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Grundsätzlich keine Geschäftsveräußerung trotz vollständiger Übertragung der Anteile an einer GmbH, mögliche Geschäftsveräußerung bei Begründung einer Organschaft

Grundsätzlich keine Geschäftsveräußerung trotz vollständiger Übertragung der Anteile an einer GmbH, mögliche Geschäftsveräußerung bei Begründung einer Organschaft: 1. Die Inhaberschaft von Anteilen an einer GmbH reicht (im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieser GmbH) für sich genommen nicht hin, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit der Veräußerin fortführen zu können. - 2. Anders kann es sein, wenn die bisherige Organträgerin die Anteile an der GmbH an die neue Organträgerin überträgt. - Urt.; BFH 18.9.2019, XI R 33/18; SIS 20 00 15

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 18.09.2019, XI R 33/18 (ECLI:DE:BFH:2019:U.180919.XIR33.18.0)
    BStBl 2021 II S. 243
    BFHE 266 S. 448
    BFH/NV 2020 S. 290
    DStR 2020 S. 273

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 18.2.2021
    M. Brill in NWB 7/2020 S. 444
    Grünwald in MwStR 5/2020 S. 221
    J. H. in StuB 5/2020 S. 204
    H. Jacobs in UR 5/2020 S. 183
    T. Köster in DStZ 6/2020 S. 179
    Ch. Levedag in GmbHR 5/2020 S. R 73
    B. Rätke in BBK 5/2020 S. 217
    T. Streit in DStR 6/2020 S. 273
    A. Treiber in BFH/PR 4/2020 S. 103
    -/- in GmbH-Stpr 5/2020 S. 152
Normen
[UStG] § 1 Abs. 1 a, § 4 Nr. 8 Buchst. f, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1
[RL 2006/112/EG] Art. 19, Art. 135 Abs. 1 Buchst. f, Art. 168 Buchst. a
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Nürnberg, 02.05.2018, SIS 18 16 48, Geschäftsveräußerung im Ganzen, Organschaft, Vorsteuerabzug, Steuerfreier Umsatz
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 15.2.2023, SIS 23 10 96, Zum Vorsteuerabzug einer geschäftsleitenden Holding (Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil Finanzamt R vo...
  • FG München 2.2.2023, SIS 23 04 87, Geschäftsveräußerung im Ganzen: 1. Der autonome unionsrechtliche Begriff des "Teilvermögens" bezieht sich...
  • Hessisches FG 21.3.2022, SIS 24 04 30, Vorsteuerberichtigung und keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei einem steuerbefreiten Verkauf eines ve...
  • BFH 17.3.2022, SIS 22 12 51, Besteuerung der Umsätze eines Freizeitparks: 1. Innenumsätze innerhalb eines Organkreises sind keine Reis...
  • BFH 31.8.2021, SIS 21 20 70, Unternehmereigenschaft einer Hundezüchterin: 1. Im Rahmen der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ...
  • BFH 24.2.2021, SIS 21 11 53, Geschäftsveräußerung bei Erwerb eines vom Veräußerer zunächst gepachteten und teilweise untervermieteten ...
  • FG Nürnberg 23.2.2021, SIS 21 11 43, Vorsteuerabzug für Beratungsleistungen zur Durchführung einer Anteilsveräußerung Grundsätzlich keine Gesc...
  • BFH 16.12.2020, SIS 21 07 30, Eingangsleistungen einer Kapitalanlagegesellschaft i.S. des InvG, kein Vorsteuerabzug für Leistungsbezüge...
  • BFH 10.12.2020, SIS 21 02 82, Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Zweckbetriebe von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen: Zur Vermöge...
Fachaufsätze
  • LIT 04 02 96 S. Heinrichtshofen, UVR 4/2020 S. 119: Die Übertragung von Anteilen als Geschäftsveräußerung? - Lit.; S. Heinrichtshofen, UVR 4/2020 S. 119; USt...

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 2.5.2018 - 2 K 309/16 = SIS 18 16 48 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht Nürnberg zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, war vor dem 4.12.2012 alleinige Gesellschafterin der B-GmbH. An diese vermietete sie Betriebsgrundstücke (seit dem 01.01.2013 steuerpflichtig). Entgeltliche Geschäftsführungsleistungen gegenüber der B-GmbH erbrachte die Klägerin nicht. Kommanditist der Klägerin, Gesellschafter der Komplementärin der Klägerin und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer sowohl der Klägerin als auch der B-GmbH war W. Die Klägerin war umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der B-GmbH.

