Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 11.12.2013 6 K 3045/11 F wird
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Außergerichtliche Kosten der
Beigeladenen werden nicht erstattet.
|
6
|
Neben den Goldgeschäften legte die
Klägerin im Jahr 2008 Festgeld an, kaufte und verkaufte
Liquidity Funds (Wertpapiere) über die Bank. Die Klägerin
ließ sich von der ... Trading Partners beraten und zahlte
hierfür Beratungsgebühren für die Zeit von Dezember
2007 bis März 2008 in Höhe von 11.500 GBP. Die
Beratungsleistungen hatte S erbracht. Die Rechnung der ... Trading
Partners datiert vom 15.12.2008. Ende 2008 ließ die
Klägerin ein Konto bei der Y-Bank eröffnen, über das
sie neben dem bestehenden Konto bei der X-Bank Gold kaufte und
verkaufte.
|
|
|
|
|
|
|
7
|
Die Beigeladenen erklärten für
die Jahre 2007 bis 2010 in Großbritannien Einkünfte aus
Gewerbebetrieb und zahlten in Großbritannien Steuern auf die
erklärten Gewinne, die aus der Geschäftstätigkeit
der Klägerin erzielt wurden. Dabei ermittelten die
Beigeladenen den Gewinn den Feststellungen des Finanzgerichts (FG)
zufolge auf der Grundlage von Einnahmen und Ausgaben.
|
|
|
|
|
|
|
8
|
Am 28.1.2009 reichte die Klägerin die
Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2007 beim
Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) ein. Darin
erklärte sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von
... EUR und rechnete diesen dem Beigeladenen zu 1. in Höhe von
... EUR und der Beigeladenen zu 2. in Höhe von ... EUR zu. Der
Verlust ergab sich daraus, dass den Einnahmen aus Kursgewinnen in
Höhe von 2.660,97 EUR Ausgaben in Höhe von insgesamt ...
EUR gegenüberstanden. Mit Bescheid vom 26.2.2009 stellte das
FA für 2007 nach Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
steuerfreie/laufende - dem Progressionsvorbehalt unterliegende -
Einkünfte in Höhe von insgesamt ./. 27.765 EUR fest
(Feststellungsbescheid). Das FA ließ die Ausgaben für
das im Jahr 2007 erworbene Gold in Höhe von ... EUR nicht
sofort zum Abzug zu. In den Erläuterungen zum Bescheid
heißt es, die Klägerin habe ihren Gewinn nicht nach
§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der für das
Streitjahr maßgeblichen Fassung (EStG) ermitteln dürfen,
weil sie in Großbritannien verpflichtet gewesen sei, eine
Gewinnermittlung nach bilanzrechtlichen Vorschriften
vorzunehmen.
|
|
|
|
|
|
|
9
|
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch
ein. Mit Schreiben vom 6.4.2009 legte sie dem FA ein in Englisch
verfasstes Schreiben der in London ansässigen Anwaltskanzlei B
vom 3.4.2009 vor. Danach sei eine GP in Großbritannien nicht
verpflichtet, Bücher zu führen oder Abschlüsse zu
erstellen. Der Gewinn oder der Verlust sei „on a cash
basis“ zu ermitteln.
|
|
|
|
|
|
|
10
|
Am 19.4.2010 begann bei der Klägerin
eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt A, welche die Jahre
2007 und 2008 umfasste. Prüfungsgegenstand war u.a. die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Einkünften. In
dem Prüfungsbericht vom 17.1.2011 stellte der Prüfer u.a.
fest, die Klägerin habe alle Geschäfte mit der X-Bank und
der Y-Bank in London abgewickelt. Gegenüber dritten Personen
sei sie nicht tätig geworden. Sie habe weder ein nach
außen erkennbares Geschäftslokal noch eine Website im
Internet gehabt. Sie sei in keinem Branchenverzeichnis erfasst
gewesen. Da sich die Klägerin weder als Goldmaklerin im
Großhandel auf dem professionellen Goldmarkt noch als
Goldhändlerin im engeren Sinne im Einzelhandel (Verkauf von
Goldmünzen und kleinen Goldbarren) betätigt habe, sei sie
nicht als Gewerbetreibende anzusehen. Dies folge aus der Abgrenzung
zwischen privater Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb.
Dabei seien die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze
zum Wertpapierhandel anzuwenden, weil Wertpapierhandel und
Goldhandel miteinander vergleichbar seien. Die tatsächlich
ausgeübte Tätigkeit der Klägerin spreche dafür,
dass private Vermögensverwaltung vorgelegen habe. So seien
zwar ein Büro in London eingerichtet und eine Person mit der
Büroverwaltung beauftragt worden. Doch hätten weder diese
Person noch die Gesellschafter selbst über einschlägige
berufliche Erfahrungen verfügt. Es seien auch keine
Goldgeschäfte für fremde Dritte ausgeführt worden.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin habe demnach
in der Verwaltung von Festgeld und Fondsbeteiligungen gelegen. Die
Anzahl der Umsätze mit Gold sei demgegenüber gering
gewesen. Die Frage, ob die Klägerin bilanzierungspflichtig
sei, müsse auf Grund der Zuordnung zur
Vermögensverwaltung nicht mehr geklärt werden. Für
das Jahr 2008 sei ein Gewinn nach § 23 EStG zu berechnen.
Dieser sei den Beigeladenen anteilig zuzurechnen und bei ihnen zu
versteuern.
|
|
|
|
|
|
|
11
|
Mit Bescheid vom 30.3.2011 hob das FA den
Feststellungsbescheid für 2007 vom 26.2.2009 sowie den
Vorbehalt der Nachprüfung auf. Zur Begründung verwies es
auf die Ergebnisse der Betriebsprüfung. Hiergegen legte die
Klägerin am 6.4.2011 nochmals Einspruch ein.
|
|
|
|
|
|
|
12
|
Der Einspruch hatte keinen Erfolg
(Einspruchsentscheidung vom 1.8.2011). Das FA führte aus, die
Klägerin sei vermögensverwaltend und nicht gewerblich
tätig gewesen. Ein Feststellungsverfahren sei damit nicht
durchzuführen.
|
|
|
|
|
|
|
13
|
Die hiergegen erhobene Klage, mit welcher
die Klägerin die Feststellung eines nach DBA steuerfreien, im
Inland dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Verlusts von ...
EUR begehrte, war erfolgreich. Das FG verpflichtete das FA mit
Urteil vom 11.3.2013 6 K 3045/11 F, den von der Klägerin
beantragten Feststellungsbescheid 2007 zu erlassen. Zur
Begründung führte es im Wesentlichen aus, das
Besteuerungsrecht für die von der Klägerin erzielten
gewerblichen Einkünfte stehe Großbritannien zu, da sich
die einzige Betriebsstätte der Klägerin in London
befinde, die Klägerin von dort ihre gewerbliche Tätigkeit
ausgeübt habe und die Anteile an den Gewinnen solche seien,
die der Betriebsstätte in London zuzurechnen seien. Die
Klägerin habe - steuerbefreite - gewerbliche Einkünfte
i.S. des Art. III Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. VIII
Abs. 2, Art. XVIII Abs. 3 Buchst. a des Abkommens zwischen der
Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) und dem Vereinigten
Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der
Steuerverkürzung vom 26.11.1964 (BGBl II 1966, 359, BStBl I
1966, 730) i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 23.3.1970 (BGBl II
1971, 46, BStBl I 1971, 140) - DBA-Großbritannien 1964/1970 -
erzielt.
|
|
|
|
|
|
|
14
|
Die abkommensrechtliche Qualifizierung der
Einkünfte richte sich nach deutschem Steuerrecht und damit
nach § 15 Abs. 2 EStG. Die Klägerin habe originär
gewerbliche Einkünfte erwirtschaftet. Ihre Tätigkeit sei
als händlertypisch anzusehen und insbesondere nach Volumen und
Häufigkeit deutlich über eine private
Vermögensverwaltung hinausgegangen. Für eine
Gewerblichkeit spreche auch die Fremdfinanzierung des Golderwerbs
im Jahr 2007. Unerheblich sei hingegen, dass die Klägerin nur
einen Eigenhandel betrieben und diesen mit nur zwei Banken
abgewickelt habe. Die Grundsätze des Wertpapierhandels seien
auf den physischen Goldhandel nicht übertragbar. Zudem sei die
Klägerin berechtigt gewesen, ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3
EStG zu ermitteln. Eine Pflicht, Bücher zu führen und
Abschlüsse zu machen, habe sich nicht aus inländischen
Vorschriften ergeben. Ebenso könne dahinstehen, ob die
§§ 140, 141 der Abgabenordnung (AO) auch auf
ausländische Gesetze Bezug nähmen. Denn die Klägerin
sei nach ausländischem Recht nicht verpflichtet gewesen,
Bücher zu führen und regelmäßig
Abschlüsse zu machen. Der von der Klägerin ermittelte
Verlust sei der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insbesondere
greife § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG nicht ein. Die Goldbarren seien
dem Umlaufvermögen der Klägerin zuzuordnen. Sie
könnten auch nicht als den Wertpapieren vergleichbare nicht
verbriefte Forderungen oder Rechte des Umlaufvermögens
angesehen werden.
|
|
|
|
|
|
|
15
|
Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
mit der es eine Verletzung formellen und materiellen Rechts
rügt.
|
|
|
|
|
|
|
16
|
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
|
|
|
|
|
|
|
17
|
Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
|
|
|
|
18
|
Die Beigeladenen beantragen ebenfalls, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
|
|
|
|
19
|
B. Die Revision des FA ist unbegründet
und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
|
|
|
|
|
|
|
20
|
Das FG ist in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise davon ausgegangen, dass das FA verpflichtet
ist, ein gesondertes und einheitliches Feststellungsverfahren nach
§ 180 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO
durchzuführen. Die Klägerin hat nach dem
DBA-Großbritannien 1964/1970 im Inland steuerbefreite
Einkünfte erzielt, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen
(dazu I.). Das FG hat für den Senat bindend entschieden, dass
die Klägerin für das Streitjahr berechtigt ist, den
Gewinn - wie geschehen - durch eine Einnahmen-
Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln
(dazu II.). Zudem hat es zutreffend eine Anwendung des § 4
Abs. 3 Satz 4 EStG abgelehnt (dazu III.). Es liegt auch kein
Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO vor (dazu IV.).
