Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 15.11.2018 - 7 K
7196/15 wird mit der Maßgabe als unbegründet
zurückgewiesen, dass die Vorentscheidung hinsichtlich
Umsatzsteuer 2011 aufgehoben und die Klage abgewiesen wird.
Die Revision des Beklagten wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen die
Klägerin zu 53 % und der Beklagte zu 47 %.
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A. Die Klägerin,
Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine
GmbH, betrieb in den Streitjahren einen Groß- und
Einzelhandel im In- und Ausland mit alkoholischen und alkoholfreien
Getränken sowie mit … .
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Sachverhaltskomplex: R GmbH
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Die Klägerin bezog von Ende August
2009 bis Anfang September 2010 in größerem Umfang Waren
von der R GmbH. Die streitgegenständliche Vorsteuer ergibt
sich jedoch nur aus Vorgängen Ende August 2009: Danach bot die
R GmbH der Klägerin mit Telefax vom 24.08.2009 die Lieferung
von Getränkemarke 1 und 2 an. Am gleichen Tag bestellte die
Klägerin jeweils vier LKW-Ladungen mit Dosen
(Getränkemarke 1 und 2). Ebenfalls am 24.08.2009 bestellte die
SBV bei der Klägerin je vier LKW-Ladungen mit Dosen
(Getränkemarke 1 und 2). Die Lieferungen wurden
durchgeführt, indem die Ware der R GmbH durch eine u.a. auch
von der Klägerin beauftragte Logistikfirma entweder im Lager
der Klägerin oder einem sonstigen Betriebsgelände der
Logistikfirma oder einem anderen Lager umgeladen wurde, bevor sie
zur SBV gebracht wurde. Allerdings handelte es sich um
Warenbewegungen im Kreis, da die Ware von der SBV wieder zur R GmbH
gelangte.
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Die R GmbH erteilte insgesamt acht
Rechnungen vom 26.08.2009 (4-mal Getränkemarke 2 mit
Vorsteuerausweis in Höhe von je ... EUR; 4-mal
Getränkemarke 1 mit Vorsteuerausweis in Höhe von je ...
EUR). Außerdem erteilte sie eine Rechnung über
Getränkemarke 1 am 30.08.2009 mit einem Vorsteuerausweis in
Höhe von ... EUR und eine Gutschrift vom 30.10.2009 mit einem
Vorsteuerausweis in Höhe von ./. ... EUR. Dazu legte die
Klägerin Lieferscheine mit Weiterverladevermerken von
unterschiedlichen Tagen vor. Zudem waren entsprechende
Ausgangsrechnungen an die SBV, Frachtbriefe und
Versandbescheinigungen vorhanden.
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Im Rahmen einer Außenprüfung, in
deren Verlauf der Beklagte, Revisionskläger und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) von der Steuerfahndung
informiert wurde, dass die Klägerin in sog.
Umsatzsteuerkarussellketten eingebunden gewesen sei, kam die
Prüferin zu der Auffassung, dass Vorsteuer u.a. aus den
Rechnungen der R GmbH in Höhe von ... EUR in 2009 nicht
abzugsfähig sei, da die Rechnungsausstellerin keine Waren
geliefert habe. Dem folgend erließ das FA am 24.02.2014 einen
geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2009, mit
dem es die Umsatzsteuer auf ... EUR festsetzte.
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Sachverhaltskomplex: B GmbH
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Im Juni und Juli 2010 bestellte die
Klägerin Getränke bei der P GmbH. Die P GmbH wurde ebenso
wie die B GmbH von G beherrscht. Das Geschäftsmodell der P
GmbH bestand ab Ende 2008 darin, von Hintermännern
unversteuerte Getränke in großen Mengen zu beziehen und
dafür von Dritten Scheinrechnungen über entsprechende
Lieferungen zu erhalten und die Getränke an weitere Dritte,
u.a. auch die Klägerin, zu veräußern, wobei die
Hintermänner der P GmbH Vorgaben für die Preisgestaltung
machten. Danach waren die Preise für die Kunden der P GmbH
gegenüber dem Preis für ordnungsgemäß
versteuerte Ware günstig, aber nicht
marktunüblich.
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Die B GmbH bezog ihre Ware in 2010 in einem
wesentlichen Umfang von der P GmbH zur Weiterveräußerung
an Dritte im sog. Reihengeschäft. Sowohl bei der B GmbH als
auch bei der P GmbH war D Ansprechpartner der Klägerin, was
auch die für den Einkauf zuständige Angestellte der
Klägerin wusste.
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D wollte für einen Teil der Bestellung
der Klägerin das Geschäft über die ebenfalls von ihm
vertretene B GmbH abwickeln. Dementsprechend gab es vor Anlieferung
eines Teils der Getränke bei der Klägerin vorherige
Lieferankündigungen der B GmbH per E-Mail an die für den
Einkauf zuständige Angestellte der Klägerin. Der Ware war
jeweils ein Lieferschein der B GmbH beigefügt. Die Waren
wurden im Lager der Klägerin erst entgegengenommen, nachdem
die Angestellte der Klägerin geklärt hatte, dass die Ware
von der B GmbH anstelle der P GmbH geliefert wurde. Für diese
Leistungen wurden wiederholt und im engen zeitlichen Zusammenhang
von der B GmbH (und nicht von der P GmbH) Lieferdokumente
übermittelt und Rechnungen gestellt, worauf auch die Zahlungen
der Klägerin an die B GmbH erfolgten. Allerdings wiesen
jedenfalls ein Teil der Speditionsbelege die P GmbH als Absender
aus.
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Die B GmbH erklärte die der
Klägerin in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in ihren
Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Auch die P GmbH erklärte
Umsatzsteuer aus den streitigen Geschäften mit der B GmbH. G
wurde wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer zugunsten der B GmbH
verurteilt, wobei der Strafausspruch nicht darauf beruht, dass
Umsätze gegenüber der Klägerin oder der B GmbH nicht
der Besteuerung unterworfen worden seien.
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Nach einer Umsatzsteuer-Nachschau, einer
Umsatzsteuer-Sonderprüfung und einer Außenprüfung
bei der Klägerin teilte das FA die Auffassung der Prüfer,
dass u.a. Vorsteuer aus den Rechnungen der B GmbH in Höhe von
... EUR in 2010 nicht abzugsfähig sei, da die
Rechnungsausstellerin entweder keine Waren geliefert oder
darüber keine Verfügungsmacht gehabt habe.
