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Zur Besteuerung der dem Provider bei Prepaid-Verträgen endgültig verbliebenen Restguthaben

Zur Besteuerung der dem Provider bei Prepaid-Verträgen endgültig verbliebenen Restguthaben: Die dem Provider bei Prepaid-Verträgen endgültig verbliebenen Restguthaben sind nachträgliches Entgelt für die eröffnete Nutzung der von ihm zur Verfügung gestellten Infrastruktur, die insbesondere die mobile Erreichbarkeit der Prepaid-Kunden ermöglichte. - Urt.; BFH 10.4.2019, XI R 4/17; SIS 19 10 06

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsätze: Lieferungen, sonstige Leistungen
Fundstellen
  1. BFH 10.04.2019, XI R 4/17 (ECLI:DE:BFH:2019:U.100419.XIR4.17.0)
    BStBl 2019 II S. 635
    DStR 2019 S. 1636
    NJW 2019 S. 2568 (nur Leitsatz)

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 24.10.2019
    J.H. in StuB 15/2019 S. 604
    K. Korn in NWB 32/2019 S. 2331
    S. Kratz/K. Krogoll in BB 44/2019 S. 2593
    Luther/Zawodsky in MwStR 18/2019 S. 753
    B. Rätke in BBK 18/2019 S. 860
    W. Tausch in UVR 10/2019 S. 294
    A. Treiber in BFH/PR 10/2019 S. 259
    F. Werth in DB 35/2019 S. 1932
Normen
[RL 2006/112/EG] Art. 2 Abs. 1 Buchst. a, Art. 2 Abs. 1 Buchst. c, Art. 73, Art. 90 Abs. 1
[UStG] § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 b, § 3 Abs. 9 a, § 10 Abs. 1 Satz 2 a.F., § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4, § 17 Abs. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 18.07.2016, SIS 22 10 77, Telefon, Steuerbare Leistung, Steuerentstehung, Entgelt, Sonstige Leistung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 12.7.2023, SIS 23 20 03, Widerruf der Gestattung der Ist-Besteuerung wegen Missbrauchs, Entstehung und Ausübung des Rechts auf Vor...
  • Niedersächsisches FG 23.5.2023, SIS 23 14 72, Umsatzbesteuerung von Mitgliedsbeiträgen eines Fitnessstudios bei pandemiebedingter Schließung: 1. Verein...
  • FG Hamburg 16.2.2023, SIS 23 07 91, Leistungen eines Fitnessstudios während der Schließzeit durch Corona-Verordnung: 1. Es liegt keine Leistu...
  • FG Hamburg 13.12.2022, SIS 23 02 82, Umsatzsteuer, Leistungsaustausch durch die Verlagerung von Gefahrenstoffen gegen Entgelt nebst Verzicht a...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 16.11.2022, SIS 23 00 62, Freiwillige Beitragszahlungen an wegen Lockdown geschlossenes Fitnessstudio als umsatzsteuerpflichtiges E...
  • Niedersächsisches FG 12.10.2022, SIS 22 20 55, Aussetzung der Vollziehung, Umsatzsteuerpflicht von terrestrischen Geldspielautomatenumsätzen: Die Umsatz...
  • BFH 15.3.2022, SIS 22 18 30, Verkauf von Gutscheinen für Freizeiterlebnisse (vor Inkrafttreten von § 3 Abs. 13 bis 15 UStG n.F.): 1. V...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 18.2.2022, SIS 22 03 73, Abgrenzung von umsatzsteuerbarer Leistung zu inkriminierter Handlung: Für die Beurteilung, ob eine umsatz...
  • FG Hamburg 15.2.2022, SIS 22 07 79, Steuerbarkeit und Steuerpflicht von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten: 1. Umsätze aus dem B...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 14.2.2022, SIS 22 03 74, Beitragszahlungen an wegen Lockdowns geschlossenes Fitnessstudio als steuerpflichtiges Entgelt: Der Monat...
  • BFH 26.1.2022, SIS 22 09 38, Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung eines bei Überlassung von elektronischen Zahlungskarten erhobenen ...
  • BMF 17.12.2021, SIS 21 20 66, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31. Dezember 2021: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten g...
  • Thüringer FG 30.9.2021, SIS 23 02 00, Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerpflicht einer Antennengemeinschaft in der Rechtsform eines nicht ...
  • BFH 24.2.2021, SIS 21 14 37, Zur kurzzeitigen Überlassung von möblierten Wohnungen zum Zwecke der Ausübung der Prostitution in einem s...
  • BMF 15.12.2020, SIS 20 20 94, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31. Dezember 2020: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten g...
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  • FG Münster 24.9.2020, SIS 20 20 80, Umsatz aus dem Betrieb von Geldspielautomat, Frage der Steuerbefreiung: 1. Die Geldeinsätze der Spieler s...
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  • FG Münster 24.9.2020, SIS 20 20 82, Umsatz aus dem Betrieb von Geldspielautomat, Frage der Steuerbefreiung: 1. Die Geldeinsätze der Spieler s...
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  • BMF 19.12.2019, SIS 19 19 41, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31. Dezember 2019: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten g...
  • BFH 18.12.2019, SIS 20 04 90, Rabattberechtigung beim Einkauf im Supermarkt: 1. Die entgeltliche Einräumung des Rechts zum betragsmäßig...
  • FG Rheinland-Pfalz 12.12.2019, SIS 19 22 05, Leistungsaustausch bei Ankauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen durch eine Genossenschaft und Weiterv...
  • FG Düsseldorf 6.12.2019, SIS 20 15 71, Konsortial-GbR als rechtsfähige Außengesellschaft und Leistungsempfängerin: 1. Ein Konsortium in der Rech...
  • BVerwG 29.8.2019, SIS 20 16 32, Umsatzsteuer auf Ablösebeträge nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz: Zahlungen, mit denen die Erhaltungs- un...