 

 

2

Durch Unternehmenskaufvertrag vom 4.12.2012 verkaufte die Klägerin ihre Beteiligung an der B-GmbH überwiegend an eine Beteiligungsgesellschaft, die … GmbH (Erwerberin). Eine Option zur Umsatzsteuerpflicht erfolgte nicht. Einen geringeren Teil der Anteile brachte die Klägerin im Wege der Sachkapitalerhöhung in die Erwerberin ein, so dass sie seitdem zu 25,1 % an der Erwerberin beteiligt ist.

 

 

3

Für dieses Geschäft hatte die Klägerin Beratungsleistungen in Anspruch genommen. Die für die Leistungen gezahlte Umsatzsteuer in Höhe von … EUR zog sie in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2012 (Streitjahr) vom 17.7.2013, die als nicht zustimmungsbedürftige Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand (§ 168 Satz 1 der Abgabenordnung - AO - ), als Vorsteuer ab.

 

 

4

Nach Durchführung einer Außenprüfung ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr vom 25.6.2014 den genannten Betrag nicht mehr zum Vorsteuerabzug zu. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 04.02.2016). Das FA führte zur Begründung aus, der Verkauf bzw. die Einbringung der Anteile der B-GmbH sei nicht im Rahmen einer Geschäftsveräußerung erfolgt. Die Erwerberin sei nicht in die Mietverträge eingetreten, die bei der Klägerin die umsatzsteuerrechtliche Organschaft begründet hätten.

 

 

5

Das Finanzgericht (FG) Nürnberg wies die Klage mit seinem in EFG 2018, 1833 veröffentlichten Urteil vom 2.5.2018 - 2 K 309/16 = SIS 18 16 48 ab. Das FG ließ offen, ob die vorgelegten Rechnungen den Erfordernissen des § 14 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) entsprechen. Der Vorsteuerabzug aus den Beratungsleistungen sei nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Die Veräußerung der Anteile an der B-GmbH falle als wirtschaftliche Tätigkeit grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer, sei also im Rahmen des Unternehmens der Klägerin erfolgt. Zum einen sei das Halten der Anteile an der B-GmbH mit steuerpflichtigen Leistungen an diese verbunden gewesen (Vermietung der Betriebsgrundstücke) und zum anderen habe es sich bei der B-GmbH um eine Organgesellschaft der Klägerin gehandelt. Die Veräußerung sei daher steuerbar, aber nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei. Anteil an einer Gesellschaft in diesem Sinne sei auch ein GmbH-Anteil. Ein Fall des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b UStG liege nicht vor. Die Veräußerung der Anteile stehe auch nicht deswegen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen, weil es sich um eine Geschäftsveräußerung gehandelt habe. Ob das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.01.2011 - V R 38/09 (BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16) tatsächlich so zu verstehen sei, dass die Veräußerung sämtlicher Anteile an einer Kapitalgesellschaft in jedem Fall zu einer Geschäftsveräußerung führe, könne offen bleiben. Die Urteilsgründe trügen den Leitsatz 2 nicht, da der BFH über einen Fall zu entscheiden hatte, in dem nicht alle Anteile veräußert wurden; dementsprechend habe er nur darüber entschieden. Jedenfalls sei dieses Urteil durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) X vom 30.05.2013 - C-651/11 (EU:C:2013:346, UR 2013, 582 = SIS 13 17 64) überholt. In diesem Urteil habe der EuGH wesentliche Einschränkungen gegenüber dem EuGH-Urteil SKF vom 29.10.2009 - C-29/08 (EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71) formuliert, auf welches sich der BFH in dem Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16 maßgeblich gestützt habe.

 

 

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16 liege eine Geschäftsveräußerung vor. Dieses sei durch das EuGH-Urteil X (EU:C:2013:346, UR 2013, 582 = SIS 13 17 64) nicht überholt. Der BFH habe für eine Geschäftsveräußerung nicht verlangt, dass andere Vermögenswerte mit übertragen werden oder der Erwerber in die bestehenden Leistungsbeziehungen eintritt. Die Erwerberin habe beabsichtigt, die B-GmbH auf sich zu verschmelzen, und sich dies im Kaufvertrag vorbehalten. Außerdem sei ein Ergebnisabführungsvertrag geschlossen worden. Die Erwerberin erbringe gegenüber der B-GmbH entgeltliche Beratungsleistungen. Die B-GmbH sei finanziell und wirtschaftlich in die Erwerberin eingegliedert. Die organisatorische Eingliederung liege vor, auch wenn dies von der Finanzverwaltung mangels Personenidentität in der Geschäftsführung anders beurteilt werde. Dies sei indes vorliegend irrelevant. Außerdem sei gemäß dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11.12.2013 (BStBl I 2013, 1625 = SIS 13 33 28) Vertrauensschutz zu gewähren.

