Negatives Kapitalkonto, Feststellung des verrechenbaren Verlusts, Verfahren: 1. Der Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15 a Abs. 4 Satz 1 EStG ist Grundlagenbescheid für die Feststellung des Gewinns bzw. des ausgleichs- und abzugsfähigen Verlustes eines Kommanditisten gemäß §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977. - 2. Eine Anlage ESt 1, 2, 3 B (V), die sich auf die bloße rechnerische Ermittlung des verrechenbaren Verlustes beschränkt, enthält keine Feststellung des verrechenbaren Verlustes und ist deshalb nicht hinreichend bestimmt. - Urt.; BFH 22.6.2006, IV R 31, 32/05; SIS 06 40 91
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG,
aus der in den Streitjahren (1992 und 1993) Einkünfte aus
Gewerbebetrieb erzielt wurden.
Beteiligt an der Klägerin sind die
Verwaltungsgesellschaft mbH (GmbH) als Komplementärin und der
beigeladene Kommanditist (Beigeladener).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) stellte zunächst mit Bescheiden über
die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 1992 und 1993 vom 17.5.1995 und vom
6.3.1996, entsprechend der beim FA eingegangenen Erklärungen,
die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 1992 mit ./. 175.968
DM und für 1993 mit ./. 159.415 DM sowie den Anteil des
Beigeladenen an den laufenden Einkünften für 1992 mit ./.
180.059 DM und für 1993 mit ./. 163.628 DM fest. Eine
gesonderte Feststellung von verrechenbaren Verlusten
gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für die Streitjahre
gültigen Fassung enthielten die Bescheide nicht.
Nach einer Betriebsprüfung bei der
Klägerin erließ das FA am 7.12.1998 als solche
bezeichnete Änderungsbescheide. Höhe und Aufteilung der
Besteuerungsgrundlagen wurden nicht geändert. Im Rahmen der
Aufteilung der Einkünfte auf die Gesellschafter der
Klägerin stellte das FA jedoch nach Anwendung des § 15a
EStG auf den Beigeladenen entfallende laufende steuerpflichtige
Einkünfte für 1992 in Höhe von ./. 134.598 DM und
für 1993 in Höhe von 0 DM fest. In den nachrichtlichen
Angaben teilte das FA mit, dass die Feststellungen zu § 15a
EStG aus der Anlage ESt 1, 2, 3 B (V) ersichtlich seien. Die Anlage
war dem Bescheid allerdings nicht beigefügt.
Am 25.1.1999 übermittelte der
Betriebsprüfer der Amtsbetriebsprüfung des FA dem von den
Feststellungsbeteiligten gemeinsam bestellten
Empfangsbevollmächtigten eine Kurzmitteilung datierend vom
22.1.1999 auf dem Postwege zum Verbleib im Nachgang zu den
Bescheiden mit der Bitte um Kenntnisnahme, der die Anlagen ESt 1,
2, 3 B (V) zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach
§ 15a Abs. 4 EStG der Streitjahre beigefügt waren. Danach
betrug der verrechenbare Verlust des Beigeladenen für 1992
gemäß § 15a EStG ./. 46.577 DM, der nicht
ausgleichsfähige Verlust ebenfalls ./. 46.577 DM und der bei
der Einkommensteuerveranlagung anzusetzende Verlust - wie im
Bescheid vom 7.12.1998 - ./. 134.598 DM. Für 1993 belief sich
der verrechenbare Verlust des Beigeladenen am Ende des
vorangegangenen Wirtschaftsjahres auf ./. 46.577 DM, der
verrechenbare Verlust des laufenden Jahres auf ./. 164.748 DM und
der nichtausgleichsfähige Verlust am Ende des
Wirtschaftsjahres auf ./. 211.325 DM. Der bei der
Einkommensteuerveranlagung anzusetzende Verlust betrug wie im
Bescheid vom 7.12.1998 ebenfalls 0 DM.
Den gegen die Änderungsbescheide
eingelegten Einspruch der Klägerin wies das FA mit
Einspruchsbescheiden vom 17.5.1999 als unbegründet
zurück. Hiergegen erhob die Klägerin Klagen, mit denen
sie u.a. begehrte, die Änderungsbescheide aufzuheben. Im
Rahmen der Klageverfahren machte sie schriftsätzlich geltend,
dass das FA bei der Gewinnfeststellung § 15a EStG
übersehen habe.
