Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 06.05.2021 - 8 K
34/21 = SIS 21 11 50
aufgehoben.
Die Sache wird an das Sächsische
Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger), seine [drei] Kinder, sein Bruder A und dessen [zwei]
Kinder sowie sein Bruder B und dessen [zwei] Kinder sind Erben der
D zu je 1/10. Zum Nachlass gehörte ein Geschäftsanteil
mit dem Nennbetrag von 9.000 EUR an der T GmbH, deren Stammkapital
27.000 EUR betrug. Die übrigen Geschäftsanteile hielt die
H KG, an der neben einer Komplementärin ohne
vermögensmäßige Beteiligung der Kläger und
seine beiden Brüder als Kommanditisten beteiligt
waren.
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Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag
vom 10.10.2013 veräußerten die Miterben gemeinschaftlich
den durch Erbanfall erworbenen Anteil an der T GmbH zu einem
Kaufpreis von 300.000 EUR an die T GmbH. Der Bestimmung des
Kaufpreises lagen zwei Unternehmensbewertungen zum 31.12.2009
zugrunde, aufgrund derer sich die Miterben auf einen
Unternehmenswert der T GmbH von 1.000.000 EUR an diesem Stichtag
geeinigt hatten.
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Mit an die T GmbH gerichtetem
Feststellungsbescheid vom 27.04.2017 stellte das örtlich
zuständige Finanzamt auf Anforderung des Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) den Wert des
veräußerten Geschäftsanteils auf den 10.10.2013
erklärungsgemäß mit 1.819.176 EUR fest.
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Aufgrund der Differenz zwischen dem
festgestellten Wert und dem vereinbarten Kaufpreis ging das FA von
Schenkungen im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) der nicht an
der H KG beteiligten Miterben zugunsten der Kommanditisten der H KG
aus und setzte mit Bescheiden jeweils vom 12.11.2018
Schenkungsteuer gegen den Kläger fest. Den Wert des jeweiligen
Erwerbs ermittelte es, ausgehend vom Unterschiedsbetrag zwischen
dem festgestellten Wert des Geschäftsanteils und dem
vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 1.519.176 EUR, der zu je
1/10 auf die zuwendenden Miterben entfalle und von diesen zu je 1/3
den bedachten Kommanditisten zugewandt worden sei, mit jeweils
50.639 EUR. Die Steuerbegünstigung nach §§ 13a, 13b
ErbStG gewährte es nicht.
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Der Kläger legte erfolglos
Einsprüche gegen die Schenkungsteuerbescheide ein. Das
Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobenen
Untätigkeitsklagen, die unter dem Aktenzeichen 8 K 34/21
verbunden wurden, als unbegründet ab. Es hat eine
Werterhöhung des Anteils des Klägers an der H KG aufgrund
des Verkaufs der Anteile der T GmbH nach § 7 Abs. 8 Satz 1
ErbStG bejaht und das Vorliegen von begünstigtem Vermögen
im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG verneint. Das Urteil
ist in EFG 2021, 2019 = SIS 21 11 50 veröffentlicht.
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Dagegen richtet sich die Revision des
Klägers. Er rügt die Verletzung des § 7 Abs. 8 Satz
1 und der §§ 13a, 13b ErbStG. Es fehle an einer
„Leistung“ im Sinne des § 7 Abs. 8
Satz 1 ErbStG, da der Begriff nur solche Handlungen erfasse, die
das Vermögen der Kapitalgesellschaft als Empfängerin der
Leistung mehren könnten. Der Erwerb eigener Anteile durch die
T GmbH erhöhe aber nicht den Wert des
Gesellschaftsvermögens. Die T GmbH erwerbe keinen
Vermögenswert, der ihr nicht ohnehin zustehe. Dies
bestätige der durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
(BilMoG) eingefügte § 272 Abs. 1a und 1b des
Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach stelle der Erwerb eigener Anteile
keinen Anschaffungsvorgang dar, sondern sei als Kapitalherabsetzung
zu qualifizieren. Ohne eine Vermögensmehrung bei der
Gesellschaft könne es auch zu keiner Werterhöhung der
mittelbaren Beteiligung des Klägers an der T GmbH als
Kommanditist der H KG kommen. Für die Erfüllung des
Tatbestands des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG reiche es nicht aus,
dass sich aufgrund des Ruhens der Rechte aus eigenen Anteilen der
GmbH die Beteiligungsquoten der verbliebenen Gesellschafter der
GmbH verschöben, zumal sich eine Erhöhung der
Beteiligungsquote nur dann auswirke, wenn es tatsächlich zu
Gewinnausschüttungen oder zum Verkauf der Beteiligung komme.