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts XXX vom XX.XX.2016 - X K XXXX/XX wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erbrachte im Jahr 2007 (Streitjahr) u.a. Telekommunikationsdienstleistungen auf der Grundlage von sog. Prepaid-Verträgen (Zugang zu ihrem Mobilfunknetz). Nach Aktivierung des Mobilfunkanschlusses konnte der Kunde sein Prepaid-Guthaben mittels verschiedener Bezahlsysteme jederzeit wieder aufladen. Dieses Guthaben konnte er für Leistungen der Klägerin (z.B. Telefonie, Short-Message-Service - SMS -, mobiles Internet) oder für Leistungen von Drittanbietern (z.B. Klingeltöne, Fahrkarten, Getränkeautomaten) einsetzen. Für die Leistungserbringung eines Drittanbieters an den Kunden belastete die Klägerin das Prepaid-Guthaben mit dem entsprechenden Bruttoentgelt, das sie an den Drittanbieter weiterleitete.

 

 

2

Im Rahmen eines „aktivitätsorientierten Deaktivierungsverfahrens“ machte die Klägerin von ihrem Recht Gebrauch, die grundsätzlich zeitlich unbefristet geschlossenen Prepaid-Verträge zu kündigen. In diesem Falle konnte sich der Kunde, nachdem die Klägerin die betreffende Subscriber-Identity-Module-Karte (SIM-Karte) deaktiviert hatte, das Restguthaben erstatten lassen oder eine neue SIM-Karte beantragen, auf welche die Klägerin das Restguthaben umbuchte. Erfolgte weder eine Erstattung noch eine Umbuchung des Restguthabens, buchte die Klägerin dieses Guthaben des Kunden in ihrer Handels- und Steuerbilanz erfolgswirksam aus.

 

 

3

Die Klägerin, die bei der Umsatzbesteuerung der aufgeladenen Guthaben ab dem Besteuerungszeitraum 2003 - dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 3.12.2001 - IV B 7 - S 7100 - 292/01 (BStBl I 2001, 1010 = SIS 02 02 67) folgend - von der „Anzahlungsbesteuerung“ auf die „nachträgliche Verbrauchsbesteuerung“ übergegangen war, hat die erfolgswirksam ausgebuchten Restguthaben (im Streitjahr: … EUR) nicht der Umsatzsteuer unterworfen.

 

 

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) vertrat die Auffassung, dass sich ein im Zeitpunkt der Deaktivierung noch vorhandenes Restguthaben, das weder erstattet noch umgebucht werde, von einer Vorauszahlung in eine Überzahlung wandele, die die Bemessungsgrundlage für die von der Klägerin ausgeführten Leistungen nachträglich erhöhe. Er setzte dementsprechend die Umsatzsteuer für das Streitjahr fest (Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom XX. X 2013) und wies den hiergegen eingelegten Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom XX. X 2013).

 

 

5

Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) XXX führte im Urteil vom XX. X 2016 - X K XXXX/XX im Wesentlichen aus, es stelle eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerbare sonstige Leistung der Klägerin gegen Entgelt dar, dass die Prepaid-Kunden über ihr Mobiltelefon erreichbar gewesen seien. Dem stehe nicht entgegen, dass die Restguthaben auch für Lieferungen oder sonstige Leistungen von Drittanbietern hätten abgerufen werden können; für die Kunden sei allein bedeutend gewesen, infolge der unterlassenen Deaktivierung ihrer SIM-Karten mobil erreichbar zu sein.

 

 

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

 

 

7

Sie bringt im Wesentlichen vor, das Urteil der Vorinstanz verstoße gegen § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, wonach nur Leistungen gegen Entgelt steuerbar seien. Die Restguthaben seien weder Entgelt für die telefonische Erreichbarkeit der Kunden noch Entgelt für die Möglichkeit zur Nutzung der technischen Infrastruktur (Plattformleistung).

 

 

8

Eine Anzahlungsbesteuerung i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG komme nur für sog. monofunktionale Guthaben in Betracht. Im Streitfall seien die aufgeladenen Prepaid-Guthaben dagegen multifunktional; die Aktivierung des Guthabens sei daher nicht als Anzahlung zu besteuern.

