1
|
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) betrieb im Streitjahr (2009) einen Turnier- und
Ausbildungsstall für Pferde. Dabei nahm er mit bei ihm
untergebrachten Pferden, die überwiegend nicht in seinem
Eigentum standen (nachfolgend: fremde Pferde), aber auch mit
Pferden, deren Miteigentümer der Kläger ist (nachfolgend:
eigene Pferde), im In- und Ausland an Reitturnieren teil und
erhielt im Falle der erfolgreichen Turnierteilnahme Preisgelder.
Eigene Pferde im genannten Sinne sind nach den tatsächlichen
Feststellungen des Finanzgerichts (FG) folgende Pferde: das Pferd
A, das Pferd B und das Pferd C.
|
|
|
2
|
Bei einer Turnierteilnahme mit fremden
Pferden schloss der Kläger Überlassungsvereinbarungen mit
den jeweiligen Eigentümern ab, die Unterstellung, Pflege und
Turniervorbereitung der Pferde beinhalteten. Der Eigentümer
des Pferdes stellte dieses dem Turnier- und Ausbildungsstall zur
Verfügung, er verzichtete auf jegliches Weisungsrecht für
Training und Einsatz des Pferdes und übernahm die Kosten
für den Unterhalt, den Hufschmied, den Tierarzt und den
Turniereinsatz. Im Gegenzug erhielt der Eigentümer aus den
Teilnahmen an den Turnierveranstaltungen die Hälfte der
gewonnenen Geldpreise und die Hälfte der vom Veranstalter
gewährten (im Streitfall aber nicht angefallenen)
Transportentschädigungen.
|
|
|
3
|
Daneben schloss der Kläger gesonderte
Pferdeeinstellungs- und Versorgungsverträge mit den
Pferdeeigentümern. Für diese Pensionsleistungen
vereinbarten die Vertragsparteien monatlich ein gesondertes
Entgelt. Zur professionellen Unterstellung und Pflege der Pferde
gehörten die Fütterung, das tägliche Bewegen sowie
die Betreuung durch einen Tierarzt und einen Hufschmied.
|
|
|
4
|
Soweit die fremden Pferde weiter
ausgebildet und vom Kläger auf diversen in- und
ausländischen Turnieren geritten wurden, übernahm der
Kläger die Logistik (Formalitäten, Nenngelder, Transport
der Pferde, Abrechnung mit den Turnierveranstaltern etc.). Die
Preisgelder wurden vom jeweiligen Turnierveranstalter in voller
Höhe an den Kläger ausgezahlt; dieser leitete nach Abzug
seines Anteils den verbleibenden Betrag an den jeweiligen
Eigentümer weiter.
|
|
|
5
|
Zu den eigenen Pferden hat das FG
(lediglich) festgestellt, dass der Kläger und MX je zur
Hälfte Eigentümer des Pferdes A sind. Ursprünglicher
Eigentümer des Pferdes war zunächst der Vater von MX,
Herr X. Am … übertrug X den hälftigen Anteil an dem
Pferd für … EUR auf den Kläger; die andere
Hälfte übertrug er schenkweise auf MX. Im Pferdepass
werden seit dem … der Kläger und MX als Eigentümer
geführt. Im Pferdekaufvertrag vom … wurde gesondert
vereinbart, dass das Gewinngeld jeweils zu 50 % und dass bei einem
Verkauf des Pferdes 50 % des Kaufpreises abzüglich der ... EUR
an MX zu zahlen sind. Der Kläger übernahm die
Verpflichtung, das Pferd zu trainieren und bei Turnieren zu reiten.
MX sollte die Hälfte der Unterhaltskosten des Pferdes tragen.
Eine schriftliche Vereinbarung darüber liegt nach Angaben des
Klägers nicht vor. Der Kläger stellte daneben der Familie
X für das Einstellen des Pferdes A monatlich … EUR
(einschließlich Umsatzsteuer) in Rechnung.
|
|
|
6
|
In seiner Umsatzsteuer-Jahreserklärung
für das Streitjahr vom 14.12.2011, der der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) zugestimmt hat, hatte
der Kläger die ihm verbliebenen Anteile an den Preisgeldern,
soweit sie auf ausländische Turniere entfielen, als Entgelt
für im Inland nicht steuerbare Umsätze deklariert. Die
Preisgelder für inländische Turniere sah er als Entgelte
für nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes
(UStG) ermäßigt zu besteuernde Umsätze an.
|
|
|
7
|
Das FA folgte dieser Beurteilung aufgrund
einer Außenprüfung nicht. Es nahm an, die Preisgelder
seien Entgelte für im Inland steuerbare und zum
Regelsteuersatz steuerpflichtige Umsätze an die jeweiligen
Eigentümer der Pferde. Dies gelte auch für das Pferd
A.
|
|
|
8
|
Mit dem Einspruch trug der Kläger u.a.
vor, hinsichtlich des Pferdes A hätten er und MX eine GbR
gegründet mit dem Ziel, mit dem Pferd erfolgreich an
Leistungsprüfungen teilzunehmen. Daher bestehe kein
Leistungsaustausch zwischen ihm und der GbR, sondern er, der
Kläger, leiste einen Gesellschafterbeitrag gegen Beteiligung
am Gewinn.
|
|
|
9
|
Mit Einspruchsentscheidung vom 18.12.2012
setzte das FA die Umsatzsteuer für das Streitjahr unter
Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 14.12.2011 höher
fest. Es nahm an, dass der Kläger eine unentgeltliche
Wertabgabe an die GbR (Pferd A) ausgeführt habe.