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Sachverhaltskomplex: J-S.A.R.L.
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Am 14.06.2010 bat ein neuer Kunde die
Klägerin um Übersendung einer Preisliste, um eine
geschäftliche Basis aufbauen zu können. Er gab an, eine
Import-Exportfirma aus Luxemburg mit den Firmendaten: „J ...
S.A.R.L., Inhaber: A, N-Straße ..., L-... X, USt-IdNr.
...“ zu sein. Auf die Anfrage der Klägerin beim
Bundeszentralamt für Steuern (BZSt), teilte dieses am
16.06.2010 mit, dass die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
(USt-IdNr.) der J-S.A.R.L. gültig sei.
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Am 06.07.2010 bestellte die J-S.A.R.L. per
E-Mail „2 Lkw 64 Paletten“ - Getränkemarke 3; auf
dem Briefbogen sind neben der deutschen noch eine luxemburgische
E-Mail-Adresse, eine deutsche Telefonnummer, die oben genannte
luxemburgische Anschrift, luxemburgische Steuer- und USt-IdNrn.
sowie eine luxemburgische Bankverbindung angegeben. Die
Klägerin übersandte am 06.07.2010 per E-Mail eine
Pro-forma-Rechnung, bat um Mitteilung der Spedition sowie des
LKW-Kennzeichens und stellte die Ware am 08.07.2010 zur Abholung
bereit. Auf der Rückseite des von der Klägerin erstellten
Vereinfachten Begleitdokuments innergemeinschaftliche
Beförderung von Waren des steuerrechtlichen freien Verkehrs
(VBD) zur Rechnung vom 08.07.2010 bestätigte die J-S.A.R.L.,
dass die von ihr angegebene USt-IdNr. gültig sei und dass sie
die Ware zur o.g. Anschrift ausführe. Ferner bestätigte
sie, dass die Ware bei ihr am 08.07.2010 eingegangen sei. Dem war
die Ortsbezeichnung „X“ beigefügt, ferner zwei
verschiedene Firmenstempel, einmal mit der o.g. Anschrift in X,
einmal mit der Anschrift „M-Straße ..., L-... Z“
mit luxemburgischer Telefon- und Fax-Nr. sowie Handy-Nr. mit
deutscher Vorwahl und einer luxemburgischen E-Mail-Adresse. Die
Klägerin hat sich keine Kopien der Frachtbriefe zukommen
lassen. Die Rechnungen wurden in bar durch eine Person bezahlt,
deren Personalausweis die Klägerin kopierte und zu ihren
Unterlagen nahm, die jedoch keine schriftliche Legitimation der
J-S.A.R.L. o.Ä. vorlegte.
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In entsprechender Weise wurden auch die
übrigen Lieferungen abgewickelt, wobei auf den VBDs, mit denen
A als Vertreter der J-S.A.R.L. jeweils den Erhalt der Ware in
Luxemburg bestätigte, nur der Firmenstempel mit der Anschrift
„N-Straße ...“ (zweifach) abgedruckt wurde.
Für die nach dem 05.04.2011 ausgeführten Lieferungen an
die J-S.A.R.L. fehlt es aber an
Verbringungs-/Versandbescheinigungen der Empfängerin. Es
handelt sich um acht Lieferungen im Volumen von insgesamt ...
EUR.
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Die streitigen Lieferungen an die
J-S.A.R.L. wurden weder von der Klägerin noch von der
J-S.A.R.L. in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert
oder versendet, sondern an Abnehmer im Großraum F (Inland)
geliefert. Dem entsprechend kam es auch nicht zur
Erwerbsbesteuerung bei der J-S.A.R.L. in Luxemburg.
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Am 01.09.2010 richtete die Klägerin
ein Schreiben an das FA und bat um die Prüfung der
umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Geschäfte mit der
J-S.A.R.L., da der wirtschaftliche Hintergrund der Bestellungen und
die Abholung durch ein Unternehmen in Luxemburg nicht
nachvollziehbar sei.
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Die Prüferin des FA stellte am
06.10.2010 fest, dass die USt-IdNr. der J-S.A.R.L. seit dem
24.06.2010 nicht mehr gültig war, und leitete ein
Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin ein. Sie richtete am
03.11.2010 ein Auskunftsersuchen an die luxemburgischen
Behörden, die daraufhin am 17.02.2011 mitteilten (an das FA
vom BZSt am 24.02.2011 weitergeleitet), dass die J-S.A.R.L. unter
der Anschrift in X nicht aufzufinden gewesen und daher aus der
Liste der Mehrwertsteuerpflichtigen zum 24.06.2010 gelöscht
worden sei.
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Am 01.04.2011 teilte das BZSt der
Klägerin auf ihrer Zusammenfassenden Meldung für das IV.
Quartal 2010 mit, dass die USt-IdNr. der J-S.A.R.L. seit dem
24.06.2010 ungültig sei, und am 11.04.2011 teilte auch das FA
der Klägerin mit, dass aus diesem Grund Bedenken gegen die
Steuerfreiheit der an die J-S.A.R.L. ausgeführten Lieferungen
bestünden.
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Entsprechend der Auffassung der
Prüferin, dass die Lieferungen an die J-S.A.R.L. nicht als
innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei seien und dass die
Klägerin auch keinen Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4
des Umsatzsteuergesetzes (UStG) genieße, erließ das FA
am 26.06.2013 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2010
und 2011. Darin erhöhte es die Umsätze um die aus den
Bruttobeträgen herausgerechneten Nettobeträge in
Höhe von ... EUR (= Umsatzsteuer in Höhe von ... EUR)
für 2010 und in Höhe von ... EUR (= Umsatzsteuer in
Höhe von ... EUR) für 2011. Ferner wurde (im hiesigen
Verfahren nicht mehr streitige) Vorsteuer in Höhe von ... EUR
in 2011 als nicht abzugsfähig angesehen.
