Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 7.5.2014 1 K = SIS 15 06 54
1556/13 dahin geändert, dass die Klage in vollem Umfang
abgewiesen wird.
Die Revision der Kläger wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu
tragen.
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I. Die Kläger, Revisionsbeklagten und
Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger betreibt zusammen
mit seinem Bruder die Firma ... OHG (OHG), deren Gesellschaftszweck
der Betrieb eines Handelsgewerbes im Bereich der
Güterbeförderung im Straßenverkehr ist.
Außerdem erzielt der Kläger als Schiffsführer
Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
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Im Rahmen einer für die Jahre 2001 bis
2003 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt,
dass sehr hohe Einlagen in das Betriebsvermögen der OHG
geleistet wurden, welche den Gesellschaftern jeweils zu gleichen
Teilen gutgeschrieben wurden. Eine Steuerfahndungsprüfung kam
zu dem Ergebnis, dass als einzig mögliche Geldquelle für
die ungeklärten Bareinlagen die gewerbliche
Schiffsführertätigkeit des Klägers in Betracht
komme. Daraufhin erließ der Beklagte, Revisionskläger
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) im Jahre 2008
entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die
Jahre 2002 bis 2005.
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Dagegen legten die Kläger am 9.9.2008
zunächst ohne Begründung Einspruch ein. Mit Schreiben vom
5.12.2008 gaben sie zur Herkunft der ungeklärten Einlagen
Spielbankgewinne im Ausland, einen Lottogewinn, Geschenke und die
Veräußerung von Privatvermögen an. Im Mai und Juni
2010 änderten sie ihren Vortrag. In einem am 11.5.2010
durchgeführten Gespräch an Amtsstelle wiesen die
Kläger auf Doppelbuchungen und weitere bisher nicht
vorgetragene Möglichkeiten für die ungeklärten
Einlagen hin, die mit mehreren Schreiben im Juni 2010
zusammengefasst und anhand von Buchungsunterlagen und
Kontoauszügen belegt wurden. Dies führte dazu, dass das
FA in den Einspruchsentscheidungen vom 10.1.2011 den
Einsprüchen teilweise stattgab.
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Während des Rechtsbehelfsverfahrens
hatten die Kläger mit Schreiben vom 16.10.2008, 27.10.2008 und
15.2.2011 beim FA Anträge auf Aussetzung der Vollziehung (AdV)
gestellt, die das FA ablehnte.
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Aufgrund der
Vollstreckungsrückstände nahm das FA bereits seit 2008
diverse Pfändungen vor, die jedoch nach einem Gespräch
zwischen dem Kläger und dem FA am 25.11.2008 überwiegend
nicht verwertet wurden, um den Klägern Gelegenheit zu geben,
Rechtsbehelfe einzulegen bzw. zu begründen.
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Die gegen die Einspruchsentscheidung vom
10.1.2011 erhobene Klage wegen Einkommensteuer 2002 bis 2005 wurde
in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem sich die
Kläger und das FA dahin verständigt hatten, dass die in
der Einspruchsentscheidung angesetzten zusätzlichen Gewinne
nur zur Hälfte dem Einzelunternehmen des Klägers, im
Übrigen aber dem Bruder des Klägers als
Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen der Mitunternehmerschaft
zuzurechnen seien. Den noch beim Finanzgericht (FG) anhängigen
Anträgen auf AdV trug das FA insoweit Rechnung, als es
rückwirkend ab Antragstellung beim FA - 15.2.2011 - die AdV im
Rahmen der Änderungen gewährte.
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Mit mehreren Schreiben vom 5.4.2012
beantragten die Kläger insgesamt Säumniszuschläge in
Höhe von 125.515,50 EUR für die Jahre 1998 bis 2005 sowie
für die angepassten Vorauszahlungsbeträge 2007 und 2008
gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) zu erlassen.
Mit Bescheid vom 9.11.2012 erließ das FA die
Säumniszuschläge zur Hälfte, soweit die Kläger
in der Hauptsache Erfolg gehabt hatten. Die danach zu erlassenen
Säumniszuschläge ermittelte es mit 32.059,83 EUR. Im
Übrigen lehnte es den Antrag ab.
