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I. Streitig ist, ob für
Betriebsvermögensminderungen aus der verbilligten Abgabe von
Mobiltelefonen ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (RAP)
anzusetzen ist.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren
Gegenstand die Konstruktion, die Herstellung und der Betrieb eines
privaten, mobilen Zellularfunknetzes ist. Im Streitjahr (1996) bot
sie ihren Kunden den verbilligten Erwerb eines Mobiltelefons
für den Fall an, dass diese einen
Mobilfunkdienstleistungsvertrag (MFD-Vertrag) mit einer Laufzeit
von mindestens 24 Monaten abschlossen oder einen bestehenden
Vertrag entsprechend verlängerten. Die
Preisermäßigung für das Mobiltelefon war von dem
Hersteller und dem Gerätetyp sowie von der Höhe der
monatlichen Grundgebühren im Rahmen des abgeschlossenen
MFD-Vertrags abhängig. Sie betrug für die im Streitjahr
verbilligt abgegebenen Mobiltelefone durchschnittlich ...
DM.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) war der Auffassung, zwischen den
MFD-Verträgen und den Kaufverträgen über die
Mobiltelefone bestehe eine wirtschaftlich enge Verknüpfung
i.S. von Vertragsbündelungen. Die durch die verbilligte Abgabe
entstandene Betriebsvermögensminderung sei daher
gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG, hier und im Folgenden i.V.m. §
8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1996 - KStG 1996 - )
im Rahmen eines aktiven RAP periodengerecht über die Laufzeit
des MFD-Vertrags abzugrenzen. Für das Streitjahr setzte das FA
in Änderungsbescheiden betreffend Körperschaftsteuer,
Solidaritätszuschlag und Feststellungen gemäß
§ 47 Abs. 2 KStG 1996 einen in der von der Klägerin
eingereichten Bilanz nicht ausgewiesenen aktiven RAP im Betrag von
... DM an und legte der Steuerfestsetzung einen entsprechend
höheren Bilanzgewinn zu Grunde.
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Die deswegen erhobene Klage hat das
Finanzgericht (FG) Düsseldorf als unbegründet abgewiesen.
Sein Urteil vom 20.5.2008 6 K 3224/05 K,F ist in EFG 2008, 1607 =
SIS 08 35 07 abgedruckt.
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Gegen das FG-Urteil richtet sich die
Revision, mit der die Klägerin die Verletzung materiellen
Rechts rügt. Sie ist der Auffassung, die Voraussetzungen
für die Bildung des aktiven RAP lägen nicht vor. Sie
meint überdies, das FA sei an die in der eingereichten Bilanz
zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung, wonach der RAP nicht zu
bilden sei, gebunden, weil das Unterlassen der Aktivierung
angesichts der ungeklärten Rechtslage der kaufmännischen
Sorgfalt nicht widersprochen habe.
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Die Klägerin beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und den angefochtenen Bescheid in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.6.2005 dahingehend zu
ändern, dass das Einkommen nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG
1996 von ... DM um ... DM auf ... DM und das zu versteuernde
Einkommen von ... DM um ... DM auf ... DM verringert und die
körperschaftsteuerliche Tarifbelastung von ... DM um ... DM
auf ... DM, die festgesetzte Körperschaftsteuer von ... DM um
... DM auf ... DM sowie der Solidaritätszuschlag von ... DM um
... DM auf ... DM herabgesetzt werden.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Anrufung des Großen Senats
erfolgt zur Klärung der im Leitsatz bezeichneten Frage, weil
diese im Streitfall entscheidungserheblich ist und zugleich
grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 11 Abs. 4 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) hat.
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1. Entscheidungserheblichkeit der
Vorlagefrage
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a) Der Senat teilt die Auffassung von FA und
FG, wonach die Voraussetzungen für die Bildung eines aktiven
RAP nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG im Streitfall gegeben
waren.
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aa) Die Betriebsvermögensminderungen
infolge der verbilligten Abgabe von Mobiltelefonen durch die
Klägerin führen zu einer „Ausgabe“
i.S. des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG. Eine solche setzt nach
ständiger Rechtsprechung des vorlegenden Senats nicht
notwendig einen Zahlungsvorgang voraus, sondern kann auch in der
Buchung einer Verbindlichkeit bestehen (Senatsurteile vom 31.5.1967
I 208/63, BFHE 89, 191, BStBl III 1967, 607 = SIS 67 03 78; vom
29.11.2006 I R 46/05, BFHE 216, 159, BStBl II 2009, 955 = SIS 07 10 39, m.w.N.). Ob auch Vermögensminderungen durch geldwerte
Sachleistungen zu einer Ausgabe i.S. des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr.
1 EStG führen, ist im Schrifttum umstritten. Während der
Begriff der Ausgaben nach einer Auffassung nur die genannten
Geldvermögensminderungen erfasst (Adler/Düring/ Schmaltz,
Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., HGB
§ 250 Rz 22; Ellrott/Krämer in Beck´scher
Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., § 250 HGB Rz 18; Hayn in
Beck´sches Handbuch der Rechnungslegung, B 218 Rz 17;
Federmann in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz,
Körperschaftsteuergesetz, § 5 EStG Rz 1924; Crezelius in
Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., § 5 Rz 93;
Döllerer, BB 1968, 637, 639; Heinhold/ Coenenberg, DB 2005,
2033, 2036; Marten/ Köhler/Schlereth, DB 2003, 2713, 2714;
Pottgießer/Velte, Steuern und Bilanzen - StuB - 2006, 131,
133; Coenenberg, Die bilanzielle Behandlung von Handy-Subventionen
bei Mobilfunkunternehmen, S. 117 ff., 120; enger Weber-Grellet in
Schmidt, Einkommensteuergesetz, 28. Aufl., § 5 Rz 247: nur
Bar- und Buchgeldzahlungen), liegt nach der Gegenauffassung eine
Ausgabe bereits bei einer betrieblich veranlassten Minderung im
Vermögensbestand vor (Schreiber in Blümich,
Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz,
Gewerbesteuergesetz, § 5 EStG Rz 670; Kupsch in Bonner
Handbuch der Rechnungslegung, § 250 HGB Rz 22; Frotscher,
Einkommensteuergesetz, § 5 Rz 247; Tiedchen, Handbuch des
Jahresabschlusses [in Einzeldarstellungen], Abt. II/11 [2006], Rz
71; Trützschler in Küting/Weber, Handbuch der
Rechnungslegung, Einzelabschluss, 5. Aufl., § 250 HGB Rz 34;
Bauer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz,
§ 5 Rz F 79; vgl. Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen - BMF - vom 20.6.2005, BStBl I 2005, 801 = SIS 05 30 02
Tz. 5). Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung.
