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Freigebige Zuwendung an Neugesellschafter bei Kapitalerhöhung einer GmbH, Anwendbarkeit des § 13 a ErbStG in einem solchen Fall

Freigebige Zuwendung an Neugesellschafter bei Kapitalerhöhung einer GmbH, Anwendbarkeit des § 13 a ErbStG in einem solchen Fall: 1. Wird im Zuge einer Kapitalerhöhung einer GmbH ein Dritter zur Übernahme des neuen Gesellschaftsanteils zugelassen, kann eine freigebige Zuwendung der Altgesellschafter an den Dritten vorliegen, wenn der gemeine Wert des Anteils die zu leistende Einlage übersteigt. Eine freigebige Zuwendung der Gesellschafter von Altgesellschaftern an den Dritten kommt nicht in Betracht. - 2. Auf den Erwerb des neuen Anteils können die Steuervergünstigungen des § 13 a ErbStG anwendbar sein. - Urt.; BFH 27.8.2014, II R 43/12; SIS 14 29 69

Kapitel:
Privatbereich > Erbschaft- und Schenkungsteuer
Fundstellen
  1. BFH 27.08.2014, II R 43/12
    BStBl 2015 II S. 241
    DStR 2014 S. 2282
    BFH/NV 2015 S. 106
    BFHE 246 S. 506

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 18.2.2015
    rh in UVR 2/2015 S. 42
    A.P. in BFH/PR 2/2015 S. 61
Normen
[ErbStG a.F.] § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 5 Nr. 3, § 10 Abs. 6 Satz 5, § 13 a
[BewG] § 9, § 11 Abs. 2 Satz 2
[AO 1977] § 174 Abs. 3, § 176 Abs. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 26.07.2012, SIS 12 29 09, Schenkungsteuer, Bereicherung, Kapitalerhöhung, Änderung, widerstreitende Steuerfestsetzung
Zitiert in... / geändert durch...
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  • BFH 13.9.2017, SIS 17 24 65, Schenkungsteuer bei Zahlung eines überhöhten Entgelts durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahesteh...
  • BFH 17.5.2017, SIS 17 22 12, Bescheidkorrektur bei Nichtberücksichtigung einer Umsatzsteuervorauszahlung als Betriebsausgabe im Jahr i...
  • BFH 1.9.2016, SIS 16 22 87, Verbilligte Überlassung von GmbH-Anteilen als Arbeitslohn: 1. Der verbilligte Erwerb einer GmbH-Beteiligu...
  • BFH 29.6.2016, SIS 16 17 67, Freigebige Zuwendung bei der Übertragung eines Einzelkontos zwischen Eheleuten: 1. Ein Einzelkonto/-depot...
  • OFD Nordrhein-Westfalen 19.1.2016, SIS 16 05 41, Verdeckte Gewinnausschüttung, Schenkung: Eine Kurzinformation der OFD Nordrhein-Westfalen äußert sich zur...
  • FG des Landes Sachsen-Anhalt 20.10.2015, SIS 15 26 76, Keine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO gegenüber einem erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist Beigeladenen, ...
  • BFH 23.6.2015, SIS 15 20 52, Zuwendender bei Vollzug eines formunwirksamen Schenkungsversprechens eines Erblassers: Hat ein Erblasser ...
  • FG Baden-Württemberg 22.4.2015, SIS 15 17 30, Erbschaftsteuer, Besteuerung der Leistung einer Stiftung Schweizerischen Rechts, Besteuerung kein Verstoß...
  • BFH 4.3.2015, SIS 15 11 04, Steuerschuldner in den Fällen des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG: Vereinbaren die Gesellschafter einer GmbH, da...
  • BFH 4.3.2015, SIS 15 13 51, Gewährung eines zinslosen Darlehens als freigebige Zuwendung i.S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG: 1. Gegensta...
  • FG Hamburg 20.1.2015, SIS 15 09 89, Erbschaftsteuer, Anteilsbewertung, latente Ertragsteuern im Substanzwert oder Liquidationswert: 1. Der am...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, wurde am 5.2.1998 durch ihre Alleingesellschafterin, die in Luxemburg ansässige H, gegründet und am 18.5.1998 in das Handelsregister (HR) eingetragen. Alleinige Gesellschafterin der H war eine rechtsfähige liechtensteinische Stiftung (Stiftung). Begünstigte der Stiftung waren Mitglieder der Familie F.

 

 

2

An der ebenfalls in Deutschland ansässigen ... GmbH (GmbH 2) waren zunächst je zur Hälfte zwei in Liechtenstein ansässige Unternehmen beteiligt, nämlich die AG ... (A) und die C. Die Gesellschafterversammlung der GmbH 2 beschloss am 5.2.1998, das Stammkapital von bisher 15 Mio. DM um 22,5 Mio. DM zu erhöhen. Die unter Ausschluss der bisherigen Gesellschafter zur Übernahme der neuen Stammeinlage zugelassene Klägerin erbrachte diese Stammeinlage und das festgelegte Aufgeld von 7,5 Mio. DM in bar. Diesen Maßnahmen lag die zwischen A, C und H getroffene Kapitalerhöhungs- und Optionsvereinbarung vom 3.2.1998 zugrunde. Danach sollte die Kapitalerhöhung im Zuge weitreichender Investitionen erfolgen. A und C erklärten in der Vereinbarung, sie seien nicht bereit, sich an der Finanzierung weiterer Investitionen bei der GmbH 2 zu beteiligen.

 

 

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erlangte von diesem Sachverhalt im Jahr 2002 Kenntnis. Da der von der Klägerin aufzubringende Betrag von 30 Mio. DM um 15.675.000 DM niedriger war als der vom FA nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert des nach der Kapitalerhöhung auf die Klägerin entfallenden Geschäftsanteils, nahm das FA an, es lägen freigebige Zuwendungen der A und der C an die Klägerin vor, und forderte die Klägerin deshalb mit Schreiben vom 22.8.2002 zur Abgabe einer entsprechenden Schenkungsteuererklärung auf. In der Folgezeit kam es zu einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen dem FA und der Klägerin. Es ging dabei u.a. um die Frage, wer schenkungsteuerrechtlich als Beschenkter in Betracht kommt. Schließlich einigten sich das FA und die Klägerin für den Fall, dass durch die Kapitalerhöhung Schenkungsteuer entstanden ist, am 20.1.2004 dahingehend, dass als Schenker A und C und als Beschenkte die Begünstigten der Stiftung in Betracht kommen.

 

 

4

Das FA erließ daraufhin gegen eine Begünstigte (B) der Stiftung einen Schenkungsteuerbescheid für ihren Erwerb aus der von ihm angenommenen Schenkung der A vom 5.2.1998. Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA den Bewertungsabschlag von 40 % gemäß § 13a Abs. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 1998 geltenden Fassung (ErbStG) berücksichtigte. Auch gegen die übrigen Begünstigten der Stiftung setzte das FA Schenkungsteuer fest. Über die dagegen eingelegten Einsprüche wurde zunächst nicht entschieden.