|
|
|
10
|
Im Laufe des Klageverfahrens hat das FA
unter dem 15.12.2015 einen Änderungsbescheid zur Umsatzsteuer
2009 erlassen und die Steuer erneut höher festgesetzt. Das FA
nahm an, dass auch für die Pferde B und C eine unentgeltliche
Wertabgabe anzusetzen sei, da auch diese Pferde (hinsichtlich des
Pferdes C: „möglicherweise“) im Miteigentum des
Klägers stünden. Außerdem sei die unentgeltliche
Wertabgabe für das Pferd A um weitere, bisher nicht
berücksichtigte Kosten zu erhöhen. Der Bescheid wurde zum
Gegenstand des Klageverfahrens.
|
|
|
11
|
Darüber hinaus hat das FA im Laufe des
Klageverfahrens mitgeteilt, dass es an der Einordnung als
unentgeltliche Wertabgabe nicht mehr festhalte. Der Kläger
habe bezüglich A, B und C eine einheitliche steuerbare und
steuerpflichtige Leistung an die jeweilige Eigentümer-GbR
erbracht. Auf diese Leistung sei die Mindestbemessungsgrundlage des
§ 10 Abs. 5 UStG anzuwenden. Diese sei nach den bei der
Ausführung der Leistung entstandenen Kosten zu ermitteln und
setze sich aus den Ausgaben für die Pferdepension sowie den
sonstigen Kosten für Tierarzt, Hufschmied u.Ä. zusammen,
die nicht mit dem Preis für Pension und Beritt abgegolten
seien.
|
|
|
12
|
Der 2. Senat des FG Mecklenburg-Vorpommern
gab der Klage in ihrem (nach zeitweiliger Klageerweiterung und
-rücknahme) verbliebenen (hier noch streitigen) Teil mit
seinem in EFG 2018, 1835 veröffentlichten Urteil vom
17.05.2018 - 2 K 6/13 = SIS 18 15 04 statt und setzte die
Umsatzsteuer antragsgemäß herab. An dem Urteil hat -
entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan des FG für das
Jahr 2018 - der damalige Präsident des FG, …,
mitgewirkt.
|
|
|
13
|
Das FG nahm an, bei den
platzierungsabhängigen Preisgeldern, die der Kläger bei
Turnieren im In- und Ausland erritten habe, handele es sich nicht
um eine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches gegen
Entgelt. Im Hinblick auf die Pferde A, B und C, die im Miteigentum
des Klägers stünden, sei das FA unzutreffend davon
ausgegangen, dass der Kläger eine entgeltliche Leistung
gegenüber einer Gesellschaft erbracht habe, auf die die
Mindestbemessungsgrundlage anzuwenden sei.
|
|
|
14
|
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) sowie -
erstmals mit Schriftsatz vom 26.04.2019 - die nicht
vorschriftsgemäße Besetzung des FG (Besetzungsmangel
i.S. des § 119 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) als
Verfahrensfehler.
|
|
|
15
|
Das FA vertritt in materieller Hinsicht die
Auffassung, dass die platzierungsabhängigen Preisgelder
Entgelte für steuerpflichtige Leistungen seien. Nur das
Preisgeld, das der Eigentümer des Pferdes vom Veranstalter
erhalte, könne nach neuerer Rechtsprechung nicht steuerbar
sein. Die Turnierteilnahme mit fremden Pferden beruhe allerdings
auf anderen Vertragsbeziehungen. Das Urteil des FG lasse nicht
erkennen, welche Leistungen des Klägers es für trennbar
halte und was zur Leistung „Turniervorbereitung“
gehöre. Das FA gehe weiter von einer Gesamtleistung
aus.
|
|
|
16
|
Mit Schreiben vom 26.04.2019 hat das FA
außerdem auf Anfrage des Senats mitgeteilt, entsprechend dem
Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.03.2019 - V B 34/17
(BFHE 263, 317, BStBl II 2019, 489 = SIS 19 02 14) liege im
Streitfall ein Besetzungsmangel vor. Aus dem
Geschäftsverteilungsplan des FG für das Jahr 2018 sei
nicht ersichtlich, mit welchem Anteil seiner Arbeitskraft der
Präsident des FG seinem Senat im FG zugewiesen sei.
|
|
|
17
|
Nachdem der Senat die Beteiligten auf das
Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27.05.2019
(BStBl I 2019, 512 = SIS 19 06 60) hingewiesen hatte, hat das FA
mitgeteilt, dass es an der in der Revisionsbegründung
vertretenen Auffassung festhalte, dass die erfolgsabhängige
Vergütung, die der Kläger für Turnierteilnahmen
erhalte, für eine gegenüber dem Eigentümer des
jeweiligen Pferdes erbrachte Leistung gezahlt werde. Diese Leistung
sei damit auch nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens
steuerbar.
|
|
|
18
|
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
|
|
|
19
|
Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
20
|
II. Die Revision ist unbegründet; sie ist
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat im
Ergebnis zu Recht angenommen, dass die erhaltenen Preisgelder kein
Entgelt für eine steuerbare Leistung des Klägers sind.
