GmbH, überhöhte Vergütung an nahestehende Person, Schenkungsteuer: Zahlt eine GmbH auf Veranlassung eines Gesellschafters einer diesem nahestehenden Person überhöhte Vergütungen, liegt regelmäßig keine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an die nahestehende Person gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. Eine gemischte freigebige Zuwendung kann jedoch im Verhältnis der GmbH zur nahestehenden Person gegeben sein. - Urt.; BFH 7.11.2007, II R 28/06; SIS 08 10 84
I. Der Ehemann (E) der Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) war Mitgesellschafter und
Geschäftsführer einer GmbH. Die Klägerin war
aufgrund eines Vertrags vom 20.10.1981 freie Mitarbeiterin der
GmbH; sie bezog in den Jahren 1989 bis 1994 Vergütungen
zwischen … und … DM. Teile dieser Vergütungen
wurden nach einer Betriebsprüfung als verdeckte
Gewinnausschüttungen (vGA) der GmbH an E behandelt, und zwar
für die Jahre 1989 und 1990 in Höhe von jeweils …
DM und für die Jahre 1991 bis 1994 in Höhe von jeweils
… DM. Ähnliche Verträge waren auch mit den
Ehepartnern der weiteren Gesellschafter-Geschäftsführer
geschlossen worden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erlangte 1998 Kenntnis von den Vorgängen.
Das FA sah in Höhe der vGA freigebige Zuwendungen des E an die
Klägerin und setzte durch Bescheide vom 30.7.1999 für die
Jahre 1990 bis 1994 Schenkungsteuer gegen die Klägerin fest. E
habe die Art und den Umfang der tatsächlich erbrachten
Leistungen gekannt und daher beurteilen können, dass die
Vergütungen zumindest in Höhe der vGA als
Honorarzahlungen verschleierte Schenkungen seien, die eine
Vermögensmehrung bei der Klägerin und eine Minderung bei
ihm bewirkt hätten. Dies werde auch dadurch belegt, dass E
allein die zugrundeliegenden Vereinbarungen als
Geschäftsführer unterzeichnet habe.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren trug
die Klägerin erstmals im Klageverfahren vor, die Eheleute
hätten durch Ehevertrag vom 3.4.2003 den gesetzlichen
Güterstand aufgehoben und mit privatschriftlicher Vereinbarung
vom 4.6.2003 die Höhe ihrer Zugewinnausgleichsforderung auf
… EUR festgelegt.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage
abgewiesen (vgl. SIS 05 19 45). E habe die nicht mit einer
entsprechenden Gegenleistung in Zusammenhang zu bringenden
Zahlungen der GmbH an die Klägerin veranlasst; diese
Zuwendungen seien auf seine Kosten erfolgt, weil er wegen der vGA
einem grundsätzlich nicht auszuschließenden
Regressanspruch der GmbH ausgesetzt gewesen sei. Daher lägen
freigebige Zuwendungen des E an die Klägerin vor. Im
Übrigen sei zweifelhaft, ob eine Zugewinnausgleichsforderung
für die Klägerin wirksam und ernsthaft vereinbart worden
sei. Die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 3 des Erbschaftsteuer-
und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) scheitere aber jedenfalls
daran, dass der Vereinbarung vom 4.6.2003 nicht zu entnehmen sei,
die früheren Zuwendungen seien in die Berechnung des
Zugewinnausgleichsanspruchs eingegangen.
Die Klägerin rügt mit der
Revision Verfahrensmängel und fehlerhafte
Rechtsanwendung.
Sie beantragt, die Vorentscheidung und die
Schenkungsteuerbescheide vom 30.7.1999 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet; sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie der
Steuerbescheide vom 30.7.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 7.8.2003 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Unrecht angenommen,
dass die gezahlten Vergütungen in Höhe der vGA freigebige
Zuwendungen des E an die Klägerin seien (§ 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG).
l. Der Schenkungsteuer unterliegt als
Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede
freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des
Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; vgl.
auch § 516 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ).
Erforderlich hierfür ist eine Vermögensverschiebung, d.h.
eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine
Vermögensmehrung auf der Seite des Beschenkten (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.3.1985 II R 19/84, BFHE 143, 291,
BStBl II 1985, 382 = SIS 85 11 05). Wer Zuwendender ist, bestimmt
sich nach der Ausgestaltung der geschlossenen Verträge unter
Einbeziehung ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie den
mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Zielen der
Parteien (BFH-Urteil vom 10.3.2005 II R 54/03, BFHE 208, 447, BStBl
II 2005, 412 = SIS 05 18 98). Der Gegenstand, um den der Beschenkte
bereichert wird, muss sich nicht vorher in derselben Gestalt im
Vermögen des Schenkers befunden haben und wesensgleich
übergehen. „Entreicherungsgegenstand“ und
„Bereicherungsgegenstand“ brauchen nicht
identisch zu sein (BFH-Urteil vom 10.11.2004 II R 44/02, BFHE 207,
360, BStBl II 2005, 188 = SIS 05 07 14).
