I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union
werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Liegt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, in
denen ein Steuerpflichtiger im Auftrag des Medizinischen Dienstes
der Krankenversicherung Gutachten zur Pflegebedürftigkeit von
Patienten erstellt, eine Tätigkeit vor, die dem
Anwendungsbereich des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG) unterfällt?
2. Falls die Frage 1 bejaht wird:
a) Reicht es für die Anerkennung eines Unternehmers als eine
Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne des Art. 132 Abs. 1
Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG aus, dass dieser als
Subunternehmer im Auftrag einer Einrichtung, die nach nationalem
Recht als soziale Einrichtung im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst.
g der Richtlinie 2006/112/EG anerkannt ist, Leistungen
erbringt?
b) Falls die Frage 2a) verneint wird: Ist unter Umständen wie
denen des Ausgangsverfahrens die pauschale Übernahme der
Kosten einer anerkannten Einrichtung im Sinne des Art. 132 Abs. 1
Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG durch die Kranken- und
Pflegekassen ausreichend dafür, dass auch ein Subunternehmer
dieser Einrichtung als eine anerkannte Einrichtung zu beurteilen
ist?
c) Falls die Fragen 2 a) und 2b) verneint werden: Darf der
Mitgliedstaat die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem
Charakter davon abhängig machen, dass der Steuerpflichtige
einen Vertrag mit einem Träger der sozialen Sicherheit oder
Sozialfürsorge tatsächlich abgeschlossen hat, oder reicht
es für eine Anerkennung aus, dass nach nationalem Recht ein
Vertrag abgeschlossen werden könnte?
II. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des
Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.
1
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A. Sachverhalt des
Ausgangsverfahrens
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2
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist ausgebildete Krankenschwester mit medizinischer
Grundausbildung und akademischer Ausbildung im Bereich der
Pflegewissenschaft sowie einer Weiterbildung in
Qualitätsmanagement im Bereich der Pflege. Zu ihrem
Unternehmen gehörte auch eine steuerpflichtige
Unterrichtstätigkeit als Lehrerin für Pflege.
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3
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Die Klägerin erstellte in den Jahren
2012 bis 2014 (Streitjahre) für den Medizinischen Dienst der
Krankenversicherung (MDK) Niedersachsen (Auftraggeber) Gutachten
zur Pflegebedürftigkeit von Patienten. Die Leistungen rechnete
der MDK monatlich ihr gegenüber ab, wobei er keine
Umsatzsteuer auswies. Die Umsätze aus der
Gutachtertätigkeit erklärte die Klägerin als
steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus allen
Eingangsleistungen ungekürzt in Anspruch.
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4
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Nach einer Außenprüfung kam der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) zu der
Auffassung, die Gutachtertätigkeit sei weder nach nationalem
noch nach Unionsrecht umsatzsteuerfrei, erhöhte die bislang
erklärten Umsätze um die gegenüber dem MDK
abgerechneten Nettobeträge, und setzte die Umsatzsteuer
für 2012 und 2013 sowie die Vorauszahlungen für das 1.
bis 3. Quartal 2014 mit Bescheiden vom 3.2.2015 entsprechend
fest.
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5
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage zum
überwiegenden Teil statt. Es führte im Wesentlichen aus,
die Erstellung von Pflegegutachten sei als „eng mit der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene
Leistung“ unter unmittelbarer Berufung auf das Unionsrecht
steuerfrei. Mit der seit November 2012 gesetzlich vorgesehenen
Möglichkeit der Pflegekassen, unabhängige Gutachter mit
der Begutachtung der Sozialversicherten zu beauftragen, sei die
Klägerin aufgrund der Beauftragung durch den MDK auch als
Einrichtung mit sozialem Charakter staatlich anerkannt.
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6
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts. Es macht im Wesentlichen geltend,
dass sich aus den nationalen Steuerbefreiungsvorschriften keine
Steuerfreiheit der konkreten Gutachterleistungen ergebe. Da diese
Regelungen unionsrechtskonform seien, sei ein unmittelbares Berufen
auf Unionsrecht nicht möglich. Im Übrigen sei nicht
festgestellt, dass die Pflegekasse die Kosten für die
gutachterliche Tätigkeit der Klägerin wissentlich
übernommen habe.
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7
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Das FA hat während des
Revisionsverfahrens den Umsatzsteuerjahresbescheid für 2014
erlassen.
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8
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B. Der Senat setzt das Verfahren
gemäß §§ 74, 121 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung aus und legt dem Gerichtshof der
Europäischen Union (EuGH) die im Tenor genannten Fragen
gemäß Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die
Arbeitsweise der Europäischen Union zur Vorabentscheidung
vor.
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9
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I. Die maßgeblichen Vorschriften und
Bestimmungen
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10
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1. Nationales Recht
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11
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Die maßgeblichen Rechtsvorschriften des
nationalen Rechts lauten wie folgt:
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12
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a) § 1 des Umsatzsteuergesetzes in der
Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008
(Bundesgesetzblatt - BGBl - I 2008, 2794) - UStG - Steuerbare
Umsätze
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„(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die
folgenden Umsätze:
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1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen,
die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines
Unternehmens ausführt. ...“
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13
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b) § 4 UStG Steuerbefreiungen bei
Lieferungen und sonstigen Leistungen
„Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen
sind steuerfrei: ...
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14.
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a)
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Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin,
die im Rahmen der Ausübung der Tätigkeit als Arzt,
Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut, Hebamme oder einer
ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit durchgeführt
werden. ...
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b)
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Krankenhausbehandlungen und ärztliche
Heilbehandlungen einschließlich der Diagnostik,
Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und
Hospizleistungen sowie damit eng verbundene Umsätze, die von
Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden.
…
|
|
|
15. die Umsätze der gesetzlichen
Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach §
44b Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, der örtlichen
und überörtlichen Träger der Sozialhilfe sowie der
Verwaltungsbehörden und sonstigen Stellen der
Kriegsopferversorgung einschließlich der Träger der
Kriegsopferfürsorge
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a)
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untereinander,
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b)
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an die Versicherten, die Bezieher von
Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, die
Empfänger von Sozialhilfe oder die Versorgungsberechtigten.
...
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15a. die auf Gesetz beruhenden Leistungen der
Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (§ 278 [des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch - SGB V - ]) und des
Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen
(§ 282 SGB V) untereinander und für die gesetzlichen
Träger der Sozialversicherung und deren Verbände und
für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch sowie die gemeinsamen
Einrichtungen nach § 44b des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch;
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|
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16. die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur
Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch
hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen, die von
...
