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Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen

Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen: Das Finanzamt ist im Rahmen der ertragsteuerrechtlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz (und deren einzelnen Ansätzen) zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war. - Urt.; BFH 31.1.2013, GrS 1/10; SIS 13 08 30

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gewinnermittlung > Buchführung, Bilanzerstellung
Fundstellen
  1. BFH 31.01.2013, GrS 1/10
    BStBl 2013 II S. 317
    DStR 2013 S. 633
    BFH/NV 2013 S. 832

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 2.5.2013
    H.W.G. in DStR 15/2013 S. 729
    jh in StuB 7/2013 S. 268
    W.D.H. in StuB 9/2013 S. 317
    W.D.H. in StuB 8/2013 S. 277
    K.K. in NWB 15/2013 S. 1057
    K.D.H. in BB 17/2013 S. 1011
    H.J.K. in NWB 18/2013 S. 1405
    J.Sch.O. in BB 19/2013 S. 1131
    B.R. in StuB 11/2013 S. 359
    TC in DStZ 10/2013 S. 326
    D.G. in BFH/PR 6/2013 S. 178
    W.D.H. in StuB 10/2013 S. 357
    D.G. in StC 7/2013 S. 10
    U.P. in WPg 13/2013 S. 650
    M.P. in FR 15/2013 S. 703
    H.M.K. in AktStR 3/2013 S. 390
    KAM in Stbg 9/2013 S. M 15
    E.K. in DStZ 18/2013 S. 667
    C.Sch. in FR 18/2013 S. 835
    G.A. in StB 10/2013 S. 351
    P.O. in DB 44/2013 S. 2466
Normen
[GG] Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
[EStG] § 4 Abs. 2, § 5
[HGB] § 243 Abs. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: BFH, 07.04.2010, SIS 10 14 76, Aktive Rechnungsabgrenzung, Mobilfunkvertrag
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 27.7.2023, SIS 23 14 92, Anwendung des Halbabzugsverbots im Fall der Korrektur eines fehlerhaften Bilanzansatzes: Wird der Bilanza...
  • FG München 17.5.2023, SIS 23 19 37, Auslegung eines von einem Medienfonds geschlossenen Filmrechtevertrags nach den Regeln des kalifornischen...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 16.5.2023, SIS 23 12 13, Anwendbarkeit § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG auch bei verdeckter Einlage aus dem Privatvermögen natürlicher Perso...
  • FG München 21.3.2023, SIS 24 00 11, Feststellungsverjährung: 1. Der Ablauf der Feststellungsfrist wird gem. § 181 Abs. 1 Satz 1, § 171 Abs. 5...
  • BFH 9.3.2023, SIS 23 07 44, Zur steuerlichen Berücksichtigung des Beibehaltungswahlrechts gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 2 EGHGB: 1. Der H...
  • FG Nürnberg 1.2.2023, SIS 23 04 34, Rechtmäßigkeit einer Anforderung von Unterlagen durch die Finanzbehörden unter besonderer Berücksichtigun...
  • BFH 17.3.2022, SIS 22 12 53, (Folge-)Änderung eines Steuerbescheids nach § 174 Abs. 4 AO in einer anderen Steuerart, Irrtum über das E...
  • BFH 18.11.2021, SIS 22 02 82, Anforderungen an Preisnachlässe als Entgeltminderung: 1. Der Unternehmer kann für eine in einem anderen M...
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  • FG München 13.8.2015, SIS 15 25 45, Steuerliches Einlagekonto einer Organgesellschaft, Ermittlung einer das Einlagenkonto mindernden Mehrabfü...
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  • FG Hamburg 21.7.2014, SIS 14 26 45, GmbH-Geschäftsanteile als notwendiges Betriebsvermögen: 1. Für die Zuordnung eines GmbH-Geschäftsanteils ...
  • BFH 25.6.2014, SIS 14 32 59, Formeller Bilanzenzusammenhang, fehlerhafte Aktivierung von Beteiligungen an vermögensverwaltenden Person...
  • BFH 5.6.2014, SIS 14 24 43, Zulässigkeit einer den Ansatz von Zuchtsauen betreffenden Bilanzänderung: Die für die Frage der Zulässigk...
  • BFH 7.5.2014, SIS 14 27 20, Aussetzung des Verfahrens, formeller Bilanzenzusammenhang: Das FG ist im Regelfall (Ermessensreduktion au...
  • FG München 2.4.2014, SIS 14 17 90, Bilanzielle Behandlung einer einem Medienfonds als Lizenzgeber bei zeitlich befristeter Überlassung von F...
  • OFD Nordrhein-Westfalen 25.3.2014, SIS 14 35 15, Land- und Forstwirte, ESt-Veranlagung 2012: Die OFD Nordrhein-Westfalen hat eine Verfügung zur Einkommens...
  • BFH 26.2.2014, SIS 14 24 49, Bilanzierung einer Forderung: 1. Rechtskräftige Urteile, die dem Gläubiger eine bis dahin bestrittene For...
  • LfSt Bayern 31.1.2014, SIS 14 04 34, Einbeziehung von Finanzierungskosten bei der Bemessung der Rückstellung für Aufbewahrung von Geschäftsunt...
  • OFD Karlsruhe 16.1.2014, SIS 14 13 01, Kleine Organschaftsreform, Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steu...
  • FG Baden-Württemberg 11.12.2013, SIS 14 30 59, Änderung der Gewinnermittlung durch FA keine Bilanzberichtigung: 1. Zwar kann nur der Steuerpflichtige se...
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  • BFH 26.9.2013, SIS 13 34 18, Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen als Voraussetzung für die Anwendung der Gewinnermit...
  • Niedersächsisches FG 11.7.2013, SIS 13 27 18, Rückstellung für Zahlungen auf landwirtschaftliche Altschulden: 1. Zur Bildung von Rückstellungen für ung...
  • BFH 11.6.2013, SIS 13 25 68, Teilbetriebsabspaltung, Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage: In der Rechtsprechung ist geklärt, ...
  • BFH 16.5.2013, SIS 13 18 26, Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung zu Daten der Nutzer einer Internethandelsplattform: Die Beantw...
  • BFH 15.5.2013, SIS 13 22 43, Rechnungsabgrenzung bei Handy-Subventionen: Für die verbilligte Abgabe von Mobiltelefonen bei gleichzeiti...
  • FG Köln 8.5.2013, SIS 13 26 30, Zeitliche Zuordnung nachträglicher Kaufpreisveränderung: 1. Nachträgliche Veränderungen des Kaufpreises u...
Fachaufsätze
  • LIT 04 46 90 M. Schüppen, DB 13/2022 S. 749: Abschied vom subjektiven Fehlerbegriff im Bilanzrecht - Bittere Medizin mit überschaubaren Nebenwirkungen...
  • LIT 04 47 91 M. Schüppen, DB 13/2022 S. 749: Abschied vom subjektiven Fehlerbegriff im Bilanzrecht - Bittere Medizin mit überschaubaren Nebenwirkungen...
  • LIT 03 78 52 G. Wichmann, Stbg 2/2019 S. 69: Unmaßgeblichkeit des Maßgeblichkeitsprinzips? - Anmerkungen zur Rechtsprechung des BFH - Lit.; G. Wichman...
  • LIT 03 71 05 G. Wichmann, Stbg 10/2018 S, 390: Die Frage nach der Relevanz des objektiven Fehlers - Lit.; G. Wichmann, Stbg 10/2018 S, 390; EStG § 5 Abs...
  • LIT 03 48 91 C. Pohl, NWB 37/2017 S. 2848: Zur Geltung des subjektiven Fehlerbegriffs in der Handelsbilanz - Lit.; C. Pohl, NWB 37/2017 S. 2848; KSt...
  • LIT 02 62 05 W.D. Hoffmann, StuB 9/2013 S. 317: Aufhellungstheorien - BFH-Urteil vom 22.8.2012, X R 23/10 = SIS 12 26 95 und vom 31.1.2013, GrS 1/10 = SI...
  • LIT 02 62 50 J. Schulze-Osterloh, BB 19/2013 S. 1131: Das Ende des subjektiven Fehlerbegriffs bei der Anwendung von Bilanzrecht - Besprechung des Beschlusses d...
  • LIT 02 62 95 H.J. Kanzler, NWB 18/2013 S. 1405: Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen - Folgen der Entscheidung d...
  • LIT 02 63 23 W.D. Hoffmann, StuB 8/2013 S. 277: Die objektive Rechtslage bei der Bilanzierung - BFH-Beschluss vom 31.1.2013, GrS 1/10 = SIS 13 08 30 - Li...
  • LIT 02 63 54 K.D. Hahne, BB 17/2013 S. 1011: Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen - BB-Kommentar zum BFH-Besc...
  • LIT 02 64 20 H. Weber-Grellet, DStR 15/2013 S. 729: Abschied vom subjektiven Fehlerbegriff - Anmerkungen zum BFH-Beschluss vom 31.1.2013, GrS 1/10 = SIS 13 0...
  • LIT 02 64 43 K. Korn, NWB 15/2013 S. 1057: Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs für steuerbilanzielle Fragen - Der Kommentar zum Beschluss des Gro...
  • LIT 02 64 73 B. Rätke, StuB 11/2013 S. 399: Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs - Anmerkungen zum Beschluss des Großen Senats des BFH vom 31.1.201...
  • LIT 02 66 71 W.D. Hoffmann, StuB 10/2013 S. 357: Vertretbare vs. richtige Bilanzierung - BFH-Beschluss vom 31.1.2013, GrS 1/10 = SIS 13 08 30 - Lit.; W.D....
  • LIT 02 71 24 U. Prinz, WPg 13/2013 S. 650: Abschied vom subjektiven Fehlerbegriff für steuerbilanzielle Rechtsfragen - Anmerkungen zum BFH-Beschluss...
  • LIT 02 72 44 G. Bruschke, StC 9/2013 S. 20: Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs - BFH-Beschluss vom 31.1.2013, GrS 1/10 = SIS 13 08 30 - Lit.; G. ...
  • LIT 02 73 16 H.M. Korth, AktStR 3/2013 S. 390: Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs - Anmerkungen zum BFH-Beschluss vom 31.1.2013, GrS 1/10 = SIS 13 0...
  • LIT 02 75 77 C. Schlotter, FR 18/2013 S. 835: Die Abkehr vom subjektiven Fehlerbegriff bei steuerbilanziellen Rechtsfragen - materielle Wirkungen und v...
  • LIT 02 77 04 P. Oser, DB 44/2013 S. 2466: Objektiver Fehlerbegriff im Bilanzsteuerrecht - Ein Schwanengesang auf die Nichtanwendungserlasse der Fin...
  • LIT 02 78 97 G. Adrian, StB 10/2013 S. 351: Bilanzierungsfehler und Organschaft - BFH-Beschluss vom 31.1.2013, GrS 1/10 = SIS 13 08 30 - Lit.; G. Adr...
Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