Außerdem ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass der vom
FG im Tenor als festzustellender Verlust genannte Betrag der
Höhe oder der Aufteilung nach aus sonstigen Gründen
unzutreffend ist (dazu V.). Schließlich ist über das
Vorliegen eines verrechenbaren Verlusts i.S. des § 15b EStG im
Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht zu entscheiden (dazu
VI.).
|
|
|
|
|
|
|
21
|
I. Nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO sind Abs. 1
Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 entsprechend anzuwenden, soweit die
nach einem DBA von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen
Einkünfte bei der Festsetzung der Steuern der beteiligten
Personen von Bedeutung sind.
|
|
|
|
|
|
|
22
|
Die Klägerin ist eine GP, die in
Großbritannien als steuerlich transparent behandelt wird
(vgl. Levedag in Wassermeyer Großbritannien Anhang Rz 41) und
die auf Grund des Rechtstypenvergleichs ihrer Struktur nach auch in
Deutschland mit einer Personengesellschaft deutschen Rechts
vergleichbar ist. Das ist unter den Beteiligten unstreitig und
bedarf keiner weiteren Erörterung. Danach ist für Zwecke
der Abkommensanwendung infolge des inländischen Wohnsitzes der
Beigeladenen (Gesellschafter) Deutschland der
Ansässigkeitsstaat.
|
|
|
|
|
|
|
23
|
Bei den Einkünften der Klägerin
handelt es sich um - anteilig den Beigeladenen zuzurechnende -
gewerbliche Gewinne i.S. des Art. III Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1
DBA-Großbritannien 1964/1970 (dazu 1.). Das Besteuerungsrecht
für diese gewerblichen Gewinne steht ausschließlich
Großbritannien zu (Art. III Abs. 2 Satz 2, Art. VIII Abs. 2,
Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 1 Halbsatz 1
DBA-Großbritannien 1964/1970); sie können allerdings
nach Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a Satz 2 DBA-Großbritannien
1964/1970 - wie in § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG geschehen -
in Deutschland bei der Festsetzung des Steuersatzes
berücksichtigt werden (dazu 2.).
|
|
|
|
|
|
|
24
|
1. Entgegen der Ansicht des FA hat die
Klägerin im Streitjahr „gewerbliche Gewinne“ i.S.
des Art. III Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970
erzielt. Die tatrichterliche Würdigung des FG, wonach die
Klägerin im Streitjahr gewerbliche Einkünfte i.S. des
§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erzielt und keine
vermögensverwaltende Tätigkeit ausgeübt hat, ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie ist möglich und
damit für den Senat bindend (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
|
|
|
|
|
|
|
25
|
a) Der Begriff der „gewerblichen
Gewinne“ ist im DBA-Großbritannien 1964/1970 nicht
definiert. Nach Art. II Abs. 3 DBA-Großbritannien 1964/1970
wird bei der Anwendung der Vorschriften des Abkommens durch eine
der Vertragsparteien - hier Deutschland - jeder Ausdruck, der nicht
in dem Abkommen bestimmt worden ist, die Auslegung erfahren, die
sich aus den Gesetzen ergibt, die in dem Gebiet dieser
Vertragspartei in Kraft sind und sich auf Steuern im Sinne des
Abkommens beziehen, falls sich aus dem Zusammenhang keine andere
Auslegung ergibt. „Gewerbliche Gewinne“ sind jedenfalls
solche, die aus einer originär gewerblichen Tätigkeit der
ausländischen Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 2
EStG stammen (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
24.8.2011 I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764 = SIS 11 34 06, Rz 15 ff.; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom
26.9.2014 IV B 5-S 1300/09/10003, 2014/0599097, BStBl I 2014, 1258
= SIS 14 27 65, Rz 2.2.1).
|
|
|
|
|
|
|
26
|
b) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfordert
ein Gewerbebetrieb eine selbständige, nachhaltige
Betätigung, die mit der Absicht, Gewinne zu erzielen,
unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr darstellt und keine land- und
forstwirtschaftliche, freiberufliche oder andere selbständige
Tätigkeit ist. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des
Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung des BFH, dass die
Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung
überschreitet (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil
vom 14.7.2016 IV R 34/13, BFHE 255, 12, BStBl II 2017, 175 = SIS 16 23 23, m.w.N.). Eine Personengesellschaft erzielt - als Subjekt der
Einkünfteermittlung - gewerbliche Einkünfte, wenn die
Gesellschafter in ihrer Verbundenheit als Personengesellschaft ein
gewerbliches Unternehmen betreiben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
i.V.m. Abs. 2 EStG).
|
|
|
|
|
|
|
27
|
aa) Die Grenze der privaten
Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird
überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung
und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die
Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung
gegenüber der Nutzung der Vermögenswerte im Sinne einer
Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den
Vordergrund tritt (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 10.12.2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240,
BStBl II 2002, 291 = SIS 02 06 32, unter C.III.1., m.w.N.). Der
Kernbereich der Vermögensverwaltung wird in § 14 Satz 3
AO durch Bezugnahme auf Regelbeispiele (verzinsliche Anlage von
Kapitalvermögen und die Vermietung oder Verpachtung von
unbeweglichem Vermögen) abgegrenzt. Dadurch wird die
Vermögensverwaltung gleichwohl nicht abschließend
definiert. Sie wird in der Rechtsprechung des BFH letztlich negativ
danach bestimmt, „ob die Tätigkeit dem Bild entspricht,
das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb
ausmacht“ (BFH-Urteil vom 25.7.2001 X R 55/97, BFHE 195, 402,
BStBl II 2001, 809 = SIS 01 13 14, unter II.2.d, m.w.N.).
|
|
|
|
|
|
|
28
|
bb) Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb
und Vermögensverwaltung ist somit auf das Gesamtbild der
Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. In
Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht
beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob
die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen,
dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen
Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung
fremd ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des
Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 =
SIS 02 06 32, unter C.II., m.w.N.). Es entspricht langjähriger
und gefestigter Rechtsprechungstradition, das „Bild des
Gewerbebetriebs“ durch Orientierung an unmittelbar der
Lebenswirklichkeit entlehnten Berufsbildern zu konturieren. Zu
diesen gehören die - selbständig und nachhaltig
ausgeübten - Tätigkeiten der Produzenten, der
Dienstleister und der Händler (vgl. z.B. BFH-Urteil vom
11.10.2012 IV R 32/10, BFHE 239, 248, BStBl II 2013, 538 = SIS 13 02 22, Rz 28, m.w.N.).
|
|
|
|
|
|
|
29
|
cc) Das „Bild des Handels“ ist
durch die Ausnutzung substantieller Werte durch Umschichtung von
Vermögenswerten gekennzeichnet; es unterscheidet sich von der
„Vermögensumschichtung im Rahmen privater
Vermögensverwaltung“ durch den marktmäßigen
Umschlag von Sachwerten (z.B. BFH-Urteil vom 31.5.2007 IV R 17/05,
BFHE 218, 183, BStBl II 2007, 768 = SIS 07 31 17, unter II.2.b,
m.w.N.). Ob Veräußerungen noch der
Vermögensverwaltung zuzuordnen sind, lässt sich nicht
für alle Wirtschaftsgüter nach einheitlichen
Maßstäben beurteilen. Vielmehr sind die jeweiligen
artspezifischen Besonderheiten zu beachten (ständige
Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 239, 248, BStBl II 2013,
538 = SIS 13 02 22, Rz 29, m.w.N.).
|
|
|
|
|
|
|
30
|
dd) Nach zutreffender Auffassung des FG
können die Grundsätze des Wertpapierhandels, wonach die
Umschichtung von Wertpapieren - selbst in erheblichem Umfang -
regelmäßig noch nicht den Rahmen der privaten
Vermögensverwaltung überschreitet (BFH-Urteil vom
30.7.2003 X R 7/99, BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408 = SIS 04 13 66, unter II.2.c, m.w.N.), nicht auf den Handel mit physischem Gold
übertragen werden.
|
|
|
|
|
|
|
31
|
(1) Zutreffend ist zwar, dass sowohl
physisches Gold als auch Wertpapiere Wirtschaftsgüter sind,
die der Vermögensanlage dienen. Ebenso können sowohl Gold
als auch Wertpapiere über Banken erworben werden, und für
beide Produkte stehen in der Regel Käufer zur Verfügung.
