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Keine Unbilligkeit der Mindestbesteuerung, wenn Gewerbesteuermessbetrag auf vom Steuerpflichtigen veranlasstem Forderungsverzicht beruht

Keine Unbilligkeit der Mindestbesteuerung, wenn Gewerbesteuermessbetrag auf vom Steuerpflichtigen veranlasstem Forderungsverzicht beruht: 1. Hält der Steuerpflichtige eine ihn nachteilig treffende Norm im Hinblick auf die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers für verfassungsgemäß, sieht er die Besteuerung aber in seinem Einzelfall als unbillig an, weil er von der Typisierung unverhältnismäßig betroffen wird, kann er ohne vorherige Anfechtung der Steuerfestsetzung eine Billigkeitsmaßnahme beantragen. - 2. Die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags kann ungeachtet der Mindestbesteuerung nach § 10 a Sätze 1 und 2 GewStG nicht unbillig sein, wenn der Gewerbeertrag allein daraus resultiert, dass der Steuerpflichtige zur Vermeidung der Insolvenz einen Gläubiger zum Erlass seiner Forderung gedrängt hat. - Urt.; BFH 20.9.2012, IV R 29/10; SIS 12 32 50

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gewerbesteuer
Fundstellen
  1. BFH 20.09.2012, IV R 29/10
    BStBl 2013 II S. 505
    BFH/NV 2013 S. 103
    DStR 2012 S. 2488
    LEXinform 0927852