Auch hat das FG, obwohl es zu den Pferden B und C keine
hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, das
Vorliegen einer zu besteuernden unentgeltlichen Wertabgabe und die
Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage im Ergebnis zutreffend
verneint (§ 126 Abs. 4 FGO). Auch hat das FG (insoweit
stillschweigend) den Vorsteuerabzug des Klägers zutreffend
nicht vermindert, so dass die Revision des FA nicht aus anderen
Gründen Erfolg hat. Auf die Frage, ob eine einheitliche
Leistung vorliegt, kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob
zwischen dem Kläger und den Miteigentümern der Pferde A,
B und C eine GbR oder eine Bruchteilsgemeinschaft besteht.
|
|
|
21
|
1. Die vom FA erstmals mit Schriftsatz vom
26.04.2019 erhobene Besetzungsrüge ist außerhalb der
hierfür maßgeblichen Frist erhoben worden und daher
unzulässig.
|
|
|
22
|
a) Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 FGO muss die
Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe
enthalten, und zwar, soweit die Revision darauf gestützt wird,
dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, u.a. die
Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben (§ 120 Abs.
3 Nr. 2 Buchst. b FGO). Dies muss bei - nicht von Amts wegen zu
beachtenden - Verfahrensfehlern innerhalb der
Revisionsbegründungsfrist geschehen (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 29.05.2008 - VI R 11/07, BFHE
221, 182, BStBl II 2008, 933 = SIS 08 29 15, unter II.1., Rz 9; vom
17.12.2008 - XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798 = SIS 09 12 87, unter
II.1., Rz 20; vom 28.06.2017 - XI R 12/15, BFHE 258, 532 = SIS 17 14 66, Rz 57; vom 19.01.2017 - IV R 50/14, BFHE 257, 35, BStBl II
2017, 456 = SIS 17 06 28, Rz 73).
|
|
|
23
|
b) Nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1
FGO ist die Revision grundsätzlich innerhalb von zwei Monaten
nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen.
Die Frist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem
Vorsitzenden verlängert werden (§ 120 Abs. 2 Satz 3 FGO).
Dies ist im Streitfall auf Anordnung des Vorsitzenden mit Schreiben
der Senatsgeschäftsstelle vom 03.09.2018 geschehen. Die
Revisionsbegründungsfrist hat danach am 30.11.2018 geendet.
Innerhalb dieser Frist hat das FA keine Besetzungsrüge
erhoben.
|
|
|
24
|
c) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die
nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts ein
absoluter Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 1 FGO ist. Die
Frage der vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts
erster Instanz ist trotz dieses Umstands nicht von Amts wegen zu
prüfen (vgl. BFH-Urteil vom 15.11.1967 - IV R 139/67, BFHE 90,
399, BStBl II 1968, 152 = SIS 68 01 04, Leitsatz 1 und unter A, Rz
18 ff.; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.05.1963 - 2
BvR 106/63, BVerfGE 16, 124, Rz 9).
|
|
|
25
|
d) Es ist weder vorgetragen noch sonst
ersichtlich, dass das FA ohne sein Verschulden daran gehindert
gewesen sein könnte, die Besetzungsrüge innerhalb der
Revisionsbegründungsfrist geltend zu machen, so dass insoweit
auch die - vom FA nicht beantragte - Gewährung einer
Wiedereinsetzung von Amts wegen ausscheidet. Dass das FA diese
Rüge innerhalb der Frist hätte erheben können, zeigt
insbesondere die Verfahrensgeschichte des Verfahrens V B 34/17
(vgl. BFH-Beschluss in BFHE 263, 317, BStBl II 2019, 489 = SIS 19 02 14, Rz 9), in dem die nämliche Verfahrensrüge von dem
dortigen Verfahrensbeteiligten bereits im Jahr 2017 erhoben worden
sein muss.
|
|
|
26
|
2. Das FG hat zutreffend angenommen, dass die
Preisgelder, die der Kläger im Falle einer erfolgreichen
Teilnahme an einem Turnier (vom Veranstalter oder vom
Eigentümer des Pferdes) erhalten hat, kein Entgelt für
eine steuerbare Leistung sind.
|
|
|
27
|
a) Entgelt ist gemäß § 10 Abs.
1 Satz 2 UStG (in der für das Streitjahr geltenden Fassung)
grundsätzlich alles, was der Leistungsempfänger
aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der
Umsatzsteuer.
|
|
|
28
|
b) Dies setzte im Streitjahr Art. 73 der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in nationales Recht
um; danach ist Besteuerungsgrundlage „alles, was den Wert
der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder
Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber
oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält
oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem
Preis dieser Umsätze zusammenhängenden
Subventionen“.
|
|
|
29
|
c) Trotz der vorhandenen
Formulierungsunterschiede führen die unter II.2.a und b
genannten Regelungen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH
(grundlegend Urteil vom 19.10.2001 - V R 48/00, BFHE 196, 376,
BStBl II 2003, 210 = SIS 02 02 58, unter II.3.c, Rz 26; vgl. auch
BFH-Urteile vom 06.05.2010 - V R 15/09, BFHE 230, 252, BStBl II
2011, 142 = SIS 10 22 99, Rz 11; vom 03.07.2014 - V R 1/14, BFHE
246, 562 = SIS 14 28 04, Rz 22; vom 22.02.2017 - XI R 17/15, BFHE
257, 169, BStBl II 2017, 812 = SIS 17 06 22, Rz 24 und 26) zum
selben Ergebnis: Eine Zahlung/Aufwendung ist grundsätzlich
(nur) dann Entgelt/Gegenleistung für eine bestimmte Leistung,
wenn sie „für die Leistung“ bzw.