Gleichwohl bestehen grundlegende Unterschiede zwischen beiden
Wirtschaftsgütern, die das Verhalten des Investors
maßgeblich beeinflussen. Bei der Wertpapieranlage bestehen
für den „Investor“ zahlreiche Handlungsoptionen.
Der angestrebten Erwirtschaftung eines rentierlichen Ergebnisses
können höchst unterschiedliche Überlegungen und
Strategien zugrunde liegen. Es existieren ertraglose Wertpapiere
(z.B. Scheck, Wechsel), Zinspapiere (z.B.
Inhaberschuldverschreibungen, Bundesschatzbriefe) und
Dividendenpapiere (z.B. Aktien, Genussscheine). Diese Vielfalt
bringt es mit sich, dass schlechte Wertpapiere durch gute
Wertpapiere oder Zinspapiere durch Dividendenpapiere ersetzt
werden. Vermögensumschichtungen liegen in der Natur der Sache.
Dies rechtfertigt es, auch noch erhebliche Wertpapierumschichtungen
für eigene Rechnung der Vermögensverwaltung zuzuordnen
(vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.2.1997 XI R 1/96, BFHE 182, 567, BStBl
II 1997, 399 = SIS 97 11 37, unter II.1.b).
|
|
|
|
|
|
|
32
|
Beim Handel mit physischem Gold befindet sich
der „Anleger“ in einer anderen Ausgangssituation.
Physisches Gold ist ein „fruchtloses“ Wirtschaftsgut,
mit dem sich ein Ertrag ausschließlich durch dessen
Veräußerung erzielen lässt. Der Goldhandel
erfordert daher bereits dem Grunde nach einen anderen
konzeptionellen Geschäftsansatz als der Handel mit
Wertpapieren, um ein rentierliches Ergebnis erzielen zu
können. Das häufige und kurzfristige Umschichten ist der
vermögensverwaltenden Goldanlage fremd.
|
|
|
|
|
|
|
33
|
(2) Hinzu kommt, dass in Deutschland keine
gesetzlichen Vorschriften existieren, die den Begriff des
Goldhändlers oder Goldmaklers definieren oder
aufsichtsrechtlich regeln. Der Goldhandel unterliegt in Deutschland
nahezu keiner staatlichen Regulierung (vgl. Müller, BB 2015,
1568, 1569).
|
|
|
|
|
|
|
34
|
Beim Goldhandel kann daher - anders als beim
Wertpapierhandel - nicht auf ein gesetzlich definiertes Leitbild
für den Beruf eines Edelmetallhändlers
zurückgegriffen werden. In § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Buchst. c der Gewerbeordnung (GewO) wird zwar u.a. der An- und
Verkauf von Edelmetallen als überwachungsbedürftiges
Gewerbe aufgeführt. Daneben existieren noch weitere
Vorschriften in der GewO, die sich auf Edelmetalle beziehen (vgl.
§§ 56, 147a, 148b GewO). Eine Definition des
Edelmetallhandels oder weiterführende Kriterien, die ein
derartiges Gewerbe charakterisieren, finden sich aber auch in der
GewO nicht. Mangels gesetzlicher Bestimmungen lassen sich daher
keine normativen Vorgaben mit Indizwirkung in die eine oder andere
Richtung ableiten.
|
|
|
|
|
|
|
35
|
(3) Eine Übertragbarkeit der
Grundsätze des Wertpapierhandels ergibt sich auch nicht aus
den vom FA zitierten BFH-Urteilen vom 20.12.2000 X R 1/97 (BFHE
194, 198, BStBl II 2001, 706 = SIS 01 08 44) und in BFHE 204, 419,
BStBl II 2004, 408 = SIS 04 13 66. In dem erstgenannten Fall hatte
der BFH - auch wenn in dem dortigen Verfahren u.a. ertraglose
Papiere gehandelt wurden - gleichwohl einen Wertpapierhandel zu
beurteilen. Hieraus lässt sich nicht ableiten, dass auch der
An- und Verkauf von physischem Gold in größerem Umfang
im Allgemeinen keinen Gewerbebetrieb begründet. Im
zweitgenannten Fall wurden zwar auch Metalle gehandelt. Es bestehen
aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der BFH dort einen mit
dem Streitfall vergleichbaren Fall zu beurteilen hatte, bei dem
schwerpunktmäßig physisches Gold ge- und verkauft
wurde.
|
|
|
|
|
|
|
36
|
ee) Nach alledem ist auf das „Bild des
Handels“ unter Berücksichtigung der artspezifischen
Besonderheiten des gehandelten Wirtschaftsguts abzustellen. Der
Handel beschreibt ein planmäßiges und dauerhaftes, auf
Güterumschlag gerichtetes Tätigwerden (BFH-Urteil vom
26.6.2007 IV R 49/04, BFHE 217, 150, BStBl II 2009, 289 = SIS 07 29 03). Er unterscheidet sich von der
„Vermögensumschichtung im Rahmen privater
Vermögensverwaltung“ durch den marktmäßigen
Umschlag von Sachwerten (BFH-Urteil in BFHE 239, 248, BStBl II
2013, 538 = SIS 13 02 22, Rz 29, m.w.N.). Bezieht man hierbei die
artspezifischen Besonderheiten des ge- und verkauften physischen
Goldes mit ein, ergeben sich folgende Grundsätze:
|
|
|
|
|
|
37
|
Kriterien, denen eine hohe Indizwirkung
für das Vorliegen einer gewerblichen Tätigkeit i.S. des
§ 15 Abs. 2 EStG zukommt, sind insbesondere
|
|
|
-
|
die Anzahl der Goldgeschäfte und die
zeitlichen Abstände zwischen Anschaffung und
Veräußerung des gehandelten Goldes. Danach wird der
kurzfristige und häufige (erhebliche) Umschlag von Gold
oftmals für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs sprechen
(gleicher Ansicht Reiß in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., §
15 Rz 131e; Preißer, Der Betrieb - DB - 2015, 1558, 1561;
Hahn, jurisPR-SteuerR 26/2013 Anm. 4; Schmidt/ Renger, Deutsches
Steuerrecht - DStR - 2012, 2042, 2044; so wohl auch Schmidt/Wacker,
EStG, 35. Aufl., § 15 Rz 91; Hechtner, Neue Wirtschaftsbriefe
- NWB - 2013, 196, 201). In solchen Fällen besteht der Zweck
der Goldgeschäfte nicht darin, Vermögen in Gold
anzulegen, sondern allein darin, Gewinne zu erzielen. Dabei steht
einer Wertung als händlertypisch (gewerblich) nicht entgegen,
dass der Goldhandel nicht auf die Ausnutzung des Preisgefälles
auf verschiedenen Handelsstufen, sondern auf die Ausnutzung von
Wertveränderungen am nämlichen Markt gerichtet ist
(BFH-Urteil in BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408 = SIS 04 13 66,
unter II.2.g ee, betreffend den Wertpapierhandel).
|
|
-
|
der Einsatz erheblicher Fremdmittel zur
Erreichung einer Hebelwirkung (vgl. Schmidt/Renger, DStR 2012,
2042, 2043; Schulte-Frohlinde, BB 2015, 287, 292; Preißer, DB
2015, 1558, 1561; Hechtner, NWB 2013, 196, 201). Anders als beim
Wertpapierhandel (vgl. dazu BFH-Urteil vom 29.10.1998 XI R 80/97,
BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448 = SIS 99 05 02, unter II.2.b) und
im Rahmen der Vermietung und Verpachtung indiziert der Einsatz von
Fremdkapital beim physischen Goldhandel eine gewerbliche
Tätigkeit. Infolge der Ertraglosigkeit des Anlageobjekts
lassen sich die Fremdkapitalkosten allein durch den Verkauf und das
Erzielen einer Gewinnmarge decken (vgl. BFH-Urteil in BFHE 234,
339, BStBl II 2014, 764 = SIS 11 34 06, Rz 22). Hinzu kommt das
Verständnis von Gold als eine - den Wert des eigenen
Vermögens erhaltende - sichere Anlage. Der mit beachtlichem
Fremdkapitaleinsatz erfolgte Erwerb entspricht nicht dem Bild der
privaten Vermögensverwaltung. In diesem Fall wird nicht
eigenes Vermögen verwaltet oder gesichert, sondern ein
fremdfinanzierter Handel betrieben.
|
|
|
|
38
|
Weitere Kriterien, die für oder gegen das
Vorliegen eines Gewerbebetriebs sprechen können, sind
insbesondere
|
|
|
-
|
die konkrete Ausgestaltung des
Geschäftsbetriebs. So können z.B. eine professionelle
Ausgestaltung unter Zukauf von Informationen und Empfehlungen sowie
der Einsatz spezieller Informationstechnik für das Vorliegen
einer gewerblichen Tätigkeit sprechen. Hierbei ist jedoch zu
berücksichtigen, dass auch die Verwaltung von hohen privaten
Vermögen den professionellen Einsatz von sächlichen und
personellen Ressourcen erfordern kann.