 

1

A. Vorgelegte Rechtsfrage, Sachverhalt und Ausgangsverfahren, Anrufungsbeschluss, Stellungnahmen der Beteiligten

 

 

2

I. Vorgelegte Rechtsfrage

 

 

3

Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Beschluss vom 7.4.2010 I R 77/08 (BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739 = SIS 10 14 76) dem Großen Senat gemäß § 11 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

 

 

4

Ist das Finanzamt im Rahmen der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung in Bezug auf zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ungeklärte bilanzrechtliche Rechtsfragen an die Auffassung gebunden, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz zugrunde liegt, wenn diese Rechtsauffassung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vertretbar war?

 

 

5

II. Sachverhalt und Ausgangsverfahren

 

 

6

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die die Konstruktion, die Herstellung und den Betrieb eines mobilen Zellularfunknetzes (Mobilfunknetzes) zum Gegenstand hat. Im Streitjahr (1996) bot sie ihren Kunden den verbilligten Erwerb von Mobiltelefonen für den Fall an, dass diese mit ihr einen Mobilfunkdienstleistungsvertrag (MFD-Vertrag) mit einer Laufzeit von mindestens 24 Monaten abschlossen oder einen bestehenden Vertrag entsprechend verlängerten.

 

 

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) war der Auffassung, die durch die verbilligte Abgabe der Mobiltelefone entstandene Betriebsvermögensminderung stelle einen Aufwand dar, der sich im Streitjahr nicht in vollem Umfang gewinnmindernd auswirken dürfe. Vielmehr müsse der Aufwand gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG, hier und im Folgenden i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes) durch Ansatz eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens (RAP) periodengerecht über die Laufzeit des MFD-Vertrags verteilt werden. Dementsprechend legte es der Steuerfestsetzung für das Streitjahr abweichend von der Bilanz, die die Klägerin eingereicht hatte, einen um einen entsprechenden aktiven RAP erhöhten Bilanzgewinn zugrunde.

 

 

8

Die Klage blieb erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG 2008, 1607 abgedruckt.

 

 

9

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Die Voraussetzungen für die Bildung des aktiven RAP lägen nicht vor. Sehe man dies anders, sei das FA dennoch unter Berücksichtigung des subjektiven Fehlerbegriffs an die in der eingereichten Bilanz zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung gebunden, der RAP sei nicht zu bilden. Diese Rechtsauffassung habe nämlich bei der Aufstellung der Bilanz wegen der seinerzeit ungeklärten Rechtslage der kaufmännischen Sorgfalt nicht widersprochen. Die angefochtenen Bescheide seien daher entsprechend zu ändern.

 

 

10

III. Vorlagebeschluss des I. Senats

 

 

11

Der I. Senat teilt die Auffassung von FA und FG zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Bildung des RAP. Er ist ferner der Ansicht, der RAP sei bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen, obwohl die Entscheidung der Klägerin, den RAP in der von ihr eingereichten Bilanz zum 31.12.1996 nicht zu bilden, zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung der kaufmännischen Sorgfalt entsprochen habe und somit subjektiv nicht fehlerhaft gewesen sei. Da diese Ansicht von der bisherigen Rechtsprechung des BFH zum subjektiven Fehlerbegriff abweiche und es sich um eine zentrale und umstrittene, alle mit Bilanzrecht befassten Senate des BFH betreffende Grundfrage des Bilanzsteuerrechts mit großer praktischer Bedeutung handele, sei die Vorlage an den Großen Senat gemäß § 11 Abs. 4 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung geboten.

 

 

12

IV. Stellungnahmen der Beteiligten

 

 

13

1. Die Klägerin hält die Vorlage für unzulässig. Die vorgelegte Rechtsfrage sei nicht entscheidungserheblich, da im Streitfall offensichtlich kein aktiver RAP zu bilden sei.