 

 

9

Die Restguthaben seien ebenso wenig zusätzliches Entgelt für bepreiste Telekommunikationsdienste, soweit der Kunde solche bezogen habe. Für diese seien fixe Tarife vereinbart gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in Fällen, bei denen der Leistungsempfänger auf eine konkrete, bereits ausgeführte Leistung einen Mehrbetrag zahle, müsse anders als im Streitfall ein unmittelbarer Zusammenhang mit der konkreten Leistung bestehen und ein anderer Zuwendungsgrund ausscheiden.

 

 

10

Die Klägerin rügt ferner, das FG habe gegen die Sachaufklärungs- und Beweiserhebungspflicht i.S. von § 76 Abs. 1 Satz 1, § 81 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen und sich entgegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt, dass Prepaid-Kunden die Guthaben nur erworben hätten, um bepreiste Leistungen in Anspruch nehmen zu können.

 

 

11

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom XX. X 2013 aufzuheben und den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr vom X. XX 2013 dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um … EUR herabgesetzt wird, hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an einen anderen Senat des FG zurückzuverweisen.

 

 

12

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

13

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

 

 

14

Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass bei Prepaid-Verträgen aus endgültig nicht zurückgeforderten Restguthaben Umsatzsteuer abzuführen ist. Insoweit liegt ein nachträgliches Entgelt für die von der Klägerin erbrachte Möglichkeit zur Nutzung ihrer technischen Infrastruktur (Plattformleistung) vor.

 

 

15

1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer u.a. die sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

 

 

16

a) Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte bestimmbare Dienstleistung bildet (vgl. z.B. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - Société thermale d’ Eugénie-les-Bains vom 18.7.2007 - C-277/05, EU:C:2007:440, BFH/NV 2007, Beilage 4, 424 = SIS 07 28 58, Rz 19; Air France-KLM u.a. vom 23.12.2015 - C-250/14 und C-289/14, EU:C:2015:841, UR 2016, 93 = SIS 16 02 97, Rz 22; Cesky rozhlas vom 22.6.2016 - C-11/15, EU:C:2016:470, UR 2016, 632 = SIS 16 14 60, Rz 21; SAWP vom 18.1.2017 - C-37/16, EU:C:2017:22, UR 2017, 230 = SIS 17 00 20, Rz 25; Meo - Serviços de Comunicações e Multimédia vom 22.11.2018 - C-295/17, EU:C:2018:942, UR 2018, 944 = SIS 18 18 95, Rz 39; BFH-Urteile vom 30.6.2010 - XI R 22/08, BFHE 231, 248, BStBl II 2010, 1084 = SIS 10 33 10, Rz 12; vom 20.3.2013 - XI R 6/11, BFHE 241, 191, BStBl II 2014, 206 = SIS 13 20 50, Rz 24; vom 21.12.2016 - XI R 27/14, BFHE 257, 154 = SIS 17 06 23, Rz 16; jeweils m.w.N.; vom 13.2.2019 - XI R 1/17, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, UR 2019, 413 = SIS 19 05 51, Rz 16). Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. z.B. EuGH-Urteile Air France-KLM u.a., EU:C:2015:841, UR 2016, 93 = SIS 16 02 97, Rz 23; Meo - Serviços de Comunicações e Multimédia, EU:C:2018:942, UR 2018, 944 = SIS 18 18 95, Rz 39; BFH-Urteile vom 16.1.2014 - V R 22/13, BFH/NV 2014, 736 = SIS 14 11 15, Rz 20; in UR 2019, 413 = SIS 19 05 51, Rz 17; jeweils m.w.N.). Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein. Er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch i.S. des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 7.7.2005 - V R 34/03, BFHE 211, 59, BStBl II 2007, 66 = SIS 05 42 06, unter II.1., Rz 14; in BFH/NV 2014, 736 = SIS 14 11 15, Rz 20).

 

 

17

b) Es bestimmt sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, ob eine Leistung des Unternehmers vorliegt, die derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet (vgl. z.B. EuGH-Urteil Kennemer Golf vom 21.3.2002 - C-174/00, EU:C:2002:200, BFH/NV 2002, Beilage 3, 95 = SIS 02 07 71, Rz 39; BFH-Urteile vom 18.12.2008 - V R 38/06, BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749 = SIS 09 19 44, unter II.3.a ee, Rz 33; in BFHE 231, 248, BStBl II 2010, 1084 = SIS 10 33 10, Rz 13; in BFHE 241, 191, BStBl II 2014, 206 = SIS 13 20 50, Rz 25; in BFH/NV 2014, 736 = SIS 14 11 15, Rz 21; in BFHE 257, 154 = SIS 17 06 23, Rz 17; in UR 2019, 413 = SIS 19 05 51, Rz 17). Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich eine Vertragspartei zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG regelmäßig erfüllt, falls der leistende Vertragspartner Unternehmer ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 225, 155, BStBl II 2009, 749 = SIS 09 19 44, unter II.3.a ee, Rz 34; in BFH/NV 2014, 736 = SIS 14 11 15, Rz 21; vom 13.12.2017 - XI R 3/16, BFHE 261, 84, BStBl II 2018, 727 = SIS 18 04 97, Rz 35; jeweils m.w.N.).