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 21.6.2013
    -/- in NWB 50/2012 S. 4037
    jh in StuB 24/2012 S. 963
    M.W. in BFH/PR 2/2013 S. 67
    P.B. in DB 4/2013 S. 144
    T.B./V.F. in NWB 19/2013 S. 668
    KAM in Stbg 4/2013 S. M 15
    V.F./R.Sch. in DB 32/2013 S. 1746
Normen
[GewStG] § 10 a Satz 1, § 10 a Satz 2
[AO 1977] § 163 Satz 1, § 227
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 15.06.2010, SIS 10 28 38, Gewerbeverlust, Mindestbesteuerung, Betriebsaufgabe, Billigkeit, Erlass
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Köln 26.4.2023, SIS 23 13 66, Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen bei Verletzung des subjektiven Nettoprinzips: 1. Der...
  • BFH 23.2.2023, SIS 23 10 47, Billigkeitserlass von Nachforderungszinsen bei unzutreffender zeitlicher Zuordnung von Umsätzen: 1. Unter...
  • FG Münster 12.1.2023, SIS 23 03 26, Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit: 1. Ein Antrag auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme kann auch nach E...
  • FG Baden-Württemberg 12.11.2021, SIS 23 12 23, Keine sachliche Unbilligkeit bei Ausschluss der Verrechnung von Verlusten aus Aktienveräußerungen mit Sti...
  • Sächsisches FG 9.12.2020, SIS 21 11 51, Wert der Renovierungs- und Umbaumaßnahmen als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG bei Teilnahme an ei...
  • FG Hamburg 30.7.2020, SIS 20 15 78, Vollständiger Erlass von Säumniszuschlägen wegen verfassungsrechtlicher Zweifel an ihrer Höhe: Mögliche v...
  • FG Münster 15.10.2019, SIS 19 20 17, Zinsfestsetzung, Zinslauf, Erlass von Nachzahlungszinsen zur ESt bei korrespondierender Schenkungsteuerfe...
  • FG Münster 10.10.2019, SIS 19 19 50, Erlass von Säumniszuschlägen, technische Stundung: Eine technische Stundung setzt fällige, wenn auch nich...
  • BFH 26.9.2019, SIS 19 17 21, Billigkeitserlass bei Rechtsirrtum über die Person des Steuerschuldners: Gehen der Leistende und Leistung...
  • FG Münster 21.5.2019, SIS 19 10 64, Rückforderung, Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen, Mitteilungspflicht: 1. Die Rückforderung von Kin...
  • BFH 27.2.2019, SIS 19 06 17, Keine Erstattung der Branntweinsteuer wegen sachlicher Unbilligkeit: 1. Keine Erstattung einer Branntwein...
  • FG Berlin-Brandenburg 24.1.2019, SIS 20 11 78, Erlass einer Kindergeldrückforderung nach Anrechnung des Kindergelds auf Sozialleistungen: 1. Es besteht ...
  • BFH 22.11.2018, SIS 18 22 28, Keine Übertragung einer Rücklage nach § 6 b EStG ohne Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten...
  • OVG Sachsen 5.11.2018, SIS 19 11 31, Gewerbesteuererlass, persönliche und sachliche Unbilligkeit, Sanierungsgewinn, Sanierungserlass: Es entsp...
  • BFH 18.9.2018, SIS 18 19 16, Zum Erlass von Säumniszuschlägen im Billigkeitsverfahren: 1. Säumniszuschläge sind nicht wegen sachlicher...
  • FG Münster 13.9.2018, SIS 18 18 43, Gesellschafterforderung, Rangrücktritt, Passivierungsverbot, Tilgung auch aus freiem Vermögen: 1. Die von...
  • FG Köln 5.9.2018, SIS 19 01 40, Keine Billigkeitsmaßnahme hinsichtlich vortragsfähiger Verluste aus Spekulationsgeschäften im Jahr 2001: ...
  • FG München 13.8.2018, SIS 18 13 55, Ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Erhebung von Säumniszuschlägen bei Überschuldung und Zahl...
  • BFH 11.7.2018, SIS 18 14 48, Keine Billigkeitsmaßnahme wegen behaupteter Verfassungswidrigkeit der Mindestbesteuerung: 1. Eine für den...
  • FG Köln 1.2.2018, SIS 18 19 91, Einstweiliger Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen: 1. Der Erlass einer Steuer aus sachlichen Billi...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 4.7.2017, SIS 17 14 90, Ermessensfehlerhafte Ablehnung des Erlasses einer Kindergeldrückforderung, Berücksichtigung einer unzurei...
  • FG Baden-Württemberg 26.4.2017, SIS 17 11 18, Kein Erlass der Einkommensteuer auf Unterhaltsleistungen bei aufgrund verspäteter Geltendmachung fehlende...
  • FG Hamburg 6.4.2017, SIS 17 13 22, Erlass von Einkommensteuer, Berücksichtigung von Aufwendungen durch die Fortführung früherer pastoraler T...
  • BVerfG 28.2.2017, SIS 17 12 32, Verfassungsbeschwerde zur Frage, ob die in § 10 a GewStG geregelte Mindestbesteuerung des Gewerbeertrages...
  • BFH 23.2.2017, SIS 17 08 59, Erlass von Steuern aus Billigkeitsgründen: Begehrt ein Steuerpflichtiger, der an mehreren Personengesells...
  • FG Münster 12.12.2016, SIS 17 01 32, Erlass eines Rückforderungsanspruchs von Kindergeld aus Billigkeitsgründen: Es besteht Anspruch auf Erlas...
  • FG Hamburg 7.12.2016, SIS 17 03 13, Keine Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 a GewStG, Hinzurechnung und Versteuerung in ...
  • BFH 28.11.2016, SIS 16 28 03, Steuererlass aus Billigkeitsgründen nach dem sog. Sanierungserlass des BMF: Mit dem unter den Voraussetzu...
  • OFD Frankfurt 24.6.2016, SIS 16 15 46, AdV wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der sog. Zinsschranke: Der Vorlagebeschluss des...
  • FG Köln 16.6.2016, SIS 16 22 36, Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO: 1. Die Finanzbehörden dürfen für die...
  • OFD Frankfurt 30.3.2016, SIS 16 09 07, Mindestgewinnbesteuerung: In dem Verfahren I R 59/12 hat der Bundesfinanzhof dem Bundesverfassungsgericht...
  • BFH 10.3.2016, SIS 16 09 16, Verbösernde Einspruchsentscheidung nach Ergehen eines Teilerlasses: 1. Das FA ist nach § 367 Abs. 2 Satz ...
  • FG Münster 15.9.2015, SIS 15 27 50, Vergleichbarer Abzug als Sonderausgabe bei konfessionslosen Steuerpflichtigen: Es ist nicht unbillig im S...
  • FG Hamburg 5.6.2015, SIS 15 20 06, Zahlungen aufgrund schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs an nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Empfän...