|
|
-
|
das Volumen der einzeln oder insgesamt
getätigten Geschäfte. Hohe Volumina sprechen tendenziell
für eine gewerbliche Tätigkeit. Allerdings ist auch
hierbei zu berücksichtigen, dass der Einsatz umfangreicher
finanzieller Mittel der Vermögensverwaltung nicht fremd ist
(vgl. BFH-Urteil in BFHE 239, 248, BStBl II 2013, 538 = SIS 13 02 22, Rz 45).
|
|
-
|
die Hinwendung an eine breite
Öffentlichkeit und die unmittelbare Teilnahme am
Marktgeschehen (Indiz für Gewerbebetrieb) oder die Abwicklung
aller Geschäfte nur über einen Handelspartner (Indiz
für private Vermögensverwaltung; vgl. BFH-Urteil vom
28.11.2007 X R 24/06, BFH/NV 2008, 774 = SIS 08 17 38, unter II.2.e
bb). Beim Handel mit physischem Gold ist jedoch zu beachten, dass
sich Restriktionen aus dem spezifischen Marktumfeld ergeben
können. Gibt es für den physischen Goldhandel nur eine
begrenzte Zahl von Marktteilnehmern, kann sich auch ein Angebot nur
an diesen Interessentenkreis richten. Auch können besonders
hohe Anforderungen an die Verlässlichkeit und Sicherheit der
Geschäftsabwicklung bedingen, dass die Geschäfte nur mit
oder über eine Bank als Handelspartner abgewickelt werden
können. In solchen Fällen ist die Abwicklung der
Geschäfte mit oder über nur eine Bank kein Indiz für
eine private Vermögensverwaltung.
|
|
|
|
|
|
39
|
Stellt man auf das „Bild des
Handels“ ab, kommt dem Umstand, ob der Betroffene (auch)
für fremde Rechnung tätig geworden ist, keine
Indizwirkung zu. Es ist zwar zutreffend, dass insbesondere das
Handeln für fremde Rechnung gegen eine
Vermögensverwaltung spricht. Dies führt aber hin zum
Vergleich mit einem gewerblichen Dienstleister (BFH-Urteil in BFHE
204, 419, BStBl II 2004, 408 = SIS 04 13 66, unter II.2.d). So ist
gerade das „Bild eines gewerblichen Dienstleisters“
durch ein Tätigwerden für fremde Rechnung gekennzeichnet
(BFH-Urteil in BFHE 239, 248, BStBl II 2013, 538 = SIS 13 02 22, Rz
30). Dem „Bild des Handels“ entspricht jedoch
typischerweise ein Tätigwerden für eigene Rechnung.
|
|
|
|
|
|
|
40
|
c) Danach ist die Würdigung des FG, die
Klägerin habe eine originär gewerbliche Tätigkeit
ausgeübt, frei von Rechtsfehlern.
|
|
|
|
|
|
|
41
|
Das FG berücksichtigte die Anzahl der
Umschichtungen, die zeitlichen Abstände zwischen Anschaffung
und Veräußerung, das Volumen der Geschäfte sowie
den hohen Fremdkapitaleinsatz. Es durfte diese Indizien dahingehend
werten, dass ein Gewerbebetrieb gegeben ist. Es musste auch nicht
daraus, dass die Klägerin nur einen Eigenhandel betrieben
sowie die An- und Verkäufe mit nur zwei Banken abgewickelt
hat, Gegenteiliges folgern.
|
|
|
|
|
|
|
42
|
2. Die gewerblichen Einkünfte sind
ausschließlich in Großbritannien steuerpflichtig und
unterliegen in Deutschland dem Progressionsvorbehalt (Art. III Abs.
2 Satz 2, Art. VIII Abs. 2, Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a
DBA-Großbritannien 1964/1970).
|
|
|
|
|
|
|
43
|
a) Der Begriff der Betriebsstätte ist in
Art. II Abs. 1 Buchst. l (i) DBA-Großbritannien 1964/1970 als
eine feste Geschäftseinrichtung beschrieben, in der die
Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt
wird. Das FG hat den Sachverhalt rechtlich dahingehend
gewürdigt, dass die Klägerin in London über eine
Betriebsstätte verfügt hat. Es bestehen keine
Anhaltspunkte dafür, dass diese rechtliche Würdigung
rechtfehlerhaft ist. Dieser Umstand war auch während des
erstinstanzlichen Verfahrens nicht in Streit.
|
|
|
|
|
|
|
44
|
b) Zudem hat das FG den Sachverhalt für
den Senat bindend in tatsächlicher Hinsicht dahingehend
gewürdigt (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), dass die Klägerin
allein in London über eine Betriebsstätte verfügt
hat. Diese Tatsachenwürdigung verstößt weder gegen
Denkgesetze noch Erfahrungssätze. Sie ist auch nicht
erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden.
|
|
|
|
|
|
|
45
|
aa) Die Bindungswirkung entfällt nicht
deshalb, weil - wie das FA in der mündlichen Verhandlung
vorgetragen hat - das FG-Urteil diesbezüglich
widersprüchliche Feststellungen enthalte.
|
|
|
|
|
|
|
46
|
Der BFH ist zwar - auch ohne entsprechende
Rüge - nicht an einander widersprechende Feststellungen des FG
gebunden (z.B. BFH-Urteil vom 20.9.2007 IV R 68/05, BFHE 219, 7,
BStBl II 2008, 483 = SIS 08 02 14, unter II.2.). Entgegen der
Ansicht des FA stehen aber die Ausführungen des FG (unter
II.2. des angefochtenen Urteils), wonach sich die einzige
Betriebsstätte der Klägerin in London befunden habe,
nicht im Widerspruch zu den Ausführungen des FG (unter II.2.c
des angefochtenen Urteils), nach denen die Beigeladenen als
Gesellschafter der Klägerin die Zeitpunkte der An- und
Verkäufe der Goldbarren selbst entschieden hätten.
Hieraus lässt sich insbesondere nicht schlussfolgern, dass
auch eine Inlandsbetriebsstätte vorhanden war. Vielmehr hat
das FG in seinem Urteil ausgeführt, dass nach dem Vortrag des
FA die Beigeladenen ihre Geschäfte während ihrer
monatlichen Aufenthalte in London abgewickelt hätten.
|
|
|
|
|
|
|
47
|
bb) Die vom FA erhobene Verfahrensrüge,
wonach das FG gegen seine Amtsermittlungspflicht (§ 76 FGO)
verstoßen habe, weil es nicht geprüft habe, ob auch eine
Betriebsstätte im Inland existiert habe, hat der Senat
geprüft. Er erachtet diese Rüge nicht für
durchgreifend und sieht insoweit von einer weiteren Begründung
ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).
|
|
|
|
|
|
|
48
|
c) Besteht nur eine Betriebsstätte
(Stammhaus), können die gewerblichen Gewinne nur dieser
zugeordnet werden. Es gibt prinzipiell keine
„betriebsstättenlosen“ gewerblichen Einkünfte
(„floating income“; vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2007 I R
19/06, BFHE 220, 160, BStBl II 2010, 398 = SIS 08 12 26, unter
II.1.b bb bbb). Danach sind die gewerblichen Gewinne
ausschließlich der Betriebsstätte in
Großbritannien und anteilig den Beigeladenen zuzurechnen. Sie
sind dort steuerpflichtig und unterliegen in Deutschland im
Grundsatz dem Progressionsvorbehalt (Art. III Abs. 2 Satz 2, Art.
VIII Abs. 2, Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a DBA-Großbritannien
1964/1970; § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).
|
|
|
|
|
|
|
49
|
II. Für den Senat bindend hat das FG
entschieden, dass die Klägerin berechtigt war, ihren Gewinn
nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln.
|
|
|
|
|
|
|
50
|
1. Die Einkünfte der Klägerin sind
von Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat für Zwecke des
Progressionsvorbehalts zu ermitteln. Das DBA-Großbritannien
1964/1970 bestimmt nicht, wie die Einkünfte zu ermitteln sind.
