1
|
A. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr 2001
gegründete KG, deren Gegenstand insbesondere der Erwerb und
Betrieb der MS „A“ ist. Der Gesellschaftszweck umfasst
zudem den Erwerb, Betrieb und die Veräußerung anderer
Seeschiffe sowie das Betreiben von Schifffahrtsgeschäften
aller Art. Komplementärin der Klägerin ohne
Vermögensbeteiligung ist die A-GmbH; als Kommanditisten sind
die S-KG mit einer Einlage von 49.500 EUR zu 99 % und die B-KG mit
einer Einlage von 500 EUR zu 1 % beteiligt.
|
|
|
2
|
Am 12.11.2002 schloss die Klägerin mit
einer Werft in Polen einen Bauvertrag über die Herstellung des
Container-Schiffs MS „A“ zum Preis von 20,6 Mio. US-$.
Die Fertigstellung des Schiffs war für den Herbst 2003
vorgesehen. Am 20.12.2002 schloss die Klägerin mit der B-KG
einen Vertrag über die Bereederung der MS
„A“.
|
|
|
3
|
Im Juli 2003 erhielt die Klägerin von
der X Fonds AG ein Kaufangebot für die noch im Bau befindliche
MS „A“. Am 22.9.2003 wurde zwischen der D-KG und der F
ein Chartervertrag über die MS „A“ abgeschlossen;
nach dem Vertrag stand der D-KG das Recht zur Benennung eines
Vercharterers und der F das Recht zur Benennung eines Charterers
zu. Durch Zusatzvereinbarung vom 30.9.2003 wurden die Z von der
D-KG als Vercharterer und die M von der F als Charterer
benannt.
|
|
|
4
|
Mit Vertrag vom 26.9.2003 verkaufte die
Klägerin die MS „A“ zum Preis von 26 Mio. US-$ an
die Z als Treuhänderin für die Y-KG. Am 6.10.2003
übernahm die Klägerin die MS „A“ in Polen von
der Werft, überführte das Schiff am 7./8.10.2003 von
Polen nach Dänemark und übergab es dort am 9.10.2003 an
die Z. Auf der Fahrt von Polen nach Dänemark war die MS
„A“ mit der Erstausrüstung sowie einem leeren
Container beladen.
|
|
|
5
|
In der Zeit vom 6. bis 9.10.2003 war die MS
„A“ im Schiffsregister beim Amtsgericht ...
eingetragen. Nach der Umbenennung in „P“ wurde das
Schiff ab dem 10.10.2003 von der Z im Rahmen des von der D-KG
abgeschlossenen Chartervertrags eingesetzt.
|
|
|
6
|
Den durch die Veräußerung der MS
„A“ erzielten Gewinn verwendete die Klägerin im
Jahr 2005 in Höhe von 1.967.087 EUR für eine Anzahlung
zum Kauf des Container-Schiffs „B“.
|
|
|
7
|
Am 18.12.2002 stellte die Klägerin
einen Antrag auf Anwendung der Tonnagebesteuerung nach § 5a
des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab dem 1.1.2002. Der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) gab dem Antrag am
30.12.2002 statt und stellte den Unterschiedsbetrag
gemäß § 5a Abs. 4 EStG zum 31.12.2001 auf 0 EUR
fest.
|
|
|
8
|
Mit Bescheid vom 25.4.2005 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
stellte das FA die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das
Streitjahr 2003 in Höhe von 2.746 EUR antragsgemäß
fest. Der Feststellungsbescheid stand unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung - AO - ). Am
8.6.2005 erließ das FA auf Antrag der Klägerin einen
nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid
für das Streitjahr, in dem es die Einkünfte aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 20.158 EUR feststellte. Der
Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Die Erhöhung
der Einkünfte aus Gewerbebetrieb beruhte auf der
Berücksichtigung einer an die V-KG gezahlten
Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 17.412,07 EUR, die der
S-KG, zu deren Gesellschaftern die V-KG gehörte, als
Sonderbetriebseinnahme zugerechnet wurde.