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Hiergegen legten die Kläger Einspruch
ein. Nachdem das FA die Kläger auf die Möglichkeit einer
verbösernden Entscheidung hingewiesen hatte, hob es mit
Einspruchsentscheidung vom 10.4.2013 den bisher gewährten
Teilerlass auf. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass
die Kläger erstmals in diversen Schreiben vom Juni 2010 zur
Mittelherkunft einzelner Hinzuschätzungsbeträge Stellung
genommen hätten. Nach eingehender Überprüfung sei
dem Sachvortrag teilweise stattgegeben worden. Zu diesem Zeitpunkt
sei ein Antrag auf AdV nicht mehr gestellt gewesen.
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Gegen die Einspruchsentscheidung erhoben
die Kläger Klage. Sie begehrten die Aufhebung des Bescheids
vom 9.11.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.4.2013
und die Verpflichtung des FA, die Höhe der zu erlassenden
Säumniszuschläge neu zu bestimmen. Zur Begründung
trugen sie vor, sie hätten gegen die zugrunde liegenden
Steuerfestsetzungen rechtzeitig Einspruch eingelegt und AdV
beantragt. Schon während des Gesprächs im Mai 2011 habe
ihr Bevollmächtigter vorgetragen, dass ein Betrag von 100.000
EUR bis 150.000 EUR unstreitig sei, und angeboten, die
gepfändeten Geldguthaben bei der Bausparkasse und die
Pfandbriefe bei der Bank zur Tilgung zu verwenden. Das FA
hätte auf diesen Vorschlag nicht reagiert. Darüber hinaus
habe der Bevollmächtige am 29.5.2010 für jedes einzelne
Jahr zwischen 30 und 35 Geschäftsvorfälle nachweisen
können, in denen in buchungstechnisch unkorrekter Weise
zusätzliche Gewinnerhöhungen in Steuerbescheiden
enthalten gewesen seien. Doppelbuchungen und die Verwechslung von
Soll und Haben durch zwei Betriebsprüfer hätten
ernstliche rechtliche Zweifel an den Steuerbescheiden
begründet. Zudem seien ihnen sämtliche Geldmittel durch
die Pfändungen entzogen worden.
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Das FG erachtete die Klage nur hinsichtlich
der Aufhebung des Teilerlasses als begründet. Diese richte
sich nach den §§ 130, 131 AO, wobei im Streitfall allein
§ 130 AO einschlägig sei. Dessen Voraussetzungen seien
allerdings nicht gegeben. Im Übrigen habe das FA mit der
Entscheidung, über den gewährten Teilerlass hinaus den
Erlass abzulehnen, nicht die gesetzlichen Grenzen des Ermessens
überschritten und ermessensgerecht gehandelt.
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Gegen dieses Urteil wenden sich das FA und
die Kläger mit der Revision.
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Das FA macht mit seiner Revision geltend,
im Einspruchsverfahren sei auch eine Verböserung des
angefochtenen Verwaltungsakts zulässig. Bei einem Teilerlass
und der Ablehnung im Übrigen handele es sich um einen
einheitlichen Verwaltungsakt. Erst die Bestandskraft des Erlasses
führe zum Erlöschen der Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis. In der Sache bestehe auch auf einen
Teilerlass kein Anspruch, weil die Kläger nicht alles getan
hätten, um eine AdV zu erreichen.
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Die Kläger begründen ihre
Revision damit, dass schon ein Teil der Säumniszuschläge
nicht entstanden sei, weil aufgrund des Gesprächs am
25.11.2008 eine stillschweigende Stundung oder AdV gewährt
worden sei, so dass allenfalls Stundungs- oder Aussetzungszinsen
angefallen seien. Zur Klärung der genauen Höhe der
Beträge sei ein Abrechnungsbescheid beantragt worden.
