1
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I. Streitig ist die
Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuer-Änderungsbescheids
1991 vom 9.6.2005, mit dem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt IV - FA - ) den der M-G-GmbH in 1991 gewährten
Vorsteuerabzug rückgängig macht.
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2
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine Holdinggesellschaft in
der Rechtsform einer KG, ist Gesamtrechtsnachfolgerin der M-G-GmbH,
die durch Verschmelzung auf die Klägerin mit der
Handelsregistereintragung am 8.9.2003 erloschen ist. Bereits seit
Februar 1995 war die M-G-GmbH finanziell, wirtschaftlich und
organisatorisch in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert,
wobei einer der Mitgeschäftsführer der
Komplementärin der Klägerin seit dem 1.7.2000 zugleich
einer der Geschäftsführer der M-G-GmbH war. Zum
Organkreis der Klägerin gehörte auch die D-GmbH als
Rechtsnachfolgerin der M-GmbH. Von dieser Gesellschaft (M-GmbH)
erwarb die M-G-GmbH Ende Dezember 1991 ein mit einem Hotel bebautes
Grundstück.
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Die M-GmbH verzichtete auf die
Steuerfreiheit des Umsatzes und wies in der Rechnung vom 31.12.1991
gesondert Umsatzsteuer in Höhe von 18.838.830,07 DM aus. Diese
machte die M-G-GmbH in ihrer am 21.12.1992 beim seinerzeit
zuständigen Finanzamt (FA II) eingegangenen
Umsatzsteuererklärung für 1991 als Vorsteuer geltend.
Unter dem 16.3.1993 stimmte das FA II zu und teilte mit, dass
erklärungsgemäß ein Umsatzsteuerüberschuss in
Höhe von 18.837.340,10 DM festgesetzt worden sei.
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Eine bei der M-G-GmbH im September 1995
angeordnete und im Dezember 1996 begonnene Außenprüfung
betreffend die Umsatzsteuer 1991 führte zu keiner
Änderung der erklärten Besteuerungsgrundlagen. Die
M-G-GmbH erhielt daher im Januar 2000 eine Mitteilung
gemäß § 202 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung
(AO).
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Am 23.12.1997 trafen die D-GmbH als
Rechtsnachfolgerin der M-GmbH und die M-G-GmbH eine Vereinbarung
über den Widerruf des Verzichts auf die Umsatzsteuerfreiheit
der Grundstücksveräußerung. Hierauf erteilte die
D-GmbH der M-G-GmbH noch am selben Tage eine Rechnung ohne
gesonderten Umsatzsteuerausweis. Die Klägerin ging davon aus,
dass der Widerruf zu einer ihr als Organträgerin
zuzurechnenden Kürzung des Vorsteuerabzugs der M-G-GmbH in
1997 führe und berücksichtigte diese in der am 10.12.1998
beim FA eingegangenen - nicht zustimmungsbedürftigen -
Umsatzsteuererklärung für 1997.
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Im Rahmen einer im Jahr 2002 begonnenen
Außenprüfung für die Jahre 1996 bis 1999 reichte
die Klägerin am 16.3.2004 eine geänderte
Umsatzsteuererklärung für 1997 ein und begehrte unter
Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1.2.2001 V R
23/00 (BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673 = SIS 01 07 75) die
Erhöhung der Vorsteuer um den zuvor korrigierten Betrag. Nach
dieser Entscheidung sei die Vorsteuerkorrektur wegen der
Rücknahme des Verzichts auf die Steuerfreiheit des
Grundstücksgeschäfts nicht im Jahre der Rücknahme
(1997), sondern im Jahr des Leistungsbezugs (1991)
vorzunehmen.
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Das FA erließ daraufhin
gegenüber der Klägerin unter dem 20.1.2005 einen
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 1997 und setzte die
Umsatzsteuer entsprechend der geänderten
Umsatzsteuererklärung 1997 herab. Außerdem erließ
das FA am 9.6.2005 einen auf § 174 AO gestützten
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 1991 gegenüber
der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der M-G-GmbH und minderte
den Vorsteuerabzug um 18.838.380,07 DM.
