Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Köln vom 11.8.2016 13 K 3610/12 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine ausgebildete Psychologische Beraterin mit
Fortbildungen insbesondere im Bereich „systemischer
Beratung“ und „analytischer Psychologie“, war -
wie schon in den Vorjahren - im Jahr 2010 (Streitjahr) als
Subunternehmerin in der ambulanten Eingliederungshilfe i.S. von
§ 53 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)
tätig.
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Sie betreute volljährige Personen
(Klienten) mit einer Behinderung i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1
des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) im Alltag durch
Beratungs-, Begleitungs-, Betreuungs- und Förderleistungen mit
dem Ziel, den Klienten einen eigenständigen Alltag und die
Eingliederung in das soziale Leben zu ermöglichen. Hierzu
zählte beispielsweise die Sicherstellung von Wohnung,
Unterhalt und hauswirtschaftlicher Versorgung, die Hilfestellung
bei behördlichen Antragstellungen, die Begleitung bei
Behördengängen, die Entwicklung beruflicher Perspektiven,
der Aufbau und die Festigung sozialer Kontakte, die gesundheitliche
Stabilisierung sowie die Bewältigung von Krisen.
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Ein unmittelbares Vertrags-, Abrechnungs-
und Vergütungsverhältnis mit dem zuständigen
gesetzlichen Sozialhilfeträger, A, bestand dabei nicht. Die
Klägerin besaß die von A geforderte Ausbildung für
einen Status als „Fachkraft“ nicht, sondern wurde als
eine „sonstige qualifizierte Person“
eingestuft.
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Der Klient, die leistungsberechtigte Person
i.S. von § 53 Abs. 1 SGB XII, besprach zunächst Art und
Umfang der gewünschten Tätigkeiten im Rahmen der
ambulanten Eingliederungshilfe mit der Klägerin. Diese
erarbeitete dann zusammen mit einem bei A zugelassenen Anbieter
(Leistungserbringer) einen Hilfeplan, in dem sie, die
Klägerin, als vom Klienten gewünschte Betreuerin benannt
wurde. Hierauf genehmigte A bei anerkannter Hilfsbedürftigkeit
ein bestimmtes Stundenkontingent zur Betreuung, bewilligte für
Verwaltungsaufgaben einen pauschalen Zeitaufwand und erteilte dem
Klienten den Bewilligungsbescheid. Die Betreuungsleistungen
erfolgten in vielen Fällen nur von der Klägerin, ohne
dass der Klient mit dem im Hilfeplan benannten Leistungserbringer
näher in Kontakt getreten wäre.
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Die Klägerin schloss mit dem
jeweiligen Leistungserbringer einen Dienstvertrag als freie
Mitarbeiterin, der insbesondere Art und Umfang der
Tätigkeiten, Schweigepflicht, Weisungsfreiheit sowie
Vergütung und Kündigung regelte.
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Zwischen A als Sozialhilfeträger und
dem Leistungserbringer bestand daneben eine Vereinbarung, welche
insbesondere Art, Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen
sowie die personelle und sachliche Ausstattung betraf. Die
Vereinbarung sah vor, dass Leistungen grundsätzlich durch
geeignete Fachkräfte erbracht wurden, wozu insbesondere
Diplom-Sozialarbeiter, Diplom-Sozialpädagogen, Erzieher,
Heilerziehungspfleger, Pflegefachkräfte, Ergotherapeuten und
Heilpädagogen zählten. Als „sonstige
Kräfte“ konnten geeignete Personen eingesetzt werden,
ihr Anteil durfte 30 % der beschäftigten Betreuer nicht
überschreiten.
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Zur Abrechnung übermittelte die
Klägerin klientenbezogene Daten an A, der gegenüber dem
Leistungserbringer abrechnete und ihm das vereinbarte Entgelt
erstattete. Die Klägerin erteilte dem Leistungserbringer als
Subunternehmerin Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis, in denen sie
unter Benennung des Klienten, des Zeitaufwandes und des
vereinbarten Stundensatzes fakturierte. In den Rechnungen wies die
Klägerin darauf hin, dass ihre „heilberufliche
Tätigkeit“ von der Umsatzsteuer befreit sei.
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Die von der Klägerin im Rahmen der
ambulanten Eingliederungshilfe erbrachten Leistungen wurden in den
dem Streitjahr vorangegangenen Jahren bis einschließlich 2009
vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) als
steuerfrei i.S. von § 4 Nr. 16 Buchst. e des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der bis zum 31.12.2008 geltenden
Fassung (a.F.) angesehen. Für bis zum 31.12.2009
ausgeführte Umsätze wurde es von der Verwaltung nicht
beanstandet, wenn der Unternehmer sich für die Steuerbefreiung
seiner Leistungen noch auf § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F.
berufen hatte (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom
20.7.2009 IV B 9-S 7172/09/10002, BStBl I 2009, 774 = SIS 09 22 30,
Rz 49).