|
|
|
9
|
Im Anschluss an eine bei der Klägerin
u.a. für das Streitjahr durchgeführte
Außenprüfung erließ das FA am 17.1.2006
gemäß § 164 Abs. 2 AO einen geänderten
Feststellungsbescheid für das Streitjahr und stellte die
Einkünfte aus Gewerbebetrieb nun in Höhe von 3.877.811
EUR fest; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Die
Einkünfte aus Gewerbebetrieb setzten sich zusammen aus
laufenden Einkünften in Höhe des in der Bilanz der
Klägerin zum 31.12.2003 ausgewiesenen Jahresüberschusses
von 3.076.134,46 EUR sowie Sonderbetriebseinnahmen der A-GmbH in
Höhe der Haftungsvergütung von 2.500 EUR und solchen der
B-KG in Höhe von 799.176,81 EUR, die auf Provisionen der B-KG
aus An- und Verkaufsvermittlung entfielen. Das FA vertrat hierbei
die Auffassung, dass der Gewinn der Klägerin nicht nach §
5a EStG, sondern nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln
sei, da die Klägerin im Streitjahr kein Handelsschiff
betrieben habe.
|
|
|
10
|
Den gegen den Änderungsbescheid
gerichteten Einspruch wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom
30.5.2006 als unbegründet zurück. Das Finanzgericht (FG)
wies die hiergegen gerichtete Klage mit in EFG 2011, 424 = SIS 10 37 98 veröffentlichtem Urteil ab.
|
|
|
11
|
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin eine Verletzung des § 5a EStG sowie
Verfahrensfehler.
|
|
|
12
|
Sie beantragt,
|
|
1. das angefochtene Urteil des
Schleswig-Holsteinischen FG vom 12.10.2010 5 K 136/06 - zugestellt
am 21.10.2010 - aufzuheben,
|
|
2. den geänderten
Feststellungsbescheid 2003 des FA vom 17.1.2006 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 30.5.2006 dahingehend zu ändern,
dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb unter Anwendung von
§ 5a EStG von 3.877.811 EUR auf 20.158 EUR festgestellt werden
und somit der geänderte Feststellungsbescheid 2003 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung aufgehoben wird;
|
|
3. hilfsweise für den Fall der
Bejahung der Nichtanwendung von § 5a EStG als auch von §
16 EStG die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von
3.237.982 EUR festzustellen, da bislang keine
Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von 622.417 EUR im Wege
der Bilanzberichtigung festgestellt wurde, wobei die bislang nicht
berücksichtigte Sondervergütung an die V-KG
gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gegenzurechnen
und insoweit der geänderte Feststellungsbescheid 2003
aufzuheben ist.
|
|
|
13
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
14
|
B. Die Revision der Klägerin ist
begründet und führt zur Aufhebung des angegriffenen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz
1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Ergebnis zu Recht
sind FA und FG zwar davon ausgegangen, dass die Klägerin im
Streitjahr die Voraussetzungen für die Anwendung der
besonderen Gewinnermittlung nach § 5a EStG nicht erfüllte
(dazu B.I.). Zu Recht hat das FG bei der demnach nach § 4 Abs.
1, § 5 EStG vorzunehmenden Gewinnermittlung auch den Gewinn
der Klägerin aus der Veräußerung der MS
„A“ nicht als steuerbegünstigten
Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 EStG
behandelt (dazu B.II.). Auf der Grundlage der bisherigen
Feststellungen des FG kann der Senat jedoch nicht entscheiden, ob
bei der Feststellung des laufenden Gewinns eine
Gewerbesteuerrückstellung gewinnmindernd zu
berücksichtigen ist (dazu B.III.).