 

 

5

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage der B statt. Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die dagegen vom FA eingelegte Revision durch den als Urteil wirkenden Gerichtsbescheid vom 9.7.2009 II R 47/07 (BFHE 226, 399, BStBl II 2010, 74 = SIS 09 36 85) als unbegründet zurück, da keine freigebige Zuwendung der A an B vorliege. B habe aufgrund der getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarungen weder ein anteiliges Bezugsrecht noch einen Anteil an dem neuen Geschäftsanteil an der GmbH 2 erhalten. Es habe sich vielmehr allenfalls der Wert ihrer Begünstigung durch die Stiftung erhöht. Dieser lediglich wirtschaftliche Vorteil sei nicht Gegenstand einer Vermögensverschiebung von A auf B gewesen und sei vom FA auch nicht der Besteuerung unterworfen worden. Der Gerichtsbescheid wurde dem FA am 12.10.2009 zugestellt. Das FA hob daraufhin durch Bescheide vom 13.11.2009 die gegenüber den anderen Begünstigten der Stiftung ergangenen Schenkungsteuerbescheide im Rahmen der laufenden Einspruchsverfahren auf.

 

 

6

Das FA setzte nunmehr durch Bescheide vom 9.11.2009 gegen die Klägerin wegen freigebiger Zuwendungen der A und der C Schenkungsteuer in Höhe von jeweils 2.739.625 DM (1.400.748 EUR) fest. Das FA ging dabei auf der Grundlage des nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Werts des neuen Geschäftsanteils von 45.675.000 DM und des von der Klägerin gezahlten Betrags von 30 Mio. DM von einem Wert der Bereicherung von jeweils 7.837.500 DM und einem steuerpflichtigen Erwerb von je 7.827.500 DM aus. Den Bewertungsabschlag gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG berücksichtigte es nicht.

 

 

7

Gegen die Festsetzung von Schenkungsteuer für die vom FA angenommene Zuwendung der A erhob die Klägerin Sprungklage, der das FA zugestimmt hat.

 

 

8

Das FG wies die Klage durch das in EFG 2012, 2136 = SIS 12 29 09 veröffentlichte Urteil mit der Begründung ab, es lägen Schenkungen der A und der C an die Klägerin vor. Die Klägerin habe mit der Eintragung der Kapitalerhöhung bei der GmbH 2 in das HR einen Geschäftsanteil an dieser GmbH in Höhe von nominal 22.500.000 DM originär erworben. Der nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert dieses Geschäftsanteils von 45.675.000 DM übersteige die von der Klägerin erbrachte Gegenleistung von 30 Mio. DM um 15.675.000 DM. Um diese Differenz sei die Klägerin bereichert. Die Entstehung des neuen Geschäftsanteils in der Hand der Klägerin sei mit einer Entreicherung von A und C einhergegangen. Diese seien nach der Kapitalerhöhung nur noch zu je 20 % an der GmbH 2 beteiligt gewesen. Ihre Anteile an der GmbH 2 hätten ferner dadurch eine Wertminderung erfahren, dass der neue Geschäftsanteil der Klägerin proportional am bisherigen Vermögen der GmbH 2 teilhabe, ohne dass dies durch ebenfalls proportionale Anteile der bisherigen Gesellschafter an der von der Klägerin geleisteten Einlage von 30 Mio. DM ausgeglichen worden sei. Die Bereicherung der Klägerin sei zur Hälfte auf Kosten der A erfolgt. Der Bereicherung der Klägerin stehe nicht entgegen, dass diese erst zwei Tage nach Abschluss der vertraglichen Vereinbarungen vom 3.2.1998 gegründet worden sei. Auch die subjektiven Voraussetzungen für eine freigebige Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG seien erfüllt. Der Wille zur (Teil-)Unentgeltlichkeit sei bei A gegeben gewesen. Es könne davon ausgegangen werden, dass Leistung und Gegenleistung bei der Übernahme des neuen Geschäftsanteils durch die Klägerin nicht nach kaufmännischen Grundsätzen wie zwischen fremden Dritten ermittelt und verhandelt worden seien. A und die Klägerin seien zwar unterschiedliche Rechtssubjekte. Aufgrund der Beteiligungsstrukturen seien sie jedoch im Ergebnis im Einflussbereich derselben natürlichen Personen (Mitglieder der Familie F) gestanden. Dies spreche für eine gewisse wirtschaftliche Interessensgleichheit und nicht für Geschäftsbeziehungen wie unter fremden Dritten. Aufgrund der erheblichen Wertdifferenz in Höhe von insgesamt 15.675.000 DM sei anzunehmen, dass den Altgesellschaftern das dadurch begründete Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bekannt gewesen sei. Der Steuerfestsetzung hätten auch Festsetzungsverjährung und § 176 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) nicht entgegengestanden.

 

 

9

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 13a ErbStG sowie von § 174 Abs. 3 und § 176 Abs. 2 AO. Der Steuerfestsetzung hätten Festsetzungsverjährung und die in § 176 Abs. 2 AO getroffenen Regelungen über den Vertrauensschutz entgegengestanden. Das FG sei darüber hinaus hinsichtlich des objektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung zu Unrecht von dem nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Unternehmenswert der GmbH 2 von 76.125.000 DM ausgegangen. Der insoweit maßgebende Verkehrswert der GmbH 2 habe zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung unter Berücksichtigung der durch die Kapitalzuführung ermöglichten Erweiterungsinvestitionen 34,6 Mio. DM bis 52,5 Mio. DM und ohne deren Berücksichtigung lediglich zwischen 200.000 DM und 14,4 Mio. DM betragen. Ohne die Kapitalerhöhung hätten die für die Fortführung des Unternehmens zwingend erforderlichen Erweiterungsinvestitionen nicht durchgeführt werden können. Da die GmbH 2 ohne die Kapitalzuführung nicht überlebensfähig gewesen sei, sei sie, die Klägerin, auch nicht auf Kosten der A bereichert worden. Zudem könnten Kapitalgesellschaften nicht Zuwendende i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein. Jedenfalls könnten Zuwendungen von Kapitalgesellschaften, die als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an nahestehende Personen anzusehen seien, nicht der Schenkungsteuer unterliegen. Davon abgesehen habe es bei A am Willen zur Freigebigkeit gefehlt. Zudem seien die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG zu Unrecht nicht gewährt worden.

 

 

10

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und den Schenkungsteuerbescheid vom 9.11.2009 aufzuheben.