„für diese Umsätze“ gewährt wird
bzw. der Leistende sie hierfür erhält.
|
|
|
30
|
d) Nach ständiger Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH setzt
daher auch i.S. des § 10 UStG bzw. Art. 73 MwStSystRL eine
„Leistung gegen Entgelt“ das Bestehen eines
unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer
tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung
voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem
Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in
dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei
die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen
Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte
Dienstleistung bildet (vgl. u.a. EuGH-Urteile Tolsma vom 03.03.1994
- C-16/93, EU:C:1994:80 = SIS 94 14 34, Rz 13 und 14; Gemeente
Borsele vom 12.05.2016 - C-520/14, EU:C:2016:334 = SIS 16 09 60, Rz
24; Lajver vom 02.06.2016 - C-263/15, EU:C:2016:392, Rz 26;
BFH-Urteile vom 30.08.2017 - XI R 37/14, BFHE 259, 175, BStBl II
2019, 336 = SIS 17 18 92, Rz 19; vom 02.08.2018 - V R 21/16, BFHE
262, 548, BStBl II 2019, 339 = SIS 18 18 63, Rz 22, m.w.N.).
|
|
|
31
|
e) Mit der Frage, inwieweit bei der Teilnahme
an einem Wettbewerb ein unmittelbarer Zusammenhang vorliegt und
inwieweit nicht, hat sich der EuGH in seinem Urteil
Baštová vom 10.11.2016 - C-432/15 (EU:C:2016:855 = SIS 16 23 84) befasst.
|
|
|
32
|
aa) Frau Baštová betrieb einen
Rennstall, in dem sie ihre eigenen Pferde sowie die Pferde Dritter,
die ihr zur Vorbereitung auf Rennen anvertraut waren, hielt und
ausbildete (Rz 14). Ein Teil der Einnahmen von Frau
Baštová bestand in Preisgeldern für die
Platzierung der eigenen Pferde in Rennen und in Traineranteilen an
Preisgeldern für die Platzierung der Pferde Dritter in Rennen
(Rz 15). Der dortige Streitfall betraf daher eigene und fremde
Pferde.
|
|
|
33
|
bb) Der EuGH hat dazu - abweichend von der
Auffassung der Kommission und dem Vorschlag des Generalanwalts Wahl
(Schlussanträge vom 14.06.2016, EU:C:2016:438, Rz 23, 36 ff.)
- entschieden (EuGH-Urteil Baštová, EU:C:2016:855,
Tenor Ziff. 1 und Rz 40), dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL
dahin auszulegen ist, dass die Überlassung eines Pferdes durch
seinen Eigentümer, der Steuerpflichtiger ist, an den
Veranstalter eines Pferderennens zwecks Teilnahme des Pferdes an
diesem Rennen keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung
darstellt, wenn für sie weder ein Antrittsgeld noch eine
andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur die
Eigentümer der Pferde mit einer erfolgreichen Platzierung in
dem Rennen ein - sei es auch ein im Voraus festgelegtes - Preisgeld
erhalten. Die Überlassung eines Pferdes stelle dagegen eine
gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn der Veranstalter
für sie eine von der Platzierung des Pferdes in dem Rennen
unabhängige Vergütung zahle. Eine Entscheidung zu den
Traineranteilen an den Preisgeldern für fremde Pferde hat der
EuGH nicht getroffen, so dass dem FA im Ausgangspunkt darin
beizupflichten ist, dass der Tenor die Fallgruppe fremder Pferde
nicht betrifft. Ebenso wenig ergibt sich aus dem Tenor
ausdrücklich, was gilt, wenn ein platzierungsabhängiges
Preisgeld mit einem nicht erfolgsabhängigen Entgelt
(Antrittsgeld) zusammentrifft.
|
|
|
34
|
cc) Allerdings ergibt sich aus der
Begründung des EuGH mit der für eine abschließende
Sachentscheidung des Senats erforderlichen Deutlichkeit, dass auch
im Falle der Turnierteilnahme mit fremden Pferden für
Zahlungen an den Reiter ein unmittelbarer Zusammenhang zu verneinen
ist:
|
|
|
35
|
(1) Zur Begründung, warum ein
unmittelbarer Zusammenhang zu verneinen ist, hat der EuGH (Urteil
Baštová, EU:C:2016:855, Rz 37) erstens maßgeblich
darauf abgestellt, dass das Preisgeld nicht für die
Überlassung des Pferdes durch seinen Eigentümer an den
Rennveranstalter gezahlt werde, sondern für die Erzielung
eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses (erfolgreiche Platzierung).
Auch wenn sich der Rennveranstalter zur Zahlung des Preisgelds
verpflichtet haben sollte, hänge der Erhalt von der Erzielung
einer besonderen Leistung ab und unterliege gewissen
Unwägbarkeiten, was einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen
der Überlassung des Pferdes und dem Erhalt des Preisgelds
ausschließe.
|
|
|
36
|
Dies trifft auf die Anteile an den
Preisgeldern, die ein Reiter vom Eigentümer des Pferdes
erhält, wenn er mit einem fremden Pferd erfolgreich an einem
Turnier teilnimmt, in gleicher Weise zu: Auch dann wird der Anteil
des Preisgelds vom jeweiligen Eigentümer an den Reiter
für das vom Reiter erzielte Wettbewerbsergebnis (und nicht
für das Reiten des Pferdes, die Turniervorbereitung, eine
Pensionsleistung oder eine Gesamtleistung aus allem) gezahlt. Dies
unterliegt beim Reiter denselben Unwägbarkeiten wie beim
Pferd.
