1
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine aus den Eheleuten X bestehende
Grundstücksgemeinschaft.
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Im Jahr 2005 begann sie auf einem im
Eigentum der Gemeinschafter stehenden Grundstück mit der
Errichtung einer Schweinezuchtanlage. Die vorsteuerbelasteten
Anschaffungs- und Herstellungskosten betrugen für die
Gebäude und die damit verbundenen Betriebsvorrichtungen ...
EUR und für sonstige Betriebsvorrichtungen ... EUR.
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Mit Pachtvertrag vom 1.10.2005 verpachtete
die Klägerin diese Anlage unter Verzicht gemäß
§ 9 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) auf die
Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG ab Juni
2006 an den gemeinsamen Sohn der Gemeinschafter, S, der einen
landwirtschaftlichen Betrieb führte, auf die
Durchschnittsbesteuerung nach § 24 UStG verzichtet hatte
(§ 24 Abs. 4 UStG) und deshalb gemäß § 15 UStG
zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt war. Als monatlicher Pachtzins
wurden ... EUR zzgl. Mehrwertsteuer vereinbart. Ab dem 1.7.2020
beträgt der Pachtzins ... EUR netto pro Monat.
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4
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Die im Zusammenhang mit der Anschaffung und
Herstellung anfallenden Vorsteuerbeträge machte die
Klägerin in ihren Umsatzsteuererklärungen für die
Jahre 2005 bis 2007 geltend. Aus der Verpachtung erklärte sie
steuerpflichtige Umsätze für das Streitjahr 2006 zu 16 %
in Höhe von ... EUR und für das Streitjahr 2007 zu 19 %
in Höhe von ... EUR.
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5
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Im Anschluss an eine bei der Klägerin
durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der
Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die
Auffassung, dass als Bemessungsgrundlage der
Verpachtungsumsätze der Klägerin nicht der vereinbarte -
dem S (zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer) in
Rechnung gestellte - Pachtzins in Höhe von ... EUR netto pro
Monat, sondern die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5
Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG anzusetzen sei. Der
Prüfer ermittelte unter Berücksichtigung der
Anschaffungs- und Herstellungskosten des Stalles und der
Betriebsvorrichtungen unter Verteilung der Kosten für das
Gebäude auf zehn Jahre und der für die
Betriebsvorrichtungen auf fünf Jahre eine
Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von ... EUR netto pro
Monat.
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6
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Das FA erhöhte die monatlichen
Umsätze der Klägerin dementsprechend um ... EUR und
setzte mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheiden vom 22.2.2010 die
Umsatzsteuer für das Streitjahr 2006 auf ... EUR sowie
für das Streitjahr 2007 auf ... EUR fest. Mit
Einspruchsentscheidung vom 24.3.2011 wies das FA die
Einsprüche der Klägerin als unbegründet
zurück.
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Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht
(FG) setzte unter Änderung der angefochtenen
Umsatzsteuerbescheide die Umsatzsteuer für die Streitjahre
antragsgemäß auf ... EUR bzw. ... EUR herab.
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Es führte in den Gründen seiner
Entscheidung aus, § 10 Abs. 5 UStG sei - möglicherweise
entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) - nicht
anwendbar, wenn - wie vorliegend - Leistungsbeziehungen zwischen
voll zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmern betroffen
seien.
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9
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Denn die Ausnahmeregelung des § 10
Abs. 5 UStG sei nicht durch die ihr zugrunde liegende
Ratsermächtigung gemäß Art. 27 der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) gedeckt, soweit der fragliche
Umsatz zwischen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen
stattfinde, weil auf dieser Stufe keine Steuerhinterziehung oder
-umgehung stattfinden könne. Dies entspreche auch Art. 80 Abs.
1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), auf dem zwar die
Vorschrift des § 10 Abs. 5 UStG nicht beruhe, der aber
allgemeine Grundsätze beinhalte, die bei der
richtlinienkonformen Auslegung der Sonderregelung in § 10 Abs.
5 UStG zu beachten seien.
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10
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Es komme demnach nicht darauf an, ob sich
die Klägerin unmittelbar auf Art. 80 Abs. 1 der MwStSystRL
berufen könne, und ob im Streitfall ein marktübliches
Entgelt ermittelbar bzw. gezahlt worden sei.