 

 

11

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

12

Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 23.8.2013 gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Beitritt zum Verfahren erklärt. Nach seiner Ansicht ist der angefochtene Bescheid sowohl verfahrens- als auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

 

 

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Steuerfestsetzung weder Festsetzungsverjährung noch § 176 Abs. 2 AO oder sonstige verfahrensrechtliche Gründe entgegenstehen und dass A als Zuwendende und die Klägerin als Bedachte einer freigebigen Zuwendung in Betracht kommen. Es hat aber zu Unrecht angenommen, dass das Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestands einer freigebigen Zuwendung unter Lebenden auf der Grundlage des nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Unternehmenswerts festgestellt werden kann. Maßgebend ist insoweit vielmehr eine Bewertung nach zivilrechtlichen Grundsätzen. Zudem hat das FG übersehen, dass möglicherweise die Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG zu gewähren sind.

 

 

14

1. Der Steuerbescheid vom 9.11.2009 durfte ergehen, obwohl bei seinem Erlass die regelmäßige Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) bereits abgelaufen war. Dies ergibt sich aus § 174 Abs. 3 AO. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt.

 

 

15

a) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden.

 

 

16

aa) Die Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird, und erfordert deshalb einen „negativen Widerstreit“. Dieser liegt vor, wenn ein bestimmter Sachverhalt in keinem von mehreren in Betracht zu ziehenden Steuerbescheiden (Feststellungsbescheiden) berücksichtigt worden ist, obwohl er in einem dieser Bescheide hätte berücksichtigt werden müssen (BFH-Urteile vom 14.1.2010 IV R 33/07, BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 = SIS 10 06 76, Rz 22, und vom 14.1.2010 IV R 55/07, BFH/NV 2010, 1075 = SIS 10 15 10, Rz 16, jeweils m.w.N.). § 174 Abs. 3 AO ist auch dann anwendbar, wenn aufgrund der fehlerhaften Annahme des Finanzamts zunächst ein rechtswidriger Steuerbescheid ergangen und dieser im Rechtsbehelfsverfahren wieder aufgehoben oder geändert worden war (BFH-Urteil vom 28.11.1989 VIII R 83/86, BFHE 159, 418, BStBl II 1990, 458 = SIS 90 10 51). Der auf § 174 Abs. 3 AO gestützte Bescheid kann dabei bereits vor der bestandskräftigen Aufhebung des als fehlerhaft erkannten Bescheids erlassen werden (BFH-Urteil vom 5.11.2009 IV R 99/06, BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 = SIS 10 06 53, Rz 31).

 

 

17

bb) Der Sachverhalt, der in dem einen oder dem anderen Steuerbescheid berücksichtigt werden muss, muss identisch sein. Das Tatbestandsmerkmal des bestimmten Sachverhalts ist in § 174 AO einheitlich auszulegen; deshalb können für § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die für § 174 Abs. 4 Satz 1 AO in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätze herangezogen werden (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 = SIS 10 06 76, Rz 23, und in BFH/NV 2010, 1075 = SIS 10 15 10, Rz 17, jeweils m.w.N.).

 

 

18

Danach ist unter einem bestimmten Sachverhalt der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 = SIS 10 06 76, Rz 23; in BFH/NV 2010, 1075 = SIS 10 15 10, Rz 17; vom 16.4.2013 IX R 22/11, BFHE 241, 136 = SIS 13 18 32, Rz 13, und vom 24.4.2013 II R 53/10, BFHE 241, 63, BStBl II 2013, 755 = SIS 13 18 01, Rz 21, jeweils m.w.N.). Es muss sich um denselben Lebensvorgang handeln, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 = SIS 10 06 76, Rz 23, und in BFH/NV 2010, 1075 = SIS 10 15 10, Rz 17, jeweils m.w.N.). Für die Anwendung des § 174 Abs. 3 AO ist entscheidend, dass aus demselben - unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten - Sachverhalt steuerliche Folgerungen in einem anderen Steuerbescheid hätten gezogen werden sollen (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 = SIS 10 06 76, Rz 23, und in BFH/NV 2010, 1075 = SIS 10 15 10, Rz 17).

 

 

19

cc) Die (erkennbare) Annahme, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, muss - in sinnvoller Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 174 Abs. 3 AO - für dessen Nichtberücksichtigung kausal geworden sein. Dabei ist jedoch unerheblich, ob diese Annahme auf einer sachlichen oder einer rechtlichen Fehlbeurteilung beruht (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 = SIS 10 06 76, Rz 24, und in BFH/NV 2010, 1075 = SIS 10 15 10, Rz 18, jeweils m.w.N.). An der Ursächlichkeit der Annahme für die Nichtberücksichtigung fehlt es nur, wenn die Behörde von diesem Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder rechtsirrtümlich annahm, dieser Sachverhalt sei - jetzt und auch später - ohne steuerrechtliche Bedeutung (BFH-Urteile in BFHE 228, 122, BStBl II 2010, 586 = SIS 10 06 76, Rz 24, und in BFH/NV 2010, 1075 = SIS 10 15 10, Rz 18, jeweils m.w.N.).

 

 

20

dd) § 174 Abs. 3 AO gestattet auch die Änderung des Steuerbescheids eines Steuerpflichtigen, wenn der zuerst erlassene oder beabsichtigte Steuerbescheid einen anderen Steuerpflichtigen betraf oder betreffen sollte (BFH-Urteile vom 21.2.1989 IX R 67/84, BFH/NV 1989, 687, und vom 29.10.1991 VIII R 2/86, BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832 = SIS 92 13 33). Die fehlerhafte Annahme des Finanzamts muss in diesem Fall für den Steuerpflichtigen erkennbar gewesen sein, gegen den der auf § 174 Abs. 3 AO gestützte Steuerbescheid ergeht (BFH-Urteile in BFH/NV 1989, 687, und in BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832 = SIS 92 13 33). Es ist nicht erforderlich, dass dieser Steuerpflichtige zu dem Einspruchs- oder Klageverfahren des anderen Steuerpflichtigen hinzugezogen oder beigeladen worden war. § 174 Abs. 3 AO unterscheidet sich dadurch von den Fällen des § 174 Abs. 4 und 5 AO (BFH-Urteile vom 1.8.1984 V R 67/82, BFHE 141, 490, BStBl II 1984, 788 = SIS 84 21 38, und in BFH/NV 1989, 687). Gleiches gilt, wenn es nicht um die Änderung, sondern um die von § 174 Abs. 3 AO ebenfalls zugelassene Nachholung einer Steuerfestsetzung gegenüber einem Dritten, also eine erstmalige Steuerfestsetzung diesem gegenüber geht.

 

 

21

ee) Die Nichtberücksichtigung ist i.S. des § 174 Abs. 3 AO erkennbar, wenn der Steuerpflichtige, gegen den der auf § 174 Abs. 3 AO gestützte Steuerbescheid ergeht, bei verständiger Würdigung erkennen musste, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid nicht berücksichtigt wurde, weil das Finanzamt annahm, der Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen (BFH-Urteil in BFHE 167, 316, BStBl II 1992, 832 = SIS 92 13 33). Es reicht dabei aus, wenn die Annahme des Finanzamts für den Steuerpflichtigen aus dem gesamten Sachverhaltsablauf erkennbar war (BFH-Urteil in BFHE 159, 418, BStBl II 1990, 458 = SIS 90 10 51).