 

 

7

Dass die Betriebsgrundstücke nicht mitveräußert wurden, sei unschädlich, da sich die Erwerberin im Unternehmenskaufvertrag die langfristige Vermietung dieser Grundstücke an die B-GmbH gesichert habe.

 

 

8

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 4.2.2016 und den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom 25.6.2014 ersatzlos aufzuheben.

 

 

9

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

10

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob zwischen der Erwerberin und der B-GmbH eine Organschaft besteht, aufgrund derer die Erwerberin die bisherige unternehmerische Tätigkeit der Klägerin unverändert fortgeführt haben könnte und die GmbH-Anteile ein hierfür ausreichendes Teilvermögen sein könnten.

 

 

11

1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer u.a. die gesetzlich geschuldete Steuer für sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist u.a. die Steuer für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).

 

 

12

2. Diese Vorschriften setzten im Streitjahr Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in nationales Recht um (früher: Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern), wonach der Steuerpflichtige u.a. berechtigt ist, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen erbracht wurden oder werden, abzuziehen, soweit die Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. § 15 Abs. 1 und 2 UStG sind deshalb (trotz ihres begrifflich „umgekehrten“ Ansatzes) richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 8.3.2001 - V R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430 = SIS 01 06 76, unter II., Rz 13; vom 16.5.2002 - V R 56/00, BFHE 199, 37, BStBl II 2006, 725 = SIS 02 84 85, unter II.2.a, Rz 21; BFH-Beschlüsse vom 20.2.2013 - XI R 26/10, BFHE 240, 432, BStBl II 2013, 464 = SIS 13 11 15, Rz 26; vom 13.3.2019 - XI R 28/17, BFHE 264, 367, BFH/NV 2019, 1034 = SIS 19 09 50, Rz 28).

 

 

13

3. Das FG hat in doppelter Hinsicht zutreffend angenommen, dass die Klägerin Unternehmerin i.S. des § 2 UStG und Steuerpflichtige i.S. des Art. 9 MwStSystRL war, die die Anteile an der B-GmbH in ihrem Unternehmensvermögen gehalten hat. Sie hat auch die streitigen Leistungen bezogen und ist deshalb personell zum Vorsteuerabzug berechtigt.

 

 

14

a) Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Bei richtlinienkonformer Anwendung muss hierfür eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. der Art. 2 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL ausgeübt werden (vgl. BFH-Urteil vom 12.8.2015 - XI R 43/13, BFHE 251, 253, BStBl II 2015, 919 = SIS 15 21 32, Rz 33).

 

 

15

b) Zutreffend hat das FG angenommen, dass die Klägerin in Bezug auf die B-GmbH an sich als geschäftsleitende Holding wirtschaftlich tätig ist; denn die Vermietung eines Gebäudes durch eine Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaft stellt einen „Eingriff in die Verwaltung“ der Tochtergesellschaft dar, der als wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL anzusehen ist, vorausgesetzt, die Vermietung ist - wie im Streitfall - nachhaltig und wird entgeltlich erbracht (vgl. EuGH-Urteil Marle Participations vom 5.7.2018 - C-320/17, EU:C:2018:537, DStR 2018, 1713 = SIS 18 10 12). „Eingriffe einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft“ sind alle Umsätze, die eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen und von der Holding für ihre Tochtergesellschaft erbracht werden (EuGH-Urteil Marle Participations, EU:C:2018:537, DStR 2018, 1713 = SIS 18 10 12, Rz 32). Dies wäre ohne das Vorliegen einer Organschaft der Fall.

 

 

16

c) Ebenso zutreffend hat das FG indes erkannt, dass die Klägerin als Organträgerin der B-GmbH - bis zum Ende der Organschaft mit der B-GmbH durch Wegfall der finanziellen Eingliederung - zusammen mit der B-GmbH als Organgesellschaft eine eigenunternehmerische Tätigkeit (Herstellung von Waren) ausgeübt hat, die weder in der Vermietung des Betriebsgrundstücks noch im Halten der Beteiligung an der B-GmbH bestand (vgl. allgemein BFH-Urteil vom 26.06.2019 - XI R 3/17, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, DStR 2019, 2135 = SIS 19 15 03, Rz 34 ff.). Die Vermietung war in Folge von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG ein nicht steuerbarer Innenumsatz (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26.11.1996 - VII R 49/96, BFH/NV 1997, 537 = SIS 97 20 76, unter 1.b, Rz 16).