 

 

18

c) Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, ist dabei nicht nach zivilrechtlichen, sondern ausschließlich nach den vom Unionsrecht geprägten umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben zu beurteilen (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2014, 736 = SIS 14 11 15, Rz 22; in BFHE 257, 154 = SIS 17 06 23, Rz 29; jeweils m.w.N.). Es stellt eine unionsrechtliche, unabhängig von der Beurteilung nach nationalem Recht zu entscheidende Frage dar, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt (vgl. EuGH-Urteil Meo - Serviços de Comunicações e Multimédia, EU:C:2018:942, UR 2018, 944 = SIS 18 18 95, Rz 68; BFH-Urteile in BFHE 257, 154 = SIS 17 06 23, Rz 29; jeweils m.w.N.; in UR 2019, 413 = SIS 19 05 51, Rz 18).

 

 

19

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Klägerin durch die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Plattform ihren Prepaid-Kunden gegenüber Leistungen i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbracht hat.

 

 

20

a) Die Klägerin kann als Plattformbetreiberin angesehen werden, die ihren Kunden auch im Rahmen der hier in Rede stehenden Prepaid-Verträge u.a. eine technische Infrastruktur (insbesondere in Gestalt eines Mobilfunkanschlusses und einer Rufnummer) zur Verfügung stellt und den Kunden damit einen wirtschaftlichen Vorteil (Leistung) erbringt. Insbesondere waren die Kunden der Klägerin hierdurch mobil erreichbar. Diese Leistung war Teil des aus einem Leistungsbündel bestehenden Prepaid-Vertrages.

 

 

21

b) Dieser Leistungsbestandteil wurde zwar zunächst nicht „gegen Entgelt“ erbracht.

 

 

22

aa) Die Kunden zahlten im Rahmen ihrer Prepaid-Verträge kein gesondertes Entgelt für die Möglichkeit zur Nutzung der technischen Infrastruktur. Diese von der Klägerin erbrachte Leistung war nicht gesondert bepreist. Nach den maßgeblichen zivilrechtlichen Vereinbarungen wurden nur die im einzelnen bepreisten (aktiven) Telekommunikationsleistungen ( z.B. Telefonie, SMS und mobiles Internet) gegen Entgelt von der Klägerin erbracht. Die Abbuchung vom Prepaid-Guthaben stellte als geleistetes Entgelt den Gegenwert der jeweils in Anspruch genommenen Dienstleistung dar. Dasselbe gilt für die von Drittanbietern auf der Grundlage separater Verträge in Anspruch genommenen Lieferungen und sonstigen Leistungen in Gestalt von z.B. an Automaten gekauften Getränken bzw. heruntergeladenen Klingeltönen oder bezogenen Fahrkarten.

 

 

23

bb) Die Annahme einer von Anfang an entgeltlichen „Plattformleistung“ bei Prepaid-Verträgen würde vor diesem Hintergrund der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität, die ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems darstellt (vgl. z.B. EuGH-Urteile Newey vom 20.6.2013 - C-653/11, EU:C:2013:409, UR 2013, 628 = SIS 13 22 75, Rz 42, m.w.N.; Marcandi vom 5.7.2018 - C-544/16, EU:C:2018:540, UR 2018, 706 = SIS 18 10 17, Rz 45), widersprechen. Diese Verträge zeichnen sich anders als sog. Postpaid-Verträge gerade dadurch aus, dass der Kunde - wie die Klägerin zu Recht vorbringt - nur für die konkret in Anspruch genommene, bepreiste Leistung des Anbieters ein genau beziffertes Entgelt zahlen möchte.

 

 

24

cc) Auch kann der Ansicht des FG nicht gefolgt werden, dass die Guthaben die Gegenleistung für eine steuerbare sonstige Leistung der Klägerin, die SIM-Karten nicht zu deaktivieren, seien.

 

 

25

(1) Das FG hat die erworbenen und aufgeladenen Guthaben als Entgelt für die unterlassene Deaktivierung der SIM-Karte gewürdigt. Daran ist der Senat nicht nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Die Bindungswirkung entfällt insbesondere dann, wenn - wie hier - die Auslegung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, weil beispielsweise die für die Interessenlage der Beteiligten bedeutsamen Begleitumstände nicht erforscht und/oder nicht zutreffend gewürdigt worden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5.9.2000 - IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676 = SIS 00 13 60, unter II.2.a [3]; vom 11.1.2005 - IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477 = SIS 05 21 69, unter II.2.b aa; vom 10.2.2010 - XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109 = SIS 10 06 47, Rz 33; vom 1.2.2012 - I R 57/10, BFHE 236, 374, BStBl II 2012, 407 = SIS 12 11 16, Rz 22; jeweils m.w.N.; vom 28.8.2013 - XI R 4/11, BFHE 243, 41, BStBl II 2014, 282 = SIS 13 27 53).