Die Klagen hatten keinen Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) wies die Klagen durch Prozessurteile ab und
führte zur Begründung aus, dass es der Klägerin an
einer Beschwer fehle. Diese ergebe sich weder aus den
festgestellten Gewinnen noch enthielten die Bescheide eine Regelung
über die gesonderte Feststellung des verrechenbaren Verlustes
nach § 15a EStG.
Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung formellen und materiellen
Rechts.
Sie beantragt sinngemäß, die
Urteile des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 30.1.2003 16
K 12299/99 und 16 K 12300/99 sowie die Einspruchsentscheidungen vom
17.5.1999 und die Bescheide für 1992 und 1993 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen
vom 7.12.1998 aufzuheben.
Der Beigeladene beantragt
sinngemäß, die Urteile des Niedersächsischen
Finanzgerichts vom 30.1.2003 16 K 12299/99 und 16 K 12300/99 sowie
die Einspruchsentscheidungen vom 17.5.1999 und die Bescheide
für 1992 und 1993 über die gesonderte und einheitliche
Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 7.12.1998
aufzuheben.
Das FA beantragt, die Urteile des
Niedersächsischen Finanzgerichts vom 30.1.2003 16 K 12299/99
und 16 K 12300/99 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung
und Entscheidung zurückzuverweisen.
II. 1. Die beiden Revisionsverfahren IV R
31/05 und IV R 32/05 werden gemäß § 121 Satz 1
i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
miteinander verbunden. Die Verbindung erscheint
zweckmäßig, weil die Revisionsverfahren die gleiche
Rechtsfrage betreffen (vgl. Gräber/Koch,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 73 Rz 11 und 14).
2. Die Revisionen sind begründet. Sie
führen zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
a) Die Urteile sind entgegen der von der
Klägerin vertretenen Ansicht nicht wegen einer nicht
ausreichenden Bezeichnung der Klägerin als Beteiligte (§
57 Nr. 1 FGO) sowie der fehlenden Bezeichnung ihrer gesetzlichen
Vertreterin und deren Vertreter i.S. des § 105 Abs. 2 Nr. 1
FGO mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. § 105 Abs. 2
Nr. 1 FGO sieht freilich die Bezeichnung des gesetzlichen
Vertreters vor; ein Verstoß hiergegen macht ein Urteil aber
nicht unwirksam (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
27.3.1968 VII R 21-22/67, BFHE 92, 307, BStBl II 1968, 535 = SIS 68 03 60). Vielmehr reicht es aus, wenn die Angaben zu den Beteiligten
eindeutig und klar sind, so dass Zweifel an der Identität der
Beteiligten ausgeschlossen sind (dazu Gräber/von Groll,
a.a.O., § 105 Rz 8; Brandis in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 105 FGO Tz. 4). Des Weiteren
bezeichnet zwar das jeweilige Rubrum der Urteile des FG die
Klägerin ohne den Zusatz „mbH & Co. KG“;
jedoch führt nicht jeder Verstoß gegen die
Ordnungsvorschrift des § 105 Abs. 2 Nr. 1 FGO zur
Unwirksamkeit des Urteils. Eine Unwirksamkeit mangels hinreichender
Bestimmtheit wäre erst dann anzunehmen, wenn eine
Korrekturmöglichkeit i.S. des § 107 Abs. 1 FGO nicht
besteht und ein Beteiligter so unklar bzw. missverständlich
bezeichnet ist, dass er sich nicht eindeutig bestimmen lässt
(Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 18.8.1981 4 B
77.81, Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 16). Nach alldem reicht die
Bezeichnung der Klägerin aus. Zum einen ist die Berichtigung
gemäß § 107 Abs. 1 FGO nicht ausgeschlossen, zum
anderen lässt die korrekte Angabe der Adresse seitens des FG
und die Angabe des Namens „... Gesellschaft für
...“ keinen Zweifel daran, dass als Beteiligte die KG gemeint
war.