 

 

22

Erkennbarkeit liegt insbesondere vor, wenn der Steuerpflichtige durch sein eigenes Verhalten das Finanzamt veranlasst hat, einen Sachverhalt nicht bei ihm, sondern bei einem anderen zu erfassen. Bei der Frage der Erkennbarkeit muss sich der Steuerpflichtige zudem das Handeln seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen (BFH-Urteile in BFH/NV 1989, 687, und in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 = SIS 10 06 53, Rz 28).

 

 

23

ff) Sind die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO erfüllt, ist die Nachholung, Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung nach § 174 Abs. 3 Satz 2 AO bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist zulässig. Maßgebend ist somit die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung, die das Finanzamt zuerst vornehmen wollte oder vorgenommen hat, nicht aber die Festsetzungsfrist für den auf § 174 Abs. 3 AO gestützten neuen Bescheid (Urteil des FG Düsseldorf vom 26.10.2006 11 K 3205/05 G, F, EFG 2007, 318 = SIS 07 18 31, unter 2.c, durch den BFH inzident gebilligt in dem dazu ergangenen Revisionsurteil in BFHE 228, 98, BStBl II 2010, 593 = SIS 10 06 53, Rz 20 ff., 61).

 

 

24

b) Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO sind danach im Streitfall erfüllt. Die Annahme des FA, im Zusammenhang mit dem Erwerb des Anteils an der GmbH 2 durch die Klägerin im Rahmen der Kapitalerhöhung lägen freigebige Zuwendungen an die Begünstigten der Stiftung vor, hat sich aufgrund des BFH-Urteils in BFHE 226, 399, BStBl II 2010, 74 = SIS 09 36 85 als unrichtig herausgestellt. Für die Klägerin war erkennbar, dass das FA aufgrund dieser Annahme ihr gegenüber keine Schenkungsteuer festgesetzt hatte. Das FA hatte zunächst die Klägerin als Bedachte angesehen und sie deshalb zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung aufgefordert. Erst nach einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen der Klägerin und dem FA hatten sich diese dahingehend geeinigt, dass als Schenker A und C und als Bedachte die Begünstigten der Stiftung und nicht die Klägerin in Betracht kommen. Für die Klägerin war somit erkennbar, dass das FA entgegen seiner ursprünglichen Ansicht die Schenkungsteuer nicht ihr gegenüber, sondern gegenüber den Begünstigten der Stiftung festsetzte. Dies genügt für die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO.

 

 

25

Die für die Schenkungsteuer gegenüber den Begünstigten der Stiftung laufende Festsetzungsfrist war gemäß § 171 Abs. 3a Satz 1 AO beim Erlass des Steuerbescheids vom 9.11.2009 noch nicht abgelaufen, da zu diesem Zeitpunkt über die Klage bzw. die Einsprüche der Begünstigten der Stiftung gegen die ihnen gegenüber ergangenen Schenkungsteuerbescheide noch nicht unanfechtbar entschieden war. Der durch Art. 17 Nr. 9 Buchst. b des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601) eingefügte § 171 Abs. 3a Satz 1 AO gilt nach Art. 97 § 10 Abs. 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (Art. 18 Nr. 3 Buchst. b StBereinG 1999) für alle bei Inkrafttreten des StBereinG 1999 (Art. 28 Abs. 2 StBereinG 1999: 30.12.1999) noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen (vgl. BFH-Urteil vom 10.8.2006 II R 24/05, BFHE 214, 105, BStBl II 2007, 87 = SIS 06 42 33, unter II.3.b) und somit auch im Streitfall.

 

 

26

2. Die Steuerfestsetzung gegen die Klägerin war auch nicht aufgrund des § 176 Abs. 2 AO ausgeschlossen.

 

 

27

a) Nach dieser Vorschrift darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten der Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Es ist dabei nicht erforderlich, dass der oberste Gerichtshof die Verwaltungsvorschrift ausdrücklich für gesetzwidrig erklärt hat. Es genügt vielmehr, wenn sich die sachlich-rechtlichen Aussagen der Verwaltungsvorschrift einerseits und des Urteils des Gerichtshofs andererseits widersprechen (BFH-Urteile vom 28.9.1987 VIII R 154/86, BFHE 151, 107, BStBl II 1988, 40 = SIS 88 02 54; vom 28.9.1987 VIII R 163/84, BFHE 154, 375, BStBl II 1989, 50 = SIS 89 04 24; vom 28.10.1992 X R 117/89, BFHE 170, 11, BStBl II 1993, 261 = SIS 93 10 50, und vom 20.8.1997 X R 58/93, BFH/NV 1998, 314 = SIS 98 03 72). Für den Erlass erstmaliger Steuerbescheide gilt § 176 Abs. 2 AO nicht (BFH-Urteile vom 23.4.1996 VIII R 13/95, BFHE 181, 1, BStBl II 1998, 325 = SIS 96 22 39, unter 2., und vom 19.3.2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 = SIS 02 08 59, unter II.B.5.c; BFH-Beschlüsse vom 23.12.2002 XI B 21/02, BFH/NV 2003, 593 = SIS 03 21 88, unter 2., und vom 4.6.2007 IV B 88/06, BFH/NV 2007, 2088 = SIS 07 35 35, unter 3.b). Mit den Begriffen der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids verweist § 176 AO nach seinem Wortlaut auf § 172 Abs. 1 Satz 1 AO (BFH-Beschluss vom 23.4.2010 V B 89/09, BFH/NV 2010, 1782 = SIS 10 27 11).

 

 

28

b) Die Voraussetzungen des § 176 Abs. 2 AO sind im Streitfall nicht erfüllt.

 

 

29

aa) Zum einen hat der BFH im Urteil in BFHE 226, 399, BStBl II 2010, 74 = SIS 09 36 85 weder ausdrücklich noch sinngemäß eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet. Es gab vor dem Erlass dieses Urteils keine derartige Verwaltungsvorschrift, in der bestimmt war, dass dann, wenn eine (mittelbar) zum Vermögen einer rechtsfähigen Stiftung gehörende GmbH im Zuge einer Kapitalerhöhung bei einer anderen Gesellschaft den neuen Geschäftsanteil zu einer Einlage unter Wert übernimmt, darin eine freigebige Zuwendung an die Begünstigten der Stiftung liegt.

 

 

30

bb) Zum anderen handelt es sich bei dem Steuerbescheid vom 9.11.2009 nicht um die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids, sondern um die erstmalige Festsetzung von Schenkungsteuer gegen die Klägerin.

