Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 10.4.2014 6 K 1796/13
aufgehoben.
Die Umsatzsteuer für 2006 wird unter Änderung des
Umsatzsteuerbescheids des Beklagten vom 24.3.2011 und Aufhebung der
Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 7.1.2009, soweit sie die
Umsatzsteuer für 2006 betrifft, auf den Betrag festgesetzt,
der sich bei Annahme der Beendigung der Organschaft des
Klägers als Organträger mit der Z-GmbH als
Organgesellschaft ab Eröffnung des vorläufigen
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Z-GmbH
ergibt.
Die Berechnung der festzusetzenden Umsatzsteuer für 2006 wird
dem Beklagten übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Anschlussrevision des Klägers wird
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben der Kläger zu 95 %
und der Beklagte zu 5 % zu tragen.
1
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I. Streitig ist, ob der Kläger,
Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionskläger (Kläger)
als Organträger die Umsatzsteuer für Umsätze der
Z-GmbH (GmbH) auch nach Eröffnung des vorläufigen
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH schuldet,
ob die dem Kläger zuzurechnenden Umsätze der GmbH im
Bereich der ambulanten Pflege und der Personalgestellung
umsatzsteuerfrei sind (Revision) sowie ob in der
„Verpachtung“ von Teilen eines Patientenstamms eine
nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung liegt
(Anschlussrevision).
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Der Kläger ist Krankenpfleger. Seit
1995 betrieb er als Einzelunternehmer einen ambulanten Pflegedienst
in X. Seine Leistungen beruhten auf Verträgen mit
Krankenkassen, Pflegekassen und Sozialämtern, wobei er sich
zunächst mit ca. fünf angestellten Pflegekräften der
klassischen Krankenpflege widmete. Seit Ende der 1990er Jahre kam
schwerpunktmäßig die sog. 24-Stunden-Pflege
hinzu.
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Im Jahr 2003 gründete der Kläger
die GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und
Geschäftsführer er war. Sodann übernahm die GmbH den
Geschäftsbereich der sog. 24-Stunden-Pflege.
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Am 29.7.2004 schloss die GmbH mit
verschiedenen Pflegekassen, mit Verbänden von Krankenkassen,
mit der Bundesknappschaft sowie mit der Stadt Y als
Sozialhilfeträger jeweils einen Versorgungsvertrag
gemäß § 72 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB
XI). Bereits am 12.8.2003 (im Vorgriff auf diesen
Versorgungsvertrag) und am 21.6.2005 (auf Basis des Vertrages)
hatte die GmbH Vergütungsvereinbarungen mit den
Vertragspartnern getroffen. Für die 24-Stunden-Pflege stellte
die GmbH den gepflegten Personen entsprechend den getroffenen
Vereinbarungen monatlich jeweils 2.750 EUR in Rechnung.
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In den Jahren 2004 bis 2006 wurde
unstreitig die für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16
Buchst. e des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der für die
Streitjahre (2005 und 2006) geltenden Fassung (a.F.) erforderliche
40 %-Grenze von der GmbH nicht erreicht.
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Mit Wirkung ab dem 1.2.2006
„verpachtete“ die GmbH an Frau ... (W) den aus einer
Patientenliste ersichtlichen Patientenstamm. Der
„Pachtzins“ betrug monatlich inklusive
„Mehrwertsteuer“ 12.000 EUR; eine
Rückübertragung von Verträgen zwischen Patienten und
W an die GmbH war ausgeschlossen.
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Die Mitarbeiterinnen, die die vom
Pachtvertrag betroffenen Patienten pflegten, waren weiter bei der
GmbH angestellt, wurden jedoch an W ausgeliehen.
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Durch Beschluss des Amtsgerichts Y vom
...11.2006 4 IN .../06 wurde über das Vermögen der GmbH
das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt E zum
Insolvenzverwalter bestellt. Bereits mit Beschluss vom ...9.2006
war Rechtsanwalt E zum vorläufigen Insolvenzverwalter der GmbH
bestellt worden; Verfügungen der Schuldnerin waren nur noch
mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam
(§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 der Insolvenzordnung - InsO - ).
Schuldnern der GmbH wurde verboten, an die GmbH zu zahlen. Der
vorläufige Insolvenzverwalter wurde ermächtigt,
Forderungen der GmbH einzuziehen sowie eingehende Gelder
entgegenzunehmen.
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9
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Der Beklagte, Revisionskläger und
Anschlussrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) vertrat nach
Durchführung einer Außenprüfung die Auffassung,
dass der Kläger Organträger der GmbH sei. Das FA war
außerdem der Auffassung, dass die Umsätze der GmbH nicht
nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. steuerfrei seien, da die
nach dieser Vorschrift erforderliche 40 %-Grenze für das
jeweilige Vorjahr nicht erreicht worden sei.
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Am 17.8.2007 erließ das FA einen
Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2005 und am 4.12.2008 einen
Umsatzsteuer-Jahresbescheid für 2006. Mit
Einspruchsentscheidung vom 7.1.2009 wies das FA die Einsprüche
des Klägers als unbegründet zurück. Im Laufe des
Klageverfahrens änderte das FA am 24.3.2011 den
Umsatzsteuerbescheid für 2006.
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Mit der Klage machte der Kläger
geltend:
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- die Annahme der Organschaft sei wegen
Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtsformneutralität
rechtswidrig;
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- die ihm zuzurechnenden Umsätze der
GmbH seien nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) steuerfrei.
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12
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage
überwiegend statt. Es führte aus, zwar seien die
Umsätze der GmbH für den Zeitraum bis
einschließlich August 2006 aufgrund einer bestehenden
Organschaft beim Kläger als Organträger zu erfassen. Die
Umsätze aus den Pflegeverträgen seien jedoch steuerfrei.
Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F.
erfülle der Kläger zwar (unstreitig) nicht. Er könne
sich aber für die Steuerfreiheit der Umsätze unmittelbar
auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG
berufen.
