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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) betrieb eine Ballettschule. Sie unterwarf in den
Streitjahren 1972 bis 1992 ihre Umsätze dem Regelsteuersatz.
Die Umsatzsteuerbescheide wurden bestandskräftig.
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Auf Antrag der Klägerin erteilte die
Bezirksregierung am 30.9.2004 der Klägerin eine Bescheinigung
„gemäß § 4 Nr. 21 a bb des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) vom 24.3.1999“, wonach die
Ballettschule - je nach Studio mit unterschiedlichem Beginn in der
Zeit zwischen 1971 bis 1995 - als Privatschule
ordnungsgemäß auf einen Beruf als Ballettlehrer,
Balletttänzer oder Musicaldarsteller vorbereite. Auf weiteren
Antrag erteilte das Ministerium für Wissenschaft und Kultur am
24.1.2008 zudem eine Bescheinigung „nach § 4 Nr. 20 a
UStG“ (gemeint ist § 4 Nr. 20 Buchst. b des
Umsatzsteuergesetzes - UStG - ) mit Wirkung ab dem 1.1.1973, wonach
die Theater- und Schulaufführungen der Ballettschule die
gleichen kulturellen Aufgaben wie die in § 4 Nr. 20 Buchst. a
UStG bezeichneten „öffentlichen Einrichtungen“
erfüllen. Die Klägerin beantragte daraufhin am 14.9.2006
und am 18.2.2008 die Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1972
bis 1992.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) lehnte die Anträge der Klägerin, die
bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide 1972 bis 1992
entsprechend den Bescheinigungen zu ändern und die
Umsätze steuerfrei zu belassen, ab.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt
(EFG 2011, 25 = SIS 10 38 40). Die Umsätze seien nach § 4
Nr. 21 Buchst. b UStG steuerfrei, weil die Klägerin die
Schüler auf den Beruf des Tänzers vorbereite,
unabhängig davon, zu welchem Anteil die Schüler
tatsächlich später diesen Beruf ergreifen würden.
Entsprechendes gelte für die Umsätze mit Theater- und
Schulaufführungen, für die die Bescheinigung nach §
4 Nr. 20 Buchst. b UStG erteilt worden sei. Bei den Bescheinigungen
handele es sich um Grundlagenbescheide i.S. des § 171 Abs. 10
der Abgabenordnung (AO), die gemäß § 175 AO auch
rückwirkend für einen Zeitraum vor dem Ausstellungsdatum
erteilt werden könnten. Der Grundsatz von Treu und Glauben
führe nicht zu einer zeitlichen Begrenzung der
Rückwirkung, denn die langjährige Untätigkeit der
Klägerin bei der Beantragung der außersteuerlichen
Grundlagenbescheide allein reiche für einen Verstoß
gegen Treu und Glauben nicht aus, vielmehr müsse neben dem
Zeitablauf ein Umstandsmoment hinzutreten, aus dem das FA
schließen könne, dass die Klägerin auf die
Steuerbefreiung durch die Beantragung der Bescheinigungen
verzichten wolle. Daran fehle es.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts durch fehlerhafte Auslegung des
Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben sowie wegen Nichtbeachtung
der Verjährungsvorschriften. Die Geltendmachung der
Steuerbefreiung in einem Zeitraum von 12 bis 30 Jahren nach
vorangegangener Erklärung steuerpflichtiger Umsätze
verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die
Verwirkung eines Anspruchs als Anwendungsfall des Grundsatzes von
Treu und Glauben und des Verbots widersprüchlichen Tuns setze
voraus, dass ein Anspruchsberechtigter durch sein Verhalten beim
Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand dergestalt geschaffen
habe, dass nach Ablauf einer gewissen Zeit die Geltendmachung des
Anspruchs als illoyale Rechtsausübung empfunden werden
müsse.
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Zwar reiche nach der Rechtsprechung in der
Regel ein bloßes Untätigbleiben in der Regel nicht aus
und werde zusätzlich zu dem Zeitmoment ein bestimmtes
Verhalten des Anspruchsberechtigten gefordert, demzufolge der
Verpflichtete bei objektiver Beurteilung darauf habe vertrauen
dürfen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden
(Vertrauenstatbestand) und der Berechtigte tatsächlich auf die
Nichtgeltendmachung des Anspruchs vertraut und sich hierauf
eingerichtet habe (Vertrauensfolge). Ausnahmen seien jedoch
möglich. So habe der Bundesfinanzhof (BFH) in Entscheidungen
zur Verwirkung der Rechtsbehelfsbefugnis (BFH-Urteil vom 14.6.1972
II 149/65, BFHE 106, 134) und zur Klagebefugnis (BFH-Beschluss vom
19.8.1987 IV B 70/86, BFH/NV 1988, 244) allein den Zeitablauf
ausreichen lassen und im BFH-Urteil vom 14.9.1978 IV R 89/74 (BFHE
126, 130, BStBl II 1979, 121 = SIS 79 00 65) ausgeführt, die
Voraussetzungen der Verwirkung könnten nicht für alle
Fälle von vornherein festgelegt werden.