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Im Streitjahr rechnete die Klägerin
gegenüber den Leistungserbringern B, C und D Leistungen im
Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe in Höhe von
insgesamt ... EUR, ... EUR und ... EUR ab. Daneben erbrachte die
Klägerin im geringen Umfang auch Beratungsleistungen im
Bereich des Coachings an E und erzielte hieraus Umsätze in
Höhe von ... EUR.
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In ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung
für das Streitjahr meldete die Klägerin steuerfreie
Umsätze aus ihrer Tätigkeit im Rahmen der ambulanten
Eingliederungshilfe in Höhe von ... EUR an. Die Umsätze
aus den Beratungsleistungen behandelte sie als der
Kleinunternehmerregelung i.S. von § 19 UStG unterfallend. Dem
ist das FA zunächst gefolgt. Die Erklärung stand nach
§ 168 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) einer Steuerfestsetzung
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO)
gleich.
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Nach einer bei der Klägerin
durchgeführten Außenprüfung gelangte der
Prüfer zu der Auffassung, dass die betreffenden Umsätze
steuerpflichtig seien, weil nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k
UStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 2009 vom 19.12.2008
(BGBl I 2008, 2794 - UStG 2009 - ) und dem Urteil des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8.11.2007 V R 2/06 (BFHE 219, 428, BStBl
II 2008, 634 = SIS 08 10 21) eine Subunternehmertätigkeit
für eine Steuerbefreiung nicht ausreiche. Für eine
Befreiung nach anderen Tatbeständen privater Einrichtungen
lägen keine entsprechenden Nachweise vor.
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Das FA setzte mit
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom 25.6.2012 die Umsatzsteuer
für das Streitjahr dementsprechend auf ... EUR fest.
Vorsteuern wurden nicht berücksichtigt.
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Hiergegen legte die Klägerin Einspruch
ein und berief sich zugleich auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Hilfsweise machte sie
ferner Vorsteuern in Höhe von ... EUR geltend.
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Die geltend gemachten Vorsteuern wurden vom
FA berücksichtigt und die Umsatzsteuer für das Streitjahr
mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom 8.8.2012 auf nunmehr
... EUR herabgesetzt.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 5.11.2012
wies es den Einspruch als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt
und setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr mit dem
angefochtenen Urteil auf 0 EUR fest.
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Es führte zur Begründung seines
in EFG 2016, 2009 = SIS 16 26 55 veröffentlichten Urteils im
Wesentlichen aus, die von der Klägerin als Subunternehmerin im
Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe an die Leistungserbringer
B und C ausgeführten Umsätze in Höhe von insgesamt
... EUR bzw. ... EUR seien nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k
UStG 2009 steuerfrei.
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Der Steuerbefreiung stehe nicht entgegen,
dass die betreffenden Leistungen der Klägerin nicht
unmittelbar gegenüber A abgerechnet und von diesem
vergütet worden seien. Weder dem Wortlaut der Vorschrift noch
den Gesetzesmaterialien lasse sich ein Unmittelbarkeitserfordernis
entnehmen. Dem Zweck der Regelung entsprechend, im
öffentlichen Interesse liegende Dienstleistungen auch bei
privater Leistungserbringung nicht zusätzlich mit Umsatzsteuer
zu belasten, müssten auch Subunternehmerleistungen bei
hinreichendem Nachweis der Kostentragung durch einen im Gesetz
genannten Träger begünstigt sein, wenn die Tätigkeit
gemeinwohlorientiert sei, insbesondere wenn sich die Leistungen,
wie die ambulanten Betreuungsleistungen der Klägerin, direkt
an die betroffenen, vom Umsatzsteuerbefreiungszweck erfassten
Personen richteten.
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Auch unter Berücksichtigung des
Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)
„go fair“ Zeitarbeit vom 12.3.2015 C-594/13
(EU:C:2015:164, UR 2015, 351 = SIS 15 06 04), demzufolge Art. 132
Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL eng auszulegen sei und die Gestellung
von Arbeitnehmern als solche keine im sozialen Bereich erbrachte
Gemeinwohldienstleistung darstelle, lasse sich nicht herleiten,
dass eine nur mittelbare Vertrags- und Vergütungsbeziehung zum
öffentlichen Leistungsträger schädlich sei. Vielmehr
sprächen die vom EuGH dort aufgestellten Grundsätze
dafür, primär auf die tatsächliche
Leistungserbringung abzustellen und der Vertrags- und
Vergütungsbeziehung nur eine untergeordnete Bedeutung
zuzumessen.
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Die an B und C erbrachten Leistungen seien,
wie sich aus den erteilten Bescheinigungen dieser
Leistungserbringer sowie der von der Klägerin erläuterten
und durch Unterlagen substantiiert dargelegten Abläufe
feststehe, vollständig (mittelbar) von A als
Sozialhilfeträger vergütet worden. Die gesetzliche
Mindestquote in Höhe von 40 % sei in jedem Fall erreicht bzw.
überschritten worden.
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21
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Die Klägerin habe nur von A anerkannte
Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe erbracht und insoweit
auch die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG 2009
erfüllt.