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k)
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[ab 1.7.2013: Buchst. l] Einrichtungen, bei
denen im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder
Pflegekosten in mindestens 40 Prozent [ab 1.7.2013: mindestens 25
Prozent] der Fälle von den gesetzlichen Trägern der
Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder der für die
Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen
Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der
Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil
vergütet worden sind, erbracht werden. ...“
|
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14
|
c) § 18 des Elften Buches
Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zu Neuausrichtung der
Pflegeversicherung (PNG) vom 23.10.2012 (BGBl I 2012, 2246) - SGB
XI -
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|
„(1) Die Pflegekassen beauftragen den
Medizinischen Dienst der Krankenversicherung oder andere
unabhängige Gutachter mit der Prüfung, ob die
Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und
welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt. Im Rahmen
dieser Prüfungen haben der Medizinische Dienst oder die von
der Pflegekasse beauftragten Gutachter durch eine Untersuchung des
Antragstellers die Einschränkungen bei den Verrichtungen im
Sinne des § 14 Abs. 4 festzustellen sowie Art, Umfang und
voraussichtliche Dauer der Hilfebedürftigkeit und das
Vorliegen einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz
nach § 45a zu ermitteln. Darüber hinaus sind auch
Feststellungen darüber zu treffen, ob und in welchem Umfang
Maßnahmen zur Beseitigung, Minderung oder Verhütung
einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit
einschließlich der Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation geeignet, notwendig und zumutbar sind; insoweit
haben Versicherte einen Anspruch gegen den zuständigen
Träger auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
...
|
|
|
|
(7) Die Aufgaben des Medizinischen Dienstes
werden durch Ärzte in enger Zusammenarbeit mit
Pflegefachkräften und anderen geeigneten Fachkräften
wahrgenommen. Die Prüfung der Pflegebedürftigkeit von
Kindern ist in der Regel durch besonders geschulte Gutachter mit
einer Qualifikation als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin
oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder als
Kinderärztin oder Kinderarzt vorzunehmen. Der Medizinische
Dienst ist befugt, den Pflegefachkräften oder sonstigen
geeigneten Fachkräften, die nicht dem Medizinischen Dienst
angehören, die für deren jeweilige Beteiligung
erforderlichen personenbezogenen Daten zu übermitteln.
Für andere unabhängige Gutachter gelten die Sätze 1
bis 3 entsprechend.“
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15
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§ 53a SGB XI
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|
„Der Spitzenverband Bund der
Pflegekassen erlässt für den Bereich der sozialen
Pflegeversicherung Richtlinien
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1. über die Zusammenarbeit der
Pflegekassen mit den Medizinischen Diensten,
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|
2. zur Durchführung und Sicherstellung
einer einheitlichen Begutachtung,
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3. über die von den Medizinischen
Diensten zu übermittelnden Berichte und Statistiken,
|
|
4. zur Qualitätssicherung der
Begutachtung und Beratung sowie über das Verfahren zur
Durchführung von Qualitätsprüfungen und zur
Qualitätssicherung der Qualitätsprüfungen,
|
|
5. über Grundsätze zur Fort- und
Weiterbildung.
|
|
Die Richtlinien bedürfen der Zustimmung
des Bundesministeriums für Gesundheit. Sie sind für die
Medizinischen Dienste verbindlich.“
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16
|
d) B 1 der Richtlinien des Spitzenverbandes
Bund der Pflegekassen (GKV-Spitzenverband) zur Begutachtung von
Pflegebedürftigkeit (Begutachtungsrichtlinien - BRi - ) in der
Fassung vom 8.6.2009
|
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|
„Die Begutachtungen sind durch geschulte
und qualifizierte Gutachter durchzuführen. Sie erfolgen durch
Ärzte, Pflegefachkräfte und andere Fachkräfte, die
der Medizinische Dienst für die Bewältigung des laufenden
Arbeitsanfalls vorhält. Der Medizinische Dienst kann zur
Bewältigung von Antragsspitzen und zu speziellen
gutachterlichen Fragestellungen Ärzte, Pflegefachkräfte
oder andere geeignete Fachkräfte bei der Erstellung des
Gutachtens als externe Kräfte beteiligen. Die Verantwortung
für die Begutachtung trägt der Medizinische Dienst auch
dann, wenn externe Sachverständige beteiligt waren.
|
|
|
|
Als externe Kräfte sind vorrangig
Mitarbeiter anderer Gutachterdienste, insbesondere des
öffentlichen Gesundheitswesens und der Versorgungsverwaltung
oder anderer Sozialleistungsträger zu beauftragen. Sofern
ausnahmsweise niedergelassene Ärzte oder Pflegefachkräfte
von Sozialstationen, gewerblichen Pflegediensten sowie in der
Pflege selbständig Tätige als externe Kräfte
beauftragt werden, ist sicherzustellen, dass keine
Interessenkollisionen entstehen.“
|
|
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17
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e) Ziff. 2 Anforderungen an die Qualifikation
der Gutachterinnen und Gutachter der Richtlinien des
GKV-Spitzenverbands zur Zusammenarbeit der Pflegekassen mit anderen
unabhängigen Gutachtern (Unabhängige
Gutachter-Richtlinien - UGu-RiLi - ) in der Fassung vom
6.5.2013
|
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|
|
„(1) Die fachlichen Voraussetzungen, um
als Gutachterinnen und Gutachter im Sinne der ‘Richtlinien
zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie
zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des
Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch des
Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien-BRi)’
tätig zu sein, erfüllen approbierte Ärztinnen oder
Ärzte, die zur Feststellung der Rehabilitationsindikation
entsprechend der ‘Richtlinie des Gemeinsamen
Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation (Rehabilitations-Richtlinie)’ befugt sind.
Darüber hinaus müssen sie über mindestens zwei Jahre
Berufserfahrung in der ambulanten ärztlichen Versorgung, einem
Krankenhaus, einer Rehabilitationseinrichtung oder in einem
sozialmedizinischen Dienst in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme der
Tätigkeit als Gutachterin bzw. Gutachter verfügen.