Erträge hieraus unterlägen zudem der
Ertragsteuer.
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Eine Schenkung liege auch deshalb nicht
vor, weil die verbilligte Veräußerung des eigenen
Anteils der Erben an die T GmbH eine verdeckte Einlage und damit
ein entgeltlicher Vorgang sei (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Daran habe § 272 Abs. 1a
und 1b HGB nichts geändert. Der Tatbestand des § 7 Abs. 8
Satz 1 ErbStG setze das Vorliegen einer freigebigen Zuwendung und
damit die Unentgeltlichkeit im Verhältnis des Leistenden zur
Kapitalgesellschaft voraus. Eine doppelte Belastung des Vorgangs
mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer müsse vermieden
werden. Im Übrigen sei der Kaufpreis von 300.000 EUR wie unter
fremden Dritten ausgehandelt worden. Sollte der Vorgang doch
steuerbar sein, fänden die §§ 13a, 13b ErbStG
Anwendung, weil ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft und damit
begünstigtes Vermögen Gegenstand der Leistung
sei.
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Der Kläger beantragt,
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die Vorentscheidung und die
Schenkungsteuerbescheide, jeweils vom 12.11.2018,
aufzuheben.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat § 7 Abs. 8 Satz 1
ErbStG unzutreffend ausgelegt, da es davon ausgegangen ist, dass
die von § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vorausgesetzte
Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft
„denklogisch“ mit dem Wert des teilweise
unentgeltlich auf die Gesellschaft übertragenen
Geschäftsanteils korrespondiert. Der Senat kann nicht
abschließend über die Erhöhung des Wertanteils des
GmbH-Anteils, an dem der Kläger mittelbar als Kommanditist der
H KG beteiligt ist, entscheiden, da das FG hinsichtlich einer
möglichen Werterhöhung dieser Anteile keine konkreten
Feststellungen getroffen hat.
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1. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als
Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder
mittelbar beteiligte natürliche Person (Bedachte) durch die
Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft
erlangt.
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a) § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingiert eine
Schenkung des an eine Kapitalgesellschaft Leistenden an den
mittelbar oder unmittelbar beteiligten (Mit-)Gesellschafter,
dessen Geschäftsanteil durch die Leistung eine
Werterhöhung erfährt. Die durch das
Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 07.12.2011 (BGBl I
2011, 2592) eingeführte Vorschrift soll eine
Besteuerungslücke insbesondere bei disquotalen Einlagen
schließen, indem eine solche Einlage des Zuwendenden in eine
Kapitalgesellschaft schenkungsteuerrechtlich einer Direktzuwendung
an den (Mit-)Gesellschafter gleichgestellt wird (vgl. Stellungnahme
des Bundesrates zum Entwurf eines
Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 17.06.2011,
BR-Drucks. 253/11 (Beschluss), S. 34). Der Bundesfinanzhof (BFH)
hatte in diesen Fällen vor der Einfügung des § 7
Abs. 8 Satz 1 ErbStG eine freigebige Zuwendung nach § 7 Abs. 1
Nr. 1 ErbStG an den Gesellschafter verneint, da es wegen der
rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens
der GmbH an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung
zwischen den Gesellschaftern, die zur Erfüllung des
Tatbestands des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG notwendig ist, fehlt
(z.B. BFH-Urteil vom 09.12.2009 - II R 28/08, BFHE 228, 169, BStBl
II 2010, 566 = SIS 10 12 84).