 

 

17

d) Zu Recht besteht zwischen den Beteiligten kein Streit darüber, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des FG die Klägerin als Leistungsempfängerin die Eingangsleistungen bezogen hat (vgl. zu diesem Erfordernis bei Anteilsübertragung BFH-Beschluss vom 30.04.2014 - XI R 33/11, BFH/NV 2014, 1239 = SIS 14 19 24, Rz 17 ff., 20 ff.). Dies gilt sowohl für die Beratungsleistungen als auch für die Leistungen der Notarin, die sich auf einen anderen Vertrag als den Kaufvertrag über die GmbH-Anteile bezogen.

 

 

18

4. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG reichen allerdings nicht aus, um zu beurteilen, ob FA und FG den Vorsteuerabzug zutreffend nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG versagt haben, weil die Veräußerung der Anteile an der B-GmbH an die Erwerberin und die Einbringung der Anteile an der B-GmbH in die Erwerberin gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein steuerfreier Umsatz oder als Geschäftsveräußerung nicht steuerbar ist.

 

 

19

a) Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG die Umsätze (und die Vermittlung der Umsätze) von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen. Dies setzt Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL in nationales Recht um, wonach die Mitgliedstaaten die Umsätze (einschließlich der Vermittlung, jedoch mit Ausnahme der Verwahrung und der Verwaltung), die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, von der Mehrwertsteuer befreien.

 

 

20

aa) Bei den Anteilen i.S. des § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG, Art. 135 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL handelt es sich um Papiere, die ein Eigentumsrecht an juristischen Personen begründen, sowie um solche, die ihrer Art nach mit den in dieser Vorschrift speziell genannten Papieren vergleichbar sind (vgl. EuGH-Urteile Granton Advertising vom 12.6.2014 - C-461/12, EU:C:2014:1745, HFR 2014, 756 = SIS 14 16 73, Rz 27; Hedqvist vom 22.10.2015 - C-264/14, EU:C:2015:718, DStR 2015, 2433 = SIS 15 25 74, Rz 54). Dazu gehören insbesondere die Anteile an einer GmbH (Abschn. 4.8.10 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ).

 

 

21

bb) Als Umsatz kommt insoweit die vom FG in den Urteilsgründen angesprochene Veräußerung von Anteilen in Betracht (vgl. BFH-Urteil vom 4.2.2015 - XI R 14/14, BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908 = SIS 15 14 94, Rz 40; EuGH-Urteil SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71, Rz 50), da sie die rechtliche und finanzielle Lage zwischen den Parteien ändert und außerdem geeignet ist, Rechte und Pflichten der Parteien in Bezug auf die Anteile zu begründen, zu ändern oder zum Erlöschen zu bringen (vgl. zu diesem Erfordernis EuGH-Urteile SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71, Rz 48; DTZ Zadelhoff vom 5.7.2012 - C-259/11, EU:C:2012:423, UR 2012, 672 = SIS 12 19 43, Rz 23 f.).

 

 

22

cc) Aber auch die vom FG nicht gesondert angesprochene Einbringung (Sacheinlage) der Anteile in die Erwerberin gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen kommt als Umsatz in Betracht (vgl. allgemein BFH-Urteile vom 13.11.2003 - V R 79/01, BFHE 204, 332, BStBl II 2004, 375 = SIS 04 13 69, unter II.2.c aa, Rz 33 ff.; vom 06.10.2005 - V R 7/04, BFH/NV 2006, 834 = SIS 06 16 08, unter II.b, Rz 15; s.a. BFH-Urteile vom 08.11.1995 - XI R 63/94, BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114 = SIS 96 06 51; vom 15.05.1997 - V R 67/94, BFHE 183, 278, BStBl II 1997, 705 = SIS 97 21 41; BFH-Beschluss vom 27.09.2001 - V R 32/00, BFHE 196, 349, BFH/NV 2002, 143 = SIS 02 01 37, unter III.2., Rz 35 und 36; BFH-Urteil vom 11.11.2015 - V R 8/15, BFHE 252, 468, BFH/NV 2016, 863 = SIS 16 05 33, Rz 20; EuGH-Urteile Polski Trawertyn vom 1.3.2012 - C-280/10, EU:C:2012:107, UR 2012, 366 = SIS 12 11 54, Rz 32; Malburg vom 13.03.2014 - C-204/13, EU:C:2014:147, HFR 2014, 456 = SIS 14 08 07, Rz 35), da auch sie i.S. der unter II.4.b bb genannten Rechtsprechung sowohl die rechtliche und finanzielle Lage der am Geschäft beteiligten Parteien als auch die Rechte und Pflichten in Bezug auf die Anteile ändert.