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Aufgabe der Rechnungsabgrenzungsposten ist es,
im Falle gegenseitiger Verträge, bei denen Leistung und
Gegenleistung zeitlich auseinander fallen, die Vorleistung des
einen Teils in das Jahr zu verlegen, in dem die nach dem Vertrag
geschuldete Gegenleistung des anderen Teils erbracht wird
(Senatsurteil in BFHE 89, 191, BStBl III 1967, 607 = SIS 67 03 78;
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17.9.1987 IV R 49/86, BFHE
151, 386, BStBl II 1988, 327 = SIS 88 05 20). § 5 Abs. 5 Satz
1 Nr. 1 EStG bezweckt damit die periodengerechte Erfolgsermittlung
(Crezelius in Kirchhof, a.a.O., § 5 Rz 89; Bauer in
Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 5 Rz F 3, m.w.N.;
Hoffmann in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
§§ 4, 5 EStG Rz 799). Negative Auswirkungen auf den
Gewinn ergeben sich sowohl durch die Verminderung des
Geldvermögens als auch durch Vermögensminderungen infolge
geldwerter Sachleistungen (Schreiber in Blümich, a.a.O.,
§ 5 EStG Rz 670). Nach dem Zweck des § 5 Abs. 5 Satz 1
Nr. 1 EStG ist die Bildung eines aktiven RAP daher nicht auf
Geldvermögensminderungen beschränkt; der Begriff der
Ausgaben umfasst vielmehr auch wirtschaftlich gleichwertige
Vermögensminderungen durch geldwerte Sachleistungen.
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Der Wortlaut des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1
EStG steht dieser Auslegung nicht entgegen. Der in dieser
Vorschrift enthaltene Begriff der Ausgaben ist nicht entsprechend
der betriebswirtschaftlichen Terminologie auf
Geldvermögensminderungen durch Geldzahlungen sowie
Verbindlichkeitszugänge und Forderungsabgänge begrenzt
(a.M. Federmann in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Rz
1924; Pottgießer/Velte, StuB 2006, 131, 133). Eine solche
Begrenzung folgt auch nicht daraus, dass § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr.
1 EStG die handelsrechtliche Regelung der aktiven RAP in § 250
Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) übernommen hat (vgl.
hierzu Hayn, a.a.O., B 218 Rz 17; Tiedchen, a.a.O., Rz 33). Aus dem
systematischen Zusammenhang des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG
ergibt sich vielmehr, dass als Ausgaben im Sinne dieser Vorschrift
auch Betriebsvermögensminderungen durch geldwerte
Sachleistungen in Betracht kommen. Der Begriff der Ausgaben wird
neben § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG auch in der Regelung des
§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG zum Zeitpunkt des Abflusses verwendet.
Nach dieser Vorschrift sind Ausgaben für das Kalenderjahr
abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. § 11 Abs. 2 Satz
1 EStG erfasst nicht nur Geldvermögensminderungen, sondern
auch Sachleistungen (Federmann in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O.,
§ 5 EStG Rz 1924; Seiler in Kirchhof, a.a.O., § 11 Rz 8;
Trzaskalik in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 11 Rz
C 25).
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bb) Die durch die verbilligte Überlassung
der Mobiltelefone vor dem Abschlussstichtag erfolgte Ausgabe war
Aufwand der Klägerin für eine bestimmte Zeit nach diesem
Tag. „Aufwand für eine bestimmte Zeit“ ist
in dem Sinne zu verstehen, dass einer Vorleistung eine noch nicht
erbrachte zeitraumbezogene Gegenleistung gegenübersteht
(Senatsurteil vom 4.5.1977 I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl II 1977,
802 = SIS 77 04 47; BFH-Urteile vom 6.4.1993 VIII R 86/91, BFHE
171, 221, BStBl II 1993, 709 = SIS 93 18 14; vom 19.6.1997 IV R
16/95, BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808 = SIS 97 22 26, jeweils
m.w.N.). Die Zuordnung des Aufwands erfolgt hierbei nicht nach der
betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung, sondern nach Maßgabe
der zugrunde liegenden Schuldverhältnisse (Senatsurteil vom
26.5.1976 I R 80/74, BFHE 119, 261, BStBl II 1976, 622 = SIS 76 03 42; BFH-Urteil vom 12.8.1982 IV R 184/79, BFHE 136, 280, BStBl II
1982, 696 = SIS 82 20 05; Trützschler in Küting/Weber,
a.a.O., § 250 HGB Rz 38; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust,
a.a.O., §§ 4, 5 EStG Rz 810; Döllerer, BB 1968, 637,
640). § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG betrifft zwar
typischerweise Vorleistungen im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags
i.S. der §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB); die Vorschrift ist aber nicht auf synallagmatische
schuldrechtliche Leistungen beschränkt (Senatsurteil vom
24.7.1996 I R 94/95, BFHE 181, 64, BStBl II 1997, 122 = SIS 96 22 31, m.w.N.; Schreiber in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz
680; Federmann in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 5 EStG Rz
1927; anderer Ansicht Bauer in Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff,
a.a.O., § 5 Rz F 89).
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Bei der Bestimmung der zeitraumbezogenen
Gegenleistung ist nicht allein auf die zivilrechtliche Beurteilung
der Schuldverhältnisse abzustellen; entscheidend ist vielmehr
der wirtschaftliche Gehalt der damit zusammenhängenden
Leistungsvorgänge (BFH-Urteile vom 19.1.1978 IV R 153/72, BFHE
124, 320, BStBl II 1978, 262 = SIS 78 01 45; in BFHE 151, 386,
BStBl II 1988, 327 = SIS 88 05 20). Das Fehlen eines
zivilrechtlichen Gegenseitigkeitsverhältnisses ist daher
unbeachtlich, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine
gegenseitige Abhängigkeit zwischen der Vorleistung und der im
Rahmen des Dauerschuldverhältnisses zu erbringenden Leistung
besteht (Senatsurteile in BFHE 181, 64, BStBl II 1997, 122 = SIS 96 22 31; in BFHE 216, 159, BStBl II 2009, 955 = SIS 07 10 39; Kupsch
in Bonner Handbuch der Rechnungslegung, § 250 HGB Rz 28;
anderer Ansicht Bauer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O.,
§ 5 Rz F 89; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O.,
§§ 4, 5 EStG Rz 814).
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Nach diesen Maßstäben ist die
verbilligte Überlassung der Mobiltelefone als Vorleistung
für die von den einzelnen Kunden im Rahmen der
MFD-Verträge zu erbringenden - zeitraumbezogenen -
Gegenleistungen anzusehen. Zwar sind der Kaufvertrag über das
Mobiltelefon und der MFD-Vertrag zivilrechtlich selbständige
Rechtsgeschäfte (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH -
vom 8.10.1998 I ZR 187/97, BGHZ 139, 368; I ZR 7/97, DB 1998,
2464). Die synallagmatischen Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag
sind mit der Übergabe und Übereignung des Mobiltelefons
durch die Klägerin bzw. mit dessen Abnahme und der Zahlung des
Kaufpreises durch den Kunden erfüllt (§ 433 BGB). Im
Rahmen der für die Rechnungsabgrenzung maßgeblichen
wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist jedoch zu
berücksichtigen, dass nach den für den Senat
gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des
FG der verbilligte Erwerb eines Mobiltelefons vom Abschluss eines
MFD-Vertrags mit einer Laufzeit von mindestens 24 Monaten oder der
entsprechenden Verlängerung eines bestehenden MFD-Vertrags
abhängig war. Aufgrund dieser Verknüpfung beider
Rechtsgeschäfte steht die durch die verbilligte
Überlassung der Mobiltelefone eingetretene
Vermögensminderung in unmittelbarem wirtschaftlichem
Zusammenhang mit dem jeweiligen MFD-Vertrag.