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Im Einspruchsverfahren wandte die
Klägerin u.a. ein, ihr sei im Hinblick darauf, dass das FA
seine am 06.10.2010 erlangte Kenntnis über die
Ungültigkeit der USt-IdNr. der J-S.A.R.L. nicht
unverzüglich an sie weitergegeben habe, Vertrauensschutz zu
gewähren. Dem hielt das FA am 03.01.2014 (unter Versagung
einer Abhilfe und ohne Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung)
u.a. entgegen, dass die Finanzbehörde nach eigenem Ermessen
Art und Umfang der Ermittlungen bestimmen könne. Hiergegen
wandte sich die Klägerin am 11.02.2014, da sie die
Ausführungen des FA zur fehlenden Mitteilung seiner
Erkenntnisse für unzureichend hielt.
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Weiteres Verfahren:
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Am 19.03.2014 ergingen zur Auswertung eines
Berichts über eine Lohnsteueraußenprüfung und
betreffend 2010 zur Auswertung der Feststellungen zum Komplex B
GmbH geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2010
und 2011.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 13.07.2015
(Umsatzsteuerbescheid für 2009 vom 24.02.2014) wies das FA den
Einspruch als unbegründet zurück. Es lehnte insbesondere
einen Gutglaubensschutz ab, da eine Vielzahl von
Auffälligkeiten Anlass zu eingehenden Prüfungen durch die
Klägerin gegeben hätten, die sie zur Erkenntnis
geführt hätten, dass sie in betrügerische
Aktivitäten der R GmbH und der SBV eingebunden gewesen
war.
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Mit seiner Einspruchsentscheidung vom
gleichen Tag (Umsatzsteuer für 2010 und 2011) hielt das FA an
seiner Auffassung fest, dass die B GmbH nicht der leistende
Unternehmer gewesen sei, da sie zu keinem Zeitpunkt die
Verfügungsmacht über die Waren erworben habe. Da die P
GmbH die Lieferungen vorgenommen habe, fehle es auf den vorgelegten
Rechnungen (die die B GmbH als Rechnungsausstellerin und
Lieferantin bezeichneten) am Namen und der Anschrift des leistenden
Unternehmers. Der Klägerin stehe auch kein Gutglaubensschutz
zu, da ihr bekannt gewesen sei, dass sie die Ware nicht bei der B
GmbH, sondern bei der P GmbH bestellt habe.
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Außerdem sah das FA in der
Einspruchsentscheidung die Einsprüche auch hinsichtlich des
Komplexes J-S.A.R.L. als unbegründet an. U.a. habe die
Klägerin ihre Sorgfaltspflichten dadurch verletzt, dass sie
eine Bestätigung über die Gültigkeit der USt-IdNr.
der J-S.A.R.L. nicht unmittelbar vor Ausführung der ersten
Lieferung am 08.07.2010 eingeholt habe.
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23
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Im Übrigen gab das FA mit den
Einspruchsentscheidungen vom 13.07.2015 den Einsprüchen
hinsichtlich der Umsatzsteuer für die Jahre 2010 und 2011
teilweise statt, indem es nicht mehr streitige
Vorsteuerbeträge aus anderen Geschäften im
Billigkeitswege berücksichtigte und unter Änderung der
Umsatzsteuerbescheide vom 19.03.2014 die Umsatzsteuer für 2010
auf ... EUR und die Umsatzsteuer für 2011 auf ... EUR
festsetzte.
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24
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Der hiergegen gerichteten Klage gab das
Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 15.11.2018 - 7
K 7196/15 (EFG 2019, 211 = SIS 18 21 75) dahingehend statt, dass es
die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung weiterer Vorsteuern in
Höhe von ... EUR für das Jahr 2009 und in Höhe von
... EUR für das Jahr 2010 festsetzte; im Übrigen wies es
die Klage ab.
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25
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Nach dem Urteil lagen den Rechnungen
betreffend „R GmbH“ und „B GmbH“ steuerbare
und steuerpflichtige Lieferungen der Rechnungsaussteller zugrunde,
sodass der Vorsteuerabzug zu gewähren war. Dagegen seien die
Lieferungen betreffend „J-S.A.R.L.“ nicht als weitere
steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen zu
berücksichtigen und der Klägerin insofern auch kein
Vertrauensschutz zu gewähren. Eine abweichende
Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen könne die
Klägerin nicht beanspruchen.
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Sowohl die Klägerin als auch das FA
haben Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens
setzte das FA mit Bescheid vom 03.09.2019 die Umsatzsteuer für
das Jahr 2011 auf ... EUR fest und hob den Vorbehalt der
Nachprüfung auf. Die Klägerin hat daraufhin mitgeteilt,
dass sich hierdurch der Streitgegenstand nicht geändert
habe.
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27
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Die Klägerin rügt mit ihrer im
Umfang der Klageabweisung eingelegten Revision materiell die
unrichtige Anwendung von § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG und einen
Verstoß gegen Treu und Glauben des FA
(„J-S.A.R.L.“) sowie formell mangelhafte
Sachverhaltsermittlung. Sie tritt der Revision des FA
entgegen.
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28
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung im Umfang der Klageabweisung aufzuheben, der Klage
auch insofern stattzugeben und die Revision des FA
zurückzuweisen.
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29
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung im
Umfang der Klagestattgabe aufzuheben, die Klage insgesamt
abzuweisen und die Revision der Klägerin
zurückzuweisen.
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30
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Das FA tritt der Revision der Klägerin
entgegen. Mit seiner Revision rügt das FA materiell die
Anwendung von § 15 Abs. 1 UStG („R GmbH“ und
„B GmbH“).
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31
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B. Die Revision des FA und die der
Klägerin sind unbegründet und daher zurückzuweisen
(§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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32
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I. Das angefochtene Urteil ist betreffend das
Streitjahr 2011 aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben,
weil der nach Ergehen des FG-Urteils erlassene Umsatzsteuerbescheid
für das Jahr 2011 vom 03.09.2019 an die Stelle des
ursprünglich angefochtenen Bescheids getreten ist. Dem
FG-Urteil liegt infolgedessen ein nicht mehr existierender Bescheid
zugrunde und das angefochtene Urteil kann deswegen insoweit keinen
Bestand mehr haben (vgl. allgemein z.B. Beschluss des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27.09.2017 - XI R 18/16, BFH/NV 2018,
244 = SIS 17 26 15, Rz 17; BFH-Urteil vom 05.12.2018 - XI R 8/14,
BFH/NV 2019, 426 = SIS 18 22 52, Rz 25, jeweils m.w.N.). Da sich
die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch den
Umsatzsteuerbescheid für 2011 vom 03.09.2019 nicht
geändert haben, kann der Senat jedoch in der Sache selbst
entscheiden.