b) Das FG hat die Klagen jedoch zu Unrecht
durch Prozessurteile als unzulässig abgewiesen. Die
Klägerin durfte gegen die Bescheide vom 7.12.1998, die die
nach Anwendung des § 15a EStG in der für das Streitjahr
gültigen Fassung anzusetzenden steuerpflichtigen laufenden
Einkünfte des Beigeladenen - mithin den ausgleichsfähigen
Verlust - für 1992 mit ./. 134.598 DM und für 1993 mit 0
DM feststellten, eine materielle Beschwer geltend machen.
aa) Auch eine Personengesellschaft ist
gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt, soweit die
gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte i.S.
des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977)
mit der Feststellung des nicht ausgleichsfähigen bzw.
verrechenbaren Verlustes des Gesellschafters i.S. des § 15a
Abs. 4 Satz 1 und 5 EStG verbunden wurde (vgl. Senatsurteile vom
14.12.1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226 = SIS 96 09 37; vom 24.4.1997 IV R 20/96, BFH/NV 1997, 795; aus
jüngerer Zeit Senatsurteil vom 7.4.2005 IV R 24/03, BFHE 209,
353, BStBl II 2005, 598 = SIS 05 30 41, unter I. der Gründe).
Gleiches gilt, wenn der Bescheid eine Feststellung des nach
Anwendung des § 15a EStG ausgleichsfähigen Verlustes des
Gesellschafters enthält. Denn damit berücksichtigt der
Bescheid rechnerisch einen nicht ausgleichsfähigen und nur
verrechenbaren Verlust i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG. Der
Kommanditist, um dessen nach Anwendung des § 15a Abs. 1 bis 3
EStG anzusetzenden ausgleichsfähigen Verlust es geht, ist
gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO i.V.m. § 48 Abs.
1 Nr. 5 FGO notwendig zum Verfahren beizuladen (vgl. Senatsurteil
in BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598 = SIS 05 30 41). Der Senat hat
die vom FG unterlassene Beiladung nach § 123 Abs. 1 Satz 2
i.V.m. § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO nachgeholt.
bb) Die Übertragung der formellen
Klagebefugnis (zum Begriff Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., §
48 FGO Tz. 1) berechtigt die Personengesellschaft dazu, die
materielle Beschwer des Beigeladenen geltend zu machen (vgl.
Senatsurteil vom 26.1.1995 IV R 23/93, BFHE 177, 71, BStBl II 1995,
467 = SIS 95 13 14, unter I. der Gründe; aus jüngerer
Zeit Senatsurteil in BFHE 209, 353, BStBl II 2005, 598 = SIS 05 30 41). Insoweit hat die Klägerin auch eine den Beigeladenen
beschwerende Rechtsverletzung i.S. des § 40 Abs. 2 FGO geltend
gemacht. Indem die Klägerin beantragte, die
Änderungsbescheide aufzuheben, weil das FA § 15a EStG
„übersehen habe“, wandte sich die
Klägerin sinngemäß auch gegen die Minderung der
nach Anwendung des § 15a EStG für den Beigeladenen
verbleibenden ausgleichsfähigen Verluste der Streitjahre.
c) Die Klagebefugnis der Klägerin ist
auch nicht sachlich begrenzt gemäß § 42 FGO i.V.m.
§ 351 Abs. 2 AO 1977. Aufgrund der vorgenannten Regelungen
können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid (§ 171
Abs. 10 AO 1977) nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch
durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. Dies gilt
auch für den Fall, dass der Grundlagenbescheid erst nach dem
Folgebescheid ergeht (Senatsurteile vom 26.7.1984 IV R 13/84, BFHE
142, 96, BStBl II 1985, 3 = SIS 84 23 42; vom 11.7.1996 IV R 67/95,
BFH/NV 1997, 114 = SIS 97 04 14, unter 1. der Gründe, und vom
12.12.1985 IV R 82/83, BFH/NV 1987, 549).
aa) Nach der Rechtsprechung des BFH handelt es
sich bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung i.S. der
§§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977
und der Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des §
15a Abs. 4 Satz 1 EStG um zwei Verwaltungsakte, die auch gesondert
und unabhängig voneinander angefochten werden können und
selbständig der Bestandskraft fähig sind (vgl.