 

 

26

(2) Im Streitfall hat das FG die Interessenlage der Vertragsparteien nicht berücksichtigt. Sinn des Abschlusses eines Mobilfunkvertrages mit Prepaid-Karte ist es nicht, ein Entgelt für die Nutzung einer Plattform zu entrichten. Den Kunden steht insoweit ein Anspruch auf Rückzahlung der nicht verbrauchten Guthaben zu (vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9.6.2011 - III ZR 157/10, MDR 2011, 834, Rz 47 ff., 51, 53). Dies schließt es aus, den Betrag bei Aufladung als Entgelt für eine Plattformleistung oder „Nicht-Deaktivierung“ anzusehen.

 

 

27

dd) Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer Vorauszahlungsbesteuerung i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG vor.

 

 

28

Auch wenn der Kunde „vorauszahlt“, liegt bei sog. Multifunktionskarten (Mehrzweckguthabenkarten) für die Inanspruchnahme unterschiedlicher Leistungen von verschiedenen Anbietern im Zeitpunkt des Erwerbs der Karte gegen eine Geldzahlung sowie im Zeitpunkt der nachfolgenden Aufladung des erworbenen Guthabens noch keine steuerbare Vereinnahmung durch die jeweiligen Leistungsträger vor. Denn es fehlt zu beiden Zeitpunkten an einer bereits genau bestimmten, erst noch zu erbringenden Leistung eines bestimmten Anbieters, der ein für den Erwerb der Karte aufgewendetes Entgelt, das als Guthaben aufgeladen worden ist, bereits ganz oder teilweise zugeordnet werden könnte. Die Zuordnung zu bestimmten noch zu erbringenden Leistungen der Leistungsanbieter ist vielmehr erst dann möglich, wenn und soweit die Leistungen der jeweiligen Anbieter tatsächlich in Anspruch genommen worden sind. Bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt lediglich ein nicht steuerbarer Zahlungsmitteltausch: Der Kunde erlangt für seine Zahlung ein anderes Zahlungsmittel in Form eines elektronischen Guthabens (vgl. z.B. Bunjes/Korn, UStG, 17. Aufl., § 2 Rz 75, m.w.N.). Im Streitfall konnten die Guthaben für verschiedene, im Zeitpunkt der Aufladung noch nicht genau bestimmte Dienstleistungen der Klägerin sowie für Leistungen von Drittanbietern verwendet werden. Eine Besteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG kommt danach nicht in Betracht.

 

 

29

c) Die endgültig nicht zurückgeforderten Restguthaben aus den Prepaid-Verträgen führen jedoch zu einem nachträglichen Entgelt für die eröffnete Nutzung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Infrastruktur, die insbesondere die mobile Erreichbarkeit der Prepaid-Kunden ermöglichte.

 

 

30

aa) Ändert sich die Bemessungsgrundlage für den steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. § 17 Abs. 1 UStG beruht auf Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach wird die Steuerbemessungsgrundlage im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweise Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach Bewirken des Umsatzes unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert.

 

 

31

(1) § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ist nicht nur auf den Fall der Minderung, sondern auch auf eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage anwendbar, obwohl das Unionsrecht (Art. 90 Abs. 1 und 2 MwStSystRL) nur Minderungsfälle bezeichnet. Die Deutung, dass auch nachträgliche Erhöhungen der Bemessungsgrundlage zu besteuern sind, folgt aus der Grundregel des Art. 73 MwStSystRL, wonach die Bemessungsgrundlage „alles“ umfasst, was letztlich den Wert für die Gegenleistung bildet. Dann wirken aber sowohl nachträgliche Minderungen als auch Erhöhungen der Bemessungsgrundlage auf die Höhe des Steuerbetrages ein. Denn nach der Konzeption des Unionsrechts und des nationalen Umsatzsteuerrechts ist der Steuerbetrag zu erklären, den der Unternehmer tatsächlich vereinnahmt hat. Danach ist nicht davon auszugehen, dass eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage nur deshalb nicht zu erfassen wäre, weil der Richtliniengeber für diesen Fall keine klarstellende Vorschrift erlassen hat (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6.6.2002 - V R 59/00, BFHE 199, 45, BStBl II 2003, 214 = SIS 02 92 96, unter II.2.d, Rz 16 zur nachträglichen Gewährung von Rückvergütungen durch eine Genossenschaft an ihre Mitglieder; vom 11.2.2010 - V R 2/09, BFHE 228, 467, BStBl II 2010, 765 = SIS 10 14 81, Rz 18 zur nachträglichen Minderung durch Vergleich; jeweils m.w.N.).

 

 

32

(2) Der Anwendungsbereich der Berichtigungsvorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG erfasst auch unentgeltliche Wertabgaben, da diese nach § 3 Abs. 1b bzw. § 3 Abs. 9a UStG den Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen gegen Entgelt gleichgestellt sind (vgl. BFH-Urteil vom 19.11.2009 - V R 41/08, BFHE 227, 521, BFH/NV 2010, 562 = SIS 10 02 06, Rz 25, m.w.N.).