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Für das Jahr 2005 führe die
Steuerfreiheit der Pflegeumsätze zur Stattgabe der Klage in
vollem Umfang, da die verbleibenden steuerpflichtigen Umsätze
die Kleinunternehmergrenze des § 19 Abs. 1 UStG nicht
überschritten.
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Für das Jahr 2006 seien nur die
Umsätze aus den Pflegeverträgen steuerfrei. Die
Umsätze aus dem „Pachtvertrag“ seien steuerbar und
steuerpflichtig. Der Pachtvertrag stelle keine
Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a UStG
dar. Im Streitfall sei lediglich ein Teil der Verträge mit
pflegebedürftigen Personen übertragen worden. Die
Umsätze aus dem „Pachtvertrag“ seien auch nicht
steuerfrei.
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Die Entgelte für die
Personalüberlassung an W in Höhe von 23.240,26 EUR seien
hingegen gemäß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei. Im Streitfall sei das entleihende
Unternehmen der W eine anerkannte Einrichtung mit sozialem
Charakter; W habe mit ihren Umsätzen die Voraussetzungen des
§ 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. erfüllt.
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Das Urteil des FG ist in EFG 2014, 1336 =
SIS 14 17 07 veröffentlicht.
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Gegen das Urteil des FG haben das FA
Revision und der Kläger Anschlussrevision eingelegt.
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Das FA verteidigt die angefochtene
Vorentscheidung, soweit das FG eine
Geschäftsveräußerung verneint hat, und rügt
mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Die
Organschaft habe nicht bereits zum Zeitpunkt der Bestellung des
vorläufigen Insolvenzverwalters geendet und die Umsätze
des Klägers seien nicht steuerfrei.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie die Anschlussrevision des
Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision des
FA als unbegründet zurückzuweisen sowie die
Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 7.1.2009, soweit
die Umsatzsteuer für 2006 betroffen ist, aufzuheben sowie den
Umsatzsteuerbescheid für 2006 vom 24.3.2011 dahin zu
ändern, dass die Umsatzsteuer für 2006 auf 1.262,66 EUR
festgesetzt wird.
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21
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Er verteidigt die angefochtene
Vorentscheidung, soweit der Klage stattgegeben wurde. Das FG habe
festgestellt, dass der Kläger in allen Fällen Zahlungen
der Pflegeversicherung erhalten habe. Das Merkmal „ganz oder
überwiegend“ in § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. sei
richtlinienwidrig. Die Steuerbefreiung hänge dadurch davon ab,
wie wohlhabend die gepflegten Personen seien. Dies verstoße
gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, den
verfassungsrechtlichen und den unionsrechtlichen Gleichheitssatz
sowie den unionsrechtlichen Grundsatz der Effektivität und den
verfassungsrechtlichen Grundsatz der Folgerichtigkeit. Er, der
Kläger, trete in Konkurrenz zu freien
Wohlfahrtsverbänden, deren Leistungen nach § 4 Nr. 18
UStG steuerfrei seien. Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
8.8.2013 V R 13/12 (BFHE 242, 557, BFH/NV 2014, 123 = SIS 13 30 66)
sei unzutreffend. Eine rückwirkende Anwendung der
Rechtsprechung sei unzulässig. Die Finanzverwaltung habe
Pflegeleistungen der Wohlfahrtsverbände nie besteuert, obwohl
das Abstandsgebot des § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG stets verletzt
worden sei. Der Kläger verweist ergänzend auf die Urteile
des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Les Jardins de
Jouvence vom 21.1.2016 C-335/14 (EU:C:2016:36, HFR 2016, 287 = SIS 16 02 98, Rz 39, 46 und 47) sowie CopyGene vom 10.6.2010 C-262/08
(EU:C:2010:328, UR 2010, 526 = SIS 10 26 08). Hilfsweise regt er
an, dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der
Senat sei zur Vorlage verpflichtet.
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In Bezug auf die Personalgestellung an W
macht der Kläger geltend, diese sei unerlaubt erfolgt. Damit
bestehe ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher. Der Ausgleich
zwischen Verleiher und Entleiher erfolge nach Bereicherungsrecht.
Die BFH-Urteile vom 21.1.1993 V R 30/88 (BFHE 170, 283, BStBl II
1993, 384 = SIS 93 10 26) und vom 24.2.2005 V R 1/03 (BFH/NV 2005,
1160 = SIS 05 26 65) berücksichtigten dies nicht
hinreichend.
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23
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Zur Begründung der Anschlussrevision
trägt der Kläger vor, der Pachtvertrag führe zu
einer Überleitung der Patienten auf W. Die
Arbeitsverhältnisse der Stammbetreuer und der
Ersatzkräfte seien ebenfalls auf W übergegangen. Das
Personal sei der wertbildende Faktor. Bei der GmbH seien ca. 19 bis
22 Patienten und ca. 20 bis 25 Mitarbeiter verblieben. Dieser
Vorgang sei als Geschäftsveräußerung i.S. des
§ 1 Abs. 1a UStG anzusehen. Soweit es sich bei diesem Vortrag
um neuen Sachvortrag im Revisionsverfahren handele, rüge er
die Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das
FG.
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24
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II. Die Revision des FA führt zur
Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung in der Sache
selbst (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Die Klage betreffend 2005 ist abzuweisen und die
Umsatzsteuer für 2006 ist unter teilweiser Aufhebung der
Einspruchsentscheidung des FA und Abweisung der Klage im
Übrigen insoweit niedriger festzusetzen, als die Umsätze
der GmbH ab Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens
über ihr Vermögen nicht mehr dem Kläger als
Organträger zuzurechnen sind.
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1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen,
dass die organisatorische Eingliederung der GmbH in das Unternehmen
des Klägers mit der Eröffnung des vorläufigen
Insolvenzverfahrens über deren Vermögen entfallen
ist.