BFH-Urteile vom 11.11.1997 VIII R 39/94, BFH/NV 1998, 1078 = SIS 98 15 27; vom 30.3.1993 VIII R 63/91, BFHE 171, 213, BStBl II 1993,
706 = SIS 93 18 19, und Beschluss des Großen Senats des BFH
vom 23.10.1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327 = SIS 90 08 54, unter C.II.3. zur Teilbestandskraft von
Feststellungsbescheiden).
bb) Der Bescheid über die gesonderte und
einheitliche Feststellung der Einkünfte i.S. der §§
179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 ist
Grundlagenbescheid i.S. der §§ 171 Abs. 10 Satz 1, 175
Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 für die Feststellung i.S. des § 15a
Abs. 4 Satz 1 EStG (vgl. Senatsurteil in BFHE 179, 368, BStBl II
1996, 226 = SIS 96 09 37), soweit er den Anteil eines
Gesellschafters am Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft und das
etwaige Ergebnis aus Ergänzungsbilanzen feststellt, die
zusammen den Gewinnanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
Halbsatz 1 EStG ausmachen (vgl. BFH-Urteile vom 19.2.1981 IV R
41/78, BFHE 133, 510, BStBl II 1981, 730 = SIS 81 23 17, und in
BFHE 171, 213, BStBl II 1993, 706 = SIS 93 18 19).
cc) Ebenso ist aber auch der Bescheid
über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des
§ 15a Abs. 4 Satz 1 EStG Grundlagenbescheid für den
weiteren Verwaltungsakt der Feststellung der bei der Veranlagung
des Beigeladenen anzusetzenden steuerpflichtigen Einkünfte
gemäß §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a AO 1977, da er Bindungswirkung hinsichtlich der
Ausgleichsfähigkeit des Verlustes entfaltet (vgl.
Senatsurteile vom 24.8.1989 IV R 124/88, BFH/NV 1990, 638, unter 1.
der Gründe; in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226 = SIS 96 09 37, unter I. der Gründe; FG Münster, Urteil vom
19.12.1990 I 5601/89 F, EFG 1991, 537; ebenso v. Beckerath, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15a Rdnr. E 26 und E
30; Schmidt/Wacker, EStG, 25. Aufl., § 15a Rz 191;
Bordewin/Söffing/Brandenberg, Verlustverrechnung bei negativem
Kapitalkonto, 2. Aufl., Rdn. 212 f.; Hennig, DStZ 1985, 171, 173;
Söffing/Wrede, FR 1980, 365, 376; a.A. Förg, Steuerwarte
- StW - 1981, 55, 58; Blümich/Stuhrmann, § 15a EStG Rz.
107). Denn ein Verlust kann nicht gleichzeitig nur verrechenbar und
beim selben Kommanditisten ausgleichsfähig sein (vgl. FG
Münster in EFG 1991, 537).
(1) Grundlagenbescheid ist aufgrund der
Legaldefinition des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO 1977 ein
Verwaltungsakt, der für die Festsetzung einer Steuer bindend
ist, ohne die Voraussetzungen der Bindungswirkung näher zu
bestimmen. Dabei ist anerkannt, dass diese Definition nicht nur im
Falle einer Bindungswirkung für die Festsetzung einer Steuer
Anwendung findet, sondern auch soweit sich die Bindungswirkung auf
einen Feststellungsbescheid erstreckt (vgl. Kruse in Tipke/Kruse,
a.a.O., § 171 AO Tz. 89). Für die Annahme einer solchen
Bindungswirkung ist grundsätzlich eine ausdrückliche
gesetzliche Regelung erforderlich (ständige Rechtsprechung,
vgl. BFH-Urteile vom 30.6.2005 IV R 11/04, BFHE 210, 196, BStBl II
2005, 809 = SIS 05 40 04, unter 1.b der Gründe, und vom
10.1.1992 III R 201/90, BFHE 167, 470, BStBl II 1992, 684 = SIS 92 13 47, unter 3., m.w.N.; aus jüngerer Zeit Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 11.4.2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399,
BStBl II 2005, 679 = SIS 05 31 02, unter C.4.a der Gründe).
Eine solche Bindungswirkung entfaltet auch die Feststellung des
verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1
EStG und zwar nicht nur hinsichtlich der Feststellung des
verrechenbaren Verlustes für das Folgejahr aufgrund der
gesetzlichen Regelung des § 15a Abs. 4 Satz 2 EStG, sondern
auch für den Gewinn bzw. ausgleichs- und abzugsfähigen
Verlust desselben Jahres (so auch Söffing in Lademann, EStG,
§ 15a EStG Anm. 65). Dies folgt aus der Regelung des §
182 Abs. 1 Satz 1 AO 1977. Danach sind Feststellungsbescheide
für Folgebescheide bindend, soweit die in den
Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese
Folgebescheide von Bedeutung sind.
