Auf die Revision der Klägerin werden das
Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 17.7.2013 4
K 32/11 = SIS 13 24 12 und die Einspruchsentscheidung des Beklagten
vom 18.1.2011 aufgehoben.
Die Umsatzsteuer wird unter Änderung der
Umsatzsteuerbescheide des Beklagten für die Jahre 2004, 2005
und 2006 vom 10.10.2008 für das Jahr 2004 auf ... EUR,
für das Jahr 2005 auf ... EUR und für das Jahr 2006 auf
... EUR festgesetzt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte in den
Besteuerungszeiträumen 2004 bis 2006 (Streitjahre) u.a.
Leistungen als Arbeitsvermittlerin.
|
|
|
2
|
Ihre Leistungen bestanden darin,
Arbeitsuchende durch Vermittlung eines geeigneten
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses wieder in
den Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu schloss die Klägerin
einen „Vermittlungsvertrag“ mit dem jeweiligen
Arbeitsuchenden ab, in dem sie sich verpflichtete, diesen mittels
ihres Internetsystems bei der Erstellung eines umfassenden
Bewerberprofils zu unterstützen und ihm nach Erstellung des
Bewerberprofils geeignete Stellen vorzuschlagen. Die Leistung der
Klägerin umfasste neben der Erstellung des Profils der
beruflichen Fähigkeiten des Bewerbers und der Suche nach
geeigneten Arbeitsplätzen außerdem ein individuelles
Bewerbungstraining, die Optimierung der Bewerbungsunterlagen, die
Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch sowie die Vor- und
Nachbereitung von Bewerbungen. Der Arbeitsuchende verpflichtete
sich zur Zahlung eines Vermittlungshonorars in bestimmter
Höhe; der Anspruch darauf entstand mit Abschluss des
Arbeitsvertrages zwischen ihm und einem von der Klägerin
vorgeschlagenen Unternehmen. Außerdem bestätigte er
u.a., dass er seit mehr als drei Monaten arbeitslos gemeldet und im
Besitz eines von seinem zuständigen Arbeitsamt erteilten
Vermittlungsgutscheins sei. Er verpflichtete sich, der
Klägerin im Fall einer erfolgreichen Vermittlung eine von dem
neuen Arbeitgeber ausgefüllte und unterschriebene
Vermittlungsbestätigung zurückzugeben und wurde darauf
hingewiesen, dass die Klägerin diese Bestätigung und den
Vermittlungsgutschein dem Arbeitsamt vorlegen müsse, weil
andernfalls die Vermittlungsprovision nicht vom Arbeitsamt gezahlt
werde.
|
|
|
3
|
Ein vertragliches Verhältnis zwischen
der Klägerin und der Bundesagentur für Arbeit (BA)
bestand nicht.
|
|
|
4
|
Nach erfolgreicher Vermittlung beantragte
die Klägerin bei der BA mit einem von dieser herausgegebenen
Vordruck unter Vorlage der Vermittlungsbestätigung und des
Vermittlungsgutscheins die direkte Zahlung der vereinbarten
Vermittlungsprovision gemäß § 421g Abs. 2 Satz 4
des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) -
Arbeitsförderung - durch die BA. Die Klägerin behandelte
die ihr daraufhin von der BA gezahlten Vermittlungsprovisionen als
Entgelte für umsatzsteuerfreie Leistungen.
|
|
|
5
|
Nach einer Außenprüfung sah der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die den von
der Klägerin vereinnahmten Vermittlungsprovisionen zu Grunde
liegenden Umsätze als zum Regelsteuersatz steuerpflichtig an
und erließ am 10.10.2008 geänderte Umsatzsteuerbescheide
für 2004 bis 2006.
|
|
|
6
|
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG 2013,
1615 = SIS 13 24 12 veröffentlicht.
|
|
|
7
|
Das FG führte aus, für die von
der Klägerin gegenüber den Arbeitsuchenden erbrachten
Vermittlungsleistungen komme keine Steuerbefreiung nach nationalem
Recht in Betracht; ihre Leistungen seien keine Vorträge, Kurse
oder andere Veranstaltungen belehrender Art i.S. von § 4 Nr.