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22
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Mit den verbleibenden an D sowie E
ausgeführten Umsätzen in Höhe von ... EUR und ...
EUR, für die keine Bescheinigung über die
Kostenerstattung durch A vorhanden sei bzw. die Beratungsleistungen
beträfen, liege die Klägerin unter dem maßgeblichen
Gesamtumsatz gemäß § 19 Abs. 1, Abs. 3 (Satz 1) Nr.
1 UStG, weshalb nach der Kleinunternehmerregelung auch insoweit
keine Umsatzsteuer festzusetzen sei.
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23
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Hiergegen wendet sich das FA mit seiner
Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts.
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24
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Das FG verkenne, dass § 4 Nr. 16 Satz
1 Buchst. k UStG 2009 auf die betreffenden Leistungen der
Klägerin nicht anwendbar sei. Deshalb entfalle auch die
Anwendung der Kleinunternehmerregelung i.S. von § 19 UStG
hinsichtlich der von der Klägerin im Übrigen
ausgeführten Umsätze.
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Die von einem Subunternehmer an eine
begünstigte Einrichtung erbrachten Leistungen seien nicht nach
§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 steuerfrei, weil es in
diesem Fall, anders als es der Wortlaut des Gesetzes fordere, an
einer Vergütung durch die Sozialversicherungs- oder
Sozialhilfeträger fehle.
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26
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Aus den Gesetzesmaterialien sei nicht zu
entnehmen, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 4 Nr. 16 Satz
1 Buchst. k UStG 2009 eine mittelbare Vergütung durch die
gesetzlichen Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträger habe
ausreichen lassen wollen. Daher sei es nicht geboten, etwas anderes
durch richtlinienkonforme Auslegung herbeizuführen oder der
Klägerin eine unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g
MwStSystRL gestützte Umsatzsteuerbefreiung zu
gewähren.
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27
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Der BFH habe in seinem Urteil in BFHE 219,
428, BStBl II 2008, 634 = SIS 08 10 21 entschieden, dass die
Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter auch aus der
Übernahme der Kosten durch einen
Sozialversicherungsträger abgeleitet werden könne, dies
aber eine unmittelbare vertragliche Beziehung und Vergütung
voraussetze, weshalb hierfür ein bloßes Tätigwerden
als Subunternehmer nicht ausreiche. Diese Rechtsprechung sei nicht
aufgegeben, sondern durch das nachfolgende BFH-Urteil vom 6.4.2016
V R 55/14 (BFHE 253, 466, BFH/NV 2016, 1126 = SIS 16 10 17)
lediglich dahingehend eingeschränkt worden, dass nicht nur bei
Vorliegen unmittelbarer vertraglicher Beziehungen eine Anerkennung
als Einrichtung mit sozialem Charakter in Betracht kommen
könne.
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Soweit der BFH in seinen Urteilen vom
18.8.2015 V R 13/14 (BFHE 251, 282, BFH/NV 2015, 1784 = SIS 15 23 06) und vom 22.6.2016 V R 46/15 (BFHE 254, 272, BFH/NV 2016, 1530 =
SIS 16 17 69) eine mittelbare Kostentragung als ausreichend
angesehen habe, hätten die Unternehmer in diesen Fällen
die Möglichkeit gehabt, unmittelbar Verträge mit den
Pflegekassen bzw. mit dem Jugendamt zu schließen. Die
Klägerin sei dagegen nicht berechtigt gewesen, selbst eine
Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger zu treffen, weil es ihr
hierfür an der erforderlichen Qualifikation fehle.
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29
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Der Auslegung von § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009 i.S. der Klägerin stehe schon entgegen,
dass, soweit diese Vorschrift überhaupt auslegungsfähig
sei, der EuGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung
vertrete, die in Art. 132 MwStSystRL genannten Steuerbefreiungen
seien ihrerseits eng auszulegen.
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30
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Entgegen der Vorentscheidung sei weder der
MwStSystRL noch der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH zu
entnehmen, dass hinsichtlich gemeinwohlorientierter
Tätigkeiten Subunternehmerleistungen bei mittelbarer
Kostentragung durch einen im Gesetz genannten Träger zu
begünstigen seien.
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31
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Zwar sei es nach der Rechtsprechung des
EuGH zulässig, die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem
Charakter i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL aus
Vorschriften aus dem Bereich der sozialen Sicherheit herzuleiten.
Die Klägerin könne aber nicht als Einrichtung mit
sozialem Charakter anerkannt werden, weil es nach § 75 SGB XII
und § 21 SGB IX dem zuständigen Träger der
Sozialhilfe nicht gestattet sei, mit fachlich nicht hinreichend
qualifizierten Personen, wie hier der Klägerin, eine
unmittelbare vertragliche Beziehung einzugehen und Leistungen
unmittelbar zu vergüten.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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33
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Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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Sie tritt der Revision des FA entgegen und
verteidigt die Vorentscheidung.