|
|
|
15
|
I. Im Ergebnis zu Recht sind FA und FG davon
ausgegangen, dass die Klägerin im Streitjahr 2003 die
Voraussetzungen für die Anwendung der besonderen
Gewinnermittlung nach § 5a EStG nicht erfüllte und ihr
Gewinn aus Gewerbebetrieb daher durch
Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG
zu ermitteln war. Denn der von ihr erzielte Gewinn entfiel nicht
auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr. Die
Klägerin hat im Streitjahr weder mit dem Einsatz der MS
„A“ ein Handelsschiff i.S. des § 5a EStG betrieben
(dazu B.I.1. bis B.I.5.), noch handelt es sich bei der im
Streitjahr erfolgten Veräußerung der MS „A“
um ein Hilfsgeschäft i.S. des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG zu
einem mit dem Einsatz der MS „B“ etwa erfolgten Betrieb
von Handelsschiffen (dazu B.I.6.).
|
|
|
16
|
1. Gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1
EStG ist bei einem Gewerbebetrieb mit Geschäftsleitung im
Inland der Gewinn, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im
internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag
des Steuerpflichtigen nach der in seinem Betrieb geführten
Tonnage zu ermitteln, wenn die Bereederung dieser Handelsschiffe im
Inland durchgeführt wird. Nach § 5a Abs. 4a Satz 1 EStG
tritt bei Gesellschaften i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG für die Zwecke des § 5a EStG an die Stelle des
Steuerpflichtigen die Gesellschaft. Als Gewinnermittlungsvorschrift
knüpft § 5a EStG an die Ermittlung des dem
Steuerrechtssubjekt zuzurechnenden Gewinns an, d.h. im Fall einer
Personengesellschaft an deren Gewinnermittlung und nicht, wie die
Klägerin offenbar meint, an die konsolidierte Ermittlung des
Gewinns für eine übergeordnete Gesellschaftsstruktur wie
etwa eine Gruppe von Schiffsgesellschaften, deren Schiffe eine
Flotte bilden.
|
|
|
17
|
2. Handelsschiffe werden nach der
Legaldefinition des § 5a Abs. 2 Satz 1 EStG im internationalen
Verkehr betrieben, wenn eigene oder gecharterte Seeschiffe, die im
Wirtschaftsjahr überwiegend in einem inländischen
Seeschiffsregister eingetragen sind, in diesem Wirtschaftsjahr
überwiegend zur Beförderung von Personen oder Gütern
im Verkehr mit oder zwischen ausländischen Häfen,
innerhalb eines ausländischen Hafens oder zwischen einem
ausländischen Hafen und der Hohen See eingesetzt werden.
|
|
|
18
|
3. § 5a EStG setzt die Absicht des
Steuerpflichtigen zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen
voraus. Die Vorschrift sieht zwar keine bestimmte Mindestzeit
für den Betrieb von Handelsschiffen vor. Aus dem Sinn und
Zweck der Regelung ergibt sich jedoch, dass nur der langfristig
angelegte Betrieb von Handelsschiffen begünstigt werden
soll.
|
|
|
19
|
a) Mit der Einführung des § 5a EStG
als Lenkungsnorm mit Subventionscharakter wollte der Gesetzgeber
den Schifffahrtsstandort Deutschland sichern und stärken. Die
in dieser Vorschrift vorgesehene pauschale Gewinnermittlung nach
der Tonnage bewirkt eine effektive Steuerentlastung der
Unternehmer, verlangt dafür aber, wie es bereits in der
Begründung des Gesetzentwurfs heißt, eine langfristige
Bindung des aktiven Schifffahrtsbetriebs an den Standort
Deutschland (vgl. BTDrucks 13/8023, S. 27, BTDrucks 13/10271, S.
7). Die demnach mit § 5a EStG bezweckte langfristige Bindung
des aktiven Schifffahrtsbetriebs zur Sicherung des
Schifffahrtstandorts Deutschland bildet die Rechtfertigung für
die in ihren Wirkungen grundsätzlich gleichheitswidrige
Steuerbegünstigung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH -
vom 19.7.2011 IV R 42/10, BFHE 234, 226, BStBl II 2011, 878 = SIS 11 28 15, unter B.II.3.b dd).