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b) § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG
verdrängt als Spezialtatbestand den Grundtatbestand des §
7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (ebenso R E 7.5 Abs. 1 Satz 7 der
Erbschaftsteuer-Richtlinien - ErbStR 2019 - vom 16.12.2019, BStBl
I, Sondernr. 1/2019; vgl. auch Bericht des Finanzausschusses zu dem
Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 26.10.2011, BT-Drucks.
17/7524, S. 21; Curdt in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG, Rz 233;
Fischer in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8. Aufl., § 7 Rz
556; BeckOK ErbStG/Felten, 23. Ed. [01.04.2024], ErbStG § 7 Rz
523).
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2. Das FG hat zu Recht angenommen, dass die
Anteilsabtretung durch die Miterben eine Leistung an die T GmbH im
Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG darstellt.
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a) Leistung im Sinne der Vorschrift ist
grundsätzlich jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das die
Hingabe von Vermögen des Zuwendenden bewirkt. Gegenstand der
Leistung können Sachen, Rechte und andere
Vermögensgegenstände sein, die übertragen,
abgetreten oder belastet werden oder auf die der Zuwendende
verzichtet (vgl. Gebel in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk,
ErbStG, § 7 Rz 22). Die Leistung kann in einer offenen oder
verdeckten Einlage bestehen oder auf einer schuldrechtlichen
Vereinbarung des Gesellschafters oder eines Dritten mit der
Kapitalgesellschaft beruhen (vgl. Viskorf, Zeitschrift für
Erbrecht und Vermögensnachfolge 2012, 442, 443).
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b) Die Anteilsabtretung durch die Miterben
(§ 2040 Abs. 1, § 2033 Abs. 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs) erfüllt den Leistungsbegriff des § 7 Abs. 8
Satz 1 ErbStG ungeachtet dessen, dass der Vorgang für die T
GmbH einen Erwerb eigener Anteile darstellt. Für die
Einordnung des Veräußerungsvorgangs als Leistung ist -
wie durch das FG zutreffend entschieden - die Perspektive der
zuwendenden Gesellschafter maßgebend. Diese haben mit dem
Geschäftsanteil einen Vermögensgegenstand hingegeben und
auf diese Weise eine Leistung an die T GmbH erbracht. Aus der Sicht
eines veräußernden Gesellschafters ist es unerheblich,
ob er seinen Geschäftsanteil an die Gesellschaft selbst oder
an einen Dritten veräußert. Entscheidend ist allein,
dass er - aus seiner Perspektive - einen verkehrsfähigen,
werthaltigen Gegenstand hingibt.
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c) § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG verlangt -
anders als der schenkungsteuerrechtliche Grundtatbestand des §
7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG - keine freigebige
Vermögensverschiebung. Maßgebend für die
Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ist allein die
Werterhöhung von Anteilen an der Gesellschaft, die ein
unmittelbar oder mittelbar beteiligter Gesellschafter durch die
Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft erlangt.
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d) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus
dem BFH-Urteil vom 20.01.2016 - II R 40/14 (BFHE 252, 453, BStBl II
2018, 284 = SIS 16 05 54). In diesem hatte der Senat im Falle der
Besteuerung einer verdeckten Einlage nach § 17 Abs. 1 Satz 2
EStG eine Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 7 Satz 1
ErbStG als (gemischte) freigebige Zuwendung abgelehnt. Zur
Begründung führte er aus, dass es sich bei der verdeckten
Einlage in das Vermögen der Kapitalgesellschaft nach § 17
Abs. 1 Satz 2 EStG nicht zugleich um einen Erwerb durch freigebige
Zuwendung des Veräußerers an die GmbH oder um einen Fall
des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG handeln kann.