 

 

14

Im Übrigen müsse hinsichtlich der Beurteilung von Rechtsfragen durch den bilanzierenden Steuerpflichtigen am subjektiven Fehlerbegriff festgehalten werden, der zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) gehöre und auch bei der Abschlussprüfung und Bilanzkontrolle angewendet werde. Er sei daher für das Steuerrecht ebenfalls verbindlich, zumal aufgrund der „Zweischneidigkeit der Bilanz“ eine zutreffende Totalgewinnermittlung gewährleistet sei. Darin unterscheide sich die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) von der Ermittlung des Gewinns als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) und von der Ermittlung der Einkünfte als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 8 bis 9a EStG). Eine Änderung des ursprünglichen Jahresabschlusses sei zudem zeit- und kostenaufwendig, könne eine Nachtragsprüfung gemäß § 316 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sowie eine erneute Feststellung und Offenlegung (§ 325 Abs. 1 Satz 6 HGB) notwendig machen und auf der Grundlage des Jahresabschlusses gefasste Gewinnverwendungsbeschlüsse infrage stellen. Dem sorgfältig Bilanzierenden dürften aus späterer besserer Tatsachen- oder Rechtserkenntnis keine Nachteile erwachsen. Dem subjektiven Fehlerbegriff komme deshalb eine Schutzfunktion zugunsten des Steuerpflichtigen zu. Es dürfe sich nicht zu seinen Lasten auswirken, wenn er sich bei der Bilanzierung an später aufgegebener höchstrichterlicher Rechtsprechung orientiert habe. Wenn sich die Rechtsprechung aber zugunsten des Steuerpflichtigen ändere, müsse er zu einer rückwirkenden Bilanzberichtigung berechtigt sein.

 

 

15

2. Das FA sieht die Vorlage als zulässig an. Der Große Senat habe die Rechtmäßigkeit der Bildung des RAP nicht zu prüfen. Die Vorlagefrage sei zu verneinen.

 

 

16

3. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF), das dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 FGO beigetreten ist, bejaht ebenfalls die Zulässigkeit der Vorlage. Über die Rechtmäßigkeit der Bildung des RAP habe der Große Senat nicht zu entscheiden.

 

 

17

Zur Vorlagefrage selbst vertritt das BMF die Auffassung, am subjektiven Fehlerbegriff könne bezogen auf die Beurteilung von Rechtsfragen nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden. Das Finanzamt habe die Richtigkeit der Bilanz auf der Grundlage der maßgeblichen Vorschriften zu prüfen und könne und müsse bei einem Verstoß gegen diese Vorschriften bei der Steuerfestsetzung unter Berücksichtigung der allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmungen zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen von der Bilanz abweichen. Es komme dabei nicht darauf an, ob die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Bilanz durch den Steuerpflichtigen selbst erfüllt seien. Bei der Steuerfestsetzung könne es kein auf die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich beschränktes Wahlrecht zwischen subjektiver und objektiver Rechtmäßigkeit geben. Dies folge insbesondere auch aus der verfassungsrechtlichen Bindung der Finanzverwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - ). Es könne sich dabei nur um das „objektiv richtige“ Recht handeln, und zwar auch bei einer im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung noch ungeklärten Rechtslage.

 

 

18

Am subjektiven Fehlerbegriff müsse hinsichtlich der Beurteilung von Rechtsfragen auch nicht im Hinblick auf den Schutz des Vertrauens auf eine zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung geltende, für den Steuerpflichtigen steuerlich günstige Verwaltungsauffassung oder Rechtsprechung festgehalten werden. Ändere sich die Verwaltungsauffassung oder Rechtsprechung nach diesem Zeitpunkt zulasten des Steuerpflichtigen, sei ihm entsprechend der bisherigen Praxis unabhängig vom subjektiven Fehlerbegriff Vertrauensschutz zu gewähren.

 

 

19

Falls sich der Große Senat der Auffassung des I. Senats anschließe, solle er im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens Übergangsregelungen zugunsten der Finanzverwaltung treffen, und zwar vor allem hinsichtlich der bisher mit Hinweis auf den subjektiven Fehlerbegriff abgelehnten Passivierung von den Steuerpflichtigen materiell-rechtlich zustehenden Rückstellungen.

 

 

20

B. Entscheidung des Großen Senats zu Verfahrensfragen

 

 

21

I. Keine mündliche Verhandlung

 

 

22

Der Große Senat entscheidet gemäß § 11 Abs. 7 Satz 2 FGO ohne mündliche Verhandlung, weil eine weitere Förderung der Entscheidung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten ist. Die Vorlagefrage und die unterschiedlichen Auffassungen, die dazu in Rechtsprechung, Schrifttum und Verwaltungsanweisungen vertreten werden, sind im Vorlagebeschluss eingehend dargestellt worden. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zu der Vorlagefrage Stellung zu nehmen.

 

 

23

II. Zulässigkeit der Vorlage

 

 

24

Die Vorlage ist zulässig.

 

 

25

1. Vorlagegrund

 

 

26

Die vorgelegte Frage ist gemäß § 11 Abs. 4 FGO von grundsätzlicher Bedeutung. Ob an der bisherigen Rechtsprechung des BFH zum subjektiven Fehlerbegriff festzuhalten ist, ist für die Bilanzierungspraxis von großer Tragweite und in der Literatur umstritten (BFH-Beschluss in BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739 = SIS 10 14 76, Rz 36 ff., und unten C.I.3.). Die vorgelegte Frage kann sich bei allen Senaten des BFH stellen, die mit Bilanzierungsfragen befasst sind. Im Übrigen entscheidet der vorlegende Senat, ob die Anrufung des Großen Senats zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (BFH-Beschluss vom 7.8.2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632 = SIS 00 12 43, unter B.II.1., m.w.N.).

 

 

27

2. Entscheidungserheblichkeit

 

 

28

Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des I. Senats rechtserheblich. Je nach ihrer Beantwortung hat die Revision der Klägerin nach der der Vorlage zugrunde liegenden, die Bildung des RAP betreffenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch den I. Senat Erfolg oder nicht. Der Große Senat hat die vom I. Senat vertretene Ansicht zur Bildung des RAP nicht auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Er hat nach § 11 Abs. 7 Satz 1 FGO nur über die ihm vorgelegte Rechtsfrage, nicht aber über Vorfragen (wie diejenige nach der Rechtmäßigkeit der Bildung des RAP) zu entscheiden. Die Entscheidung über solche Vorfragen ist ausschließlich Sache des vorlegenden Senats. Aus der Verpflichtung des Großen Senats, die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage zu prüfen, ergibt sich nichts anderes. Der Große Senat muss über die Entscheidungserheblichkeit einer vorgelegten Frage auf der Grundlage der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats zu den Vorfragen befinden (BFH-Beschlüsse in BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632 = SIS 00 12 43, unter B.II.2.; vom 3.9.2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802 = SIS 01 14 64, unter B.II.2.b; vom 10.12.2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 = SIS 02 06 32, unter B.II.; vom 12.5.2003 GrS 1/00, BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 = SIS 03 42 57, unter B.II.; vom 12.5.2003 GrS 2/00, BFHE 202, 477, BStBl II 2004, 100 = SIS 03 42 58, unter B.II.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz 31; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 12; Müller-Horn in Beermann/Gosch, FGO § 11 Rz 20; kritisch Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 11 FGO Rz 105 f.).

 

 

29

Der von der Klägerin angeführte BFH-Beschluss vom 17.7.1967 GrS 3/66 (BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285 = SIS 68 01 85) führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Große Senat hat in diesem Beschluss zwar ausgeführt, bei Rechtsfragen, die offensichtlich nicht entscheidungserheblich sein könnten, müsse der Große Senat wegen des Fehlens der nach § 11 Abs. 4 FGO erforderlichen Voraussetzungen eine Anrufung als unzulässig verwerfen. Die vom I. Senat zur Bildung des RAP vertretene Ansicht ist aber nicht offensichtlich unzutreffend. Der I. Senat hat diese Ansicht unter Heranziehung der bisherigen BFH-Rechtsprechung sowie eines Schreibens des BMF und von Literatur eingehend begründet. Sie wird zudem vom BMF und vom FA geteilt.

