Insolvenzverwalter, Einnahmen für vor Insolvenz erbrachte Leistungen, Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten: Vereinnahmt der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Rahmen der Istbesteuerung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG Entgelte für Leistungen, die bereits vor Verfahrenseröffnung erbracht wurden, handelt es sich bei der für die Leistung entstehenden Umsatzsteuer um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. - Urt.; BFH 29.1.2009, V R 64/07; SIS 09 13 24
I. Über das Vermögen des
Unternehmers A, der ein Gewerbe im Baubereich betrieb und der seine
Umsätze nach vereinnahmten Entgelten gemäß §
13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 1999/2005 (UStG)
versteuerte, eröffnete das Amtsgericht M am 16.8.2004 das
Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger und
Revisionsbeklagten (Kläger) zum Insolvenzverwalter. Nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinnahmte der Kläger
in den Streitjahren 2004 und 2005 Entgelte für Leistungen, die
A vor Verfahrenseröffnung erbracht hatte.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ), davon aus, dass es sich bei den nach
Insolvenzeröffnung vereinnahmten Entgelten aus zuvor
erbrachten Leistungen um Masseverbindlichkeiten handele und setzte
mit dem Umsatzsteuerbescheid 2004 und dem
Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für das I. Quartal 2005
vom 9.3.2006 Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger fest. Der
Einspruch hatte keinen Erfolg.
Nach Klageerhebung erließ das FA am
23.1.2007 den Umsatzsteuerjahresbescheid 2005, der gemäß
§ 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des
Klageverfahrens wurde. Nachdem das Amtsgericht M mit Beschluss vom
18.4.2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des A
zunächst aufgehoben hatte, ordnete es mit Beschluss vom
11.7.2007 die Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs.
1 der Insolvenzordnung (InsO) an.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt,
da es sich um eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO, nicht
aber um eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 InsO
gehandelt habe. Insolvenzforderungen seien bereits bei
Eröffnung des Insolvenzverfahrens insolvenzrechtlich
begründet. Hierfür komme es darauf an, dass der
Rechtsgrund für den Anspruch bei Verfahrenseröffnung
gelegt sei. Maßgeblich sei nicht die Entstehung des
Steueranspruchs nach § 38 der Abgabenordnung (AO), sondern die
Verwirklichung des zivilrechtlichen Sachverhalts, der zur
Entstehung des Steueranspruchs führe. Im Rahmen der
Sollbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG
sei die Umsatzsteuerforderung bereits mit Leistungserbringung und
nicht erst mit Vereinnahmung des Entgelts begründet. Die
Vereinnahmung sei nur im Rahmen von § 17 UStG zu
berücksichtigen. Unerheblich sei der wirtschaftliche Zweck der
Steuererhebung. Für die Besteuerung nach vereinnahmten
Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG,
wie im Streitfall, gelte nichts anderes. Bei der Istversteuerung
komme es nur für die Steuerentstehung, die aber für das
Begründetsein der Forderung unerheblich sei, auf die
Vereinnahmung an. Dass die Masse die Umsatzsteuer in vollem Umfang
vereinnahme, während sich das FA mit der Quote zu
begnügen habe, ergebe sich aus der Systematik der Umsatzsteuer
und sei daher hinzunehmen. Das FA habe insoweit das Insolvenzrisiko
desjenigen zu tragen, den der Gesetzgeber zum Steuerschuldner
gemacht habe. Bei der Forderungsvereinnahmung handele es sich auch
nicht um eine Masseverwertung i.S. von § 55 Abs. 1 Nr. 1
InsO.
Das Urteil des FG ist in EFG 2007, 1737 =
SIS 07 33 47 veröffentlicht.
Mit seiner Revision rügt das FA
Verletzung materiellen Rechts und stützt dies auf das
Senatsurteil vom 4.7.1957 V 199/56 U (BFHE 65, 131, BStBl III 1957,
282 = SIS 57 01 91). Erst durch die Einziehung werde der
Rechtsgrund für die Umsatzsteuer gelegt, so dass eine
Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO
vorliege.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Sowohl bei der Ist- als auch bei der
Sollbesteuerung sei die Umsatzsteuerforderung bereits mit
Leistungserbringung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG
begründet.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung des FG und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Das Urteil des
FG verletzt § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, da es sich bei den nach
Verfahrenseröffnung im Rahmen der Istbesteuerung vereinnahmten
Entgelten um Masseverbindlichkeiten handelt.