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Danach habe das FA spätestens nach
Ablauf von zehn Jahren nicht mehr mit der Geltendmachung der
Steuerbefreiung rechnen müssen. Die Vorschrift über die
Verjährung der Steuerhinterziehung müsse analog
angewendet werden. Zudem habe der Gesetzgeber durch das
Jahressteuergesetz vom 8.12.2010 - JStG 2010 - (BGBl I 2010, 1768
ff.) eine Verjährungsregelung in § 4 Nr. 20 Buchst. a
Satz 3 UStG n.F. mit Wirkung vom 1.1.2011 geschaffen, wonach die
Festsetzungsfrist für außersteuerrechtliche
Grundlagenbescheide der vierjährigen Festsetzungsfrist
für Feststellungsbescheide angepasst werde. Die neu
geschaffene Verjährungsregelung für § 4 Nr. 20
Buchst. a UStG n.F. müsse analog für die Steuerbefreiung
nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG für die Jahre 1972 bis
1992 angewendet werden.
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Für die Veranlagungszeiträume
1972 bis 1976 habe das FG jedenfalls übersehen, dass die
Festsetzungsverjährung nach der Reichsabgabenordnung (RAO)
bereits eingetreten sei.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
des FG Niedersachsen vom 16.9.2010 16 K 295/09 aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
des FA zurückzuweisen.
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Das FG-Urteil sei zutreffend. Nach dem
Anwendungserlass zur AO vom 12.1.2004 (BStBl I 2004, 31 = SIS 03 53 74) zu § 175 Nr. 1.4 stehe der Anpassung des Folgebescheides
an den Grundlagenbescheid nicht entgegen, dass sie, die
Klägerin, den für eine Steuerbegünstigung
erforderlichen, aber nicht fristgebundenen Antrag erst nach
Unanfechtbarkeit des Steuerbescheides gestellt habe. Ob bei einer
Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG die
Rückwirkung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
ausgeschlossen sei, spiele im Streitfall keine Rolle, weil die
Regelung erst für Bescheinigungen gelte, die ab dem 28.10.2004
vorgelegt worden seien (Art. 32 Abs. 5 JStG 2010, BGBl I 2010,
1768).
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Im Streitfall sei eine Bescheinigung
bereits am 30.9.2004 vorgelegt worden. Der BFH habe weiter
ausgeführt, dass entgegen den Bedenken des
Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) die Rückwirkung nicht gegen
den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße. Die gegenteilige
Rechtsansicht des XI. Senats des BFH (Urteil vom 15.9.1994 XI R
101/92, BFHE 176, 146, BStBl II 1995, 912 = SIS 95 04 23), wonach
einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG 1980
keine Rückwirkung vor ihrem Ausstellungsdatum zukomme, sei von
der Verwaltung mit einem Nichtanwendungserlass belegt worden
(Erlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 30.11.1995 IV C 4 -
S 7177 - 22/95, BStBl I 1995, 827 = SIS 96 04 30). Eine analoge
Anwendung der Neuregelung in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 3 UStG
n.F., wonach die Festsetzungsverjährungsfrist auch für
außersteuerrechtliche Grundlagenbescheide entsprechend gelten
solle, komme mangels Regelungslücke nicht in Betracht, da der
Gesetzgeber die Geltung dieser Neuregelung erst ab dem 1.1.2011
angeordnet habe. Zudem habe der Gesetzgeber bewusst von einer
Änderung des § 4 Nr. 21 UStG abgesehen, weil die
Abschaffung des Bescheinigungsverfahrens beabsichtigt worden sei.