22 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG), noch dienten sie
unmittelbar dem Schul- oder Bildungszweck i.S. von § 4 Nr. 21
UStG.
|
|
|
8
|
Die Klägerin könne sich auch
nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
(Richtlinie 77/388/EWG) berufen, da die dort genannten
Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Zwar erbringe sie eine
Leistung, die eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen
Sicherheit verbunden sei. Sie sei jedoch keine anerkannte
Einrichtung mit sozialem Charakter im Sinne dieser
Bestimmung.
|
|
|
9
|
Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
|
|
|
10
|
Entgegen der Ansicht des FG sei für
ihre Anerkennung als sonstige Einrichtung mit sozialem Charakter
i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG
nicht erforderlich, dass unmittelbare vertragliche Beziehungen
zwischen ihr und einem Träger der sozialen Sicherheit
bestünden.
|
|
|
11
|
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG und die
Einspruchsentscheidung des FA vom 18.1.2011 aufzuheben sowie die
Umsatzsteuerbescheide für 2004 bis 2006 vom 10.10.2008
dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer
für 2004 um ... EUR, für 2005 um ... EUR und für
2006 um ... EUR vermindert wird.
|
|
|
12
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
13
|
Es hält die Vorentscheidung für
zutreffend.
|
|
|
14
|
II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und der Klage
stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
15
|
Die Klägerin, deren Leistungen - wie das
FG zu Recht dargelegt hat - in den Streitjahren nach nationalem
Recht nicht von der Umsatzsteuer befreit waren, kann sich -
entgegen der Auffassung des FG - unmittelbar auf die in Art. 13
Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene
Steuerbefreiung berufen (vgl. zur Berufungsmöglichkeit auf
diese Bestimmung z.B. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen
Union - EuGH - Zimmermann vom 15.11.2012 C-174/11, EU:C:2012:716,
UR 2013, 35 = SIS 13 02 30, Rz 31 bis 33; Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8.11.2007 V R 2/06, BFHE 219, 428,
BStBl II 2008, 634 = SIS 08 10 21, unter II.2., Rz 27 und 28; vom
25.4.2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976 = SIS 13 20 29, Rz 13 ff.; vom 16.10.2013 XI R 19/11, BFH/NV 2014, 190 = SIS 14 00 45, Rz 19 ff.).
|
|
|
16
|
1. Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der
Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer
die „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen
Sicherheit verbundenen Dienstleistungen ... durch Einrichtungen des
öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden
Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte
Einrichtungen“.
|
|
|
17
|
Diese Richtlinienbestimmung war in den
Streitjahren lediglich dadurch „umgesetzt“
worden, dass das UStG die bereits bei Inkrafttreten der Richtlinie
77/388/EWG vorhandenen, teilweise bereits im UStG 1951 enthaltenen
Steuerbefreiungstatbestände im Wesentlichen unverändert
weitergeführt hat (vgl. BFH-Urteile vom 18.8.2005 V R 71/03,
BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143 = SIS 06 01 79, unter II.2.d, Rz
40; vom 17.2.2009 XI R 67/06, BFHE 224, 183, BFH/NV 2009, 869 = SIS 09 10 06, unter II.2., Rz 34; vom 8.6.2011 XI R 22/09, BFHE 234,
448, BFH/NV 2011, 1804 = SIS 11 27 64, Rz 24; in BFH/NV 2014, 190 =
SIS 14 00 45, Rz 20).
|
|
|
18
|
Eine Umsetzung erfolgte für den Bereich
der Arbeitsförderung nach dem SGB III erst mit Wirkung vom
1.1.2015 durch die Einfügung von § 4 Nr. 15b UStG (vgl.
Art. 9 Nr. 3 Buchst. a i.V.m. Art. 28 Abs. 5 des Gesetzes zur
Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur
EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften).
|
|
|
19
|
2. Wie das FG zutreffend im Einzelnen
dargelegt hat und auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten
ist, sind die streitgegenständlichen Leistungen der
Klägerin eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen
Sicherheit verbundene Umsätze (vgl. auch FG
Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.4.2010 2 K 998/05, EFG 2010, 2037
= SIS 10 25 15, Rz 46 f. sowie die Gesetzesbegründung zu dem
ab 2015 geltenden § 4 Nr. 15b UStG, BTDrucks 18/1529, S.