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Die verbilligte Überlassung der
Mobiltelefone ist wirtschaftlich nicht nur eine Vorleistung
für den Abschluss bzw. die Verlängerung des MFD-Vertrags;
sie bezieht sich vielmehr auf den Zeitraum der Durchführung
des auf eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten abgeschlossenen
MFD-Vertrags. Denn im Gegensatz zu Abschlussgebühren und
Provisionszahlungen, die für den Vertragsabschluss bzw.
für dessen Vermittlung geleistet werden (Senatsurteil vom
11.2.1998 I R 23/96, BFHE 185, 388, BStBl II 1998, 381 = SIS 98 12 13; BFH-Urteil vom 4.3.1976 IV R 78/72, BFHE 121, 318, BStBl II
1977, 380 = SIS 77 02 17), wird die verbilligte Überlassung
der Mobiltelefone durch Gegenleistungen finanziert, die im Rahmen
des MFD-Vertrags zu erbringen sind (BGH-Urteile in BGHZ 139, 368,
unter II.1.c; in DB 1998, 2464, unter II.2.a; Coenenberg, a.a.O.,
S. 109). Zu diesen Gegenleistungen gehören die Zahlung der
monatlichen Grundgebühren sowie der
Gesprächsgebühren durch die Kunden (BMF-Schreiben in
BStBl I 2005, 801 = SIS 05 30 02 Tz. 4). Der Bildung eines aktiven
RAP steht hierbei nicht entgegen, dass die wirtschaftliche
Gegenleistung der verbilligten Überlassung der Mobiltelefone
nicht in einer Sach- oder Dienstleistung, sondern in einer
Zahlungspflicht besteht (vgl. BFH-Urteil vom 24.6.2009 IV R 26/06,
BFHE 225, 144, BStBl II 2009, 781 = SIS 09 25 66, unter II.2.b;
a.M. Coenenberg, a.a.O., S. 123 f.).
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Die Bildung des aktiven RAP wird nicht dadurch
ausgeschlossen, dass bei vorzeitiger Beendigung des MFD-Vertrags
keine Verpflichtung des Kunden zur Rückgabe des Mobiltelefons
besteht. Eine Ausgabe ist als Vorleistung im Rahmen eines
schwebenden Geschäfts anzusehen, wenn für den Fall, dass
der Vertrag nach dem Stichtag aufgelöst wird, eine
Verpflichtung zur Rückzahlung besteht (BFH-Urteile in BFHE
136, 280, BStBl II 1982, 696 = SIS 82 20 05; in BFHE 171, 221,
BStBl II 1993, 709 = SIS 93 18 14). Fehlt es an einer solchen
Rückzahlungspflicht, so liegt eine Vorleistung jedenfalls dann
vor, wenn das Dauerschuldverhältnis auf mehrere Jahre zu
festen Bedingungen abgeschlossen ist und nur aus wichtigem Grunde
gekündigt werden kann und wenn konkrete Anhaltspunkte
dafür fehlen, dass die Vertragsparteien dieser
Möglichkeit mehr als rein theoretische Bedeutung beigemessen
haben (BFH-Urteil in BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696 = SIS 82 20 05; vgl. auch Senatsurteil in BFHE 216, 159, BStBl II 2009, 955 =
SIS 07 10 39; weitergehend Kupsch in Bonner Handbuch der
Rechnungslegung, § 250 HGB Rz 30; Meyer-Scharenberg, DStR
1991, 754, 755: Rückzahlungspflicht für aktiven RAP
unbeachtlich; anderer Ansicht Bauer in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 5 Rz F 89; Hoffmann
in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., §§ 4, 5 EStG Rz 811). Im
Streitfall hatten die einzelnen MFD-Verträge eine
Mindestlaufzeit von 24 Monaten; das FG hat nicht festgestellt, dass
die Möglichkeit der vorzeitigen Beendigung dieser
Verträge aus wichtigem Grund für die Klägerin und
ihre Kunden von praktischer Bedeutung war.
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b) Wäre auf der Grundlage der
dargestellten objektiven Rechtslage über die streitbefangene
bilanzrechtliche Frage zu entscheiden, hätte das FG die Klage
mithin zu Recht abgewiesen; die Revision wäre als
unbegründet zurückzuweisen.
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c) Jedoch hängt die Entscheidung der
Rechtssache auch noch von der Beantwortung der Vorlagefrage ab.
Ausgangspunkt für die steuerliche Gewinnermittlung ist
nämlich die vom Steuerpflichtigen beim FA eingereichte
(Steuer-)Bilanz. Von dieser darf (und muss) das FA nur abweichen,
wenn und soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung - GoB - (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder den
zwingenden bilanzrechtlichen Vorgaben des Einkommensteuergesetzes
nicht entspricht und deshalb fehlerhaft ist (vgl. Senatsurteil vom
5.6.2007 I R 47/06, BFHE 218, 221, BStBl II 2007, 818 = SIS 07 31 76; Senatsbeschluss vom 7.8.2008 I B 161/07, BFH/NV 2008, 2053 =
SIS 08 41 60). Diese Erfordernisse für eine Abweichung von der
eingereichten Bilanz durch das FA entsprechen nach Auffassung des
vorlegenden Senats den Voraussetzungen, an die § 4 Abs. 2 Satz
1 EStG die Zulässigkeit einer nachträglichen
Änderung der Bilanz durch den Steuerpflichtigen
(Bilanzberichtigung) knüpft.
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist
ein Bilanzansatz nur dann im eben beschriebenen Sinne fehlerhaft,
wenn der Steuerpflichtige den objektiv gegebenen
Rechtsverstoß nach den Erkenntnismöglichkeiten eines
ordentlichen Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung - bezogen
auf die am Bilanzstichtag objektiv bestehenden Verhältnisse -
erkennen konnte. Dieser sog. subjektive Fehlerbegriff (der zum Teil
auch als „normativ-subjektiver“ Fehlerbegriff
bezeichnet wird, z.B. Wied in Blümich, a.a.O., § 4 EStG
Rz 983) gilt nach bisheriger Rechtsprechung nicht nur für
Tatsachenkenntnisse, sondern auch für die Beurteilung der
rechtlichen Verhältnisse (z.B. BFH-Urteile vom 14.8.1975 IV R
30/71, BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88 = SIS 76 00 51; vom
12.11.1992 IV R 59/91, BFHE 170, 217, BStBl II 1993, 392 = SIS 93 09 17; vom 5.4.2006 I R 46/04, BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688 =
SIS 06 29 98; vom 23.1.2008 I R 40/07, BFHE 220, 361, BStBl II
2008, 669 = SIS 08 24 13). Für die Fälle, in denen die
Rechtslage zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ungeklärt ist,
weil noch keine Rechtsprechung zu der in Rede stehenden
Bilanzierungsfrage ergangen ist, hat der Senat deshalb entschieden,
dass dann jede der kaufmännischen Sorgfalt entsprechende
Bilanzierung als „richtig“ anzusehen ist
(Senatsurteile in BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688 = SIS 06 29 98;
in BFHE 218, 221, BStBl II 2008, 818 = SIS 07 31 76; vom 17.7.2008
I R 85/07, BFHE 222, 418, BStBl II 2008, 924 = SIS 08 37 68). An
den in diesem Sinne zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung subjektiv
„richtigen“ Bilanzansatz ist das FA gebunden,
auch wenn die Rechtsfrage nach diesem Zeitpunkt - gleichviel ob
zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen - durch eine
höchstrichterliche Entscheidung im gegenteiligen Sinne
entschieden worden ist (Senatsurteil in BFHE 218, 221, BStBl II
2008, 818 = SIS 07 31 76).