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|
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|
(2) Die fachlichen Voraussetzungen, um als
Gutachterin bzw. Gutachter im Sinne der Begutachtungs-Richtlinien
tätig zu sein, sind ferner erfüllt, wenn eine
Berufsqualifikation als Altenpflegerin oder Altenpfleger
(dreijährig ausgebildet nach Bundesrecht) oder Gesundheits-
und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger,
Krankenschwester oder Krankenpfleger, Gesundheits- und
Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger,
Kinderkrankenschwester oder Kinderkrankenpfleger mit mindestens 2
Jahren Berufserfahrung in der ambulanten und/oder stationären
Pflege in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme der Tätigkeit als
Gutachterin bzw. Gutachter vorliegt. ...
|
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|
|
(4) Die Gutachterinnen und Gutachter haben
zusätzlich zu den fachlichen Voraussetzungen nach Absatz 1 bis
3 nachzuweisen, dass sie folgende Schulungen erfolgreich absolviert
haben:
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|
- mindestens 50 Stunden in den
Begutachtungs-Richtlinien,
|
|
- mindestens 20 Stunden in den Grundzügen
des Sozialrechts (insbesondere des SGB XI),
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|
- mindestens 10 Stunden im
Konfliktmanagement,
|
|
- Besonderheiten bei der Kinderbegutachtung,
soweit Gutachterinnen oder Gutachter diese durchführen sollen;
und
|
|
- mindestens 10 Begutachtungen in der
praktischen Anwendung der Begutachtungs-Richtlinien. Dies
beinhaltet die fachliche Begleitung der Gutachterin oder des
Gutachters und die fachliche Auswertung des Gutachtens durch eine
Schulungsperson.
|
|
Darüber hinaus sind mindestens
jährlich Nachschulungen zur Durchführung von
Begutachtungen von mindestens 16 Stunden nachzuweisen. Sollten die
Begutachtungs-Richtlinien zwischenzeitlich geändert werden,
ist eine mindestens 16-stündige Nachschulung über die
aktuellen Veränderungen der Begutachtungs-Richtlinien bis
spätestens 1 Monat nach Inkrafttreten der
Begutachtungs-Richtlinien nachzuweisen.“
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18
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2. Unionsrecht
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Unionsrechtlich sind die folgenden
Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG von Bedeutung:
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19
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a) Art. 2 Steueranwendungsbereich
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„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende
Umsätze:
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c) Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger
als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt
tätigt; ...“
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20
|
b) Art. 132 Steuerbefreiungen für
bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten
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„(1) Die Mitgliedstaaten befreien
folgende Umsätze von der Steuer: ...
|
|
|
g) eng mit der Sozialfürsorge und der
sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von
Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch
Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere
von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem
Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden; ...“
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21
|
c) Art. 134 Gründe des Ausschlusses von
Steuerbefreiungen dem Gemeinwohl dienender Umsätze
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„In folgenden Fällen sind
Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen von der
Steuerbefreiung des Artikel 132 Absatz 1 Buchstaben b, g, h, i, l,
m und n ausgeschlossen:
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a) sie sind für die Umsätze,
für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht
unerlässlich;
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|
b) sie sind im Wesentlichen dazu bestimmt, der
Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu
verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von
der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt
werden.“
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22
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II. Beurteilung nach nationalem Recht
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23
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Die gutachterlichen Leistungen der
Klägerin sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
UStG steuerbar. Sie sind nach nationalem Recht auch
steuerpflichtig, da die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach
§ 4 UStG nicht erfüllt sind.
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24
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1. Es liegt keine steuerfreie Heilbehandlung
nach § 4 Nr. 14 UStG vor. Denn die Gutachtertätigkeit des
MDK und damit auch die der Klägerin dient ihrem Hauptzweck
nach weder der Behandlung, Linderung oder Vorbeugung einer
Krankheit - sie dient vielmehr als Grundlage für die
Feststellung, in welcher Höhe dem Versicherten ein Anspruch
auf Ersatz von Kosten nach dem Gesetz über die
Pflegeversicherung zusteht.
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25
|
a) Wird eine Leistung in einem Zusammenhang
erbracht, der die Feststellung zulässt, dass ihr Hauptziel
nicht der Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder
Wiederherstellung der Gesundheit ist, sondern die Erstattung eines
Gutachtens, das Voraussetzung einer Entscheidung ist, die
Rechtswirkungen erzeugt, so liegt keine Heilbehandlung im Sinne des
Unionsrechts (EuGH-Urteile Unterpertinger vom 20.11.2003 -
C-212/01, EU:C:2003:625, UR 2004, 70 = SIS 04 01 34, Rz 42 ff.;
D’Ambrumenil und Dispute Resolution Services vom 20.11.2003 -
C-307/01, EU:C:2003:627, UR 2004, 75 = SIS 04 01 35, Rz 61) und im
Sinne des § 4 Nr. 14 UStG vor (Beschluss des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 31.7.2007 - V B 98/06 = SIS 07 31 19, Sammlung der
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 217, 94,
Bundessteuerblatt - BStBl - II 2008, 35, unter II.2.b, Rz 15;
BFH-Urteil vom 8.10.2008 - V R 32/07, BFHE 222, 184, BStBl II 2009,
429 = SIS 08 42 94, unter II.1.a, Rz 11, mit weiteren Nachweisen -
m.w.N. - ).
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26
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b) So liegt der Fall hier. Der Entscheidung
der Pflegekasse über die Gewährung von Leistungen nach
§ 28 SGB XI geht ein Verwaltungsverfahren voraus. Ein
unselbständiger Verfahrensschritt in diesem Verfahren ist die
Begutachtung, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt.
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27
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aa) Nach dem Aufgabenkatalog der §§
275 und 276 Abs. 6 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich
bestimmten Fällen verpflichtet, eine gutachterliche
Stellungnahme des MDK einzuholen. Die Aufgaben des MDK im Rahmen
der sozialen Pflegeversicherung ergeben sich zusätzlich zu den
Bestimmungen des SGB V aus den Vorschriften des SGB XI.