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33
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II. Die Revision des FA ist unbegründet,
da das FG zu Recht den Vorsteuerabzug in den Sachverhaltskomplexen
R GmbH und B GmbH gewährt hat.
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34
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1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1
UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer
für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen
Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind,
als Vorsteuerbeträge abziehen.
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35
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2. Sind die materiellen und formellen
Voraussetzungen für die Entstehung und Ausübung des
Rechts auf Vorsteuerabzug erfüllt, kann der Vorsteuerabzug nur
versagt werden, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht,
dass dieses Recht in betrügerischer Weise oder
missbräuchlich geltend gemacht wird (vgl. Urteile des
Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - Altic vom
03.10.2019 - C-329/18, EU:C:2019:831, HFR 2019, 1022 = SIS 19 15 25, Rz 29; Glencore Agriculture Hungary vom 16.10.2019 - C-189/18,
EU:C:2019:861, UR 2019, 942 = SIS 19 16 81, Rz 34, jeweils
m.w.N.).
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36
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Dies ist nicht nur der Fall, wenn der
Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begeht, sondern
auch dann, wenn der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen
müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm,
der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war (vgl.
EuGH-Urteile PPUH Stehcemp vom 22.10.2015 - C-277/14,
EU:C:2015:719, HFR 2015, 1182 = SIS 15 25 75, Rz 48; Enteco Baltic
vom 20.06.2018 - C-108/17, EU:C:2018:473, HFR 2018, 672 = SIS 18 10 09, Rz 94; Altic, EU:C:2019:831, HFR 2019, 1022 = SIS 19 15 25, Rz
30; Glencore Agriculture Hungary, EU:C:2019:861, UR 2019, 942 = SIS 19 16 81, Rz 35; BFH-Urteile vom 18.02.2016 - V R 62/14, BFHE 253,
283, BStBl II 2016, 589 = SIS 16 07 85, Rz 20; vom 21.06.2018 - V R
28/16, BFHE 262, 253, BStBl II 2018, 806 = SIS 18 10 62, Rz 31;
BFH-Beschluss vom 16.05.2019 - XI B 13/19, BFHE 264, 521 = SIS 19 08 97, Rz 20, jeweils m.w.N.; mit Wirkung vom 01.01.2020 nunmehr
geregelt in § 25f UStG).
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37
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a) Insoweit ist von der Tatsacheninstanz zum
einen festzustellen, dass der Rechnungsempfänger selbst Steuer
hinterzogen hat oder der zur Begründung des Rechts auf
Vorsteuerabzug geltend gemachte Umsatz in eine
Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dabei müssen
für die Annahme eines Betrugs zum Nachteil des gemeinsamen
Mehrwertsteuersystems durch missbräuchliche oder
betrügerische Nichtentrichtung der Steuer zur
Nichtabführung andere objektive Anhaltspunkte hinzutreten
(vgl. EuGH-Urteil Unitel vom 17.10.2019 - C-653/18, EU:C:2019:876,
HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45, Rz 37; BFH-Beschluss vom 03.07.2019
- XI B 17/19, BFH/NV 2019, 1351 = SIS 19 15 77, Rz 21).
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38
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b) Zum anderen hat die Tatsacheninstanz anhand
objektiver Elemente zu ermitteln, ob der Steuerpflichtige wusste
oder hätte wissen müssen, dass der Umsatz mit einem
Steuerbetrug der Erwerber verknüpft war, und ob er nicht alle
ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen
ergriffen hat, um seine Beteiligung an diesem Steuerbetrug zu
verhindern (vgl. EuGH-Urteile Mecsek-Gabona vom 06.09.2012 -
C-273/11, EU:C:2012:547, UR 2012, 796 = SIS 12 25 09, Rz 48; PPUH
Stehcemp, EU:C:2015:719, HFR 2015, 1182 = SIS 15 25 75, Rz 50;
Santogal M-Comércio e Reparacao de Automóveis vom
14.06.2017 - C-26/16, EU:C:2017:453, HFR 2017, 780 = SIS 17 10 08,
Rz 71; Altic, EU:C:2019:831, HFR 2019, 1022 = SIS 19 15 25, Rz 31;
BFH-Urteil vom 10.07.2019 - XI R 27/18, BFH/NV 2020, 242 = SIS 20 00 44, Rz 50, jeweils m.w.N.).
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39
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3. Die Klägerin kann nach diesen
Grundsätzen die in den Rechnungen der R GmbH ausgewiesene
Vorsteuer für Lieferungen von Getränken in Abzug
bringen.
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a) Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG
Leistungen, durch die ein Unternehmer oder in seinem Auftrag ein
Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten
befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu
verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Die Regelung
setzt Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom
28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) in nationales Recht um, wonach es für die
Lieferung auf die Übertragung der Befähigung, wie ein
Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu
verfügen, ankommt.
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aa) Hiervon ist bei der Übertragung von
Substanz, Wert und Ertrag auszugehen, die allerdings häufig
mit dem bürgerlich-rechtlichen Eigentum verbunden ist (vgl.
BFH-Urteile vom 24.10.2013 - V R 17/13, BFHE 243, 456, BStBl II
2015, 513 = SIS 13 34 20, Rz 24; vom 09.09.2015 - XI R 21/13,
BFH/NV 2016, 597 = SIS 16 05 22, Rz 20; vom 06.04.2016 - V R 12/15,
BFHE 253, 475, BStBl II 2017, 188 = SIS 16 14 53, Rz 18, jeweils
m.w.N.; zum Begriff „Lieferung eines
Gegenstands“ in Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL vgl. z.B.
EuGH-Urteile Shipping and Forwarding Enterprise Safe vom 08.02.1990
- C-320/88, EU:C:1990:61, UR 1991, 289, Rz 7 f.; NLB Leasing vom
02.07.2015 - C-209/14, EU:C:2015:440, HFR 2015, 819 = SIS 15 18 52,
Rz 29; PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, HFR 2015, 1182 = SIS 15 25 75,
Rz 44, jeweils m.w.N.).