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11
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Das Urteil des FG ist in EFG 2013, 402 =
SIS 13 05 32 veröffentlicht.
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12
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Mit der vom FG zugelassenen Revision
rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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13
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Es bringt im Wesentlichen vor, die
Vorentscheidung stehe im Widerspruch zum BFH-Urteil vom 24.1.2008 V
R 39/06 (BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786 = SIS 08 14 82), wonach
eine Gefahr für eine Steuerumgehung, die zur Anwendung des
§ 10 Abs. 5 UStG führen müsse, auch dann vorliege,
wenn diese Gefahr sich - wie hier - erst später verwirkliche.
Das FG habe insoweit nicht berücksichtigt, dass S als
Leistungsempfänger mit Wirkung zum 1.1.2012 - mithin noch
innerhalb des zehnjährigen Berichtigungszeitraums des §
15a Abs. 1 UStG - wieder zur Durchschnittssatzbesteuerung nach
§ 24 UStG zurückgekehrt sei.
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14
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Die Grundstücksgemeinschaft könne
- trotz der Rückkehr des S zur Durchschnittssatzbesteuerung -
weiterhin auf die Steuerfreiheit ihrer Vermietungsumsätze
verzichten und müsse ihren Vorsteuerabzug selbst nicht i.S.
des § 15a UStG berichtigen. Bei S wäre ab 2012 - ohne
Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage - ein zu niedriger
Umsatzsteuerbetrag nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG vom
Vorsteuerausschluss betroffen.
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15
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Der Gefahr einer Steuerumgehung, die bei
Rechtsgeschäften zwischen nahen Angehörigen
grundsätzlich bestehe, könne nur durch § 10 Abs. 5
UStG begegnet werden, wenn nicht ausschließlich der Zeitpunkt
der Leistungserbringung betrachtet werde. Eine Anwendung des §
10 Abs. 5 UStG erst in einem nachfolgenden Besteuerungszeitraum
widerspreche wegen des Überwachungsaufwands und der damit
steigenden Gefahr des Steuerausfalls dem
Neutralitätsgrundsatz.
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Nach dem Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) vom 26.4.2012 C-621/10 und C-129/11
- Balkan and Sea Properties - (UR 2012, 435, HFR 2012, 675 = SIS 12 19 37) obliege es dem nationalen Gericht zu prüfen, ob
Steuerpflichtige vorhanden seien, die zum vollen Vorsteuerabzug
berechtigt seien, und damit keine Gefahr einer Steuerumgehung
bestehe. Der EuGH überlasse es in Rz 48 dieses Urteils den
nationalen Gerichten, unter welchen zeitlichen Aspekten ein
Unternehmer als Leistungsempfänger gelte, der zum vollen
Vorsteuerabzug berechtigt sei.
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Selbst wenn das FG die Anwendung des §
10 Abs. 5 UStG zu Recht auf Leistungen zwischen nicht zum vollen
Vorsteuerabzug Berechtigten beschränkt hätte, wären
die angefochtenen Steuerfestsetzungen rechtmäßig, weil
die Klägerin am 2.3.2010 den sich bei einer Anwendung der
Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 5 UStG
ergebenden Betrag dem S zuzüglich Mehrwertsteuer nachberechnet
habe, sodass insoweit ein unrichtiger Steuerausweis i.S. des §
14c Abs. 1 UStG vorliege. Nach dem BFH-Urteil vom 8.9.2011 V R 5/10
(BFHE 235, 481, BStBl II 2012, 620 = SIS 12 04 15) entstehe die
Steuer in den Fällen des unrichtigen Steuerausweises in dem
Zeitpunkt, in dem die Steuer - vorliegend in den Streitjahren -
entstanden sei.
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18
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Zudem ergebe sich aus dem Gesetzeswortlaut
und der Entstehungsgeschichte des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG, dass
ein nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldeter Mehrbetrag
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 UStG nur dann
mit der Ausgabe der Rechnung entstehe, soweit über eine nicht
steuerbare oder steuerfreie Leistung abgerechnet werde, was hier
nicht der Fall sei.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen, hilfsweise die
Rechtswidrigkeit der Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007
vom 22.2.2010 festzustellen.