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28
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bb) Insofern regelt § 18 SGB XI, wie der
Gutachter - ein Mitarbeiter eines MDK oder (ab 30.10.2012) auch ein
unabhängiger Gutachter - in das Verwaltungsverfahren zur
Entscheidung über die Gewährung von Leistungen
einzubeziehen ist. Ihm kommt die zentrale Aufgabe zu, den
Pflegekassen den notwendigen medizinisch-pflegerischen Sachverstand
zu verschaffen. Zu prüfen sind vor allem, ob eine
Pflegebedürftigkeit vorliegt und welchem Pflegegrad diese
zuzuordnen ist. Weiterhin kann zum Beispiel (z.B.) der Zeitanteil
der Pflegeversicherung bei der Pflege von Personen mit besonders
hohem Bedarf an behandlungspflegerischen Leistungen festzustellen
sein. Die Feststellung dieser Tatbestandsmerkmale erfolgt jedoch
nicht durch den Gutachter, sondern durch die Pflegekasse, welche
sich seiner sachkundigen Hilfe bedient und die Entscheidung
über die Gewährung der beantragten Leistung unter
Berücksichtigung der gutachterlichen Stellungnahme, aber
möglicherweise auch anderer Beweismittel, trifft (vergleiche -
vgl. - Roller in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, § 18 Rz 11,
14).
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29
|
cc) Durch § 275 Abs. 5 SGB V wird
schließlich klargestellt, dass die Ärzte des MDK nicht
berechtigt sind, in die ärztliche Behandlung einzugreifen.
Aufgabe des MDK ist somit die Begutachtung für Zwecke der
Sozialversicherung, nicht die Therapie (BFH-Urteile vom 28.6.2000 -
V R 72/99, BFHE 191, 463, BStBl II 2000, 554 = SIS 00 12 71, unter
II.1.e, Rz 14 ff.; in BFHE 222, 184, BStBl II 2009, 429 = SIS 08 42 94, unter II.1.b, Rz 12; Tehler in Rau/Dürrwächter,
Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 15a Rz 41).
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30
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2. Da es sich bei den Leistungen der
Klägerin auch nicht um Leistungen zur Betreuung oder Pflege
von Personen handelt, ist § 4 Nr. 16 UStG nicht anwendbar.
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31
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3. Schließlich sind sowohl nach § 4
Nr. 15 UStG als auch nach § 4 Nr. 15a UStG nur die
Umsätze der darin genannten Einrichtungen (z.B. der
Sozialversicherungsträger bzw. des MDK) steuerfrei. Die
Klägerin entspricht dieser Vorgabe nicht.
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32
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Denn der MDK ist jeweils die nach § 278
Abs. 2 SGB V in jedem Land von den Landesverbänden der Orts-,
Betriebs- und Innungskrankenkassen, landwirtschaftlichen
Krankenkassen und der Verbände der Ersatzkassen errichtete und
gemeinsam getragene Arbeitsgemeinschaft „Medizinischer
Dienst der Krankenversicherung“. Die Pflegekassen, die
gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 SGB XI bei der
Krankenkasse errichtet werden, sind selbst nicht Mitglieder der
MDK-Arbeitsgemeinschaften. Ebenso wenig ist die vom MDK beauftragte
Klägerin Teil des MDK.
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33
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III. Zur Anrufung des EuGH
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34
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Die Klägerin kann sich jedoch
möglicherweise unmittelbar auf eine Steuerfreiheit ihrer
Leistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
2006/112/EG berufen. Denn die nationalen Regelungen nach § 4
Nr. 15 UStG bzw. § 4 Nr. 15a UStG befreien lediglich
Leistungen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit von
der Besteuerung, nicht aber auch eng mit diesen Leistungen
verbundene Leistungen, wie es Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 2006/112/EG vorsieht. Ob die Leistungen der
Klägerin darunter zu fassen sind, ist jedoch unionsrechtlich
zweifelhaft.
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35
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1. Zur ersten Rechtsfrage
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Mit der ersten Frage soll geklärt werden,
ob eine Gutachtertätigkeit wie die im Ausgangsverfahren zu -
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit
verbundenen - Umsätzen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 2006/112/EG führt.
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36
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a) Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
2006/112/EG definiert nicht, was unter den Begriff „eng
mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit“
verbundenen Umsätzen zu fassen ist.
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37
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aa) Die Befreiung gewährt für
bestimmte, im sozialen Sektor erbrachte Leistungen, die dem
Gemeinwohl dienen, eine günstigere Mehrwertsteuerbehandlung.
Dadurch zielt sie darauf ab, die Kosten dieser Leistungen zu senken
und diese Leistungen dem Einzelnen, der sie in Anspruch nehmen
könnte, zugänglicher zu machen (EuGH-Urteile Kingscrest
Associates und Montecello vom 26.5.2005 - C-498/03, EU:C:2005:322,
UR 2005, 453 = SIS 05 30 13, Rz 30; Les Jardins de Jouvence vom
21.1.2016 - C-335/14, EU:C:2016:36, HFR 2016, 287 = SIS 16 02 98,
Rz 41).
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|
38
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bb) Allerdings sind nicht alle dem Gemeinwohl
dienenden Tätigkeiten befreit. Art. 132 der Richtlinie
2006/112/EG sieht Steuerbefreiungen nur für diejenigen
Tätigkeiten vor, die in der Vorschrift einzeln aufgeführt
und genau beschrieben sind (EuGH-Urteile Brockenhurst College vom
4.5.2017 - C-699/15, EU:C:2017:344, UR 2017, 435 = SIS 17 08 37, Rz
22; The English Bridge Union vom 26.10.2017 - C-90/16,
EU:C:2017:814, HFR 2017, 1174 = SIS 17 20 43, Rz 21; A & G
Fahrschul-Akademie vom 14.3.2019 - C-449/17, EU:C:2019:202, DStR
2019, 620 = SIS 19 01 90, Rz 17). Folglich kann auch nicht jede
Person, die eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit
ausübt, als eine vom Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung
angesehen werden (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones
et germanophone u.a. vom 28.7.2016 - C-543/14, EU:C:2016:605, UR
2016, 634 = SIS 16 17 44, Rz 60 ff.; BFH-Urteil vom 29.3.2017 - XI
R 6/16, BFHE 257, 471 = SIS 17 09 89, Rz 30).
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39
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cc) Die Begriffe, mit denen die
Steuerbefreiungen des Art. 132 der Richtlinie 2006/112/EG
umschrieben sind, sind eng auszulegen, da sie Ausnahmen von dem
allgemeinen, sich aus Art. 2 der Richtlinie 2006/112/EG ergebenden
Grundsatz darstellen, dass jede Leistung, die ein Steuerpflichtiger
gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt. Diese Regel
einer engen Auslegung bedeutet jedoch nicht, dass die zur
Definition der Steuerbefreiungen des Art. 132 der Richtlinie
2006/112/EG verwendeten Begriffe in einer Weise auszulegen sind,
die den Befreiungen ihre Wirkung nähme (EuGH-Urteile
Brockenhurst College, EU:C:2017:344, UR 2017, 435 = SIS 17 08 37,
Rz 23; A & G Fahrschul-Akademie, EU:C:2019:202, DStR 2019, 620 =
SIS 19 01 90, Rz 19).