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35
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II. Die Revision des FA ist unbegründet
und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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36
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Das FG hat zu Recht entschieden, dass die von
der Klägerin als Subunternehmerin im Rahmen der ambulanten
Eingliederungshilfe an die Leistungserbringer B und C
ausgeführten Umsätze steuerfrei sind. Dabei ist es
zutreffend davon ausgegangen, dass die Steuerfreiheit der im Rahmen
der ambulanten Eingliederungshilfe an B und C erbrachten Leistungen
aus einer richtlinienkonformen Auslegung von § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009 folgt. Hinsichtlich der verbleibenden an D
sowie E ausgeführten Umsätze in Höhe von ... EUR und
... EUR kommt die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung, so dass
es die Umsatzsteuer für das Streitjahr zu Recht auf 0 EUR
festgesetzt hat.
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1. Die Klägerin war im Streitjahr - was
das FG konkludent vorausgesetzt hat und zwischen den Beteiligten
nicht im Streit steht - im Bereich der ambulanten
Eingliederungshilfe selbständig tätig. Sie hat als
Unternehmerin i.S. von § 2 Abs. 1 UStG steuerbare Leistungen
gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG im Rahmen ihres
Unternehmens ausgeführt.
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2. Die im Rahmen der ambulanten
Eingliederungshilfe erbrachten Leistungen der Klägerin sind
nicht nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. h UStG 2009
steuerfrei.
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a) Nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. h UStG
2009 sind die Leistungen der Einrichtungen, mit denen eine
Vereinbarung nach § 75 SGB XII besteht, unter den weiteren
Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG 2009
steuerfrei.
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40
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b) Das FG hat - für den Senat i.S. von
§ 118 Abs. 2 FGO bindend - festgestellt, dass zwischen der
Klägerin und dem A kein unmittelbares Vertrags-, Abrechnungs-
und Vergütungsverhältnis bestand. Danach fehlt es
für den streitigen Zeitraum jedenfalls an Vereinbarungen i.S.
von § 75 SGB XII, so dass eine Steuerfreiheit nach § 4
Nr. 16 Satz 1 Buchst. h UStG 2009 aufgrund derartiger
Vereinbarungen nicht in Betracht kommen kann.
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c) Die Klägerin, die nach den weiteren
unstreitigen Feststellungen des FG die von A geforderte Ausbildung
für einen Status als „Fachkraft“ nicht
besaß, sondern als eine „sonstige qualifizierte
Person“ eingestuft wurde, kann sich zur Steuerfreiheit
über den Anwendungsbereich dieser Vorschrift hinaus nicht auf
das Unionsrecht berufen.
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Der V. Senat des BFH hat in seinen Urteilen
vom 9.3.2017 V R 39/16 (BFHE 257, 456, BFH/NV 2017, 1141 = SIS 17 08 88, Rz 11 ff.) und vom 21.6.2017 V R 29/16 (BFH/NV 2017, 1465 =
SIS 17 18 84, Rz 12) zur Umsatzsteuerfreiheit von
Eingliederungsleistungen entschieden, dass die Beschränkung
der Umsatzsteuerfreiheit für Eingliederungsleistungen
gemäß § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. h UStG 2009
unionsrechtskonform auf die Leistungen von Unternehmern
beschränkt ist, mit denen eine Vereinbarung nach § 75 SGB
XII besteht, und eine über den Anwendungsbereich dieser
Vorschrift hinausgehende Steuerfreiheit unter Berufung auf Art. 132
Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL unionsrechtlich nicht geboten ist. Dem
schließt sich der erkennende Senat an.
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3. Die von der Klägerin ausgeführten
steuerbaren Umsätze sind jedoch - soweit sie ihre Leistungen
an B und C ausgeführt hat - nach § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009 steuerfrei.
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a) Für die Steuerfreiheit der hier
fraglichen Leistungen kommt neben § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. h
UStG 2009 auch § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 in
Betracht, der keine vertragliche Vereinbarung nach dem Sozialrecht
erfordert. Der Gesetzgeber hat auf der Grundlage der ihm in Art.
132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL eingeräumten Befugnis der
Mitgliedstaaten mit § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009
einen ausdrücklich als solchen bezeichneten
„Auffangtatbestand“ geschaffen, der bei
Einrichtungen, die nicht unter § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a bis
j UStG fallen, zur Anwendung kommt (vgl. BTDrucks 16/11108, S. 38).
Danach sind die Kriterien des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG
2009 für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem
Charakter für Einrichtungen heranzuziehen, „deren
Leistungen nicht schon nach den Buchstaben a bis j befreit
sind“ (vgl. BTDrucks 16/11108, S. 37).
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45
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b) Von den nach unter § 1 Abs. 1 Nr. 1
UStG fallenden Umsätzen waren nach § 4 UStG 2009
steuerfrei:
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“16. die mit dem Betrieb von
Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig
oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen
Leistungen, die von
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(...)
