Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 8.9.2017 4 K 1590/17
VBr wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) verwendete auf ihrem
Betriebsgelände mit 1 % Methylethylketon (MEK) vergällten
Branntwein zu Untersuchungs- und Reinigungszwecken im Rahmen einer
allgemeinen Verwendungserlaubnis nach § 44 Satz 1 Nr. 1
Buchst. a der Branntweinsteuerverordnung (BrStV). Sie gab an die
auf ihrem Betriebsgelände ansässigen Firmen A-GmbH und
B-GmbH im Jahr 2012 insgesamt 5.104 l vergällten Branntwein
mit 5.047,9 l Ethanol und im Jahr 2013 weiteren vergällten
Branntwein mit insgesamt 7.447,5 l Ethanol ab. Diese Firmen
verwendeten in ihren Laboren ebenfalls vergällten Branntwein
zu Untersuchungs- und Reinigungszwecken im Rahmen ihrer allgemeinen
Verwendungserlaubnis nach § 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a
BrStV.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Hauptzollamt - HZA - ) setzte gegen die Klägerin mit Bescheid
vom 17.12.2013 Branntweinsteuer in Höhe von 65.774,14 EUR
für 2012 und mit Bescheid vom 9.12.2014 Branntweinsteuer in
Höhe von 97.040,93 EUR für 2013 fest. Die Klägerin
habe keine Erlaubnis gehabt, an die A-GmbH und die B-GmbH
vergällten Branntwein abzugeben. Daher sei die
Branntweinsteuer nach § 153 Abs. 3 des Gesetzes über das
Branntweinmonopol (Branntweinmonopolgesetz - BranntwMonG - )
entstanden. Die Klägerin zahlte die Branntweinsteuer.
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Hiergegen eingelegte Einsprüche und
die nachfolgende Klage blieben erfolglos. Die Klägerin legte
keine Nichtzulassungsbeschwerde ein.
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Am 15. und 19.12.2014 beantragte die
Klägerin die Erstattung der Branntweinsteuer aus sachlichen
Billigkeitsgründen.
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Der gegen die Ablehnung der Erstattung
eingelegte Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung
führte das HZA aus, § 153 Abs. 3 BranntwMonG i.V.m.
§ 44 BrStV sei eine Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 92/83/EWG
des Rates vom 19.10.1992 zur Harmonisierung der Struktur der
Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke - RL
92/83/EWG - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1992,
Nr. L 316/21) entsprechende Vorschrift zur Sicherung der korrekten
und einfachen Anwendung der Steuerbefreiungen. Insoweit sei es
unerheblich, ob der Branntwein letztlich zur Herstellung von
Erzeugnissen verwendet worden sei, weil die hier zu
berücksichtigende Steuerentstehung durch die
regelmäßige Abgabe des an sich steuerfreien Branntweins
bewirkt worden sei. Für diesen Fall habe der Gesetzgeber eine
Besteuerung bewusst angenommen, so dass eine
Billigkeitsmaßnahme ausscheide. Der Streitfall sei auch nicht
mit dem des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union
(EuGH) Polikim-SS vom 2.6.2016 C-355/14 (EU:C:2016:403, ZfZ 2016,
196 = SIS 16 11 89) vergleichbar, weil es hier um die Verwendung im
Rahmen einer allgemeinen Verwendungserlaubnis gehe, während es
in dem vom EuGH entschiedenen Fall um die Nutzung einer
ausdrücklich erteilten Lagererlaubnis gegangen sei. Hätte
die Klägerin darüber verfügt, wäre es nicht zu
der streitbefangenen Steuer gekommen. Eine Unbilligkeit auf Grund
einer sachwidrigen Härte scheide ebenfalls aus, da die
Steuerentstehung dem Gesetz entspreche und keine persönliche
Unbilligkeit darstelle. Schließlich seien die Endverwender,
die A-GmbH und die B-GmbH, ehemalige Betriebsteile der
Klägerin, die sie ausgegliedert habe. Dies und das damit
verbundene Entstehen der streitbefangenen Steuerschuld sei auf eine
bewusste Unternehmensentscheidung der Klägerin
zurückzuführen.