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42
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bb) Ob die Verfügungsmacht in diesem
Sinne übertragen wird, richtet sich nach dem Gesamtbild der
Verhältnisse des Einzelfalls, d.h. den konkreten vertraglichen
Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung unter
Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten (vgl.
BFH-Urteile in BFH/NV 2016, 597 = SIS 16 05 22, Rz 22; in BFHE 253,
475, BStBl II 2017, 188 = SIS 16 14 53, Rz 19, jeweils m.w.N.).
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43
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b) Nach den insofern für den Senat
gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des
FG wurden sowohl Lieferungen von der R GmbH an die Klägerin
und von dieser wiederum an die SBV durchgeführt, da die von
der Klägerin beauftragte Logistikfirma der Klägerin
über ein Besitzmittlungsverhältnis Eigentum an den Waren
verschafft hat.
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44
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Dem steht der Einwand des FA, die R GmbH habe
keinen entsprechenden Übertragungswillen gehabt, da lediglich
eine Warenbewegung im Kreis bezweckt gewesen sei, nicht entgegen,
da die bezweckte Warenbewegung ohne die Tätigkeit der von der
Klägerin beauftragten und für diese tätigen
Spedition nicht erfolgt wäre. Aus dem gleichen Grund liegt
auch kein Scheingeschäft vor, denn der R GmbH kam es für
ihre Zwecke gerade darauf an, dass Lieferungen, die die objektiven
Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 UStG erfüllten,
vorlagen.
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45
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c) Das Vorliegen von Lieferungen wird nicht
dadurch ausgeschlossen, dass es sich bei den Lieferungen nach den
Feststellungen des FG um Warenbewegungen im Kreis handelte (vgl.
allgemein EuGH-Urteil Kursu zeme vom 10.07.2019 - C-273/18,
EU:C:2019:588, UR 2019, 697 = SIS 19 09 65, Rz 37 und 38).
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46
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aa) Führt ein Steuerpflichtiger
Umsätze aus, die die objektiven Kriterien erfüllen, wird
das Recht auf Vorsteuerabzug nicht dadurch berührt, dass in
der Lieferkette, zu der diese Umsätze gehören, ein
anderer Umsatz, der dem von diesem Steuerpflichtigen
getätigten Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem
Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist, ohne dass der Steuerpflichtige
hiervon Kenntnis hat oder haben kann (vgl. EuGH-Urteile Optigen
u.a. vom 12.01.2006 - C-354/03, C-355/03 und C-484/03,
EU:C:2006:16, HFR 2006, 318 = SIS 06 07 07, Rz 52; Kittel und
Recolta Recycling vom 06.07.2006 - C-439/04 und C-440/04,
EU:C:2006:446, HFR 2006, 939 = SIS 06 33 36, Rz 45 ff.). Denn bei
der Umsatzbesteuerung ist jeder Umsatz für sich zu betrachten
und ändern vorausgehende oder nachfolgende Ereignisse nichts
am Charakter eines bestimmten Umsatzes in einer Lieferkette (vgl.
EuGH-Urteile Optigen u.a., EU:C:2006:16, HFR 2006, 318 = SIS 06 07 07, Rz 47; X BV vom 30.05.2013 - C-651/11, EU:C:2013:346, UR 2013,
582 = SIS 13 17 64, Rz 45 ff.; Vetsch Int. Transporte vom
14.02.2019 - C-531/17, EU:C:2019:114, HFR 2019, 344 = SIS 19 00 55,
Rz 43; BFH-Urteil vom 25.04.2018 - XI R 21/16, BFHE 261, 436, BStBl
II 2018, 505 = SIS 18 08 25, Rz 36).
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47
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bb) Da es sich bei Geschäften, in denen
Waren im Kreis bewegt werden, jeweils um aufeinanderfolgende
Lieferungen handelt, kommt es auch hier nur darauf an, ob das
jeweilige Geschäft die objektiven Voraussetzungen einer
Lieferung - wie hier - erfüllt, während der Einwand des
Rechtsmissbrauchs einen eigenständigen
Vorsteuerversagungsgrund darstellt (vgl. BFH-Urteile vom 19.04.2007
- V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315 = SIS 07 28 51,
unter II.C.2.a, Rz 57; vom 10.12.2008 - XI R 57/06, BFH/NV 2009,
1156 = SIS 09 19 36, unter II.2.a, Rz 24; vom 05.08.2010 - V R
13/09, BFH/NV 2011, 81 = SIS 10 40 04, Rz 36, m.w.N.).
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48
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d) Außerdem kann der Vorsteuerabzug der
Klägerin nicht unter Hinweis darauf versagt werden, dass die
Lieferungen der R GmbH in eine Steuerhinterziehung einbezogen
gewesen seien.
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49
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Das FG hat im Tatbestand zwar eine E-Mail der
Logistikfirma an die Angestellte der Klägerin wiedergegeben,
in der die Anhebung einer Mietpauschale mit sonst fehlender
Glaubwürdigkeit begründet wurde, jedoch die Umstände
des Einzelfalls insgesamt dahingehend gewürdigt, dass im
Streitfall keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die
Klägerin von der Einbeziehung ihrer Leistungsbezüge in
eine Steuerhinterziehung wusste oder hätte wissen können.
Diese Würdigung ist für den Senat gemäß §
118 Abs. 2 FGO bindend (vgl. allgemein BFH-Urteile vom 19.05.2010 -
XI R 78/07, BFH/NV 2010, 2132 = SIS 10 32 74, Rz 45; in BFHE 262,
253, BStBl II 2018, 806 = SIS 18 10 62, Rz 32, m.w.N.). Und selbst
wenn dahingehende Anhaltspunkte festgestellt worden wären, hat
das FG mit bindender Wirkung für den Senat keine
Steuerhinterziehung durch die R GmbH oder überhaupt
Anhaltspunkte für den Ausfall von Steuerforderungen
festgestellt. Für das Vorliegen objektiver Umstände
sowohl für die Kenntnis der Klägerin als auch das
Vorliegen eines Steuerbetrugs liegt die Feststellungslast beim FA
(vgl. EuGH-Urteile Astone vom 28.07.2016 - C-332/15, EU:C:2016:614,
HFR 2017, 457 = SIS 16 17 43, Rz 52; Litdana vom 18.05.2017 -
C-624/15, EU:C:2017:389, HFR 2017, 661 = SIS 17 10 16, Rz 48;
BFH-Urteil in BFHE 253, 283, BStBl II 2016, 589 = SIS 16 07 85, Rz
20; Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 59,
jeweils m.w.N.). Hat das FA nicht dargetan, dass ein Steuerbetrug
begangen worden ist, kommt eine Versagung des Vorsteuerabzugs nach
der Missbrauchs-Rechtsprechung des EuGH nicht in Betracht.