 

 

31

3. Der Steuerfestsetzung standen auch nicht die allgemeinen Grundsätze des Vertrauensschutzes entgegen. Abgesehen davon, dass der hier nicht einschlägige § 176 AO den Vertrauensschutz speziell regelt, ist dem Vertrauensschutz in den Fällen des § 174 Abs. 3 AO durch das Erfordernis der Erkennbarkeit der Annahme des Finanzamts, die sich später als unrichtig herausstellt, hinreichend genügt (BFH-Urteil in BFHE 241, 136 = SIS 13 18 32, Rz 18).

 

 

32

Das FA hat den Steueranspruch demgemäß auch nicht verwirkt. Ein Steueranspruch wird nicht allein dadurch verwirkt, dass das Finanzamt bei seiner Sachbehandlung im Rahmen der Steuerfestsetzung eine unzutreffende, für den Steuerpflichtigen günstige Rechtsansicht vertritt. Das gilt selbst dann, wenn ihm der Sachverhalt bekannt war und der Steuerpflichtige im Vertrauen auf die Rechtsansicht des Finanzamts disponiert haben sollte (BFH-Urteil in BFHE 198, 137, BStBl II 2002, 662 = SIS 02 08 59, unter II.B.5.a).

 

 

33

Im Übrigen setzt sich die Klägerin, die darauf hingewirkt hatte, dass die Schenkungsteuer entgegen der ursprünglichen Absicht des FA nicht ihr gegenüber, sondern gegenüber den Begünstigten der Stiftung festgesetzt wurde, in Widerspruch zu diesem Verhalten, indem sie sich nunmehr auf Vertrauensschutz beruft (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 687).

 

 

34

4. Das FA hat der Klägerin auch nicht verbindlich zugesagt, es werde selbst dann nicht Schenkungsteuer gegen sie festsetzen, wenn die Steuerfestsetzungen gegen die Begünstigten der Stiftung deshalb aufgehoben werden sollten, weil diese nicht Bedachte einer im vorliegenden Zusammenhang gegebenen freigebigen Zuwendung sind. Eine solche verbindliche Zusage kann der am 20.1.2004 erzielten Einigung zwischen der Klägerin und dem FA nicht entnommen werden.

 

 

35

5. Das FG hat ebenfalls zu Recht angenommen, dass A als juristische Person Schenkerin sein kann und dann, wenn der objektive und der subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung erfüllt sind, A die Zuwendende und die Klägerin die Bedachte ist. Entgegen der Ansicht des FG kann aber die Tatbestandsverwirklichung nicht mit dem nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Unternehmenswert begründet werden.

 

 

36

a) Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

 

 

37

aa) Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Sicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH-Urteile vom 30.1.2013 II R 6/12, BFHE 240, 178, BStBl II 2013, 930 = SIS 13 08 25, Rz 11; vom 16.5.2013 II R 21/11, BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922 = SIS 13 22 83, Rz 9; vom 18.7.2013 II R 37/11, BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934 = SIS 13 25 92, Rz 12, und vom 27.11.2013 II R 25/12, BFH/NV 2014, 537 = SIS 14 07 24). Erforderlich ist eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Zuwendenden und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Bedachten (BFH-Urteil vom 18.9.2013 II R 29/11, BFHE 243, 385, BStBl II 2014, 261 = SIS 14 00 93, Rz 11). Diese Vermögensverschiebung muss sich auf die Vermögenssubstanz (einschließlich der Überlassung eines Vermögensgegenstands zum Gebrauch oder zur Nutzung) beziehen. Eine bloße Verminderung des Werts des Vermögens des „Schenkers“ genügt demgegenüber ebenso wenig wie (abgesehen von der nunmehr in § 7 Abs. 8 ErbStG n.F. getroffenen Sonderregelung, vgl. unten II.5.a bb) eine bloße Erhöhung des Werts des Vermögens des „Bedachten“ (BFH-Urteil vom 30.1.2013 II R 38/11, BFHE 240, 287 = SIS 13 11 88, Rz 17 bis 19). Ob eine Bereicherung des Empfängers vorliegt und welche Personen als Zuwendender und als Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt sind, bestimmt sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage (BFH-Urteil in BFHE 242, 158, BStBl II 2013, 934 = SIS 13 25 92, Rz 12, m.w.N.).

 

 

38

bb) Zuwendender kann nach ständiger Rechtsprechung auch eine juristische Person sein (BFH-Urteile vom 1.12.2004 II R 46/02, BFHE 208, 426, BStBl II 2005, 311 = SIS 05 16 96; vom 29.3.2006 II R 15/04, BFHE 213, 232, BStBl II 2006, 557 = SIS 06 22 76; vom 29.3.2006 II R 68/04, BFHE 213, 235, BStBl II 2006, 632 = SIS 06 27 11; vom 17.5.2006 II R 46/04, BFHE 213, 246, BStBl II 2006, 720 = SIS 06 34 83; vom 13.4.2011 II R 45/09, BFHE 233, 178, BStBl II 2011, 732 = SIS 11 16 57, und in BFHE 240, 178, BStBl II 2013, 930 = SIS 13 08 25). Dass eine Kapitalgesellschaft Zuwendende sein kann, hat der Gesetzgeber nunmehr durch die Regelungen in § 7 Abs. 8 Satz 2 und § 15 Abs. 4 ErbStG i.d.F. des Art. 11 Nr. 2 und 3 des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7.12.2011 (BGBl I 2011, 2592) ausdrücklich klargestellt. Diese Vorschriften wirken insoweit nicht konstitutiv, sondern geben lediglich die bereits zuvor geltende Rechtslage wieder.

 

 

39

b) Werden im Zuge einer Kapitalerhöhung einer GmbH Dritte zur Übernahme neuer Geschäftsanteile zugelassen, sind sie mit der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR auf Kosten der Altgesellschafter bereichert, wenn der gemeine Wert der neuen Geschäftsanteile die jeweils zu leistenden Einlagen übersteigt.

 

 

40

aa) Gegenstand der Zuwendung ist der neue Geschäftsanteil. Dem steht nicht entgegen, dass der neue Gesellschafter den Anteil mit Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR originär erwirbt (BFH-Urteil vom 12.7.2005 II R 8/04, BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845 = SIS 05 44 27, unter II.1.b). Eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt nicht voraus, dass der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, sich vorher in derselben Gestalt im Vermögen des Schenkers befunden hat und wesensgleich übergeht. „Entreicherungsgegenstand“ und „Bereicherungsgegenstand“ brauchen nicht identisch zu sein (BFH-Urteile vom 22.6.2010 II R 40/08, BFHE 230, 182, BStBl II 2010, 843 = SIS 10 23 32, Rz 13; vom 28.3.2012 II R 39/10, BFHE 238, 208, BStBl II 2012, 712 = SIS 12 21 20, Rz 25, und in BFHE 240, 287 = SIS 13 11 88, Rz 21).