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26
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a) Der V. Senat des BFH hat durch Urteil vom
8.8.2013 V R 18/13 (BFHE 242, 433, BStBl II 2017, 543 = SIS 13 23 09, Leitsatz) entschieden, dass die organisatorische Eingliederung
endet, wenn das Insolvenzgericht für die Organgesellschaft
einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und zugleich
gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO
anordnet, dass Verfügungen nur noch mit Zustimmung des
vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
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27
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b) Dem schließt sich der erkennende
Senat jedenfalls für den hier vorliegenden Fall an, dass der
Insolvenzverwalter zum Forderungseinzug ermächtigt wird; denn
dann kann der Organträger - hier der Kläger - eine
abweichende Willensbildung bei der Organgesellschaft insoweit nicht
mehr verhindern (vgl. dazu BFH-Urteil vom 29.10.2008 XI R 74/07,
BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256 = SIS 08 43 30, unter II.1.b, Rz
16). Das FA ist dieser Beurteilung zuletzt nicht mehr
entgegengetreten (vgl. nunmehr Abschn. 2.8 Abs. 12 Sätze 3 und
4 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses i.d.F. des Schreibens des
Bundesministeriums der Finanzen vom 26.5.2017, BStBl I 2017, 790 =
SIS 17 08 95).
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28
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2. Zu Recht stellen beide Beteiligte die
Auffassung des FG nicht in Frage, dass die Voraussetzungen für
eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. in
den Streitjahren nicht gegeben waren.
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29
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a) Nach § 4 Nr. 16 UStG a.F. waren in den
Streitjahren von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden
Umsätzen steuerfrei u.a.
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“die mit dem Betrieb ... der
Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und
pflegebedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze,
wenn
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a) diese Einrichtungen von juristischen
Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden“ (was
im Streitfall ausscheidet) „oder
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...
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e) bei Einrichtungen zur
vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und
bei Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und
pflegebedürftiger Personen im vorangegangenen Kalenderjahr die
Pflegekosten in mindestens 40 Prozent der Fälle von den
gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe
ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden
sind“.
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30
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b) Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die
Regelung in § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. Art. 13 Teil A Abs.
1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG entspricht (BTDrucks 12/1368,
S. 27, und 12/1506, S. 178). Die (in den Streitjahren 2005 und 2006
geltende) Absenkung der ursprünglichen Zwei-Drittel-Grenze auf
40 % erfolgte zur Anpassung an die gesetzliche Neuregelung der
Pflegeversicherung, um diese Grenze an die bei Krankenhäusern
geltende Mindestgrenze für das Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen anzugleichen (BTDrucks 12/5262, S. 172). Deshalb
greift auch der Einwand, der Gesetzgeber habe die
Möglichkeiten der Anerkennung erweitern und nicht
einschränken wollen, nicht durch (vgl. zur Begrenzungswirkung
BFH-Urteil vom 24.1.2008 V R 54/06, BFHE 221, 391, BStBl II 2008,
643 = SIS 08 14 83; BFH-Beschluss vom 2.3.2011 XI R 47/07, BFHE
232, 568, BStBl II 2012, 699 = SIS 11 13 24, Rz 31 ff.).
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31
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c) Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16
Buchst. e UStG a.F. greift nicht ein. Der Tatbestand ist nicht
erfüllt, weil die Pflegekosten nicht „im
vorangegangenen Kalenderjahr“ in mindestens 40 % der
Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung
oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen
worden sind.
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32
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d) Der Vortrag des Klägers, der
Gesetzgeber habe nicht das Problem gesehen, dass nach der Struktur
des SGB XI bei der Pflege der Patient Eigenanteile an den
Leistungserbringer zahlen müsse, ändert nichts an der
gesetzlichen Anordnung.
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33
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Im Übrigen belegt der Umstand, dass der
Gesetzgeber im Rahmen der Neufassung des § 4 Nr. 16 UStG zwar
zahlreiche „Sozialkriterien“ abgeschafft, aber
als „Auffangtatbestand“ in Buchst. k an der 40
%-Grenze festgehalten (BTDrucks 16/11108, S. 37, 38 f.) und mit dem
Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013 (BGBl I 2013,
1809) die Grenze des § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG im Hinblick auf
die weitere Verbreitung der Anwendung des Persönlichen Budgets
auf 25 % abgesenkt hat (BTDrucks 17/10000, S. 70, i.V.m. BTDrucks
17/12532, S. 89 f.), dass er in den dortigen Fällen als
„Sozialkriterium“ an einer Mindestgrenze
festhalten will.
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34
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3. Die Vorentscheidung ist allerdings
insgesamt aufzuheben, weil das FG zu Unrecht angenommen hat, die
dem Kläger zuzurechnenden Leistungen der GmbH seien nach Art.
13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG, auf den sich
der Kläger berufen hat, steuerfrei; denn § 4 Nr. 16
Buchst. e UStG a.F. war in den Streitjahren 2005 und 2006 insoweit
nicht unionsrechtswidrig, als er die Steuerbefreiung von der
Einhaltung der 40 %-Grenze (im selben Jahr) abhängig gemacht
hat.
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35
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a) Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - ) befreien die
Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen
Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von
Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch
Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere
von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem
Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden. Es muss sich
nach dem Wortlaut der Richtlinie um eng mit der Sozialfürsorge
und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen handeln (s.
dazu b) und der Leistende muss eine Einrichtung des
öffentlichen Rechts oder als Einrichtung mit sozialem
Charakter anerkannt sein (s. dazu c).
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36
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b) Das FG hat zwar zutreffend Art. 13 Teil A
Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG als berufbar angesehen
(vgl. aus neuerer Zeit BFH-Urteil vom 7.12.2016 XI R 5/15, BFHE
256, 550, BFH/NV 2017, 863 = SIS 17 04 47, Rz 29) und die
Leistungen der sog. 24-Stunden-Pflege zu Recht als eng mit der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene
Dienstleistungen beurteilt (vgl. dazu EuGH-Urteile Kügler vom
10.9.2002 C-141/00, EU:C:2002:473, UR 2002, 513 = SIS 02 97 10, Rz
44; Zimmermann vom 15.11.2012 C-174/11, EU:C:2012:716, UR 2013, 35
= SIS 13 02 30, Rz 24; BFH-Urteile vom 22.4.2004 V R 1/98, BFHE
205, 514, BStBl II 2004, 849 = SIS 04 27 51, unter II.2.a, Rz 36;
vom 18.1.2005 V R 99/01, BFH/NV 2005, 1392 = SIS 05 32 93, Rz
25).