 

 

33

bb) Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung des UStG durch Bekanntmachung vom 21.2.2005, BGBl I 2005, 386; - a.F. - ). § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F. beruht auf Art. 11 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern bzw. Art. 73 MwStSystRL, wonach zur Steuerbemessungsgrundlage für entgeltliche Leistungen alles gehört, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende vom Abnehmer erhält oder erhalten soll.

 

 

34

Nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, ist Besteuerungsgrundlage für die Lieferung eines Gegenstands oder die Erbringung einer Dienstleistung die tatsächlich dafür erhaltene Gegenleistung und nicht ein nach objektiven Kriterien geschätzter Wert (vgl. z.B. EuGH-Urteile Hotel Scandic Gasabäck vom 20.1.2005 - C-412/03, EU:C:2005:47, UR 2005, 194 = SIS 05 16 74, Rz 21; Campsa Estaciones de Servicio vom 9.6.2011 - C-285/10, EU:C:2011:381, UR 2012, 440 = SIS 11 20 28, Rz 28; BFH-Urteil in BFHE 228, 467, BStBl II 2010, 765 = SIS 10 14 81, Rz 18; jeweils m.w.N.; BFH-Beschluss vom 9.9.2015 - XI B 87/14, BFH/NV 2016, 78 = SIS 15 28 63, Rz 13).

 

 

35

cc) Sowohl Über- bzw. Doppelzahlungen als auch Münzrestbeträge bei Telefonautomatenbenutzung sind daher Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F.

 

 

36

(1) Im Urteil vom 13.12.1995 - XI R 16/95 (BFHE 179, 465, BStBl II 1996, 208 = SIS 96 07 24) hat der Senat entschieden, dass der Gesamtbetrag als Entgelt anzusehen ist, wenn der Kunde eines Versandhandelsunternehmens die ihm gelieferte Ware irrtümlich doppelt zahlt. Danach gehören über den vertraglich vereinbarten Preis hinausgehende Aufwendungen (Mehraufwendungen) des Leistungsempfängers dann zum Entgelt für eine Leistung, wenn sie aufgrund keines anderen Rechts- oder Anspruchsgrundes als dem der Leistung zugrunde liegenden erbracht werden (s. a. BFH-Urteile vom 17.2.1972 - V R 118/71, BFHE 105, 79, BStBl II 1972, 405 = SIS 72 02 37; vom 13.12.1973 - V R 57/72, BFHE 111, 191, BStBl II 1974, 191 = SIS 74 01 04; vom 25.11.1986 - V R 109/78, BFHE 148, 351, BStBl II 1987, 228 = SIS 87 08 28, unter II.1.; vom 15.12.1988 - V R 24/84, BFHE 155, 431, BStBl II 1989, 252 = SIS 89 06 30, unter II.1.; vom 31.8.1992 - V R 47/88, BFHE 169, 250, BStBl II 1992, 1046 = SIS 92 21 32, unter II.2.a; vom 11.5.1995 - V R 86/93, BFHE 177, 563, BStBl II 1995, 613 = SIS 95 20 37, unter II.1.). Im entschiedenen Fall ging der Senat davon aus, dass die Versandhandelskunden die streitigen Zahlungen allein deshalb erbracht hatten, um ihre Leistung für die Lieferung der von ihnen bestellten Waren zu bewirken; ein anderer Zuwendungsgrund - insbesondere eine Schenkung - scheidet aus. Dies gilt auch dann, wenn eine Zahlung aufgrund einer bloßen Auftragsbestätigung zivilrechtlich als Zahlung ohne jeglichen Rechtsgrund zu werten wäre.

 

 

37

(2) Im Anschluss an die vorgenannte Entscheidung entschied der V. Senat des BFH mit Urteil vom 19.7.2007 - V R 11/05 (BFHE 219, 220, BStBl II 2007, 966 = SIS 07 37 84) in einem ähnlich gelagerten Fall, dass der Gesamtbetrag Entgelt i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG a.F. ist, wenn der Kunde die Leistung irrtümlich doppelt oder versehentlich zu viel zahlt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 219, 220, BStBl II 2007, 966 = SIS 07 37 84, unter II.1.b, Rz 14).

 

 

38

(3) Nach dem Beschluss des V. Senats des BFH vom 18.1.2007 - V B 39/05 (BFH/NV 2007, 1200 = SIS 07 16 39) gehören im Falle eines Münztelefonautomaten, der Restbeträge in bestimmten Fällen nicht erstattet, auch die nicht erstatteten Restbeträge zum Entgelt, wenn sich aus den Nutzungsbedingungen der Leistenden ergibt, dass sie einen Anspruch darauf hat, die nicht genutzten Restbeträge zu behalten. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt ergibt sich dann daraus, dass die Restbeträge nur entstehen können, wenn die von der Leistenden erbrachte Dienstleistung vom Kunden in Anspruch genommen wird.