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Der hiergegen gerichtete Einspruch vom
24.6.2005 ist bisher noch nicht beschieden worden. Als Grund
hierfür teilte das FA mit, dass das Rechtsbehelfsverfahren bis
zur endgültigen außergerichtlichen oder gerichtlichen
Entscheidung über den Einspruch einer weiteren
Organgesellschaft der Klägerin zurückgestellt
werde.
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Die am 29.5.2007 erhobene Klage blieb ohne
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem in EFG 2012,
800 = SIS 12 08 42 veröffentlichten Urteil aus, die Klage sei
als Untätigkeitsklage zulässig, aber unbegründet.
Das FA habe die Umsatzsteuerfestsetzung 1991 zu Recht
gemäß § 174 Abs. 4 Satz 1 AO geändert. Zwar
sei spätestens mit Ablauf des 30.6.2000
Festsetzungsverjährung eingetreten, allerdings lägen die
Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO vor. Die M-G-GmbH
sei nicht als Dritte i.S. von § 174 Abs. 5 AO anzusehen, da
sie zum Zeitpunkt der Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung
1997 am 20.1.2005 und der Änderung der Umsatzsteuer 1991 am
9.6.2005 bereits auf die Klägerin verschmolzen gewesen
sei.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
der Revision und rügt Verletzung materiellen Rechts. Bei
Erlass des angegriffenen Bescheides sei die Festsetzungsfrist
für die Umsatzsteuer 1991 bereits abgelaufen gewesen. Eine
Änderung könne nicht auf § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3
AO gestützt werden. Es komme der in § 174 Abs. 5 AO
verkörperte Drittschutzgedanke zum Tragen, da im Zeitpunkt der
Gesamtrechtsnachfolge bereits Festsetzungsverjährung
eingetreten sei. Darüber hinaus setzten § 174 Abs. 3 und
4 AO voraus, dass es sich bei dem zu korrigierenden und dem
korrekturauslösenden Bescheid um materiell
bestandskräftige, endgültige Bescheide handele. Eine
Umsatzsteuererklärung, die lediglich einem Steuerbescheid
unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehe, genüge
diesen Anforderungen nicht. Zudem fehle es an einer irrigen
Beurteilung durch die Finanzbehörde. Außerdem gebe es
keinen Bescheid, in dem der Sachverhalt erkennbar
berücksichtigt worden sei; eine unterlassene Änderung
eines Bescheides könne dem nicht gleichgestellt werden.
Schließlich sei § 174 Abs. 3 AO nur anwendbar, wenn eine
spätere Berücksichtigung des Sachverhalts erfolgen solle.
Im vorliegenden Fall handele es sich aber um eine gleichzeitige
Berücksichtigung, da das FA im selben Moment zwischen zwei
verschiedenen Veranlagungszeiträumen habe wählen
müssen.
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Als Rechtsnachfolgerin der M-G-GmbH
müsse sie sich nicht die Kenntnisse als vormaliger
Organträger zurechnen lassen. Die mit der Organschaft
verbundene Eingliederung ändere nichts an der
verfahrensrechtlichen Selbständigkeit beider Rechtspersonen.
Auf die Kenntnis einer anderen Rechtsperson könne es ebenso
wenig ankommen wie auf Kenntnisse, die der
Geschäftsführer der Organgesellschaft in seiner
Eigenschaft als Geschäftsführer des Organträgers
gewonnen habe.
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Die Klägerin beantragt, das
angefochtene Urteil und den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid
für 1991 vom 9.6.2005 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Es schließt sich im Wesentlichen den
Ausführungen des FG an.
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II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Rücknahme der Option
vom 23.12.1997 führte zum Verlust des der M-G-GmbH in 1991
gewährten Vorsteuerabzugs und das FA war berechtigt, den
Verlust des Vorsteuerabzugs durch den
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1991 vom 9.6.2005 geltend zu
machen, da die Voraussetzungen einer Änderung nach § 174
Abs. 4 und 5 AO vorliegen.