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k) Einrichtungen, bei denen im vorangegangenen
Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 40 %
der Fälle von den gesetzlichen Trägern der
Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder der für die
Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen
Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der
Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil
vergütet worden sind,
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erbracht werden. Leistungen im Sinne des
Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis k
erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um
Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder
die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils
bezieht.“
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46
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aa) Die Vorschrift § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009 ist mit Ausnahme der
Mindestvergütungsquote, die nunmehr mindestens 25 %
beträgt, identisch mit § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG
in der derzeit geltenden Fassung. Auch § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG
2009 entspricht inhaltlich § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG der
aktuellen Fassung.
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47
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bb) Sie beruht unionsrechtlich auf Art. 132
Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL, der inhaltlich dem bis zum 31.12.2006
geltenden Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
(Richtlinie 77/388/EWG) entspricht (vgl. dazu BFH-Urteil vom
3.8.2017 V R 52/16, BFHE 259, 160, BFH/NV 2018, 165 = SIS 17 20 10,
Rz 18). Danach befreien die Mitgliedstaaten „eng mit der
Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene
Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen,
einschließlich derjenigen, die durch Altenheime,
Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem
betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter
anerkannte Einrichtungen bewirkt werden“.
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48
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c) Der Gesetzgeber war grundsätzlich
berechtigt, die Steuerbefreiung nach Maßgabe des für das
Streitjahr geltenden § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 im
Einklang mit dem Unionsrecht davon abhängig zu machen, ob bei
der betreffenden Einrichtung - was den Streitfall betrifft - im
(vorangegangenen) Kalenderjahr die Betreuungskosten in mindestens
40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der
Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet
worden sind.
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49
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aa) Die Voraussetzungen und Modalitäten
der Anerkennung als soziale Einrichtung werden in Art. 132 Abs. 1
Buchst. g MwStSystRL nicht festgelegt. Vielmehr ist es Sache des
innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln
aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche
Anerkennung gewährt werden kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom
28.6.2017 XI R 23/14, BFHE 258, 517, BFH/NV 2017, 1561 = SIS 17 15 39, Rz 39, m.w.N.).
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50
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bb) Zu den im Einklang mit dem Unionsrecht
für die Anerkennung als soziale Einrichtung maßgeblichen
Gesichtspunkten gehört u.a. die Übernahme der Kosten
für die fraglichen Leistungen zum großen Teil durch
Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen
Sicherheit (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 7.12.2016 XI R 5/15,
BFHE 256, 550, BFH/NV 2017, 863 = SIS 17 04 47, Rz 29; in BFHE 258,
517, BFH/NV 2017, 1561 = SIS 17 15 39, Rz 40; jeweils m.w.N.).
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51
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cc) Der nationale Gesetzgeber hat bei der
Ausgestaltung der Anerkennung einer Einrichtung i.S. von § 4
Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 die Grenzen des ihm zustehenden
Ermessens zwar insoweit nicht beachtet, als er bezüglich der
Einhaltung der Sozialquote in Höhe von 40 % auf das
vorangegangene Kalenderjahr abgestellt hat (vgl. dazu BFH-Urteile
vom 19.3.2013 XI R 47/07, BFHE 240, 439, BFH/NV 2013, 1204 = SIS 13 14 54, Rz 36 ff.; in BFHE 258, 517, BFH/NV 2017, 1561 = SIS 17 15 39, Rz 42; jeweils m.w.N.). Der Senat hat deshalb entsprechende
gesetzliche Grenzen in ständiger Rechtsprechung nur insoweit
als mit dem Unionsrecht unvereinbar beanstandet, als bei der
Prüfung der Grenze auf die Umsätze des Vorjahres
zurückgegriffen wird, und im Übrigen unbeanstandet
gelassen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 258, 517, BFH/NV 2017, 1561
= SIS 17 15 39, Rz 43, m.w.N.).
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52
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d) Die Annahme des FG, die Klägerin sei
eine nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 anerkannte
Einrichtung, trifft zu.
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53
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aa) Der Begriff
„Einrichtung“ i.S. von § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009 umfasst auch - wie das FG zu Recht erkannt hat
- natürliche Personen wie hier die Klägerin. Dabei ist
davon auszugehen, dass das nationale Recht insoweit an die
Begrifflichkeit des Unionsrechts anknüpft (vgl. BTDrucks
16/11108, S. 37). Der Begriff ist grundsätzlich weit genug, um
auch natürliche Personen (vgl. dazu EuGH-Urteil Gregg vom
7.9.1999 C-216/97, EU:C:1999:390, UR 1999, 419 = SIS 00 01 53, Rz
21) und private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. dazu
EuGH-Urteile Kingscrest Associates und Montecello vom 26.5.2005
C-498/03, EU:C:2005:322, UR 2005, 453 = SIS 05 30 13, Rz 35 und 40;
MDDP vom 28.11.2013 C-319/12, EU:C:2013:778, HFR 2014, 177 = SIS 13 32 46, Rz 28 und 31) zu erfassen (vgl. dazu ferner BFH-Urteile in
BFHE 256, 550, BFH/NV 2017, 863 = SIS 17 04 47, Rz 28; in BFHE 258,
517, BFH/NV 2017, 1561 = SIS 17 15 39, Rz 38, m.w.N.).