2. Eine Vermögensverschiebung zwischen
dem Zuwendenden und dem Bedachten kann auch unter Einbeziehung
eines Dritten bewirkt werden, und zwar dadurch, dass ein Schuldner
des Zuwendenden auf dessen Aufforderung hin eine diesem zustehende
Forderung durch unmittelbare Leistung an den Bedachten
gemäß § 362 Abs. 2 i.V.m. § 185 BGB
erfüllt (Abkürzung des Leistungswegs). Ob es sich bei
dieser Vermögensverschiebung um eine freigebige Zuwendung des
Zuwendenden an den Bedachten handelt, richtet sich nach dem
zwischen ihnen bestehenden Innenverhältnis.
Ein derartiger abgekürzter Leistungsweg
liegt nicht vor, wenn eine GmbH an eine Person, die einem ihrer
Gesellschafter nahesteht, überhöhte Vergütungen
für erbrachte Arbeitsleistungen zahlt und - wie im Streitfall
- die unangemessenen Teile der Vergütungen
ertragsteuerrechtlich als vGA zu beurteilen sind. In einem solchen
Fall fehlt es an der für eine freigebige Zuwendung
erforderlichen Vermögensverschiebung zwischen dem
Gesellschafter und der diesem nahestehenden Person.
a) Eine vGA einer GmbH i.S. des § 20 Abs.
1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes ist dadurch
gekennzeichnet, dass die GmbH ihrem Gesellschafter außerhalb
der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen
Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass
oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis
hat. Das ist der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter
nicht zugewendet hätte (BFH-Urteil vom 13.12.2006 VIII R
31/05, BFHE 216, 214, BStBl II 2007, 393 = SIS 07 07 88,
m.w.N.).
Eine vGA kann auch ohne tatsächlichen
Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vorteil dem
Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine
ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen
zieht. Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine
nahestehende Person ist unabhängig davon als vGA zu
beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein
vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat, soweit
andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des
Empfängers zu dem Gesellschafter auszuschließen sind
(BFH-Urteil vom 19.6.2007 VIII R 54/05, BStBl II 2007, 830 = SIS 07 29 10, m.w.N.).
Liegt danach eine vGA vor, so ist die
Zuwendung zu Lasten der GmbH ertragsteuerrechtlich so zu
beurteilen, als hätte der Gesellschafter den Vorteil erhalten
und diesen an die nahestehende Person weitergegeben. Bei dem
Gesellschafter handelt es sich um eine einkommensteuerrechtlich
unbeachtliche Einkommensverwendung (BFH-Urteil in BStBl II 2007,
830 = SIS 07 29 10, m.w.N.).
b) Diese auf einer wirtschaftlichen
Betrachtungsweise in Form einer Fiktion beruhende
ertragsteuerrechtliche Beurteilung kann auf die Schenkungsteuer
nicht übertragen werden. Jeder gesetzliche Tatbestand ist aus
sich selbst heraus - nach seiner eigenen, spezifischen Teleologie -
auszulegen (vgl. BFH-Urteil vom 2.2.2005 II R 18/03, BFHE 208, 441,
BStBl II 2005, 489 = SIS 05 18 97). Die Erbschaft- und
Schenkungsteuer ist Verkehrsteuer. Die wirtschaftliche
Betrachtungsweise ist auf Steuerarten, welche an
bürgerlich-rechtliche Vorgänge anknüpfen, nicht oder
zumindest nur nach Sachlage des Einzelfalles anwendbar (BFH-Urteil
vom 22.9.1982 II R 61/80, BFHE 137, 188, BStBl II 1983, 179 = SIS 83 02 08, m.w.N.). Für eine freigebige Zuwendung i.S. des
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG kommt es ausschließlich auf die
Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher
Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist
(BFH-Urteil vom 29.11.2006 II R 42/05, BFHE 215, 529, BStBl II
2007, 319 = SIS 07 04 72, m.w.N.).
c) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch
dann nicht, wenn die vGA zu einem Schadensersatzanspruch der GmbH
gegen den Gesellschafter etwa wegen Treupflichtverletzung oder
wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
führt (zu den Voraussetzungen eines solchen Anspruchs vgl.