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40
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b) Bei den Gutachterleistungen der
Klägerin handelt es sich nicht um Leistungen der
Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit, da die
gutachterliche Tätigkeit lediglich als Entscheidungshilfe
für den Erlass von Leistungsbescheiden durch die Pflegekasse
dient. Dass die Leistungen des MDK (auch soweit er sich dazu
Dritter bedient) auf der Grundlage des SGB XI erbracht werden und
dem Gemeinwohl dienen, ist insofern nicht ausreichend.
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41
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c) Fraglich ist aber, ob es sich bei der
gutachterlichen Tätigkeit um eine mit der Sozialfürsorge
oder der sozialen Sicherheit eng verbundene Leistung im Sinne des
Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG handelt.
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42
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aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine
eng mit einer begünstigten Tätigkeit verbundene Leistung
steuerfrei sein, wenn die Haupttätigkeit selbst eine befreite
Tätigkeit ist und sowohl die Haupttätigkeit als auch die
damit eng verbundene Leistung von einer der in Art. 132 Abs. 1
Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG genannten Einrichtungen
erbracht werden (vgl. EuGH-Urteile Kinderopvang Enschede vom
9.2.2006 - C-415/04, EU:C:2006:95, Sammlung amtlich nicht
veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV
- 2006, Beilage 3, 256, Rz 21, 22; Horizon College vom 14.6.2007 -
C-434/05, EU:C:2007:343, BFH/NV 2007, Beilage 4, 389 = SIS 07 34 67, Rz 34, 36).
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43
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bb) Vorliegend ist die Leistungsgewährung
der Pflegekasse eine steuerbefreite Leistung der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit. Die Leistung der
Klägerin dient der Vorbereitung dieser Tätigkeit. Die
Pflegekasse und möglicherweise die Klägerin sind nach
Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG anerkannte
Leistungserbringer.
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d) Läge ein eng verbundener Umsatz vor,
wäre die Leistung für die Tätigkeit der Pflegekasse
unerlässlich.
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aa) Leistungen nach Art. 134 Buchst. a der
Richtlinie 2006/112/EG, die eng mit den u.a. in Art. 132 Abs. 1
Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG genannten Tätigkeiten
verbunden sind, können nur befreit werden, wenn sie zur
Ausübung dieser steuerbefreiten Tätigkeiten
unerlässlich sind (vgl. EuGH-Urteile Ygeia vom 1.12.2005 -
C-394/04 und C-395/04, EU:C:2005:734, BFH/NV 2006, Beilage 2, 127 =
SIS 06 06 83, Rz 26; Kinderopvang Enschede, EU:C:2006:95, BFH/NV
2006, Beilage 3, 256, Rz 25; Horizon College, EU:C:2007:343, BFH/NV
2007, Beilage 4, 389, Rz 38, m.w.N.).
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46
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bb) Bei der Prüfung der
Unerlässlichkeit der Leistungen ist zu berücksichtigen,
ob die eng verbundene (gutachterliche) Leistung von solcher Art
oder Qualität ist, dass davon auszugehen ist, dass ohne
Mitwirken des Gutachters eine gleichwertige Einschätzung nicht
zur Verfügung stünde und ohne Rückgriff auf ein
derartiges Gutachten keine Gleichwertigkeit der
Pflegekassenleistungen gewährleistet wäre bzw. dass diese
Leistung notwendig ist und denen von begünstigten
Einrichtungen entspricht (vgl. analog EuGH-Urteile Kinderopvang
Enschede, EU:C:2006:95, BFH/NV 2006, Beilage 3, 256, Rz 27 ff.;
Horizon College, EU:C:2007:343, BFH/NV 2007, Beilage 4, 389, Rz 39;
Les Jardins de Jouvence, EU:C:2016:36, HFR 2016, 287 = SIS 16 02 98, Rz 53).
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47
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cc) Dies ist hier der Fall. Denn ausweislich
der Gesetzgebungsmaterialien (vgl. Drucksachen des Deutschen
Bundestages - BTDrucks - 12/5952, 36) ist für eine
ganzheitliche Beurteilung der Pflegesituation, insbesondere der
Behinderung und des Hilfsbedarfs, die Beteiligung von
Pflegefachkräften und anderer geeigneter Fachkräfte (z.B.
Heil- und Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Psychologen), die
entweder beim MDK angestellt oder von ihm im Einzelfall beauftragt
werden, unverzichtbar. Außerdem sieht B 1 der BRi die
Beteiligung von externen Kräften bei der Erstellung von
Gutachten des MDK zur Bewältigung von Antragsspitzen und zu
speziellen gutachterlichen Fragestellungen vor.
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e) Schließlich wird die Tätigkeit
der Klägerin nicht in unmittelbarem Wettbewerb zu
Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen
Unternehmen durchgeführt (Art. 134 Buchst. b der Richtlinie
2006/112/EG).
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f) Auch wenn der Gesetzgeber bei
Einführung des § 4 Nr. 15a UStG davon ausging, dass die
gutachterliche Tätigkeit des MDK eine eng mit der
Sozialfürsorge verbundene Leistung darstellt (vgl. BTDrucks
13/3084, 25; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 222, 184, BStBl II 2009,
429 = SIS 08 42 94, unter II.4., Rz 21), und Leistungen, die auf
der Grundlage des Sozialgesetzbuchs - hier § 18 SGB XI -
erbracht werden, oftmals eng mit der sozialen Fürsorge oder
der sozialen Sicherheit verbunden sind (vgl. § 1 Abs. 1 des
Ersten Buches Sozialgesetzbuch; BFH-Urteil vom 7.12.2016 - XI R
5/15, BFHE 256, 550 = SIS 17 04 47, Rz 25), bestehen hieran jedoch
unionsrechtliche Zweifel.