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Die Klage war erfolglos. Das Urteil ist in
ZfZ 2018, Beilage 4, 24 abgedruckt.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
ihrer Revision.
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Eine Billigkeitsmaßnahme komme nach
Tz. 7.1.1. der Dienstvorschrift zur Anwendung der Abgabenordnung im
Bereich der Zollverwaltung (AO-DV Zoll) zu § 227 der
Abgabenordnung (AO) in Betracht, weil es sich um ein entschuldbares
und lediglich abgabenrechtlich nachteiliges Verhalten gehandelt
habe. Die Abgabe des Branntweins durch eine nach § 44 Satz 1
Nr. 1 Buchst. a BrStV legitimierte Gesellschaft an eine andere nach
§ 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BrStV legitimierte Gesellschaft
sei bloß ein versehentlicher Formverstoß. Eine
Steuerentstehung sei vom Gesetzgeber nicht gewollt.
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Das Urteil verstoße gegen den
Grundsatz der unionsrechtlichen
Verhältnismäßigkeit, weil das Finanzgericht (FG)
das EuGH-Urteil Polikim-SS (EU:C:2016:403, ZfZ 2016, 196) nicht
angewendet habe. Danach sei die Versagung einer Steuerbefreiung in
den Fällen unverhältnismäßig, in denen der
tatsächliche Empfänger verbrauchsteuerpflichtiger Waren
über eine materielle Bezugsberechtigung verfüge, die
Waren vom Empfänger zu Zwecken verwendet worden seien,
für die nach den unionsrechtlichen Vorschriften eine
Steuerbefreiung zu gewähren ist, und keine Anhaltspunkte
für betrügerisches oder missbräuchliches Verhalten
erkennbar seien. Das EuGH-Urteil sei auf alle Fälle
anzuwenden, in denen zwar gegen Formvorschriften verstoßen
worden sei, eine Gefährdung der Steueraufsicht aber letztlich
nicht vorliege und die materiellen Voraussetzungen für
Steuervergünstigungen erfüllt seien. Die Klägerin
verweist in diesem Zusammenhang auf die EuGH-Urteile ROZ-SWIT vom
2.6.2016 C-418/14 (EU:C:2016:400, ZfZ 2017, 73 = SIS 16 11 90) und
Vakaru Baltijos laivu statykla vom 13.7.2017 C-151/16
(EU:C:2017:537, ZfZ 2017, 332 = SIS 17 12 55).
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie den ablehnenden Bescheid vom 25.8.2016 in der
Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.5.2017 aufzuheben und das
HZA zu verpflichten, dem Erstattungsantrag in vollem Umfang zu
entsprechen.
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Das HZA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Vorentscheidung entspricht
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Das FG hat zu Recht entschieden, dass sich die
Entstehung der Branntweinsteuer durch Abgabe des vergällten
Branntweins an die A-GmbH und die B-GmbH nicht als sachlich
unbillig erweist und eine Erstattung daher nicht zwingend geboten
ist.
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1. Die Entscheidung über die Erstattung
bzw. den Erlass nach § 227 AO ist eine Ermessensentscheidung
der Behörde (§ 5 AO). Diese kann im finanzgerichtlichen
Verfahren nach § 102 Satz 1 FGO nur daraufhin
überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des
Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer
dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch
gemacht worden ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
31.5.2017 I R 92/15, BFHE 259, 387, BStBl II 2019, 14 = SIS 17 22 58). Stellt das Gericht eine Ermessensüberschreitung oder
einen Ermessenfehler fest, ist es grundsätzlich auf die
Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen
beschränkt. Nur wenn der Ermessensspielraum im konkreten Fall
derart eingeengt ist, dass nur eine einzige Entscheidung als
ermessensgerecht in Betracht kommt, d.h. im Fall einer
Ermessensreduzierung auf Null, ist es befugt, seine Entscheidung an
die Stelle der Ermessensentscheidung der Verwaltungsbehörde zu
setzen und eine Verpflichtung zum Erlass bzw. zur Erstattung
auszusprechen (Senatsurteil vom 17.12.2013 VII R 8/12, BFHE 244,
184 = SIS 14 08 44).