 

 

30

C. Entscheidung des Großen Senats über die vorgelegte Rechtsfrage

 

 

31

Der Große Senat entscheidet die vorgelegte Rechtsfrage im Wesentlichen im Sinne der Auffassung des vorlegenden Senats.

 

 

32

I. Bisher in der Rechtsprechung, in Verwaltungsvorschriften und im Schrifttum vertretene Auffassungen

 

 

33

1. Höchstrichterliche Rechtsprechung

 

 

34

a) Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH)

 

 

35

Der RFH hat - abgesehen von den Fällen, in denen Bilanzansätze auf Schätzungen oder Prognosen beruhen (vgl. dazu RFH-Urteile vom 13.11.1930 VI A 844/30, RStBl 1931, 110; vom 15.1.1931 VI A 31/31, RStBl 1931, 201; vom 22.4.1931 VI A 743/31, RFHE 28, 289, RStBl 1931, 384; vom 17.6.1931 VI A 533/31, RStBl 1931, 813; vom 1.12.1931 I A 325/31, RStBl 1932, 145; vom 2.3.1932 VI A 381/31, RStBl 1932, 510; vom 2.6.1932 VI A 797/32, RStBl 1932, 824; vom 14.7.1932 I A 81/30, RStBl 1932, 737; vom 19.8.1942 VI 280/42, RStBl 1942, 934) - soweit ersichtlich der subjektiven Beurteilung durch den Steuerpflichtigen keine Bedeutung beigemessen. Im Urteil vom 4.9.1934 I A 97/34 (RStBl 1934, 1366) führte er im Rahmen der Darlegungen zur grundsätzlichen Bindung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz aus, die steuerlichen Vorschriften strebten objektiv richtige Bilanzansätze in den Steuerbilanzen an und schlössen es daher in aller Regel aus, dass der Besteuerung zugunsten des Steuerpflichtigen andere Werte als die in der Handelsbilanz ausgewiesenen zugrunde gelegt würden.

 

 

36

b) Rechtsprechung des BFH

 

 

37

aa) Der BFH entschied mit Urteil vom 11.10.1960 I 56/60 U (BFHE 72, 8, BStBl III 1961, 3 = SIS 61 00 03), dass bei der Bewertung einer Forderung zum Bilanzstichtag auch bis zur Bilanzaufstellung erworbene Kenntnisse zu berücksichtigen seien. Nachträglich erworbene Kenntnisse, die der Steuerpflichtige bei der Bilanzaufstellung nicht gehabt habe und die sich ein sorgfältiger Kaufmann bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht hätte verschaffen können, könnten eine spätere Bilanzberichtigung oder Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG nicht rechtfertigen. Zur Begründung führte der BFH aus, Handelsrecht und Steuerrecht könnten von dem Kaufmann nicht mehr verlangen, als dass er bei der Aufstellung der Bilanz seine bis dahin erlangte Kenntnis von dem am Bilanzstichtag vorliegenden Sachverhalt pflichtgemäß und gewissenhaft verwerte. Erfahre er erst nach der Aufstellung der Bilanz von Tatsachen, die eine bilanzierte Forderung als nicht vollwertig erscheinen ließen, sei er weder verpflichtet noch berechtigt, die von ihm nach bestem Wissen aufgestellte Bilanz zu berichtigen.

 

 

38

bb) Mit Urteil vom 14.8.1975 IV R 30/71 (BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88 = SIS 76 00 51, unter 3.c) hat der BFH die Maßgeblichkeit der Erkenntnismöglichkeiten des Bilanzierenden bei der Aufstellung der Bilanz über die Beurteilung von Tatsachen hinaus auch auf die rechtlichen Verhältnisse ausgedehnt. Eine Bilanz sei danach nicht stets falsch, wenn sich nach ihrer Aufstellung herausstelle, dass bestimmte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse am Bilanzstichtag objektiv anders gewesen seien, als bei der Aufstellung der Bilanz angenommen worden sei. Vielmehr sei eine Bilanz in einem solchen Fall richtig und daher nicht zu berichtigen, wenn sie den im Zeitpunkt ihrer Aufstellung bestehenden Erkenntnismöglichkeiten über die am Bilanzstichtag objektiv bestehenden Verhältnisse entspreche, d.h. wenn sie subjektiv richtig sei. In der Entscheidung ging es allerdings nicht um die Auslegung von Rechtsvorschriften, sondern um die Frage, ob die seinerzeitige Klägerin ihre Bilanz habe berichtigen können, weil vereinbarte Pachtzinsen objektiv zu niedrig gewesen seien und deshalb verdeckte Gewinnausschüttungen vorgelegen hätten. Der IV. Senat verneinte diese Frage mit der Begründung, die Klägerin habe die unangemessene Höhe der Pachtzinsen bei der Aufstellung der Bilanz weder gekannt noch bei entsprechender Sorgfalt ohne weiteres erkennen können.

 

 

39

cc) Nach dem BFH-Urteil vom 25.4.1990 I R 78/85 (BFH/NV 1990, 630 = SIS 90 22 53) ist eine zu Unrecht gebildete Rückstellung rückwirkend in der Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch geändert werden kann, aufzulösen, und zwar auch dann, wenn die frühere Bilanzierung infolge Rechtsunkenntnis oder -irrtums subjektiv richtig gewesen und vom Finanzamt auch nach einer Außenprüfung nicht beanstandet worden ist. Dies folge aus dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung, nach dem die Besteuerungsgrundlagen für jeden Veranlagungszeitraum selbständig festzustellen und der Sachverhalt und die Rechtslage neu zu prüfen seien.

 

 

40

dd) Ein Bilanzansatz ist nach dem BFH-Urteil vom 12.11.1992 IV R 59/91 (BFHE 170, 217, BStBl II 1993, 392 = SIS 93 09 17) nicht fehlerhaft, wenn er den im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung objektiv bestehenden Erkenntnismöglichkeiten entspricht und somit subjektiv richtig ist. Ein Bilanzansatz, der im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspreche, sei deshalb nicht fehlerhaft. Komme es nach der Bilanzaufstellung zu einer Änderung der Rechtsprechung, werde der (fortbestehende) Bilanzansatz erst in der Bilanz fehlerhaft, in der die Änderung der Rechtsprechung erstmals hätte berücksichtigt werden können.

 

 

41

ee) Nach dem BFH-Urteil vom 5.9.2001 I R 107/00 (BFHE 196, 515, BStBl II 2002, 134 = SIS 02 04 07) ist eine sachlich richtige Bilanz der Besteuerung zugrunde zu legen (§ 158 der Abgabenordnung - AO - ). Die „Richtigkeit“ einer Bilanz könne nicht nur an objektiven Kriterien gemessen werden. Sachlich richtig sei eine Bilanz vielmehr schon dann, wenn sie denjenigen Kenntnisstand widerspiegele, den der Kaufmann im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung hätte haben können. Dieser Grundsatz könne jedoch im Zusammenhang mit Umständen, die steuerlich in die Vergangenheit zurückwirkten (z.B. Nichteinhaltung der gesetzlich angeordneten zeitlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Steuervergünstigung), nicht uneingeschränkt gelten.