 

 

39

dd) Im Streitfall folgt aus diesen Grundsätzen, dass sich die Bemessungsgrundlage für den zunächst „unbepreisten“ - von der Klägerin mithin zunächst unentgeltlich erbrachten Leistungsbestandteil (der eröffneten Nutzung der von ihr zur Verfügung gestellten Infrastruktur, die insbesondere die mobile Erreichbarkeit der Prepaid-Kunden ermöglichte) - zum Zeitpunkt der erfolgswirksamen Ausbuchung der in Rede stehenden endgültig nicht zurückgeforderten Restguthaben nachträglich erhöht hat.

 

 

40

(1) Die der Klägerin verbliebenen Restguthaben stehen im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Prepaid-Vertrag und seinen während der Vertragslaufzeit erbrachten sonstigen Leistungsbestandteilen. Maßgeblich hierfür ist insbesondere, dass sowohl die von der Klägerin erbrachten sonstigen Leistungen als auch die ihr verbliebenen Restguthaben nicht auf einem bloß zufälligen Ereignis außerhalb der Leistungsbeziehung, sondern auf einem einheitlichen Rechtsverhältnis beruhen.

 

 

41

Die der Klägerin verbliebenen Restguthaben stellen bei wirtschaftlicher Betrachtung eine „Überzahlung“ auf die bisher unentgeltlich in Anspruch genommene Leistung, die von ihr zur Verfügung gestellte Infrastruktur nutzen zu können, dar. Ein anderer Rechtsgrund für diese Überzahlungen ist nicht ersichtlich. Selbst wenn dem jeweiligen Kunden, der sowohl auf eine Umbuchung als auch Rückforderung der verbliebenen Restguthaben verzichtet hat, bewusst gewesen sein sollte, dass sein Restguthaben der Klägerin endgültig verbleibt, entspricht es in einem solchen Fall nicht der Sichtweise eines Durchschnittsverbrauchers, diesen Betrag der Klägerin schenkweise zuwenden zu wollen. Die Klägerin weist in anderem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die Entgelte für die anderen Telekommunikationsdienstleistungen in einer Preisliste klar definiert wurden, sodass sich das Entgelt zunächst (nur) auf diese Preise bezog. Nur der Prepaid-Vertrag kann mithin Rechtsgrund für die geleistete Überzahlung sein. War jedoch das Restguthaben weder durch Umbuchung noch Erstattung aufgebraucht, verblieb es endgültig bei der Klägerin. Ebenso wie bei den verfallenen Münzbeträgen handelt es sich bei den der Klägerin endgültig verbliebenen Restbeträgen um zusätzliche Aufwendungen und damit Bestandteil des Entgelts, da sie wegen des Anspruchsgrundes, der der Leistung zugrunde liegt, gezahlt werden (vgl. allgemein BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1200 = SIS 07 16 39, unter II.1., Rz 16). Dieses kann, da das Entgelt für die anderen Telekommunikationsdienstleistungen fest vereinbart war (und teilweise rechtlich bestimmt ist), nur dem bisher unentgeltlichen Zurverfügungstellen der Infrastruktur zugerechnet werden. Ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu einem bestimmten Telefonat, einem bestimmten Klingelton oder einer anderen Leistung besteht nicht.

 

 

42

(2) Die Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG setzt im Übrigen keine vertragliche Vereinbarung voraus. Die Steuerbemessungsgrundlage ist vielmehr jedes Mal dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach Bewirkung eines Umsatzes die gesamte Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält (vgl. zu Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL EuGH-Urteil Boehringer Ingelheim Pharma vom 20.12.2017 - C-462/16, EU:C:2017:1006, UR 2018, 166 = SIS 17 24 59, Rz 39, m.w.N.). Setzt die Minderung der Bemessungsgrundlage keine Änderung der Vertragsbeziehungen voraus, gilt dies entsprechend für die im Streitfall bejahte Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die (zunächst unentgeltliche) sonstige Leistung, die die Klägerin erbracht hat.

 

 

43

(3) Ebenso wenig kommt es auf das Zahlungsmotiv an. Eine Leistung gegen Entgelt setzt keine Finalität in dem Sinne voraus, dass der Leistende leistet, um eine Gegenleistung zu erhalten (vgl. BFH-Urteil vom 17.12.2009 - V R 1/09, BFH/NV 2010, 1869 = SIS 10 27 73, Rz 15). Danach ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger irrtümlich meint, er müsse für die von der Klägerin zunächst unentgeltlich erbrachte Leistung, ihre Infrastruktur nutzen zu können, nachträglich in Höhe des verbliebenen Restguthabens ein Entgelt entrichten.

 

 

44

(4) Schließlich steht der nachträglichen Erhöhung des Entgelts nicht entgegen, dass das tatsächlich Aufgewendete möglicherweise dem objektiven Wert der bewirkten Leistung nicht entspricht, insbesondere im Vergleich dazu unangemessen hoch oder niedrig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 6.6.2001 - V B 158-159/00, BFH/NV 2001, 1616 = SIS 01 81 97, unter II.3.b, Rz 20 f.).