 

 

23

dd) Auf die Steuerbefreiung kann zwar verzichtet werden (§ 9 Abs. 1 UStG, Art. 137 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL; zur zeitlichen Grenze s. BFH-Urteile vom 19.12.2013 - V R 6/12, BFHE 245, 71, BStBl II 2017, 837 = SIS 14 15 49, Rz 22, 24 f., 31; vom 21.10.2015 - XI R 40/13, BFHE 251, 474, BStBl II 2017, 852 = SIS 15 28 85, Rz 57; Abschn. 9.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE); nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist ein solcher Verzicht aber nicht erfolgt.

 

 

24

ee) Ein Fall, in dem die bezogenen Eingangsleistungen für die Anteilsveräußerung zu den allgemeinen Aufwendungen der Klägerin gehören und - als solche (z.B. indem sie zu den Kostenelementen der Produktpreise der B-GmbH gehören) - Kostenelemente der von ihr mit Hilfe der B-GmbH ansonsten gelieferten Gegenstände (und ggf. erbrachten Dienstleistungen) sind (vgl. dazu EuGH-Urteile SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71, Rz 58 und 62; Sveda vom 22.10.2015 - C-126/14, EU:C:2015:712, UR 2015, 910 = SIS 15 25 71, Rz 28 und 30; C & D Foods Acquisition vom 08.11.2018 - C-502/17, EU:C:2018:888, DStR 2018, 2425 = SIS 18 17 25, Rz 13, 35 und 39; The Chancellor, Masters and Scholars of the University of Cambridge vom 3.7.2019 - C-316/18, EU:C:2019:559, HFR 2019, 734 = SIS 19 09 66, Rz 31 f.; s.a. BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16, Rz 48 und 50), liegt nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht vor, so dass ein Vorsteuerabzug unter diesem Gesichtspunkt ausscheidet.

 

 

25

b) Indes unterliegen Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1a Satz 1 UStG).

 

 

26

aa) Voraussetzung hierfür ist gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird.

 

 

27

bb) Die Vorschrift ist entsprechend Art. 19 MwStSystRL richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 06.07.2016 - XI R 1/15, BFHE 254, 283, BStBl II 2016, 909 = SIS 16 19 53, Rz 29; vom 29.08.2018 - XI R 37/17, BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378 = SIS 18 15 71, Rz 21), wonach die Mitgliedstaaten „die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen“ können.

 

 

28

cc) Der Tatbestand der Geschäftsveräußerung erfasst die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbständigen Unternehmensteilen, die als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann (EuGH-Urteile Zita Modes vom 27.11.2003 - C-497/01, EU:C:2003:644, UR 2004, 19 = SIS 04 01 39, Rz 40; Schriever vom 10.11.2011 - C-444/10, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848 = SIS 11 39 84, Rz 25; SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71, Rz 37; BFH-Urteile vom 18.1.2012 - XI R 27/08, BFHE 235, 571, BStBl II 2012, 842 = SIS 12 06 30, und in BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378 = SIS 18 15 71, Rz 22).

 

 

29

dd) Übertragen werden muss ein Gesamt- oder „Teilvermögen“. Bei Letzterem handelt es sich um einen autonomen unionsrechtlichen Begriff, der eine einheitliche Auslegung finden muss, um eine unterschiedliche Anwendung der Mehrwertsteuerregelung in den Mitgliedstaaten zu verhindern (vgl. EuGH-Urteile Zita Modes, EU:C:2003:644, UR 2004, 19 = SIS 04 01 39, Rz 32 und 34 f., und Schriever, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848 = SIS 11 39 84, Rz 22). Er bezieht sich auf eine Kombination von Bestandteilen eines Unternehmens, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreicht, auch wenn diese Tätigkeit nur Teil eines größeren Unternehmens ist, von dem sie abgespalten wurde (vgl. BFH-Urteile vom 19.12.2012 - XI R 38/10, BFHE 240, 366, BStBl II 2013, 1053 = SIS 13 08 04, Rz 35; in BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908 = SIS 15 14 94, Rz 26; zum Teilbetrieb s. BFH-Beschluss vom 16.11.2009 - V B 37/09, BFH/NV 2010, 450 = SIS 10 05 96, Rz 8). Dies ist aus der Sicht des Erwerbers zu bestimmen (vgl. BFH-Urteile vom 29.08.2012 - XI R 10/12, BFHE 239, 359, BStBl II 2013, 221 = SIS 13 02 71, Rz 27; in BFHE 240, 366, BStBl II 2013, 1053 = SIS 13 08 04, Rz 45). Die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer sind nicht entscheidend (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.2015 - XI R 42/13, BFHE 248, 472, BStBl II 2015, 616 = SIS 15 08 54, Rz 20). Beim Veräußerer für die Tätigkeit notwendige Gegenstände, über die der Erwerber bereits selbst verfügt, müssen deshalb z.B. nicht mitübertragen werden (vgl. EuGH-Urteil Schriever, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848 = SIS 11 39 84, Rz 29; BFH-Urteile in BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378 = SIS 18 15 71, Rz 35, 38; in DStR 2019, 2135 = SIS 19 15 03).