|
|
|
37
|
(2) Weiterhin hat der EuGH (Urteil
Baštová, EU:C:2016:855, Rz 38) darauf abgestellt, dass
die gegenteilige Lösung, bei der das gegebenenfalls gewonnene
Preisgeld als tatsächliche Gegenleistung für die
Überlassung des Pferdes durch seinen Eigentümer an den
Rennveranstalter eingestuft würde, darauf hinaus laufe, dass
die Einstufung dieser Überlassung als steuerpflichtigen Umsatz
entgegen der ständigen Rechtsprechung des EuGH von dem
Ergebnis abhängig gemacht würde, das das Pferd in dem
Rennen erzielt hat.
|
|
|
38
|
Auch dies trifft auf den Reiter, der nur auf
fremden Pferden reitet, in gleicher Weise zu. Auch bei ihm hinge
die Einstufung des Reitens als steuerpflichtiger Umsatz entgegen
der ständigen Rechtsprechung des EuGH vom
(preisgeldauslösenden Renn-)Ergebnis ab.
|
|
|
39
|
dd) Ebenso ergibt sich aus der Begründung
des EuGH, was in Fällen gilt, in denen ein
platzierungsabhängiges Preisgeld mit einem nicht
erfolgsabhängigen Entgelt zusammentrifft: Der EuGH hat
ausgeführt (Urteil Baštová, EU:C:2016:855, Rz 39),
dass bei Zahlung eines Antrittsgelds (nur) das vom Rennveranstalter
an den Eigentümer des Pferdes gezahlte Antrittsgeld die
tatsächliche Gegenleistung für die ihm erbrachte
Dienstleistung, sein Pferd bei dem Rennen antreten zu lassen,
sei.
|
|
|
40
|
Ist danach nach Auffassung des EuGH das
Antrittsgeld Gegenleistung für die Teilnahme, sind eventuell
zusätzlich vereinnahmte Preisgelder nicht als - weitere -
Gegenleistung für die Leistung, das Pferd antreten zu lassen,
anzusehen. Das Preisgeld wird weiterhin nicht für die
Teilnahme, sondern nur für das Wettbewerbsergebnis gezahlt.
Dass aufgrund der hinzu kommenden Zahlung eines Antrittsgelds ein
zuvor nicht bestehender unmittelbarer Zusammenhang zwischen der
Teilnahme und den platzierungsabhängigen Preisgeldern
entstehen könnte, ergibt sich aus dem Urteil nicht.
|
|
|
41
|
f) Der BFH ist dieser Rechtsprechung des EuGH
gefolgt.
|
|
|
42
|
aa) So gilt sie auch für eine GmbH, die
mit eigenen Pferden an Turnieren teilnahm (vgl. BFH-Urteil in BFHE
262, 548, BStBl II 2019, 339 = SIS 18 18 63). Der BFH hat sie
außerdem auf sämtliche Spielgewinne eines
Berufspokerspielers (und zwar nicht nur in Pokerturnieren, sondern
auch in sog. Cash-Games, vgl. BFH-Urteil in BFHE 259, 175, BStBl II
2019, 336 = SIS 17 18 92, Rz 13, 25) und auf die Teilnahme an einer
Fernsehshow mit der Möglichkeit auf einen
„Projektgewinn“ übertragen (BFH-Beschluss
vom 25.07.2018 - XI B 103/17, BFH/NV 2019, 299 = SIS 18 22 51, Rz
10), wobei im dortigen Fall neben dem nicht als Entgelt
anzusehenden Preisgeld wohl auch platzierungsunabhängige
Zahlungen geleistet wurden (vgl. Urteil des FG Münster vom
12.09.2017 - 15 K 2665/14 U, EFG 2019, 734 = SIS 19 09 11, Rz 22
und 23).
|
|
|
43
|
bb) Daneben hat der BFH im Fall eines
Boxtrainers, der u.a. Anteile an der Netto-Kampf-Börse des
jeweiligen Boxers erhielt, dem FG aufgegeben zu prüfen, ob die
EuGH-Urteilsgrundsätze „möglicherweise
relevant“ sind (vgl. BFH-Urteil vom 23.07.2019 - XI R
7/17, BFH/NV 2020, 106 = SIS 19 18 94, Rz 29; s. dazu auch
Suabedissen, HFR 2020, 166).
|
|
|
44
|
cc) Umgekehrt hat der BFH die Anwendung der
Urteilsgrundsätze auf sämtliche Fälle
erfolgsabhängiger Vergütungen abgelehnt. Die
Rechtsprechung gilt z.B. nicht für die Veranstaltung des
Geldautomaten-Glücksspiels (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.2019 -
XI R 13/18, BStBl II 2020, 296 = SIS 20 03 40), für das
erfolgsabhängige Honorar einer Rechtsanwaltskanzlei (vgl.
BFH-Urteil vom 13.02.2019 - XI R 1/17, BFHE 263, 560 = SIS 19 05 51, Rz 45 ff., 48, auch den Vorsteuerabzug aus den
Eingangsleistungen der Kanzlei bejahend) und nicht für
verfallende Prepaid-Guthaben oder Prämienpunkte (vgl.