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Darüber hinaus habe das FG nicht
beachtet, dass Säumniszuschläge für den Zeitraum
zwischen der Vorlage der Ausarbeitungen des Steuerberaters im Mai
2010, die zu einer erheblichen Herabsetzung der Steuerfestsetzungen
im Januar 2011 geführt hätten, und der tatsächlich
gewährten AdV ab 15.2.2011 entstanden seien. Zumindest mit den
Schreiben Mai/Juni 2010 hätten sie alles getan, was von ihnen
habe verlangt werden können. Zudem sei nicht
berücksichtigt worden, dass die ursprünglichen
Steuerfestsetzungen auch auf fehlerhaften Ermittlungen des FA
beruht hätten.
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Die Kläger beantragen, die
Vorentscheidung und die Entscheidung des FA vom 9.11.2012 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.4.2013 aufzuheben und das
FA zu verpflichten, die Höhe der zu erlassenden
Säumniszuschläge unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Senats neu zu bestimmen und die Revision des FA
zurückzuweisen.
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Das FA beantragt, die Revision der
Kläger zurückzuweisen, die Vorentscheidung, soweit sie
dem klägerischen Begehren entsprochen hat, aufzuheben und die
Klage auch insoweit abzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Änderung der Vorentscheidung des FG und zur
Klageabweisung in vollem Umfang (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Revision der Kläger ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
FGO).
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1. Der Senat kann über den beantragten
Billigkeitserlass unabhängig von dem von den Klägern
beantragten Abrechnungsbescheid über die
Säumniszuschläge entscheiden. Denn das
Billigkeitsverfahren nach § 227 AO und das
Abrechnungsverfahren nach § 218 AO stehen selbständig
nebeneinander (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
30.4.2003 XI B 175/02, BFH/NV 2003, 1393 = SIS 03 45 62, und vom
31.7.2007 VIII B 42/05, BFH/NV 2007, 2305 = SIS 08 01 27). Deshalb
muss das Billigkeitsverfahren auch nicht ausgesetzt werden, wenn
geltend gemacht wird, Säumniszuschläge seien aus anderen
Gründen bereits nicht entstanden (BFH-Urteil vom 20.5.2010 V R
42/08, BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955 = SIS 10 22 05, Rz 28).
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2. Das FG hat zu Unrecht eine
Änderungsmöglichkeit des mit Bescheid vom 9.11.2012
ausgesprochenen Teilerlasses verneint. Das FA war nach § 367
Abs. 2 AO verfahrensrechtlich berechtigt, in der
Einspruchsentscheidung den zuvor gewährten Teilerlass
aufzuheben.
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Gemäß § 367 Abs. 2 Satz 1 AO
hat die Finanzbehörde im Einspruchsverfahren den
Verwaltungsakt „in vollem Umfang erneut zu
prüfen“. Sie kann nach Abs. 2 Satz 2 dieser
Vorschrift den Verwaltungsakt auch zum Nachteil des
Einspruchsführers ändern, wenn dieser zuvor auf die
Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe
von Gründen hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben worden
ist, sich zu äußern. Die Finanzbehörde kann dann im
Einspruchsverfahren ebenso entscheiden, als ob sie die Sache
erstmals in einem Verwaltungsakt regelt.
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Dies gilt auch für die nach § 227 AO
zu treffende Ermessensentscheidung, die ebenfalls vom
Anwendungsbereich des § 367 Abs. 2 AO erfasst wird (vgl.
BFH-Urteil vom 18.8.2015 V R 2/15, DStR 2015, 2382 = SIS 15 25 93,
Rz 15; BFH-Beschluss vom 19.11.2007 VIII B 30/07, BFH/NV 2008, 335
= SIS 08 11 00). Die Rechtsbehelfsstelle hat eine
eigenständige Entscheidung aufgrund der sich im Zeitpunkt der
Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bestehenden Sach- und
Rechtslage zu treffen. Sie kann daher auch geänderte
Erwägungen anstellen und eine Entscheidung zum Nachteil des
Einspruchsführers korrigieren, wenn sie die
verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des
Verböserungshinweises einhält. Die Finanzbehörde
verbraucht mithin durch die Gewährung eines Teilerlasses,
sofern dieser mit dem Einspruch angefochten wird, das ihr in §
367 Abs. 2 Satz 2 AO eingeräumte Recht der Selbstkontrolle
nicht. Ein Teilabhilfebescheid hindert daher die Verböserung
nicht (vgl. BFH-Urteil vom 6.9.2006 XI R 51/05, BFHE 214, 83, BStBl
II 2007, 83 = SIS 07 00 09; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 367 AO Rz 22).