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d) Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung
hat die Klägerin durch das Unterlassen der Bildung des aktiven
RAP in der Bilanz zum 31. Dezember des Streitjahres eine zum
Zeitpunkt der Bilanzaufstellung der kaufmännischen Sorgfalt
entsprechende Entscheidung getroffen. Aus dem vom FG in Bezug
genommenen Prüfungsbericht ergibt sich, dass die Bilanz der
Klägerin für das Streitjahr vor Beginn der
Außenprüfung am 3.4.2000 aufgestellt worden sein muss.
Bis dahin existierte weder Rechtsprechung noch Literatur zur
spezifischen Frage der Bildung eines aktiven RAP bei verbilligter
Überlassung von Mobiltelefonen. Die in diesem Zusammenhang
relevante Frage, ob auch Vermögensminderungen durch geldwerte
Sachleistungen zu einer „Ausgabe“ i.S. des
§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG führen können, war auch
damals im Schrifttum umstritten, ohne dass sich ein verfestigter
Meinungsstand in eine bestimmte Richtung herausgebildet hatte.
Demnach kann das Unterlassen der Aktivierung des RAP durch die
Klägerin nicht als Verstoß gegen die kaufmännische
Sorgfalt angesehen werden; die Bilanz war im beschriebenen Sinne
subjektiv nicht fehlerhaft. Auf der Grundlage der bisherigen
BFH-Rechtsprechung, nach der die Vorlagefrage zu bejahen ist,
wären Revision und Klage mithin begründet.
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2. Grundsätzliche Bedeutung der
Vorlagefrage
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Der sonach entscheidungserheblichen Frage nach
der Bindungswirkung der bei ungeklärter Rechtslage vom
Bilanzierenden bei Aufstellung der Bilanz befolgten
Rechtsauffassung misst der vorlegende Senat grundsätzliche
Bedeutung i.S. des § 11 Abs. 4 FGO bei. Der sog. subjektive
Fehlerbegriff, von dessen unveränderter Beibehaltung nach
Auffassung des vorlegenden Senats sowohl die in der Vorlagefrage
angesprochene Bindungswirkung für die Finanzverwaltung als
auch die - im Streitfall nicht unmittelbar relevante -
Möglichkeit des Bilanzierenden zur Bilanzberichtigung nach
§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG abhängen, ist eine der zentralen
und umstrittenen Grundfragen des Bilanzsteuerrechts, mit der sich
alle Ertragsteuersenate des BFH im Rahmen bilanzrechtlicher
Streitfälle zu befassen haben. Die Vorlagefrage betrifft alle
bilanzierenden Unternehmen; ihrer Beantwortung kommt angesichts der
zunehmenden gesetzlichen Neuregelungen auch im Bilanzsteuerrecht
und der damit verbundenen steigenden Zahl ungeklärter
Rechtsfragen in diesem Bereich eine wesentliche Bedeutung zu. Vor
diesem Hintergrund hält es der vorlegende Senat für
geboten, dass eine Bestätigung, Änderung oder Fortbildung
der bisherigen Rechtsprechung vom Großen Senat als
senatsübergreifendem Spruchkörper getragen wird.
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III. Der vorlegende Senat tritt dafür
ein, den subjektiven Fehlerbegriff abweichend von der bisherigen
Rechtsprechung nicht auf die Beurteilung bilanzrechtlicher
Rechtsfragen zu erstrecken. Diese sollte die Finanzverwaltung
vielmehr allein auf der Grundlage des objektiv geltenden Rechts
beurteilen müssen, auch wenn sie zum Zeitpunkt der Aufstellung
der Bilanz noch nicht geklärt waren. Danach wäre das FA
bei der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung in Bezug auf zum
Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ungeklärte Rechtsfragen nicht
an die Auffassung gebunden, die der vom Steuerpflichtigen
eingereichten Bilanz zu Grunde liegt; die Vorlagefrage wäre zu
verneinen.
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1. Bisherige höchstrichterliche
Rechtsprechung
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Der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH)
und des Obersten Finanzgerichtshofs (OFH) lässt sich - soweit
ersichtlich - bei der Auslegung des Fehlerbegriffs keine subjektive
Komponente entnehmen (vgl. RFH-Urteile vom 7.10.1932 I A 53/31,
RStBl 1932, 1075; vom 25.10.1933 I A 44/32, RStBl 1934, 410;
OFH-Urteil vom 13.6.1950 IV 37/50 U, BStBl I 1951, 179). Im
RFH-Urteil vom 23.5.1935 I A 110/33 (RStBl 1935, 1467) heißt
es, die steuerlichen Vorschriften strebten objektiv richtige
Bilanzansätze an.
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28
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Auf die subjektiven
Erkenntnismöglichkeiten des Bilanzierenden stellt erstmals das
Senatsurteil vom 11.10.1960 I 56/60 U (BFHE 72, 8, BStBl III 1961,
3 = SIS 61 00 03) ab. Es kommt zu dem Ergebnis, dass der
Steuerpflichtige aufgrund einer erst nach Aufstellung der Bilanz
erlangten Tatsachenkenntnis über die fehlende Bonität
einer aktivierten Forderung die Bilanz nicht nach § 4 Abs. 2
Satz 1 EStG berichtigen dürfe. Zur Begründung heißt
es in dem Urteil, dass selbst bei objektiv gegebener
Überschuldung der Forderungsschuldnerin zum Bilanzstichtag
eine Bilanzberichtigung nicht in Betracht komme, weil eine
unrichtige Bilanzierung und damit eine Pflicht, die Bilanz zu
berichtigen, nicht vorliege. Handelsrecht und Steuerrecht
könnten von dem Kaufmann nicht mehr verlangen, als dass er
seine bis zur Aufstellung der Bilanz erlangte Kenntnis von dem am
Bilanzstichtag vorliegenden Sachverhalt pflichtgemäß und
gewissenhaft bei der Aufstellung der Bilanz verwerte. Kenne er bei
der Aufstellung der Bilanz Tatsachen nicht, die seine Forderungen
als nicht vollwertig erscheinen ließen, so könne er
nicht verpflichtet werden, die von ihm nach bestem Wissen
aufgestellte Bilanz, wenn er später diese Kenntnis erlange, zu
berichtigen.
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29
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Mit dem Urteil in BFHE 117, 44, BStBl II 1976,
88 = SIS 76 00 51 hat der IV. Senat des BFH die
Maßgeblichkeit der subjektiven Erkenntnismöglichkeiten
des Bilanzierenden bei Aufstellung der Bilanz über die
Beurteilung von Tatsachen hinaus auch auf Rechtsfragen ausgedehnt.