 

 

45

3. Auf die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen, die sich im Kern auf die Verwendungsabsicht der von den Kunden erworbenen und aufgeladenen Guthaben beziehen, kommt es mithin nicht an (vgl. die Ausführungen unter II.2.c dd). Es kann vorliegend dahinstehen, ob das FG - wie die Klägerin meint - nicht ohne weiteres hätte unterstellen dürfen, dass die Kunden die Guthaben allein erwerben, um die weitere Erreichbarkeit sicherzustellen.

 

 

46

4. Die vom FA für das Streitjahr festgesetzte Umsatzsteuer ist auch hinsichtlich ihrer Höhe revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

 

47

Zwar richtet sich die Besteuerung des i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigten Umsatzes nach dem materiellen Recht, das für den leistenden Unternehmer bzw. Leistungsempfänger zu der Zeit galt, als der Umsatz getätigt wurde. Dies ist insbesondere von Bedeutung, wenn sich - wie im Streitfall zum 1.1.2007 mit der Erhöhung des allgemeinen Steuersatzes von 16 % auf 19 % - die Steuersätze geändert haben (vgl. Bunjes/Korn, a.a.O., § 17 Rz 88, m.w.N.). Nach den vom FG getroffenen Feststellungen, hatten sich die Beteiligten jedoch bereits am XX. X 2015 in tatsächlicher Hinsicht darauf verständigt, dass sich bei Anwendung der Anzahlungsbesteuerung (zu 16 %) gegenüber der bisher angewandten Verbrauchsbesteuerung (diese einschließlich der Besteuerung der „nicht verbrauchten Guthaben“ zu 19 %) lediglich eine unwesentliche Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage für das Streitjahr ergäbe und auf eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr verzichtet werden könne. Im Hinblick auf die i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigenden Umsätze, die noch einem allgemeinen Steuersatz in Höhe von 16 % unterfallen, soweit die Klägerin ihre Leistung in Gestalt der zur Verfügung gestellten Infrastruktur bereits vor dem 1.1.2007 erbracht hat, kann nichts anderes gelten.

 

 

48

5. Nach Auffassung des Senats bestehen keine Zweifel i.S. des Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) an der Auslegung der im Streitfall anzuwendenden unionsrechtlichen Bestimmungen (vgl. zu den Voraussetzungen: EuGH-Urteile CILFIT vom 6.10.1982 - C-283/81, EU:C:1982:335, NJW 1983, 1257, Rz 21; Intermodal Transports vom 15.9.2005 - C-495/03, EU:C:2005:552, HFR 2005, 1236 = SIS 05 46 18; Ferreira da Silva e Brito u.a. vom 9.9.2015 - C-160/14, EU:C:2015:565, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2016, 111, Rz 38 ff.). Eine Vorlagepflicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV besteht demnach nicht (vgl. dazu allgemein z.B. Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 30.8.2010 - 1 BvR 1631/08, NJW 2011, 288 = SIS 10 33 01, unter B.II.1.; vom 6.9.2016 - 1 BvR 1305/13, NVwZ 2017, 53, Rz 7; vom 6.10.2017 - 2 BvR 987/16, NJW 2018, 606, Rz 4 ff.; BFH-Urteile vom 13.6.2018 - XI R 20/14, BFHE 262, 174, BStBl II 2018, 800 = SIS 18 13 91, Rz 79, m.w.N.; in UR 2019, 413 = SIS 19 05 51, Rz 50).

 

 

49

Die unionsrechtlichen Grundsätze für das Vorliegen einer entgeltlichen Leistung i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, die in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL steuerbar ist, sind nach der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BFH angeschlossen hat, geklärt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 241, 191, BStBl II 2014, 206 = SIS 13 20 50, Rz 23; in UR 2019, 413 = SIS 19 05 51, Rz 16). Diese Klärung betrifft auch die Grundsätze der Steuerbarkeit und des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Entgelt - auch bei Ungewissheit einer Zahlung - (vgl. zur EuGH-Rechtsprechung BFH-Urteil in UR 2019, 413 = SIS 19 05 51, Rz 52, m.w.N.). Die Anwendung dieser Grundsätze auf den jeweiligen Einzelfall ist Sache des nationalen Gerichts (vgl. EuGH-Urteile Saudaçor vom 29.10.2015 - C-174/14, EU:C:2015:733, UR 2015, 901 = SIS 15 25 72, Rz 33; Bastova vom 10.11.2016 - C-432/15, EU:C:2016:855, UR 2016, 913 = SIS 16 23 84, Rz 30). Soweit die Klägerin - zudem nicht substantiiert - auf eine in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mögliche abweichende Verwaltungspraxis hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von verbliebenen Restguthaben bei Prepaid-Verträgen hinweist, begründet dies allein jedenfalls keine Vorlagepflicht.

 

 

50

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.