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2. Nach § 227 AO können die
Finanzbehörden Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren
Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter
den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete
Beträge erstattet oder angerechnet werden.
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Die Unbilligkeit kann in der Sache liegen oder
ihren Grund in der wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen
haben. In der wirtschaftlichen Situation liegende persönliche
Billigkeitsgründe sind im Streitfall weder geltend gemacht
worden noch ersichtlich, so dass allein sachliche Unbilligkeit in
Betracht kommt.
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Wie der Große Senat des BFH in seinem
Beschluss vom 28.11.2016 GrS 1/15 (BFHE 255, 482, BStBl II 2017,
393 = SIS 16 28 03) zum sog. Sanierungserlass betont hat, handelt
es sich bei dem Begriff der Unbilligkeit i.S. von § 227 AO und
§ 163 AO um einen gerichtlich überprüfbaren
Rechtsbegriff und um die gesetzliche Voraussetzung einer
behördlichen Ermessensentscheidung.
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Sachlich unbillig ist die Festsetzung einer
Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht,
aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart
zuwiderläuft, dass die Erhebung der Steuer unbillig erscheint.
Das ist der Fall, wenn nach dem erklärten oder
mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers angenommen werden kann,
dass er die im Billigkeitswege zu entscheidende Frage - wenn er sie
als regelungsbedürftig erkannt hätte - im Sinne der
begehrten Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte
(BFH-Urteil vom 20.9.2012 IV R 29/10, BFHE 238, 518, BStBl II 2013,
505 = SIS 12 32 50, m.w.N.). Dies wiederum kann seinen Grund
entweder in Gerechtigkeitsgesichtspunkten oder in einem Widerspruch
zu dem der gesetzlichen Regelung zu Grunde liegenden Zweck haben
(BFH-Urteil vom 21.1.2015 X R 40/12, BFHE 248, 485, BStBl II 2016,
117 = SIS 15 05 86, Rz 24). Allerdings dürfen
Billigkeitsmaßnahmen nicht die einem gesetzlichen
Steuertatbestand innewohnende Wertung des Gesetzgebers generell
durchbrechen oder korrigieren, sondern nur einem - sich lediglich
in einem Einzelfall zeigenden - ungewollten Überhang des
gesetzlichen Steuertatbestands abhelfen (Senatsurteil in BFHE 244,
184 = SIS 14 08 44). Bei der Billigkeitsprüfung müssen
solche Umstände außer Betracht bleiben, die der
gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt (BFH-Urteil
vom 21.7.1993 X R 104/91, BFH/NV 1994, 597 = SIS 02 01 91). Eine
für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der
Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat,
rechtfertigt in der Regel keine Billigkeitsmaßnahme
(BFH-Urteile vom 7.10.2010 V R 17/09, BFH/NV 2011, 865 = SIS 11 13 05, und vom 4.2.2010 II R 25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663
= SIS 10 09 17, jeweils m.w.N.); insbesondere kann § 227 AO
nicht als Rechtsgrundlage für eine vom Gesetzgeber nicht
gewollte Befreiungsvorschrift dienen (BFH-Urteil vom 10.5.1972 II
57/64, BFHE 105, 458, BStBl II 1972, 649 = SIS 72 03 79).
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Die Billigkeitsprüfung darf sich je nach
Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze und
verfassungsmäßige Wertungen beschränken; sie
verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für
die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im
konkreten Fall maßgeblich sind (BFH-Urteil vom 26.10.1994 X R
104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 = SIS 95 08 57, m.w.N.).