|
|
|
20
|
b) Die demnach vom Gesetzgeber gewollte und im
Hinblick auf die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der
Vorschrift auch erforderliche langfristige Bindung des
Schifffahrtsbetriebs an den Standort Deutschland kommt im Gesetz
selbst in der in § 5a Abs. 3 EStG enthaltenen Bindungsfrist
hinreichend zum Ausdruck. Danach hat der Steuerpflichtige zwar die
Wahl, ob er zur Gewinnermittlung nach der Tonnage optieren oder
seinen Gewinn aus dem Betrieb von Handelsschiffen nach § 4
Abs. 1, § 5 EStG ermitteln will. Er ist aber an seine
Entscheidung für einen Zeitraum von zehn Jahren gebunden. Der
Gesetzgeber geht also davon aus, dass ein Betrieb von
Handelsschiffen im internationalen Verkehr eine gewisse
Langfristigkeit erfordert. Begünstigt werden soll danach nur
der langfristig angelegte, nicht aber der lediglich
vorübergehende Betrieb von Handelsschiffen, der etwa erfolgt,
wenn eine Einschiffsgesellschaft ihr Schiff kurzfristig zur
Beförderung von Gütern oder Personen einsetzt, um es bis
zu seiner von vornherein beabsichtigten Veräußerung
wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen.
|
|
|
21
|
c) Für diese Auslegung des § 5a EStG
spricht auch § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG. Danach gehören zum
Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr auch die
unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung
zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte
einschließlich der Veräußerung der Handelsschiffe.
Wie sich bereits aus dem Wortlaut dieser Regelung ergibt,
gehört die Veräußerung nur dann zum Betrieb eines
Handelsschiffs, wenn dieser das Hauptgeschäft des
Steuerpflichtigen darstellt und es sich bei der
Veräußerung um ein Hilfsgeschäft zu diesem
Hauptgeschäft handelt.
|
|
|
22
|
4. Veräußert eine
Einschiffsgesellschaft ihr Schiff, so gibt sie damit zu erkennen,
dass sie das Schiff nicht (mehr) langfristig als Handelsschiff i.S.
des § 5a EStG einsetzen will.
|
|
|
23
|
a) Wird der schuldrechtliche Vertrag über
die Veräußerung schon innerhalb eines Jahres seit dem
Zeitpunkt geschlossen, zu dem erstmals alle übrigen
Voraussetzungen des § 5a EStG vorlagen (Jahresfrist), so
spricht nach Ansicht des Senats eine widerlegliche Vermutung
dafür, dass die Einschiffsgesellschaft schon zu Beginn der
Jahresfrist nicht die nach § 5a EStG zusätzlich
erforderliche Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen
hatte und der Einsatz des Schiffs daher nicht im Rahmen eines
Betriebs von Handelsschiffen i.S. des § 5a EStG erfolgte,
sondern um die Zeit bis zur von vornherein beabsichtigten
Veräußerung des Schiffs wirtschaftlich sinnvoll zu
nutzen. Die Veräußerung ist in diesem Fall kein
Hilfsgeschäft zum Einsatz als Hauptgeschäft, so dass eine
Ermittlung des Gewinns aus dem Betrieb des Schiffs
einschließlich seiner Veräußerung nach § 5a
EStG nicht in Betracht kommt.
|
|
|
24
|
Die Einschiffsgesellschaft kann diese
Vermutung durch den Nachweis widerlegen, dass sie zu Beginn der
Jahresfrist das Schiff noch in der Absicht eingesetzt hat,
langfristig Handelsschiffe i.S. des § 5a EStG zu betreiben,
und sie den Entschluss zur Veräußerung des Schiffs erst
später gefasst hat.
|
|
|
25
|
b) Veräußert die
Einschiffsgesellschaft ihr Schiff erst nach Ablauf der Jahresfrist,
wird widerlegbar vermutet, dass sie das Schiff zunächst in der
Absicht eingesetzt hat, langfristig Handelsschiffe i.S. des §
5a EStG zu betreiben, die Veräußerung also ein
Hilfsgeschäft i.S. des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG zum
Betrieb als Hauptgeschäft darstellt. In diesem Fall obliegt es
der Finanzbehörde, die Vermutung durch den Nachweis zu
widerlegen, dass die Veräußerung des Schiffs schon bei
Beginn der Jahresfrist beabsichtigt war.