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Die Entscheidung ist zum Grundtatbestand des
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und zur Regelung des § 7 Abs. 7
Satz 1 ErbStG vor der Einführung der Spezialvorschrift des
§ 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ergangen, die gerade keine freigebige
Zuwendung voraussetzt. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingiert eine
Schenkung unabhängig von den Merkmalen des
schenkungsteuerrechtlichen Grundtatbestands des § 7 Abs. 1 Nr.
1 ErbStG. Eine objektive Unentgeltlichkeit der Leistung des
Zuwendenden verlangt die Fiktionsnorm gerade nicht (vgl. N.
Schneider, Steuerberater-Jahrbuch 2011/2012, S. 487, 503). Diese
Auslegung deckt sich mit dem Ziel des Gesetzgebers, insbesondere
solche Werterhöhungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften
mit Schenkungsteuer zu belasten, die aufgrund von verdeckten
Einlagen in die Gesellschaft entstehen. Danach kann die Frage, ob
die Annahme einer verdeckten Einlage im Sinne des § 17 Abs. 1
Satz 2 EStG aufgrund des Bilanzierungsverbots für eigene
Anteile, das der durch Art. 1 Nr. 23 Buchst. b BilMoG
eingefügte § 272 Abs. 1a HGB vorsieht, ausgeschlossen ist
(verneinend Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom
27.11.2013, BStBl I 2013, 1615 = SIS 13 33 38, Rz 20; BFH-Urteil
vom 06.12.2017 - IX R 7/17, BFHE 260, 163, BStBl II 2019, 213 = SIS 18 01 97), im Streitfall auf sich beruhen.
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e) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat
das FG zutreffend in der Anteilsabtretung der Miterben eine
Leistung im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gesehen, auch
wenn gleichzeitig der Besteuerungstatbestand des § 17 Abs. 1
Satz 2 EStG erfüllt sein sollte.
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3. Die Höhe der Bereicherung im Falle des
§ 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG richtet sich auch bei einer
mittelbaren Beteiligung an der Gesellschaft nach der
Werterhöhung des Anteils des Bereicherten. Die Bereicherung
kann nicht höher sein als der gemeine Wert der
(teil-)unentgeltlich bewirkten Leistung.
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a) Zuwendung im Rahmen des § 7 Abs. 8
Satz 1 ErbStG ist die Werterhöhung von Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder
mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung
(Bedachte) erlangt. Ist der Bedachte nur mittelbar an der
Kapitalgesellschaft beteiligt, kommt es auf die - anteilig auf den
mittelbaren Gesellschafter entfallende - Werterhöhung der
unmittelbaren Beteiligung an der Kapitalgesellschaft an (vgl. R E
7.5 Abs. 12 Satz 13 und 14 ErbStR 2019). Danach kann der
Kläger als mittelbar über die H KG beteiligter
Gesellschafter der T GmbH nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG
bereichert sein, soweit die Abtretung der Gesellschaftsanteile
durch die Miterben mittelbar zu einer Erhöhung des Werts
seines mittelbar über die H KG gehaltenen
Geschäftsanteils an der T GmbH führte.
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b) Die Werterhöhung des
Gesellschaftsanteils muss durch die Leistung kausal verursacht
sein. Auf eine „Entreicherung“ des
Leistenden kommt es nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 8 Satz 1
ErbStG nicht an. Die Werterhöhung des Gesellschaftsanteils
wird durch den gemeinen Wert der (teil-)unentgeltlich bewirkten
Leistung begrenzt (vgl. R E 7.5 Abs. 12 Satz 6 f. ErbStR 2019). Der
Wortlaut des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sieht eine solche
Obergrenze zwar nicht ausdrücklich vor. Die
Entstehungsgeschichte und der Zweck der Norm, Missbrauch durch eine
mittelbare Mehrung des Vermögens eines (Mit-)Gesellschafters
zu vermeiden (vgl. Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf
der Bundesregierung, BT-Drucks. 17/7524, S. 6), gebieten es jedoch,
den Steuerzugriff auf den gemeinen Wert der Leistung des
Zuwendenden zu beschränken.