Eine sachliche Billigkeitsmaßnahme stellt immer auf den
Einzelfall ab und ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten
(Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255, 482, BStBl
II 2017, 393 = SIS 16 28 03, Rz 112).
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3. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat
das FG die vom HZA getroffene Ermessensentscheidung zu Recht nicht
beanstandet. Die von der Klägerin behauptete sachliche
Unbilligkeit der Branntweinsteuerentstehung liegt nicht vor.
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a) Die begehrte Erstattung der
Branntweinsteuer nach § 227 AO scheidet schon deshalb aus,
weil diese Vorschrift - wie ausgeführt - atypische
Einzelfälle erfassen soll, nicht aber Fälle der
Steuerentstehung, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit
sich bringt.
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Vorliegend handelt es sich nicht um einen
atypischen Sonderfall, sondern um den vom Gesetzgeber
ausdrücklich geregelten Fall einer Verwendung außerhalb
der begünstigten Zwecke durch Abgabe an Dritte. Nach §
153 Abs. 3 Satz 1 BranntwMonG entsteht die Branntweinsteuer, wenn
die Erzeugnisse entgegen der in der Erlaubnis vorgesehenen
Zweckbestimmung verwendet werden. Steuerschuldner ist der
Verwender. Die allgemeine Verwendungserlaubnis nach § 44 Satz
1 Nr. 1 Buchst. a BrStV umfasst nicht die Abgabe an Dritte.
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b) Soweit sich die Klägerin auf Tz.
7.1.1. AO-DV Zoll zu § 227 AO beruft, handelt es sich um eine
norminterpretierende (das Merkmal sachlicher Unbilligkeit
konkretisierende) Verwaltungsvorschrift, welche die
gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern
soll. Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine
Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren. Sie stehen unter dem
Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die
Rechtsprechung. Dieser allein obliegt es zu entscheiden, ob die
Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall
Bestand hat (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 255,
482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03, Rz 107). Deshalb lässt
sich ein Anspruch auch nicht mit einer durch Verwaltungsvorschrift
geschaffenen Selbstbindung der Finanzverwaltung und einem darauf
gestützten Anspruch des Steuerpflichtigen auf Gleichbehandlung
begründen (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE
255, 482, BStBl II 2017, 393 = SIS 16 28 03, Rz 108).
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Ungeachtet der Frage, ob eine versehentliche
Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einer sachlichen
Unbilligkeit führen kann (Tz. 7.1.1. AO-DV Zoll zu § 227
AO), handelt es sich im Streitfall nicht lediglich um einen
Verstoß gegen Verfahrensvorschriften.
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Im Rahmen der allgemeinen Verwendungserlaubnis
nach § 44 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BrStV war es der
Klägerin lediglich erlaubt, den vergällten Branntwein auf
ihrem Betriebsgelände zu lagern und ihn zu den in § 152
Abs. 1 Nr. 4 BranntwMonG genannten Zwecken steuerfrei zu verwenden.
Nicht von der Erlaubnis erfasst war die Abgabe vergällter
Erzeugnisse an andere Verwender. Im Gegensatz zum
Energiesteuerrecht sieht das Branntweinsteuerrecht
Verteilerverkehre und die damit verbundene Zulassung von Verteilern
nicht vor; im Rahmen der Anpassung der branntweinsteuerrechtlichen
Regelungen an das harmonisierte Verbrauchsteuerrecht wurden die in
§ 99a BranntwMonG vorgesehenen Verteilerlager mit Wirkung zum
1.1.1993 abgeschafft (BTDrucks 12/3432, S. 79). Eine Abgabe von
Branntwein und branntweinhaltigen Erzeugnissen zur steuerfreien
Verwendung ist demnach nur durch Steuerlager möglich
(Bongartz/ Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, 2.