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Der umfassenden
Überprüfungsmöglichkeit nach § 367 Abs. 2 AO
steht die Rücknahmevorschrift des § 130 AO nicht
entgegen. Zwar gilt § 130 AO gemäß § 132 Satz
1 AO auch während des Einspruchsverfahrens. Der zulässig
eingelegte Einspruch gegen einen Verwaltungsakt hindert jedoch den
Eintritt der formellen bzw. materiellen Bestandskraft. Damit wird
die Behörde verpflichtet, über den durch den
angefochtenen Verwaltungsakt erfassten Lebenssachverhalt
vollumfänglich erneut zu entscheiden (§ 367 Abs. 2 Satz 1
AO). Mangels Bestandskraft des Verwaltungsakts ist die Behörde
damit nicht an die Voraussetzungen der allgemeinen
Korrekturvorschriften, wie z.B. §§ 130 f., 172 ff. AO,
gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 17.2.2010 II R 38/08, BFH/NV 2010,
1236 = SIS 10 18 04, Rz 21; Wernsmann in Hübschmann/
Hepp/Spitaler - HHSp -, § 132 AO Rz 16; Cöster in Koenig,
3. Aufl., § 367 AO Rz 22; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., §
132 AO Rz 1).
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Das vom FG angeführte BFH-Urteil vom
5.2.1975 I R 85/72 (BFHE 115, 173, BStBl II 1975, 677 = SIS 75 03 97) betrifft hingegen den Widerruf eines bestandskräftig
gewährten Erlasses.
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Da das FA die Kläger in
Übereinstimmung mit § 367 Abs. 2 Satz 2 AO auf die
Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung unter Angabe
von Gründen hingewiesen und ihnen Gelegenheit gegeben hat,
sich zu äußern, war die Möglichkeit einer (auch
negativen) Änderung nach § 367 Abs. 2 AO
eröffnet.
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3. Die Revision der Kläger ist
unbegründet. Die Entscheidung des FA, keine
Säumniszuschläge zu erlassen, lässt keinen
Rechtsfehler erkennen.
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a) Entgegen der Ansicht der Kläger ist
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht die Frage, ob den
verschiedenen Anträgen der Kläger auf Stundung oder AdV
hätte entsprochen werden müssen, was zur Folge gehabt
hätte, dass Säumniszuschläge in geringerer Höhe
oder gar nicht entstanden wären. Diese Frage hätte nur
durch Rechtsbehelfseinlegung in jenen Verfahren überprüft
werden können (vgl. Senatsbeschluss vom 6.7.2015 III B 168/14,
BFH/NV 2015, 1344 = SIS 15 20 63, Rz 7 f.). Darüber hinaus
kann allein das Ausbleiben von Vollstreckungsmaßnahmen des FA
und das Schweigen auf einen Antrag auf AdV vom Schuldner nicht
dahin verstanden werden, dass das FA die AdV des betreffenden
Verwaltungsakts gewährt hat (BFH-Beschluss vom 16.6.2005 VII B
273/04, BFH/NV 2005, 1747 = SIS 05 40 12).
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b) Nach § 227 AO können die
Finanzbehörden Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren
Einziehung nach der Lage des einzelnen Falls - aus
persönlichen oder sachlichen Gründen - unbillig
wäre. Zu diesen Ansprüchen gehören auch
Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen einschließlich
der nach § 240 Abs. 1 AO entstehenden
Säumniszuschläge.
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Sachlich unbillig ist die Festsetzung bzw.