1. Insolvenzgläubiger können
gemäß § 87 InsO nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens ihre Insolvenzforderungen i.S. von § 38
InsO und damit ihre zur Zeit der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner
„begründeten“ Vermögensansprüche
nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren
verfolgen. Dementsprechend sind nach § 251 Abs. 3 AO
Insolvenzforderungen während eines Insolvenzverfahrens nicht
durch Steuerbescheid festzusetzen, sondern nur erforderlichenfalls
durch Verwaltungsakt festzustellen. Diese Einschränkungen
gelten aber nicht für Masseverbindlichkeiten nach § 55
InsO, die durch Steuerbescheid gegenüber dem
Insolvenzverwalter geltend zu machen sind und die der
Insolvenzverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AO aus der
Insolvenzmasse zu bezahlen hat (Urteil des Bundesfinanzhofs vom
29.8.2007 IX R 4/07, BFHE 218, 435, BFH/NV 2007, 2429 = SIS 07 36 27). Zu den Masseverbindlichkeiten gehören gemäß
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Verbindlichkeiten, die
„durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer
Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der
Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des
Insolvenzverfahrens zu gehören“.
Ob es sich bei einem Steueranspruch um eine
Insolvenzforderung oder um eine Masseverbindlichkeit handelt,
bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der den
Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand vollständig
verwirklicht und damit abgeschlossen ist (vgl. allgemein
BFH-Urteile vom 13.11.1986 V R 59/79, BFHE 148, 346, BStBl II 1987,
226 = SIS 87 08 26; vom 9.4.1987 V R 23/80, BFHE 149, 323, BStBl II
1987, 527 = SIS 87 12 30, und vom 21.12.1988 V R 29/86, BFHE 155,
475, BStBl II 1989, 434 = SIS 89 07 52). Unerheblich ist
demgegenüber der Zeitpunkt der Steuerentstehung (vgl.
BFH-Urteile in BFHE 148, 346, BStBl II 1987, 226 = SIS 87 08 26,
und in BFHE 155, 475, BStBl II 1989, 434 = SIS 89 07 52; vgl. auch
BFH-Urteil vom 29.3.1984 IV R 271/83, BFHE 141, 2, BStBl II 1984,
602 = SIS 84 15 30; BFH-Beschlüsse vom 30.4.2007 VII B 252/06,
BFHE 217, 212, BFH/NV 2007, 1395 = SIS 07 19 55; vom 1.4.2008 X B
201/07, BFH/NV 2008, 925 = SIS 08 20 90, jeweils m.w.N.). Welche
Anforderungen im Einzelnen an die somit erforderliche
vollständige Tatbestandsverwirklichung im Zeitpunkt der
Insolvenzeröffnung zu stellen sind, richtet sich nach den
jeweiligen Vorschriften des Steuerrechts, nicht aber nach dem
Insolvenzrecht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 218, 435, BFH/NV 2007, 2429
= SIS 07 36 27). Kommt es zur vollständigen
Tatbestandsverwirklichung bereits vor Verfahrenseröffnung,
handelt es sich um eine Insolvenzforderung, erfolgt die
vollständige Tatbestandsverwirklichung erst nach
Verfahrenseröffnung, liegt unter den Voraussetzungen des
§ 55 InsO eine Masseverbindlichkeit vor.
2. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG
entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen
bei der Berechnung nach vereinnahmten Entgelten
(„Istbesteuerung“) mit Ablauf des
Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt wird.
Für die bei der Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und
Masseverbindlichkeiten maßgebliche vollständige
Tatbestandsverwirklichung kommt es dabei auf die Vereinnahmung des
Entgelts an.
a) Entscheidendes Merkmal der Istbesteuerung
ist nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG die
Vereinnahmung des Entgelts, nicht aber die Leistungserbringung.