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1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 des
Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG),
konnte der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG
von anderen Unternehmern gesondert ausgewiesene Steuer für
Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern
für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als
Vorsteuern abziehen.
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Der Vorsteuerabzug setzt ferner voraus, dass
eine Steuer für den berechneten Umsatz geschuldet wird (Urteil
des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13.12.1989 Rs.
C-342/87, Genius Holding, Slg. 1989, 4227, 4242; BFH-Urteil vom
2.4.1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695 = SIS 98 17 31). Macht der leistende Unternehmer den Verzicht auf die
Steuerbefreiung rückgängig, wird der Umsatz
rückwirkend wieder steuerfrei, sodass eine Steuer für den
berechneten Umsatz nicht mehr geschuldet wird. Der Erwerber
verliert dann den Vorsteuerabzug rückwirkend im Jahr des
Leistungsbezugs und nicht erst im Zeitpunkt der
Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung
(BFH-Urteil in BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673 = SIS 01 07 75 Rz
25). Der rückwirkende Verlust des Vorsteuerabzugs durch die
Rücknahme des Verzichts setzt allerdings voraus, dass die
Rücknahme in formaler und zeitlicher Hinsicht wirksam war:
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a) Hatte der Unternehmer auf die
Steuerfreiheit des Umsatzes dadurch verzichtet, dass er dem
Leistungsempfänger den Umsatz unter gesondertem Ausweis der
Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hatte, kann er den Verzicht nur
dadurch rückgängig machen, dass er dem
Leistungsempfänger eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuer
erteilt (BFH-Urteil in BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673 = SIS 01 07 75 Rz 20).
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Im Streitfall ist der Verzicht durch
Übersenden einer neuen Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis am
23.12.1997 formal zutreffend rückgängig gemacht
worden.
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20
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b) Die Rücknahme des Verzichts war auch
in zeitlicher Hinsicht wirksam. Der Verzicht auf Steuerbefreiungen
nach § 9 UStG kann zurückgenommen werden, solange die
Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung
anfechtbar oder aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung
gemäß § 164 AO noch änderbar ist. Soweit die
bisherige Senatsrechtsprechung dahingehend verstanden werden
konnte, dass die Rücknahme des Verzichts nur bis zur formellen
Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzung des Leistenden
zulässig ist, hält der Senat daran nicht fest
(Klarstellung der Rechtsprechung).
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21
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aa) Nach allgemeiner Ansicht kann der Verzicht
auf die Steuerbefreiung wieder rückgängig gemacht werden
(vgl. BFH-Urteile vom 25.1.1979 V R 53/72, BFHE 127, 238, BStBl II
1979, 394 = SIS 79 01 94; vom 25.2.1993 V R 78/88, BFHE 171, 369,
BStBl II 1993, 777 = SIS 93 16 52, und vom 11.8.1994 XI R 57/93,
BFH/NV 1995, 170).
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bb) Umstritten ist dagegen, ob dies nur bis
zum Zeitpunkt der formellen Unanfechtbarkeit der
Umsatzsteuerfestsetzung des Jahres der Leistungserbringung oder
darüber hinaus noch möglich ist, solange die
entsprechende Steuerfestsetzung nach § 164 AO änderbar
ist. Der Verzicht und sein Rückgängigmachen als actus
contrarius sind mit Blick auf die zeitlichen Grenzen ihres
Ausübens gleich zu behandeln (vgl. BFH-Urteil vom 28.11.2002 V
R 54/00, BFHE 200, 38, BStBl II 2003, 175 = SIS 03 10 94, unter
II.2.b).