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50
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aa) Zum einen handelt es sich nach der
Rechtsprechung des vorlegenden Senats dann nicht um eng mit der
Sozialfürsorge verbundene Leistungen, wenn sie nicht
gegenüber dem Hilfsbedürftigen, sondern an einen
Unternehmer erbracht werden, der sie benötigt, um seine eigene
steuerbefreite Ausgangsleistung an den jeweiligen Patienten oder
Hilfsbedürftigen zu erbringen (BFH-Urteil vom 1.12.2010 - XI R
46/08, BFHE 232, 232 = SIS 11 05 50, Rz 39). Dies gilt z.B.
für die Gestellung von Personal (vgl. BFH-Beschluss vom
22.7.2015 - V R 20/12 = SIS 13 30 67, UR 2015, 877, Rz 3;
BFH-Urteil vom 14.1.2016 - V R 56/14, BFH/NV 2016, 792 = SIS 16 07 43, Rz 18, jeweils unter Bezugnahme auf das EuGH-Urteil
„go fair“ Zeitarbeit vom 12.3.2015 - C-594/13,
EU:C:2015:164, UR 2015, 351 = SIS 15 06 04, Rz 28) oder allgemeine
Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 256, 550 = SIS 17 04 47, Rz 24).
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Dem steht auch nicht entgegen, dass nach der
Rechtsprechung des BFH ein steuerbefreiter Umsatz nach Art. 132
Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG auch dann vorliegen
kann, wenn Leistungen nicht gegenüber Patienten oder
Krankenkassen erbracht werden. Denn für die Steuerfreiheit
nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG kommt es
nicht auf die Person des Leistungsempfängers an, da sich die
personenbezogene Voraussetzung der Steuerfreiheit auf den
Leistenden beziehe, der Träger eines ärztlichen oder
arztähnlichen Berufs sein müsse (BFH-Urteil vom 2.8.2018
- V R 37/17, BFHE 263, 63 = SIS 18 19 21, Rz 16, m.w.N.). Ob diese
Überlegung auch auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
2006/112/EG übertragbar ist, ist fraglich.
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52
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bb) Zum anderen hat auch der EuGH in der
Rechtssache Unterpertinger (EuGH-Urteil Unterpertinger,
EU:C:2003:625, UR 2004, 70 = SIS 04 01 34) hinsichtlich eines
vergleichbaren Sachverhalts (der Erstellung eines Gutachtens zum
Gesundheitszustand einer Person im Hinblick darauf, Anhaltspunkte
zu gewinnen, die für oder gegen einen Antrag auf Zahlung einer
Invaliditätspension sprechen) eine Steuerbefreiung nach Art.
132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG nicht in Betracht
gezogen.
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53
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2. Zur Rechtsfrage 2a)
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Mit dieser Rechtsfrage soll für den Fall,
dass die Frage 1 bejaht wird, geklärt werden, ob es für
die Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit
sozialem Charakter im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 2006/112/EG ausreicht, dass dieser als Subunternehmer im
Auftrag einer Einrichtung, die nach nationalem Recht als soziale
Einrichtung im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
2006/112/EG anerkannt ist, Leistungen erbringt.
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a) Der Begriff der Einrichtung mit sozialem
Charakter im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
2006/112/EG ist grundsätzlich weit genug, um auch
natürliche Personen und private Einheiten mit
Gewinnerzielungsabsicht zu erfassen (vgl. dazu EuGH-Urteile Gregg
vom 7.9.1999 - C-216/97, EU:C:1999:390, UR 1999, 419 = SIS 00 01 53, Rz 21; Kingscrest Associates und Montecello, EU:C:2005:322, UR
2005, 453 = SIS 05 30 13, Rz 35, 40; MDDP vom 28.11.2013 -
C-319/12, EU:C:2013:778, HFR 2014, 177 = SIS 13 32 46, Rz 28, 31;
BFH-Urteile in BFHE 257, 471 = SIS 17 09 89, Rz 28; vom 13.6.2018 -
XI R 20/16, BFHE 262, 220 = SIS 18 13 92, Rz 53, m.w.N.).
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b) Nach den EuGH-Urteilen Kügler vom
10.9.2002 - C-141/00 (EU:C:2002:472, UR 2002, 513 = SIS 02 97 10,
Rz 54, 58) und Zimmermann vom 15.11.2012 - C-174/11 (EU:C:2012:716,
UR 2013, 35 = SIS 13 02 30, Rz 26) legt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g
der Richtlinie 2006/112/EG die Voraussetzungen und Modalitäten
der Anerkennung nicht fest. Vielmehr ist es Sache des
innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln
aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche
Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen
Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der
Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung
maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu
diesen gehören (vgl. BFH-Urteil in BFHE 257, 471 = SIS 17 09 89, Rz 29 ff., m.w.N.):
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- das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei
denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder
Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im
Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann,
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- das mit den Tätigkeiten des
betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse,
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- die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige
mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer
ähnlichen Anerkennung kommen, und
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- die Übernahme der Kosten der fraglichen
Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder durch
andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit.
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56
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c) Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH
erstreckt sich die Anerkennung des MDK als soziale Einrichtung im
Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG
durch § 4 Nr. 15a UStG nicht auch auf Subunternehmer des MDK.
Der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer (vgl.
EuGH-Urteile Kügler, EU:C:2002:473, UR 2002, 513, 1. Leitsatz
sowie Rz 30; Kingscrest Associates und Montecello, EU:C:2005:322,
UR 2005, 453 = SIS 05 30 13, Rz 41; Turn- und Sportunion Waldburg
vom 12.1.2006 - C-246/04, EU:C:2006:22, UR 2006, 224 = SIS 06 10 92, Rz 33) gebiete - auch unter dem Gesichtspunkt der freien Wahl
des Organisationsmodells - insofern keine andere Auslegung
(BFH-Urteile vom 8.11.2007 - V R 2/06, BFHE 219, 428, BStBl II
2008, 634 = SIS 08 10 21; in BFHE 222, 184, BStBl II 2009, 429 =
SIS 08 42 94). Denn selbst wenn ein Gutachten der Klägerin die
gleiche Qualität wie das Gutachten einer beim MDK angestellten
Fachkraft bzw. eines direkt von der Pflegekasse beauftragten
Gutachters habe und ebenso zur Grundlage der Entscheidung der
Pflegekasse werde, lägen dennoch unterschiedlich ausgestaltete
rechtliche Situationen vor, die umsatzsteuerrechtlich nicht gleich
behandelt werden müssten (BFH-Urteil in BFHE 219, 428, BStBl
II 2008, 634 = SIS 08 10 21, unter II.2.b dd, Rz 43; in BFHE 222,
184, BStBl II 2009, 429 = SIS 08 42 94, unter II.3., Rz 19; a.A.
Tehler in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 4 Nr. 15a Rz
118).