(2) Zweck des verselbständigten
Feststellungsverfahrens ist es u.a. zu verhindern, dass die in dem
Grundlagenbescheid getroffene Entscheidung im Folgebescheid
gegensätzlich entschieden werden kann (Söhn in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 182 AO Rz. 7). Die
Bindungswirkung schließt daher auch aus, dass über einen
Sachverhalt, über den im Feststellungsverfahren entschieden
worden ist, im Folgeverfahren in einem damit unvereinbaren Sinne
anders entschieden wird. Die Bindungswirkung des
Grundlagenbescheids beschränkt sich demnach nicht auf eine
bloße mechanische Übernahme seines Inhalts in den
Folgebescheid. Sie steht vielmehr jedem Ansatz der gesondert
festzustellenden Besteuerungsgrundlage im Folgebescheid entgegen,
der dem Inhalt des Grundlagenbescheids widersprechen würde
(ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteile vom 10.6.1999 IV
R 25/98, BFHE 188, 548, BStBl II 1999, 545 = SIS 99 18 39, unter 2.
der Gründe, und vom 9.7.1987 IV R 87/85, BFHE 150, 345, BStBl
II 1988, 342 = SIS 87 19 18, unter 3.a der Gründe; Söhn
in HHSp, § 182 AO Rz. 7, m.w.N.).
(3) So liegt es auch im Verhältnis des
Bescheides über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes
zum Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung
der steuerpflichtigen Einkünfte und der mit ihnen im
Zusammenhang stehenden (anderen) Besteuerungsgrundlagen des
Beigeladenen i.S. der §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr.
2 Buchst. a AO 1977.
(a) Im Feststellungsbescheid nach § 15a
Abs. 4 Satz 1 EStG sind Feststellungen darüber zu treffen,
inwieweit der nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgleichs- oder
abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten, vermindert um die
nach § 15a Abs. 2 EStG abzuziehenden Beträge und vermehrt
um die nach § 15a Abs. 3 EStG hinzuzurechnenden Beträge,
verrechenbar ist (vgl. Bordewin/ Söffing/Brandenberg, a.a.O.,
Rdn. 212 f.). Die im Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4
Satz 1 EStG ermittelten Beträge nach § 15a Abs. 1 bis 3
EStG fließen wiederum in die gesonderte und einheitliche
Feststellung des Gewinns bzw. des ausgleichs- und
abzugsfähigen Verlustes des Kommanditisten gemäß
§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 ein (vgl. BFH-Beschluss
vom 8.5.1995 III B 113/94, BFH/NV 1995, 971, unter 2.b der
Gründe). Nur diese Sichtweise verhindert, dass es im Falle der
Anfechtung des Feststellungsbescheides i.S. des § 180 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. a AO 1977 zu widersprüchlichen Entscheidungen
hinsichtlich der Anwendung der Vorschriften des § 15a Abs. 1
bis 3 EStG kommt, die in die Feststellung des verrechenbaren
Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG einfließt.
Ansonsten könnten Änderungen des ausgleichsfähigen
Verlustes zu einem Widerspruch zum Bescheid nach § 15a Abs. 4
EStG führen und umgekehrt Änderungen des verrechenbaren
Verlustes zu einem Widerspruch zum Feststellungsbescheid des
Gewinns bzw. des ausgleichs- und abzugsfähigen Verlustes des
Kommanditisten führen (so auch v. Beckerath, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15a Rdnr. E 25 ff.;
Bordewin/Söffing/Brandenberg, a.a.O., Rdn. 212 f.;
Söffing in Lademann, a.a.O., § 15a EStG Anm. 65). Der
Steuerpflichtige muss demgemäß Fragen zur Anwendung der
Regelung des § 15a EStG durch Anfechtung des Bescheides i.S.
des § 15a Abs. 4 EStG klären (v. Beckerath, in:
Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 15a Rdnr. E 26, E
29 und E 83).