Dementsprechend ist der den Umsatzsteueranspruch begründende
Tatbestand in diesem Fall erst mit der Entgeltvereinnahmung
vollständig verwirklicht und abgeschlossen. Hierdurch wird
entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht auf den für
die Abgrenzung zwischen Insolvenzforderungen und
Masseverbindlichkeiten unerheblichen Zeitpunkt der Steuerentstehung
abgestellt. Denn der Steueranspruch entsteht im Rahmen der
Istbesteuerung erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem
das Entgelt vereinnahmt wird, nicht aber bereits mit der
Vereinnahmung des Entgelts.
b) Bestätigt wird die
Maßgeblichkeit der Entgeltvereinnahmung durch die bei der
Umsatzbesteuerung bestehenden Besonderheiten, die diese von anderen
Steueransprüchen dadurch unterscheidet, dass der Unternehmer -
und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen des Unternehmers für diesen der
Insolvenzverwalter - „als Steuereinnehmer für
Rechnung des Staates tätig“ ist und dabei
„öffentliche Gelder“ im Interesse der
Staatskasse vereinnahmt (Urteile des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 20.10.1993 C-10/92,
Balocchi, Slg. 1993, I-5105 = SIS 93 25 13 Rz 25, und vom 21.2.2008
C-271/06, Netto Supermarkt, BFH/NV Beilage 2008, 199 = SIS 08 16 63
Rz 21). Als „Steuereinnehmer“ ist der
Unternehmer für die Vereinnahmung einer vom Endverbraucher zu
tragenden Verbrauchsteuer zuständig (EuGH-Urteil Netto
Supermarkt in BFH/NV Beilage 2008, 199 Rz 21). Dem wird auch im
Zivilrecht Rechnung getragen. Veräußert z.B. der
Insolvenzverwalter unberechtigt einen der Aussonderung nach §
47 InsO unterliegenden Gegenstand, gehört zwar die
Umsatzsteuer zivilrechtlich als untrennbarer Preisbestandteil zur
vereinbarten und geschuldeten Leistung; zugleich ist jedoch die
Umsatzsteuer von vornherein zur Weiterleitung an das Finanzamt
bestimmt, so dass der Aussonderungsberechtigte nicht die Herausgabe
des im Preis enthaltenen Steueranteils verlangen kann (Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 8.5.2008 IX ZR 229/06, BFH/NV Beilage 2008,
318).
Insolvenzrechtlich ist weiter die in § 55
Abs. 1 Nr. 3 InsO zugrunde liegende Wertung zu
berücksichtigen, nach der Verbindlichkeiten aus einer
ungerechtfertigten Bereicherung der Masse sonstige
Masseverbindlichkeiten sind. Hierfür reicht es aus, dass der
Masse etwas nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne
rechtlichen Grund zugeflossen ist (z.B. BGH- Urteil vom 20.9.2007
IX ZR 91/06, NJW-RR Zivilrecht 2008, 295, m.w.N.). Dem liegt der
Rechtsgedanke zugrunde, dass es durch den Zweck des
Insolvenzverfahrens nicht gerechtfertigt ist, den zur Herausgabe
Berechtigten bei einem nach Insolvenzeröffnung erfolgenden
Vermögenszufluss, der dem Insolvenzschuldner nicht zusteht,
auf das Prinzip der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen
Befriedigung der Insolvenzgläubiger und damit auf die
Verteilungsquote zu verweisen. Ist die nach Insolvenzeröffnung
vereinnahmte Umsatzsteuer von vornherein nur zur Weiterleitung an
das Finanzamt bestimmt, steht sie daher dem Insolvenzschuldner und
der Masse zur allgemeinen Befriedigung der Insolvenzgläubiger
nicht zu.
Unerheblich ist im Hinblick auf die
Besonderheiten der Umsatzbesteuerung und die darüber hinaus zu
beachtenden insolvenzrechtlichen Wertungen, ob der
Insolvenzverwalter Entgelte für Leistungen vereinnahmt, die
vor oder nach Verfahrenseröffnung erbracht wurden. Denn der
Insolvenzverwalter hat mit der ab Verfahrenseröffnung
bestehenden Aufgabe, die Insolvenzmasse zu verwerten, hinsichtlich
der Vereinnahmung der Gegenleistungen für
umsatzsteuerpflichtige Umsätze auch die dem Unternehmer
zugewiesene Aufgabe des „Steuereinnehmers“
übernommen (vgl. auch Stadie, in Rau/Dürrwächter,
UStG, § 18 Rz 829). Denn nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens ist es der Insolvenzverwalter (§ 56 InsO),
der die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu
erfüllen hat, die diesem obliegen würden, wäre das
Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden (vgl. § 34 Abs.