Aufl., Rz G 149). Nur in Ausnahmefällen kann das
zuständige Hauptzollamt einem Verwender, der über kein
Steuerlager verfügt, nach § 49 BrStV auf Antrag die
Abgabe von steuerbefreiten Erzeugnissen an Steuerlagerinhaber oder
andere Verwender gestatten. Mit der regelmäßigen
Belieferung von zwei Unternehmen über einen Zeitraum von zwei
Jahren hat die Klägerin einen den dargestellten Grundwertungen
zuwiderlaufenden Handel mit vergälltem Branntwein aufgenommen
und nicht lediglich formelle Anforderungen an eine nach dem
Unionsrecht zwingend zu gewährende Steuerbefreiung unbeachtet
gelassen.
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c) Soweit sich die Klägerin auf eine
vermeintliche Gesetzeslücke beruft, weil die Erfassung der
Abgabe an einen ebenfalls über eine Verwendungserlaubnis
verfügenden Empfänger durch § 153 Abs. 3 BranntwMonG
begünstigende Rahmenregelungen erfordere, bezieht sich dieses
Vorbringen nicht auf einen - sich lediglich in Einzelfällen
zeigenden - ungewollten Überhang des gesetzlichen
Steuertatbestandes. Wenn eine solche Gesetzeslücke vorliegen
sollte - wogegen die Ausnahmeregelung in § 49 BrStV spricht -,
ist es nicht Aufgabe des Billigkeitsverfahrens - und damit der
Verwaltung -, einen Ausgleich zu schaffen. Denn mit
Billigkeitsmaßnahmen darf die Geltung des Gesetzes nicht
unterlaufen werden (Senatsurteil in BFHE 244, 184 = SIS 14 08 44).
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4. Auch der Einwand der Klägerin, durch
die Steuerentstehung werde der unionsrechtliche Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verletzt, kann keine sachliche
Unbilligkeit begründen.
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a) Die Frage nach der materiell-rechtlichen
Richtigkeit der Steuerfestsetzung ist grundsätzlich nicht im
Billigkeitsverfahren zu klären.
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Zwar müssen die Mitgliedstaaten bei der
Ausübung ihrer Befugnisse die allgemeinen
Rechtsgrundsätze beachten, die Bestandteil der Rechtsordnung
der Union sind und zu denen insbesondere die Grundsätze der
Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit
zählen (EuGH-Urteil Mecsek-Gabona vom 6.9.2012 C-273/11,
EU:C:2012:547, HFR 2012, 1121 = SIS 12 25 09). Nach dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit dürfen
Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten erlassen, um eine
genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und
Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das
hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist (vgl.
EuGH-Urteil Gabalfrisa u.a. vom 21.3.2000 C-110/98 bis C-147/98,
EU:C:2000:145, Rz 52, HFR 2000, 456 = SIS 00 07 04; EuGH-Beschluss
Transport Service vom 3.3.2004 C-395/02, EU:C:2004:118, Rz 29, HFR
2005, 370, und EuGH-Urteil Collee vom 27.9.2007 C-146/05,
EU:C:2007:549, BStBl II 2009, 78 = SIS 08 00 30).
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Jedoch ist bei Einwänden, die die
materiell-rechtliche Richtigkeit der Steuerfestsetzung betreffen,
ein Erlass bzw. eine Erstattung aus Billigkeitsgründen nur
möglich, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und
eindeutig falsch ist und dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten war,
sich rechtzeitig gegen die Fehlerhaftigkeit zu wehren
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 30.4.1981 VI R
169/78, BFHE 133, 255, BStBl II 1981, 611 = SIS 81 20 43; in BFH/NV
1994, 597 = SIS 02 01 91; vom 14.11.2007 II R 3/06, BFH/NV 2008,
574 = SIS 08 14 18, und in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 = SIS 15 05 86, Rz 29; Senatsurteil vom 11.8.1987 VII R 121/84, BFHE 150,
502, BStBl II 1988, 512 = SIS 87 22 52). Bei der Prüfung der
sachlichen Unbilligkeit muss nämlich berücksichtigt
werden, welch hohen Stellenwert der Gesetzgeber der Rechtskraft
beimisst (BFH-Urteil in BFHE 248, 485, BStBl II 2016, 117 = SIS 15 05 86, Rz 36).