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Die Begrenzung des Verzichts oder seiner
Rücknahme auf die formelle Bestandskraft sorgt zwar für
Rechtssicherheit und frühzeitig klare Verhältnisse,
begrenzt den Steuerpflichtigen aber
unverhältnismäßig in der Ausübung seines
Wahlrechts. Eine derartig enge Eingrenzung ist grundsätzlich
nur dann zulässig, wenn sie im Gesetz vorgesehen ist, wie in
§ 19 Abs. 2 Satz 1 UStG für die Option des
Kleinunternehmers zur Regelbesteuerung oder in § 23 Abs. 3
Satz 1 UStG für die Option zur Besteuerung nach
Durchschnittssätzen. In beiden Fällen muss bis zur
Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4
UStG) und damit innerhalb der formellen Bestandskraft widerrufen
werden. Da § 9 UStG eine derartige Regelung nicht enthält
und der Normzweck auch keine solche Einschränkung erfordert,
ist der Unternehmer nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats
berechtigt, den Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG
und dessen Rücknahme solange geltend zu machen, wie die
Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung
anfechtbar oder aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung
gemäß § 164 AO noch änderbar ist:
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(1) Nach dem Senatsurteil in BFHE 185, 536,
BStBl II 1998, 695 = SIS 98 17 31 (Leitsatz 2), kann auf die
Steuerbefreiung einer Grundstückslieferung nach Bestandskraft
der Steuerfestsetzung für den Besteuerungszeitraum der
Lieferung nicht mehr durch Ausgabe einer Rechnung mit gesondertem
Steuerausweis verzichtet werden. Der Begriff der
„Bestandskraft“ ist dabei in einem materiellen
Sinne zu verstehen. Denn der erkennende Senat hat seine
Entscheidung ausdrücklich damit begründet, dass die
Wirksamkeit des Verzichts davon abhängt, dass es der
Finanzbehörde möglich ist, die Steuer für den Umsatz
festzusetzen, und dass ein „wirksamer Verzicht i.S. von
§ 9 Abs. 1 UStG 1980... daher nicht vor[liegt], wenn ein
Unternehmer eine Grundstückslieferung als steuerpflichtig
behandelt, nachdem die Steuerfestsetzung für den
Besteuerungszeitraum der Lieferung unabänderbar geworden ist.
Die Behandlung eines steuerfreien Umsatzes als steuerpflichtig
setzt voraus, dass die Steuerpflicht (und der dadurch
begründete Steueranspruch) durch Steuerfestsetzung noch
verwirklicht werden kann“ (BFH-Urteil in BFHE 185, 536,
BStBl II 1998, 695 = SIS 98 17 31, unter II.4.a).
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25
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Dementsprechend hat der erkennende Senat
darauf abgestellt, dass die Steuerfestsetzung für das
Kalenderjahr der Lieferung, die erst nachträglich - aufgrund
des erst später erklärten Verzichts - aber mit
Rückwirkung steuerpflichtig ist, nach den Vorschriften der AO
noch änderbar ist. Dabei hat der Senat eine Änderbarkeit
nach § 173 AO und § 175 AO verneint, sodass für die
Änderbarkeit auf das Bestehen eines Vorbehalts der
Nachprüfung gemäß § 164 AO abzustellen ist,
während die Frage der formellen Bestandskraft, die bereits mit
Ablauf der Rechtsbehelfsfrist eintritt, unerheblich ist.
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Der erkennende Senat hat hieran in der
Folgezeit festgehalten. Im Urteil in BFHE 200, 38, BStBl II 2003,
175 = SIS 03 10 94 (unter II.2.b) hat der Senat ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass der Unternehmer den Verzicht zeitlich
begrenzt bis zum Ende der Änderbarkeit nach § 164 Abs. 2
AO erklären kann.
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(2) Gegenteiliges ergibt sich nicht aus dem
Senatsurteil in BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673 = SIS 01 07 75.
Danach kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung eines Umsatzes
gemäß § 9 UStG „jedenfalls“ bis
zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung rückgängig
gemacht werden, wobei aber in diesem Verfahren die Frage, bis zu
welchem Zeitpunkt der Verzicht auf die Steuerbefreiung
rückgängig gemacht werden kann, nicht
entscheidungserheblich war (Senatsurteil in BFHE 194, 493, BStBl II
2003, 673 = SIS 01 07 75).