  • FG Hamburg 27.5.2015, SIS 15 20 03, Auslegung von Verwaltungsanweisungen durch das Gericht, Erlass von Säumniszuschlägen zur Grunderwerbsteue...
  • BVerfG 11.5.2015, SIS 15 13 85, Billigkeitsverfahren, Frage der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes: Die Frage nach der Verfassungswidri...
  • FG Baden-Württemberg 21.4.2015, SIS 15 25 39, Kein Billigkeitserlass bei verzögerter Eintragung des Gewinnabführungsvertrags in das Handelsregister auf...
  • FG Münster 19.3.2015, SIS 15 12 18, Wertfeststellung eines bereits von der Erblasserin gekündigten Kommanditanteils bei Abfindung der Erben m...
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  • BMF 13.11.2014, SIS 14 30 32, AdV wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der sog. Zinsschranke: Der BFH hat am 18.12.201...
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  • BFH 26.2.2014, SIS 14 22 37, Verfassungsmäßigkeit der sog. Mindestbesteuerung bei Definitiveffekten: Es wird eine Entscheidung des BVe...
  • FG München 4.2.2014, SIS 14 22 80, Antragsbefugnis einer KG i. L., Verkauf eines Wirtschaftsguts als Bestandteil des tarifbegünstigten Aufga...
  • BFH 17.12.2013, SIS 14 08 44, Keine Erstattung der Stromsteuer wegen sachlicher Unbilligkeit aufgrund eingetretener Zahlungsunfähigkeit...
  • BFH 12.12.2013, SIS 14 15 56, Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen wegen eines Sanierungsgewinns, rechtlicher Hinweis n...
  • BFH 12.12.2013, SIS 14 10 70, Abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen wegen eines Sanierungsgewinns: 1. Bei einem Einzelun...
  • FG Düsseldorf 7.11.2013, SIS 14 12 47, Billigkeitsmaßnahmen bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages: 1. Die Finanzbehörde kann Billigk...
  • FG Hamburg 7.11.2013, SIS 14 02 94, Erlass einer einstweiligen Anordnung: In der Besteuerung des Unterschiedsbetrags nach § 5 a Abs. 4 Satz 3...
  • Thüringer FG 9.10.2013, SIS 14 22 88, Ausschluss des Werbungskostenabzugs bei Kapitaleinkünften nach Einführung der Abgeltungsteuer verfassungs...
  • Thüringer FG 9.10.2013, SIS 14 22 89, Ausschluss des Werbungskostenabzugs bei Kapitaleinkünften nach Einführung der Abgeltungsteuer verfassungs...
  • BFH 8.8.2013, SIS 13 23 09, Organschaft und Vorsteuerberichtigung bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters: 1. Bestellt d...
  • BFH 23.7.2013, SIS 13 24 88, Keine Verteilung eines Übergangsverlusts aus Billigkeitsgründen: Es ist aus sachlichen Billigkeitsgründen...
  • FG Hamburg 23.5.2013, SIS 13 21 22, Erlass des USt-Erhöhungsbetrags bei Preisbindung: Die Umsatzsteuer ist nicht aus sachlichen Billigkeitsgr...
  • FG Hamburg 17.5.2013, SIS 13 21 25, Abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbilligkeit bei Entfallen der Bindungswirkung einer verbi...
  • BFH 17.4.2013, SIS 13 21 83, Erlass von Erbschaftsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen (Rechtslage vor dem 1.1.2009): 1. Sachlich u...
  • BFH 17.4.2013, SIS 13 25 01, Keine Billigkeitsmaßnahme bei einer auf einem Kirchensteuer-Erstattungsüberhang beruhenden Steuernachzahl...
  • FG Köln 11.4.2013, SIS 13 20 68, Mindestbesteuerung, Definitivbelastung, Ermessensentscheidung: Bei einer Veranlagung, die unter Anwendung...
  • BMF 19.10.2011, SIS 11 34 29, Mindestgewinnbesteuerung, AdV: Im Hinblick auf den BFH-Beschluss vom 26.8.2010 (BFHE 230 S. 445 = SIS 10 ...
Fachaufsätze
  • LIT 02 69 88 V. Farle/R. Schmitt, DB 32/2013 S. 1746: Handlungsoptionen zur Beseitigung (Auflösung und Löschung) inaktiver Gesellschaften (Personengesellschaft...
  • LIT 02 69 89 V. Farle/R. Schmitt, DB 32/2013 S. 1746: Ausschluss von Billigkeitsmaßnahmen (§ 163, § 227 AO) bei durch den Schuldner veranlasstem Forderungsverz...
  • LIT 02 69 90 V. Farle/R. Schmitt, DB 32/2013 S. 1746: Verfassungsmäßigkeit und Unbilligkeit der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG und § 10a Satz 1 und ...
  • LIT 02 69 91 V. Farle/R. Schmitt, DB 32/2013 S. 1746: Auflösung, Liquidation und Löschung vermögensloser Gesellschaften mit Überhang-Verbindlichkeiten - BFH vo...
  • LIT 02 69 92 V. Farle/R. Schmitt, DB 32/2013 S. 1746: Abgrenzung zu Billigkeitsmaßnahmen bei sog. Sanierungsgewinnen - BFH vom 20.9.2012, VI R 29/10 = SIS 12 3...
  • LIT 02 69 93 V. Farle/R. Schmitt, DB 32/2013 S. 1746: Kein steuerlicher Gewinn ohne Forderungsverzicht der Gläubiger - Fortbestehen zahlreicher Unsicherheiten ...
  • LIT 02 56 83 P. Bareis, DB 4/2013 S. 144: Ist die Mindestbesteuerung verfassungsgemäß? - Zugleich Anm. zu den BFH-Urteilen vom 22.8.2012 (I R 9/11 ...
  • LIT 02 58 64 T. Boller/V. Franke, NWB 10/2013 S. 668: Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerlichen Mindestbesteuerung - Auswirkungen der BFH-Urteile vom 20.9.2...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die mit notariellem Vertrag vom 16.9.1999 errichtet wurde und ein bestimmtes Grundstück in Berlin entwickeln sollte. Nachdem sich dieses Projekt nicht durchführen ließ, wurde „der Erwerb, die Entwicklung, die Vermietung, die Verwaltung und die Veräußerung von Immobilien jeder Art“ zum Zweck der Klägerin erklärt; der Gesellschaftsvertrag wurde mit Vereinbarung vom 13.2.2002 entsprechend neu gefasst. In diesem Zusammenhang kam es auch zum Wechsel von Gesellschaftern. Komplementärin war von Anfang an eine nicht an Kapital, Vermögen und Ergebnis beteiligte GmbH. Neben der C-AG trat am 13.2.2002 die A-Bank der Klägerin als Kommanditistin bei. Diese wandelte ihre Kapitaleinlage mit Vereinbarung vom 23.12.2002 in ein Mezzanine-Darlehen um und verkaufte gleichzeitig ihren Gesellschaftsanteil an die C-AG. Mit Beschluss vom 22.12.2004 wurde die Klägerin aufgelöst; Liquidatorin ist die C-AG.