BFH-Urteile vom 10.04.2019 - XI R 4/17, BFHE 264, 382, BStBl II
2019, 635 = SIS 19 10 06, Rz 29; vom 26.06.2019 - V R 64/17, BFHE
264, 542, BStBl II 2019, 640 = SIS 19 11 75, Rz 24). Abgeleitet
wurde dies u.a. aus der Rechtsprechung des EuGH zur Steuerbarkeit
der Leistungen von Vermittlern (z.B. EuGH-Urteile Ludwig vom
21.06.2007 - C-453/05, EU:C:2007:369 = SIS 07 23 31, Rz 15 ff.;
baumgarten sports & more vom 29.11.2018 - C-548/17, EU:C:2018:970 =
SIS 18 18 96, Rz 30 f.; zum Makler s.a. Schlussanträge des
Generalanwalts Wahl vom 14.06.2019 in der Rechtssache
Baštová, EU:C:2016:438, Rz 39).
|
|
|
45
|
g) Ausgehend davon muss der Senat auch im
Streitfall nicht abschließend entscheiden, welche Reichweite
aus seiner Sicht die Ausführungen des EuGH im Urteil
Baštová (EU:C:2016:855) haben. Jedenfalls auf
Fälle der vorliegenden Art, in dem der Leistende selbst an dem
Wettbewerb teilnimmt und einen Anteil an dem Preisgeld, das
für das von ihm selbst erzielte Wettbewerbsergebnis an einen
Dritten gezahlt wird, von dem Dritten erhält, gelten die
Ausführungen des EuGH aus den unter II.2.e genannten
Gründen entsprechend (a.A. Urteil des FG Münster vom
19.09.2019 - 5 K 2510/18 U, juris = SIS 19 17 67, Rz 52). Die
Zahlung wird auch in diesem Fall für das Wettbewerbsergebnis
des Leistenden gezahlt, obwohl die Zahlung rechtlich durch einen
Dritten, der das Preisgeld vom Veranstalter erhalten hat, und nicht
vom Veranstalter selbst erfolgt. Das Preisgeld ist keine Zahlung
für andere (ggf. steuerbare) Leistungen des Leistenden. Es
gehört daher auch nicht zu deren Entgelt und fließt
nicht in die Bemessungsgrundlage anderer steuerbarer Leistungen
ein.
|
|
|
46
|
h) Auf die Frage, ob die - in den Grenzen des
§ 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich überprüfbare -
tatsächliche Würdigung des FG, der Kläger habe an
die Pferdeeigentümer getrennte Leistungen erbracht, mit den Rz
74 und 75 des EuGH-Urteils Baštová (EU:C:2016:855) zu
vereinbaren ist, kommt es deshalb insoweit ebenso wenig an wie auf
die Frage, ob die Turnierteilnahmen des Klägers mit Pferden,
die in seinem Miteigentum stehen, als Teilnahmen mit eigenen
Pferden oder mit fremden Pferden anzusehen sind. Der oben zu II.2.g
beschriebene Grundsatz gilt für eigene und fremde Pferde
gleichermaßen und hängt nicht davon ab, ob und ggf.
welche steuerbare Leistung(en) vom Leistenden erbracht wird bzw.
werden, mit denen die Zahlung für das Wettbewerbsergebnis
jedoch nicht in unmittelbarem Zusammenhang steht.
|
|
|
47
|
3. Zutreffend gehen mittlerweile beide
Beteiligte übereinstimmend (wie auch im Ergebnis das FG) davon
aus, dass der Kläger mit den nur anteilig an die
Miteigentümer (weiter-)berechneten Vorgängen keine
unentgeltliche Wertabgabe an die Gesamtheit der Miteigentümer
(ob nun in der Rechtsform der Bruchteilsgemeinschaft oder der GbR)
ausgeführt hat.
|
|
|
48
|
a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt
werden gemäß § 3 Abs. 9a UStG gleichgestellt die
Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum
vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen
Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens
liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern
keine Aufmerksamkeiten vorliegen (Nr. 1), oder die unentgeltliche
Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer
für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder
für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine
Aufmerksamkeiten vorliegen (Nr. 2).
|
|
|
49
|
aa) Dies beruht auf Art. 26 Abs. 1 Buchst. a
MwStSystRL, der die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen
durch den Steuerpflichtigen einer Dienstleistung gegen Entgelt
gleichstellt, wenn sie für den privaten Bedarf des
Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder
allgemein für unternehmensfremde Zwecke erfolgen.
|
|
|
50
|
bb) Erfasst sind daher nicht nur, wie das FG
möglicherweise angenommen hat, Leistungen für den
privaten Bedarf von Dritten, sondern auch Leistungen für den
privaten Bedarf des Unternehmers selbst (vgl. EuGH-Urteil Danfoss
und AstraZeneca vom 11.12.2008 - C-371/07, EU:C:2008:711 = SIS 09 03 21, Rz 48; BFH-Urteile vom 18.05.1993 - V R 134/89, BFHE 172,
159, BStBl II 1993, 885 = SIS 93 22 24, unter II.1., Rz 8; vom
13.07.1994 - XI R 55/93, BFHE 175, 160, BStBl II 1994, 907 = SIS 94 20 42, unter II.4., Rz 18; s.a. BTDrucks 14/23, S. 196; Probst in
Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 3 Abs. 9a, Rz
83). Leistung i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ist alles, was
seiner Art nach Gegenstand von sonstigen Leistungen i.S. des §
3 Abs. 9 UStG sein kann und nicht bereits unter § 3 Abs. 9a
Nr. 1 UStG fällt (vgl. BFH-Urteil vom 05.04.1984 - V R 51/82,
BFHE 140, 393, BStBl II 1984, 499 = SIS 84 10 17; Abschn. 3.4 Abs.
1 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ). Auch ein
vorheriger Vorsteuerabzug wird insoweit überwiegend nicht als
erforderlich angesehen (vgl. zum früheren Recht BFH-Urteil in
BFHE 172, 159, BStBl II 1993, 885 = SIS 93 22 24, unter II.2., Rz
19; zum neuen Recht s. BTDrucks 14/23, S. 197; Birkenfeld in
Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 24 Rz 170;
Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 17 Rz 155,
174; Heuermann in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3 Rz
655; Bunjes/Leonard, UStG, 18. Aufl., § 3 Rz 265; a.A. Stadie,
UStG, 3. Aufl., § 3 Rz 181: teleologische Reduktion).