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Auch aus dem Senatsurteil vom 6.10.2005 V R
8/04 (BFH/NV 2006, 835 = SIS 06 16 09), nach dem der Widerruf des
Verzichts beim Leistungsempfänger zum Verlust des
Vorsteuerabzugs für das Jahr des Leistungsbezugs, nicht aber
zum Verlust des Vorsteuerabzugs für das Jahr der
Widerrufserklärung führt, folgt keine abweichende
Beurteilung der Rechtsfrage.
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(3) Gegen die Ausübung des Verzichts und
der Rücknahme des Verzichts in den Grenzen der
Änderbarkeit nach § 164 AO spricht nicht, dass der
Unternehmer bei der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG
an ein sachgerechtes Aufteilungsverfahren ab dem Zeitpunkt der
formellen Bestandskraft der Umsatzsteuer-Jahresfestsetzung für
das Jahr des Leistungsbezugs gebunden ist (Senatsurteil vom
2.3.2006 V R 49/05, BFHE 213, 249, BStBl II 2006, 729 = SIS 06 35 36, Leitsatz). Diese zeitliche Beschränkung beruht auf den
Besonderheiten des Vorsteuerabzugs, die eine sog.
„Sofortentscheidung“ auch über den
„Umfang des Vorsteuerabzugs“ erforderlich machen
(Senatsurteil in BFHE 213, 249, BStBl II 2006, 729 = SIS 06 35 36,
unter II.2.a und b). Dieser Umstand ist jedoch für die Frage
der Ausübung von Verzicht und Widerruf des Verzichts nicht
erheblich. Denn der nachträgliche Verzicht ist auch dann von
Bedeutung, wenn der Unternehmer seine
Grundstücksübertragung zunächst als nichtsteuerbare
Geschäftsveräußerung i.S. von § 1 Abs. 1a UStG
ansieht, sich diese Annahme aber als unzutreffend herausstellt und
es ohne nachträglichen Verzicht zu einer Vorsteuerberichtigung
nach § 15a UStG kommen könnte.
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(4) Mit dieser Rechtsprechung weicht der
erkennende Senat nicht von der Rechtsprechung des XI. Senats des
BFH ab. Dieser ist zwar im Urteil vom 10.12.2008 XI R 1/08 (BFHE
223, 528, BStBl II 2009, 1026 = SIS 09 06 80, unter II.3.c bb (2))
davon ausgegangen, dass „eine Bindungswirkung an die
Option zur Steuerpflicht ab dem Eintritt der formellen
Bestandskraft der jeweiligen Steuerfestsetzung“ bestehe.
Dabei handelt es sich aber um ein nicht bindendes obiter dictum, da
es in dem vom XI. Senat entschiedenen Streitfall um die Frage eines
rückwirkenden Wechsels von der Besteuerung nach vereinnahmten
Entgelten (§ 20 UStG) und damit um einen anderen Sachverhalt
ging.
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Soweit die Finanzverwaltung aus diesem Urteil
folgert, dass sowohl die Erklärung zur Option nach § 9
UStG als auch ihr Widerruf nur bis zur formellen Bestandskraft der
jeweiligen Jahressteuerfestsetzung zulässig sind (Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen vom 1.10.2010 IV D 3-S 7198/09/
10002, 2010/0760001 = SIS 10 32 90; nunmehr Abschn. 9.1. Abs. 3
Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses; anders bis zum
1.10.2010 Abschn. 148 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 -
UStR 2008 - ) folgt der erkennende Senat dem nicht.
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32
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(5) Im Streitfall erfolgte die Rücknahme
der Option noch im Rahmen der zeitlichen Änderungsgrenze.
Dabei geht der Senat davon aus, dass die Umsatzsteuerfestsetzung
1991 der Leistenden (M-GmbH), selbst wenn diese ihre
Umsatzsteuererklärung 1991 bereits im Laufe des Jahres 1992
abgegeben hätte, wegen der Anlaufhemmung nach § 171 Abs.