|
|
|
26
|
c) Die unter B.I.4.a genannte Vermutungsregel
gilt allerdings nicht, wenn das Schiff bei Beginn der Jahresfrist
schon veräußert ist oder wenn bei Beginn dieser Frist
schon feststeht, dass das Schiff innerhalb der Frist
veräußert werden soll und es auch innerhalb der Frist
veräußert wird. In einem solchen Fall steht vielmehr
bereits unwiderlegbar fest, dass die Einschiffsgesellschaft schon
bei Beginn der Jahresfrist nicht die Absicht zum langfristigen
Betrieb von Handelsschiffen i.S. des § 5a EStG hatte und der
Einsatz des Schiffs daher nicht im Rahmen eines Betriebs von
Handelsschiffen i.S. des § 5a EStG erfolgte.
|
|
|
27
|
5. Ausgehend von diesen Grundsätzen sind
FA und FG im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die
Klägerin, eine Einschiffsgesellschaft, mit dem Einsatz der MS
„A“ im Streitjahr die Voraussetzungen des § 5a
EStG nicht erfüllt hat. Denn sie hat dieses Schiff bereits mit
Vertrag vom 26.9.2003 und damit noch vor Beginn der Jahresfrist
veräußert. Diese Frist begann im Streitfall
frühestens mit der Übernahme der MS „A“ von
der Werft am 6.10.2003. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin
den Vertrag über die Veräußerung der MS
„A“ aber bereits geschlossen. Damit steht unwiderlegbar
fest, dass der Einsatz der MS „A“ nicht in der Absicht
erfolgte, langfristig Handelsschiffe i.S. des § 5a EStG zu
betreiben. Dahinstehen kann daher, ob die Klägerin, wie sie
vorträgt, während des Einsatzes der MS „A“
tatsächlich Transportaufträge ausgeführt hat.
|
|
|
28
|
6. Die Klägerin hat im Streitjahr auch
nicht etwa deshalb die Voraussetzungen des § 5a EStG
erfüllt, weil sie nach den Feststellungen des FG den
Erlös aus der Veräußerung der MS „A“ im
Jahr 2005 teilweise für den Erwerb der MS „B“
verwendet hat. Denn die im Streitjahr erfolgte
Veräußerung der MS „A“ stellt kein
Hilfsgeschäft zu einem etwa mit dem Einsatz der MS
„B“ ab 2005 erfolgten Betrieb von Handelsschiffen i.S.
des § 5a EStG dar.
|
|
|
29
|
a) Wie bereits dargelegt, gehören zum
Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr nach §
5a Abs. 2 Satz 2 EStG u.a. auch die unmittelbar mit ihrem Einsatz
oder ihrer Vercharterung zusammenhängenden Neben- und
Hilfsgeschäfte einschließlich der
Veräußerung.
|
|
|
30
|
Nebengeschäfte sind dabei solche
Geschäfte, die nicht den eigentlichen Zweck der
unternehmerischen Betätigung ausmachen und sich auch nicht
notwendig aus dem eigentlichen Geschäftsbetrieb ergeben, aber
in seiner Folge vorkommen und nebenbei mit erledigt werden.
Hilfsgeschäfte sind solche Geschäfte, die der
Geschäftsbetrieb üblicherweise mit sich bringt und die
die Aufnahme, Fortführung und Abwicklung der
Haupttätigkeit erst ermöglichen. Während
Nebengeschäfte regelmäßig bei Gelegenheit des
Hauptgeschäfts, also zeitlich neben diesem vorkommen, ist es
für Hilfsgeschäfte, die in einer funktionalen Beziehung
zum Hauptgeschäft stehen, typisch, dass sie dem
Hauptgeschäft auch zeitlich vor- oder nachgehen können
(vgl. BFH-Urteil vom 24.11.1983 IV R 74/80, BFHE 139, 569, BStBl II
1984, 155 = SIS 84 04 30, zu § 34c Abs. 4 EStG a.F.).