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21
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Sie tritt der Revision entgegen und
führt dazu im Kern aus, die Mindestbemessungsgrundlage nach
§ 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG komme - wie
sich aus dem EuGH-Urteil - Balkan and Sea Properties - in UR 2012,
435, HFR 2012, 675 = SIS 12 19 37 ergebe - schon deshalb nicht zur
Anwendung, weil der Leistungsempfänger - der S - in den
Streitjahren zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt gewesen
sei.
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Die vom FA behauptete Veränderung der
für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse zum
1.1.2012 rechtfertige die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage
in den Streitjahren 2006 und 2007 nicht.
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23
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Der Vorsteuerabzug des Pächters S als
Leistungsempfänger unterliege - anders als der des
Empfängers einer Lieferung, wozu der BFH in BFHE 221, 388,
BStBl II 2009, 786 = SIS 08 14 82 entschieden habe - keiner
Vorsteuerberichtigung. Die in den Streitjahren bei S angefallenen
Vorsteuerbeträge seien endgültig.
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24
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Das FA könne mit seinem neuen
tatsächlichen Vorbringen zu der am 2.3.2010 ausgestellten
Rechnung, mit der die Klägerin den sich nach der
Mindestbemessungsgrundlage ergebenden Mehrbetrag dem S
zuzüglich Mehrwertsteuer nachberechnet habe, im
Revisionsverfahren nicht mehr gehört werden. Im Übrigen
entstehe die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer erst
mit Ausstellung der Rechnung und nicht schon rückwirkend in
den Festsetzungszeiträumen, in denen die Umsätze
ausgeführt worden seien, für die eine zu hohe Steuer
ausgewiesen werde.
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25
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II. Die Revision des FA ist unbegründet.
Sie war daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) zurückzuweisen.
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26
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Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden,
dass die infolge des Verzichts auf die Steuerbefreiung
gemäß § 9 Abs. 1, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a
UStG in vollem Umfang steuerpflichtigen Umsätze der
Klägerin aus der Verpachtung einer Schweinezuchtanlage nicht
nach der Mindestbemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs.
5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG, sondern nach dem Entgelt
i.S. des § 10 Abs. 1 UStG zu bemessen sind. Es kann im
Streitfall dahinstehen, ob - wie das FG meint - die Vorschriften
über die sog. Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 Nr.
1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG) nicht anwendbar sind, soweit
Leistungsbeziehungen zwischen voll zum Vorsteuerabzug berechtigten
Unternehmern betroffen sind.
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27
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1. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG
unterliegen entgeltliche Leistungen, die Körperschaften,
Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres
Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder,
Teilhaber oder diesen nahestehende Personen ausführen, der
sog. Mindestbemessungsgrundlage. Gegenüber nahestehenden
Personen - wie dem S - erfolgt die Besteuerung dann nicht auf der
Grundlage des vereinbarten Entgelts, sondern nach den
Bemessungsgrundlagen des § 10 Abs. 4 UStG (vgl. dazu
BFH-Urteil in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786 = SIS 08 14 82,
unter II.2.a).
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28
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a) § 10 Abs. 5 UStG stellt eine
abweichende Sondermaßnahme i.S. des Art. 27 Abs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG - nunmehr Art. 395 Abs. 1 der MwStSystRL -
dar. Die Vorschrift ist als abweichende nationale Maßnahme
zur Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen eng
auszulegen und darf nur angewandt werden, soweit dies hierfür
unbedingt erforderlich ist (vgl. BFH-Urteile vom 8.10.1997 XI R
8/86, BFHE 183, 314, BStBl II 1997, 840 = SIS 98 01 24; in BFHE
221, 388, BStBl II 2009, 786 = SIS 08 14 82; vom 27.2.2008 XI R
50/07, BFHE 221, 410, BStBl II 2009, 426 = SIS 08 18 24; vom
29.5.2008 V R 12/07, BFHE 221, 525, BStBl II 2009, 428 = SIS 08 31 26; vom 7.10.2010 V R 4/10, BFHE 232, 537, BFH/NV 2011, 930 = SIS 11 09 56; vom 19.6.2011 XI R 8/09, BFHE 234, 455, BFH/NV 2011, 2184
= SIS 11 34 38; ferner EuGH-Urteil vom 29.5.1997 C-63/96 -
Skripalle -, Slg. 1997, I-2847 = SIS 97 15 23, BStBl II 1997, 841 =
SIS 97 15 23, Rz 22 f.)
