mittelabflüsse begründe. Erst wenn die
Aufklärungsbemühungen des FG nicht zu einem klaren
Beweisergebnis führen, stellt sich die Rechtsfrage, welche
Rechtsfolgen ein non liquet nach sich zieht. Entsprechend den
allgemeinen Regeln des Verfahrensrechts trägt der
Steuerpflichtige in der Regel die objektive Beweislast
(Feststellungslast) für diejenigen Tatsachen, die eine
Steuerbefreiung oder Steuerermäßigung begründen,
und für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit
einer Einkunftsart als Voraussetzung für den steuermindernden
Abzug der geltend gemachten Aufwendungen, die Steuerverwaltung
grundsätzlich das Risiko der Nichterweislichkeit von
Tatsachen, die den Steueranspruch begründen (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil vom 24.6.1976 IV R 101/75,
BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562 = SIS 76 03 06; BFH-Urteile vom
19.1.1994 I R 40/92, BFH/NV 1995, 181; vom 27.10.1998 IX R 44/95,
BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676 = SIS 99 05 12; vom 19.6.2007
VIII R 63/03, BFH/NV 2008, 194 = SIS 08 07 54; Senatsbeschluss vom
8.5.2009 IV B 55/08, BFH/NV 2009, 1432 = SIS 09 26 62, jeweils
m.w.N.).
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5. Revisionsrechtlich grundsätzlich nicht
zu beanstanden ist, dass das FG Rückstellungen für
ungewisse Verbindlichkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m.
§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) in Form von Lotteriesteuer zu den
Bilanzstichtagen 31.12.2000, 31.12.2001 und 31.12.2002 sowie
für Gewerbesteuer zu den Bilanzstichtagen 31.12.2001 und
31.12.2002 Gewinn mindernd berücksichtigt hat. Die für
die Bildung solcher Rückstellungen anzuwendenden
Maßstäbe hat das FG unter Hinweis u.a. auf die
BFH-Urteile vom 19.8.2002 VIII R 30/01 (BFHE 199, 561, BStBl II
2003, 131 = SIS 03 01 98) und vom 28.6.1989 I R 86/85 (BFHE 157,
416, BStBl II 1990, 550 = SIS 89 24 23) zutreffend erkannt, ohne
dass es vorliegend auf die im Senatsurteil vom 13.12.2007 IV R
85/05 (BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516 = SIS 08 18 25)
angesprochene Frage, wann das Erfordernis der wirtschaftlichen
Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag Gültigkeit
hat, ankommt. Soweit das FG dabei von einer Gewerbesteuerpflicht
der Klägerin ausgegangen ist, wirkt sich dies hier einerseits
zu deren Gunsten aus; die Klägerin hat gegen die Bildung
dieser Rückstellungen auch insoweit keine Einwendungen
erhoben. Aber auch ungeachtet dessen bestehen gegen die Annahme
einer Gewerbesteuerpflicht der Klägerin keine rechtlichen
Bedenken; der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf
die Gründe seiner Entscheidung vom heutigen Tag in dem
Verfahren IV R 18/09 (ein neutralisierter Abdruck jener
Entscheidung liegt bei). Soweit das FG die überwiegende
Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme (vgl. dazu z.B.
Senatsurteil in BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516 = SIS 08 18 25)
wegen Gewerbesteuer am Bilanzstichtag 31.12.2000
(Gewerbesteuer-Nachforderung aufgrund einer Gewinnerhöhung)
verneint hat, ist diese Würdigung möglich. Im Hinblick
auf das BFH-Urteil in BFHE 221, 256, BStBl II 2009, 735 = SIS 08 20 69, wonach die Klägerin eine der Lotteriesteuer unterliegende
Lotterie veranstaltet hat, bestehen auch gegen die Annahme
ungewisser Verbindlichkeiten in Form von Lotteriesteuer keine
rechtlichen Bedenken. Nachdem auch die Klägerin keine
Einwendungen gegen die Höhe der vom FG angesetzten
Lotteriesteuer erhoben hat, sich andererseits hinsichtlich der
berechneten Gewerbesteuer-Rückstellungen im Hinblick auf
möglicherweise noch zu berücksichtigende weitere
Gewinnminderungen Änderungen ergeben könnten, sieht der
Senat insoweit von weiteren Ausführungen ab.