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c) Bei einer teilentgeltlichen
Übertragung von Gesellschaftsanteilen an die GmbH bestimmt
sich der gemeine Wert der bewirkten Leistung nach der Differenz
zwischen dem gemeinen Wert des Anteils und dem von der GmbH
gezahlten Entgelt. Denn eine Leistung von Gesellschaftern oder
Dritten an die Kapitalgesellschaft führt nicht zu einer
steuerbaren Werterhöhung, soweit dieser Leistung eigene
Leistungen der Gesellschaft beziehungsweise der Gesellschafter
gegenüberstehen (vgl. R E 7.5 Abs. 11 Satz 2 ErbStR 2019).
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d) Ob die Gegenleistung wertadäquat oder
die Übertragung des Geschäftsanteils ganz oder teilweise
unentgeltlich ist, richtet sich nach dem Preis, der bei einer
Veräußerung des Anteils im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr (§ 9 Abs. 2 Satz 1 des
Bewertungsgesetzes - BewG - ) zu erzielen wäre (vgl.
BFH-Urteil vom 20.01.2016 - II R 40/14, BFHE 252, 453, BStBl II
2018, 284 = SIS 16 05 54, Rz 19). Sind die Parteien in
nachvollziehbarer Weise und unter fremdüblichen Bedingungen
übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Leistungen
insgesamt ausgeglichen sind, liegt eine Steuerbarkeit nach § 7
Abs. 8 Satz 1 ErbStG grundsätzlich auch dann nicht vor, wenn
sich dies anhand später gewonnener besserer Erkenntnis als
unzutreffend erweist. Die als zutreffend zugrunde gelegten Werte
sind dann im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande
gekommen, es sei denn, es liegt zwischen der Leistung und der
Gegenleistung ein offensichtliches Missverhältnis vor.
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e) Im Streitfall bestand zum Zeitpunkt der
Abtretung des Anteils ein deutliches Missverhältnis zwischen
der Leistung der Miterben und der Gegenleistung der T GmbH, denn
nach den - nicht zu beanstandenden und nicht mit der Revision
angegriffenen - Feststellungen des FG stand einem Anteilswert von
1.819.176 EUR ein Kaufpreis von 300.000 EUR gegenüber. Es kann
dahinstehen, ob die Vorstellung der Miterben, die T GmbH habe zum
31.12.2009 einen Unternehmenswert von 1.000.000 EUR gehabt, in
nachvollziehbarer Weise und unter fremdüblichen Bedingungen
zustande gekommen ist (vgl. R E 7.5 Abs. 12 Satz 9 und 10 ErbStR
2019). Das bewusste Festhalten an dem fast vier Jahre früher
bestimmten Kaufpreis beim Anteilsverkauf am 10.10.2013 entsprach
jedenfalls nicht einem schlüssigen Vorgehen im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr. Die Obergrenze der
Erhöhung des Werts der Anteile an der T GmbH lag danach im
Streitfall bei 1.519.176 EUR (Anteilswert der übertragenen
GmbH-Anteile in Höhe von 1.819.176 EUR abzüglich eines
Kaufpreises in Höhe von 300.000 EUR).
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4. Das FG hat jedoch rechtsfehlerhaft
angenommen, dass die Werterhöhung der Anteile an der T GmbH im
Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG
„denklogisch“ mit dem Wert des teilweise
unentgeltlich auf die Gesellschaft übertragenen
Geschäftsanteils korrespondiert. Hierbei handelt es sich
lediglich um eine Obergrenze für die Werterhöhung im
Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG. Es ist in jedem Einzelfall
festzustellen, ob die Leistung an die Gesellschaft tatsächlich
zu einer Werterhöhung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft
geführt hat.