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29
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b) Der EuGH hat zu Art. 80 der MwStSystRL -
der die Bestimmungen des Art. 11 Teil A Abs. 6 der Richtlinie
77/388/EWG in der durch die Richtlinie 2006/69/EG des Rates vom
24.7.2006 geänderten Fassung übernommen hat - für
den Fall der Lieferung von Gegenständen oder der Erbringung
von Dienstleistungen zu einem künstlich niedrigen oder hohen
Preis, der zwischen Beteiligten vereinbart wird, die beide zum
vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, entschieden, dass auf dieser
Stufe keine Steuerhinterziehung oder -umgehung stattfinde (vgl.
EuGH-Urteil - Balkan and Sea Properties - in UR 2012, 435, HFR
2012, 675 = SIS 12 19 37, Rz 47). Erst beim Endverbraucher oder bei
einem eine „Mischung“ von Umsätzen
bewirkenden Steuerpflichtigen, der nur zu einem Pro-Rata-Abzug
berechtigt sei, könne ein künstlich hoher oder niedriger
Preis zu einem Steuerausfall führen. Nur wenn die von dem
Vorgang betroffene Person nicht zum vollen Vorsteuerabzug
berechtigt sei, bestehe ein Risiko von Steuerhinterziehung oder
-umgehung, dem die Mitgliedstaaten vorbeugen dürften (vgl.
EuGH-Urteil - Balkan and Sea Properties - in UR 2012, 435, HFR
2012, 675 = SIS 12 19 37, Rz 48).
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30
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c) Gemessen daran kommt die
Mindestbemessungsgrundlage - wie das FG zutreffend entschieden hat
und wovon das FA inzwischen auch selbst ausgeht - in den
Streitjahren nicht zur Anwendung; denn S war in den Streitjahren
zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt.
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31
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Über die Situation ab 2012 ist vorliegend
nicht zu befinden.
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32
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d) Soweit das FA vorbringt, eine Anwendung des
§ 10 Abs. 5 UStG erst in einem nachfolgenden
Besteuerungszeitraum widerspräche wegen des
Überwachungsaufwands und der damit steigenden Gefahr des
Steuerausfalls dem Neutralitätsgrundsatz, rechtfertigt dies
nicht die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage i.S. des §
10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG in den
Streitjahren.
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33
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Denn als bloße Vereinfachungsregelung
für die Steuererhebung darf die Vorschrift nicht herangezogen
werden (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 183, 314, BStBl II 1997, 840
= SIS 98 01 24; in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786 = SIS 08 14 82; ferner EuGH-Urteil - Skripalle - in Slg. 1997, I-2847, BStBl II
1997, 841 = SIS 97 15 23, Rz 30).
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34
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e) Danach bedarf es - entgegen der Ansicht des
FA - keiner Erörterung, ob vorliegend die
Mindestbemessungsgrundlage das marktübliche Entgelt
übersteigt (vgl. dazu EuGH-Urteil - Skripalle - in Slg. 1997,
I-2847, BStBl II 1997, 841 = SIS 97 15 23, Rz 26).
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35
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2. Dies steht im Ergebnis im Einklang mit der
Rechtsprechung des V. Senats des BFH in BFHE 221, 388, BStBl II
2009, 786 = SIS 08 14 82.