Einziehung einer Steuer oder Nebenleistung, wenn sie zwar
äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des
Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die
Erhebung der Steuer unbillig erscheint. So verhält es sich,
wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des
Gesetzgebers angenommen werden kann, dass er die im Billigkeitswege
zu entscheidende Frage - wenn er sie als regelungsbedürftig
erkannt hätte - i.S. der begehrten Billigkeitsmaßnahme
entschieden hätte (BFH-Urteil vom 20.9.2012 IV R 29/10, BFHE
238, 518, BStBl II 2013, 505 = SIS 12 32 50, m.w.N.). Bei der
Billigkeitsprüfung müssen solche Umstände
außer Betracht bleiben, die der gesetzliche Tatbestand
typischerweise mit sich bringt (BFH-Urteil vom 21.7.1993 X R
104/91, BFH/NV 1994, 597 = SIS 02 01 91). Eine für den
Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber
bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt in der
Regel keine Billigkeitsmaßnahme (BFH-Urteile vom 7.10.2010 V
R 17/09, BFH/NV 2011, 865 = SIS 11 13 05, und vom 4.2.2010 II R
25/08, BFHE 228, 130, BStBl II 2010, 663 = SIS 10 09 17; jeweils
m.w.N.); insbesondere kann § 227 AO nicht als Rechtsgrundlage
für eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Befreiungsvorschrift
dienen (BFH-Urteil vom 10.5.1972 II 57/64, BFHE 105, 458, BStBl II
1972, 649 = SIS 72 03 79). Die Billigkeitsprüfung darf sich je
nach Fallgestaltung nicht nur auf allgemeine Rechtsgrundsätze
und verfassungsmäßige Wertungen beschränken; sie
verlangt vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Normen, die für
die Verwirklichung des in Frage stehenden Steueranspruchs im
konkreten Fall maßgeblich sind (BFH-Urteil vom 26.10.1994 X R
104/92, BFHE 176, 3, BStBl II 1995, 297 = SIS 95 08 57,
m.w.N.).
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c) Unter Beachtung dieser Grundsätze ist
die vom FA getroffene Entscheidung, Säumniszuschläge
nicht zu erlassen, nicht zu beanstanden.
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aa) Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1
AO sind Säumniszuschläge zu entrichten, falls eine Steuer
nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt wird. Nach
§ 240 Abs. 1 Satz 4 AO bleiben die verwirkten
Säumniszuschläge unberührt, wenn die Festsetzung
einer Steuer aufgehoben oder geändert wird. Diese Regelung
gilt uneingeschränkt auch für die Beseitigung
rechtswidriger Steuerfestsetzungen, da die Vollstreckbarkeit eines
Steuerbescheids nicht von seiner Bestandskraft abhängt.
Säumniszuschläge sind allerdings nicht verwirkt, soweit
die Vollziehung des Steuerbescheids ausgesetzt ist.
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Deshalb ist in der Rechtsprechung des BFH
anerkannt, dass Säumniszuschläge wegen sachlicher
Unbilligkeit zu erlassen sind, wenn die Steuerfestsetzung
später aufgehoben worden ist und der Steuerpflichtige alles
getan hat, um die AdV eines Steuerbescheids zu erreichen, das FA
aber die Aussetzung „obwohl möglich und
geboten“ abgelehnt hat. Ein Erlass kommt hingegen nicht
in Betracht, wenn der Steuerpflichtige sich nicht um die AdV
bemüht hat oder wenn die Vollziehung nicht ausgesetzt worden
ist, weil - z.B. in Schätzungsfällen - keine ernstlichen
Zweifel bestanden und der Steuerbescheid erst aufgrund
nachgereichter Steuererklärungen aufgehoben worden ist
(BFH-Urteil vom 24.4.2014 V R 52/13, BFHE 245, 105, BStBl II 2015,
106 = SIS 14 19 39, Rz 11, m.w.N.).
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bb) Im Streitfall haben die Kläger nach
den Feststellungen des FG nicht alles getan, um die AdV zu
erreichen. Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide
vom 9.9.2008 wurden zunächst - wie das FG zu Recht
festgestellt hat - nicht „ernsthaft“
begründet, ebenso nicht die Anträge auf AdV bzw.