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bb) Die sachbezogenen Voraussetzungen des
§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 sind vorliegend
gleichfalls erfüllt. Die Klägerin hat im Streitjahr
Leistungen erbracht, die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur
Betreuung körperlich, geistig oder seelisch
hilfsbedürftiger Personen eng verbunden waren.
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(1) Die von der Klägerin im Rahmen der
ambulanten Eingliederungshilfe betreuten Klienten waren
hilfsbedürftige Personen i.S. von § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009. Denn es handelt sich hierbei um i.S. von
§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII anspruchsberechtigte Personen, die
durch eine Behinderung i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX -
mithin durch körperliche, seelische, geistige oder
Sinnesbeeinträchtigungen - wesentlich in ihrer Fähigkeit,
an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer
solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind (vgl. BTDrucks
16/11108, S. 37).
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(2) Die Leistungen der Klägerin waren
zudem mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung dieser
Personen eng verbunden. Zu den begünstigten Leistungen der
Betreuung hilfsbedürftiger Personen zählen insbesondere
Leistungen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten,
die erforderlich und geeignet sind, Behinderten oder von
Behinderung bedrohten Menschen die für sie erreichbare
Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, und
Leistungen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 54
SGB XII erbracht werden (vgl. Abschn. 4.16.5 Abs. 21 Satz 2 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ; BTDrucks 16/11108, S.
37). Danach sind die betreffenden Leistungen der Klägerin als
Leistungen der Betreuung hilfsbedürftiger Personen zu
behandeln. Denn sie hat ihre im Rahmen der ambulanten
Eingliederungshilfe erbrachten Leistungen mit dem Ziel erbracht,
den Klienten einen eigenständigen Alltag und die Eingliederung
in das soziale Leben zu ermöglichen.
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cc) Nach den i.S. von § 118 Abs. 2 FGO
bindenden Feststellungen des FG handelt es sich vorliegend - was
zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht im Streit steht -
ihrer Art nach um Leistungen i.S. von § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG
2009, auf die sich die von A geleistete Vergütung jeweils
bezieht.
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dd) Die von der Klägerin an B und C
erbrachten Leistungen sind gemäß § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009 - jedenfalls im Streitjahr - mindestens in
Höhe von 40 % von A, einem gesetzlichen Träger der
Sozialhilfe, vergütet worden.
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(1) Ob Betreuungs- oder Pflegekosten in
mindestens 40 % der Fälle i.S. von § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009 von den gesetzlichen Trägern der
Sozialversicherung oder der Sozialhilfe ganz oder zum
überwiegenden Teil vergütet wurden, entscheidet sich nach
Maßgabe sozialversicherungsrechtlicher Regelungen. Die
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009
wird daher insbesondere dann ausgelöst, wenn der Unternehmer
die Erstattung der Kosten, die seinen Leistungsempfängern
aufgrund seiner Leistung entstanden sind, durch
Sozialversicherungs- oder - wie hier - Sozialhilfeträger
konkret nachweisen kann (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 259, 160,
BFH/NV 2018, 165 = SIS 17 20 10, Rz 20). Dies ist hier
geschehen.
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(2) Die Klägerin hat - wie das FG u.a.
mit Bezug auf die von B und C erteilten Bescheinigungen vom
10.10.2010 und 12.10.2011 unwidersprochen festgestellt hat - den
Nachweis dafür erbracht, dass alle ihre an B und C im Rahmen
der ambulanten Eingliederungshilfe ausgeführten Leistungen
vollständig von A, dem Sozialhilfeträger, mittelbar
vergütet worden sind. Die mittelbare Kostentragung durch den
Sozialhilfeträger reicht - anders als das FA meint - in einem
Fall wie diesem aus (dazu nachfolgend unter II.4.a). Damit ist die
nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 vorausgesetzte
Sozialquote, die erfordert, dass in mindestens 40 % der Fälle
die Betreuungskosten vom - was den Streitfall betrifft -
Sozialhilfeträger vergütet worden sind, nicht nur
erreicht, sondern überschritten. Dies gilt jedenfalls für
das Streitjahr.
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(3) Auf die Verhältnisse in dem dem
Streitjahr vorangegangenen Kalenderjahr 2009, zu denen das FG keine
Feststellungen getroffen hat, kommt es im Lichte des Unionsrechts
entgegen dem Wortlaut von § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG
2009 für die Steuerbefreiung der im Streitjahr erbrachten
Leistungen nicht an (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 240, 439, BFH/NV
2013, 1204 = SIS 13 14 54, Rz 37 f.; in BFHE 256, 550, BFH/NV 2017,
863 = SIS 17 04 47, Rz 36; vorstehend unter II.3.c cc).
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4. Die Einwendungen des FA gegen diese
Beurteilung greifen nicht durch.