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36
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a) Nach der - vor dem EuGH-Urteil - Balkan and
Sea Properties - in UR 2012, 435, HFR 2012, 675 = SIS 12 19 37
ergangenen - Rechtsprechung des V. Senats des BFH besteht die
Gefahr von Steuerhinterziehungen und -umgehungen grundsätzlich
bei Rechtsgeschäften zwischen nahestehenden Personen, und zwar
nicht nur bei Leistungen an Personen, die nicht oder nur
eingeschränkt zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, sondern auch
bei Leistungen an Personen, die den Vorsteuerabzug nach § 15
UStG vollumfänglich in Anspruch nehmen können (vgl. dazu
BFH-Urteil in BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786 = SIS 08 14 82,
unter II.2.b), wenn nach Art. 20 der Richtlinie 77/388/EWG -
nunmehr Art. 184 der MwStSystRL - und § 15a UStG ggf. eine
Berichtigung des vom Leistungsempfänger in Anspruch genommenen
Vorsteuerabzugs bei einer späteren Änderung der
hierfür maßgeblichen Verhältnisse in Betracht
kommt. Die Berichtigung nach § 15a UStG beziehe sich auf den
Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers und erfolge somit auf
der Grundlage des Entgelts für die an diesen erbrachte
Leistung. Wäre § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG aufgrund der
Berechtigung des Leistungsempfängers zum Vorsteuerabzug nach
§ 15 UStG nicht anwendbar, würden Berichtigungen nach
§ 15a UStG auf der Grundlage eines Vorsteuerbetrags
vorgenommen, der auf einem verbilligten Entgelt beruhe, woraus sich
die Gefahr von Steuerumgehungen ergebe (vgl. BFH-Urteil in BFHE
221, 388, BStBl II 2009, 786 = SIS 08 14 82, unter II.2.b).
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37
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Die Finanzverwaltung hat sich dem
angeschlossen und festgelegt, dass es der Anwendung der
Mindestbemessungsgrundlage nicht entgegenstehe, wenn über eine
ordnungsgemäß durchgeführte Lieferung an einen
vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer abgerechnet werde (Abschn.
10.7. Abs. 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ).
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38
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b) Auch danach wären vorliegend die
streitigen Umsätze nicht nach der Mindestbemessungsgrundlage
zu bemessen.
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39
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Denn auch soweit S - wie das FA nunmehr
vorbringt, wozu das FG jedoch keine Feststellungen getroffen hat -
zum 1.1.2012 von der allgemeinen Besteuerung zur
Durchschnittssatzbesteuerung zurückgekehrt sein sollte, was
nach § 15a Abs. 7 UStG als eine Änderung der
Verhältnisse zu werten wäre, kommt keine Berichtigung des
in den Streitjahren 2006 und 2007 aus dem streitigen Leistungsbezug
in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs i.S. des § 15a Abs. 1
und 2 UStG in Betracht, sodass vorliegend eine die Anwendung der
abweichenden Vorschriften über die Mindestbemessungsgrundlage
rechtfertigende Gefahr von Steuerhinterziehung und -umgehung nicht
besteht.
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40
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aa) Im Streitjahr 2006 galt § 15a Abs. 4
UStG in der durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in
nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften
(Richtlinien-Umsetzungsgesetz) vom 9.12.2004 (BGBl I 2004, 3310)
eingefügten Fassung. Die Vorschrift lautete: „Die
Absätze 1 und 2 sind auf sonstige Leistungen, die nicht unter
Absatz 3 Satz 1 fallen, entsprechend anzuwenden.“ Danach
war der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn der Unternehmer eine
sonstige Leistung bezieht, die nicht in einen Gegenstand eingeht
oder an diesem ausgeführt wird und deren Verwendung anders zu
beurteilen ist, als dies im Zeitpunkt des Leistungsbezugs
beabsichtigt war (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen - BMF - vom 6.12.2005 IV A 5 - S 7316 - 25/05, BStBl I
2005, 1068 = SIS 06 01 88, Rz 43).
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41
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Eine sonstige Leistung, die unter die
Berichtigungspflicht nach § 15a Abs. 4 UStG fiel, war u.a. die
Anmietung eines Wirtschaftsguts (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I
2005, 1068 = SIS 06 01 88, Rz 44). Hiernach war die Pacht der
Schweinezuchtanlage grundsätzlich eine nach § 15a Abs. 4
UStG berichtigungspflichtige sonstige Leistung.
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bb) Allerdings wurde es aus
Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer
die Berichtigung des Vorsteuerabzugs auf solche sonstigen
Leistungen beschränkte, für die in der Steuerbilanz ein
Aktivposten gebildet werden müsste. Dies galt jedoch nicht,
soweit es sich um sonstige Leistungen handelte, für die der
Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor
Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen
konnte (Voraus- und Anzahlung). Unerheblich war, ob der Unternehmer
nach den §§ 140, 141 der Abgabenordnung (AO)
tatsächlich zur Buchführung verpflichtet war (vgl.
BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 1068 = SIS 06 01 88, Rz 46; Abschn.
217c Abs. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008).
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43
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cc) Diese Verwaltungsregelung wurde ab dem
1.1.2007 Gesetz. Nach der mit Wirkung zum 1.1.2007 durch Art. 8 Nr.
1 Buchst. b des Ersten Gesetzes zum Abbau bürokratischer
Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft
(BürokratieabbauG) vom 22.8.2006 (BGBl I 2006, 1970)
geänderten Fassung des § 15a Abs. 4 UStG ist die
Berichtigung auf solche sonstigen Leistungen zu beschränken,
für die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot
bestünde (§ 15a Abs. 4 Satz 2 UStG). Dies gilt jedoch
nicht, soweit es sich um sonstige Leistungen handelt, für die
der Leistungsempfänger bereits für einen Zeitraum vor
Ausführung der sonstigen Leistung den Vorsteuerabzug vornehmen
konnte (§ 15a Abs. 4 Satz 3 UStG). Unerheblich ist, ob der
Unternehmer nach den §§ 140, 141 AO tatsächlich zur
Buchführung verpflichtet ist (§ 15a Abs. 4 Satz 4
UStG).
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44
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Nach der Gesetzesbegründung zum
BürokratieabbauG wird durch § 15a Abs. 4 Sätze 2 bis
4 UStG „klargestellt, welche sonstigen Leistungen der
Berichtigung des Vorsteuerabzugs unterliegen“ (BRDrucks
302/06, S. 25).
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45
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dd) Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei
sonstigen Leistungen, die - wie im Streitfall - nicht unter §
15a Abs. 3 UStG fallen, ist demnach - mit Ausnahme für
sonstige Leistungen, für die der Unternehmer wie bei An- oder
Vorauszahlungen den Vorsteuerabzug geltend machen kann, bevor er
die Leistung bezogen hat - auf solche zu beschränken, für
die in der Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot besteht, wobei es
nicht darauf ankommt, ob der Unternehmer nach den §§ 140,
141 AO selbst zur Buchführung verpflichtet ist (vgl. dazu
Bunjes/Heidner, UStG, 12. Aufl., § 15a Rz 53; Nieskens in
Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15a A 27 bis
A 29).
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46
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Dies ist hier nicht der Fall. Denn ein - wie
hier von S - fortlaufend gezahltes Leistungsentgelt kann nicht als
Anschaffungskosten eines immateriellen Wirtschaftsguts
„Nutzungsrecht“ aktiviert werden (vgl. dazu z.B.
BFH-Urteile vom 19.6.1997 IV R 16/95, BFHE 183, 484, BStBl II 1997,
808 = SIS 97 22 26, unter II.3.; vom 20.11.2012 VIII R 31/09,
BFH/NV 2013, 527 = SIS 13 06 94, Rz 17; ferner
Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 32. Aufl., § 5 Rz 176, jeweils
m.w.N.). Zwar ist das aus einem Mietverhältnis - gleiches gilt
für ein hier vorliegendes Pachtverhältnis - folgende
Nutzungsrecht durch einen laufend zu entrichtenden Mietzins
entgeltlich erworben; gleichwohl ist das Nutzungsrecht nicht zu
bilanzieren, weil ihm ein schwebendes Geschäft zugrunde liegt,
das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Buchführung nicht in die Bilanz aufzunehmen ist, solange - wie
hier - das bestehende Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten
nicht durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände
gestört ist (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile in BFHE 183, 484,
BStBl II 1997, 808 = SIS 97 22 26, unter II.3.; in BFH/NV 2013, 527
= SIS 13 06 94, Rz 17; ferner zur Aktivierung von Nutzungsrechten
aus einem Mietvertrag Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz
100, Beispiele). Die von S aus der in den Streitjahren 2006 und
2007 von der Klägerin mit gesondertem Steuerausweis in
Rechnung gestellten Pacht der Schweinezuchtanlage in Anspruch
genommenen Vorsteuerbeträge sind mithin - selbst bei einer
Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen
Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 7 UStG - bei S nicht zu
berichtigen.