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57
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Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die
begünstigende Regelung des § 4 Nr. 15a UStG dadurch, dass
sie nur für Leistungen des MDK gilt, unionsrechtskonform an
ein personenbezogenes Merkmal anknüpfe, was unterschiedliche
Wettbewerbsbedingungen für verschiedene Wirtschaftsteilnehmer
impliziere (BFH-Urteil vom 28.6.2017 -XI R 23/14, BFHE 258, 517 =
SIS 17 15 39, Rz 63, m.w.N.). Die freie Wahl des
Organisationsmodells führe indessen nicht dazu, dass bei den
Steuerbefreiungen, die - wie Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 2006/112/EG mit der Anerkennung durch den Mitgliedstaat
- unternehmerbezogene Merkmale voraussetzen, auf diese
unternehmerbezogenen Merkmale unter Berufung auf die Freiheit des
Organisationsmodells verzichtet werden könne (BFH-Urteile vom
8.8.2013 - V R 8/12, BFHE 242, 548 = SIS 13 30 68, Rz 46; vom
9.3.2017 - V R 39/16, BFHE 257, 456 = SIS 17 08 88, Rz 19).
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d) Fraglich ist jedoch, ob sich etwas anderes
daraus ergibt, dass - abgesehen von der datenschutzrechtlichen
Regelung des § 18 Abs. 7 Satz 3 SGB XI (als nicht ausreichend
angesehen vom BFH-Urteil in BFHE 222, 184, BStBl II 2009, 429 = SIS 08 42 94, unter II.4.b, Rz 29) - mit den BRi vom Spitzenverband
Bund der Pflegekassen erlassene und vom Bundesminister für
Gesundheit genehmigte Regelungen bestehen, die die Einbindung
Dritter durch den MDK zur Begutachtung rudimentär regeln (vgl.
unter B 1 der BRi), aber lediglich für den MDK
gemäß § 53a Satz 3 SGB XI verbindlich sind. Hierin
könnte eine hinreichende Anerkennung liegen, auch wenn der
Gutachter Subunternehmer ist.
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3. Zur Rechtsfrage 2b)
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Mit dieser Frage soll für den Fall, dass
die Frage 1 bejaht wird und die Subunternehmerstellung allein nicht
ausreicht, geklärt werden, ob die pauschale Übernahme der
Kosten des Hauptunternehmers durch die Kranken- und Pflegekassen
dafür ausreichend ist, dass auch ein Subunternehmer als eine
anerkannte Einrichtung im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 2006/112/EG zu beurteilen ist.
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a) Zu den im Einklang mit dem Unionsrecht
für die Anerkennung als soziale Einrichtung maßgeblichen
Gesichtspunkten gehört u.a. die Übernahme der Kosten
für die fraglichen Leistungen zum großen Teil durch
Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen
Sicherheit (EuGH-Urteil Zimmermann, EU:C:2012:716, UR 2013, 35 =
SIS 13 02 30, Rz 31; BFH-Urteile in BFHE 256, 550 = SIS 17 04 47,
Rz 29; in BFHE 258, 517 = SIS 17 15 39, Rz 40; jeweils m.w.N.; in
BFHE 262, 220 = SIS 18 13 92, Rz 50).
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Ausreichend ist nach der Rechtsprechung des
BFH grundsätzlich, dass die Kosten mittelbar (durchgeleitet)
von Einrichtungen der sozialen Sicherheit getragen werden, auch
wenn - wie beim Subunternehmer - keine direkten vertraglichen
Beziehungen zum öffentlichen Träger bestehen (BFH-Urteile
vom 6.4.2016 - V R 55/14, BFHE 253, 466 = SIS 16 10 17, Rz 38 ff.;
in BFHE 256, 550 = SIS 17 04 47, Rz 35; in BFHE 262, 220 = SIS 18 13 92, Rz 71; jeweils m.w.N.).
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62
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b) Die Finanzierung des MDK ist in § 281
SGB V geregelt. Während die für die Aufgaben des MKD nach
§ 275 Abs. 1 bis 3a SGB V erforderlichen Mittel von den
Krankenkassen durch eine Umlage aufgebracht werden (§ 281 Abs.
1 Sätze 1 bis 3 SGB V), sind die Leistungen der MDK im Rahmen
der ihnen nach § 275 Abs. 4 SGB V übertragenen Aufgaben
vom jeweiligen Auftraggeber durch aufwandsorientierte
Nutzerentgelte zu vergüten (§ 281 Abs. 1a SGB V). Die
Umlage wird grundsätzlich nach dem Wohnortprinzip nach dem
Verhältnis der Mitgliederzahlen der Kassen im
Zuständigkeitsbereich des MDK bemessen (§ 281 Abs. 1 Satz
2 SGB V).
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Gemäß § 281 Abs. 1 Satz 5 SGB
V tragen die Pflegekassen pauschal die Hälfte der
umlagefinanzierten Kosten.
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c) Die Begutachtung nach § 18 SGB XI wird
danach durch Umlagen finanziert, wobei die Zuweisung der
erforderlichen Mittel nach § 281 SGB V unabhängig von der
konkreten Inanspruchnahme durch die Pflegekasse und auch
unabhängig davon erfolgt, ob der MDK Dritte zur Erfüllung
seiner Aufgaben - entsprechend den Vorgaben der BRi - eingeschaltet
hat. Damit haben die Pflege- bzw. die Krankenkassen im Ergebnis
mittelbar sämtliche Kosten der gutachterlichen Tätigkeit
der Klägerin getragen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 256, 550 = SIS 17 04 47, Rz 35).
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d) Andererseits hat der deutsche Gesetzgeber
bei der Umsetzung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
2006/112/EG in nationales Recht hinsichtlich einer erforderlichen
Kostenübernahme durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen
der sozialen Sicherheit zum Teil den Begriff der
„Vergütung“ gewählt (vgl. z.B. §
4 Nr. 16 Buchst. k beziehungsweise ab 1.7.2013: Buchst. l UStG;
§ 4 Nr. 16 Satz 2 UStG; § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b
Doppelbuchst. bb UStG). Dies wird durch die Rechtsprechung des BFH
dahingehend ausgelegt, dass aus der Verwendung des Ausdrucks
„vergütet wurden“ statt
„Kostenübernahme“ zwar nicht geschlossen
werden könne, dass eine mittelbare Vergütung nicht
ausreiche (BFH-Urteil vom 22.6.2016 - V R 46/15, BFHE 254, 272 =
SIS 16 17 69, Rz 50). Voraussetzung einer
„Vergütung“ sei jedoch zumindest, dass der
zuständige Träger die durch einen Subunternehmer an einen
anderen Unternehmer im Rahmen der begünstigten Tätigkeit
erbrachten Leistungen kennt und die Kosten hierfür, wenn auch
mittelbar, tragen will (vgl. BFH-Urteile in BFHE 254, 272 = SIS 16 17 69, Rz 31; in BFHE 262, 220 = SIS 18 13 92, Rz 66).
