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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) war im Anschluss an eine Betriebsprüfung
der Auffassung, die Umsätze seien steuerpflichtig und
unterlägen dem Regelsteuersatz.
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Das FA setzte mit geändertem Bescheid
vom 30.11.2001 die Umsatzsteuer entsprechend fest. Der Einspruch
des Klägers blieb ohne Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Sein Urteil ist veröffentlicht in EFG 2008, 1851 = SIS 08 29 76.
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Das FA rügt die Verletzung materiellen
Rechts.
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Es beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist unbegründet
und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das FG hat für die vom Kläger im
Rahmen des „betreuten Wohnens“ erbrachten
Basisleistungen im Ergebnis zu Recht eine Steuerfreiheit bejaht. Es
kann offenbleiben, ob die Voraussetzungen von § 4 Nr. 18 des
Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) erfüllt sind. Denn der
Kläger kann sich unmittelbar auf die Steuerbefreiung in Art.
13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des
Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG)
berufen.
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1. Der Senat lässt offen, ob die
Leistungen des Klägers nach § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei
sind.
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Steuerfrei sind nach dieser Vorschrift
„die Leistungen der amtlich anerkannten Verbände der
freien Wohlfahrtspflege und der der freien Wohlfahrtspflege
dienenden Körperschaften, Personenvereinigungen und
Vermögensmassen, die einem Wohlfahrtsverband als Mitglied
angeschlossen sind, wenn a) diese Unternehmer ausschließlich
und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder
kirchlichen Zwecken dienen, b) die Leistungen unmittelbar dem nach
der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung begünstigten
Personenkreis zugute kommen und c) die Entgelte für die in
Betracht kommenden Leistungen hinter den durchschnittlich für
gleichartige Leistungen von Erwerbsunternehmen verlangten Entgelten
zurückbleiben.“
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Der Kläger gehört zwar zu dem nach
§ 4 Nr. 18 UStG begünstigten Personenkreis, da er einem
amtlich anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege i.S. des
§ 23 UStDV angeschlossen ist und nach seinem Satzungsinhalt
unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche
Zwecke verfolgt.
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Es ist aber zweifelhaft, ob die weiteren
Voraussetzungen des § 4 Nr. 18 UStG erfüllt sind. Denn
der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat in seinem Urteil vom
16.12.2009 I R 49/08 (BFHE 228, 53, BStBl II 2011, 398 = SIS 10 05 10), das die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer des
Klägers betrifft, das Kriterium der Unmittelbarkeit der
Leistungen verneint unter Hinweis darauf, dass die Mieter nach dem
Betreibervertrag selbst keinen unmittelbaren Anspruch auf
Erfüllung der Basisleistungen gegen den Kläger haben
(vgl. dazu im Einzelnen unter II. 3.b, m.w.N.).
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Der Senat braucht nicht zu entscheiden, welche
Auswirkungen die zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer
ergangene Entscheidung des I. Senats auf die Anwendung des § 4
Nr. 18 UStG hat.
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Denn die Leistungen des Klägers sind nach
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG
steuerfrei.
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2. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 77/388/EWG bestimmt:
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„Unbeschadet sonstiger
Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den
Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und
einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur
Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und
etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer: ...g) die
eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit
verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen,
einschließlich derjenigen der Altenheime, durch Einrichtungen
des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden
Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte
Einrichtungen;...“
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Das UStG hatte diese Richtlinienbestimmung
für das Streitjahr lediglich dadurch
„umgesetzt“, dass es die bereits bei
Inkrafttreten der Richtlinie 77/388/EWG vorhandenen, teilweise
bereits im UStG 1951 enthaltenen Steuerbefreiungstatbestände
im Wesentlichen unverändert weitergeführt hat (vgl.
BFH-Urteile vom 17.2.2009 XI R 67/06, BFHE 224, 183 = SIS 09 10 06;
vom 11.3.2009 XI R 68/06, BFH/NV 2009, 1464 = SIS 09 26 92, und vom
18.8.2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143 = SIS 06 01 79).
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a) Ein Einzelner kann sich in Ermangelung
fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf
Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und
hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht
richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (vgl.
ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Union - EuGH -, z.B. Urteil vom 10.9.2002 Rs. C-141/00 -
Kügler -, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30 = SIS 02 97 10, Rz 51).
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Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
77/388/EWG zählt die Tätigkeiten, die steuerfrei sind,
hinreichend genau und unbedingt auf (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2002,
I-6833, BFH/NV Beilage 2003, 30, Rz 53).
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b) Für die Inanspruchnahme der
Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
77/388/EWG genügt es, dass zwei Voraussetzungen erfüllt
sind, und zwar - zum einen, dass es sich um Leistungen handelt, die
eng mit der Fürsorge oder der sozialen Sicherheit verbunden
sind, und - zum anderen, dass diese Leistungen von Einrichtungen
des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen, die von
dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im
Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind, erbracht
werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143 = SIS 06 01 79).
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c) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall
erfüllt.