Entsprechend abweichend sind § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3
UStG gefasst.
|
|
|
51
|
cc) Nicht steuerbar ist dagegen die
Gewährung unentgeltlicher sonstiger Leistungen aus
unternehmerischen Gründen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.12.2003
- V R 48/02, BFHE 204, 349, BStBl II 2006, 384 = SIS 04 09 31,
unter II.5., Rz 26; EuGH-Urteil Danfoss und AstraZeneca,
EU:C:2008:711, Tenor Ziff. 2 und Rz 51 ff.; Abschn. 3.4 Abs. 1 Satz
3 UStAE).
|
|
|
52
|
b) Damit liegt im Streitfall eine
unentgeltliche Wertabgabe nicht vor.
|
|
|
53
|
aa) Dies leitet das FA mittlerweile daraus ab,
dass der Kläger eine einzige Leistung erbracht habe, die
allerdings nicht unentgeltlich sei, weil die anderen
Miteigentümer Zahlungen geleistet haben. Aus Sicht des FA
lägen damit jedenfalls Entgelte von Dritter Seite (§ 10
Abs. 1 Satz 3 UStG a.F.) vor, so dass eine unentgeltliche Leistung
ausscheide.
|
|
|
54
|
bb) Das FG hat allerdings die unentgeltliche
Wertabgabe unter der Prämisse verneint, der Kläger habe
getrennte Leistungen an die anderen Miteigentümer erbracht.
Das Vorliegen einer GbR hat das FG insoweit für alle drei
Pferde verneint. Nicht ersichtlich ist indes, welche Gegenleistung
aus Sicht des FG für die weitere Leistung vom anderen
Miteigentümer gezahlt worden sein soll.
|
|
|
55
|
Die Revision macht außerdem zu Recht
geltend, dass das FG hinsichtlich der Pferde B und C keine
tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, die die
Schlussfolgerung, es liege keine Leistung an die Gesamtheit der
Miteigentümer vor, rechtfertigen könnten. Teilweise ist
schon unklar, ob das FG von Miteigentum des Klägers an zwei (A
und B) oder drei Pferden (A, B und C) ausgeht. Wann von wem der
Kläger einen Miteigentumsanteil erworben hat, ist - anders als
für das Pferd A - ebenso wenig klar wie der Inhalt des
zugrunde liegenden Vertrages und seine Rechtsnatur. Das FG hat ohne
eine solche Annahme rechtfertigende Nachweise, die sich in der
Sphäre des Klägers befinden müssen, unterstellt,
dass die Rechtsverhältnisse dort identisch seien.
|
|
|
56
|
cc) Gleichwohl bedarf es einer
Zurückverweisung zur weiteren Aufklärung dieser Tatfragen
nicht; denn der Kläger hat im Klageverfahren bereits zu Recht
darauf hingewiesen, dass eine unentgeltliche Wertabgabe im
Streitfall ohnehin schon aus dem Grund ausscheidet, dass eine
gedachte unentgeltliche Leistung nicht für Zwecke, die
außerhalb des Unternehmens liegen oder für den privaten
Bedarf seines Personals, erbracht wäre.
|
|
|
57
|
(1) Der EuGH hat in den Rz 49 und 52 des
Urteils Baštová (EU:C:2016:855) in Bezug auf den
Vorsteuerabzug ausgeführt, dass Frau Baštová ein
Recht auf Abzug der gesamten Vorsteuer zusteht, die die
Aufwendungen für die Vorbereitung und Teilnahme der Pferde an
den Rennen belastet hat, wenn die Pferde tatsächlich für
den Verkauf bestimmt seien oder diese Teilnahme objektiv ein Mittel
zur Förderung der wirtschaftlichen Tätigkeit des von ihr
betriebenen Rennstalls sei. Sei dies der Fall, wiesen die
Aufwendungen für die Vorbereitung und die Teilnahme dieser
Pferde an den Pferderennen einen direkten und unmittelbaren
Zusammenhang mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit von
Frau Baštová auf, die im Betrieb eines solchen
Rennstalls besteht. U.a. könnten die Erfolge der Pferde in
Rennen dem Rennstallbetreiber eine stärkere Publizität
oder Aufmerksamkeit verschaffen, die den Preis seiner
Dienstleistungen für das Training der Pferde Dritter
beeinflussen können.
|
|
|
58
|
(2) Ausgehend davon erfolgte die vom FG als
getrennte Leistung angesehene Teilnahme des Klägers mit den in
seinem Miteigentum stehenden Pferden an den Turnieren und die dazu
erforderliche Vorbereitung - soweit diese vom anderen
Miteigentümer nicht vergütet wurden - zu
unternehmerischen Zwecken. Bei einem Turnier- und Ausbildungsstall
ist Ziel jeder Turnierteilnahme, den Ruf des Klägers und
seines Unternehmens zu mehren. Es ist hingegen nicht ersichtlich,
welchem privaten Bedarf des Klägers oder eines Dritten die
Leistungen des Klägers hätten dienen sollen.