 

 

2

Mit Kaufvertrag vom 26.10.2001 erwarb die Klägerin das Grundstück X. Sie plante, die aufstehenden Gebäude zu modernisieren und das Objekt anschließend zu verkaufen.

 

 

3

Nachdem sich Ende 2003 das Scheitern des Plans abgezeichnet hatte, schloss die Klägerin am 17.2.2004 einen Aufhebungsvertrag, durch den der Grundstückskauf mit sofortiger Wirkung rückabgewickelt wurde. Danach verfügte sie nicht mehr über Aktivvermögen. Um die Insolvenz zu vermeiden, bat die Klägerin mit Schreiben vom 20.2.2004 die A-Bank als Gläubigerin um einen Forderungsverzicht. Am 2.7.2004 verzichtete die A-Bank (mit Besserungsabrede) auf sämtliche Forderungen gegen die Klägerin. Außerdem verzichteten weitere Gläubiger, darunter die C-AG, auf ihre Forderungen. Die Klägerin buchte die Verbindlichkeiten im Erhebungszeitraum 2004 gewinnerhöhend aus. Hierdurch ergab sich für 2004 ein Jahresüberschuss von 1.862.924 EUR.

 

 

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) stellte zum 31.12.2003 einen vortragsfähigen Gewerbeverlust in Höhe von 2.656.561 EUR fest. Für das Streitjahr 2004 ging das FA von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.862.924 EUR aus. Davon zog es einen Gewerbeverlust in Höhe von 1.517.754 EUR ab. Diesen Betrag ermittelte das FA nach § 10a Sätze 1 und 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes und anderer Gesetze vom 23.12.2003 (BGBl I 2003, 2922, BStBl I 2004, 20) in der Weise, dass es den festgestellten vortragsfähigen Gewerbeverlust bis zur Höhe von 1 Mio. EUR in voller Höhe sowie von dem übersteigenden Betrag (862.924 EUR) 60 % (= 517.754 EUR) berücksichtigte. Danach verblieb ein gerundeter Gewerbeertrag von 345.100 EUR, woraus sich ein Gewerbesteuermessbetrag von 14.830 EUR und eine festgesetzte Gewerbesteuer für 2004 in Höhe von 60.803 EUR ergaben. Außerdem stellte das FA den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31.12.2004 mit 1.138.807 EUR fest.

 

 

5

Gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2004 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2004 legte die Klägerin Einspruch ein und rügte einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot. Gleichzeitig beantragte sie sinngemäß, die Gewerbesteuer für 2004 gemäß § 163 der Abgabenordnung (AO) auf 0 EUR festzusetzen bzw. nach § 227 AO zu erlassen.

 

 

6

Das FA lehnte eine Billigkeitsmaßnahme ab. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.