Ulmer/Müller, GmbHG, Großkommentar, 2006, § 29 Rz
168, 169; Zacher, Verdeckte (Gewinn-)Ausschüttungen in der
GmbH aus zivilrechtlicher Sicht, DStR 1994, 138; Canaris, Die
Rückgewähr von Gesellschaftseinlagen durch Zuwendungen an
Dritte, Festschrift für Fischer, 1979, 31 ff., jeweils
m.w.N.). Auch wenn im Einzelfall ein solcher Anspruch besteht,
fehlt es an der erforderlichen zivilrechtlichen Übertragung
von Vermögen vom Zuwendenden auf den Bedachten.
d) Eine Bereicherung der dem Gesellschafter
nahestehenden Person, die den Vermögensvorteil
(überhöhte Vergütungen) unmittelbar von der GmbH
erhalten hat, auf Kosten des Gesellschafters kann auch nicht damit
begründet werden, dass sich durch die Gewährung des
Vermögensvorteils der Wert des Geschäftsanteils des
Gesellschafters vermindert habe. Diese Wertminderung ist
nämlich eine bloße Folge der Verringerung des
Gesellschaftsvermögens und daher schenkungsteuerrechtlich
unbeachtlich. Die GmbH erbringt die Leistung aus ihrem
Gesellschaftsvermögen. Die rechtliche Eigenständigkeit
des Gesellschaftsvermögens der GmbH als juristische Person ist
insoweit ebenso entscheidend wie bei Einlagen eines Gesellschafters
in das Gesellschaftsvermögen einer GmbH, die
schenkungsteuerrechtlich nicht zu einer Bereicherung der anderen
Gesellschafter führt, obwohl sich durch die Mehrung des
Betriebsvermögens der Wert ihrer Geschäftsanteile
erhöht (BFH-Urteile vom 25.10.1995 II R 67/93, BFHE 179, 157,
BStBl II 1996, 160 = SIS 96 08 05, und vom 19.6.1996 II R 83/92,
BFHE 181, 88, BStBl II 1996, 616 = SIS 96 21 20).
3. Da das FG die Rechtslage anders beurteilt
hat, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif.
Auch die angefochtenen Schenkungsteuerbescheide sind aufzuheben.
Freigebige Zuwendungen des E an die Klägerin liegen nicht vor,
da es an der erforderlichen Vermögensverschiebung zwischen den
Eheleuten fehlt. Die GmbH hat mit der Zahlung überhöhter
Vergütungen an die Klägerin nicht zugleich gegenüber
E bestehende Verbindlichkeiten etwa aus einem bereits gefassten
Gewinnverteilungsbeschluss getilgt. Durch die Zahlung
überhöhter Vergütungen an die Klägerin sollten
vielmehr die der Besteuerung unterliegenden und für offene
Ausschüttungen zur Verfügung stehende Gewinne der GmbH
gemindert werden. Dies führte zur ertragsteuerrechtlichen
Beurteilung der unangemessenen Teile der Vergütungen als
vGA.
Eine Vermögensverschiebung zwischen E und
der Klägerin kann entgegen der Ansicht des FG auch nicht mit
dem (möglichen) Bestehen von Schadensersatzansprüchen der
GmbH gegen E begründet werden (oben 2. c). Ob die
Voraussetzungen für einen solchen Anspruch erfüllt waren,
braucht deshalb nicht geprüft zu werden.
Da Schenkungsteuer nicht entstanden ist, kommt
es auch nicht darauf an, ob die Steuer wegen der Beendigung des
Güterstandes der Zugewinngemeinschaft nach § 29 Abs. 1
Nr. 3 ErbStG erloschen wäre.
4. Die Zahlungen überhöhter
Vergütungen an die Klägerin können als gemischte
freigebige Zuwendungen der GmbH an diese zu beurteilen sein.
Schenkungsteuerrechtlich erfasst wird nicht nur die reine, sondern
auch eine gemischte freigebige Zuwendung. Sie ist dann gegeben,
wenn einer höherwertigen Leistung eine Leistung von geringerem
Wert gegenübersteht und die höherwertige Zuwendung neben
Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrags
enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei
selbständige Leistungen aufteilen lässt (BFH-Urteil vom
29.10.1997 II R 60/94, BFHE 183, 253, BStBl II 1997, 832 = SIS 98 01 06). Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands der freigebigen
Zuwendung reicht bei Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge
regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten
Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; auf
die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt
es hingegen nicht an (BFH-Urteil vom 12.7.2005 II R 8/04, BFHE 210,
474, BStBl II 2005, 845 = SIS 05 44 27).
Ob und ggf. inwieweit die
materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Voraussetzungen
für den Erlass von Schenkungsteuerbescheiden für
gemischte freigebige Zuwendungen der GmbH an die Klägerin
vorliegen, kann im vorliegenden Verfahren, das lediglich die
angefochtenen Schenkungsteuerbescheide wegen freigebiger
Zuwendungen des E an die Klägerin betrifft, nicht geprüft
werden.