 

 

30

ee) Der Erwerber muss außerdem beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben; nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit (EuGH-Urteil Zita Modes, EU:C:2003:644, UR 2004, 19 = SIS 04 01 39, Rz 44; BFH-Urteile vom 30.04.2009 - V R 4/07, BFHE 226, 138, BStBl II 2009, 863 = SIS 09 26 37, unter II.2.a, Rz 25; vom 18.09.2008 - V R 21/07, BFHE 222, 170, BStBl II 2009, 254 = SIS 08 43 34, unter II.1.a, Rz 20). Der Erwerber darf aber den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb z.B. aus betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen in seinem Zuschnitt ändern oder modernisieren (vgl. BFH-Urteile vom 23.08.2007 - V R 14/05, BFHE 219, 229, BStBl II 2008, 165 = SIS 08 05 56, unter II.1.b, Rz 31; in BFHE 239, 359, BStBl II 2013, 221 = SIS 13 02 71, Rz 22).

 

 

31

ff) Ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln, ist von den nationalen Gerichten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16, Rz 53) im Rahmen einer Gesamtwürdigung (vgl. BFH-Urteile vom 05.06.2014 - V R 10/13, BFH/NV 2014, 1600 = SIS 14 24 81, Rz 10; in BFHE 250, 240, BStBl II 2015, 908 = SIS 15 14 94, Rz 27) zu entscheiden. Dabei ist der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, besondere Bedeutung beizumessen (vgl. EuGH-Urteil Schriever, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848 = SIS 11 39 84, Rz 32; BFH-Urteil vom 12.08.2015 - XI R 16/14, BFHE 251, 275, BFH/NV 2016, 346 = SIS 15 28 84, Rz 25). Die vom FG als Tatsacheninstanz vorzunehmende Gesamtwürdigung ist nur in den Grenzen des § 118 Abs. 2 FGO überprüfbar (vgl. BFH-Urteile vom 3.7.2014 - V R 12/13, BFH/NV 2014, 1603 = SIS 14 24 83, Rz 15; in BFHE 251, 275, BFH/NV 2016, 346 = SIS 15 28 84, Rz 32).

 

 

32

c) Zur Geschäftsveräußerung bei Veräußerung von Anteilen hat der EuGH im Urteil SKF (EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71, Leitsätze 1 und 4) entschieden, dass die Veräußerung sämtlicher Aktien an einer zu 100 % gehaltenen Tochtergesellschaft sowie einer verbleibenden Beteiligung an einer beherrschten Gesellschaft, an der sie früher zu 100 % beteiligt war, eine Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens sein kann. Der Umstand, dass sich die Aktienveräußerung in mehreren Schritten vollzieht, lässt diese Feststellungen unberührt. Die Überprüfung, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, hat der EuGH dem nationalen Gericht überlassen (vgl. EuGH-Urteil SKF, EU:C:2009:665, BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71, Rz 38 ff.).

 

 

33

d) Der BFH hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 29.10.1987 - X R 33, 34/81, BFHE 151, 237, BStBl II 1988, 92 = SIS 88 02 57) ausgeführt, dass die Übertragung von Gesellschaftsanteilen eine Geschäftsveräußerung hinsichtlich des Unternehmensvermögens der Gesellschaft, an der die Anteile bestehen, begründet, wenn alle Anteile an der Gesellschaft übertragen werden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16, Leitsatz 2). Tragend entschieden hat der BFH, dass dies bei einer Veräußerung von 99 % der Anteile nicht der Fall ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16, Rz 22).

 

 