(b) Zwar ist § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
AO 1977 i.d.F. des Art. 26 des Missbrauchsbekämpfungs- und
Steuerbereinigungsgesetzes vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2310, 2346,
BStBl I 1994, 50, 86), wonach auch die mit den steuerpflichtigen
Einkünften in Zusammenhang stehenden anderen
Besteuerungsgrundlagen festzustellen sind, in den Streitjahren
nicht anwendbar. Nach Art. 97 § 10b des
Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) ist die
Vorschrift nämlich erst für Feststellungszeiträume,
die nach dem 31.12.1994 beginnen, anzuwenden. Mit dieser
Gesetzesänderung wollte der Gesetzgeber aber auch der
bisherigen Rechtsprechung des BFH Rechnung tragen (BTDrucks
12/5630, 100). Danach sollten nämlich die zwar nur einzelne
Beteiligte betreffenden Besteuerungsgrundlagen, die allerdings
für die Feststellung der aus einer gemeinsamen Einkunftsquelle
stammenden Einkünfte wesentlich sind - wie z.B.
Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben - im Rahmen der gesonderten
und einheitlichen Feststellung erfasst werden (BFH-Urteile vom
30.6.1966 VI 273/65, BFHE 86, 576, BStBl III 1966, 582 = SIS 66 03 70, und vom 29.8.1973 I R 26/71, BFHE 110, 315, BStBl II 1974, 62 =
SIS 74 00 38; Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE
209, 399, BStBl II 2005, 679 = SIS 05 31 02, unter C.3.b bb der
Gründe; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 180 AO Tz. 64).
Ebenso wie Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben, die in einem
engen Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung stehen (BFH-Urteil
in BFHE 86, 576, BStBl III 1966, 582 = SIS 66 03 70), steht aber
auch die Feststellung des Gewinns bzw. des ausgleichs- und
abzugsfähigen Verlustes eines Kommanditisten im Zusammenhang
mit der Kommanditbeteiligung und ist daher im Verfahren der
gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß
§§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977
festzustellen.
dd) Im Streitfall fehlt es allerdings an
wirksamen Grundlagenbescheiden, die die verrechenbaren Verluste
i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG feststellen und welche die
formelle Klagebefugnis der Klägerin begrenzen oder in
Bestandskraft erwachsen sein könnten, denn die Bescheide sind
gemäß § 125 Abs. 1 AO 1977 nichtig.
Ein Feststellungsbescheid ist nichtig, soweit
er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei
verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden
Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind
erfüllt, wenn der Verwaltungsakt gemäß § 119
Abs. 1 AO 1977 inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm
hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird
(Senatsurteil vom 19.8.1999 IV R 34/98, BFH/NV 2001, 409 = SIS 01 58 01). Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit eines
Verwaltungsakts gemäß § 118 Satz 1 AO 1977 betrifft
auch dessen Regelungsinhalt (Ausspruch, Tenor, Verfügungs-
oder Entscheidungssatz. vgl. BFH-Beschluss vom 3.8.1983 VII B 30,
33/83, juris; Tipke in Tipke/Kruse, a.a.O., § 118 AO Tz. 50
und § 119 AO Tz. 5). Den mit Kurzmitteilung im Nachgang zu den
Bescheiden mit der Bitte um Kenntnisnahme durch den
Betriebsprüfer zur Post gegebenen Anlagen ESt 1, 2, 3 B (V)
fehlt es unter dem Gesichtspunkt des Regelungsinhalts an der
erforderlichen Bestimmtheit, denn sie sprechen die Feststellung der
verrechenbaren Verluste nicht gesondert aus, sondern
beschränken sich auf deren rechnerische Ermittlung. Dies
genügt für die Bestimmtheit des Regelungsinhaltes eines
Feststellungsbescheides nicht. Vielmehr ist ein ausdrücklicher
Ausspruch über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes
erforderlich, denn es muss klar erkennbar sein, welcher Bestandteil
der Feststellung den Inhaltsadressaten betrifft.
Das FG hat - aus seiner Sicht zu Recht - keine
Feststellungen darüber getroffen, ob die Klagen begründet
sind, dies wird es nachzuholen haben.
3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif und
wird daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückverwiesen. Das FG erhält damit Gelegenheit die noch
fehlenden Feststellungen nachzuholen. Bei dieser Sachlage
bedürfen die weiteren Rügen der Klägerin keiner
weiteren Erörterung.