Es findet daher das innerstaatliche Recht Anwendung (BFH-Urteil vom
13.9.1989 I R 117/87, BFHE 158, 340, BStBl II 1990, 57 = SIS 90 06 55; Wassermeyer in Wassermeyer MA Art. 23 A Rz 53). Es kommen die
allgemeinen und besonderen Gewinnermittlungsvorschriften zur
Anwendung.
|
|
|
|
|
|
|
51
|
2. Die Klägerin hat in Deutschland
unstreitig eine Einnahmen-Überschussrechnung erstellt. Das FG
hat für den Senat bindend entschieden, dass die Klägerin
dazu berechtigt war.
|
|
|
|
|
|
|
52
|
§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG erlaubt
Steuerpflichtigen (auch Personengesellschaften als
Gewinnermittlungssubjekt), die nicht auf Grund gesetzlicher
Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und
regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine
Bücher führen und keine Abschlüsse machen, als
Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die
Betriebsausgaben anzusetzen.
|
|
|
|
|
|
|
53
|
a) Die Klägerin ist nicht auf Grund
(inländischer oder ausländischer) gesetzlicher
Vorschriften verpflichtet, Bücher zu führen und
Abschlüsse zu machen.
|
|
|
|
|
|
|
54
|
aa) Aus inländischem Recht ergibt sich
keine derartige Verpflichtung.
|
|
|
|
|
|
|
55
|
Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG
knüpft an die allgemeinen abgabenrechtlichen Bestimmungen
über die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten in
§§ 140 ff. AO an, die ihrerseits auf die
einschlägigen handelsrechtlichen Pflichten
zurückzuführen sind (BFH-Urteil vom 25.6.2014 I R 24/13,
BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141 = SIS 14 28 36, Rz 12).
|
|
|
|
|
|
|
56
|
(1) Nach den §§ 238 ff. des
Handelsgesetzbuchs (HGB) ist jeder Kaufmann verpflichtet,
Bücher zu führen. Personenhandelsgesellschaften in Form
der OHG und KG gelten als Kaufmann (§ 6 Abs. 1 HGB). Auch eine
Gesellschaft ausländischen Rechts kann unter § 6 Abs. 1
HGB fallen (Winkeljohann/Henckel in Beck Bil-Komm., 10. Aufl.,
§ 238 Rz 47). Allerdings können die §§ 238 ff.
HGB für eine ausländische Personengesellschaft allenfalls
dann eingreifen, wenn sie entweder ihren Verwaltungssitz im Inland
hat (vgl. Graf in Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, §
238 HGB Rz 10 ff.) oder sie über eine inländische
Zweigniederlassung verfügt (MünchKommHGB/Krafka, 3.
Aufl., § 13d, Rz 17).
|
|
|
|
|
|
|
57
|
Beides ist im Streitfall nicht gegeben. Die
Klägerin hat ihren Sitz in London und verfügt alleine
dort - wie ausgeführt - über eine
Betriebsstätte.
|
|
|
|
|
|
|
58
|
(2) Eine steuerrechtliche
Buchführungspflicht nach § 141 AO besteht nicht. Denn es
fehlt - wie vom FG bindend festgestellt - an der erforderlichen
Aufforderung durch die Finanzbehörde (vgl. § 141 Abs. 2
AO).
|
|
|
|
|
|
|
59
|
bb) Ebenso ist die Klägerin nach den
für den Senat bindenden Feststellungen des FG nicht nach
ausländischem Recht verpflichtet, Bücher zu führen
und Abschlüsse zu machen. Die vom BFH höchstrichterlich
noch nicht geklärte Frage, ob sich eine materiell-rechtliche
Buchführungspflicht isoliert aus § 140 AO i.V.m.
ausländischem Handelsrecht ergeben kann (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141 = SIS 14 28 36, Rz 17), bedarf
daher keiner Klärung.
|
|
|
|
|
|
|
60
|
(1) Es ist Aufgabe des FG als
Tatsacheninstanz, das maßgebende ausländische Recht
gemäß § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 293 der
Zivilprozessordnung (ZPO) von Amts wegen zu ermitteln (z.B.
BFH-Urteil vom 13.6.2013 III R 63/11, BFHE 242, 34, BStBl II 2014,
711 = SIS 13 25 79, Rz 26, m.w.N.). Wie das FG das
ausländische Recht ermittelt, steht in seinem
pflichtgemäßen Ermessen (BFH-Urteil vom 19.12.2007 I R
46/07, BFH/NV 2008, 930 = SIS 08 20 94). Dabei lassen sich die
Anforderungen an Umfang und Intensität der Ermittlungspflicht
des Tatrichters nur in sehr eingeschränktem Maße
generell-abstrakt bestimmen. An die Ermittlungspflicht werden umso
höhere Anforderungen zu stellen sein, je komplexer oder je
fremder das anzuwendende Recht im Vergleich zum eigenen ist.
Gleiches wird man annehmen müssen, wenn die Beteiligten die
ausländische Rechtspraxis detailliert und kontrovers vortragen
(s. zum Ganzen auch Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
30.4.1992 IX ZR 233/90, BGHZ 118, 151, unter B.I.2.b).
|
|
|
|
|
|
|
61
|
Eine Revision kann nicht darauf gestützt
werden, die Vorentscheidung beruhe auf der fehlerhaften Anwendung
ausländischen Rechts; das ausländische Recht gehört
nicht zum Bundesrecht i.S. des § 118 Abs. 1 FGO. Vielmehr sind
die Feststellungen zu Bestehen und Inhalt des ausländischen
Rechts für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend
(§ 155 FGO i.V.m. § 560 ZPO). Sie sind revisionsrechtlich
wie Tatsachenfeststellungen zu behandeln (z.B. BFH-Urteil vom
14.5.2002 VIII R 67/01, BFH/NV 2002, 1294 = SIS 02 93 84; Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 118 FGO Rz 65 f.;
Werth in Beermann/Gosch, FGO § 118 Rz 21 ff.). Allerdings
entfällt die Bindungswirkung, soweit die erstinstanzlichen
Feststellungen auf einem nur kursorischen Überblick über
die zu behandelnde Materie beruhen (BFH-Urteil in BFHE 242, 34,
BStBl II 2014, 711 = SIS 13 25 79, Rz 34, m.w.N.). In diesem Fall
liegt ein materieller Mangel der Vorentscheidung vor (Werth in
Beermann/Gosch, FGO § 118 Rz 22). Im Übrigen ist auf
Grund einer entsprechenden Verfahrensrüge zu prüfen, ob
das FG die Ermittlungen zur Feststellung frei von
Verfahrensmängeln durchgeführt hat, insbesondere das ihm
eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt und
die Erkenntnisquellen genutzt hat (Werth in Beermann/Gosch, FGO
§ 118 Rz 23).
|
|
|
|
|
|
|
62
|
(2) Danach hat das FG für den Senat
bindend festgestellt, dass eine GP in Großbritannien nicht
verpflichtet ist, Bücher zu führen und Abschlüsse zu
machen.
|
|
|
|
|
|
|
63
|
(a) Die entsprechenden Passagen im FG-Urteil
sind zwar kurz gehalten. Allerdings hat das FG auch auf das
Schreiben der in London ansässigen Anwaltskanzlei B vom
3.4.2009 Bezug genommen, welches sich speziell mit dieser Frage
beschäftigt. Das FG hat dieses Schreiben dahingehend gewertet,
dass für eine GP, an der nur natürliche Personen
beteiligt sind, in Großbritannien keine Verpflichtung
besteht, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen.
Ein nur kursorischer Überblick liegt daher nicht vor.
|
|
|
|
|
|
|
64
|
(b) Die Rüge des FA, das FG habe bei
Ermittlung des ausländischen Rechts seine
Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, hat unter
Berücksichtigung der im Streitfall gegebenen Umstände
keinen Erfolg.
|
|
|
|
|
|
|
65
|
Das FA hat zwar im Revisionsverfahren
ausgeführt, die Buchführungspflicht könne sich aus
den britischen „Generally accepted accounting
principles“ (UK-GAAP) und aus der Rechtsprechung zu
vergleichbaren Fällen ergeben. Diese Einschätzung - so
das FA - bestätige auch die Auskunft der britischen
Steuerverwaltung. Danach hätte sich das FG nicht allein auf
das Schreiben der englischen Anwaltskanzlei verlassen
dürfen.
|
|
|
|
|
|
|
66
|
Diese Einwände hätte das FA aber vor
dem FG erheben müssen. Dies ist nicht geschehen. In dem
Erstbescheid vom 26.2.2009 heißt es zwar noch, die
Klägerin habe ihren Gewinn nicht nach § 4 Abs. 3 EStG
ermitteln dürfen, weil sie in Großbritannien eine
Gewinnermittlung nach bilanzrechtlichen Vorschriften habe erstellen
müssen. Daraufhin hat die Klägerin das vorbezeichnete
Schreiben der in London ansässigen Anwaltskanzlei beigebracht.
Im Rahmen der Betriebsprüfung vertrat das FA nunmehr die
Auffassung, dass es hierauf nicht mehr ankomme, weil die
Klägerin ohnehin vermögensverwaltend tätig gewesen
sei. Daraufhin erließ es den angegriffenen negativen
Feststellungsbescheid vom 30.3.2011. In der Einspruchsentscheidung
vom 1.8.2011 wird zwar noch (hilfsweise) ausgeführt, die
Klägerin hätte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG
ermitteln müssen. Dies wird jedoch nicht mehr mit einer
Bilanzierungspflicht der Klägerin nach ausländischem
Recht begründet. Zudem ist nicht erkennbar, dass das FA vor
dem FG die inhaltliche Richtigkeit des Anwaltsschreibens
ausdrücklich thematisiert und zu einem Streitpunkt gemacht
hat. Vor diesem Hintergrund waren die Anforderungen an das FG zur
Ermittlung einer Buchführungs- und Abschlusspflicht nach
ausländischem Recht reduziert.
|
|
|
|
|
|
|
67
|
b) Ebenso hat die Klägerin nach den
für den Senat bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118
Abs. 2 FGO) in Großbritannien nicht freiwillig Bücher
geführt und Abschlüsse aufgestellt.
|
|
|
|
|
|
|
68
|
aa) Nach der Rechtsprechung des BFH scheidet
zwar eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG aus, wenn die
Auslandsgesellschaft - hier die Klägerin - im Ausland
tatsächlich Bücher führt und Abschlüsse
aufstellt. Dies gilt unabhängig davon, ob sie dem freiwillig
oder auf Grund einer Rechtspflicht nach ausländischem Recht
nachkommt (BFH-Urteile in BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141 = SIS 14 28 36, Rz 16; vom 10.12.2014 I R 3/13 = SIS 15 07 80, Rz 6;
Gosch, BFH/PR 2015, 1).
|
|
|
|
|
|
|
69
|
bb) Nach den den Senat bindenden
Feststellungen des FG hat die Klägerin jedoch ihre
Einkünfte in Großbritannien nicht durch einen
Vermögensvergleich ermittelt.
|
|
|
|
|
|
|
70
|
Das FG führte in seinem Urteil aus, der
Gewinn sei auf der Grundlage von Einnahmen und Ausgaben ermittelt
worden. Es nahm diesbezüglich auf den Inhalt der in
Großbritannien eingereichten Steuererklärungen Bezug.