 

 

41

bb) Die Bereicherung beruht auf einer Zuwendung der Altgesellschafter. Für diese Beurteilung ist maßgebend, dass die Geschäftsanteile der bisherigen Gesellschafter als Folge der Entstehung eines neuen Anteils oder neuer Anteile eine geringere quotale Beteiligung vermitteln und durch die proportionale Teilhabe des neuen Geschäftsanteils am bisherigen Vermögen der GmbH eine Wertminderung erfahren (BFH-Urteile vom 20.12.2000 II R 42/99, BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454 = SIS 01 09 48, und vom 30.5.2001 II R 6/98, BFH/NV 2002, 26 = SIS 02 50 24; BFH-Beschluss vom 7.7.2008 II B 9/07, BFH/NV 2008, 1811 = SIS 08 37 92).

 

 

42

cc) Im vorliegenden Zusammenhang handelt es sich auch dann um eine Zuwendung des Altgesellschafters an den Neugesellschafter, wenn der Altgesellschafter selbst eine Kapitalgesellschaft ist und seine Gesellschafter die Zustimmung zu der Kapitalerhöhung zu den in der Gesellschafterversammlung beschlossenen Bedingungen und den Verzicht auf eine Teilnahme an der Kapitalerhöhung veranlasst haben. Dies ändert nämlich nichts daran, dass die für das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung erforderliche Vermögensverschiebung nur zwischen dem Altgesellschafter und dem Neugesellschafter gegeben ist. Zu einer Verminderung der Vermögenssubstanz kommt es ausschließlich beim Altgesellschafter, dessen Geschäftsanteil an der von der Kapitalerhöhung betroffenen Kapitalgesellschaft zwar dem Nominalwert nach unverändert bleibt, aber als Folge der Entstehung eines neuen Anteils oder neuer Anteile eine geringere quotale Beteiligung an der Kapitalgesellschaft vermittelt. Die Geschäftsanteile der Gesellschafter des Altgesellschafters bleiben demgegenüber in ihrer Substanz unberührt. Eine bloße Minderung des Werts dieser Geschäftsanteile ist schenkungsteuerrechtlich ohne Bedeutung (BFH-Urteil vom 7.11.2007 II R 28/06, BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258 = SIS 08 10 84, unter II.2.d).

 

 

43

Eine Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft (Altgesellschafter) und dem Neugesellschafter kann auch nicht mit dem Gesichtspunkt einer Abkürzung des Leistungswegs (vgl. BFH-Urteil in BFHE 218, 414, BStBl II 2008, 258 = SIS 08 10 84, unter II.2.) begründet werden. Da einerseits der Neugesellschafter den aufgrund der Kapitalerhöhung entstehenden Anteil mit deren Eintragung in das HR originär erwirbt und andererseits der Anteil des Altgesellschafters aufgrund der Kapitalerhöhung ohne Änderung des Nominalwerts lediglich eine geringere quotale Beteiligung an der Kapitalgesellschaft vermittelt, bei der die Kapitalerhöhung vorgenommen wird, gibt es keine Vermögenssubstanz, die die Gesellschafter des Altgesellschafters aus dessen Gesellschaftsvermögen entnehmen und im Rahmen einer Abkürzung des Leistungswegs dem Neugesellschafter freigebig zuwenden könnten.

 

 

44

dd) Welche schenkungsteuerrechtlichen Folgen sich ergeben, wenn im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung nach deutschem Recht eine vGA eines Altgesellschafters (Kapitalgesellschaft) an seine Gesellschafter ertragsteuerrechtlich erfasst wird bzw. zu erfassen wäre, kann im Streitfall auf sich beruhen, da kein solcher Sachverhalt gegeben ist. Für eine Verpflichtung Deutschlands, bei der Ausgestaltung des Schenkungsteuerrechts ausländisches Ertragsteuerrecht zu berücksichtigen, gibt es keine Grundlage. Davon abgesehen hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass im vorliegenden Zusammenhang die zuständige Finanzbehörde eine vGA der A an ihre Gesellschafter der Ertragsbesteuerung unterworfen habe.

 

 

45

c) Ob der neue Gesellschafter i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bereichert ist, richtet sich ausschließlich nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen (vgl. BFH-Urteil vom 17.3.2004 II R 3/01, BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429 = SIS 04 16 90).

 

 

46

aa) Der Wert des neuen Anteils ist auf den Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR als Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) zu ermitteln, da die Schenkungsteuer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu diesem Zeitpunkt entsteht. Er entspricht dem Verkehrswert und wird im Streitfall nach der auch für die Ermittlung des Verkehrswerts anwendbaren Vorschrift des § 9 des Bewertungsgesetzes in der im Jahr 1998 geltenden Fassung (BewG) errechnet. Er wird nach § 9 Abs. 1 Satz 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts (neuer Anteil) bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Bei der Feststellung des Werts sind mit Ausnahme ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse alle Umstände zu berücksichtigen, die den Preis beeinflussen können (§ 9 Abs. 2 Sätze 2 und 3, Abs. 3 BewG). Auf typisierende Steuerwerte kann nicht zurückgegriffen werden (BFH-Urteil vom 24.11.2005 II R 11/04, BFH/NV 2006, 744 = SIS 06 15 25).

 

 

47

bb) § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 109 BewG und das Stuttgarter Verfahren sind daher in diesem Zusammenhang nicht anwendbar. Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein grob typisierendes Schätzverfahren (BFH-Urteil vom 12.1.2011 II R 38/09, BFH/NV 2011, 765 = SIS 11 12 34, Rz 12), das insbesondere aufgrund der Anknüpfung an die Steuerbilanzwerte zu einer großen Streubreite der danach ermittelten Werte im Verhältnis zu den Verkehrswerten führt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 7.11.2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192 = SIS 07 06 26, unter C.II.3.b) und daher zur Verkehrswertermittlung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen nicht geeignet ist. Vielmehr sind abgesehen von den ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen alle tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände zu berücksichtigen, die üblicherweise vom Markt beachtet werden (BFH-Urteil vom 19.12.2007 II R 22/06, BFH/NV 2008, 962 = SIS 08 21 20).

 

 

48

cc) Bei der Bewertung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen spielen Prognosen für künftige Entwicklungen eine entscheidende Rolle (vgl. dazu im Einzelnen BVerfG-Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192 = SIS 07 06 26, unter C.II.1.a, m.w.N.; Eisele in Rössler/Troll, BewG, § 11 Rz 35 bis 38a, m.w.N.; S. Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 11 BewG Rz 43 bis 50, 61 f.; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 12 Rz 261 ff.; Wollny, Unternehmensbewertung für die Erbschaftsteuer, 2012, Rz 61 ff.; Wassermann, DStR 2010, 183; Olbrich/Hares/Pauly, DStR 2010, 1250). Gibt es mehrere anerkannte, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke übliche Bewertungsmethoden und führen diese zu unterschiedlichen Werten, ist die Methode anzuwenden, die ein Erwerber des Anteils im Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR nach Erbringung der vom neuen Gesellschafter geschuldeten Leistungen der Bemessung des Kaufpreises zugrunde gelegt hätte. Diese Beurteilung entspricht der Regelung in § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG i.d.F. des Art. 2 Nr. 2 des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24.12.2008 (BGBl I 2008, 3018).