 

 

42

ff) Eine Rückstellung, die nach dem Kenntnisstand des sorgfältigen Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung nicht zu bilden war, kann nach dem BFH-Urteil vom 5.4.2006 I R 46/04 (BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688 = SIS 06 29 98) auch dann nicht nachträglich im Wege einer Bilanzberichtigung gebildet werden, wenn sie bei objektiver Beurteilung hätte gebildet werden müssen und die auf der Bilanz beruhende Steuerfestsetzung verfahrensrechtlich noch geändert werden könnte; die Bilanz sei in einem solchen Fall trotz objektiver Fehlerhaftigkeit im Hinblick auf § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG als „richtig“ anzusehen. Dies gelte zum einen dann, wenn die Bilanz der zur Zeit der Bilanzaufstellung vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprochen habe. Zum anderen müsse jede der kaufmännischen Sorgfalt entsprechende Bilanzierung als „richtig“ angesehen werden, wenn es in diesem Zeitpunkt noch keine Rechtsprechung zu der in Rede stehenden Bilanzierungsfrage gegeben habe.

 

 

43

Der BFH hat diese Rechtsprechung durch das Urteil vom 5.6.2007 I R 47/06 (BFHE 218, 221, BStBl II 2007, 818 = SIS 07 31 76) bestätigt (ebenso BFH-Urteile vom 23.1.2008 I R 40/07, BFHE 220, 361, BStBl II 2008, 669 = SIS 08 24 13; vom 17.7.2008 I R 85/07, BFHE 222, 418, BStBl II 2008, 924 = SIS 08 37 68; vom 16.12.2008 I R 54/08, BFH/NV 2009, 746 = SIS 09 12 46, und vom 16.12.2009 IV R 18/07, BFH/NV 2010, 1419 = SIS 10 21 09).

 

 

44

gg) In anderen Entscheidungen hat der I. Senat des BFH allerdings die Abweichung von Bilanzansätzen des Steuerpflichtigen zu dessen Lasten aufgrund der objektiven Rechtslage gebilligt, ohne zu prüfen, ob die der Bilanz zugrunde liegende Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vertretbar war (so etwa in den Urteilen vom 30.11.2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251 = SIS 06 12 91; vom 25.8.2010 I R 103/09, BFHE 231, 57, BStBl II 2011, 215 = SIS 10 36 84; vom 21.9.2011 I R 89/10, BFHE 235, 263 = SIS 11 39 99; vom 30.11.2011 I R 100/10, BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332 = SIS 12 06 17).

 

 

45

2. Verwaltungsauffassung

 

 

46

Die Finanzverwaltung wendet den subjektiven Fehlerbegriff im Bereich der Bilanzberichtigung durch den Steuerpflichtigen gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich so an, wie er vom BFH entwickelt wurde; eine Bilanzberichtigung sei unzulässig, wenn der Bilanzansatz im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung subjektiv richtig gewesen sei (R 4.4 Abs. 1 Sätze 1 bis 5 der Einkommensteuer-Richtlinien). Die Frage, ob die Finanzbehörden an eine der Bilanz zugrunde liegende objektiv unrichtige, zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung aber subjektiv vertretbare Rechtsauffassung gebunden seien, ist in Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich geregelt.

 

 

47

3. Schrifttum

 

 

48

a) Die dem subjektiven Fehlerbegriff allgemein zukommende Bedeutung ist im Schrifttum umstritten.

 

 

49

aa) Im Bereich des Handelsrechts folgt das Schrifttum grundsätzlich dem subjektiven Fehlerbegriff (Grottel/Schubert in Beck Bil-Komm., 8. Aufl., § 253 HGB Rz 805; Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., AktG § 172 Rz 43; Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer - IDW - vom 12.4.2007, Fachnachrichten IDW 2007, 265, 267, Rz 14; Welf Müller in H.P. Westermann/ Rosener [Hrsg.], Festschrift Quack, 1991, S. 359, 367; Schön in Canaris/Heldrich/Hopt/Roxin/Widmaier [Hrsg.], 50 Jahre Bundesgerichtshof, 2000, Bd. II, S. 153, 155 f., 162; Schulze-Osterloh, BB 2007, 2335). Unterschiedliche Auffassungen bestehen zu der Frage, ob die Erkenntnismöglichkeiten des gewissenhaften und pflichtgemäß handelnden Kaufmanns zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung (so hinsichtlich der vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, der Wortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) oder zum (späteren) Zeitpunkt der Feststellung der Bilanz maßgeblich sein sollen (zum Diskussionsstand Küting/ Kaiser, Die Wirtschaftsprüfung 2000, 577, und Hüttemann in Hommelhoff/Rawert/K. Schmidt [Hrsg.], Festschrift Priester, 2007, S. 301, 331 ff.).

 

 

50

bb) Für die Steuerbilanz werden in der Literatur unterschiedliche Positionen vertreten.

 

 

51

(1) Ein Teil der Literatur folgt der Rechtsprechung des BFH zum subjektiven Fehlerbegriff in vollem Umfang (Hennrichs in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl., § 9 Rz 32 ff.) oder für Bilanzansätze, die wie etwa die Bewertung von Forderungen von Prognosen und Schätzungen abhängen (Grottel/Schubert, a.a.O., § 253 HGB Rz 805; Ritzrow in Federmann/Kußmaul/Müller, Handbuch der Bilanzierung, Nr. 26 Rz 46 ff.; Frotscher in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 4 Rz 434 ff.; Crezelius in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 4 Rz 116 f.; Bode in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 4 Rz 116 f.; Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 4 Rz 681, 687; Hennrichs, DStR 2009, 1446, 1448; Günther, Die steuerliche Betriebsprüfung - StBp - 1963, 63; Hoffmann, DStR 2011, 88).

 

 

52

(2) Einzelne Autoren lehnen die Rechtsprechung des BFH zum subjektiven Fehlerbegriff - mit teilweise unterschiedlicher Beurteilung von Einzelfragen - ab (Weber-Grellet, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz C 106 ff.; Schmidt/ Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 81; Stapperfend in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 411; ders., Bilanzberichtigung und Bindung der Finanzverwaltung an die eingereichte Bilanz - Subjektiver Fehlerbegriff auf dem Prüfstand, Institut Finanzen und Steuern e.V., IFSt-Schrift Nr. 464, 2010, S. 26 ff.; ders., DStR 2010, 2161, 2162 ff.; Kühnen in Bordewin/Brandt, § 4 EStG Rz 1040, 1046; Meurer in Lademann, EStG, § 4 EStG Rz 815; Sauer, StBp 1963, 93, 95 ff., und StBp 1977, 173, 175; Flume, DB 1981, 2505, 2507; von Beckerath in Doralt [Hrsg.], Probleme des Steuerbilanzrechts, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft - DStJG -, Bd. 14, 1991, S. 65, 113 ff.; ders., FR 2011, 349; Schuhmann, StBp 1996, 1; Tetzlaff/Schallock, StBp 2007, 148, 150 f.; Rätke, Steuern und Bilanzen 2010, 528, 531 f.; Hey in Tipke/ Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 17 Rz 37; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 3 V, S. 61; Knobbe, Der Grundsatz der subjektiven Richtigkeit im Handels- und Steuerbilanzrecht, 2009, S. 85 ff.). Diese Autoren sehen die Funktion der Steuerbilanz als Mittel zur Gewinnermittlung und damit zur gesetzmäßigen und gleichmäßigen Besteuerung nur auf der Grundlage von objektiv richtigen Ansätzen als gewährleistet an. Dabei wird allerdings der Beurteilungsspielraum, welcher dem Steuerpflichtigen bei Bilanzansätzen, die eine Schätzung oder Prognose erfordern, im Rahmen einer vernünftigen, sorgfältigen kaufmännischen Beurteilung zusteht, nicht infrage gestellt (Weber-Grellet, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz C 112; Stapperfend in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 411; ders., IFSt-Schrift Nr. 464, S. 26, 47; ders., DStR 2010, 2161, 2166; von Beckerath, DStJG, Bd. 14, 1991, S. 65, 117 f.; ders., FR 2011, 349, 355 ff.). Hennrichs (DStR 2009, 1446, 1447, m.w.N.) weist darauf hin, dass solche Bilanzansätze stets mit Unsicherheiten behaftet und Wertansätze innerhalb eines Korridors vertretbarer Werte daher insoweit rechtlich fehlerfrei seien. Teilweise wird zumindest die Anwendung des subjektiven Fehlerbegriffs auf die Beurteilung von Rechtsfragen abgelehnt (U. Prinz, DB 2010, 2634; M. Prinz, FR 2010, 803).