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3. Es kann dahinstehen, ob - wie die
Klägerin meint - bei der vom Senat zu treffenden
Revisionsentscheidung unberücksichtigt bleiben muss, dass -
wie das FA nunmehr unter Hinweis auf § 14c Abs. 1 UStG
vorbringt, wozu das FG zwar keine Feststellungen getroffen hat, was
die Klägerin jedoch mit Schriftsatz vom 8.5.2014
eingeräumt hat - diese am 2.3.2010 den sich nach der
Mindestbemessungsgrundlage ergebenden Mehrbetrag dem S
zuzüglich Umsatzsteuer nachträglich in Rechnung gestellt
hat (zur grundsätzlichen Nichtberücksichtigung von neuem
tatsächlichen Vorbringen im Revisionsverfahren vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 28.1.2014 VII R 26/10, BFHE 244, 480, BFH/NV 2014,
990 = SIS 14 11 46, Rz 16). Die Revision des FA wäre selbst
bei Berücksichtigung dieses neuen Sachverhalts
unbegründet, weil eine von der Klägerin mit Rechnung vom
2.3.2010 ausgewiesene überhöhte Steuer nicht in den
Streitjahren 2006 und 2007 entstanden wäre.
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a) Hat der Unternehmer in einer Rechnung
für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren
Steuerbetrag ausgewiesen, als er nach diesem Gesetz für den
Umsatz schuldet (unrichtiger Steuerausweis), schuldet er auch den
Mehrbetrag (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Die Steuer entsteht in
diesem Fall gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG in dem
Zeitpunkt, in dem die Steuer für die Lieferung oder sonstige
Leistung entsteht, spätestens jedoch mit der Ausgabe der
Rechnung. § 13 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 UStG wurde auf
Initiative des Bundesrats durch das Zweite Gesetz zur Änderung
steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz - StÄndG
- 2003) vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) eingefügt.
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Dies entspricht dem Unionsrecht. Die
Mitgliedstaaten können - da der Steuertatbestand bei einer zu
hoch ausgewiesenen Steuer die Ausgabe der Rechnung ist -
gemäß Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 Spiegelstrich 1 der
Richtlinie 77/388/EWG - nunmehr Art. 66 Satz 1 Buchst. a der
MwStSystRL - als Entstehungszeitpunkt spätestens die
Ausstellung der Rechnung vorsehen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE
235, 481, BStBl II 2012, 620 = SIS 12 04 15, Rz 25).
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b) Wird über eine bisher steuerfreie oder
nicht steuerbare Leistung erstmals mit Umsatzsteuer abgerechnet,
entsteht die Steuer bei richtlinienkonformer Auslegung des §
13 Abs. 1 Nr. 3 UStG erst im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung
(vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 235, 481, BStBl II 2012, 620 = SIS 12 04 15, Rz 25, m.w.N.). Dem hat sich die Finanzverwaltung in Abschn.
13.7. Satz 3 UStAE angeschlossen (vgl. dazu auch Abschn. 13.7.
Beispiel 2 UStAE).
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c) Nichts anderes gilt, wenn der leistende
Unternehmer - was hier mit der Nachberechnung des sich nach der
Mindestbemessungsgrundlage ergebenden Mehrbetrags zuzüglich
Mehrwertsteuer vom 2.3.2010 der Fall wäre - in einer
berichtigenden Rechnung über eine steuerbare und
steuerpflichtige Leistung einen höheren Steuerbetrag ausweist,
als er nach dem Gesetz schuldet. Entgegen der Ansicht der
Finanzverwaltung in Abschn. 13.7. Satz 2 UStAE (vgl. dazu auch
Abschn. 13.7. Beispiel 1 UStAE) kann auch in diesem Fall die nach
§ 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer jedenfalls nicht vor
Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstehen, in dem die Rechnung
erteilt worden ist (vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter,
a.a.O., § 13 Rz 389; Bunjes/Leonard, a.a.O., § 13 Rz 28;
Bunjes/Korn, a.a.O., § 14c Rz 30; Reiß/Seite in
Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 13 Rz 51; Leipold in
Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 13 Rz 85; ferner
Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 14c UStG Rz
7).