34

e) Bestätigt wird diese Sichtweise durch das EuGH-Urteil X (EU:C:2013:346, UR 2013, 582 = SIS 13 17 64, Leitsatz): Danach kann die Veräußerung von 30 % der Anteile an einer Gesellschaft, für die der Veräußerer mehrwertsteuerpflichtige Dienstleistungen erbringt, falls sie überhaupt in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fällt (vgl. zur Abgrenzung EuGH-Urteil C & D Foods Acquisition, EU:C:2018:888, DStR 2018, 2425 = SIS 18 17 25), keine Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens bei der Lieferung von Gegenständen oder bei Dienstleistungen i.S. dieser Bestimmungen sein; dies gilt unabhängig davon, ob die anderen Anteilseigner die übrigen Anteile an dieser Gesellschaft praktisch gleichzeitig an dieselbe Person übertragen oder diese Übertragung in engem Zusammenhang mit den für diese Gesellschaft ausgeübten Managementtätigkeiten steht. Zur Begründung hat der EuGH ausgeführt, dass die Inhaberschaft von Anteilen an einem Unternehmen im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieses Unternehmens nicht hinreicht, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführen zu können (EuGH-Urteil X, EU:C:2013:346, UR 2013, 582 = SIS 13 17 64, Rz 35), und eine bloße Veräußerung von Anteilen ohne gleichzeitige Übertragung von Vermögenswerten den Erwerber nicht in die Lage versetzt, eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit als Rechtsnachfolger des Veräußerers fortzuführen.

 

 

35

f) Anders ist es aber nach der Rechtsprechung des EuGH, wenn die Beteiligung mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht, an der die Beteiligung erworben worden ist, sofern die Eingriffe die Durchführung von Transaktionen einschließen, die der Mehrwertsteuer unterliegen (EuGH-Urteil X, EU:C:2013:346, UR 2013, 582 = SIS 13 17 64, Rz 37). Der Gesellschaftsanteil muss Teil einer eigenständigen Einheit sein, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit muss vom Erwerber fortgeführt werden (EuGH-Urteil X, EU:C:2013:346, UR 2013, 582 = SIS 13 17 64, Rz 38).

 

 

36

g) Nach diesen Grundsätzen hält das Urteil des FG einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

 

 

37

aa) Zwar ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass nach der neueren Rechtsprechung des EuGH - sofern keine Organschaft vorliegt - die Inhaberschaft von Anteilen an einem Unternehmen (im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieses Unternehmens) an sich nicht hinreicht, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführen zu können.

 

 

38

(1) Eine Geschäftsveräußerung scheidet bei isolierter Betrachtung der Veräußerung der Anteile aufgrund der Ausführungen unter II.4.e an sich aus, weil eine Beteiligung an einem Unternehmen kein „hinreichendes Ganzes“ i.S. eines Teilvermögens ist. Soweit dem BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16 dem widersprechende Ausführungen zu entnehmen sein könnten, wären diese Ausführungen aus Sicht des erkennenden Senats insoweit durch die spätere Rechtsprechung des EuGH überholt (vgl. auch Wäger in Birkenfeld/Wäger, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Aktuell Berichtszeitraum IV. Quartal 2018, Rz 105; ders., UR 2014, 81, 85 f.).

 

 

39

(2) Zu einem anderen Ergebnis führt nicht, dass man in einer Beteiligungsveräußerung bei Beendigung der Organschaft umsatzsteuerrechtlich eine Übertragung der zuvor dem Organträger zuzurechnenden Wirtschaftsgüter sehen könnte (Wäger in Birkenfeld/Wäger, a.a.O., Aktuell Berichtszeitraum IV. Quartal 2018, Rz 105). Denn selbst wenn man annähme, dass Gegenstand des Vertrags der Klägerin mit der Erwerberin eine Übertragung der zuvor dem Organträger zuzurechnenden Wirtschaftsgüter wäre, würde die Erwerberin (ohne das Vorliegen einer Organschaft) das Produktionsunternehmen der Klägerin nicht fortführen. Die Fortführung würde durch einen Dritten (die B-GmbH) erfolgen.

 

 

40

(3) Der Senat weicht mit dieser Beurteilung nicht in entscheidungserheblicher Weise vom BFH-Urteil in BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68 = SIS 11 06 16 ab; denn die dortigen Ausführungen für den Fall einer (dort nicht vorliegenden) 100 %-Beteiligung waren nicht tragend (vgl. zur fehlenden Anfragepflicht gemäß § 11 FGO in einem solchen Fall BFH-Urteile vom 21.2.2013 - V R 27/11, BFHE 240, 487, BStBl II 2013, 529 = SIS 13 14 72, Rz 37; vom 28.8.2014 - V R 22/14, BFH/NV 2015, 17 = SIS 14 32 55, Rz 21). Tragend im dortigen Fall sind nur die Ausführungen zu einer (dort vorliegenden) 99 %-Beteiligung, die der vorliegenden Beurteilung nicht widersprechen. Für diese hat der V. Senat des BFH das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung verneint.