Eine Bilanz ist danach nicht falsch und
berichtigungsbedürftig, wenn sich nach ihrer Aufstellung
herausstellt, dass bestimmte tatsächliche oder rechtliche
Verhältnisse am Bilanzstichtag objektiv anders waren als bei
der Aufstellung der Bilanz angenommen wurde. Vielmehr ist eine
Bilanz bereits dann richtig, wenn sie den im Zeitpunkt ihrer
Aufstellung bestehenden Erkenntnismöglichkeiten über die
am Bilanzstichtag objektiv bestehenden Verhältnisse
entspricht, d.h. wenn sie subjektiv richtig ist. In dem Urteil in
BFHE 170, 217, BStBl II 1993, 392 = SIS 93 09 17 hat der IV. Senat
diese Grundsätze auf den Fall einer
Rechtsprechungsänderung angewendet, in welchem es um die
Aktivierbarkeit von Kanalbaubeiträgen als nachträgliche
Anschaffungskosten auf ein Grundstück ging. Danach liegt ein
zur Bilanzänderung berechtigender Fehler nicht vor, wenn der
Steuerpflichtige bei der Bilanzaufstellung nach der seinerzeitigen
höchstrichterlichen Rechtsprechung verfahren ist, diese
Rechtsprechung danach aber durch ein neueres Urteil aufgegeben
worden ist.
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30
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An die Einbeziehung der Beurteilung von
Rechtsfragen in den subjektiven Fehlerbegriff hat der vorlegende
Senat in jüngerer Zeit in einer Reihe von Entscheidungen
angeknüpft, in denen die Steuerpflichtigen im Wege von
Bilanzberichtigungen nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG
nachträglich gewinnmindernde Rückstellungen für
drohende Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) gebildet
hatten, deren Berechtigung zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung
umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt war,
die aber später vom BFH anerkannt worden waren (Senatsurteile
in BFHE 213, 326, BStBl II 2006, 688 = SIS 06 29 98, und in BFHE
218, 221, BStBl II 2007, 818 = SIS 07 31 76: Rückstellungen
für künftige Beihilfeansprüche; Senatsurteile in
BFHE 220, 361, BStBl II 2008, 669 = SIS 08 24 13; in BFHE 222, 418,
BStBl II 2008, 924 = SIS 08 37 68; vom 16.12.2008 I R 54/08, BFH/NV
2009, 746 = SIS 09 12 46: Rückstellungen für
künftige Kosten der Aufbewahrung von
Geschäftsunterlagen). Der Senat hat in diesen Fällen die
ursprünglichen Bilanzen nicht als fehlerhaft i.S. von § 4
Abs. 2 Satz 1 EStG angesehen, weil das Unterlassen der
Rückstellungsbildung aufgrund der ungeklärten Rechtslage
zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung eine vertretbare Entscheidung
gewesen sei; wenn eine bestimmte Bilanzierungsfrage nicht durch die
Rechtsprechung abschließend geklärt sei, sei jede der
kaufmännischen Sorgfalt entsprechende Bilanzierung als in
diesem Sinne „richtig“ anzusehen. In einem
solchen Fall sei der objektiv gegebene Bilanzierungsfehler bei
derjenigen Veranlagung zu korrigieren, der die erste nach dem
Offenbarwerden des Fehlers aufgestellte Bilanz zugrunde liegt
(Senatsurteil in BFHE 218, 221, BStBl II 2007, 818 = SIS 07 31 76).
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31
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In dem Urteil in BFHE 218, 221, BStBl II 2007,
818 = SIS 07 31 76 hat der Senat überdies betont, dass in
diesen Fällen auch die Finanzverwaltung im Rahmen der
Steuerfestsetzung an die vom Steuerpflichtigen zulässigerweise
gebildeten Bilanzansätze gebunden sei. Das FA dürfe von
diesen Bilanzansätzen zwar abweichen, wenn sie den GoB nicht
entsprächen; das sei aber auch in diesem Zusammenhang nach dem
Maßstab des Verhaltens eines ordentlichen Kaufmanns zum
Zeitpunkt der Bilanzaufstellung zu beurteilen, nach denen im
dortigen Streitfall ein Verstoß gegen
Buchführungsgrundsätze nicht vorgelegen habe.
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2. Auffassung der Finanzverwaltung
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33
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Die Finanzverwaltung praktiziert den
subjektiven Fehlerbegriff im Bereich der Bilanzberichtigung
gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich so,
wie er vom BFH entwickelt wurde (R 4.4 Abs. 1 Sätze 1 bis 5
des Amtlichen Einkommensteuer-Handbuchs - EStH - 2009; vgl. auch
BMF-Schreiben vom 11.3.2008, BStBl I 2008, 496 = SIS 08 13 79 - zur
bilanzsteuerrechtlichen Berücksichtigung von
Altersteilzeitvereinbarungen nach dem Altersteilzeitgesetz - ;
Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf [und
Münster] vom 10.5.2005, DB 2005, 1083 = SIS 05 24 63, und
München/Nürnberg vom 1.4.2005, FR 2005, 560 = SIS 05 17 61 - zur Bildung von Rückstellungen für
Beihilfeverpflichtungen - ). In den Fällen, in denen der
Steuerpflichtige entsprechend der im Zeitpunkt der
Bilanzaufstellung bestehenden Verwaltungsauffassung bilanziert hat,
lässt R 4.4 Abs. 1 Satz 6 EStH 2009 eine Bilanzberichtigung
zu, wenn der Steuerpflichtige sich zwar bei der Bilanzierung an die
damalige Verwaltungsauffassung gehalten hat, jedoch seine
gegenteilige Rechtsauffassung durch Zusätze oder Vermerke bei
der Bilanzaufstellung dokumentiert hat. Diese - wohl als
Billigkeitsmaßnahme zu charakterisierende - Möglichkeit
zur Bilanzberichtigung setzt allerdings nicht nur voraus, dass die
gegenteilige Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen durch die
höchstrichterliche Rechtsprechung bestätigt wird, sondern
auch, dass sich aufgrund dieser Rechtsprechung die
Verwaltungsmeinung geändert hat. Eine darauf gestützte
Bilanzberichtigung kommt also nur in Betracht, wenn das BFH-Urteil
im Bundessteuerblatt veröffentlicht und nicht mit einem
„Nichtanwendungserlass“ des BMF belegt ist.
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34
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Keine dezidierte Stellungnahme der
Finanzverwaltung findet sich zu der Frage, inwiefern diese sich
selbst an eine der Bilanz zu Grunde liegende Rechtsauffassung zu
einer ungeklärten Rechtsfrage gebunden sieht, die sich zum
Zeitpunkt der Bilanzaufstellung im Bereich des subjektiv
„Richtigen“ befand und deren Fehlerhaftigkeit
sich erst nachträglich erwiesen hat. Im Streitfall hat das FA
in der Revisionserwiderung die - nach Auffassung des Senats
unzutreffende - Ansicht vertreten, das Unterlassen der Bildung des
aktiven RAP durch die Klägerin sei zum Zeitpunkt der
Bilanzaufstellung nicht vertretbar und damit auch subjektiv falsch
gewesen.