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50
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4. Die Klägerin kann auch die in den
Rechnungen der B GmbH ausgewiesene Vorsteuer für Lieferungen
von Getränken in Abzug bringen.
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51
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a) Wer bei einem Umsatz als Leistender
anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den
zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel
derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen
Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch
einen Beauftragten ausführen lässt (vgl. BFH-Urteile vom
05.12.2018 - XI R 44/14, BFHE 263, 359 = SIS 18 22 44, Rz 30; vom
14.02.2019 - V R 47/16, BFHE 264, 76 = SIS 19 06 16, Rz 27; vom
15.10.2019 - V R 29/19 (V R 44/16), zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2020, 298 = SIS 19 19 20, Rz
22; BFH-Beschluss vom 02.01.2018 - XI B 81/17, BFH/NV 2018, 457 =
SIS 17 25 81, Rz 18).
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52
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Maßgebend für die Entstehung des
Rechts auf Vorsteuerabzug ist, dass dessen Voraussetzungen im
Zeitpunkt des Leistungsbezugs vorliegen (vgl. BFH-Urteile vom
13.05.2009 - XI R 84/07, BFHE 225, 282, BStBl II 2009, 868 = SIS 09 22 11, unter II.3.a, Rz 23; vom 23.09.2009 - XI R 14/08, BFHE 227,
218, BStBl II 2010, 243 = SIS 09 37 59, Rz 15). Entsprechend
bestimmt sich der Leistende nach den Vertragsverhältnissen im
Zeitpunkt der Leistungsausführung (vgl. zum
Leistungsempfänger BFH-Urteile vom 23.08.2007 - V R 14/05,
BFHE 219, 229, BStBl II 2008, 165 = SIS 08 05 56, unter II.3., Rz
39; vom 27.01.2011 - V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 =
SIS 11 06 16, Rz 39).
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53
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b) Leistender kann auch ein sog. Strohmann
sein. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber für
Rechnung eines anderen auf, der - aus welchen Gründen auch
immer - nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter
Vertragspartner in Erscheinung treten will (sog. Hintermann), ist
zivilrechtlich grundsätzlich nur der
„Strohmann“ aus dem Rechtsgeschäft
berechtigt und verpflichtet (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteile vom 10.09.2015 - V R 17/14, BFH/NV 2016, 80 = SIS 15 28 64, Rz 33, m.w.N.; in BFH/NV 2020, 298 = SIS 19 19 20, Rz 23).
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54
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Unbeachtlich ist das
„vorgeschobene“ Strohmanngeschäft nach
§ 41 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) aber, wenn es nur zum
Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien - der
„Strohmann“ und der Leistungsempfänger -
einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die
Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen,
sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem
„Hintermann“ eintreten sollen. Letzteres ist
insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger
weiß oder davon ausgehen muss, dass der
„Strohmann“ keine eigene Verpflichtung aus dem
Rechtsgeschäft übernehmen will und dementsprechend auch
keine eigenen Leistungen versteuern will (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2016, 80 = SIS 15 28 64,
Rz 34; vom 20.10.2016 - V R 36/14, BFH/NV 2017, 327 = SIS 17 02 03,
Rz 11).
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55
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Da das Umsatzsteuerrecht an tatsächliche
Leistungsvorgänge anknüpft, kommt es auf das
Vorhandensein zivilrechtlich wirksamer Verträge oder
Leistungspflichten nicht an. Maßgeblich ist, dass die
Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses
Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen
(§ 41 Abs. 1 Satz 1 AO; vgl. BFH-Urteile vom 21.01.1993 - V R
30/88, BFHE 170, 283, BStBl II 1993, 384 = SIS 93 10 26, unter
II.1.b bb, Rz 20; vom 24.02.2005 - V R 1/03, BFH/NV 2005, 1160 =
SIS 05 26 65, unter II.1.b, Rz 32 f.; vom 27.01.2011 - V R 7/09,
BFH/NV 2011, 1030 = SIS 11 16 05, Rz 31; vom 28.06.2017 - XI R
23/14, BFHE 258, 517 = SIS 17 15 39, Rz 68, jeweils m.w.N.).
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56
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c) Die Feststellung, welcher
Leistungsbeziehung die Verschaffung der Verfügungsmacht
zuzurechnen ist bzw. ob ein vorgeschobenes
„Strohmanngeschäft“ vorliegt, und mithin
die Feststellung, ob Rechnungsaussteller und Leistender identisch
sind, ist im Wesentlichen Ergebnis einer tatsächlichen
Würdigung einer Vielzahl in Betracht kommender Indizien nach
dem Gesamtbild der Verhältnisse. Dies obliegt in erster Linie
den Finanzgerichten als Tatsacheninstanz. Der BFH kann solche
Tatsachenwürdigungen nur daraufhin überprüfen, ob
sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind und mit den
Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang
stehen (vgl. BFH-Urteile vom 11.08.2011 - V R 50/09, BFHE 235, 32,
BStBl II 2012, 151 = SIS 11 30 80, Rz 27; in BFH/NV 2016, 80 = SIS 15 28 64, Rz 35, jeweils m.w.N.; in BFH/NV 2020, 298 = SIS 19 19 20, Rz 24).