 

 

7

Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags und der Gewerbesteuer stehe im Einklang mit der Regelung des § 10a GewStG. Eine Billigkeitsfestsetzung nach § 163 AO komme nicht in Betracht. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31.3.2004 X R 25/03 (BFH/NV 2004, 1212 = SIS 04 32 38), das die Nichtberücksichtigung von Verlusten nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) betreffe, sei die Erhebung einer Steuer unbillig, wenn sie im Einzelfall nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht zu rechtfertigen sei und dessen Wertungen zuwiderlaufe. Der Gesetzgeber habe die mit der Beschränkung des Verlustabzugs verbundenen Härten ersichtlich in Kauf genommen, so dass eine Billigkeitsmaßnahme die generelle Geltungsanordnung des Steuergesetzes unterlaufen würde. Die Grundsätze des BFH-Urteils in BFH/NV 2004, 1212 = SIS 04 32 38 ließen sich auf die Neuregelung des § 10a GewStG zum 1.1.2004 und die damit verbundene Einführung der Mindestbesteuerung übertragen.

 

 

8

Mit der daraufhin erhobenen Klage begehrte die Klägerin, den Gewerbesteuermessbetrag bzw. die Gewerbesteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen nach § 163 AO auf 0 EUR festzusetzen oder die Gewerbesteuer nach § 227 AO zu erlassen. Das Finanzgericht (FG) hob die Einspruchsentscheidung auf und verpflichtete das FA, den Antrag der Klägerin auf Billigkeitsfestsetzung nach § 163 Satz 1 AO bzw. Billigkeitserlass nach § 227 AO bezüglich des Gewerbesteuermessbetrags 2004 und der Gewerbesteuer 2004 neu zu bescheiden. Das FA habe bei seiner Ermessensentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt, dass im Streitfall bereits am Ende des Erhebungszeitraums 2004 und damit auch bei der Wirksamkeit des Gewerbesteuermess- und Gewerbesteuerbescheids 2004 erkennbar gewesen sei, dass der Verlustausgleich von gerundet 345.100 EUR aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen sein werde. Die Beteiligten seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Tätigkeit nicht mehr aufnehmen werde und eine Entstehung von künftigen Gewinnen ausgeschlossen sei. Das Urteil ist in EFG 2010, 1576 = SIS 10 28 38 veröffentlicht.

 

 

9

Dagegen richtet sich die Revision des FA. Der Umstand, dass die Klägerin die wirtschaftliche Tätigkeit beendet habe und der Gewerbeverlust endgültig untergehe, könne zwar im Rahmen der Billigkeitsentscheidung in Betracht gezogen werden. Aufgrund der Gesetzesfassung des § 10a GewStG sei davon auszugehen, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspreche, dass ein vortragsfähiger Gewerbeverlust bei Beendigung eines Unternehmens nicht mehr genutzt werden könne und dass es ggf. im Jahr der Beendigung der gewerblichen Tätigkeit aufgrund der Mindestbesteuerung zur Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags und von Gewerbesteuer kommen könne. Der Gesetzgeber habe von seiner weitgehenden Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung Gebrauch gemacht und keine Sonderregelung für den Fall eines endgültigen Untergangs des bei Anwendung der Mindestbesteuerung verbleibenden Verlustvortrags vorgesehen. Zwar treffe es zu, dass im vorliegenden Fall bei Aufgabe des Gewerbebetriebs im Ergebnis ein wirtschaftlich nicht entstandener Totalgewinn versteuert werden müsse. Der Gesetzgeber sei jedoch nicht verpflichtet, einseitig zu Gunsten des Nettoprinzips den Wertungswiderspruch zwischen dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und dem Grundsatz des Nettoprinzips zu lösen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 22.7.1991 1 BvR 313/88, HFR 1992, 423). Der Grundsatz der Rechtssicherheit müsse der Forderung nach Gerechtigkeit im Einzelfall allenfalls dann weichen, wenn ihm angesichts der Besonderheiten des vom Gesetzgeber geregelten Sachverhalts jede Tauglichkeit abzusprechen wäre. Das sei vorliegend nicht der Fall.

 

 

10

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

11

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

12

Im Streitfall führe die Mindestbesteuerung endgültig zum Ausschluss des Verlustausgleichs. Dies habe bereits im Verlustabzugsjahr festgestanden, denn der Gewinn erhöhende Forderungsverzicht seitens der Gläubiger sei gerade zu dem Zweck erfolgt, der Klägerin die geordnete Liquidation zu ermöglichen. Mindestbesteuerung und Ausschluss des Verlustabzugs stünden damit im ursächlichen Zusammenhang. Der BFH habe an der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG verfassungsrechtliche Zweifel geäußert, wenn die spätere Verlustverrechnung endgültig ausgeschlossen sei (BFH-Beschluss vom 26.8.2010 I B 49/10, BFHE 230, 445, BStBl II 2011, 826 = SIS 10 33 11). Solche Bedenken äußere auch das Hessische FG im Hinblick auf § 10a Satz 2 GewStG, wenn dessen Anwendung gegen das objektive Nettoprinzip verstoße (Beschluss vom 26.7.2010 8 V 938/10, EFG 2010, 1811 = SIS 10 29 89). Diese Erwägungen müssten auch im Billigkeitsverfahren gelten. Vorliegend komme verschärfend hinzu, dass der steuerbelastete Ertrag nicht auf einem erwirtschafteten Gewinn, sondern auf einem reinen Buchgewinn beruhe.