Vergütet der Kostenträger dagegen nicht Leistungen des
Subunternehmers, sondern lediglich Leistungen des
Leistungserbringers, liegt danach keine bei der Beurteilung einer
Anerkennung im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
2006/112/EG zu berücksichtigende Kostenübernahme vor
(BFH-Urteile vom 30.11.2016 - V R 10/16, BFH/NV 2017, 627 = SIS 17 06 11, Rz 13; in BFHE 262, 220 = SIS 18 13 92, Rz 68).
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Im vorliegenden Fall gibt es keine
Feststellungen dazu, ob die Pflegekasse im Rahmen der pauschalen
Kostenübernahme für den MDK von den jeweiligen
Subunternehmerleistungen wusste und diese auch
„vergüten“ wollte. Würde eine
mittelbare Finanzierung nicht ausreichen, müsste der
Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen werden. Hieraus ergibt
sich die Vorlagefrage 2b).
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4. Zur Rechtsfrage 2c)
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Mit dieser Frage soll für den Fall, dass
die Frage 1 bejaht wird und die Subunternehmerstellung nicht
ausreicht, geklärt werden, ob bei mittelbarer Kostentragung
durch einen Sozialträger die Anerkennung als Einrichtung mit
sozialem Charakter davon abhängig gemacht werden kann, dass
der Steuerpflichtige einen Vertrag mit einem Träger der
sozialen Sicherheit oder Sozialfürsorge tatsächlich
abgeschlossen hat, oder ob es für eine Anerkennung ausreicht,
dass nach nationalem Recht ein Vertrag abgeschlossen werden
könnte.
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a) Nach der Rechtsprechung des BFH kann die
Kostenübernahme nur dann zu einer solchen Anerkennung im Sinne
des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG
führen, wenn diese gesetzlich geregelt ist.
Demgemäß kann es zu einer Anerkennung aufgrund einer
vertraglich vereinbarten Kostenübernahme nur dann kommen, wenn
für den Vertragsschluss eine gesetzliche Grundlage besteht
(BFH-Urteile vom 18.2.2016 - V R 46/14, BFHE 253, 421 = SIS 16 09 18, Rz 43, m.w.N.; in BFHE 254, 272 = SIS 16 17 69, Rz 37). Ebenso
wie der Umstand, dass keine öffentliche Kostenbeteiligung
gewährt wird, für sich genommen eine solche Anerkennung
nicht ausschließt (EuGH-Urteil Les Jardins de Jouvence,
EU:C:2016:36, HFR 2016, 287 = SIS 16 02 98, Rz 39), führt die
abstrakte Übernahmefähigkeit von Kosten nicht zwingend zu
einer Anerkennung als soziale Einrichtung (BFH-Urteil in BFHE 257,
456 = SIS 17 08 88, Rz 22).
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69
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Bestehen nur geringe gesetzliche Anforderungen
für einen Vertragsschluss, soll insofern die Möglichkeit
eines Vertragsschlusses ausreichen (BFH-Urteil vom 18.8.2015 - V R
13/14, BFHE 251, 282 = SIS 15 23 06, Rz 20 f.). Sieht das Gesetz
jedoch zahlreiche Bedingungen für einen Vertragsschluss vor,
soll allein die abstrakte Kostenübernahmefähigkeit nicht
ausreichen (BFH-Urteile in BFHE 257, 456 = SIS 17 08 88, Rz 20 f.;
vom 21.6.2017 - V R 29/16, BFH/NV 2017, 1465 = SIS 17 18 84, Rz
12), da der nationale Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der
unternehmerbezogenen Anerkennung befugt sei, z.B. die
Leistungsqualität zu berücksichtigen, wie sie sich etwa
aus einer Prüfung vor Vertragsschluss durch den
Sozialhilfeträger ergebe (BFH-Urteil in BFHE 257, 456 = SIS 17 08 88, Rz 18).
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b) § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB XI wurde mit
Wirkung zum 30.10.2012 durch das PNG dahingehend geändert,
dass die Pflegekassen statt des MDK auch andere unabhängige
Gutachter mit der Prüfung, ob die Voraussetzungen der
Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad
vorliegt bzw. für welchen Zeitanteil die Pflegeversicherung
bei ambulant versorgten Pflegebedürftigen die hälftigen
Kosten zu tragen hat, beauftragen können.
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71
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Bei direkter Beauftragung von
unabhängigen Gutachtern gelten für die Pflegekassen
(§ 53b Abs. 1 Satz 2 SGB XI) die nach § 53b SGB XI
erlassenen UGu-RiLi, in denen z.B. in Ziff. 2 die
Qualifikationsanforderungen an die von den Pflegekassen
beauftragten Gutachter detailliert geregelt sind. Dies könnte
dahingehend verstanden werden, dass ein Vertrag besteht, sofern
dies unionsrechtlich zulässig ist.
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5. Die vorgelegten Rechtsfragen sind
entscheidungserheblich.
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a) Eine Steuerbefreiung scheidet aus, wenn
Frage 1 dahingehend zu beantworten ist, dass die
Gutachtertätigkeit keine von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 2006/112/EG begünstigte Tätigkeit
darstellt.
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b) Ist der Anwendungsbereich hingegen
eröffnet, kommt es für die Steuerpflicht der
Gutachterleistungen darauf an, unter welchen Umständen von
einer Anerkennung auszugehen ist, insbesondere, ob die
Tätigkeit als Subunternehmer einer anerkannten Einrichtung
ausreicht (Frage 2a). Wenn dies nicht ausreicht, ist entscheidend,
ob eine pauschale Kostentragung genügt oder es einer
wissentlichen und willentlichen Kostenübernahme bedarf (Frage
2b), bzw. ob - und unter welchen Umständen - eine gesetzliche
Grundlage für einen direkten Vertragsschluss erforderlich ist
(Frage 2c).
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