 

 

53

(3) Ferner wird die Ansicht vertreten, der Maßstab der subjektiven Richtigkeit dürfe sich immer nur zugunsten des Bilanzierenden auswirken, schließe also eine freiwillige Berichtigung oder Änderung der objektiv fehlerhaften Bilanz und somit insbesondere die Berücksichtigung einer nachträglich ergangenen, für den Steuerpflichtigen günstigeren Rechtsprechung des BFH nicht aus (Hüttemann in Hommelhoff/Rawert/K. Schmidt [Hrsg.], a.a.O., S. 310; U. Prinz/Schulz, DStR 2007, 776, 778 f.; Schön, Beihefter zu DStR 2007, Heft 39, 20, 22 f.; ebenso bereits Sauer, StBp 1963, 93, 96 f.).

 

 

54

b) Schließlich wird teilweise auch eine Bindung der Finanzverwaltung an eine der Bilanz zugrunde liegende objektiv unzutreffende, aber bei der Aufstellung der Bilanz vertretbare und somit subjektiv richtige Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen für zutreffend gehalten (Rödder/Hageböke, Die Unternehmensbesteuerung 2008, 401, 406; kritisch Tetzlaff/Schallock, StBp 2007, 148, 151; Gosch, BFH/PR 2008, 336, und BFH/PR 2010, 282). Überwiegend wird eine solche Bindung aber als „zu weitgehend“ (Werra/Rieß, DB 2007, 2502, 2506) oder unter Hinweis auf die Gesetzesbindung der Finanzverwaltung nach § 85 Satz 1 AO und die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Besteuerung abgelehnt (Schulze-Osterloh, BB 2007, 2335, 2336; von Beckerath, FR 2011, 349, 356 f.; Pohl, FR 2009, 279, 282 f.; Söhn in HHSp, § 85 AO Rz 31; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 219, und in HFR 2008, 1224; Kühnen in Bordewin/Brandt, § 4 EStG Rz 1040).

 

 

55

II. Auffassung des Großen Senats

 

 

56

Der Große Senat teilt die Ansicht des vorlegenden Senats. Das Finanzamt ist im Rahmen der ertragsteuerrechtlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz (und deren einzelnen Ansätzen) zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war. Das gilt auch für eine in diesem Zeitpunkt von Verwaltung und Rechtsprechung praktizierte, später aber geänderte Rechtsauffassung.

 

 

57

1. Eine Bindung des Finanzamts an eine objektiv unzutreffende, aber im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vertretbare rechtliche Beurteilung, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Handels- oder Steuerbilanz oder deren einzelnen Ansätzen zugrunde liegt, lässt sich weder aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG noch aus § 4 Abs. 2 EStG ableiten.

 

 

58

a) Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei buchführenden bzw. buchführungspflichtigen Gewerbetreibenden für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen GoB auszuweisen ist. Dem vergleichbar schreibt § 243 Abs. 1 HGB vor, dass Kaufleute den Jahresabschluss nach den GoB aufzustellen haben. Neben den speziellen Regelungen des § 5 Abs. 2 bis Abs. 5 EStG sind nach § 5 Abs. 6 EStG die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

 

 

59

Die GoB sind entweder ausdrücklich kodifiziert (vgl. etwa § 252 Abs. 1 HGB zur Bewertung) oder sie haben mittelbar eine Ausprägung in konkreten Bilanzierungsnormen des Handelsrechts gefunden. Sie haben normativen Charakter und sind revisibel. Handelsrechtliche GoB sind insbesondere der Grundsatz der Bilanzwahrheit, der Grundsatz der Bilanzkontinuität, das Vorsichtsprinzip und das Stichtagsprinzip.

 

 

60

b) Es kann offenbleiben, ob entsprechend der Auffassung der Klägerin und von Teilen der Literatur auch der subjektive Fehlerbegriff zu den GoB gehört (vgl. Grottel/Schubert, a.a.O., § 253 HGB Rz 805; Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., AktG § 172 Rz 43; Knobbe, a.a.O., S. 149; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 11. Aufl., 2011, S. 673). Denn ein solcher handelsrechtlicher GoB könnte eine Steuerfestsetzung auf der Grundlage der jeweils maßgebenden steuerrechtlichen Vorschriften nicht verhindern.

 

 

61

aa) Verwaltung und Gerichte sind verpflichtet, ihrer Entscheidung die objektiv richtige Rechtslage zugrunde zu legen. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem in Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Rechtsstaatsprinzip sowie für die Gerichte ergänzend aus Art. 97 Abs. 1 GG, wonach die Richter dem Gesetz unterworfen sind. An der gesetzmäßigen, d.h. insbesondere gleichmäßigen Besteuerung besteht ein hohes öffentliches Interesse, das in diesen grundlegenden verfassungsrechtlichen Garantien verankert ist und deshalb einen Rang hat, der über das nur fiskalische Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens hinausgeht (Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 27.6.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 = SIS 91 14 01, unter C.I.1., II.2.c; BFH-Urteil vom 18.1.2012 II R 49/10, BFHE 235, 151, BStBl II 2012, 168 = SIS 12 03 20, Rz 47). Im Steuerrecht müssen von Verfassungs wegen die steuerbegründenden Vorschriften dem Prinzip einer möglichst gleichmäßigen Belastung der Steuerpflichtigen besonders sorgfältig Rechnung tragen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654 = SIS 91 14 01, unter C.I.1.a; BVerfG-Beschluss vom 17.11.2009 1 BvR 2192/05, BVerfGE 125, 1 = SIS 10 02 74, unter B.I.1.). Dies ist auch bei der Auslegung steuerrechtlicher Vorschriften zu beachten.

 

 

62

bb) Für die Besteuerung ist danach abgesehen von im Einzelfall gebotenen Billigkeitsmaßnahmen (§§ 163, 227 AO) generell die objektive Rechtslage maßgebend. Den vom Steuerpflichtigen vertretenen Rechtsansichten kommt auch dann keine Bedeutung zu, wenn sie bei der Aufstellung der Bilanz vertretbar waren oder der damals herrschenden Auffassung entsprachen. Die Besteuerung knüpft an den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt an (§ 38 AO), nicht aber an Rechtsansichten des Steuerpflichtigen, und erfolgt materiell-rechtlich ohne Rücksicht auf deren Vertretbarkeit oder Verschulden des Steuerpflichtigen.