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a) Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass
§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 richtlinienkonform
dahingehend auszulegen ist, dass eine Vergütung durch den
Träger der Sozialhilfe nicht nur im Falle einer unmittelbaren,
sondern auch bei einer nur mittelbaren (durchgeleiteten)
Kostentragung vorliegt. Entgegen der vom FA vertretenen Ansicht
fehlt es hinsichtlich gemeinwohlorientierter Leistungen eines
Subunternehmers bei nur mittelbarer Kostentragung nicht an einer
Vergütung durch den Sozialhilfeträger.
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aa) Befreiungsvorschriften sind zwar - worauf
das FA zutreffend hinweist - grundsätzlich eng auszulegen
(vgl. dazu BFH-Urteile vom 5.8.2010 V R 54/09, BFHE 231, 289, BStBl
II 2011, 191 = SIS 10 39 04, Rz 22; in BFHE 254, 272, BFH/NV 2016,
1530 = SIS 16 17 69, Rz 49; jeweils m.w.N.). Hinsichtlich § 4
Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 würde eine enge Auslegung
aber dazu führen, dass die Befreiungsnorm nur dann eingriffe,
wenn bezogen auf den Streitfall der Träger der Sozialhilfe die
von der Klägerin im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe
erbrachten Leistungen unmittelbar, d.h. direkt an diese bezahlen
würde (vgl. Abschn. 4.16.3 Abs. 2 Satz 2 UStAE zu der nach der
Verwaltungsauffassung erforderlichen unmittelbaren Leistungs- und
Vergütungsbeziehung). In diesem Falle wäre die Norm
jedoch unionsrechtswidrig, da sich - anders als das FA meint - aus
Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL eine Steuerbefreiung für
die betreffenden Leistungen auch bei mittelbarer Kostentragung
ergibt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat dazu
auf die noch zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
77/388/EWG ergangenen Ausführungen in seinem Urteil in BFHE
256, 550, BFH/NV 2017, 863 = SIS 17 04 47, unter Rz 27 ff., die den
mit dem Streitfall vergleichbaren Fall der Leistungen im Rahmen der
Eingliederungshilfe, die eine Pflegekraft auf der Grundlage von
§ 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XI gegenüber einem auf dem Gebiet
der Pflege von Menschen tätigen Verein erbringt, betrifft.
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Der BFH hat mit Urteil in BFHE 254, 272,
BFH/NV 2016, 1530 = SIS 16 17 69 zur richtlinienkonformen Auslegung
von § 4 Nr. 25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG in der seit
1.1.2008 geltenden Fassung (n.F.) ferner entschieden, dass eine
Vergütung durch den Träger der öffentlichen
Jugendhilfe auch bei einer nur mittelbaren Kostentragung vorliegt
(Rz 51). Für den Streitfall kann nichts anderes gelten.
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bb) Das bedeutet aber nicht, dass jede nur
mittelbare Kostentragung ausreicht, um die Voraussetzungen für
die Steuerbefreiung zu erfüllen. Denn nach dem
ausdrücklichen Wortlaut von § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k
UStG 2009 muss es sich um Leistungen handeln, die
„vergütet worden sind“. Dies setzt
zumindest voraus, dass der zuständige Träger (hier: der
Sozialhilfe) die an einen anderen Unternehmer im Rahmen der
ambulanten Eingliederungshilfe erbrachten Leistungen kennt und die
Kosten hierfür, wenn auch mittelbar, tragen will.
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(1) Hinsichtlich der nach § 4 Nr. 25
Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG n.F. steuerfreien Leistungen eines
selbständigen Erziehungsbeistandes liegt eine solche
mittelbare Kostentragung z.B. vor, wenn dem die Vergütung
zahlenden Jugendamt unter Mitteilung des jeweiligen Subunternehmers
ein Kostenvoranschlag des Anbieters unterbreitet und auf dieser
Grundlage der Auftrag erteilt wird. In diesem Fall sagt das
Jugendamt in Kenntnis der Person des Subunternehmers zu und
übernimmt die Kosten für dessen Leistungen (vgl. dazu
BFH-Urteil in BFHE 254, 272, BFH/NV 2016, 1530 = SIS 16 17 69, Rz
31). Genauso liegt es, wenn sich der Leistungserbringer
gegenüber dem Träger zum Einsatz von - namentlich nicht
benannten - in bestimmter Weise qualifiziertem Personal
verpflichtet hat, dieses auch tatsächlich einsetzt und
patientenbezogene Leistungsabrechnungen vom Subunternehmer an den
Leistungserbringer und vom Leistungserbringer an den
zuständigen Träger erfolgen.