 

 

13

Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten.

 

 

14

Es führt aus, § 227 AO stelle keine Ermächtigung zur Korrektur des Gesetzes dar. Die Billigkeitsmaßnahme dürfe nicht auf Erwägungen gestützt werden, die die vorgesehene Besteuerung allgemein oder für bestimmte Fallgruppen außer Kraft setzen würde. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit sei nur insoweit durch die Vorschrift gedeckt, wie angenommen werden könne, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - hätte er sie geregelt - im Sinne des vorgesehenen Erlasses entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 23.3.1998 II R 41/96, BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396 = SIS 98 15 06).

 

 

15

Der Umstand, dass im Streitfall eine volle Verrechnung der festgestellten Fehlbeträge unterbleibe, sei unmittelbare Folge der Änderung des § 10a GewStG. Es sei nicht Sache der Finanzverwaltung, diese gesetzgeberische Folge mittels Billigkeitsregelungen zu unterlaufen. Die Besteuerung widerspreche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dieser sei sich bei der Abfassung des Gesetzes bewusst gewesen, dass es im Einzelfall zur nicht vollständigen Verrechnung festgestellter Fehlbeträge kommen könne (BTDrucks 15/481, S. 5, rechte Spalte, zweiter Absatz). Die Anhebung des Sockelbetrags in der endgültig Gesetz gewordenen Fassung und die Diskussion um den Prozentsatz einer möglichen Verlustverrechnung zeigten, dass dem Gesetzgeber die Wirkung der Einschränkungen bewusst gewesen sei; eine Regelungslücke liege deshalb nicht vor.

 

 

16

Eine Billigkeitsmaßnahme sei nicht von Verfassungs wegen geboten. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, den Wertungswiderspruch zwischen dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung und dem Nettoprinzip einseitig zu Gunsten des Nettoprinzips zu lösen (BVerfG-Beschluss in HFR 1992, 423). In Fällen, in denen ein Fehlbetrag nicht vollständig verrechenbar sei, könne ein Verfassungsverstoß nicht einseitig auf das Gebot des objektiven Nettoprinzips gestützt werden.

 

 

17

II. Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass das FA die Voraussetzungen der §§ 163 Satz 1, 227 AO ermessensfehlerhaft verneint habe, weil es nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass die Klägerin ihre wirtschaftliche Tätigkeit beendet habe und damit der vortragsfähige Gewerbeverlust endgültig untergehe.

 

 

18

1. Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuern unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Nach § 227 AO können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

 

 

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a) Der Zweck der §§ 163, 227 AO liegt darin, sachlichen und persönlichen Besonderheiten des Einzelfalles, die der Gesetzgeber in der Besteuerungsnorm nicht berücksichtigt hat, durch eine nicht den Steuerbescheid selbst ändernde Korrektur des Steuerbetrags insoweit Rechnung zu tragen, als sie die steuerliche Belastung als unbillig erscheinen lassen (BFH-Urteile vom 26.5.1994 IV R 51/93, BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833 = SIS 94 22 40, unter 1. der Gründe; vom 4.7.1972 VII R 103/69, BFHE 106, 268, BStBl II 1972, 806 = SIS 72 04 66).

 

 

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b) Die Erlassentscheidung ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO), die gemäß § 102 FGO i.V.m. § 121 FGO grundsätzlich nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (Beschluss des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19.10.1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603 = SIS 72 03 54). Stellt das Gericht eine Ermessensüberschreitung oder einen Ermessensfehler fest, ist es grundsätzlich auf die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung beschränkt. Nur wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall derart eingeengt ist, dass nur eine Entscheidung als ermessensgerecht in Betracht kommt (sog. Ermessensreduzierung auf Null), ist es befugt, seine Entscheidung an die Stelle der Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde zu setzen und eine Verpflichtung zum Erlass auszusprechen (BFH-Urteile vom 6.9.2011 VIII R 55/10, BFH/NV 2012, 269 = SIS 12 00 79, unter II.1. der Gründe, m.w.N.; vom 26.10.1994 X R 104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 = SIS 95 08 57, unter II.2. der Gründe, m.w.N.).