 

 

41

(4) Soweit sich die Klägerin auf Vertrauensschutz berufen hat, liegt kein Fall des § 176 AO (vgl. dazu BFH-Urteil in DStR 2019, 2135 = SIS 19 15 03) vor, da das EuGH-Urteil X vom 30.5.2013 (EU:C:2013:346, UR 2013, 582 = SIS 13 17 64) und die erstmalige Steueranmeldung für das Streitjahr vom 17.07.2013 stammen. Die Berufung der Klägerin auf eine Übergangsregelung der Finanzverwaltung (hier: das BMF-Schreiben in BStBl I 2013, 1625 = SIS 13 33 28, vorletzter Absatz) ist im Festsetzungsverfahren nicht möglich (vgl. BFH-Beschluss vom 11.2.2014 - V B 103/13, BFH/NV 2014, 739 = SIS 14 11 17).

 

 

42

bb) Allerdings hat das FG zu Unrecht ungeprüft gelassen, ob zwischen der Erwerberin und der B-GmbH eine Organschaft besteht (vgl. allgemein zu dieser Möglichkeit BFH-Urteil vom 3.12.2015 - V R 36/13, BFHE 251, 556, BStBl II 2017, 563 = SIS 16 00 92, Rz 27 und 28).

 

 

43

(1) Aufgrund der Organschaft bestand die unternehmerische Tätigkeit der Organträgerin gemäß den Ausführungen unter II.3.c nicht im Halten der Beteiligung, sondern in einer eigenunternehmerischen Tätigkeit (Herstellung von Waren).

 

 

44

(2) Deshalb steht auch die unter II.4.e und II.4.f genannte Rechtsprechung, die Nicht-Organschafts-Fälle betrifft, der Annahme einer Geschäftsveräußerung im Falle einer Organschaft nicht entgegen, wenn die Erwerberin diese Tätigkeit unverändert fortführt.

 

 

45

(3) Läge eine Organschaft vor, könnte die Beteiligung an der B-GmbH ein Teilvermögen sein; denn nach der unter II.4.b cc genannten Rechtsprechung dürfen beim Veräußerer notwendige Gegenstände vom Erwerber angemietet und müssen deshalb z.B. nicht mitübertragen werden (vgl. EuGH-Urteil Schriever, EU:C:2011:724, BStBl II 2012, 848 = SIS 11 39 84, Rz 29; BFH-Urteil in BFHE 262, 286, BStBl II 2019, 378 = SIS 18 15 71, Rz 35). Dies wäre hier in Bezug auf die Betriebsgrundstücke der Fall, falls auch ohne deren Übertragung eine neue Organschaft besteht, weil dann umsatzsteuerrechtlich Leistungsempfängerin der Vermietungsleistung der Klägerin die Erwerberin wäre. Wenn die Voraussetzungen der Organschaft aufgrund der bei der Erwerberin vorhandenen und von der Klägerin hinzu erworbenen Gegenstände (Anteile an der B-GmbH) vorhanden wären (vgl. dazu auch BFH-Urteil in DStR 2019, 2135 = SIS 19 15 03), wäre die Beteiligung an der Organgesellschaft aufgrund der unter II.4.b dd genannten Rechtsprechung ein hinreichendes Ganzes, mit der die Organträgerin die bisherige eigenunternehmerische Tätigkeit fortführen könnte.

 

 

46

(4) Dies zeigt auch der Vergleich mit der (für eine eigenunternehmerische Tätigkeit in Form der Herstellung von Waren ebenfalls erforderlichen) organisatorischen Eingliederung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG (bzw. den i.S. des Art. 11 Abs. 1 MwStSystRL genannten gegenseitigen organisatorischen Beziehungen): Insofern wird - soweit ersichtlich - nicht verlangt, dass für eine Geschäftsveräußerung die insoweit bestehenden Rechtsverhältnisse mit „übertragen“ werden. Dies wird oftmals auch praktisch unmöglich sein, so dass eine Geschäftsveräußerung insoweit von vornherein ausgeschlossen wäre, falls man deren Übertragung verlangen würde. Für die die wirtschaftliche Eingliederung (bzw. die gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen) begründenden Rechtsverhältnisse kann nichts anderes gelten. Auch die wirtschaftliche Eingliederung kann sich aus Leistungen des Organträgers ergeben, die im Rahmen der Veräußerung nicht auf die Erwerberin der Anteile übertragen werden können, wie z.B. Beratungsleistungen eines Angehörigen einer bestimmten Berufsgruppe.

 

 

47

5. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, die es ermöglichen würden zu beurteilen, ob zwischen der Erwerberin und der B-GmbH eine Organschaft besteht. Die Sache geht daher zur Nachholung der hierfür erforderlichen Feststellungen an das FG zurück. Ggf. wird das FG der offen gelassenen Frage nachgehen müssen, ob mit den Rechnungen das Recht auf Vorsteuerabzug im Streitjahr ausgeübt werden darf.

 

 

48

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.