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a) Eine Werterhöhung von Anteilen an der
Kapitalgesellschaft im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG
liegt nur dann vor, wenn der gemeine Wert des Anteils des Bedachten
nach der Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft den gemeinen
Wert des Anteils vor der Leistung übersteigt. Die Bewertung
hat jeweils nach den in § 11 Abs. 2 und 3 BewG enthaltenen
Regeln für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an
nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften zu erfolgen.
Danach ist der gemeine Wert in erster Linie aus Verkäufen
unter fremden Dritten abzuleiten, die weniger als ein Jahr
zurückliegen. Sind solche Verkäufe nicht erfolgt, ist er
unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der
Kapitalgesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche
Zwecke üblichen Methode zu ermitteln, wobei die Methode
anzuwenden ist, die ein Erwerber der Bemessung des Kaufpreises
zugrunde legen würde (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Der
Substanzwert der Gesellschaft darf bei der Wertermittlung nach
§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG nicht unterschritten werden (§ 11
Abs. 2 Satz 3 BewG).
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b) Bei dem Erwerb von eigenen Anteilen durch
eine GmbH ist zu beachten, dass das Gesellschaftsvermögen der
GmbH nur noch in den Geschäftsanteilen der verbliebenen
Gesellschafter reflektiert wird. Daraus kann sich - wie vom FG
angenommen - eine Werterhöhung der Anteile der verbliebenen
Gesellschafter im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG ergeben.
Denn es findet eine Wertverschiebung zu Lasten der eigenen und zu
Gunsten der übrigen Gesellschaftsrechte statt (vgl. BFH-Urteil
vom 02.08.1989 - I R 53/85, BFHE 158, 452, BStBl II 1990, 222 = SIS 90 03 18, unter II.2., 3. und 4.), da die Mitgliedschaftsrechte
für einen eigenen Anteil der GmbH ruhen. Bei der Entscheidung
über die Gewinnfeststellung und -verwendung hat die
Gesellschaft kein Stimmrecht und kann auszuschüttende Gewinne
nicht beziehen. Der auf den eigenen Anteil der Gesellschaft
rechnerisch entfallende Gewinn kann nur unter den übrigen
Gesellschaftern verteilt werden (Urteil des Bundesgerichtshofs vom
30.01.1995 - II ZR 45/94, NJW 1995, 1027, Leitsatz 1 und 2).
Diese Rechtsfolge tritt
auch unter der Berücksichtigung des durch Art. 1 Nr. 23
Buchst. b BilMoG eingefügten § 272 Abs. 1a HGB ein, der
zu einem Bilanzierungsverbot für eigene Anteile der GmbH und
einer entsprechenden Kapitalherabsetzung führt.
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c) Im Fall des Erwerbs eigener Anteile durch
die GmbH kann sich aber auch der Substanzwert der Gesellschaft
durch das Ausscheiden des veräußernden Gesellschafters
über die Minderung des Geldbestands für den Erwerb der
Anteile hinaus verringern. So kann der gemeine Wert des
Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft etwa durch
firmenwertbildende Faktoren (zum Beispiel das Entfallen des
Kundenstamms oder von Know-how) weiter absinken (vgl. R B 11.5 Abs.
3 Satz 5 ErbStR 2019), sodass es zu keiner Werterhöhung der
Anteile der GmbH-Gesellschafter kommen kann.
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d) Maßgebend ist, ob am Stichtag eine
Werterhöhung von Anteilen an der Kapitalgesellschaft
eingetreten ist. Auf eine Realisation der Werterhöhung kommt
es nicht an. Dementsprechend ist es auch ohne Belang, welche
ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen zum Beispiel nach § 17
EStG eine künftige Veräußerung der Anteile
hätte. Eine eventuelle Doppelbelastung der Werterhöhung
mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer könnte erst bei einer
Veräußerung der Gesellschaftsanteile berücksichtigt
werden.