 

 

63

cc) Dies gilt auch bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, und zwar sowohl hinsichtlich der Anwendung spezieller bilanzsteuerrechtlicher Vorschriften (insbesondere § 5 Abs. 2 bis 6 EStG) als auch bei der Heranziehung der handelsrechtlichen GoB. Mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Besteuerung nicht vereinbar wäre eine Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, nach der bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen der subjektive Fehlerbegriff zu beachten sei. Die Verwirklichung eines bestimmten Sachverhalts könnte ansonsten je nach der subjektiven Beurteilung der Rechtslage durch den Steuerpflichtigen bei der Aufstellung der Bilanz trotz vergleichbarer Sachverhalte zu unterschiedlichen steuerlichen Belastungen führen. Dies würde gegen das Gebot der gesetz- und gleichmäßigen Besteuerung verstoßen.

 

 

64

(1) Nach der Rechtsprechung des BFH steht es dementsprechend nicht im Belieben des Kaufmanns, durch handelsbilanzrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit steuerrechtlicher Wirkung unzutreffend darzustellen. So hat etwa der Große Senat mit Beschluss vom 3.2.1969 GrS 2/68 (BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291 = SIS 69 01 88) ausgesprochen, dass seinerzeit bestehende handelsrechtliche Bilanzierungswahlrechte nicht ohne ausdrückliche steuerrechtliche Regelung als Grundlage der Besteuerung berücksichtigt werden konnten (ebenso BFH-Urteil vom 21.10.1993 IV R 87/92, BFHE 172, 462, BStBl II 1994, 176 = SIS 94 02 19). Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, dem Kaufmann hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen bei der Gewinnermittlung mit für das Finanzamt bindender Wirkung faktisch ein Wahlrecht zwischen mehreren vertretbaren Rechtsansichten einzuräumen. Es ist vielmehr Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, grundsätzlich den Periodengewinn so zu erfassen, wie er sich aus den steuerrechtlich maßgeblichen Vorschriften ergibt. Damit wird eine den Gesetzen entsprechende gleichmäßige Besteuerung gewährleistet.

 

 

65

(2) Die Anwendung des subjektiven Fehlerbegriffs auf bilanzielle Rechtsfragen würde darüber hinaus dem Zeitpunkt der Bilanzaufstellung eine materiell-rechtliche Bedeutung für die Besteuerung beimessen. Die Beurteilung, ob ein objektiv fehlerhafter Bilanzansatz zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war, kann sich nämlich je nach der Entwicklung der Verwaltungsauffassung, der Rechtsprechung und der Literatur ändern. Eine solche materiell-rechtliche Bedeutung kommt dem Zeitpunkt der Bilanzaufstellung indes nicht zu; denn dieser Zeitpunkt gehört nicht zu dem im jeweiligen Veranlagungszeitraum verwirklichten Lebenssachverhalt und somit nicht zu dem Tatbestand, an den das Einkommensteuergesetz oder Körperschaftsteuergesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 38 AO).

 

 

66

(3) Auf die objektive Rechtslage kommt es auch dann an, wenn die vom Steuerpflichtigen einem Bilanzansatz zugrunde gelegte Rechtsauffassung der seinerzeit von der Finanzverwaltung und/ oder Rechtsprechung gebilligten Bilanzierungspraxis entsprach. Auch in einem solchen Fall ist allein die im Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung maßgebliche, objektiv zutreffende Rechtslage zugrunde zu legen. Der Große Senat geht insoweit über die vom I. Senat vorgelegte Frage hinaus. § 11 Abs. 7 Satz 1 FGO, dem zufolge der Große Senat nur über die Rechtsfrage entscheidet, steht der Erstreckung der vom I. Senat vorgelegten Frage, die sich nur auf zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ungeklärte bilanzielle Rechtsfragen bezieht, auf alle bilanziellen Rechtsfragen nicht entgegen. Die Erweiterung der Vorlagefrage und ihre Beantwortung dienen der Fortbildung des Rechts und der Rechtseinheitlichkeit.

 

 

67

Eine lediglich vertretbare Rechtsansicht des Steuerpflichtigen kann daher weder die Finanzverwaltung noch - nachfolgend - die Gerichte bei der Steuerfestsetzung binden. Soweit es einem Bilanzierenden erlaubt sein sollte, die subjektiv richtige Handelsbilanz nicht korrigieren zu müssen, wenn er bei ihrer Aufstellung die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns an den Tag gelegt hat, könnte dies nicht auf die Besteuerung übertragen werden.

 

 

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(4) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus der sog. Zweischneidigkeit der Bilanz (und den Grundsätzen des formellen Bilanzzusammenhangs) nichts anderes. Mit dem Begriff der Zweischneidigkeit der Bilanz wird umschrieben, dass die Bilanz Bestandteil der Gewinnermittlung für zwei Wirtschaftsjahre ist, in denen sich gegenläufige Gewinnauswirkungen ergeben können. Dies ist eine Folge des Grundsatzes der Bilanzidentität, nach der das Endvermögen des laufenden Wirtschaftsjahres zugleich das Anfangsvermögen des folgenden Wirtschaftsjahres ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Danach können sich Fehler bei der Bilanzierung später wieder ausgleichen, so etwa wenn eine zu Unrecht gebildete Rückstellung später aufgelöst wird.

 

 

69

Dass sich in einem solchen Fall der Bilanzierungsfehler nicht auf den während des Bestehens des Unternehmens entstehenden Gesamtgewinn auswirkt, bedeutet nicht, dass auch die Steuer in diesem Zeitraum in identischer Höhe entsteht. Dies wird vielmehr häufig nicht der Fall sein, z.B. wegen des progressiven Einkommensteuertarifs (§ 32a EStG), der in § 16 Abs. 4 und § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 EStG vorgesehenen Vergünstigungen bei der Besteuerung von Betriebsveräußerungs- und Betriebsaufgabegewinnen sowie möglichen Änderungen des Steuersatzes in diesem Zeitraum. Zudem kann eine zu niedrige Steuerfestsetzung in einem Veranlagungszeitraum u.U. erhebliche Liquiditäts- und Zinsvorteile zur Folge haben.

 

 

70

Bilanzierungsfehler gleichen sich überdies trotz der Zweischneidigkeit der Bilanz nicht in jedem Fall in späteren Wirtschaftsjahren aus. Zu einem solchen Ausgleich kommt es beispielsweise dann nicht, wenn zu Unrecht als Betriebsvermögen behandeltes Privatvermögen endgültig an Wert verliert und dies zu einer Gewinnminderung im Betriebsvermögen führt.

 

 

71

c) § 4 Abs. 2 EStG verlangt ebenfalls nicht die Bindung des Finanzamts an subjektiv vertretbare Bilanzansätze. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr (1996) geltenden Fassung darf der Steuerpflichtige die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den GoB unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht. Nach der aktuell geltenden Fassung der Vorschrift ist diese Änderung nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann. Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

 

 

72

Das sich aus § 4 Abs. 2 EStG ergebende Recht des Steuerpflichtigen zur Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) steht der Pflicht des Finanzamts zur Steuerfestsetzung nach Maßgabe der objektiv richtigen Rechtslage nicht entgegen. Entsprechen Bilanzansätze objektiv nicht den jeweils maßgebenden speziellen bilanzsteuerrechtlichen Vorschriften oder den handelsrechtlichen GoB, ist das Finanzamt unabhängig von einem Recht oder einer Pflicht des Steuerpflichtigen zur Berichtigung der Bilanz gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG zu einer eigenständigen Gewinnermittlung berechtigt und verpflichtet.

 

 

73

Zwar kann nur der Steuerpflichtige selbst die Bilanz nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG berichtigen (BFH-Urteile vom 4.11.1999 IV R 70/98, BFHE 190, 404, BStBl II 2000, 129 = SIS 00 02 30; vom 13.6.2006 I R 84/05, BFHE 214, 178, BStBl II 2007, 94 = SIS 06 44 14, unter II.3.b bb). Indes ist die Abweichung von der Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen im Rahmen der Steuerfestsetzung keine Bilanzberichtigung, sondern eine eigenständige Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt, der § 4 Abs. 2 EStG nicht entgegensteht.