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3. Sonstige Stellungnahmen zum subjektiven
Fehlerbegriff
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a) Für die Handelsbilanz wird der
subjektive Fehlerbegriff als Ausprägung der GoB im Schrifttum
grundsätzlich anerkannt (vgl. Stellungnahme des Instituts der
Wirtschaftsprüfer - IDW - vom 12.4.2007, Tz. 14,
Fachnachrichten IDW 2007, 265, 267; Adler/Düring/Schmaltz,
a.a.O., AktG § 172 Rz 43; Ellrott/ Schubert in
Beck´scher Bilanz-Kommentar, a.a.O., § 253 HGB Rz 805;
Welf Müller in Westermann u.a., Festschrift Quack, 1991, S.
359, 367; Schön in Canaris u.a., 50 Jahre Bundesgerichtshof,
2000, Bd. II, S. 153, 155 f.; Schulze-Osterloh, BB 2007, 2335).
Unterschiedliche Auffassungen bestehen zu der Frage, ob die
Erkenntnismöglichkeiten des gewissenhaften und
pflichtgemäß handelnden Kaufmanns zum Zeitpunkt der
Bilanzaufstellung oder zum Zeitpunkt der Feststellung der Bilanz
maßgeblich sein sollen (zum Diskussionsstand
Küting/Kaiser, Die Wirtschaftsprüfung 2000, 577). Im
Hinblick auf die Beurteilung von Rechtsfragen wird diskutiert, ob
auch für diejenigen Rechtsfragen, die sich auf die
Bilanzierung selbst beziehen, der subjektive Maßstab gelten
soll oder nur für solche, deren Beantwortung lediglich
für die Erfassung des für die Bilanzierung
maßgeblichen Sachverhalts erforderlich ist (in letzterem
Sinne Schulze-Osterloh, BB 2007, 2335, 2336).
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37
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b) Für die Steuerbilanz ist die Literatur
der BFH-Rechtsprechung zum subjektiven Fehlerbegriff teilweise
gefolgt (vgl. Frotscher, a.a.O., § 4 Rz 434 ff.; Crezelius in
Kirchhof, a.a.O., § 4 Rz 235 f.; Hoffmann in
Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., §§ 4, 5 EStG Rz 531 ff.; Wied
in Blümich, a.a.O., § 4 EStG Rz 983; Strahl in Korn,
Einkommensteuergesetz, § 4 Rz 421; Heinicke in Schmidt,
a.a.O., § 4 Rz 681; Ellrott/Schubert in Beck´scher
Bilanz-Kommentar, a.a.O., § 253 HGB Rz 805).
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38
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Andere lehnen die Rechtsprechung
grundsätzlich ab (Günther, Die steuerliche
Betriebsprüfung - StBp - 1963, 63; Sauer, StBp 1977, 173, 175;
Weber-Grellet in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4
Rz C 106 ff.; Stapperfend in Herrmann/Heuer/ Raupach, a.a.O.,
§ 4 Rz 411; Kühnen in Bordewin/Brandt, a.a.O., § 4
Rz 1040, 1046; Meurer in Lademann, Einkommensteuergesetz, § 4
EStG Rz 815; Tetzlaff/Schallock, StBp 2007, 148, 150; Hey in
Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Aufl., § 17 Rz 37; Flume, DB
1981, 2505, 2507; vgl. auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und
Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 3 V a.E.). Sie entnehmen
dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG ausschließlich
objektive Merkmale und sehen die Funktion der Steuerbilanz als
Mittel zur Gewinnermittlung und damit zur gesetzmäßigen
und gleichmäßigen Besteuerung nur auf der Grundlage von
objektiv richtigen Ansätzen als gewährleistet an.
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39
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Ein Teil des Schrifttums zieht die Anwendung
des subjektiven Fehlerbegriffs zumindest auf die Beurteilung
ungeklärter Rechtsfragen in Zweifel (vgl. Herzig/Nitzschke, DB
2007, 304, 306 ff.; Werra/Rieß, DB 2007, 2502, 2504 ff.;
Prinz/Schulz, DStR 2007, 776, 778 f.; Vliegen, Die Steuerberatung
2007, 111, 115 f.; i.E. auch Strahl in Korn, a.a.O., § 4 Rz
421.2; a.A. - der bisherigen Rechtsprechung zustimmend - Frotscher,
a.a.O., § 4 Rz 437 f.; Hoffmann, Der GmbH-Steuer-Berater 2008,
58, 59). Schulze-Osterloh (BB 2007, 2335, 2336) differenziert noch
weiter und nimmt entsprechend der von ihm zur Handelsbilanz
vertretenen Auffassung nur die Beurteilung jener Rechtsfragen vom
subjektiven Maßstab aus, die sich auf die Bilanzierung
beziehen - insbesondere die Grundsätze
ordnungsmäßiger Buchführung -, nicht aber solche,
deren Beantwortung lediglich für die Erfassung des für
die Bilanzierung maßgeblichen Sachverhalts erforderlich
ist.
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40
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c) Mit einer aus dem subjektiven Fehlerbegriff
ggf. zu entnehmenden Bindung auch der Finanzverwaltung an die der
Bilanzierung zugrunde liegende Rechtsauffassung des
Steuerpflichtigen befasst sich die Literatur nicht eingehend.
Teilweise wird der Rechtsprechung - nämlich dem Senatsurteil
in BFHE 218, 221, BStBl II 2007, 818 = SIS 07 31 76 - eine solche
Bindung entnommen (Rödder/ Hageböke, Die
Unternehmensbesteuerung - Ubg - 2008, 401, 406; vgl. auch
Tetzlaff/Schallock, StBp 2007, 148, 151); teilweise wird sie als
„zu weitgehend“ (Werra/Rieß, DB 2007,
2502, 2506) bzw. unter Hinweis auf die Gesetzesbindung der
Finanzverwaltung nach § 85 der Abgabenordnung - AO -
(Schulze-Osterloh, BB 2007, 2335, 2336) abgelehnt (vgl. auch Buciek
in Blümich, a.a.O., § 5 Rz 219, und in HFR 2008, 1224
sowie Kühnen in Bordewin/Brandt, a.a.O., § 4 Rz 1040, die
unterschiedliche Fehlerbegriffe im Rahmen von § 4 Abs. 2 Satz
1 EStG einerseits und im Rahmen von § 5 Abs. 1 EStG
andererseits in Erwägung ziehen).
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4. Stellungnahme des vorlegenden Senats
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42
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Der Senat hält es für
vorzugswürdig, den subjektiven Fehlerbegriff nicht auf die
Beurteilung bilanzrechtlicher Rechtsfragen zu erstrecken.