Durch das Rechtsinstitut von Treu und Glauben in Form einer
Verwirkung durch Zeitablauf dürfe nicht die gesetzgeberische
Grundwertung unterlaufen werden, wonach die in § 4 Nr. 20 UStG
enthaltene Begrenzung auf vier Jahre erst ab dem 1.1.2011
anzuwenden sei. Zudem dürfe eine in Art. 13 Teil A der
Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) angelegte Steuerbefreiung nicht
durch nationales Recht beschränkt werden.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Zu Recht geht das FG davon aus, dass die
Bescheinigungen nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG und § 4
Nr. 21 Buchst. b UStG in der in den Streitjahren 1972 bis 1992
geltenden Fassung Grundlagenbescheide (§ 171 Abs. 10 AO) sind,
deren Erlass grundsätzlich zu einer Korrektur nach § 175
Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigen kann. Entgegen der Auffassung des FG
ist die Änderung der bestandskräftigen
Umsatzsteuerbescheide für 1972 bis 1992 jedoch rechtswidrig,
weil die Bescheinigungen erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist
für die Umsatzsteuer der Streitjahre 1972 bis 1992 erteilt
worden sind. Denn auch Grundlagenbescheide ressortfremder
Behörden, die nicht dem Anwendungsbereich der §§ 179
ff. AO unterliegen, bewirken eine Ablaufhemmung nach § 171
Abs. 10 AO nur dann, wenn sie vor Ablauf der Festsetzungsfrist
für die betreffende Steuer erlassen worden sind.
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1. Von der Umsatzsteuer befreit sind nach
§ 4 Nr. 21 Buchst. b UStG in der Fassung der Streitjahre 1972
bis 1992 u.a. die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck
dienenden Leistungen privater Schulen und anderer
allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die
zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen
Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen
Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß
vorbereiten. Nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG in der Fassung der
Streitjahre sind befreit die Veranstaltung von
Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer,
wenn die Darbietungen von den unter Buchst. a der Vorschrift
bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusikensembles oder
Chören erbracht werden.
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2. Das FG geht zu Recht davon aus, dass es
sich bei den für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 und
Nr. 21 UStG erforderlichen Bescheinigungen der zuständigen
Behörden um Grundlagenbescheide i.S. des § 171 Abs. 10 AO
handelt, die grundsätzlich Grundlage für eine
Änderung bestandskräftiger Bescheide nach § 175 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 AO sein können (zur Vermeidung von
Wiederholungen verweist der Senat auf sein Urteil vom 20.8.2009 V R
25/08, BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15 = SIS 09 33 07, Rz 27 f.;
ebenso BFH-Urteil vom 19.10.2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798 = SIS 12 10 75).
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a) Die Wirkung der Bescheinigung bezieht sich
grundsätzlich auf den in ihr bezeichneten Gegenstand und
Zeitraum, auch wenn letzterer vor der Bekanntgabe der Bescheinigung
liegt (BFH-Urteile vom 18.2.2010 V R 28/08, BFHE 228, 474, BStBl II
2010, 876 = SIS 10 11 57; in BFHE 226, 479, BStBl II 2010, 15 = SIS 09 33 07; vom 24.9.1998 V R 3/98, BFHE 187, 334, BStBl II 1999, 147
= SIS 99 05 34).
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b) Der Klägerin wurde am 24.1.2008
bescheinigt, dass die Theater- und Schulaufführungen der
Ballettschule der Klägerin ab 1.1.1973 die gleichen
kulturellen Aufgaben erfüllen, wie die in § 4 Nr. 20
Buchst. a UStG genannten öffentlich-rechtlichen Einrichtungen
und am 30.9.2004, dass die Ballettkurse in den vier Studios jeweils
mit unterschiedlichem Beginn in der Zeit zwischen 1971 bis 1995
i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG ordnungsgemäß
auf verschiedene Berufe vorbereiteten.
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3. Der Änderung der
bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheide für Umsatzsteuer
1972 bis 1976 steht jedoch entgegen, dass die Bescheinigungen erst
am 24.1.2008 bzw. am 30.9.2004 und damit nach Ablauf der nach der
RAO zu bestimmenden Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer
diesen Streitjahren erteilt worden sind.
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Nach ständiger Rechtsprechung (z.B.