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6. Die Sache ist nicht spruchreif. Im zweiten
Rechtsgang wird das FG noch zu untersuchen haben, ob, in welcher
Höhe und wann Gewinnansprüche der Mitspieler gegen die
Klägerin entstanden sind, die nicht beim
absprachegemäßen Abschluss von Lotterieverträgen
angefallen sind und zu weiterem betrieblich veranlassten Aufwand
(§ 4 Abs. 4 EStG) der Klägerin geführt haben. Da die
Klägerin ihren Gewinn durch Vermögensvergleich (§ 4
Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG) ermittelt, kommt es - wie oben
ausgeführt - nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung von
Lotteriegewinnen an. Die Frage, in welchem Wirtschaftsjahr sich die
Verpflichtung zur Auszahlung von Lotteriegewinnen Gewinn mindernd
auswirkt, bestimmt sich für die Klägerin vielmehr nach
allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen. Die Höhe der im
Rahmen der von der Klägerin veranstalteten Lotterie erstarkten
Gewinnansprüche wird das FG ggf. im Wege einer Schätzung
(§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO) festzustellen
haben. Da sich die Klägerin bei der von ihr veranstalteten
Lotterie an die Zahlen der staatlichen Lotterie
„angehängt“ hat, wird das FG zu prüfen
haben, ob die Quoten der staatlichen Lotterie auch eine
hinreichende Grundlage für die Bemessung der gegen die
Klägerin als Lotterieveranstalterin gerichteten Ansprüche
bilden. Es wird aber auch zu berücksichtigen sein, dass nach
dem Vertragswerk nur 44,8 % der von den Mitspielern vereinnahmten
Gelder für Spieleinsätze vorgesehen waren und nach
derzeitigem Stand keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind,
dass der Spieleinsatz-Anteil im Rahmen der von der Klägerin
selbst veranstalteten Lotterie anders bemessen gewesen sein
könnte. Einen Ansatz zur Bestimmung der
Spielgewinnansprüche könnten im Übrigen auch
tatsächliche Gewinnauszahlungen liefern, die nicht auf der
Weiterleitung der bei der staatlichen Lotterie erzielten Gewinne
beruhen, sofern nicht im Einzelfall andere Motive für die
Auszahlung zu Tage träten. Dabei kommt - ohne dass eine solche
Unterscheidung für den Betriebsausgabenabzug oder den Ansatz
von Verbindlichkeiten bei der Klägerin von Bedeutung wäre
- sowohl in Betracht, dass solche Auszahlungen aus dem an den sog.
Treuhänder weitergeleiteten Spieleinsatz-Anteil als auch aus
den bei der Klägerin verbliebenen Mitteln getätigt worden
sind. Die Voraussetzungen einer Rückstellung für
ungewisse Verbindlichkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m.
§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) dürften hinsichtlich der
Gewinnansprüche von Mitspielern eher nicht vorliegen. Geht man
davon aus, dass das Lotteriegeschäft der Klägerin ohne
betrügerische Ausrichtung durchgeführt worden ist,
führten die jeweils ausgespielten Gewinne unmittelbar zur
Entstehung einer entsprechenden, auch der Höhe nach gewissen
Verbindlichkeit der Klägerin. Damit wären aber die
Voraussetzungen für eine Rückstellung für ungewisse
Verbindlichkeiten (im Einzelnen z.B. Senatsurteil in BFHE 220, 117,
BStBl II 2008, 516 = SIS 08 18 25) nicht gegeben.
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