|
|
|
31
|
Die Veräußerung eines Schiffs
betrifft üblicherweise die Beendigung seines Einsatzes im
Betrieb des Steuerpflichtigen. Sie erfolgt regelmäßig
als letzter Akt im Anschluss an den Einsatz oder die Vercharterung
des Schiffs. Ein Schiff zu erwerben und zu veräußern, um
aus seinem Veräußerungserlös erst das Schiff zu
erwerben, mit dem der Betrieb von Handelsschiffen im
internationalen Verkehr erfolgen soll, ist für einen solchen
Geschäftsbetrieb nicht üblich. Eine entsprechende
Veräußerung stellt daher kein Hilfsgeschäft i.S.
des § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG dar.
|
|
|
32
|
b) Danach ist die Veräußerung der
MS „A“ im Streitjahr kein Hilfsgeschäft zu einem
etwa mit dem Einsatz der MS „B“ ab 2005 erfolgten
Betrieb von Handelsschiffen i.S. des § 5a EStG. Die
Klägerin hat frühestens durch den Einsatz der MS
„B“ ein Handelsschiff i.S. des § 5a EStG
betrieben. Dass sie den Erwerb dieses Schiffs teilweise aus dem
Erlös der Veräußerung der MS „A“
finanziert hat, reicht nicht aus, um die Veräußerung der
MS „A“ als Hilfsgeschäft i.S. des § 5a Abs. 2
Satz 2 EStG zu qualifizieren.
|
|
|
33
|
c) Eine andere Auslegung des § 5a Abs. 2
Satz 2 EStG ist nicht etwa deshalb geboten, weil für die
Klägerin, die ihren Gewinn im Streitjahr demnach nach § 4
Abs. 1, § 5 EStG zu ermitteln hatte, keine Möglichkeit
zur Übertragung des Gewinns aus der Veräußerung der
MS „A“ auf die Anschaffungskosten der MS
„B“ nach § 6b EStG bestand. Anders als die
Klägerin in der mündlichen Verhandlung
geäußert hat, wurden Schiffe durch das
Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24.3.1999
(BGBl I 1999, 402) nicht etwa deshalb mit Wirkung ab dem 1.1.1999
aus dem Katalog der nach § 6b EStG begünstigten
Wirtschaftsgüter herausgenommen, weil zum gleichen Zeitpunkt
die durch das Seeschiffahrtsanpassungsgesetz (SchAnpG) vom 9.9.1998
(BGBl I 1998, 2860) in das EStG eingefügte Regelung des §
5a EStG in Kraft trat. Dies ergibt sich schon daraus, dass der
Begünstigungsausschluss sämtliche Schiffe und nicht nur
Handelsschiffe i.S. des § 5a EStG betraf. Zudem enthielt
§ 5a EStG i.d.F. des SchAnpG in seinem Abs. 4 Satz 3 Buchst. b
Halbsatz 2 zunächst eine sinngemäße Anwendung des
§ 6b EStG im Rahmen der Gewinnermittlung nach der Tonnage, die
erst durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22.12.1999 (BGBl I
1999, 2601) mit Wirkung für nach dem 31.12.1999 endende
Wirtschaftsjahre gestrichen wurde. Der Gesetzgeber begründete
diese Änderung des § 5a EStG damit, dass es sich um eine
Folgeänderung zur Änderung des § 6b EStG durch Art.
1 Nr. 9 StEntlG 1999/2000/2002 handele (BRDrucks 475/99, S. 57 f.).
Mit der Herausnahme der Schiffe aus dem Katalog der nach § 6b
EStG begünstigten Wirtschaftsgüter wollte der Gesetzgeber
also unabhängig von der Einführung der Gewinnermittlung
nach der Tonnage nach § 5a EStG die Übertragung des
Gewinns aus der Veräußerung von Schiffen insgesamt
abschaffen.