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aa) Die vom Kläger entsprechend seinem
Satzungszweck erbrachten Basisleistungen, die ausschließlich
für die betagten Mieter im Rahmen des „betreuten
Wohnens“ bestimmt sind, stellen eine einheitliche
Dienstleistung dar.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH
ist bei einem Umsatz, der - wie im Streitfall - ein
Leistungsbündel darstellt, für die Frage, ob mehrere
zusammenhängende Leistungen als eine Gesamtleistung zu
behandeln sind, eine Gesamtbetrachtung erforderlich. In der Regel
ist zwar jede Leistung als eigene selbständige Leistung
anzusehen. Eine wirtschaftlich einheitliche Leistung darf aber im
Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht
künstlich aufgespalten werden. Deshalb ist das Wesen bzw. sind
die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu
ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige gegenüber
dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen
oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des
Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (BFH-Urteile vom
17.4.2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712 = SIS 08 36 15, und vom
10.2.2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109 = SIS 10 06 47, m.w.N.).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt
die Erbringung der Basisleistungen, die die zeitweise
werktägliche Präsenz einer Fachkraft für die Sozial-
und Gesundheitsbetreuung, die Organisation des
Gemeinschaftsbereiches (Veranstaltungen) sowie die Vermittlung
ambulanter Hilfeleistungen und die Erbringung weiterer
Dienstleistungen (Vermittlung von Mahlzeitendienst,
Wohnungsreinigung, Wäschedienst und Hausmeisterdienste)
umfassen, eine einheitliche Dienstleistung dar. Denn der
Kläger hat sich aus maßgeblicher Sicht des
Durchschnittsverbrauchers zur Erbringung des gesamten
Leistungspakets verpflichtet, das der jeweilige Mieter je nach
Bedarf ganz oder nur teilweise nutzen kann. Die Verpflichtung ist
in einer einzigen Vertragsgrundlage enthalten und wird darin
insgesamt einheitlich abgerechnet, ohne dass eine anteilige
Bewertung der einzelnen Leistungselemente stattfindet. Es erschiene
daher künstlich und nicht sachgerecht, das Leistungspaket
„Basisleistungen“ aufzuspalten und in einzelne
Leistungen aufzugliedern.
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bb) Die einheitliche Leistung des Klägers
ist eng mit der Fürsorge und der sozialen Sicherheit
verbunden. Sie wird nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz
geprägt durch diejenigen Leistungselemente, die unter die
Altenhilfe i.S. des § 75 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG;
nunmehr § 71 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch)
fallen.
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Das FG hat festgestellt, dass die Mieter
mehrheitlich älter als 75 bzw. 80 Jahre alt sind. Sie
gehören daher überwiegend zu dem hilfsbedürftigen
Personenkreis i.S. von § 53 der Abgabenordnung.
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Nach § 75 Abs. 1 Satz 2 BSHG soll die
Altenhilfe dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter
entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und
alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der
Gemeinschaft teilzunehmen. Zu den von der Altenhilfe
unterstützten Maßnahmen gehören nach § 75 Abs.
2 BSHG u.a. Hilfe in allen Fragen der Inanspruchnahme
altersgerechter Dienste (Nr. 3) und zum Besuch von Veranstaltungen
oder Einrichtungen, die der Geselligkeit, der Unterhaltung, der
Bildung und den kulturellen Bedürfnissen alter Menschen dienen
(Nr. 4).
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Im Streitfall leistete der Kläger mit der
Sozial- und Gesundheitsbetreuung, der Vermittlung verschiedener
Dienstleistungen und mit der Organisation von Veranstaltungen und
den damit verbundenen Leistungen derartige Hilfen.
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Der Annahme einer eng mit der Fürsorge
oder sozialen Sicherheit verbundenen Leistung steht nicht entgegen,
dass der Kläger keine Vertragsbeziehung zu den Mietern hat,
sondern sich gegenüber dem Vermieter zum Erbringen der
Leistungen verpflichtet hatte. Denn Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g
der Richtlinie 77/388/EWG stellt auf die Art der Dienstleistung ab
und verlangt nicht zwingend, dass schuldrechtliche Beziehungen
zwischen der betreuten Person und dem Leistenden bestehen, solange
die Betreuung tatsächlich gegenüber den
hilfsbedürftigen Personen erfolgt.
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Der Sachverhalt des Streitfalls ist insoweit
nicht vergleichbar mit dem Fall, in dem ein Verein für
Rettungsdienste einem Notarzt ein Fahrzeug zur Verfügung
gestellt hat, damit dieser seine steuerbefreite
Notarzttätigkeit ausüben kann, und in dem der Senat wegen
Fehlens einer Leistung des Vereins an die Patienten selbst die
begehrte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 77/388/EWG versagt hat (BFH-Urteil vom 1.12.2010 XI R
46/08, BFHE 232, 232 = SIS 11 05 50, unter II.3.).
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cc) Der Kläger ist auch eine anerkannte
Einrichtung mit sozialem Charakter. Nach der Rechtsprechung des BFH
kann in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH die
Anerkennung eines Unternehmers als Einrichtung mit sozialem
Charakter auch aus der Übernahme der Kosten für seine
Leistungen durch Krankenkassen oder andere Einrichtungen der
sozialen Sicherheit abgeleitet werden (vgl. z.B. BFH-Urteile in
BFHE 232, 232 = SIS 11 05 50, und vom 8.11.2007 V R 2/06, BFHE 219,
428, BStBl II 2008, 634 = SIS 08 10 21, jeweils m.w.N.). Dabei
kommt es nicht darauf an, ob die Kosten im konkreten Fall
tatsächlich übernommen worden sind, sondern es reicht
aus, dass sie übernehmbar sind (BFH-Urteil vom 22.4.2004 V R
1/98, BFHE 205, 514, BStBl II 2004, 849 = SIS 04 27 51, unter
II.3.b, m.w.N.). Im Streitfall ist die vom Kläger erbrachte
einheitliche Leistung eine solche der Altenhilfe, die
gemäß § 75 BSHG von den Trägern der Sozialhilfe
übernehmbar war.
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d) Die einheitliche Leistung ist auch i.S. von
Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG
unerlässlich, da sie den Kernbereich der Altenhilfe
betrifft.
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3. Da die Leistungen des Klägers
steuerfrei sind, kann unerörtert bleiben, ob andernfalls die
Gewährung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12
Abs. 2 Nr. 8 UStG in Betracht käme.
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