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37
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c) Die Annahme des FG, der Kläger sei
eine vom Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland (Deutschland)
anerkannte Einrichtung mit sozialem Charakter, ist aber
unzutreffend.
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38
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aa) Zwar ist der Begriff
„Einrichtung“ grundsätzlich weit genug, um
auch natürliche Personen (vgl. EuGH-Urteil Gregg vom 7.9.1999
C-216/97, EU:C:1999:390, UR 1999, 419 = SIS 00 01 53, Rz 21) und
private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. dazu
EuGH-Urteile Kingscrest Associates und Montecello vom 26.5.2005
C-498/03, EU:C:2005:322, UR 2005, 453 = SIS 05 30 13, Rz 35 und 40;
MDDP vom 28.11.2013 C-319/12, EU:C:2013:778, HFR 2014, 177 = SIS 13 32 46, Rz 28 und 31) zu erfassen (vgl. auch BFH-Urteil vom
18.3.2015 XI R 15/11, BFHE 249, 359, BStBl II 2015, 1058 = SIS 15 13 68, Rz 31).
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39
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bb) Nach den EuGH-Urteilen Kügler
(EU:C:2002:473, UR 2002, 513 = SIS 02 97 10, Rz 58) und Zimmermann
(EU:C:2012:716, UR 2013, 35 = SIS 13 02 30, Rz 26) legt Art. 13
Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die
Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung aber nicht
fest. Vielmehr ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes
Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen
die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann.
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cc) Dabei haben die nationalen Behörden
im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der
nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen
Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehört u.a.
die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum
großen Teil durch Krankenkassen oder durch andere
Einrichtungen der sozialen Sicherheit. Es kommt dabei auch nicht
darauf an, ob die Kosten im konkreten Fall tatsächlich
übernommen worden sind, sondern es reicht aus, dass sie
übernehmbar sind (vgl. BFH-Urteile in BFHE 205, 514, BStBl II
2004, 849 = SIS 04 27 51, unter II.3.c, Rz 66 f.; vom 18.8.2005 V R
71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143 = SIS 06 01 79, unter
II.2.d cc (2), Rz 52; in BFHE 221, 391, BStBl II 2008, 643 = SIS 08 14 83, unter II.2.a bb, Rz 42; vom 1.12.2010 XI R 46/08, BFHE 232,
232, BFH/NV 2011, 712 = SIS 11 05 50, Rz 46; vom 8.6.2011 XI R
22/09, BFHE 234, 448, BFH/NV 2011, 1804 = SIS 11 27 64, Rz 38; vom
8.8.2013 V R 8/12, BFHE 242, 548, BFH/NV 2014, 119 = SIS 13 30 68,
Rz 40; vom 29.7.2015 XI R 35/13, BFHE 251, 91, BStBl II 2016, 797 =
SIS 15 22 54, Rz 23; vom 18.2.2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, BFH/NV
2016, 1120 = SIS 16 09 18, Rz 30).
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41
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dd) Der nationale Gesetzgeber hat die
Anerkennung in den Streitjahren von der Einhaltung der sog. 40
%-Grenze abhängig gemacht (s.o. II.2.). Der EuGH hat im Rahmen
der Prüfung, ob es Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g und/oder
Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG dem nationalen
Gesetzgeber erlauben, die Steuerbefreiung der Leistungen zur
ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen davon
abhängig zu machen, dass bei diesen Einrichtungen „im
vorangegangenen Kalenderjahr die Pflegekosten in mindestens zwei
Drittel der Fälle von den gesetzlichen Trägern der
Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum
überwiegenden Teil getragen worden sind“
(BFH-Beschluss in BFHE 232, 568, BStBl II 2012, 699 = SIS 11 13 24,
Frage 1), in seinem Urteil Zimmermann (EU:C:2012:716, UR 2013, 35 =
SIS 13 02 30) dazu - abstrakt und losgelöst von den
Gegebenheiten des dortigen Streitfalls - ausgeführt:
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“37. Entsprechend ist das Erfordernis
einer wie im Ausgangsverfahren auf zwei Drittel der Fälle
festgesetzten Schwelle für die Zwecke der Anwendung von Art.
13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie zu beurteilen.
Durch das Erfordernis einer solchen Schwelle wird nämlich auf
ähnliche Weise dem Bedürfnis entsprochen, bei der
Anwendung dieser Vorschrift den sozialen Charakter von
Einrichtungen anzuerkennen. Ebenso überschreitet ein
Mitgliedstaat das ihm nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der
Sechsten Richtlinie zustehende Ermessen grundsätzlich nicht
dadurch, dass er auch im Zusammenhang mit der im Ausgangsverfahren
in Rede stehenden Bedingung verlangt, dass die Kosten für die
betreffenden Leistungen der ambulanten Pflege ganz oder zum
überwiegenden Teil von den gesetzlichen Sozialversicherungs-
oder Sozialhilfeträgern übernommen worden sein
müssen.“
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42
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ee) Unter Anlegung dieser Maßstäbe
hat Deutschland bei der Ausgestaltung der Anerkennung i.S. von Art.
13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG die Grenzen
des ihm zustehenden Ermessens zwar insoweit nicht beachtet, als es
bezüglich der Einhaltung der 40 %-Grenze auf das
vorangegangene Kalenderjahr abgestellt hat (vgl. BFH-Urteil vom
19.3.2013 XI R 47/07, BFHE 240, 439, BFH/NV 2013, 1204 = SIS 13 14 54, Rz 36 ff.). Der EuGH hat aber die frühere
Zwei-Drittel-Grenze des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. sowie
die dort normierte Bedingung, dass die Kosten für die
betreffenden Leistungen der ambulanten Pflege ganz oder zum
überwiegenden Teil von den gesetzlichen Sozialversicherungs-
oder Sozialhilfeträgern übernommen worden sein
müssen, gebilligt (EuGH-Urteil Zimmermann, EU:C:2012:716, UR
2013, 35 = SIS 13 02 30, Rz 37). Dass es dort um einen anderen
Sachverhalt ging, ändert an der rechtlichen Aussage des EuGH
nichts.