76).
|
|
|
20
|
3. Entgegen der Auffassung des FG war die
Klägerin in den Jahren 2004 bis 2006 mit den
streitgegenständlichen Umsätzen als Einrichtung mit
sozialem Charakter anerkannt.
|
|
|
21
|
a) Der Begriff der
„Einrichtung“ i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. g der Richtlinie 77/388/EWG ist nach ständiger
Rechtsprechung des EuGH und des BFH weit genug, um auch
natürliche Personen, die - wie die Klägerin - ein
Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben, zu erfassen
(vgl. z.B. EuGH-Urteile Gregg vom 7.9.1999 C-216/97, EU:C:1999:390,
UR 1999, 419 = SIS 00 01 53, Rz 17 und 21; Kingscrest Associates
und Montecello vom 26.5.2005 C-498/03, EU:C:2005:322, UR 2005, 453
= SIS 05 30 13, Rz 35 und 36; „go fair“
Zeitarbeit vom 12.3.2015 C-594/13, EU:C:2015:164, UR 2015, 351 =
SIS 15 06 04, Rz 27; ebenso BFH-Urteile in BFHE 211, 543, BStBl II
2006, 143 = SIS 06 01 79, unter II.2.d cc (2), Rz 49; vom 1.12.2010
XI R 46/08, BFHE 232, 232, BFH/NV 2011, 712 = SIS 11 05 50, Rz
25).
|
|
|
22
|
b) Die „Anerkennung“ einer
Einrichtung als Einrichtung mit sozialem Charakter kann sich
ergeben aus spezifischen Vorschriften - seien es nationale oder
regionale, Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften
oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit -, dem mit den
Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundenen
Gemeinwohlinteresse, der Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit
den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer
ähnlichen Anerkennung kommen, und dem Gesichtspunkt, dass die
Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständen zum
großen Teil von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der
sozialen Sicherheit übernommen werden (vgl. z.B. EuGH-Urteile
Kügler vom 10.9.2002 C-141/00, EU:C:2002:473, UR 2002, 513 =
SIS 02 97 10, Rz 57 und 58; Kingscrest Associates und Montecello,
EU:C:2005:322, UR 2005, 453 = SIS 05 30 13, Rz 52 und 53;
Zimmermann, EU:C:2012:716, UR 2013, 35 = SIS 13 02 30, Rz 31;
„go fair“ Zeitarbeit, EU:C:2015:164, UR 2015,
351 = SIS 15 06 04, Rz 20). Die Mitgliedstaaten verfügen
insoweit über ein Ermessen (vgl. z.B. EuGH-Urteile Zimmermann,
EU:C:2012:716, UR 2013, 35 = SIS 13 02 30, Rz 26; „go
fair“ Zeitarbeit, EU:C:2015:164, UR 2015, 351 = SIS 15 06 04, Rz 19, jeweils m.w.N.).
|
|
|
23
|
c) Hierzu hat der BFH in ständiger
Rechtsprechung entschieden, dass die Anerkennung eines Unternehmers
als eine Einrichtung mit sozialem Charakter auch aus der
Übernahme der Kosten für seine Leistungen durch
Krankenkassen oder andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit
abgeleitet werden kann (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 211, 543,
BStBl II 2006, 143 = SIS 06 01 79, unter II.2.d cc (2), Rz 52; in
BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 = SIS 08 10 21, unter II.2.b cc,
Rz 41; in BFHE 232, 232, BFH/NV 2011, 712 = SIS 11 05 50, Rz 34; in
BFHE 234, 448, BFH/NV 2011, 1804 = SIS 11 27 64, Rz 38; vom
8.8.2013 V R 8/12, BFHE 242, 548, BFH/NV 2014, 119 = SIS 13 30 68,
Rz 40, jeweils m.w.N.).
|
|
|
24
|
d) Die Anerkennung der Klägerin folgte
aus der in § 421g und § 296 SGB III geregelten
Kostenübernahme durch die BA.
|
|
|
25
|
aa) Beide Vorschriften wurden durch das Gesetz
zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den
Aufsichtsrat vom 23.3.2002 (BGBl I 2002, 1130) zur Einführung
des sog. Vermittlungsgutscheins geändert, wodurch für
arbeitslose Leistungsbezieher die Möglichkeit eröffnet
werden sollte, auf Kosten des Arbeitsamtes einen (privaten)
Vermittler zu beauftragen (Gesetzesbegründung zu § 421g
Abs. 1 SGB III, BTDrucks 14/8546, S. 10). Dieses Verfahren trat an
die Stelle der ansonsten kostenfreien Vermittlung durch die BA
selbst (Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 6.4.2006 B 7a AL 56/05 R,
BSGE 96, 190, NJW 2007, 1902, Rz 20).