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Im vorliegenden Fall ist die Steuerfestsetzung
rechtskräftig durch Urteil des FG Düsseldorf vom 8.9.2017
4 K 838/15 VBr bestätigt worden. Aus welchen Gründen die
Klägerin gehindert war, sich dagegen zu wehren, ist nicht
vorgetragen.
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b) Im Übrigen war der nationale
Gesetzgeber nach Art. 27 Abs. 1 RL 92/83/EWG berechtigt,
Maßnahmen zur Sicherstellung einer korrekten und einfachen
Anwendung von Steuerbefreiungen sowie zur Vermeidung von
Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch zu treffen. Er
durfte die näheren Bedingungen, d.h. die Voraussetzungen bzw.
Verfahrensmodalitäten, festlegen, bei deren Beachtung die in
Art. 27 RL 92/83/EWG festgelegten Steuerbefreiungen zu
gewähren sind. Dabei dürfen nach der Rechtsprechung des
EuGH allerdings keine Maßnahmen getroffen werden, die
praktisch zu einer Versagung der Steuerbefreiungen führen
würden (EuGH-Urteile Teleos vom 27.9.2007 C-409/04,
EU:C:2007:548, BStBl II 2009, 70 = SIS 08 00 38; Flughafen
Köln/Bonn vom 17.7.2008 C-226/07, EU:C:2008:429, ZfZ 2008, 270
= SIS 08 37 55).
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Die Unbedingtheit der Steuerfreiheit von
vergälltem Alkohol, der zu nach Art. 27 Abs. 1 Buchst. a RL
92/83/EWG begünstigten Zwecken verwendet wird, wird jedoch
nicht dadurch in Frage gestellt, dass der nationale Gesetzgeber die
Verteilung solcher Erzeugnisse Steuerlagerinhabern
überlässt und eine Abgabe durch Verwender nur in
Ausnahmefällen vorsieht.
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5. Eine Pflicht des Senats zur Vorlage nach
Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV) besteht vorliegend nicht.
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Zum einen ist eine Vorabentscheidung des EuGH
nur einzuholen, wenn die aufgeworfene Auslegungsfrage
streiterheblich ist (vgl. die EuGH-Urteile CILFIT vom 6.10.1982
283/81, EU:C:1982:335, Rz 21, Slg. 1982, 3415, NJW 1983, 1257;
Gaston Schul Douane-Expediteur vom 6.12.2005 C-461/03,
EU:C:2005:742, Slg. 2005, I-10513, HFR 2006, 416 = SIS 06 10 97;
Intermodal Transports vom 15.9.2005 C-495/03, EU:C:2005:552, Slg.
2005, I-8151, HFR 2005, 1236 = SIS 05 46 18; BFH-Beschluss vom
1.4.2011 XI B 75/10, BFH/NV 2011, 1372 = SIS 11 23 58). Zum anderen
muss es um die Auslegung von Unionsrecht gehen; dagegen ist die
Anwendung des ausgelegten Rechts auf den konkret zur Entscheidung
stehenden Einzelfall allein Aufgabe des innerstaatlichen Gerichts
(vgl. EuGH-Urteil ICAP vom 28.3.1979 222/78, EU:C:1979:67, Rz 10
?ff., Slg. 1979, 1163).
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Die Klägerin erhebt - im Rahmen des
Billigkeitsverfahrens - lediglich Einwände gegen die
Steuerentstehung, wobei sie einen Verstoß gegen den
unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
behauptet. Ihren Ausführungen vermag der Senat jedoch keine
konkrete Frage zur Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts zu
entnehmen.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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