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43
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ff) Der Senat hat deshalb entsprechende
gesetzliche Grenzen in ständiger Rechtsprechung nur insoweit
als mit dem Unionsrecht unvereinbar beanstandet, als bei der
Prüfung der Grenze auf die Umsätze des Vorjahres
zurückgegriffen wird, und im Übrigen unbeanstandet
gelassen (vgl. neben BFH-Urteil in BFHE 240, 439, BFH/NV 2013, 1204
= SIS 13 14 54, Rz 37, auch BFH-Urteile vom 18.3.2015 XI R 8/13,
BFHE 249, 369, BStBl II 2016, 788 = SIS 15 12 90, Rz 50 ff.; in
BFHE 249, 359, BStBl II 2015, 1058 = SIS 15 13 68, Rz 37 f.; s.a.
BFH-Urteil in BFHE 221, 391, BStBl II 2008, 643 = SIS 08 14 83;
ebenso Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr.
16 Rz 31; a.A. Hölzer in Rau/Dürrwächter,
Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 16 Rz 505; Bunjes/Heidner, UStG,
16. Aufl., § 4 Nr. 16 Rz 24 und 26; Stadie, UStG, 3. Aufl.,
§ 4 Nr. 16 Rz 13 ff.; wohl auch Weber in
Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 4 Nr. 16 Rz 66 f.).
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44
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Die 40 %-Grenze des § 4 Nr. 16 Buchst. e
UStG a.F. erreicht der Kläger auch dann nicht, wenn man
entsprechend seinem Vorbringen jeweils auf die Umsätze des
laufenden Kalenderjahres - und nicht auf die Umsätze des
jeweiligen Vorjahres - abstellt.
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45
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d) Die Einwendungen des Klägers gegen
diese Beurteilung greifen nicht durch.
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46
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aa) Der Hinweis des Klägers auf den
Grundsatz der Effektivität, der in Rz 22 und Rz 40 f. des
EuGH-Urteils Zimmermann (EU:C:2012:716, UR 2013, 35 = SIS 13 02 30)
zum Ausdruck komme, beachtet nicht, dass der EuGH in Rz 37 dieses
Urteils nicht davon ausgeht, dass die seinerzeit vom EuGH zu
beurteilende (und von ihm nicht beanstandete) Zwei-Drittel-Grenze
des § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. dieser Steuerbefreiung
grundsätzlich ihre Wirkung nähme.
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47
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Die nachfolgenden Ausführungen in Rz 40
f. beziehen sich lediglich auf das Erfordernis, insoweit
„ausschließlich auf das vorangegangene Kalenderjahr
abzustellen“ (s. Rz 38) und verlangen lediglich:
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„Folglich ist es erforderlichenfalls
Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob in den
Situationen, in denen von Beginn der betreffenden Tätigkeiten
an der ‘soziale Charakter’ im Sinne von Art. 13 Teil A
Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie nach der in Randnr. 31 des
vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung anzuerkennen
wäre, die Pflicht, ausschließlich auf das vorangegangene
Kalenderjahr abzustellen, zur Folge hat, dass hinsichtlich des
ersten Kalenderjahrs dieser Tätigkeiten oder sogar ihrer
ersten beiden Kalenderjahre die Anerkennung des ‘sozialen
Charakters’ des betreffenden Leistungserbringers im Sinne
dieser Vorschrift automatisch und zwangsläufig ausgeschlossen
ist.“
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48
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Darum geht es vorliegend nicht. Die
Gründung der GmbH erfolgte im Jahr 2003. Streitjahre sind die
Jahre 2005 und 2006.
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49
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bb) Ebenso wenig greift der Einwand durch, die
Leistungen der unter § 4 Nr. 18 UStG fallenden Personen seien
unter anderen Voraussetzungen steuerfrei, was gegen den Grundsatz
der Neutralität und den Gleichheitsgrundsatz verstoße.
Dies trifft nicht zu. Denn nach der neueren Rechtsprechung des BFH
kommt § 4 Nr. 18 UStG nur eine durch den Anwendungsbereich des
§ 4 Nr. 16 UStG begrenzte Wirkung zu; die Steuerbefreiung des
§ 4 Nr. 16 UStG geht dem § 4 Nr. 18 UStG vor, wenn die
betreffenden Leistungen im Falle ihrer Ausführung durch
privatrechtliche Einrichtungen mit Gewinnstreben ihrer Art nach von
§ 4 Nr. 16 UStG umfasst werden könnten (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 242, 557, BFH/NV 2014, 123 = SIS 13 30 66, Leitsätze 1
und 2 sowie Rz 29). Daran hält der Senat trotz der vom
Kläger in der mündlichen Verhandlung
geäußerten Einwände fest.
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50
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(1) Soweit der Kläger im Laufe des
Verfahrens vor dem FG geltend gemacht hat, dass die
Finanzverwaltung in der Praxis solche Leistungen bei Personen i.S.
des § 4 Nr. 18 UStG nicht besteuere, und auch vorgebracht hat,
das Abstandsgebot des § 4 Nr. 18 Buchst. c UStG sei nicht
eingehalten, hat das FG dies nicht festgestellt.
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51
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(2) Die nicht vorhandenen Feststellungen des
FG zu dieser Frage erfordern - anders als der Kläger meint -
keine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur
weiteren Sachverhaltsaufklärung: Denn eine unzutreffende
(Nicht-)Besteuerung eines Konkurrenten kann (nur) mit der
Konkurrentenklage geltend gemacht werden (vgl. BFH-Urteil vom
24.1.2013 V R 34/11, BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460 = SIS 13 11 19, Rz 35; s.a. BFH-Urteile vom 5.10.2006 VII R 24/03, BFHE 215,
32, BStBl II 2007, 243 = SIS 06 48 80, unter II.3.b, Rz 21 f.; vom
18.9.2007 I R 30/06, BFHE 219, 184, BStBl II 2009, 126 = SIS 08 10 20, unter II.2.d bb und cc, Rz 20 und 21; vom 26.1.2012 VII R 4/11,
BFHE 236, 481, BStBl II 2012, 541 = SIS 12 13 82, Rz 17 f.). Diese
ist - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht
unzumutbar.