Hierbei handelt es sich um eine für den Senat bindende
Tatsachenfeststellung (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
|
|
|
|
|
|
|
71
|
Die Bindungswirkung dieser
Tatsachenfeststellung ist nicht entfallen.
|
|
|
|
|
|
|
72
|
(1) Das FA hat erstmals in dem außerhalb
der Revisionsbegründungsfrist eingereichten Schriftsatz vom
16.9.2014 ausgeführt, das FG habe nicht geprüft, ob die
in Großbritannien eingereichten Steuererklärungen
Einnahmen-Überschussrechnungen oder Gewinn- und
Verlustrechnungen seien. In der mündlichen Verhandlung hat das
FA vorgetragen, die in Großbritannien eingereichten
Steuererklärungen seien entgegen den Ausführungen des FG
als eine nach bilanzrechtlichen Grundsätzen erstellte
Gewinnermittlung zu beurteilen.
|
|
|
|
|
|
|
73
|
(2) Soweit das FA hiermit die
Verfahrensrüge erheben wollte, das FG habe gegen seine
Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) verstoßen, kann
diese Rüge keinen Erfolg haben. Diese Rüge ist bereits
wegen ihrer nicht fristgerechten Erhebung unzulässig. Das
Revisionsgericht darf grundsätzlich nur solche
Verfahrensrügen berücksichtigen, die innerhalb der
Revisionsbegründungsfrist in einer den Anforderungen des
§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO genügenden Weise
angebracht werden (z.B. BFH-Urteil vom 22.2.2012 X R 14/10, BFHE
236, 464, BStBl II 2012, 511 = SIS 12 09 93, Rz 76). Hieran fehlt
es.
|
|
|
|
|
|
|
74
|
Diese Rüge wäre aber auch
unbegründet. Im Verwaltungsverfahren war allein die Frage
streitig, ob die Klägerin nach britischem Recht verpflichtet
ist, eine Bilanz zu erstellen. Das FG durfte annehmen, dass diese
Frage auf Grund des Anwaltsschreibens vom 3.4.2009 dahingehend
geklärt sei, eine solche Pflicht bestehe nicht. Denn diese
Frage wurde vom FA im finanzgerichtlichen Verfahren nicht mehr
ausdrücklich thematisiert. Danach bestand für das FG kein
Anlass, der Frage nachzugehen, ob das Vorbringen der Klägerin
in dem Klageschriftsatz vom 26.8.2011 unter Vorlage der Kopien der
britischen Steuererklärungen, wonach die Gewinnermittlungen
auf der Grundlage von Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen erfolgt seien,
zutreffend ist. Abgesehen davon ist auch dieser Gesichtspunkt vor
dem FG nicht ausdrücklich thematisiert worden.
|
|
|
|
|
|
|
75
|
(3) Danach kann auch nicht angenommen werden,
die Bindungswirkung entfalle deshalb, weil die
Sachverhaltsdarstellung des FG an dieser Stelle unzureichend oder
gar widersprüchlich sei (vgl. dazu Lange in HHSp, § 118
FGO Rz 230).
|
|
|
|
|
|
|
76
|
III. Das FG hat zutreffend eine Anwendung des
§ 4 Abs. 3 Satz 4 Varianten 1 und 3 EStG abgelehnt.
|
|
|
|
|
|
|
77
|
Nach dieser Vorschrift sind die Anschaffungs-
oder Herstellungskosten u.a. für nicht abnutzbare
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (Variante 1) und
für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen
und Rechte des Umlaufvermögens (Variante 3) erst im Zeitpunkt
des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei
Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu
berücksichtigen.
|
|
|
|
|
|
|
78
|
1. § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 1 EStG
greift nicht ein. Denn das FG hat die Goldbarren frei von
Rechtsfehlern dem Umlaufvermögen und nicht dem
Anlagevermögen der Klägerin zugeordnet.
|
|
|
|
|
|
|
79
|
a) Nach § 247 Abs. 2 HGB sind
Anlagevermögen diejenigen Gegenstände, die dazu bestimmt
sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen. Das sind die zum Gebrauch
bestimmten Wirtschaftsgüter (BFH-Urteil vom 30.3.1994 I R
123/93, BFHE 174, 554, BStBl II 1994, 810 = SIS 94 21 29, unter
II.1.b). Zum Umlaufvermögen gehören demgegenüber die
zum Verbrauch oder sofortigen Verkauf bestimmten
Wirtschaftsgüter (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteile vom 31.5.2001 IV R 73/00, BFHE 195, 551, BStBl II 2001,
673 = SIS 01 11 89; vom 28.5.1998 X R 80/94, BFH/NV 1999, 359 = SIS 98 55 72, und vom 5.2.1987 IV R 105/84, BFHE 149, 255, BStBl II
1987, 448 = SIS 87 10 27, jeweils m.w.N.).
|
|
|
|
|
|
|
80
|
b) Danach steht im Streitfall außer
Frage, dass die Goldbarren, welche die Klägerin für
Zwecke der Handelstätigkeit angeschafft hat, dem
Umlaufvermögen zuzuordnen sind. Die Goldbarren waren zur
alsbaldigen Veräußerung bestimmt. Dies ergibt sich auch
aus dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin, wonach
Geschäftszweck u.a. der Kauf, der Verkauf, der Handel oder
anderweitige Geschäfte mit Edelmetallen sein sollte.
Dementsprechend ist die Klägerin auch verfahren.
|
|
|
|
|
|
|
81
|
2. Ebenso ist das FG rechtsfehlerfrei davon
ausgegangen, dass die gehandelten Goldbarren keine den Wertpapieren
vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte i.S. des
§ 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG sind.
|
|
|
|
|
|
|
82
|
a) Physisches Gold ist kein den Wertpapieren
vergleichbares nicht verbrieftes Recht.
|
|
|
|
|
|
|
83
|
aa) Wertpapiere sind zum einen durch eine
leichte Handelbarkeit (Übertragbarkeit) gekennzeichnet (dazu
ausführlich Jennemann, FR 2013, 253, 259 ff.), zum anderen
dadurch, dass sie - auch wenn sie selbst ein körperliches
Wirtschaftsgut darstellen - ein unkörperliches Recht
verbriefen (vgl. Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 178;
Jennemann, FR 2013, 253, 254). Eine Anwendung des § 4 Abs. 3
Satz 4 Variante 3 EStG scheidet daher von vornherein in solchen
Fällen aus, in denen Gegenstand der Anschaffung das Eigentum
an konkreten physischen Goldbarren ist und der Erwerber dieses
Sacheigentum an den bestimmten Goldbarren trotz deren
Drittverwahrung bei einer Bank beibehält. Denn in diesen
Fällen wird kein unkörperliches Recht erworben und
übertragen, sondern eine bewegliche Sache (körperlicher
Gegenstand). Allein die leichte - durch Besitzkonstitut
(§§ 929, 930 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - )
oder Abtretung des Herausgabeanspruchs (§§ 929, 931 BGB;
zur Übertragung des Miteigentumsanteils nach den §§
929 ff. BGB vgl. Palandt/Herrler, Bürgerliches Gesetzbuch, 76.