|
|
|
34
|
II. Zu Recht hat das FG es abgelehnt, bei der
demnach nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG vorzunehmenden
Gewinnermittlung der gewerblichen Einkünfte der Klägerin
den Gewinn aus der Veräußerung der MS
„A“ als steuerbegünstigten
Veräußerungsgewinn nach §§ 16, 34 EStG zu
behandeln.
|
|
|
35
|
Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Satz 1 i.V.m. § 34 EStG sind Gewinne aus der
Veräußerung des ganzen Gewerbebetriebs oder eines
Teilbetriebs ermäßigt zu besteuern.
|
|
|
36
|
1. Eine Veräußerung des ganzen
Gewerbebetriebs setzt voraus, dass alle wesentlichen
Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf den Erwerber
übertragen werden und gleichzeitig die bisher in dem Betrieb
entfaltete gewerbliche Tätigkeit endet (z.B. BFH-Urteil vom
17.7.2008 X R 40/07, BFHE 222, 433, BStBl II 2009, 43 = SIS 08 40 94, unter II.2.). Danach liegt hier keine
Betriebsveräußerung vor. Nach den nicht mit
durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen und daher den
Senat bindenden Feststellungen des FG hat die Klägerin ihre
gewerbliche Tätigkeit mit der Veräußerung der MS
„A“ nicht beendet. Vielmehr war ihre
Tätigkeit nach der Veräußerung dieses Schiffs auf
den Erwerb und den Betrieb eines neuen Seeschiffs gerichtet. Die
Klägerin hat dem entsprechend in 2005 die MS
„B“ erworben.
|
|
|
37
|
2. Die Veräußerung der MS
„A“ ist auch nicht als Veräußerung
eines Teilbetriebs i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1
EStG anzusehen. Denn ein Teilbetrieb setzt u.a. voraus, dass es
neben diesem noch mindestens einen weiteren Teilbetrieb im Rahmen
des Gesamtbetriebs gibt (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2005 X R 17/03,
BFH/NV 2006, 532 = SIS 06 11 73). Daran fehlt es im Streitfall,
denn das im Streitjahr von der Klägerin mit der MS
„A“ als einzigem Seeschiff betriebene
Unternehmen bestand nicht aus mehreren Teilbetrieben.
|
|
|
38
|
III. Auf der Grundlage der bisherigen
Feststellungen des FG kann der Senat jedoch nicht entscheiden, ob
und ggf. in welcher Höhe bei der Feststellung der laufenden
Einkünfte der Klägerin eine
Gewerbesteuerrückstellung gewinnmindernd zu
berücksichtigen ist.
|
|
|
39
|
1. Nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz
1 EStG hat der Steuerpflichtige - hier die Klägerin - in
seinen Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den
handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung (GoB) auszuweisen ist.
|
|
|
40
|
a) Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich
insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten
Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der
§§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Gemäß
§ 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 HGB sind Rückstellungen
für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Für nicht vom
Abzug als Betriebsausgabe ausgeschlossene Ertragsteuern sind
steuerbilanziell Rückstellungen zu bilden, wenn die Steuern
nach steuerrechtlichen Vorschriften bis zum Ende des
Geschäftsjahrs entstanden sind.
|
|
|
41
|
b) Für die Besteuerung ist die objektive
Rechtslage maßgebend. Entsprechen Bilanzansätze objektiv
nicht den jeweils maßgebenden Vorschriften, ist das Finanzamt
- und ggf. das FG - unabhängig von einem Recht oder einer
Pflicht des Steuerpflichtigen zur Berichtigung der Bilanz
gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG zu einer
eigenständigen Gewinnermittlung berechtigt und verpflichtet.