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(2) Vergütet der Kostenträger
dagegen nicht Leistungen des Subunternehmers, sondern lediglich
Leistungen des Leistungserbringers, werden die Leistungen des
Subunternehmers gerade nicht, wie es auch § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. k UStG 2009 verlangt, von einem dort näher
bezeichneten Träger vergütet. Es bleiben dann lediglich
Leistungen an den Leistungserbringer (Auftraggeber), die dieser
vergütet (vgl. zur Steuerfreiheit von Leistungen eines
Sozialtrainers BFH-Urteil vom 30.11.2016 V R 10/16, BFH/NV 2017,
627 = SIS 17 06 11, Rz 13, m.w.N.). Dies ist im Streitfall jedoch
nicht geschehen. Deshalb greift auch der Einwand des FA, dass der
Klient neben der Klägerin auch andere qualifizierte Personen
in Anspruch hätte nehmen können, nicht durch.
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cc) Ferner lässt sich dem EuGH-Urteil
„go fair“ Zeitarbeit (EU:C:2015:164, UR 2015,
351 = SIS 15 06 04) nicht entnehmen, dass eine nur mittelbare
Vergütungsbeziehung zum öffentlichen Leistungsträger
einer Anerkennung des Subunternehmers als soziale Einrichtung
entgegensteht. Die Gestellung von Arbeitnehmern, die als solche
keine im sozialen Bereich erbrachte Gemeinwohldienstleistung
darstellt (vgl. dazu EuGH-Urteil „go fair“
Zeitarbeit, EU:C:2015:164, UR 2015, 351 = SIS 15 06 04, Rz 28;
BFH-Beschluss vom 22.7.2015 V R 20/12 = SIS 13 30 67, HFR 2015,
1079, UR 2015, 877), liegt im Streitfall nicht vor; denn von der
Klägerin wird kein Personal gestellt.
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b) Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich -
entgegen der Ansicht des FA - nichts anderes. Aus der
Gesetzesbegründung zu § 4 Nr. 16 UStG 2009 (BTDrucks
16/11108, S. 37 ff.) ist zwar nicht ausdrücklich zu entnehmen,
dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k
UStG 2009 eine mittelbare Vergütung u.a. durch den
Sozialhilfeträger hat ausreichen lassen wollen. Da aber davon
auszugehen ist, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung von §
4 Nr. 16 UStG 2009 durch das JStG 2009 den von ihm in Bezug
genommenen Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL richtlinienkonform
umsetzen wollte, umfasst der gesetzgeberische Wille auch die
mittelbare Vergütung, weil nach dem Unionsrecht die mittelbare
Kostentragung ausreichend ist (dazu vorstehend unter II.4.a
aa).
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c) Das FA verkennt, dass zur Gewährung
der Steuerbefreiung an Subunternehmer eine mittelbare oder
durchgeleitete Kostentragung nach der jüngeren Rechtsprechung
des BFH (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 251, 282, BFH/NV 2015, 1784
= SIS 15 23 06, Rz 21; in BFHE 253, 466, BFH/NV 2016, 1126 = SIS 16 10 17, Rz 36; in BFHE 254, 272, BFH/NV 2016, 1530 = SIS 16 17 69,
Rz 36; in BFHE 256, 550, BFH/NV 2017, 863 = SIS 17 04 47, Rz 35)
ausreicht, soweit es darauf abstellt, dass ein bloßes
Tätigwerden als Subunternehmer für die Anerkennung als
soziale Einrichtung nicht ausreicht. Sie erfüllt entgegen der
von der Finanzverwaltung in Abschn. 4.16.3 Abs. 2 Satz 2 UStAE
vertretenen Auffassung das Merkmal der Kostentragung.
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d) Es kommt - anders als das FA mit Bezug auf
die BFH-Urteile in BFHE 251, 282, BFH/NV 2015, 1784 = SIS 15 23 06
und in BFHE 254, 272, BFH/NV 2016, 1530 = SIS 16 17 69 ferner meint
- nicht darauf an, dass die Klägerin mangels erforderlicher
Qualifikation als „Fachkraft“ selbst keine
Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger hatte treffen
können. Die Anerkennung als soziale Einrichtung setzt bei
§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG 2009 allein die Kostentragung
u.a. durch den Sozialhilfeträger voraus. Im Übrigen war
die Klägerin als „sonstige qualifizierte
Person“ zur Erbringung der begünstigten Leistungen
geeignet.
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5. Mit den verbleibenden an D sowie E
ausgeführten Umsätzen in Höhe von ... EUR und ...
EUR, für die keine Bescheinigung über die
Kostenerstattung durch A vorliegt bzw. die Beratungsleistungen
betreffen, unterschreitet die Klägerin, die in den dem
Streitjahr vorangegangenen Kalenderjahren bis einschließlich
2009 nach § 4 Nr. 16 Buchst. e UStG a.F. steuerfreie
Leistungen im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe erbracht
hat, die Umsatzgrenzen nach § 19 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
UStG in Höhe von 17.500 EUR bzw. 50.000 EUR. Daher ist - wie
das FG zutreffend erkannt hat und zwischen den Beteiligten nicht im
Streit steht - nach der Kleinunternehmerregelung gemäß
§ 19 Abs. 1 Satz 1 UStG auch insoweit keine Umsatzsteuer
festzusetzen.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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