4 AO durch die konzernweite und damit auch die M-GmbH erfassende
Betriebsprüfung der Klägerin noch änderbar war.
Dafür spricht auch, dass die Finanzverwaltung im Zeitraum der
Rücknahme der Option (1997) noch davon ausging, dass der
Verzicht auf die Steuerbefreiung sowie dessen Rücknahme bis
zum Eintritt der materiellen Rechtskraft des Umsatzsteuerbescheids
möglich ist (vgl. Abschn. 148 Abs. 3 UStR 2008).
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2. Das FG hat im Ergebnis zu Recht
entschieden, dass die Voraussetzungen einer widerstreitenden
Folgeänderung nach § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO vorliegen
und die Umsatzsteuerfestsetzung 1991 durch den Bescheid 1991 vom
9.6.2005 rechtmäßig geändert wurde.
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34
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a) Ergeht aufgrund irriger Beurteilung eines
bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid, der aufgrund eines
Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die
Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert
wird, können nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO aus dem
Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines
Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen
werden. Diese Voraussetzungen liegen vor:
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aa) Sachverhalt i.S. von § 174 AO ist
nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 5.5.2011 V
R 45/09, BFH/NV 2011, 1655 = SIS 11 29 27) der maßgebliche
„Lebensvorgang“, an den das Gesetz steuerliche
Folgen knüpft. Im Streitfall ist dies die Rücknahme des
Verzichts auf Steuerfreiheit des Grundstücksumsatzes durch die
D-GmbH vom 23.12.1997.
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bb) Diesen Sachverhalt berücksichtigte
die Klägerin nicht im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzung 1991,
sondern bei ihrer Umsatzsteuererklärung 1997. Bei deren Abgabe
ging sie davon aus, dass die Rücknahme des Verzichts auf die
Steuerfreiheit der Grundstücksveräußerung vom
23.12.1997 bei ihr als Organträgerin der
Leistungsempfängerin (M-G-GmbH) erst im Jahr 1997 zu einer
Korrektur des Vorsteuerabzugs führe.
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37
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cc) Diese Annahme erwies sich jedoch als Folge
des BFH-Urteils in BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673 = SIS 01 07 75
als falsch. Danach wirkt die Rücknahme der Option auf das Jahr
der Ausführung des Umsatzes zurück, sodass der Umsatz
rückwirkend wieder steuerfrei und eine Steuer für den
berechneten Umsatz nicht mehr geschuldet wird. Dies führt
dazu, dass der Leistungsempfänger den Vorsteueranspruch
rückwirkend im Zeitpunkt des Leistungsbezugs verliert.
Folglich war die Rücknahme der Option bereits im
Veranlagungszeitraum 1991 zu berücksichtigen.
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dd) Der Wortlaut des § 174 Abs. 4 Satz 1
AO setzt weiter voraus, dass aufgrund der irrigen Beurteilung des
Sachverhalts ein Steuerbescheid ergeht. Ein solcher ist im
Streitfall zwar nicht erlassen worden, aber auch nicht
erforderlich. Denn eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung nach Abgabe einer Steuererklärung steht einem
Steuerbescheid i.S. von § 174 Abs. 4 AO gleich (vgl.
BFH-Urteil vom 15.3.1994 XI R 45/93, BFHE 174, 290 = SIS 94 21 72).
Da bei der irrigen Beurteilung des Sachverhalts auf die Perspektive
der Klägerin abgestellt wird, ohne dass ein Steuerbescheid
ergeht, ist es folgerichtig, auf die zu einer Vorbehaltsfestsetzung
führende Steuererklärung des Steuerpflichtigen
abzustellen.
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39
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ee) Die aufgrund der irrigen Beurteilung des
Sachverhalts abgegebene Umsatzsteuererklärung 1997 der
Klägerin wurde aufgrund des Antrags der Klägerin - in
Gestalt der geänderten Umsatzsteuererklärung 1997 vom
16.3.2004 - durch den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1997 vom
20.1.2005 geändert. Gegenstand dieses Antrags war der
Sachverhalt, der im Jahr 1997 zur Vorsteuerkorrektur aufgrund der
Rücknahme des Verzichts auf Steuerfreiheit des
Grundstücksumsatzes führte.