Die Verpflichtung des Finanzamts, die Gewinnermittlung des
Steuerpflichtigen ausschließlich auf der Grundlage des
für den Bilanzstichtag objektiv geltenden Rechts ohne
Rücksicht auf Rechtsansichten des Steuerpflichtigen zu
prüfen und ggf. zu korrigieren, besteht unabhängig davon,
ob sich die unzutreffende Rechtsansicht des Steuerpflichtigen zu
seinen Gunsten oder zu seinen Lasten ausgewirkt hat (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 31.1.2013 GrS 1/10, BFHE 240, 162,
BStBl II 2013, 317 = SIS 13 08 30).
|
|
|
42
|
c) Ausgehend von diesen Grundsätzen steht
der gewinnmindernden Berücksichtigung der von der
Klägerin begehrten Gewerbesteuerrückstellung nicht
entgegen, dass sie bei Aufstellung ihrer Bilanz für das
Streitjahr davon ausging, ihr Gewinn sei nach § 5a EStG zu
ermitteln und ihr (danach ermittelter) Gewerbeertrag führe
nicht zur Festsetzung einer Gewerbesteuer, weshalb auch keine
Gewerbesteuerrückstellung zu bilden sei. Da für die
Frage, ob eine Gewerbesteuerrückstellung zu bilden ist, nach
den insoweit maßgeblichen Verhältnissen am
Bilanzstichtag davon auszugehen ist, dass eine entstandene
Gewerbesteuer auch erhoben wird und die Inanspruchnahme des
Steuerpflichtigen deshalb erwartet werden muss, kommt es nicht
darauf an, ob, wie im Streitfall das FA vorträgt, später
keine Gewerbesteuer festgesetzt wurde und wegen zwischenzeitlich
eingetretener Festsetzungsverjährung auch nicht mehr
festgesetzt werden kann.
|
|
|
43
|
2. Der Senat kann aufgrund der bisherigen
Feststellungen des FG nicht entscheiden, ob und ggf. in welcher
Höhe Gewerbesteuer entstanden war.
|
|
|
44
|
a) Nach § 2 Abs. 1 des
Gewerbesteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung
(GewStG) unterliegt der Gewerbesteuer (nur) der stehende
Gewerbebetrieb. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter §
2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe beginnt deshalb erst,
wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs
erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2
EStG) und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist.
Während die Einkommensteuer als Personensteuer sämtliche
betrieblichen Vorgänge beginnend mit der ersten
Vorbereitungshandlung zur Eröffnung eines Betriebs erfasst,
ist Gegenstand der Gewerbesteuer nur der auf den laufenden Betrieb
entfallende, durch eigene gewerbliche Leistungen entstandene
Gewinn. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Gewerbesteuer als einer
auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer
(ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 30.8.2012 IV R
54/10, BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927 = SIS 12 27 94).
|
|
|
45
|
Maßgebend für den Beginn des
Gewerbebetriebs i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG ist der Beginn der
werbenden Tätigkeit. Entscheidend ist, wann die
Voraussetzungen für die erforderliche Beteiligung am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tatsächlich erfüllt
sind, so dass das Unternehmen sich daran mit eigenen gewerblichen
Leistungen beteiligen kann. Der Zeitpunkt des Beginns der werbenden
Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der
Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des
Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen
Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein (ständige
Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 238, 198, BStBl II 2012,
927 = SIS 12 27 94). Diese Rechtsgrundsätze gelten
gleichermaßen für Einzelgewerbetreibende wie für
Personengesellschaften, und zwar unabhängig von der Rechtsform
ihrer Gesellschafter (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil
in BFHE 238, 198, BStBl II 2012, 927 = SIS 12 27 94).
|
|
|
46
|
b) Das angegriffene Urteil enthält keine
Ausführungen zu der Frage, ob und ggf. in welchem Umfang bei
der Feststellung der laufenden Einkünfte der Klägerin
eine Gewerbesteuerrückstellung gewinnmindernd zu
berücksichtigen ist. Die bisherigen Feststellungen des FG
reichen auch nicht aus, um diese Frage zu entscheiden. Insbesondere
kann auf der bisherigen Tatsachengrundlage nicht entschieden
werden, ob und ggf. durch welche Tätigkeit die Klägerin
im Streitjahr 2003 gewerbesteuerpflichtig war. Durch die Aufhebung
des angegriffenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache
erhält das FG daher Gelegenheit, die erforderlichen
Feststellungen nachzuholen.
|
|
|
47
|
IV. Ist das angegriffene Urteil danach
aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, kommt es
auf die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen nicht
mehr an.
|