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52
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(3) Gegen eine rückwirkende Anwendung
dieser neueren BFH-Rechtsprechung im Urteil in BFHE 242, 557,
BFH/NV 2014, 123 = SIS 13 30 66 bestehen - anders als der
Kläger meint - keine grundsätzlichen Bedenken (vgl.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 26.9.2011 2
BvR 2216/06, 2 BvR 469/07, NJW 2012, 669, Rz 60 ff.).
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53
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cc) Die auch vom FG geteilte Ansicht des
Klägers, die Anerkennung dürfe nicht davon abhängig
gemacht werden, dass die Kosten
„überwiegend“ von den gesetzlichen
Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträgern übernommen
worden sind, widerspricht Rz 37 des EuGH-Urteils Zimmermann
(EU:C:2012:716, UR 2013, 35 = SIS 13 02 30).
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54
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dd) Aus den Ausführungen des
späteren EuGH-Urteils Les Jardins de Jouvence (EU:C:2016:36,
HFR 2016, 287 = SIS 16 02 98) und der früheren EuGH-Urteile
Dassonville vom 11.7.1974 C-8/74 (EU:C:1974:82, NJW 1975, 515),
Dornier vom 6.11.2003 C-45/01 (EU:C:2003:595, BFH/NV 2004, Beilage
1, 40 = SIS 04 01 38, Rz 75) sowie CopyGene (EU:C:2010:328, UR
2010, 526 = SIS 10 26 08) ergibt sich nichts anderes.
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55
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Die vom Kläger hervorgehobenen Aussagen
in Rz 46 und 47 des Urteils Les Jardins des Jouvence (EU:C:2016:36,
HFR 2016, 287 = SIS 16 02 98) beziehen sich auf die Prüfung,
ob die Dienstleistung eng mit der Sozialfürsorge und der
sozialen Sicherheit verbunden ist, was hier ohnehin der Fall ist.
In Rz 32, 33 und 39 des EuGH-Urteils Les Jardins de Jouvence
(EU:C:2016:36, HFR 2016, 287 = SIS 16 02 98) hat der EuGH zur
Anerkennung einer Einrichtung betont, dass
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es grundsätzlich Sache des
innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats ist, die Regeln
aufzustellen, nach denen diesen Einrichtungen eine solche
Anerkennung gewährt werden kann,
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die Mitgliedstaaten die Gewährung der
Steuerbefreiung von der Erfüllung einer oder mehrerer der in
Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG genannten
Bedingungen abhängig machen dürfen und diese fakultativen
Bedingungen für die Gewährung der betreffenden Befreiung
von den Mitgliedstaaten nach freiem Ermessen zusätzlich
vorgesehen werden können, und
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der Umstand, dass die Kosten der erbrachten
Dienstleistungen unter Umständen zum großen Teil von
Krankenkassen oder Einrichtungen der sozialen Sicherheit
übernommen werden, einen der Gesichtspunkte darstellt, die bei
der Bestimmung, ob der betreffenden Einrichtung ein sozialer
Charakter zukommt, zu berücksichtigen sind.
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56
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Dass Deutschland grundsätzlich berechtigt
ist, die Steuerbefreiung davon abhängig zu machen, dass die
Kosten „überwiegend“ von den gesetzlichen
Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträgern übernommen
worden sind, ergibt sich - wie dargelegt - eindeutig aus Rz 37 des
EuGH-Urteils Zimmermann (EU:C:2012:716, UR 2013, 35 = SIS 13 02 30).
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57
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ee) Derartige
„Sozialgrenzen“ sind auch - entgegen der
Auffassung des Klägers - nicht verfassungswidrig (vgl. dazu
BVerfG-Beschluss vom 31.5.2007 1 BvR 1316/04, BFH/NV 2007, Beilage
4, 449 = SIS 07 31 41, Rz 60 ff., zu § 4 Nr. 16 Buchst. b
UStG; s.a. BVerfG-Beschluss vom 29.10.1999 2 BvR 1264/90, BVerfGE
101, 132, BStBl II 2000, 155 = SIS 00 03 91, Rz 27, sowie
BVerfG-Nichtannahmebeschluss vom 19.6.2008 1 BvR 994/08, nicht
veröffentlicht).
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58
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Das vom Kläger ergänzend
angeführte Gebot der Folgerichtigkeit betrifft zum einen das
Ertragsteuerrecht (vgl. BVerfG-Beschluss vom 29.3.2017 2 BvL 6/11,
DStR 2017, 1094 = SIS 17 08 86, Rz 99 f.) und ist überdies
durch die Beschränkung der Steuerbefreiung auf die vom
Mitgliedstaat Deutschland anerkannten Einrichtungen nicht
verletzt.
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59
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Ob es angesichts der vom Kläger
hervorgehobenen Teilfinanzierung der Kosten der sog.
24-Stunden-Pflege rechtspolitisch wünschenswert erscheinen
könnte, weitere Personen in den Kreis der vom Mitgliedstaat
anerkannten Einrichtungen der ambulanten Pflege einzubeziehen, hat
die Rechtsprechung nicht zu entscheiden (vgl. BVerfG-Beschluss vom
26.3.1998 1 BvR 2341/95, UR 1998, 280 = SIS 98 10 26, Rz 8).
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60
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ff) Der Senat weicht mit seiner Auffassung
nicht von dem BFH-Urteil vom 18.8.2015 V R 13/14 (BFHE 251, 282,
BFH/NV 2015, 1784 = SIS 15 23 06) ab. Denn im dortigen Fall wurden
nach Aufstellungen des Vereins B die Kosten der Leistungen in 2007
zu 96 % und in 2008 zu 82 % von den Pflegekassen getragen. Damit
war die maßgebliche 40 %-Grenze des § 4 Nr. 16 Buchst. e
UStG a.F. eingehalten. Ebenso verhält es sich im Fall des
Urteils des FG Münster vom 9.12.2014 15 K 4571/10 U (EFG 2015,
508 = SIS 15 04 41, nachfolgend BFH-Urteil in BFHE 256, 550, BFH/NV
2017, 863 = SIS 17 04 47) und im Fall des Urteils des FG Köln
vom 11.8.2016 13 K 3610/12 (EFG 2016, 2009 = SIS 16 26 55, Revision
eingelegt, Az. des BFH: XI R 20/16).