Aufl., § 1008 Rz 5) und damit ohne körperliche
Übergabe mögliche - Übertragung des Eigentums an den
Goldbarren rechtfertigt daher keine Anwendung dieser Vorschrift
(gleicher Ansicht Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 178; Korn in
Korn, § 4 EStG Rz 550.1; so wohl auch Schmidt/Heinicke,
a.a.O., § 4 Rz 373; ebenso Heuermann, DStR 2014, 169;
Müller, BB 2015, 1568; anderer Ansicht Dornheim, DStR 2012,
1581).
|
|
|
|
|
|
|
84
|
bb) Aber selbst wenn die drittverwahrende Bank
die Möglichkeit hat, einen in Sammelverwahrung befindlichen
und mehreren Miteigentümern gehörenden -
regelmäßig nur nach Gattung (Gewicht und Feinheit)
räumlich separierten - Goldbestand zu erweitern und zu
ergänzen, greift § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG nicht
ein (so wohl auch Schulte-Frohlinde, BB 2015, 287, 288; anderer
Ansicht Müller, BB 2015, 1568; Korn in Korn, § 4 EStG Rz
550.1; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 178). Der Kunde erwirbt
dann zwar nur einen Miteigentumsanteil an einer dynamischen und
damit unbestimmten Sachgesamtheit (vgl. Müller, BB 2015, 1568,
1572). Gleichwohl ist § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG auch
in diesem Fall nicht anwendbar.
|
|
|
|
|
|
|
85
|
(1) Das Miteigentum ist seinem Wesen nach dem
Eigentum gleichartig (z.B. BGH-Beschluss vom 10.5.2007 V ZB 6/07,
BGHZ 172, 209, unter III.3.a). Der Bruchteil ist selbst Eigentum im
Rechtssinne. Soweit keine abweichenden Regelungen eingreifen,
gelten für den Bruchteil die Vorschriften über das
Eigentum (MünchKommBGB/K. Schmidt, 7. Aufl., § 1008 Rz
1). Das Miteigentum führt zu einer geteilten
Eigentumszuständigkeit an einer Sache, d.h. an einem
körperlichen Gegenstand. Dieser Bezug zu einem
körperlichen Gegenstand geht auch bei einem dynamischen
Depotbestand im Ergebnis nicht verloren. Denn der Investor wird
regelmäßig das Recht haben, sich entsprechend seinem
Miteigentumsanteil physische Goldbarren gleicher Art und Menge
ausliefern zu lassen.
|
|
|
|
|
|
|
86
|
(2) Besondere Bedeutung misst der Senat zudem
der Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3
EStG bei.
|
|
|
|
|
|
|
87
|
Die Formulierung, wonach sich § 4 Abs. 3
Satz 4 EStG auch auf „Wertpapiere und vergleichbare nicht
verbriefte Forderungen und Rechte ... des
Umlaufvermögens“ erstreckt, geht auf das Gesetz zur
Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen
(StEindämmG) vom 28.4.2006 (BGBl I 2006, 1095) zurück.
Hiermit sollten namentlich Modelle zur Erzielung von
Steuerstundungseffekten bekämpft werden (BTDrucks 16/634, S.
10, 13 f.). Dieser - bei der Auslegung der Vorschrift zu
berücksichtigende - Gesetzeszweck (Blümich/Wied, § 4
EStG Rz 178; Hechtner, NWB 2013, 196, 200; Stahl/Mann, DStR 2015,
1425, 1426; anderer Ansicht Schulte-Frohlinde, BB 2012, 2791, 2793)
rechtfertigt es aber nicht, den physischen Goldhandel unter diese
Formulierung zu subsumieren. Im Gesetzgebungsverfahren ist nicht
unbemerkt geblieben, dass sich ähnliche Steuerstundungseffekte
auch mit Edelmetallen und sonstigen Rohstoffen erzielen lassen. So
wollte der Bundesrat auch Edelmetalle und sonstige Rohstoffe in den
Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG einbeziehen
(BRDrucks 937/1/05, S. 2 ff.). Dies ist jedoch - aus verschiedenen
Gründen - bewusst nicht geschehen. Insbesondere ist in der
Gegenäußerung der Bundesregierung ausgeführt
worden, dass bei Überschreiten der Umsatzgrenzen des §
141 Abs. 1 Nr. 1 AO der Gewinn ohnehin durch
Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln sei (BTDrucks 16/749,
S. 1). Danach ist es nicht möglich, den An- und Verkauf von
physischem Gold doch wieder dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift
zu unterwerfen.
|
|
|
|
|
|
|
88
|
(3) Dieses Gesetzesverständnis wird im
Übrigen durch die späteren Aktivitäten des
Gesetzgebers auf diesem Gebiet bestätigt.
|
|
|
|
|
|
|
89
|
Der Bundesrat hat im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens zum Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007
(BGBl I 2007, 3150) wiederholt versucht, den Edelmetallhandel in
den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 Satz 4 (und 5) EStG
aufzunehmen (BRDrucks 544/07 (Beschluss), S. 12 ff.). Dies ist
jedoch nicht geschehen. Die Bundesregierung ist dem mit der
Begründung entgegengetreten, dieser Änderung bedürfe
es nicht, weil die auf Grund der genannten Gestaltungen
entstehenden Verluste ein Steuerstundungsmodell darstellten und
somit bereits nach § 15b EStG nicht sofort mit den
übrigen Einkünften „verrechenbar“ seien
(BTDrucks 16/6739, S. 31 f.). Diese Aussage ist nur
verständlich, wenn § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG
i.d.F. des StEindämmG in Fällen vorliegender Art nicht
eingreift und infolge der als Betriebsausgaben sofort abziehbaren
Anschaffungskosten Verluste entstehen.
|
|
|
|
|
|
|
90
|
Tatsächlich tätig geworden ist der
Gesetzgeber betreffend Gestaltungen, in denen - anders als hier -
im Inland steuerpflichtige gewerbliche Einkünfte vorliegen,
erst durch das AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIFM-StAnpG) vom
18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318), indem er § 15b EStG den neuen
Abs. 3a angefügt hat. Nach dieser Vorschrift liegt
unabhängig von den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3
ein Steuerstundungsmodell i.S. des Absatzes 1 insbesondere vor,
wenn ein Verlust aus Gewerbebetrieb entsteht oder sich erhöht,
indem ein Steuerpflichtiger, der nicht auf Grund gesetzlicher
Vorschriften verpflichtet ist, Bücher zu führen und
regelmäßig Abschlüsse zu machen, auf Grund des
Erwerbs von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens sofort
abziehbare Betriebsausgaben tätigt, wenn deren
Übereignung ohne körperliche Übergabe durch
Besitzkonstitut nach § 930 BGB oder durch Abtretung des
Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB erfolgt. Diese Regelung
richtet sich gegen Gestaltungen, bei denen Verluste durch die
Anschaffung von - dem Umlaufvermögen zuzuordnenden -
Wirtschaftsgütern (z.B. Gold oder Holz) entstehen, ohne dass
eine körperliche Übergabe der angeschafften
Wirtschaftsgüter erfolgt (BRDrucks 740/13, S. 78). Sie wurde
notwendig, weil diverse Finanzgerichte nicht die Auffassung der
Finanzverwaltung teilten, wonach § 15b EStG eingreife. §
15b Abs. 3a EStG ist erstmals auf Verluste anzuwenden, bei denen
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach dem 28.11.2013
angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen
eingelegt werden (vgl. § 52 Abs. 33a Satz 5 EStG i.d.F. des
AIFM-StAnpG, jetzt § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG).
|
|
|
|
|
|
|
91
|
Betreffend Gestaltungen, in denen - wie hier -
auf Grund eines DBA im Inland steuerfrei gestellte negative
Progressionseinkünfte gegeben sind, hat der Gesetzgeber zum
einen durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz
(AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) die für
die Ermittlung der Progressionseinkünfte zu
berücksichtigende besondere Gewinnermittlungsvorschrift des
§ 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG eingefügt
(erstmals anwendbar auf Wirtschaftsgüter des
Umlaufvermögens, die nach dem 28.2.2013 angeschafft,
hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt worden
sind; vgl. § 52 Abs. 43a Satz 11 EStG i.d.F. des
AmtshilfeRLUmsG, jetzt § 52 Abs. 33 Satz 1 EStG), zum anderen
durch das AIFM-StAnpG den § 32b Abs. 1 Satz 3 EStG um die
ausdrückliche Formulierung ergänzt, dass auch § 15b
EStG „sinngemäß anzuwenden“ ist (in allen
offenen Fällen anwendbar; vgl. § 52 Abs. 43a Satz 12 EStG
i.d.F. des AIFM-StAnpG, jetzt § 52 Abs. 33 Satz 2 EStG). Nach
§ 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c EStG i.d.F. des
AmtshilfeRLUmsG sind für den Fall, dass die nach einem DBA
steuerfreien Auslandseinkünfte nach § 4 Abs. 3 EStG zu
ermitteln sind, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens (erst) im Zeitpunkt
des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei
Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Der
Gesetzgeber wollte hiermit eine Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sicherstellen (BTDrucks
17/12375, S. 37). Diese Regelung wäre insbesondere für
den Edelmetallhandel nicht erforderlich gewesen, fiele jener
bereits unter § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG.
|
|
|
|
|
|
|
92
|
b) Im Streitfall hat das FG für den Senat
bindend festgestellt, dass die Klägerin das Eigentum an
einzeln nummerierten Goldbarren erworben und beibehalten hat.
|
|
|
|
|
|
|
93
|
Die Goldbarren wurden zwar - so dass FG -
zunächst in Sammelverwahrung gegeben, waren aber weiterhin
über eine Barrenliste identifizierbar und wurden
anschließend von den übrigen verwahrten Goldbarren
physisch separiert und in gesonderten Tresoren aufbewahrt. Damit
war gewährleistet, dass das Eigentum an jedem einzeln
erworbenen Goldbarren zugeordnet werden konnte. Danach ist für
den Senat - was im Übrigen zwischen den Beteiligten auch im
finanzgerichtlichen Verfahren nicht streitig diskutiert wurde -
nicht zweifelhaft, dass die Klägerin das Eigentum an konkreten
physischen Goldbarren erworben und beibehalten hat.