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57
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d) Das FG hat nach Würdigung der
Umstände des Einzelfalls festgestellt, dass Anhaltspunkte
für ein Scheingeschäft nicht bestehen und die
streitgegenständlichen Geschäfte in üblicher Weise
mit der B GmbH abgewickelt wurden. Da die Tatsachenwürdigung
selbst dann bindend ist, wenn sie nicht zwingend, sondern nur
möglich ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 235, 32, BStBl II 2012,
151 = SIS 11 30 80, Rz 27, m.w.N.), ist der Senat an die
Feststellung der Vorinstanz gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), dass
die ursprünglich abweichend vereinbarte Leistungsverpflichtung
der P GmbH unter Mitwirkung der drei Beteiligten konkludent auf die
B GmbH übertragen wurde, so dass im Zeitpunkt der Lieferung
(durch Annahme der Ware im Lager der Klägerin) die B GmbH die
Ware im eigenen Namen geliefert hat. Auf das Schicksal der
ursprünglichen schuldrechtlichen Verpflichtung kommt es
insofern nicht an.
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58
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e) Eine von den vertraglichen Vereinbarungen
abweichende Bestimmung des Leistenden kommt zwar bei Vorliegen
besonderer Umstände in Betracht, nämlich dann, wenn die
betreffenden Vertragsbestimmungen eine missbräuchliche
Gestaltung darstellen (vgl. EuGH-Urteile Newey vom 20.06.2013 -
C-653/11, EU:C:2013:409, HFR 2013, 851 = SIS 13 22 75, Rz 44 f.;
WebMindLicenses vom 17.12.2015 - C-419/14, EU:C:2015:832, UR 2016,
58 = SIS 16 00 04, Rz 36; BFH-Urteil in BFHE 263, 359 = SIS 18 22 44, Rz 32, jeweils m.w.N.).
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59
|
Im Streitfall ist aber bereits vom FA nicht
dargetan, worin der ungerechtfertigte Steuervorteil der
Klägerin (oder der B GmbH) bestehen soll. Das bloße
Vorliegen einer Kette von Umsätzen und die bloße
Vermutung des FA, dass die Klägerin die Verfügungsmacht
über die Ware tatsächlich nicht von der B GmbH, sondern
von der P GmbH erhalten habe, was das FG indes nicht festgestellt
hat, rechtfertigen nicht die Schlussfolgerung, dass deshalb kein
Umsatz zwischen der B GmbH und der Klägerin bewirkt worden sei
(vgl. allgemein EuGH-Urteil Kursu zeme, EU:C:2019:588, UR 2019, 697
= SIS 19 09 65, Rz 32 ff.).
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60
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f) Da nach den bindenden Feststellungen des FG
(§ 118 Abs. 2 FGO) die B GmbH die der Klägerin in
Rechnung gestellte Umsatzsteuer in ihren
Umsatzsteuer-Voranmeldungen erklärte und nach Würdigung
der Umstände des Einzelfalls für die Vorinstanz keine
Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Klägerin wusste
oder hätte wissen können, dass sie sich mit ihrem Erwerb
an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung
einbezogen war, ist der Vorsteuerabzug auch nicht nach den
dargestellten Grundsätzen (unter B.II.2.) zu versagen.
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61
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Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auch
der Umstand, ob die Mehrwertsteuer, die für die
vorausgegangenen Getränkeverkäufe geschuldet war,
tatsächlich an den Fiskus entrichtet wurde, für das Recht
des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht von Bedeutung (vgl.
allgemein EuGH-Urteile Optigen u.a., EU:C:2006:16, HFR 2006, 318 =
SIS 06 07 07, Rz 54; PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, HFR 2015, 1182 =
SIS 15 25 75, Rz 45; BFH-Beschluss in BFH/NV 2019, 1351 = SIS 19 15 77, Rz 19, m.w.N.), da die Klägerin dies nach den
tatsächlichen Feststellungen des FG nicht wusste oder
hätte wissen müssen.
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62
|
III. Die Revision der Klägerin ist
ebenfalls unbegründet, da das FG aufgrund der
sorgfaltspflichtwidrigen Nichtabfrage der USt-IdNr. der J-S.A.R.L.
zeitnah zur ersten Lieferung und darauffolgend in
regelmäßigen Abständen während der laufenden
Lieferbeziehung Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG zu
Recht versagt hat.
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63
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1. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind
gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG unter den
Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei.
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64
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a) Eine steuerfreie innergemeinschaftliche
Lieferung setzt gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG
u.a. voraus, dass der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand
der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert
oder versendet hat. Unionsrechtlich beruht die Steuerfreiheit der
innergemeinschaftlichen Lieferung auf Art. 131 und Art. 138
MwStSystRL.
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65
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b) Die Voraussetzungen einer
innergemeinschaftlichen Lieferung i.S. von § 6a Abs. 1 Satz 1
UStG sind schon deshalb nicht erfüllt, weil nach den
Feststellungen des FG die streitigen Getränkelieferungen an
die J-S.A.R.L. weder von der Klägerin noch von der J-S.A.R.L.
in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder
versendet, vielmehr an Abnehmer im Großraum F geliefert
wurden.
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66
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2. Die streitgegenständlichen Lieferungen
sind auch nicht nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG steuerfrei.
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67
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a) Hat der Unternehmer eine Lieferung als
steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach § 6a
Abs. 1 Satz 1 UStG nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl
als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der
Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und
der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung
der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte
(§ 6a Abs. 4 Satz 1 UStG).
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68
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b) Die Frage des Gutglaubensschutzes stellt
sich allerdings erst dann, wenn der Unternehmer seinen
Nachweispflichten gemäß § 6a Abs. 3 UStG i.V.m.
§§ 17a ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung
in der in den Streitjahren geltenden Fassung (UStDV a.F.) ihrer Art
nach nachgekommen ist (vgl. BFH-Urteile vom 15.02.2012 - XI R
42/10, BFH/NV 2012, 1188 = SIS 12 16 14, Rz 32; vom 22.07.2015 - V
R 23/14, BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914 = SIS 15 19 48, Rz 43;
vom 13.06.2018 - XI R 20/14, BFHE 262, 174, BStBl II 2018, 800 =
SIS 18 13 91, Rz 64; BFH-Beschluss vom 12.10.2018 - XI B 65/18,
BFH/NV 2019, 129 = SIS 18 19 27, Rz 12, jeweils m.w.N.).
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69
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c) Das FG hat zu Recht erkannt, dass die
Klägerin zumindest für die Lieferungen ab dem 05.04.2011
keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen kann, da bereits der
Belegnachweis nicht geführt wurde.
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70
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d) Aber auch für die Lieferungen vor dem
05.04.2011 ist kein Vertrauensschutz zu gewähren.