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aa) Zwar hatten die gesetzgebenden
Körperschaften - worauf das FA zutreffend hinweist und wie
sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt - bei Einfügung des
§ 13 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 UStG, wonach die Steuer im Fall
des § 14c Abs. 1 UStG „spätestens jedoch im
Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung“ entsteht, (nur) den
Fall des überhöhten Steuerausweises bei Berechnung von
Umsatzsteuer für nicht steuerbare oder steuerfreie
Umsätze im Blick (vgl. dazu Gesetzesentwurf der Fraktionen,
BTDrucks 15/1562, S. 45; Gesetzesentwurf der Bundesregierung,
BTDrucks 15/1621, S. 5; Stellungnahme des Bundesrats, BRDrucks
630/03 - Beschluss -, S. 20 f.; Unterrichtung durch die
Bundesregierung, BTDrucks 15/1798, S. 9; Beschlussempfehlung des
Finanzausschusses, BTDrucks 15/1928, S. 29).
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bb) Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 3
UStG ist jedoch - entgegen der Ansicht des FA - richtlinienkonform
dahingehend auszulegen, dass eine nach § 14c Abs. 1 UStG
geschuldete Mehrsteuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums
entsteht, in dem eine Rechnung, mit der der Unternehmer über
einen Mehrbetrag abrechnet und insoweit einen überhöhten
Steuerbetrag ausweist, erteilt worden ist.
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Steuertatbestand ist nach Art. 10 Abs. 1
Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG - nunmehr Art. 62 Abs. 1 der
MwStSystRL - der Tatbestand, durch den die gesetzlichen
Voraussetzungen für den Steueranspruch verwirklicht werden.
Das ist für eine überhöht ausgewiesene Steuer i.S.
des § 14c Abs. 1 UStG nicht die Bewirkung der Lieferung oder
Leistung, sondern die Begebung der Rechnung (vgl. Bunjes/Leonard,
a.a.O., § 13 Rz 28). Denn in den Fällen des § 14c
Abs. 1 UStG wird der die Mehrsteuer auslösende Tatbestand erst
in dem Moment verwirklicht, in dem der Unternehmer in einer
Rechnung überhöht Umsatzsteuer ausgewiesen hat (vgl.
Nieskens in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 13 Rz 387).
Soweit Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG
- nunmehr Art. 63 der MwStSystRL - den Entstehungszeitpunkt bei
Leistungen an die Bewirkung des Umsatzes anknüpft, betrifft
dies allein die Entstehung der gesetzlichen Umsatzsteuerschuld
(vgl. Nieskens in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 13 Rz
387; Leipold in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 13 Rz 85).
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cc) Dem entspricht der allgemeine Grundsatz
des § 38 AO, wonach die Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis erst mit Verwirklichung des
gesetzlichen Tatbestands entstehen (vgl. Nieskens in
Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 13 Rz 387; Stadie in
Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 14c Rz 183).
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dd) Danach ist die nach § 14c Abs. 1 UStG
geschuldete Mehrsteuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG nicht
bereits in dem Zeitpunkt entstanden, in dem die (gesetzliche)
Steuer für die Lieferung oder sonstige Leistung entstanden
ist, sondern erst im Zeitpunkt der Ausgabe der den
überhöhten Steuerausweis betreffenden Rechnung. Dies
wäre bezogen auf den Streitfall der 2.3.2010 und beträfe
daher nicht die Umsatzsteuer für die Streitjahre 2006 und
2007.
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d) Soweit der V. Senat des BFH mit Urteil in
BFHE 221, 388, BStBl II 2009, 786 = SIS 08 14 82 entschieden hat,
dass die Steuerschuld aufgrund einer Rechnungserteilung auf das
Jahr der Leistungserbringung zurückwirkt (s.a. BFH-Urteil vom
13.11.2003 V R 79/01, BFHE 204, 332, BStBl II 2004, 375 = SIS 04 13 69), hat er inzwischen klargestellt, dass dies - was das FA
verkennt - lediglich die vor Inkrafttreten des StÄndG 2003
geltende Fassung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG betrifft, die
ausschließlich auf die Steuerentstehung für die Leistung
abstellte (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 235, 481, BStBl II 2012,
620 = SIS 12 04 15, Rz 26).
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