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61
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gg) Soweit der Kläger im Schriftsatz vom
13.6.2017 erstmals Verfahrensrügen erhoben hat, sind diese
unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 21.9.2016 XI R 4/15, BFHE 255,
340, BFH/NV 2017, 397 = SIS 16 26 21, Rz 39, m.w.N.).
Außerdem hat der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren
die Nichterhebung weiterer Beweise nicht gerügt (vgl.
BFH-Beschluss vom 19.12.2016 XI B 57/16, BFH/NV 2017, 599 = SIS 17 05 94, Rz 19 f., m.w.N.).
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62
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hh) Nach Auffassung des Senats bestehen -
trotz der vom Kläger formulierten, im Laufe des Verfahrens
ergänzten Vorlagefragen - angesichts des EuGH-Urteils
Zimmermann (EU:C:2012:716, UR 2013, 35 = SIS 13 02 30) keine
Zweifel i.S. des Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise
der Europäischen Union an der Auslegung der im Streitfall
anzuwendenden unionsrechtlichen Bestimmungen (vgl. zu den
Voraussetzungen: EuGH-Urteile CILFIT vom 6.10.1982 C-283/81,
EU:C:1982:335, NJW 1983, 1257, Rz 21; Intermodal Transports vom
15.9.2005 C-495/03, EU:C:2005:552, HFR 2005, 1236 = SIS 05 46 18;
Gaston Schul Douane-expediteur vom 6.12.2005 C-461/03,
EU:C:2005:742, HFR 2006, 416 = SIS 06 10 97).
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63
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Das vom Kläger ergänzend
angeführte Verfahren C-462/16 (FA Bingen-Alzey gegen
Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG) führt zu keiner
anderen Beurteilung. Vorliegend geht es um die personellen
Voraussetzungen der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 Buchst. e
UStG a.F. Der Anwendungsbereich des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g
MwStSystRL ist auch unionsrechtlich anhand bestimmter personeller
Merkmale festgelegt, die der leistende Unternehmer zur Erlangung
dieser Steuerbefreiung erfüllen muss, was unterschiedliche
Wettbewerbsbedingungen für verschiedene Wirtschaftsteilnehmer
impliziert (vgl. BFH-Urteil vom 26.11.2014 XI R 25/13, BFH/NV 2015,
531 = SIS 15 05 64, Rz 49; BFH-Beschluss vom 21.9.2016 XI R 2/15,
BFH/NV 2017, 168 = SIS 16 27 83, Rz 8, m.w.N.).
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64
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4. Ebenfalls unzutreffend ist das FG in Bezug
auf das Streitjahr 2006 davon ausgegangen, dass die
Personalgestellung an W im Jahr 2006 nach Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG umsatzsteuerfrei sei.
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65
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a) Der Kläger hat nach den Feststellungen
des FG entgeltlich bei ihm beschäftigtes Personal der W
gestellt.
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b) Diese Gestellung von Personal ist
umsatzsteuerbar (vgl. bereits BFH-Urteil vom 8.5.1969 V R 11/66,
BFHE 95, 563, BStBl II 1969, 512 = SIS 69 03 25, m.w.N.) und
umsatzsteuerpflichtig, weil sie keine mit der Sozialfürsorge
und der sozialen Sicherheit eng verbundene Dienstleistung ist (vgl.
BFH-Beschluss vom 22.7.2015 V R 20/12 = SIS 13 30 67, HFR 2015,
1079, Rz 3; BFH-Urteil vom 14.1.2016 V R 56/14, BFH/NV 2016, 792 =
SIS 16 07 43, Rz 18; jeweils m.w.N.). Es spielt insoweit keine
Rolle, ob die betreffenden Arbeitnehmer Pflegekräfte waren
(vgl. EuGH-Urteil „go fair“ Zeitarbeit vom
12.3.2015 C-594/13, EU:C:2015:164, UR 2015, 351 = SIS 15 06 04, Rz
28).
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67
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c) Die Einwendungen des Klägers, es liege
eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung an W i.S. des Gesetzes
zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) vor, das
AÜG fingiere den Übergang des Arbeitsverhältnisses
auf W als Entleiherin und es bestünden zivilrechtliche
Ansprüche der W gegen den Kläger auf Grundlage des
Bereicherungsrechts, greifen nicht durch.
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68
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Das Umsatzsteuerrecht knüpft an
tatsächliche Leistungsvorgänge an, ohne auf ein ggf.
bestehendes gesetzliches Verbot (§ 40 der Abgabenordnung - AO
- ; s. dazu auch BFH-Urteil vom 28.2.2002 V R 19/01, BFHE 198, 220,
BStBl II 2003, 950 = SIS 02 08 72, unter II.2.a, Rz 31 ff.) oder
die zivilrechtliche Wirksamkeit der zugrunde liegenden
Verträge (§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO) abzustellen; daher
gebieten die Regelungen des AÜG keine hiervon abweichende
umsatzsteuerrechtliche Beurteilung (vgl. BFH-Urteile vom 12.6.1986
VII R 199/83, BFH/NV 1987, 756, unter 1., Rz 15; in BFHE 170, 283,
BStBl II 1993, 384 = SIS 93 10 26, unter II.1.b aa und bb, Rz 18
ff.; vom 15.7.1993 V R 52/89, BFH/NV 1994, 203, unter II.1., Rz 13;
s.a. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12.2.2003 5 StR 165/02,
HFR 2003, 806, Rz 18).
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69
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III. Die Anschlussrevision des Klägers
ist unbegründet; sie ist deshalb zurückzuweisen (§
126 Abs. 2 FGO). Das FG hat zu Recht das Vorliegen einer nicht
umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung i.S. von
§ 1 Abs. 1a UStG verneint.