|
|
|
26
|
Nach § 421g Abs. 1 SGB III (in der in den
Streitjahren 2004 und 2005 geltenden Fassung) haben bestimmte
Personen Anspruch auf Erteilung eines Vermittlungsgutscheins
gegenüber der BA (Satz 1). Mit diesem Vermittlungsgutschein
verpflichtet sich die BA, den Vergütungsanspruch eines vom
Anspruchsberechtigten eingeschalteten Vermittlers, der diesen in
eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer
Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt
hat, nach Maßgabe bestimmter Bestimmungen zu erfüllen
(Satz 2; ab 2005: § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III). Die Zahlung
erfolgt unmittelbar an den Vermittler (§ 421g Abs. 2 Satz 4
SGB III; ab 2005: § 421g Abs. 2 Satz 3 SGB III).
|
|
|
27
|
Ergänzend bestimmte § 296 Abs. 4 SGB
III: „Ein Arbeitsuchender, der dem Vermittler einen
Vermittlungsgutschein vorlegt, kann die Vergütung abweichend
von § 266 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in
Teilbeträgen zahlen. Die Vergütung ist nach Vorlage des
Vermittlungsgutscheins bis zu dem Zeitpunkt gestundet, in dem die
Agentur für Arbeit nach Maßgabe von § 421g gezahlt
hat.“
|
|
|
28
|
Wenn mithin einerseits der Arbeitsvermittler
seinen privatrechtlichen Anspruch gegen den Vermittelten nicht
durchsetzen kann (§ 296 Abs. 4 SGB III), andererseits an die
Stelle dieses privatrechtlichen Anspruchs eine Verpflichtung der BA
zur unmittelbaren Zahlung an den Vermittlungsmakler tritt (§
421g Abs. 1 Satz 2 SGB III; ab 2005: § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB
III), so wird der Vermittler selbst Inhaber eines
öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Zahlungsanspruchs gegen
die BA (vgl. BSG-Urteil in BSGE 96, 190, NJW 2007, 1902, Rz
15).
|
|
|
29
|
bb) Nach den Feststellungen des FG hat die
Klägerin in allen streitgegenständlichen Fällen
Zahlungen der insoweit als Träger der sozialen Sicherheit
handelnden BA aufgrund von Vermittlungsgutscheinen erhalten. Die
Kosten wurden demgemäß in vollem Umfang - aufgrund eines
entsprechenden öffentlich-rechtlichen gesetzlichen
Zahlungsanspruchs - tatsächlich von einer Einrichtung der
sozialen Sicherheit übernommen. Das reicht für eine
Anerkennung i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie
77/388/EWG aus (vgl. auch Meyer, EFG 2013, 1617, 1618).
|
|
|
30
|
cc) Dem vom FG für seine Auffassung
angeführten Urteil in BFHE 219, 428, BStBl II 2008, 634 = SIS 08 10 21 lag ein anderer Sachverhalt zu Grunde. Denn die dortigen
Kläger waren als Sozialarbeiter selbständig in der
ambulanten Kinder-, Jugend- und Familienhilfe im Auftrag eines als
gemeinnützig anerkannten Vereins tätig; sie erhielten -
im Gegensatz zur Klägerin im Streitfall - keine direkten
Zahlungen aufgrund eines entsprechenden öffentlich-rechtlichen
gesetzlichen Zahlungsanspruchs von einem Träger der sozialen
Sicherheit.