 

 

49

dd) Die steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften sind erst im Rahmen der Ermittlung der Bereicherung i.S. des § 10 ErbStG anzuwenden.

 

 

50

d) Beim Erwerb des neuen Anteils durch den Neugesellschafter gegen eine unter dem Verkehrswert liegende Einlage (Nominalwert der Stammeinlage und gegebenenfalls Aufgeld) handelt es sich nicht um eine gemischte, sondern um eine reine Schenkung der Altgesellschafter an den Neugesellschafter. Die Leistung der Einlage durch den Neugesellschafter stellt keine teilweise Gegenleistung, sondern Erwerbsaufwand gemäß § 1 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG dar (BFH-Urteile in BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454 = SIS 01 09 48; in BFH/NV 2002, 26 = SIS 02 50 24, und in BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845 = SIS 05 44 27, unter II.2.; ebenso gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14.3.2012, BStBl I 2012, 331 = SIS 12 09 85, Tz 2.1.2 Satz 2, Tz 2.1.4). Es liegt auch keine mittelbare Teilschenkung vor, bei der die Aufspaltung des Erwerbsgegenstandes in einen selbst erworbenen und einen geschenkten Teil nach dem Verhältnis der Verkehrswerte von Fremd- und Eigenleistungen zu erfolgen hat (a.A. Gebel, DStR 2003, 622, und ders. in Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 7 Rz 119).

 

 

51

e) Der subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung setzt auch in Fällen der vorliegenden Art voraus, dass die Altgesellschafter mit dem Willen zur Freigebigkeit gehandelt haben. Dieser Wille ist aufgrund der den Altgesellschaftern bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen zu bestimmen (BFH-Urteile in BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454 = SIS 01 09 48, und in BFH/NV 2002, 26 = SIS 02 50 24). Zu den Umständen, die den Altgesellschaftern bekannt gewesen sein müssen, um nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen den Willen zur Freigebigkeit annehmen zu können, gehört die Tatsache, dass der Wert des neuen Geschäftsanteils die zu leistende Einlage erheblich überstieg (BFH-Urteil in BFHE 194, 435, BStBl II 2001, 454 = SIS 01 09 48). Für die Frage der Erheblichkeit ist wegen der Schwierigkeiten, die mit der Unternehmensbewertung nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen insbesondere aufgrund der dazu erforderlichen, notwendigerweise von subjektiven Wertungen und Einschätzungen abhängigen Prognosen verbunden sind, nicht der absolute, sondern der relative (prozentuale) Unterschied zwischen dem ermittelten Anteilswert und der vom Neugesellschafter zu leistenden Einlage maßgebend. Auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt es dabei allerdings nicht an. Die Kenntnis der Altgesellschafter hinsichtlich der Umstände, aus denen sich die objektive Bereicherung des Neugesellschafters ergibt, ist regelmäßig prima facie zu unterstellen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845 = SIS 05 44 27, unter II.1.a).

 

 

52

Bei einem auffallenden Missverhältnis zwischen dem bei verständiger und den Umständen nach vertretbarer Beurteilung zugrunde zu legenden Verkehrswert des neuen Anteils und der vom Neugesellschafter zu leistenden Einlage muss nach der Lebenserfahrung zunächst davon ausgegangen werden, dass die Gesellschafter dieses Missverhältnis erkannt haben. In einem solchen Fall muss derjenige, der behauptet, zumindest dem Zuwendenden (Altgesellschafter) sei das auffallend grobe Missverhältnis nicht bekannt gewesen, dies durch konkreten Vortrag entkräften (vgl. BFH-Urteil vom 15.12.2010 II R 41/08, BFHE 232, 210, BStBl II 2011, 363 = SIS 11 05 90, Rz 13).

 

 

53

Unerheblich ist, welche konkreten Motive für den Zuwendenden im Vordergrund standen (BFH-Urteil in BFHE 210, 474, BStBl II 2005, 845 = SIS 05 44 27, unter II.1.c). Der Wille zur Freigebigkeit kann auch dann gegeben sein, wenn es den Altgesellschaftern vorrangig darum ging, für die Kontinuität des Unternehmens zu sorgen (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 26 = SIS 02 50 24).

 

 

54

f) Das FG hat danach zwar zu Recht angenommen, dass nicht H oder die Gesellschafter der A, sondern A als Zuwendende und die Klägerin als Bedachte einer freigebigen Zuwendung in Betracht kommen. Es war aber zu Unrecht der Ansicht, das Vorliegen des objektiven und subjektiven Tatbestands einer freigebigen Zuwendung könne aufgrund des nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Unternehmenswerts bejaht werden. Maßgebend ist vielmehr insoweit der nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen zu bestimmende Verkehrswert. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben.

 

 

55

6. Die Sache ist nicht spruchreif. Die Bestimmung des Verkehrswerts des neuen Anteils nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen obliegt dem FG.

 

 

56

a) Das FG wird bei der nachzuholenden Bewertung (auch) zu prüfen haben, ob die von der Klägerin angeführten, nach ihrer Auffassung für den Unternehmenswert zum Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR maßgeblichen Umstände tatsächlich gegeben waren und welche Auswirkungen diese gegebenenfalls auf den Anteilswert und den subjektiven Tatbestand einer freigebigen Zuwendung hatten. Hinsichtlich der Frage, ob sich die ursprüngliche Beteiligung der A an der GmbH 2 aufgrund der Kapitalerhöhung nicht nur quotal verringert hat, sondern sich auch der Verkehrswert der Beteiligung vermindert hat und somit die (etwaige) Bereicherung der Klägerin auf Kosten der A erfolgt ist, müssen der Verkehrswert, den diese Beteiligung im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung gehabt hätte, wenn es nicht zu der Kapitalerhöhung gekommen wäre, und der Verkehrswert der Beteiligung nach der Kapitalerhöhung und der Entrichtung der Einlage von 30 Mio. DM durch die Klägerin verglichen werden.

 

 

57

b) Ergibt die nachzuholende Bewertung, dass eine freigebige Zuwendung der A an die Klägerin vorliegt, ist für die Ermittlung der Bereicherung, die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG der Bemessung der Schenkungsteuer zugrunde zu legen ist, der Steuerwert des zugewendeten Anteils an der GmbH 2 maßgebend. Dieser Steuerwert ist nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln.