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Das FA war danach grundsätzlich zur
Folgeänderung innerhalb der Jahresfrist berechtigt (§ 174
Abs. 4 Satz 3 AO). Diese Frist wurde eingehalten, da die
Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 1997 am 20.1.2005
erfolgte und wenige Monate später - am 9.6.2005 - der
Änderungsbescheid 1991 erlassen wurde. Der
Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1991 betraf zwar die M-G-GmbH,
wurde jedoch zutreffend an die Klägerin adressiert, da die
M-G-GmbH aufgrund des Verschmelzungsvertrags vom 31.7.2003 auf die
Klägerin verschmolzen war und diese damit zur
Gesamtrechtsnachfolgerin der M-G-GmbH geworden ist.
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41
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b) Einer Änderung der
Umsatzsteuerfestsetzung 1991 durch den Bescheid vom 9.6.2005 steht
§ 174 Abs. 4 Satz 4 AO nicht entgegen.
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42
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aa) War die Festsetzungsfrist bereits
abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte
Steuerbescheid erlassen wurde, ist eine Folgeänderung nur
unter der einschränkenden Voraussetzung des § 174 Abs. 3
Satz 1 AO zulässig.
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43
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bb) Im Streitfall beruhte die irrige und daher
durch den Umsatzsteuerbescheid 1997 vom 20.1.2005 geänderte
Steuerfestsetzung nicht auf einem Steuerbescheid der
Finanzbehörde, sondern einer - dem gleichstehenden -
Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch
die Umsatzsteuererklärung 1997 der Klägerin vom
10.12.1998.
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44
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Zu diesem Zeitpunkt war die insoweit
maßgebliche Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer 1991
der M-G-GmbH noch nicht abgelaufen. Denn die bei der M-G-GmbH noch
in der regulären Festsetzungsfrist begonnene
Außenprüfung endete mit der im Januar 2000 bekannt
gegebenen Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO, sodass
Festsetzungsverjährung erst nach Ablauf von drei weiteren
Monaten eintrat (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO) und damit vor Ablauf
der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer 1991.
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45
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c) Die Änderung der
Umsatzsteuerfestsetzung 1991 scheitert auch nicht an § 174
Abs. 5 AO. Danach gilt § 174 Abs. 4 AO gegenüber Dritten
nur, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder
Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat,
beteiligt waren. Dritter in diesem Zusammenhang ist, im Hinblick
auf den zu ändernden fehlerhaften Bescheid jeder, der darin
nicht als Steuerschuldner angegeben ist (vgl. BFH-Beschluss vom
1.9.2008 IV B 140/07, BFH/NV 2009, 1 = SIS 08 43 47; BFH-Urteil vom
8.2.1995 I R 127/93, BFHE 177, 332, BStBl II 1995, 764 = SIS 95 16 51; BFH-Beschluss vom 27.8.1997 V B 14/97, BFH/NV 1998, 148).
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Unter Berücksichtigung dieser Auslegung
ist die Klägerin im Verhältnis zur M-G-GmbH kein Dritter
i.S. von § 174 Abs. 5 AO, da sie in der
Umsatzsteuerjahreserklärung für 1997 - die einer
Umsatzsteuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO) - als Steuerschuldnerin
angegeben ist. Dass diese Personenidentität auf der im Jahr
2003 eingetretenen Rechtsnachfolge beruht, vermag hieran nichts zu
ändern. Wie sich aus § 45 Abs. 1 AO ergibt, tritt der
Gesamtrechtsnachfolger in das Steuerschuldverhältnis des
Rechtsvorgängers ein, mit der Folge, dass Steuerbescheide an
den Gesamtrechtsnachfolger zu richten sind (vgl. zur Verschmelzung
BFH-Urteil vom 5.6.2003 I R 38/01, BFHE 202, 507, BStBl II 2003,
822 = SIS 03 42 89).
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