 

 

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d) Der Rechtsprechung des I. Senats, wie sie insbesondere in den Entscheidungen in BFHE 218, 221, BStBl II 2007, 818 = SIS 07 31 76 und in BFHE 222, 418, BStBl II 2008, 924 = SIS 08 37 68 zum Ausdruck kommt (Maßgeblichkeit der subjektiven Richtigkeit), kann sich der Große Senat daher nicht anschließen. Das Finanzamt hat vielmehr bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ebenso wie auch sonst bei der Steuerfestsetzung unabhängig von den Rechtsansichten des Steuerpflichtigen zu prüfen, ob bei der Gewinnermittlung die Rechtslage zutreffend beurteilt worden ist. Spezielle steuerrechtliche Vorschriften sind dabei auch dann eigenständig auszulegen und anzuwenden, wenn sie im Handelsrecht eine Entsprechung finden (vgl. BFH-Urteil vom 15.7.1998 I R 24/96, BFHE 186, 388, BStBl II 1998, 728 = SIS 98 20 20, unter II.4.), und zwar unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs, in dem sie im Steuerrecht stehen (BFH-Beschluss in BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739 = SIS 10 14 76, Rz 13).

 

 

75

Ist eine Rechtsansicht, die der Steuerpflichtige der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zugrunde gelegt hat, mit speziellen steuerrechtlichen Vorschriften oder den handelsrechtlichen Bestimmungen für die Handelsbilanz nicht vereinbar, darf das Finanzamt die Gewinnermittlung insoweit der Besteuerung nicht zugrunde legen. Es muss vielmehr eine eigene Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich mit gegenüber der Handels- oder Steuerbilanz abgeänderten Werten vornehmen (BFH-Urteil in BFHE 190, 404, BStBl II 2000, 129 = SIS 00 02 30). Ob die Handelsbilanz trotz eines Verstoßes gegen die GoB unter Anwendung des subjektiven Fehlerbegriffs handelsrechtlich als richtig anzusehen ist oder nicht, ist unerheblich. Maßgebend sind vielmehr die für den Bilanzstichtag geltenden Vorschriften in objektiv zutreffender Auslegung.

 

 

76

Die Verpflichtung des Finanzamts, die Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen ausschließlich auf der Grundlage des für den Bilanzstichtag objektiv geltenden Rechts ohne Rücksicht auf Rechtsansichten des Steuerpflichtigen zu prüfen und ggf. zu korrigieren, besteht unabhängig davon, ob sich die unzutreffende Rechtsansicht des Steuerpflichtigen zu seinen Gunsten oder zu seinen Lasten ausgewirkt hat.

 

 

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2. Das Finanzamt hat einen Bilanzierungsfehler des Steuerpflichtigen grundsätzlich bei der Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung für den Veranlagungszeitraum zu berichtigen, in dem der Fehler erstmals aufgetreten ist und steuerliche Auswirkungen hat. Das gilt auch dann, wenn die Bilanzierung auf einer später geänderten Rechtsprechung beruht. Liegt die fehlerhafte Bilanz einem Steuer- oder Feststellungsbescheid zugrunde, der aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr geändert werden kann, so ist nach dem Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs der unrichtige Bilanzansatz grundsätzlich bei der ersten Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung richtigzustellen, in der dies unter Beachtung der für den Eintritt der Bestandskraft und der Verjährung maßgeblichen Vorschriften möglich ist (vgl. BFH-Urteile vom 8.12.1988 IV R 33/87, BFHE 155, 532, BStBl II 1989, 407 = SIS 89 08 12; vom 11.2.1998 I R 150/94, BFHE 185, 565, BStBl II 1998, 503 = SIS 98 18 22; vom 19.7.2011 IV R 53/09, BFHE 234, 221, BStBl II 2011, 1017 = SIS 11 34 41).

 

 

78

3. Über die Anwendung des subjektiven Fehlerbegriffs auf Fälle, in denen der Steuerpflichtige bei der Bilanzierung von unzutreffenden Tatsachen (Prognosen oder Schätzungen) ausgegangen ist, ohne dabei gegen die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen zu haben, ist aufgrund der vom I. Senat vorgelegten Rechtsfrage im vorliegenden Verfahren nicht zu befinden.

 

 

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4. Eine Übergangsregelung ist nicht zu treffen. Da sowohl die Finanzverwaltung als auch die Rechtsprechung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an die Gesetze gebunden sind, kann der Große Senat nur ausnahmsweise eine Übergangsregelung zugunsten der Steuerpflichtigen treffen (vgl. BFH-Beschluss vom 17.12.2007 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608 = SIS 08 13 73, unter D.IV.2.b).

 

 

80

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zu der vom Großen Senat entschiedenen Frage gibt es keine langjährige gefestigte Rechtsprechung des BFH zugunsten der Steuerpflichtigen. Es kann nur Vertrauensschutz gemäß § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zu gewähren sein (§§ 163, 227 AO i.V.m. Art. 108 Abs. 7 GG; vgl. BFH-Beschlüsse vom 4.7.1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817 = SIS 90 21 11, unter C.II.8.; vom 26.9.2007 V B 8/06, BFHE 219, 245, BStBl II 2008, 405 = SIS 08 07 23; BFH-Urteile vom 12.1.1989 IV R 87/87, BFHE 155, 487, BStBl II 1990, 261 = SIS 89 11 47; vom 7.11.1996 IV R 69/95, BFHE 182, 56, BStBl II 1997, 245 = SIS 97 09 12).

 

 

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Eine Übergangsregelung zugunsten der Finanzverwaltung scheidet wegen deren Bindung an die Gesetze von vornherein aus (vgl. BFH-Urteile vom 17.7.2008 I R 77/06, BFHE 222, 402, BStBl II 2009, 464 = SIS 08 37 67, unter B.III.3.b ee; vom 11.3.2009 XI R 71/07, BFHE 227, 200, BStBl II 2010, 209 = SIS 10 00 78, Rz 23).

 

 

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III. Entscheidung der Vorlagefrage

 

 

83

Der Große Senat des BFH beantwortet die vorgelegte Rechtsfrage danach wie folgt:

 

 

84

Das Finanzamt ist im Rahmen der ertragsteuerrechtlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz (und deren einzelnen Ansätzen) zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war.

 

Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

Die Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs gilt unmittelbar für alle noch offenen Verfahren. Eine Übergangsregelung zugunsten der Steuerpflichtigen kommt nach Ansicht des Großen Senats nicht in Betracht, da die bisherige Rechtsprechung nicht hinreichend gefestigt war und ein Vertrauensschutz zugunsten der Finanzverwaltung schon wegen ihrer Bindung an Recht und Gesetz ausscheidet.

Die Bedeutung der Entscheidung, die Rechtsprechung über den subjektiven Fehlerbegriff aufzugeben, liegt aus der Sicht der Steuerpflichtigen darin, nach Bilanzaufstellung eintretende Änderungen der Rechtsprechung sowie später bekannt gewordene Tatsachen nachträglich zu ihren Gunsten geltend machen zu können. In noch offenen Verfahren muss er dafür allerdings eine Korrektur seiner Bilanzansätze vornehmen (lassen), wenn sich seine (gewinnmindernden) Angaben nach neuerer Erkenntnis als objektiv unrichtig erweisen und damit ein höherer Gewinn festzustellen ist.