 

 

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c) Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer als unbillig erscheint. So verhält es sich, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - wenn er sie als regelungsbedürftig erkannt hätte - im Sinne der beabsichtigten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 174, 482, BStBl II 1994, 833 = SIS 94 22 40, unter 2. der Gründe, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 12.9.2007 X B 18/03, BFH/NV 2008, 102 = SIS 08 05 14, unter II.5.b der Gründe, m.w.N.). Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt dagegen keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 7.10.2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865 = SIS 11 13 05, unter II.2. der Gründe; vom 4.2.2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663 = SIS 10 09 17, jeweils m.w.N.). Bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von generalisierenden und typisierenden Normen des Steuerrechts fällt allerdings die Möglichkeit des Steuererlasses zur Milderung unbilliger Härten besonders ins Gewicht (BVerfG-Beschluss vom 5.4.1978 1 BvR 117/73, BVerfGE 48, 102 = SIS 78 02 49; BFH-Urteile vom 6.2.1976 III R 24/71, BFHE 118, 151; in BFHE 185, 270, BStBl II 1998, 396 = SIS 98 15 06; vom 27.5.2004 IV R 55/02, BFH/NV 2004, 1555 = SIS 04 39 03). Deshalb ist im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen, ob die vom Gesetzgeber gewählte Typisierung gerade deshalb für zulässig erachtet wird, weil im Zusammenhang mit der Anwendung des typisierenden Gesetzes auftretende Härten durch Billigkeitsmaßnahmen beseitigt werden können. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Gesetzgeber Zahl und Intensität der von der typisierenden Regelung nachteilig betroffenen Fälle mit zumutbarem Aufwand nicht ermitteln kann. Die Billigkeitsmaßnahme erweist sich in diesem Zusammenhang als eine flankierende Maßnahme zur Typisierung (vgl. BFH-Urteil vom 20.9.2012 IV R 36/10, zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen).

 

 

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d) Die Billigkeitsprüfung muss sich je nach Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze und verfassungsmäßige Wertungen erstrecken; sie verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im konkreten Fall maßgeblich sind (BFH-Urteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 = SIS 95 08 57, unter II.4. der Gründe, m.w.N.). In eine solche Würdigung müssen nicht nur die Vorschriften einbezogen werden, aus denen der Anspruch dem Grunde und der Höhe nach hergeleitet wird, sondern auch die Regelungen, die im zu entscheidenden Fall für die Konkretisierung des materiellen Rechts und seine verfahrensrechtliche Durchsetzung sorgen. Nur auf diese Weise lassen sich Wertungswidersprüche aufdecken und im Billigkeitswege beseitigen, die bei isolierter Betrachtungsweise als typischer Nebeneffekt der Anwendung einzelner steuerrechtlicher Normen hinnehmbar erscheinen, insgesamt aber in ihrem Zusammenwirken in einem atypischen Einzelfall eine Rechtslage herbeiführen, welche die Durchsetzung des Steueranspruchs als sachlich unbillig erscheinen lässt (BFH-Urteil in BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 = SIS 95 08 57, unter II.4. der Gründe).

 

 

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e) Grundsätzlich kann im Rahmen der Prüfung, ob eine sachliche Unbilligkeit vorliegt, die Richtigkeit eines unanfechtbar gewordenen Steuerbescheids nicht mehr untersucht werden. Eine Ausnahme hat die Rechtsprechung für die Einwendungen zugelassen, die sich im konkreten Steuerrechtsverhältnis aus den Grundsätzen von Treu und Glauben ergeben (BFH-Urteile vom 31.10.1990 I R 3/86, BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610 = SIS 91 11 18, unter II.B.3. der Gründe; vom 10.6.1975 VIII R 50/72, BFHE 116, 103, BStBl II 1975, 789 = SIS 75 04 58). Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann jedoch nur in Betracht kommen, wenn das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten (BFH-Urteile in BFHE 163, 478, BStBl II 1991, 610 = SIS 91 11 18, unter II.B.3.a der Gründe; vom 5.2.1980 VII R 101/77, BFHE 130, 90, unter 2. der Gründe).

 

 

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2. Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem FA nicht aufzugeben, eine erneute Prüfung der Billigkeitsgründe vorzunehmen. Selbst wenn das FA die Bedeutung der endgültigen Nichtverwertbarkeit der Verluste und der dadurch eintretenden Verletzung des objektiven Nettoprinzips nicht ausreichend bei seinen Ermessenserwägungen berücksichtigt haben sollte, wie das FG meint, konnte doch keine andere Entscheidung als die vom FA getroffene ergehen, da eine Unbilligkeit im Streitfall nicht vorlag.