|
|
|
31
|
Zwar hat der BFH in seinem Urteil in BFHE 219,
428, BStBl II 2008, 634 = SIS 08 10 21 ausgeführt, die
Anerkennung lasse sich nicht schon daraus ableiten, dass die
Einrichtung (hier der Verein), an die die Kläger als deren
Subunternehmer ihre Leistungen erbracht haben, vom Mitgliedstaat
ausdrücklich oder zumindest aufgrund unmittelbarer
vertraglicher Beziehungen zu dem örtlichen Träger der
Sozialversicherung anerkannt worden sei. Die Anerkennung des
betreffenden Mitgliedstaates als eine „Einrichtung mit
vergleichbarer Zielrichtung“ - hierauf bezieht sich das
FG in Rz 36 seines Urteils - setze „zumindest eine
unmittelbare vertragliche - Inhalt, Umfang sowie Verantwortung
für die vertragsgemäße Durchführung
konkretisierende - Beziehung zwischen diesem bzw. seinen
Untergliederungen und dem Unternehmer voraus“ (vgl. unter
II.2.b cc, Rz 43 der Entscheidungsgründe). Diese Formulierung
des BFH bezog sich aber erkennbar allein auf das im dortigen
Streitfall vorliegende Subunternehmerverhältnis (vgl. auch
II.2.b cc, Rz 42 der Entscheidungsgründe). Zudem hatte der BFH
vor dieser Aussage die Rechtsprechung wiedergegeben, die
Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem
Charakter könne auch aus der Übernahme der Kosten
für seine Leistungen durch Krankenkassen oder andere
Einrichtungen der sozialen Sicherheit abgeleitet werden (vgl. unter
II.2.b cc, Rz 41 der Entscheidungsgründe). Wenn der BFH dort
fortfährt, „so“ könne
„für die Anerkennung auch gewürdigt werden, dass
der Leistende die begünstigten Leistungen aufgrund
vertraglicher Vereinbarungen mit Trägern der
Sozialversicherung erbracht“ habe, bedeutet dies nicht,
dass nur bei Vorliegen (unmittelbarer) vertraglicher Vereinbarungen
eine Anerkennung in Betracht komme. Eine derartige
Einschränkung stünde auch nicht im Einklang mit der
einschlägigen Rechtsprechung des EuGH, die - wie unter II.3.b
dargelegt - (lediglich) darauf abstellt, ob „die Kosten
der fraglichen Leistungen ... von Einrichtungen der sozialen
Sicherheit übernommen werden“.
|
|
|
32
|
Dem BFH-Urteil in BFHE 219, 428, BStBl II
2008, 634 = SIS 08 10 21 lässt sich deshalb nicht entnehmen,
dass die Klägerin im vorliegenden Streitfall zwingend ein
Vertragsverhältnis mit den zuständigen Trägern der
Arbeitsverwaltung hätte haben müssen, um als
„Einrichtung mit sozialem Charakter“ anerkannt
zu werden (zutreffend Weigel, Der Umsatz-Steuer-Berater - UStB -
2013, 257, 258).
|
|
|
33
|
dd) Einer Anerkennung der Klägerin steht
auch nicht der vom FG ferner genannte BFH-Beschluss vom 26.1.2012 V
R 52/10 (BFH/NV 2012, 817 = SIS 12 10 87) entgegen, wonach die
nachträgliche Kostenübernahme nach Einzelfallprüfung
für eine Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter
nicht genügt, da bereits im Zeitpunkt der Leistung feststehen
müsse, ob die Leistungen steuerbefreit seien oder nicht
(BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 817 = SIS 12 10 87, Rz 4). Denn im
Streitfall war die BA aufgrund des Vermittlungsgutscheins - bei
Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - zur Zahlung
verpflichtet, ein Ermessen bestand nicht (vgl. § 421g Abs. 1
Satz 2 SGB III bzw. ab 1.1.2005: § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III;
ebenso Weigel, UStB 2013, 257, 258).
|
|
|
34
|
4. Es liegen auch keine sonstigen Gründe
vor, die einer Berufung der Klägerin auf das Unionsrecht
entgegenstehen. Die Leistungen der Klägerin sind keine
solchen, die i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG als für die soziale Sicherheit
„nicht unerlässlich“ anzusehen sind oder
die im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung
zusätzliche Einnahmen durch Umsätze zu verschaffen, die
in unmittelbarem Wettbewerb mit Umsätzen von der
Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen bewirkt
werden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 190 = SIS 14 00 45, Rz
26).
|
|
|
35
|
5. Ob sich für private Arbeitsvermittler
die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Einrichtung mit
sozialem Charakter durch die Notwendigkeit einer vorherigen
Zulassung in § 176 Abs. 1, § 178 SGB III mit Wirkung vom
1.4.2012 geändert haben, hat der Senat im Streitfall nicht zu
entscheiden. Eine vergleichbare Zulassung war für private
Arbeitsvermittler in den Streitjahren 2004 bis 2006 nicht
erforderlich.
|
|
|
36
|
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
|