|
|
|
|
|
|
|
94
|
Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich in
Fällen, in denen das Gold im Ausland verwahrt wird, der
Eigentumserwerb anhand des maßgeblichen ausländischen
Rechts beurteilt. Denn nach Art. 43 Abs. 1 des
Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB)
unterliegen Rechte an einer Sache dem Recht des Staates, in dem
sich die Sache befindet (Belegenheitsstatut; lex rei sitae). Diesem
Belegenheitsstatut unterfallen alle sachenrechtlichen
Verfügungen, auch die Begründung oder Übertragung
des (Mit-)Eigentums an beweglichen Sachen (Staudinger/Mansel
(2015), Art. 43 EGBGB Rz 503, 506, 703, 784). Es bestehen jedoch
keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach dem
maßgeblichen ausländischen Recht nicht Eigentümerin
der Goldbarren geworden und geblieben ist.
|
|
|
|
|
|
|
95
|
IV. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen,
dass kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt.
|
|
|
|
|
|
|
96
|
1. Nach dem für das Streitjahr 2007 noch
anwendbaren § 42 Abs. 1 Satz 1 AO a.F. kann durch Missbrauch
von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts das Steuergesetz nicht
umgangen werden. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein
solcher Missbrauch vor, wenn eine rechtliche Gestaltung
gewählt wird, die zur Erreichung des erstrebten
wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist, der Steuerminderung dienen
soll und durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche
außersteuerrechtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist
(z.B. BFH-Urteile vom 17.11.1999 I R 11/99, BFHE 190, 419, BStBl II
2001, 822 = SIS 00 06 42; vom 17.3.2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509,
BStBl II 2010, 622 = SIS 10 14 78, Rz 47). Die Annahme eines
Gestaltungsmissbrauchs erfordert überdies eine zweckgerichtete
Handlung zur Umgehung eines Steuergesetzes (z.B. BFH-Urteil vom
18.3.2004 III R 25/02, BFHE 205, 470, BStBl II 2004, 787 = SIS 04 22 19). Diese Umgehung kann auch darin liegen, dass eine
steuerentlastende Vorschrift erfüllt wird (z.B. BFH-Beschluss
vom 3.2.1993 I B 90/92, BFHE 170, 197, BStBl II 1993, 426 = SIS 93 10 14, unter II.2.).
|
|
|
|
|
|
|
97
|
2. Im Streitfall ist eine derartige
Steuerumgehung nicht gegeben. Eine solche liegt insbesondere nicht
darin, dass die Klägerin als ausländische
Personengesellschaft im Ausland einen Goldhandel betrieben hat, um
hiermit über eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG
durch die Anschaffung erheblichen Umlaufvermögens kurz vor
Jahresende hohe negative Progressionseinkünfte zu generieren.
Denn das Gesetz steht einer derartigen Gestaltung nicht entgegen.
Grundsätzlich darf der Steuerpflichtige seine
Verhältnisse so gestalten, dass keine oder möglichst
geringe Steuern anfallen.
|
|
|
|
|
|
|
98
|
Bei der Einnahmen-Überschussrechnung ist
es eine Folge des im Grundsatz anwendbaren Zu- und Abflussprinzips
(§ 11 EStG), dass die Anschaffungskosten für
Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens grundsätzlich
im Zeitpunkt der Verausgabung der Mittel als Betriebsausgaben
abziehbar sind. Dabei ist es dem Steuerpflichtigen nicht verwehrt,
eine Anschaffung noch kurz vor Ablauf des
Gewinnermittlungszeitraums vorzunehmen und den Kaufpreis zu
begleichen (vgl. Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 42 Rz
203). Ebenso liegt es in der technischen Wirkungsweise der
negativen Progressionseinkünfte begründet, dass diese zu
einer erheblichen Reduzierung der Einkommensteuerschuld führen
können. Die Gestaltung wäre selbst dann nicht als
rechtsmissbräuchlich zu beurteilen, wenn sich die in
Folgejahren entstehenden positiven Progressionseinkünfte
steuerrechtlich nicht mehr auswirken könnten, weil die
steuerpflichtigen Einkünfte der inländischen
Steuerpflichtigen bereits dem Spitzensteuersatz unterliegen.
Ursache der fehlenden steuerrechtlichen Auswirkung positiver
Progressionseinkünfte ist die Anwendbarkeit des
Spitzensteuersatzes bereits auf Grund der inländischen
Einkünfte.
|
|
|
|
|
|
|
99
|
Gegen Gestaltungen vorliegender Art, in denen
auf Grund eines DBA im Inland steuerfrei gestellte negative
Progressionseinkünfte gegeben sind, ist der Gesetzgeber (erst)
durch die Regelung in § 32b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst.
c EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG und durch die Regelungen in
§ 15b Abs. 3a, § 32b Abs. 1 Satz 3 EStG i.d.F.
AIFM-StAnpG vorgegangen (s. oben unter B.III.2.a bb (3)). Vor
Einfügung dieser Vorschriften war es nicht möglich, die
Gestaltung als Steuerumgehung zu qualifizieren. Dies hat nicht
zuletzt auch die Bundesregierung so gesehen (vgl. Antwort der
Bundesregierung, BTDrucks 17/9870, S. 3 und S. 5).
|
|
|
|
|
|
|
100
|
V. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar,
dass die vom FG im Tenor ausgesprochene Verpflichtung, negative
Progressionseinkünfte festzustellen, der Höhe oder der
Verteilung nach unzutreffend ist.
|
|
|
|
|
|
|
101
|
VI. Über das Vorliegen verrechenbarer
Verluste i.S. des § 15b EStG kann im Rahmen des vorliegenden
Verfahrens nicht entschieden werden. Denn es ist dem Gericht nach
§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO verwehrt, über das Klagebegehren
hinauszugehen.
|
|
|
|
|
|
|
102
|
1. Der Gewinnfeststellungsbescheid nach §
180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO und der
Verlustfeststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG sind -
vergleichbar dem Gewinnfeststellungsbescheid und dem
Feststellungsbescheid nach § 15a EStG (z.B. BFH-Urteil vom
22.6.2006 IV R 31, 32/05, BFHE 214, 239, BStBl II 2007, 687 = SIS 06 40 91, unter II.2.c aa) - zwei eigenständige
Verwaltungsakte mit selbständigem Regelungsgehalt (Reiß
in Kirchhof, a.a.O., § 15b Rz 59). Gleiches gilt für den
- hier streitigen - Feststellungsbescheid nach § 180 Abs. 5
Nr. 1 AO und den Verlustfeststellungsbescheid nach § 32b Abs.
1 Satz 3 i.V.m. § 15b Abs. 4 EStG (gleicher Ansicht FG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.1.2013 3 K 1185/12; Stahl/Mann, DStR
2013, 1822). Der in allen offenen Fällen anzuwendende §
32b Abs. 1 Satz 3 EStG i.d.F. des AIFM-StAnpG (vgl. § 52 Abs.
43a Satz 12 EStG i.d.F. des AIFM-StAnpG, jetzt § 52 Abs. 33
Satz 2 EStG) ordnet an, dass § 15b EStG (insgesamt)
sinngemäß anzuwenden ist. Damit gilt auch § 15b
Abs. 4 EStG. Bei Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i.S. des
§ 15b EStG sind die geltend gemachten Verluste für Zwecke
des Progressionsvorbehalts nach § 15b Abs. 4 EStG durch einen
eigenen Verwaltungsakt gesondert festzustellen. Für das
finanzgerichtliche Verfahren bedeutet dies, dass es sich bei dem
Feststellungsbescheid nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO und dem
Verlustfeststellungsbescheid nach § 32b Abs. 1 Satz 3 i.V.m.
§ 15b Abs. 4 EStG um zwei selbständige - voneinander zu
unterscheidende - Klagebegehren handelt (gleicher Ansicht
Stahl/Mann, DStR 2013, 1822).
|
|
|
|
|
|
|
103
|
2. Das erstinstanzliche Klagebegehren betraf
keinen Verlustfeststellungsbescheid i.S. des § 32b Abs. 1 Satz
3 i.V.m. § 15b Abs. 4 EStG. Die Klägerin begehrte vor dem
FG, das FA unter Aufhebung des angegriffenen negativen
Feststellungsbescheids zu verpflichten, den nach § 180 Abs. 5
Nr. 1 AO beantragten Feststellungsbescheid für 2007 zu
erlassen, in dem allein negative Progressionseinkünfte
festzustellen waren. Die Frage, ob ein Steuerstundungsmodell i.S.
des § 15b EStG vorgelegen hat, war nicht Gegenstand des
erstinstanzlichen Klageverfahrens. Da in der Revision der
Prozessstoff grundsätzlich nicht geändert werden kann
(vgl. § 123 Abs. 1 FGO), kann die genannte Frage auch nicht
Gegenstand des Revisionsverfahrens sein.
|
|
|
|
|
|
|
104
|
VII. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2, § 139 Abs. 4 FGO.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|