 

 

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a) Der Antrag der Klägerin auf Erlass einer Billigkeitsmaßnahme ist allerdings nicht bereits deshalb zurückzuweisen, weil sie davon abgesehen hat, Klage auch gegen die Festsetzungsverwaltungsakte zu erheben. Sie durfte sich darauf beschränken, nur die Entscheidung des FA über die beantragten Billigkeitsmaßnahmen mit der Klage anzugreifen.

 

 

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Zwar kann sich ein Steuerpflichtiger grundsätzlich nicht auf die sachliche Unbilligkeit einer Steuerfestsetzung berufen, wenn er zuvor nicht alle Rechtsmittel gegen die Steuerfestsetzung ausgeschöpft hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können bestandskräftig festgesetzte Steuern im Billigkeitsverfahren u.a. nur dann sachlich überprüft werden, wenn es dem Steuerpflichtigen nicht möglich oder nicht zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit der Festsetzung rechtzeitig zu wehren (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30.4.1981 VI R 169/78, BFHE 133, 255 = SIS 81 20 43, BStB1 II 1981, 611; vom 11.8.1987 VII R 121/84, BFHE 150, 502 = SIS 87 22 52, BStB1 II 1988, 512; vom 29.5.2008 V R 45/06, BFH/NV 2008, 1889 = SIS 08 38 41).

 

 

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Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht, wenn der Steuerpflichtige sich darauf beruft, von einer von ihm grundsätzlich als verfassungskonform angesehenen typisierenden Norm unverhältnismäßig nachteilig betroffen zu sein. Hält der Steuerpflichtige die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers in Bezug auf die in Frage stehende Norm für gegeben, sieht er die Besteuerung aber in seinem Einzelfall als unbillig an, weil er von der Typisierung unverhältnismäßig nachteilig betroffen wird, ist ihm die Anfechtung der Steuerfestsetzung nicht zuzumuten. Er kann sich vielmehr darauf beschränken, lediglich eine Billigkeitsmaßnahme zu beantragen.

 

 

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b) Im Streitfall kann offenbleiben, in welchen Fällen allgemein die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags trotz vortragsfähiger Verluste mindestens in Höhe des Gewerbeertrags zu einer auch durch die allgemeine Typisierungsbefugnis nicht mehr gedeckten unverhältnismäßigen Belastung eines einzelnen Steuerpflichtigen durch § 10a Sätze 1 und 2 GewStG führen kann und inwieweit die fehlende Möglichkeit zur künftigen Verrechnung gestreckter vortragsfähiger Verluste wegen der Einstellung der werbenden Tätigkeit auf Besonderheiten des Gewerbesteuerrechts beruht, die eine unverhältnismäßige Belastung des Steuerpflichtigen ausgeschlossen erscheinen lassen. Die Festsetzungen eines Gewerbesteuermessbetrags und der Gewerbesteuer gegenüber der Klägerin sind nämlich bereits deshalb nicht unbillig, weil die Klägerin durch ihr eigenes Verhalten dazu beigetragen hat, dass ein Gewerbeertrag entstanden ist, der nach § 10a Sätze 1 und 2 GewStG nicht vollständig mit vortragsfähigen Verlusten verrechnet werden konnte.

 

 

29

Der positive Gewerbeertrag im streitigen Erhebungszeitraum beruht ausschließlich darauf, dass Gläubiger der Klägerin auf ihre Forderungen gegenüber der Klägerin verzichtet haben. Der Verzicht wurde auf Betreiben der Klägerin erklärt, obwohl die Forderungen angesichts der Mittellosigkeit der Klägerin ohnehin schon wertlos geworden waren. Wäre der Verzicht nicht erklärt worden, hätte die Klägerin künftig keinen Gewinn mehr erzielt. Auch der Ausfall von gegen die Klägerin gerichteten Forderungen in einem Insolvenzverfahren hätte keine Gewinnauswirkung gehabt. Weder für den streitigen Erhebungszeitraum noch für spätere Erhebungszeiträume wären danach Gewerbesteuermessbeträge festzusetzen gewesen.

 

 

30

Anhaltspunkte dafür, dass es ohne Initiative der Klägerin zu dem Forderungsverzicht hätte kommen können, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat deshalb selbst die Ursache für das Eintreten der Mindestbesteuerung gesetzt, obwohl sie die Besteuerungsfolgen kennen musste. Unter diesem Aspekt kann die Besteuerung nicht als unbillig angesehen werden.

 

 

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3. Die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme durch das FA ist danach im Streitfall nicht zu beanstanden. Das FG ist von anderen Maßstäben ausgegangen. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).