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5. Da das FG von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung
aufzuheben. Der BFH kann in der Sache nicht selbst entscheiden, ob
es nach den oben genannten Grundsätzen zu einer
Werterhöhung der Gesellschaftsanteile im Sinne des § 7
Abs. 8 Satz 1 ErbStG gekommen ist. Zu beachten ist, dass es nach
den Gleich lautenden Erlassen vom 17.10.2023 (BStBl I 2023, 1871 =
SIS 23 19 57) erforderlich sein kann, eine Wertfeststellung nach
§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG durchzuführen, wenn der
Steuerpflichtige Gründe vorträgt, wonach die
Werterhöhung des gemeinen Werts der Anteile niedriger
ausfallen könnte als der gemeine Wert der teilunentgeltlichen
Leistung des Zuwendenden.
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6. Für das weitere Verfahren weist der
Senat darauf hin, dass - sollte eine Werterhöhung der Anteile
an der T GmbH nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vorliegen - diese
nicht nach den §§ 13a, 13b ErbStG begünstigt
wäre.
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a) § 13a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1
ErbStG gewährt einen sogenannten Verschonungsabschlag und
einen sogenannten Abzugsbetrag, wenn - neben weiteren
Voraussetzungen - Gegenstand des Erwerbs Anteile an
Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG
sind. Dies ist im Rahmen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG nicht
der Fall. Zuwendungsgegenstand ist hier allein die
Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die
nicht zum begünstigten Vermögen nach § 13b Abs. 1
ErbStG zählt (R E 7.5 Abs. 13 ErbStR 2019; a.A. Jülicher
in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 13b Rz 174;
Curdt in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG, Rz 234;
Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz,
Kommentar, 18. Aufl., § 7 Rz 170 und Dannecker, DStR 2020,
853, 857).
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b) Die Voraussetzungen für eine analoge
Anwendung des § 13b Abs. 1 ErbStG liegen nicht vor.
Voraussetzung für die Vornahme einer Analogie ist eine
planwidrige Regelungslücke. Diese ist nur gegeben, wenn das
Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten
Teleologie, unvollständig und somit
ergänzungsbedürftig ist und seine Ergänzung nicht
einer vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung auf bestimmte
Tatbestände widerspricht (zum Ganzen BFH-Urteil vom 03.12.2019
- VIII R 34/16, BFHE 267, 232, BStBl II 2020, 836 = SIS 20 04 05,
Rz 27). Die Nichtbegünstigung der Fälle des § 7 Abs.
8 Satz 1 ErbStG erfolgte indes nicht planwidrig. Der Gesetzgeber
hat vielmehr von der Möglichkeit, die Werterhöhung von
Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in den Katalog des § 13b
Abs. 1 ErbStG aufzunehmen, soweit Gegenstand der Leistung an die
Gesellschaft begünstigtes Vermögen im Sinne dieser
Vorschrift ist, bewusst keinen Gebrauch gemacht, und zwar weder
unmittelbar mit dem Erlass des
Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes noch zu einem
späteren Zeitpunkt.
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c) Die Fälle des § 7 Abs. 8 Satz 1
ErbStG sind anders gelagert als der Sachverhalt, über den der
Senat in dem Urteil vom 27.08.2014 - II R 43/12 (BFHE 246, 506,
BStBl II 2015, 241 = SIS 14 29 69, Rz 61 ff.) im Zusammenhang mit
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 13a ErbStG entschieden hat.
Gegenstand der Zuwendung war dort (vgl. Rz 40 des Urteils) nicht
die Werterhöhung von Anteilen, sondern ein neuer
GmbH-Geschäftsanteil, den der bedachte Gesellschafter im
Rahmen einer Kapitalerhöhung erworben hat. Die Entscheidung
kann daher auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden.
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7. Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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