Unabhängig davon, dass die Aufzeichnung einer im Zeitpunkt der
streitigen Lieferungen ungültigen USt-IdNr. - zumindest wenn
es sich (wie hier) um die ursprünglich diesem Erwerber
erteilte USt-IdNr. handelt - die Voraussetzungen des Buchnachweises
erfüllt hätte, hat das FG für den Senat nach §
118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt, dass die Klägerin die
Unrichtigkeit der Angaben der J-S.A.R.L. (Angabe einer
ungültigen USt-IdNr.) bei Beachtung der Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmanns erkennen konnte, und deshalb den
Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG nicht in Anspruch
nehmen kann.
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71
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aa) Die Frage, ob die „Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmanns“ beachtet wurde, ist durch eine
Würdigung der tatsächlichen Umstände des jeweiligen
Einzelfalls, ggf. nach Durchführung einer entsprechenden
Beweisaufnahme, zu entscheiden (vgl. EuGH-Urteile Mecsek-Gabona,
EU:C:2012:547, UR 2012, 796 = SIS 12 25 09, Rz 53 f.; Traum vom
09.10.2014 - C-492/13, EU:C:2014:2267, HFR 2014, 1131 = SIS 14 27 89, Rz 41; BFH-Beschlüsse vom 28.09.2009 - XI B 103/08, BFH/NV
2010, 73 = SIS 09 37 41, Rz 5; in BFH/NV 2019, 129 = SIS 18 19 27,
Rz 11, m.w.N.).
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72
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bb) Das FG hat den Sachverhalt in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend
gewürdigt, dass für die Klägerin im Streitfall
Anlass bestand, unmittelbar vor Ausführung der ersten
Lieferung und darüber hinaus erneut in regelmäßigen
Abständen Anfragen nach § 18e UStG zu stellen, und dass
die Klägerin dieser Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist,
da sie lediglich einmalig bei Anbahnung der Geschäftsbeziehung
vor der ersten Lieferung im Juli 2010 eine qualifizierte Abfrage
vornahm. Da nach den Feststellungen des FG die USt-IdNr. seit dem
24.06.2010 ungültig war und keine Anhaltspunkte dafür
bestehen, dass die luxemburgischen Steuerbehörden die
USt-IdNr. der J-S.A.R.L. rückwirkend gelöscht hätten
und Löschung und Widerruf einer gültigen USt-IdNr. im
Regelfall ex nunc wirken (vgl. Sterzinger in Birkenfeld/Wäger,
Umsatzsteuer-Handbuch, § 261
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Rz 172 f.; Stadie,
Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl., § 27a Rz 8), war dieser
Sorgfaltspflichtverstoß schon seit der ersten Lieferung
kausal dafür, dass die Klägerin keine Kenntnis von der
Ungültigkeit der USt-IdNr. der J-S.A.R.L. hatte.
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73
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cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht
daraus, dass Zusicherungen und die Akzeptanz vorgelegter Unterlagen
durch Behörden aufgrund des Grundsatzes der Rechtssicherheit
und des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen sind (vgl.
EuGH-Urteile Teleos u.a. vom 27.09.2007 - C-409/04, EU:C:2007:548,
BStBl II 2009, 70 = SIS 08 00 38, Rz 50; Santogal M-Comércio
e Reparacao de Automóveis, EU:C:2017:453, HFR 2017, 780 =
SIS 17 10 08, Rz 75 f.; Enteco Baltic, EU:C:2018:473, HFR 2018, 672
= SIS 18 10 09, Rz 97). Zum einen kann solchen Vertrauensschutz nur
in Anspruch nehmen, wer alle Sorgfaltspflichten beachtet hat, und
zum anderen fehlt es im Streitfall an einer Zusicherung oder
Akzeptanz von Nachweisen durch das FA. Solche liegen insbesondere
nicht darin, dass Zusammenfassende Meldungen oder unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung stehende Umsatzsteuer-Voranmeldungen
nicht beanstandet wurden (vgl. EuGH-Urteil Enteco Baltic,
EU:C:2018:473, HFR 2018, 672 = SIS 18 10 09, Rz 98).
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74
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IV. Die Revision der Klägerin gegen die
Entscheidung der Vorinstanz über den Erlass von Umsatzsteuer
im Billigkeitswege ist unbegründet, da das FG zu Recht
festgestellt hat, dass kein Ermessensfehler des FA vorliegt.
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75
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1. Gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1
AO können Steuern niedriger festgesetzt und einzelne
Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der
Festsetzung unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der
Steuer nach Lage des Einzelfalls unbillig wäre.
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76
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2. Persönliche Billigkeitsgründe
sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Aber auch
sachliche Billigkeitsgründe liegen nicht vor, wie das FA
ermessensfehlerfrei (§ 102 FGO) entschieden hat.
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77
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Insbesondere ergeben sich solche nicht daraus,
dass das FA seit dem 06.10.2010 Kenntnis von der Löschung der
USt-IdNr. der J-S.A.R.L. hatte und dies erst am 11.04.2011 der
Klägerin mitgeteilt hat. Denn das Aufzeichnen einer jeweils
gültigen USt-IdNr. (und damit auch deren
Überprüfung) ist eine eigenständige Pflicht des
Steuerpflichtigen gemäß § 17c UStDV a.F. Deshalb
ist es Aufgabe des Steuerpflichtigen, die hierfür nach §
18e UStG eingerichtete Abfragemöglichkeit wahrzunehmen (vgl.
BFH-Beschluss vom 14.08.2014 - X B 174/13, BFH/NV 2014, 1725 = SIS 14 27 06, Rz 18). Aufgrund ihrer eigenen Sorgfaltspflichtverletzung
kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, das FA hätte
sie aufgrund ihres Schreibens vom 01.09.2010 auf Bedenken
hinsichtlich der von ihr angenommenen Steuerfreiheit des
Geschäfts mit der J-S.A.R.L. oder eine eventuelle
Ungültigkeit der USt-IdNr. hinweisen müssen.
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V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Wegen des Grundsatzes
der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung muss der Senat über
die gesamten Kosten des Verfahrens entscheiden. Danach tragen die
Klägerin 53 % und der Beklagte 47 % der Kosten des gesamten
Verfahrens.
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