|
|
|
59
|
c) Auf den Umstand, dass bei anderer
Sichtweise unter Umständen - zumindest teilweise - keine
unentgeltliche Wertabgabe zu besteuern, vielmehr der Vorsteuerabzug
für die Leistungen, die bezogen wurden, um diese
auszuführen, zu versagen sein könnte (vgl. BFH-Urteile
vom 09.12.2010 - V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53 = SIS 11 06 15; vom 13.01.2011 - V R 12/08, BFHE 232, 261, BStBl II 2012,
61 = SIS 11 06 14; vom 08.10.2014 - V R 56/13, BFHE 247, 384 = SIS 14 32 17; s. aber auch BFH-Beschluss vom 13.03.2019 - XI R 28/17,
BFHE 264, 367 = SIS 19 09 50), kommt es daher ebenfalls nicht mehr
an. Auch bedarf es keiner Klärung, ob zwischen dem Kläger
und den Miteigentümern eine GbR oder eine
Bruchteilsgemeinschaft besteht und ob der Kläger an diese eine
oder mehrere Leistungen ausgeführt haben könnte.
|
|
|
60
|
4. Im Ergebnis zutreffend hat daher das FG
auch die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage verneint.
|
|
|
61
|
a) Nach § 10 Abs. 5 UStG gilt § 10
Abs. 4 UStG entsprechend für Lieferungen und sonstige
Leistungen, die Körperschaften und Personenvereinigungen i.S.
des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des
Körperschaftsteuergesetzes, nichtrechtsfähige
Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres
Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder,
Teilhaber oder diesen nahestehende Personen sowie Einzelunternehmer
an ihnen nahestehende Personen ausführen (Nr. 1), sowie
für Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer
an sein Personal oder dessen Angehörige aufgrund des
Dienstverhältnisses ausführt (Nr. 2), wenn die
Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG das Entgelt nach
§ 10 Abs. 1 UStG übersteigt. Bei sonstigen Leistungen
i.S. des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG wird der Umsatz nach den bei
der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben
bemessen (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG).
|
|
|
62
|
b) Die Vorschrift stellt eine abweichende
Sondermaßnahme i.S. des Art. 27 Abs. 1 der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern (nunmehr Art. 395 Abs. 1 MwStSystRL) dar; sie ist
daher eng auszulegen und darf nur angewandt werden, soweit dies zur
Vermeidung von Missbräuchen und Steuerhinterziehungen
unbedingt erforderlich ist (EuGH-Urteil Skripalle vom 29.05.1997 -
C-63/96, EU:C:1997:263 = SIS 97 15 23, Rz 22 f., 25 f.; BFH-Urteile
vom 05.06.2014 - XI R 44/12, BFHE 245, 473, BStBl II 2016, 187 =
SIS 14 21 65, Rz 28; in BFHE 258, 532 = SIS 17 14 66, Rz 71). Die
Gefahr des Rechtsmissbrauchs oder der Steuerhinterziehung besteht
allerdings nicht, wenn sich aus den objektiven Umständen
ergibt, dass der Steuerpflichtige korrekt gehandelt hat (vgl.
EuGH-Urteil Skripalle, EU:C:1997:263, Rz 26; BFH-Beschluss vom
13.06.2018 - XI R 5/17, BFHE 262, 233 = SIS 18 13 69, Rz 62).
|
|
|
63
|
c) Mit der Mindestbemessungsgrundlage soll
sowohl nach der Begründung des ursprünglichen
Gesetzentwurfs (BTDrucks 8/1779, S. 38) als auch des Antrags auf
eine abweichende Sondermaßnahme (BFH-Beschluss vom 13.12.1995
- XI R 8/86, BFHE 179, 457 = SIS 96 08 20, unter II. und III.1., Rz
11 und 19) sichergestellt werden, dass Leistungen ohne angemessenes
Entgelt ebenso wie die entsprechenden unentgeltlichen Leistungen
besteuert werden und dass insoweit ein unversteuerter Endverbrauch
ausgeschlossen wird.
|
|
|
64
|
d) Der BFH hat daraus in ständiger
Rechtsprechung abgeleitet, dass aufgrund des Gebots der engen
Auslegung die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG
nur auf solche Leistungen anzuwenden ist, die auch bei
unentgeltlicher Leistung nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2, Abs.
9a UStG steuerbar sind (vgl. BFH-Urteile vom 15.11.2007 - V R
15/06, BFHE 219, 437, BStBl II 2009, 423 = SIS 08 17 94, unter
II.3.b, Rz 23; vom 27.02.2008 - XI R 50/07, BFHE 221, 410, BStBl II
2009, 426 = SIS 08 18 24, unter II.2.a und b bb, Rz 11 und 16; vom
29.05.2008 - V R 12/07, BFHE 221, 525, BStBl II 2009, 428 = SIS 08 31 26, unter II.1., Rz 11; vom 29.05.2008 - V R 17/07, BFH/NV 2008,
1893 = SIS 08 38 42, unter II.1., Rz 10; dem folgend Abschn. 10.7
Abs. 2 UStAE).
|
|
|
65
|
e) Dies ist hier jedoch aus den unter II.3.b
cc genannten Gründen nicht der Fall. Wäre die
Mindestbemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG
bei unentgeltlicher Leistungserbringung durch den Kläger nicht
anzuwenden, besteht kein Grund, es bei der vom FA angenommenen
verbilligten Leistungserbringung gleichwohl zu tun.
|
|
|
66
|
5. Aus den unter II.3.b cc genannten
Gründen steht dem Kläger (vom FG stillschweigend
ebenfalls angenommen) der geltend gemachte Vorsteuerabzug in
ungekürzter Höhe zu. Die unter II.3.d genannte
Rechtsprechung steht - da eine zu besteuernde unentgeltliche
Wertabgabe nicht vorliegt - dem Grunde nach ebenfalls dem
Vorsteuerabzug nicht entgegen.
|
|
|
67
|
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|