1 und Abs. 3; z.B. Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 34 AO Rz 13, 25, m.w.N.; z.B.
BFH-Urteil vom 16.1.2007 VII R 7/06, BFHE 216, 390, BStBl II 2007,
745 = SIS 07 07 69). Hierzu gehört die vollständige
Versteuerung der nach Verfahrenseröffnung vereinnahmten
Entgelte.
c) Dass eine erst nach
Verfahrenseröffnung im Rahmen der Istbesteuerung erfolgende
Entgeltsvereinnahmung eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs.
1 Nr. 1 InsO begründet, führt im Übrigen nicht zu
einer ungerechtfertigten Privilegierung des Steuergläubigers
gegenüber anderen Gläubigern des Insolvenzschuldners.
aa) Wie das FG zutreffend ausgeführt hat,
steht dem Fiskus kein Steuerprivileg im Sinne einer mit Vorrechten
versehenen Sonderstellung zu. Dem FG ist auch insoweit zu folgen,
als dem Unternehmer eine zivilrechtliche Forderung gegen den
Leistungsempfänger auf Zahlung des Bruttoentgelts zusteht,
während das Finanzamt den Steueranspruch nur gegen den
Leistenden geltend machen kann und dementsprechend das
Insolvenzrisiko des Leistenden als Steuerschuldner zu tragen hat.
Dementsprechend trifft den Steuergläubiger das Insolvenzrisiko
für den Fall, dass der Unternehmer vor Eröffnung des
Insolvenzverfahrens eine Gegenleistung für einen
steuerpflichtigen Umsatz vereinnahmt, diesen aber nicht
ordnungsgemäß versteuert und die in der Gegenleistung
neben dem Entgelt enthaltene Umsatzsteuer nicht an das für ihn
zuständige Finanzamt abführt. Es handelt sich dann um
eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO.
bb) Aus dem Fehlen eines Insolvenzprivilegs
für vor Verfahrenseröffnung entstandene
Steueransprüche, wie es § 61 Abs. 1 Nr. 2 der
Konkursordnung (KO) unter der Geltung der KO vorsah, folgt aber
nicht, dass der Steuergläubiger auch insoweit das
Insolvenzrisiko zu tragen hat, als der Insolvenzverwalter eine
Gegenleistung bestehend aus Entgelt und Umsatzsteueranteil nach
Verfahrenseröffnung vereinnahmt. Denn insoweit sind für
die Frage, zu welchem Zeitpunkt und durch welchen Vorgang der
Steueranspruch i.S. der §§ 38, 55 InsO begründet
wird, die bei der Umsatzbesteuerung bestehenden Besonderheiten (s.
oben b) zu berücksichtigen.
3. Es liegen auch die weiteren Voraussetzungen
einer Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor, da
die Umsatzsteuer durch die Verwaltung und Verwertung der Masse
entstanden ist. Der Senat hält insoweit auch unter der Geltung
der InsO an seiner bereits zur KO ergangenen Rechtsprechung fest,
wonach die Einziehung von Forderungen der Masse zur Verwertung der
Masse gehört und es sich bei der Umsatzsteuer, die im Rahmen
der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten anlässlich der
Verwertung durch Forderungseinzug zur Entstehung gelangt, um
Massekosten (§ 58 Ziff. 2 KO; jetzt § 55 Abs. 1 Nr. 1
InsO) handelt (BFH-Urteil in BFHE 65, 131, BStBl III 1957, 282 =
SIS 57 01 91; ebenso Eckert, UVR 1999, 305 ff., 307). Soweit
demgegenüber im Schrifttum zum Teil davon ausgegangen wird,
dass bei einer nach Verfahrenseröffnung erfolgenden
Entgeltsvereinnahmung für zuvor erbrachte Leistungen eine
bloße Insolvenzforderung, nicht aber eine
Masseverbindlichkeit vorliege (vgl. z.B. MünchKomm-InsO, 2.
Aufl. 2007, § 38 Rz 87 und § 55 Rz 71; Onusseit, Neue
Zeitschrift für das Gesamte Insolvenzrecht, ZinsO 2006, 516
ff.; Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 7.