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43
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a) Vorausgeschickt sei, dass der Senat sich
weiterhin dafür ausspricht, die Bindungswirkung der vom
Steuerpflichtigen erstellten Bilanz für die Finanzverwaltung
nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen, wie sie
für die „Richtigkeit“ der Bilanz im Rahmen
des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG gelten. Das FA sollte an die vom
Steuerpflichtigen im Rahmen der GoB zulässigerweise gebildeten
Bilanzansätze gebunden bleiben (Senatsurteil in BFHE 218, 221,
BStBl II 2007, 818 = SIS 07 31 76). Würde man es anders sehen
und z.B. eine Bindung des FA nur an die objektiv richtigen
Bilanzansätze bejahen, während für § 4 Abs. 2
Satz 1 EStG weiterhin uneingeschränkt der subjektive
Fehlerbegriff beibehalten würde, wäre § 4 Abs. 2
Satz 1 EStG weitgehend sinnentleert. Denn das FA müsste auch
unabhängig von der Vornahme einer Bilanzberichtigung durch den
Steuerpflichtigen stets die objektiv „richtigen“
Ansätze zugrunde legen und - zugunsten und zuungunsten des
Steuerpflichtigen - von der Bilanz abweichen, auch soweit diese zum
Aufstellungszeitpunkt subjektiv richtig gewesen sein mögen und
vom Steuerpflichtigen selbst deshalb nicht mehr geändert
werden könnten. Ein Gleichlauf zwischen der Bindungswirkung
der Bilanz für den Steuerpflichtigen einerseits und für
die Finanzverwaltung andererseits wäre demgegenüber
systemgerecht und ist deshalb vorzugswürdig.
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44
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b) Auch besteht aus Sicht des Senats keine
Notwendigkeit, den subjektiven Fehlerbegriff ganz aufzugeben.
Für die Beurteilung der für die Bilanzierung
maßgeblichen tatsächlichen Umstände kann vielmehr
weiterhin auf die subjektiven Erkenntnismöglichkeiten des
ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns zum Aufstellungszeitpunkt
abgestellt werden. Dieser Sichtweise kommt in gewisser Hinsicht
eine Befriedungsfunktion zu. Sie verhindert einerseits, dass der
Steuerpflichtige seine ursprünglichen Einschätzungen in
Bezug auf für die Bilanzierung erforderliche Prognosen,
Schätzungen oder Beurteilungen von hypothetischen
Kausalverläufen nachträglich - je nach Opportunität
- revidieren kann. Andererseits bewahrt sie den Steuerpflichtigen
davor, dass die Finanzverwaltung durch nachträgliche
Ermittlungen versucht, die Tatsachengrundlage der Bilanz zu
erschüttern (z.B. in Bezug darauf, ob der Schuldner einer
wegen fehlender Bonität ausgebuchten Forderung am
Bilanzstichtag nicht doch noch über dem Bilanzierenden
verborgen gebliebenes Vermögen verfügt hat). Durch den
mit dem Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und
Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften
zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtliniengesetz)
vom 19.12.1985 (BGBl I 1985, 2355) normierten Grundsatz, wonach im
Jahresabschluss alle „vorhersehbaren“ Risiken
und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu
berücksichtigen sind, auch wenn diese erst zwischen dem
Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung bekannt geworden sind
(§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB), hat der subjektive Fehlerbegriff
überdies zumindest ansatzweise Eingang in das positive
Gesetzesrecht gefunden (Schön in Canaris u.a., a.a.O., S. 153,
155 f.; Schulze-Osterloh, BB 2007, 2335, 2336). Auch kommen die
Gegner des subjektiven Fehlerbegriffs durch die Einräumung
großzügiger Beurteilungsspielräume und
Entscheidungsprärogativen (vgl. Weber-Grellet in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz C 112;
Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 4 EStG Rz
411) faktisch ebenfalls zu einer Einschränkung der
Fehlertatbestände, so dass sich in der Praxis vielfach keine
wesentlich unterschiedlichen Ergebnisse ergeben dürften (vgl.
Herzig/Nitzschke, DB 2007, 304, 306; Werra/Rieß, DB 2007,
2502, 2503).
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45
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c) In Bezug auf die Beurteilung
bilanzrechtlicher Fragen hält der Senat indes ein Abstellen
auf die Erkenntnismöglichkeiten des Steuerpflichtigen zum
Zeitpunkt der Bilanzaufstellung aus mehreren Gründen nicht
für sachgerecht.
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46
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aa) Ein subjektiver Maßstab in Bezug auf
Rechtsfragen ist dem Verfahren der steuerlichen Gewinnermittlung
prinzipiell fremd. Hinsichtlich aller anderen Rechtsfragen, die
sich außerhalb der Feststellung des Bilanzgewinns im Rahmen
der Gewinnermittlung stellen, ist allein die tatsächlich
bestehende objektive Rechtslage maßgeblich und sind deshalb
weder Steuerpflichtiger noch Finanzverwaltung an eine zum Zeitpunkt
der Bilanzaufstellung vertretbar erscheinende der
Steuererklärung zugrunde liegende Rechtsauffassung gebunden.
Das gilt auch für Rechtsfragen, die - auch wenn sie die
Bilanzansätze an sich nicht berühren - mit
Bilanzierungsfragen in Zusammenhang stehen können, wie
beispielsweise solche in Zusammenhang mit der Nichtabziehbarkeit
von Betriebsausgaben, mit der Erfassung von Übernahmegewinnen
gemäß § 12 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes
1995 (vgl. zu beidem das Senatsurteil in BFHE 220, 361, BStBl II
2008, 669 = SIS 08 24 13) oder mit verdeckten
Gewinnausschüttungen i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
1996. Ein überzeugender Grund dafür, unterschiedliche
Beurteilungsmaßstäbe anzusetzen, je nach dem ob sich ein
gewinnrelevanter Vorgang innerhalb oder außerhalb der Bilanz
vollzieht, besteht nicht.
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bb) Der Sache nach besteht bei Anerkennung
einer subjektiven Einschätzungsprärogative hinsichtlich
der Beantwortung ungeklärter Bilanzierungsfragen eine
wahlrechtsähnliche Situation; der Steuerpflichtige kann sich
für eine von mehreren vertretbaren Rechtspositionen
entscheiden (vgl. Senatsurteil in BFHE 222, 418, BStBl II 2008, 924
= SIS 08 37 68). Das führt zwangsläufig dazu, dass der
Steuerpflichtige bzw. dessen Berater bemüht sein müssen,
bei allen streitigen bzw. streitrelevanten Bilanzierungsfragen
schon bei Aufstellung der Bilanz jeweils bis an die Grenze des
kaufmännisch gerade noch Vertretbaren zu gehen (vgl. die
Empfehlungen von Rödder/Hageböke, Ubg 2008, 401, 405), um
sich die Möglichkeit zu erhalten, von einer künftigen
höchstrichterlichen Entscheidung zu der Bilanzierungsfrage -
so sie zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden wird - zu
profitieren. Diese Situation erhöht das Konfliktpotential
zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung im Veranlagungs-
und Betriebsprüfungsverfahren und kann auch für den
Steuerpflichtigen von Nachteil sein. Denn diese Vorgehensweise
steigert das Risiko späterer Steuernachforderungen mit - nicht
abzugsfähigen - Nachforderungszinsen gemäß §
233a AO (vgl. Werra/Rieß, DB 2007, 2502); der bisherigen
pragmatischen Praxis, die Steuerbilanz zunächst auf der
Grundlage der Verwaltungsauffassung zu erstellen und eine
rechtliche Klärung erst im Rahmen der Betriebsprüfung
bzw. des sich anschließenden Rechtsbehelfsverfahrens zu
suchen (dazu Werra/Rieß, DB 2007, 2502; Herzig/Nitzschke, DB
2007, 304, 307; Rödder/ Hageböke, Ubg 2008, 401, 407),
wird auf diese Weise die Grundlage entzogen. Eine solche
Entwicklung sollte die Rechtsprechung nicht fördern.