Stundung. Die Ablehnung der am 16. und 27.10.2008 gestellten
Aussetzungsanträge war daher rechtmäßig. Eine
nachvollziehbare Begründung ihres Einspruchs legten die
Kläger erstmals im Mai/Juni 2010 vor. Aufgrund dieser
Einwendungen hat das FA in den Einspruchsentscheidungen vom
10.1.2011 den Einsprüchen teilweise stattgegeben. Mit der
erstmaligen substantiierten Einspruchsbegründung haben die
Kläger aber keinen erneuten Antrag auf AdV gestellt. Erst nach
Erlass der Einspruchsentscheidungen vom 10.1.2011 haben die
Kläger mit Schreiben vom 15.2.2011 erneut AdV beantragt, dem
rückwirkend ab Antragstellung in dem sich anschließenden
gerichtlichen Verfahren aufgrund eines neuen Vorbringens teilweise
entsprochen wurde.
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cc) Sachliche Unbilligkeit i.S. des § 227
AO lässt sich entgegen der Ansicht der Kläger auch nicht
aus dem Umstand herleiten, dass das FA zunächst auf Wunsch der
Kläger auf die vorübergehende Einziehung der
gepfändeten Forderungen verzichtet und insoweit einen
Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO gewährt hat. Denn
Maßnahmen des Vollstreckungsaufschubs, mit denen die
Vollstreckungsbehörde lediglich auf einzelne
Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet, lassen die
Steuerforderungen und damit auch deren Fälligkeit
unberührt. Der Vollstreckungsaufschub ist
regelmäßig kein Grund für einen teilweisen Erlass
wegen sachlicher oder persönlicher Unbilligkeit, da
Vollstreckungsschutz bereits bei einer vorübergehenden Notlage
zu gewähren ist, die nicht die Einziehung der Forderung,
sondern lediglich die Art und Weise sowie den Umfang oder den
Zeitpunkt ihrer Vollstreckung als unbillig erscheinen lässt
(BFH-Urteil vom 14.5.1987 X R 26/81, BFH/NV 1988, 411 = SIS 87 17 45).
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dd) Soweit die Kläger vorbringen, sie
hätten das FA gebeten, hinsichtlich eines unstreitigen Teils
der Steuerforderungen die gepfändeten Geldguthaben zu
verwerten, begründet auch dies keinen sachlichen
Billigkeitsgrund.
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Den Klägern blieb es trotz des
(relativen) Verfügungsverbots nach § 309 Abs. 1 Satz 1 AO
unbenommen, die Drittschuldner (Banken) anzuweisen, an das FA als
Vollstreckungsgläubiger zu zahlen, um damit die
Säumniszuschläge möglichst gering zu halten. Denn
das Verfügungsverbot bezieht sich nur auf Verfügungen,
die die Rechtsstellung des Vollstreckungsgläubigers
beeinträchtigen. Verfügungen, die die Rechtsstellung des
Vollstreckungsgläubigers nicht beeinträchtigen, werden
von dem durch die Forderungspfändung begründeten
Verfügungsverbot nicht berührt (Beermann in HHSp, §
309 AO Rz 117).
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ee) Das FA hat des Weiteren zu Recht eine
(persönliche) Erlass- oder Stundungssituation (§ 222 AO),
die einen Teilerlass der Säumniszuschläge hätte
rechtfertigen können (vgl. BFH-Urteile vom 16.7.1997 XI R
32/96, BFHE 184, 193, BStBl II 1998, 7 = SIS 98 04 80; vom
30.3.2006 V R 2/04, BFHE 212, 23, BStBl II 2006, 612 = SIS 06 23 05), verneint. Eine Stundung wäre nur dann geboten gewesen,
wenn eine Erlass- oder Stundungsbedürftigkeit gegeben gewesen
wäre (Senatsurteil vom 7.5.1993 III R 43/89, BFH/NV 1994,
144). Eine solche lag aber im vorliegenden Fall nicht vor, da den
Klägern während des Säumniszeitraums ausreichende
Mittel zur Zahlung der fälligen Steuerforderungen zur
Verfügung gestanden haben.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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