Aufl. 2007 Rz 1595; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 6. Aufl.
2005 S. 177 f.) schließt sich der Senat dem aus den
dargelegten Gründen für den Fall der hier allein zu
entscheidenden Istbesteuerung nicht an.
4. Dem Entstehen einer Masseverbindlichkeit
bei einer im Rahmen der Istbesteuerung nach
Verfahrenseröffnung erfolgten Entgeltvereinnahmung für
eine vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistung steht die
Rechtsprechung des VII. Senats zur Aufrechnung im
Insolvenzverfahren nicht entgegen. Zum Aufrechnungsverbot nach
§ 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO (zuvor § 55 Nr. 1 KO), wonach die
Aufrechnung unzulässig ist, „wenn ein
Insolvenzgläubiger erst nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden
ist“, hat der VII. Senat im Zusammenhang mit
Steuervergütungen entschieden, dass diesbezügliche
Ansprüche des Steuerpflichtigen insolvenzrechtlich vor
Eröffnung des Insolvenzverfahrens
„begründet“ sind, wenn der zugrunde
liegende Sachverhalt, der zu der Entstehung der
Steueransprüche führt, bereits vor Eröffnung des
Insolvenzverfahrens verwirklicht worden ist (BFH-Urteile vom
5.10.2004 VII R 69/03, BFHE 208, 10, BStBl II 2005, 195 = SIS 05 08 34; vom 16.11.2004 VII R 75/03, BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193 =
SIS 05 17 32, und vom 31.5.2005 VII R 74/04, BFH/NV 2005, 1745 =
SIS 05 40 10).
Diese Rechtsprechung bezieht sich, wie der
VII. Senat im Urteil vom 16.1.2007 VII R 4/06 (BFHE 216, 385, BStBl
II 2007, 747 = SIS 07 61 28) ausdrücklich betont, auf das
insolvenzrechtliche Aufrechnungshindernis des § 96 Abs. 1 Nr.
1 InsO (zuvor § 55 Nr. 1 KO) und die Frage, welcher Zeitpunkt
maßgebend dafür ist, ob ein aufrechnender
Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist.
Insoweit geht der VII. Senat des BFH insbesondere davon aus, dass
das FA den Anspruch auf Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen
nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bereits mit dem Bezug der
Leistung und nicht erst mit „Erstellung der
Rechnung“ schuldig wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom
17.12.1998 VII R 47/98, BFHE 188, 149, BStBl II 1999, 423 = SIS 99 09 29 zu § 55 Nr. 1 KO; in BFHE 208, 10, BStBl II 2005, 195 =
SIS 05 08 34; in BFHE 208, 296, BStBl II 2006, 193 = SIS 05 17 32;
in BFHE 216, 385, BStBl II 2007, 747 = SIS 07 61 28, und in BFHE
216, 390, BStBl II 2007, 745 = SIS 07 07 69; vom 4.3.2008 VII R
10/06, BFHE 220, 295, BStBl II 2008, 506 = SIS 08 18 28 zu §
96 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Demgegenüber geht es im Streitfall
weder um die Auslegung insolvenzrechtlicher Aufrechnungsverbote
noch um den Zeitpunkt, zu dem der Anspruch des Unternehmers auf
Vorsteuerabzug begründet ist, sondern um die Abgrenzung
zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten im
Hinblick auf die durch den Insolvenzverwalter vereinnahmten
Leistungsentgelte.
5. Das Urteil des FG, das von anderen
Grundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben und die Klage
abzuweisen. Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen
kann der Senat in der Sache selbst entscheiden.
Das FA war berechtigt, die Umsatzsteuer 2004
und 2005 durch Steuerbescheid festzusetzen. Entgegen der
Rechtsauffassung der Vorinstanz liegen Masseverbindlichkeiten nach
§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor, da der Kläger als
Insolvenzverwalter des A in den Streitjahren Entgelte für
Leistungen, die A vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
erbracht hatte, nach Verfahrenseröffnung im Rahmen der
Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 13
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 UStG vereinnahmte. Das FA hat daher
die Umsatzsteuer 2004 und 2005 zu Recht gegenüber dem
Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festgesetzt.