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70
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1. Der Senat legt die Anschlussrevision des
Klägers dahingehend aus, dass sie sich nur auf das Streitjahr
2006 bezieht. Der Kläger hat zwar unter dem Betreff
„wegen Umsatzsteuer 2005 und 2006“ beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben, aber hinzugefügt,
„soweit der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr
2006“ ... „nach dem Tenor zu I Satz 2 zu einer
Festsetzung in Höhe von“ ... „führt,
den Bescheid insoweit abzuändern und mit 1.262,66 EUR
festzusetzen“. In Bezug auf das Jahr 2005 hat er keinen
Sachantrag gestellt.
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71
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2. Die so verstandene Anschlussrevision ist
zulässig (§ 155 FGO i.V.m. § 554 der
Zivilprozessordnung), aber unbegründet. Das FG hat zu Recht in
Bezug auf den Pachtvertrag mit W vom 31.1.2006 das Vorliegen einer
Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a UStG
verneint.
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72
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a) Voraussetzung für das Vorliegen einer
Geschäftsveräußerung ist gemäß § 1
Abs. 1a Satz 2 UStG, dass ein Unternehmen oder ein in der
Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im
Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine
Gesellschaft eingebracht wird.
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73
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b) Diese Vorschrift beruhte in den
Streitjahren 2005 und 2006 unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 8 und
Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG. Nach Art. 5 Abs. 8 der
Richtlinie 77/388/EWG können die Mitgliedstaaten die
Übertragung des Gesamtvermögens oder eines
Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch
Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob
keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den
Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des
Übertragenden ansehen. Gemäß Art. 6 Abs. 5 gilt
Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG „unter den
gleichen Voraussetzungen für Dienstleistungen“.
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74
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c) Im Streitfall scheidet in Bezug auf den
Pachtvertrag eine Geschäftsveräußerung schon
deshalb aus, weil - worauf das FA zu Recht hingewiesen hat - ein
Patientenstamm „verpachtet“ worden ist. Werden
keine Gegenstände „übereignet“ oder in
eine Gesellschaft eingebracht, fehlt es an einer
Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a Satz
2 UStG (vgl. BFH-Urteil vom 21.5.2014 V R 20/13, BFHE 246, 226,
BStBl II 2014, 1029 = SIS 14 23 85, Rz 21; s.a. BFH-Urteil vom
26.8.2014 XI R 26/10, BFHE 247, 269, BFH/NV 2015, 121 = SIS 14 32 10, Rz 34).
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75
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d) Außerdem hätte der Kläger
bei anderer Sichtweise nach den tatsächlichen Feststellungen
des FG nur die Verträge mit bestimmten im Rahmen der sog.
24-Stunden-Pflege betreuten Personen und damit kein Teil- oder
Gesamtvermögen (vgl. dazu EuGH-Urteile Zita Modes vom
27.11.2003 C-497/01, EU:C:2003:644, UR 2004, 19 = SIS 04 01 39, Rz
40; Schriever vom 10.11.2011 C-444/10, EU:C:2011:724, BStBl II
2012, 848 = SIS 11 39 84, Rz 25; BFH-Urteil vom 6.7.2016 XI R 1/15,
BFHE 254, 283, BStBl II 2016, 909 = SIS 16 19 53, Rz 31) auf W
übertragen. Es wären danach, wovon das FG im Rahmen der
ihm obliegenden Gesamtwürdigung (§ 118 Abs. 2 FGO) zu
Recht ausgegangen ist, nur einzelne zum Betrieb eines ambulanten
Pflegedienstes notwendige Verträge vom Kläger auf W
übertragen worden. Das reicht nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom
4.2.2015 XI R 42/13, BFHE 248, 472, BStBl II 2015, 616 = SIS 15 08 54, Rz 22). Ein oder mehrere Kunden, Vertragspartner oder Mandanten
sind kein „gesondert geführter
Betriebsteil“ oder „Teilvermögen“
(vgl. dazu auch BFH-Beschluss vom 11.11.2009 V B 46/09 = SIS 10 06 19, Zeitschrift für Steuern & Recht 2010, R165, Rz 4).
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76
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e) Aus dem EuGH-Urteil Schriever
(EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848 = SIS 11 39 84) ergibt sich
schon deshalb nichts anderes, weil danach zwar die Übertragung
der nicht verpachteten Gegenstände eine
Geschäftsveräußerung sein kann. Die Verpachtung
selbst bleibt jedoch steuerbar (vgl. Oelmaier in
Sölch/Ringleb, a.a.O., § 1 Rz 183 a.E.).
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IV. 1. Die Sache ist spruchreif. Der
angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 2006 ist dahingehend zu
ändern, dass der Kläger nach Eröffnung des
vorläufigen Insolvenzverfahrens über das Vermögen
der GmbH nicht mehr Organträger der GmbH ist und daher die auf
die Umsätze der GmbH entfallende Umsatzsteuer ab diesem
Zeitpunkt nicht mehr schuldet. Die Höhe der nicht zu
berücksichtigenden Umsatzsteuer (20.009,22 EUR Umsatzsteuer -
1.743,18 EUR Vorsteuer = 18.265,94 EUR) ist nicht streitig. Im
Übrigen ist die Klage abzuweisen.
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2. Die Übertragung der Berechnung der
festzusetzenden Umsatzsteuer für 2006 auf das FA beruht auf
§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136
Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Kläger zu 95 % und das FA zu 5 % zu tragen. Eine
Kostenentscheidung gemäß § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO
ist nicht zu treffen; denn das FA ist nicht nur zu einem geringen
Teil unterlegen. Bei einem Teilobsiegen des Klägers in
Höhe von 18.265,94 EUR liegt trotz einer Quote von 5 % kein
Unterliegen des FA „zu einem geringen Teil“ vor
(vgl. BFH-Urteil vom 21.4.2005 V R 11/03, BFHE 211, 50, BStBl II
2007, 63 = SIS 05 47 50, unter II.4., Rz 36, m.w.N.).
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