 

 

58

Liegen wie im Streitfall zeitnahe Verkäufe, aus denen der gemeine Wert abgeleitet werden könnte, nicht vor, so ist der gemeine Wert nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anteilsbewertung ist, wie sich schon aus § 11 und § 12 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ergibt, der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer. Diese Vorschriften sind trotz der im BVerfG-Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192 = SIS 07 06 26 festgestellten Verfassungsverstöße aufgrund der vom BVerfG getroffenen Weitergeltungsanordnung für Bewertungsstichtage bis zum 31.12.2008 und somit auch im Streitfall anzuwenden (BFH-Urteile vom 1.2.2007 II R 19/05, BFHE 215, 508, BStBl II 2007, 635 = SIS 07 10 74, und in BFH/NV 2011, 765 = SIS 11 12 34, Rz 10).

 

 

59

Das Stuttgarter Verfahren ist dabei ein im Regelfall geeignetes, allerdings die Gerichte nicht bindendes Schätzverfahren, von dem mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die Praktikabilität nur abzuweichen ist, wenn es in Ausnahmefällen aus besonderen Gründen des Einzelfalls zu nicht tragbaren, d.h. offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt (BFH-Urteile in BFHE 215, 508, BStBl II 2007, 635 = SIS 07 10 74, und in BFH/NV 2011, 765 = SIS 11 12 34, Rz 12).

 

 

60

Das FG wird demgemäß auf der Grundlage des nach bürgerlich-rechtlichen Bewertungsgrundsätzen ermittelten Anteilswerts gegebenenfalls auch zu prüfen haben, ob dem Ansatz der steuerlichen Bereicherung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG der nach dem Stuttgarter Verfahren berechnete Wert zugrunde zu legen ist oder ob die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens zu einem nicht tragbaren, d.h. offensichtlich unrichtigen Ergebnis führt und daher ausnahmsweise ausgeschlossen ist.

 

 

61

7. Das FG hat darüber hinaus übersehen, dass dann, wenn der Tatbestand einer freigebigen Zuwendung der A an die Klägerin erfüllt ist, der Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG zustehen.

 

 

62

a) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG i.d.F. des Art. 16 Nr. 1 des Steueränderungsgesetzes 2001 - StÄndG 2001 - (BGBl I 2001, 3794) bleiben u.a. Anteile an Kapitalgesellschaften i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG vorbehaltlich des § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG insgesamt bis zu einem Wert von 500.000 DM außer Ansatz beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden, wenn der Schenker dem Finanzamt unwiderruflich erklärt, dass der Freibetrag für diese Schenkung in Anspruch genommen wird; dabei hat der Schenker, wenn zum selben Zeitpunkt mehrere Erwerber bedacht werden, den für jeden Bedachten maßgebenden Teilbetrag von 500.000 DM zu bestimmen. § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG i.d.F. des Art. 16 Nr. 1 StÄndG 2001 findet nach § 37 Abs. 3 ErbStG i.d.F. des Art. 16 Nr. 2 Buchst. b StÄndG 2001 auch auf Erwerbe Anwendung, für die die Steuer nach dem 31.12.1995 entstanden ist, wenn die Steuerfestsetzung am 23.12.2001 noch nicht bestandskräftig war. § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG setzt u.a. voraus, dass der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der Kapitalgesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Der nach Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG verbleibende Wert des Anteils an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG ist gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG mit 60 % anzusetzen. Unter den Voraussetzungen des § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG fallen der Freibetrag oder Freibetragsanteil und der verminderte Wertansatz mit Wirkung für die Vergangenheit weg.

 

 

63

b) Der Anwendbarkeit der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 ErbStG steht in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen, dass der neue Gesellschafter den Anteil mit Eintragung der Kapitalerhöhung in das HR originär erwirbt. Vielmehr ist auch im Zusammenhang mit diesen Vorschriften die schenkungsteuerrechtliche Wertung maßgebend, dass Gegenstand der Zuwendung der Altgesellschafter an den Neugesellschafter der neue Geschäftsanteil ist. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG ist dabei, in welcher Höhe die Altgesellschafter vor der Kapitalerhöhung jeweils am Nennkapital der Kapitalgesellschaft unmittelbar beteiligt waren. Der in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG vorgesehene Freibetrag kann für die freigebige Zuwendung eines jeden Altgesellschafters beansprucht werden, der vor der Kapitalerhöhung am Nennkapital der Kapitalgesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Die in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 ErbStG vorgesehene Aufteilung des Freibetrags betrifft nur Fälle, in denen ein einziger Schenker zum selben Zeitpunkt mehrere Erwerber bedacht hat.

 

 

64

c) Da es sich in den Fällen, bei denen im Zuge einer Kapitalerhöhung einer GmbH Dritte zur Übernahme neuer Geschäftsanteile, deren gemeiner Wert die jeweils zu leistenden Einlagen übersteigt, zugelassen werden, ohne weitere Verpflichtungen eingehen zu müssen, um eine reine Schenkung handelt und die Leistung der Einlage durch den neuen Gesellschafter keine teilweise Gegenleistung, sondern Erwerbsaufwand gemäß § 1 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG darstellt, ist der Wert der Einlage im Hinblick auf § 13a Abs. 2 ErbStG nicht von dem (gegebenenfalls nach der Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG verbleibenden) Wert des neuen Anteils an der GmbH abzuziehen. Vielmehr handelt es sich bei der Einlage um Schulden und Lasten, die unter § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG fallen. Die Einlage ist daher nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Werts des Anteils zu dessen Wert vor Anwendung des § 13a ErbStG entspricht. Maßgebend ist dabei der anzusetzende Steuerwert des zugewendeten Anteils.

 

 

65

d) Wenn es für die Entscheidung darauf ankommt, wird das FG demgemäß auch zu beachten haben, dass die Klägerin unter der Voraussetzung, dass A die Erklärung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG abgibt, den in dieser Vorschrift vorgesehenen Freibetrag und unabhängig von einer solchen Erklärung den Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG beanspruchen kann, soweit die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Steuervergünstigungen nicht rückwirkend gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG entfallen sind. A war vor der Kapitalerhöhung am Stammkapital der GmbH 2 zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt.

 

 

66

Der Bewertungsabschlag ist vom halben Steuerwert des von der Klägerin erworbenen neuen Anteils an der GmbH 2 gegebenenfalls nach Abzug des in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ErbStG vorgesehenen Freibetrags vorzunehmen. Der von der Klägerin für die Hälfte dieses Anteils aufgewendete Betrag von 15 Mio. DM stellt Erwerbsaufwand nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG dar und ist gemäß § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG nur mit dem Anteil abzugsfähig, der dem Verhältnis des nach Anwendung des § 13a ErbStG anzusetzenden Werts des halben neuen Anteils an der GmbH 2 zu dem Wert vor Anwendung des § 13a ErbStG entspricht.