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48
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cc) Überdies erscheint die
wahlrechtsähnliche Situation in Bezug auf die Beurteilung von
Rechtsfragen unter dem verfassungsrechtlichen Aspekt der
Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht unproblematisch.
Denn wenn nicht die objektive Rechtslage, sondern der vom
Steuerpflichtigen konkret gewählte Bilanzansatz für die
Gewinnermittlung maßgeblich ist, kann dies zu einer
unterschiedlichen Besteuerung wirtschaftlich vergleichbarer
Sachverhalte nur aufgrund von bilanztechnischen Entscheidungen der
Steuerpflichtigen führen.
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49
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dd) Ein entscheidender Nachteil der
Erstreckung des subjektiven Fehlerbegriffs auf die Beurteilung
bilanzrechtlicher Zweifelsfragen liegt aus Sicht des Senats darin,
dass sie bei konsequenter Befolgung im Verhältnis zwischen
Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung zu einer Waffenungleichheit
zu Lasten der Finanzverwaltung führt und einer ausgewogenen
Rechtsfortbildung im Bilanzsteuerrecht hinderlich ist.
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50
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Denn der Steuerpflichtige könnte auf
dieser Grundlage bei ungeklärter Rechtslage durch die
Entscheidung für einen (ggf. gerade noch) vertretbaren
Bilanzansatz ein Faktum schaffen, an das die Finanzverwaltung und
die Gerichte in dem betreffenden Steuerverfahren in einer Weise
gebunden wären, dass die materiell-rechtliche Richtigkeit des
Bilanzansatzes nicht mehr entscheidungserheblich wäre. Das FA
hätte dann nämlich in Bezug auf den Bilanzansatz
zunächst nur zu prüfen, ob dieser sich noch im Rahmen des
vertretbaren Meinungsspektrums befindet; ist das der Fall, besteht
in dem betreffenden Verfahren kein Anlass mehr, sich überhaupt
noch mit der objektiven materiellen Rechtslage zu befassen. In
gleicher Weise müsste das FG verfahren. Käme dieses zu
dem Ergebnis, dass die der Bilanzierung zugrunde liegende
Rechtsauffassung aus der Sicht des Bilanzstichtags oder des
Zeitpunkts der Bilanzaufstellung noch vertretbar ist, wäre die
objektive Rechtslage aus seiner Sicht nicht entscheidungserheblich.
Eine Klärung der materiell-rechtlichen Streitfrage könnte
das FA somit nur dadurch herbeizuführen versuchen, dass es
einen auf seiner eigenen materiellen Rechtsauffassung beruhenden -
und damit fehlerhaften - Steuerbescheid erlässt und darauf
hofft, dass das FG oder ggf. der BFH die Revision trotz Fehlens der
dafür erforderlichen Voraussetzungen zulassen und der BFH
sodann per obiter dictum die bilanzrechtliche Streitfrage
klärt. Der Erfolg der Finanzverwaltung bestünde in diesem
Fall aber auch nur darin, dass sie ihre Rechtsauffassung - falls
sie vom BFH bestätigt wird - hinsichtlich der zeitlich nach
Ergehen der abschließenden BFH-Entscheidung aufgestellten
Bilanzen zur Geltung bringen könnte.
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51
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Auch hätte die Finanzverwaltung keine
Handhabe dafür, eine bisher allseits akzeptierte
Bilanzierungspraxis infrage zu stellen oder eine neue
bilanzrechtliche Rechtsfrage aufzuwerfen und gerichtlich
klären zu lassen. Denn in jedem Fall könnte sich der
Steuerpflichtige auf die bisher anerkannte Praxis und die damit
gegebene subjektive Richtigkeit des betreffenden Bilanzansatzes
berufen. Der Finanzverwaltung wäre es mithin verwehrt, neue
bilanzrechtliche Vorstellungen zur gerichtlichen Prüfung zu
stellen. Initiativen zur Fortentwicklung des Bilanzrechts
könnten nur von den Steuerpflichtigen ausgehen.
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52
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ee) Schließlich ist zu bedenken, dass
Steuerbescheide und Gerichtsurteile, die bilanzrechtliche Fragen
anhand der objektiven Rechtslage beurteilen, regelmäßig
auf eine größere Akzeptanz stoßen würden. Es
ist einerseits dem Bilanzierenden, der sich bei der
Bilanzaufstellung z.B. an eine damalige Bilanzierungspraxis oder
Verwaltungsauffassung gehalten hat, nur schwer vermittelbar, dass
er - obwohl die Veranlagung noch „offen“ ist -
von einer zwischenzeitlich ergangenen höchstrichterlichen
Entscheidung zugunsten der Steuerpflichtigen nicht soll profitieren
können. Im umgekehrten Fall ist es der Allgemeinheit
gegenüber schwer zu rechtfertigen, trotz grundsätzlicher
Änderbarkeit der Steuerfestsetzung einen Bilanzansatz
anzuerkennen, der sich zwischenzeitlich als rechtlich unzutreffend
herausgestellt hat. Ein Gleichlauf zwischen der Änderbarkeit
der Steuerfestsetzung einerseits und der Bilanzansätze
andererseits würde demgegenüber zu in sich konsistenteren
und deshalb überzeugungskräftigeren Ergebnissen
führen.
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53
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d) Bei der Entscheidung über die
Vorlagefrage zu bedenken ist allerdings, dass - jedenfalls nach
Auffassung des vorlegenden Senats - auf der Grundlage der
vorstehenden Argumentation der subjektive Maßstab in Bezug
auf die Beurteilung von Rechtsfragen nicht nur dann nicht zur
Anwendung kommen dürfte, wenn es - wie in dem der Vorlage
zugrunde liegenden Sachverhalt - um die Beurteilung von noch
ungeklärten Rechtsfragen geht. Vielmehr könnte nach
diesen Erwägungen auch in den Fällen nicht mehr auf den
subjektiven Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung
abgestellt werden, in denen die Bilanz auf der Basis einer bislang
von der BFH-Rechtsprechung gebilligten Bilanzierungspraxis bzw.
Verwaltungsauffassung aufgestellt worden ist und der BFH diese
Rechtsprechung nach dem Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ändert
(so der Sachverhalt des BFH-Urteils in BFHE 170, 217, BStBl II
1993, 392 = SIS 93 09 17). Der vorlegende Senat ist indes der
Auffassung, dass diese Konsequenz kein triftiger Grund ist, von der
vorgeschlagenen Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffs für die
Beurteilung bilanzrechtlicher Fragen abzusehen, zumal die
Änderung einer bisher von der Verwaltung angewendeten
höchstrichterlichen Rechtsprechung nach der
Vertrauensschutzregel des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO bei der
Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht
zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden
darf.
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