BFH-Urteile vom 21.7.1993 X R 113/91, BFH/NV 1994, 221; vom
8.4.1992 X R 164/88, BFH/NV 1992, 717; vom 23.6.1993 X R 214/87,
BFH/NV 1994, 295; vom 22.2.1991 III R 35/87, BFHE 164, 198, BStBl
II 1991, 717 = SIS 91 16 57; vom 18.5.1990 VI R 17/88, BFHE 160,
425, BStBl II 1990, 770 = SIS 90 19 51) richtet sich zwar die
Korrekturbefugnis von Steuerbescheiden ab dem 1.1.1977
grundsätzlich nach der AO (Art. 97 § 9 des
Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung - EGAO 1977 -, BGBl I
1976, 3341, 3382); dagegen bestimmt sich die Verjährung u.a.
für die Festsetzung von Steuern wie für die Feststellung
von Besteuerungsgrundlagen (Art. 97 § 10 EGAO 1977) nach der
RAO. Für eine Berichtigung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO
gelten keine Besonderheiten (BFH-Urteil in BFHE 164, 198, BStBl II
1991, 717 = SIS 91 16 57).
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Für die Umsatzsteuer betrug die
Verjährungsfrist nach § 144 RAO fünf Jahre. Sie
begann nach § 144 RAO spätestens mit Ablauf des dritten
Kalenderjahres, das auf die Entstehung der Steuer folgt und ist
für die Streitjahre 1972 bis 1976 offensichtlich bereits seit
langem abgelaufen.
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4. Für die Streitjahre unter Geltung der
AO (1977) - 1977 bis einschließlich 1992 - ist nach §
175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (bis 31.12.1981: § 175 Satz 1 Nr. 1
AO) ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem
Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen,
aufgehoben oder geändert wird. Nach der Legaldefinition in
§ 171 Abs. 10 AO sind Grundlagenbescheide die Bescheide, die
für die Festsetzung einer Steuer als Feststellungsbescheid,
als Steuermessbescheid oder als anderer Verwaltungsakt bindend
sind.
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a) Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine
Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht
mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies
gilt auch für § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Ob die
Festsetzungsverjährung einer Änderung gemäß
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO entgegensteht, ist unter
Berücksichtigung der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 AO
zu bestimmen. Nach der in den Streitjahren geltenden Fassung dieser
Vorschrift endete die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines
Jahres nach Bekanntgabe des für die Steuerfestsetzung
bindenden Grundlagenbescheides.
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b) Entgegen der Auffassung des FG stand der
Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1977 bis 1992 aufgrund der
Bescheinigungen vom 30.9.2004 und vom 24.1.2008 nach § 175
Abs. 1 AO entgegen, dass die Festsetzungsfrist für die
Umsatzsteuer für 1977 bis 1992 bei Erlass der
Grundlagenbescheide der ressortfremden Behörde bereits
abgelaufen war. Denn bei Anwendung von § 171 Abs. 10 AO ist
danach zu differenzieren, ob es sich bei dem die Ablaufhemmung
bewirkenden Grundlagenbescheid um einen Feststellungsbescheid -
i.S. der §§ 179 ff. AO einem Grundlagenbescheid einer
Finanzbehörde (§ 6 Abs. 2 AO) - oder um einen anderen
Grundlagenbescheid einer aus Sicht der AO ressortfremden
Behörde handelt.
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aa) Die Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen ist grundsätzlich unselbständiger
Teil des Steuerbescheides; eine Durchbrechung des Grundsatzes der
Einheit des Steuerfestsetzungsverfahrens (vgl. §§ 155
Abs. 1, 157 Abs. 2 AO) findet nur statt, wenn und soweit dies
ausdrücklich gesetzlich bestimmt ist (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 11.4.2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399,
BStBl II 2005, 679 = SIS 05 31 02, unter C.4.). Insoweit bezwecken
die Vorschriften der §§ 179 ff. AO in verfahrensrechtlich
gestufter und abschichtender Weise, die notwendigen Entscheidungen
verbindlich vorzugeben, um auf dieser Grundlage die Folgebescheide
erlassen zu können (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 209, 399, BStBl
II 2005, 679 = SIS 05 31 02, unter C.3.b). Steuerrechtliche
Grundlagenbescheide - wie z.B. Feststellungsbescheide - unterliegen
den Regelungen der AO, die im Gegensatz zur RAO für den Erlass
von Feststellungsbescheiden eine eigenständige
Feststellungsfrist eingeführt hat. So gelten für die
gesonderte Feststellung gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1
AO die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung
und damit auch die Vorschriften über die
Festsetzungsverjährung sinngemäß.
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Nach § 181 Abs. 5 AO kann eine gesonderte
Feststellung nach Ablauf der für sie geltenden
Feststellungsfrist im Übrigen nur insoweit erfolgen, als die
gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von
Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der
gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Diese Regelung
trägt dem Umstand Rechnung, dass Festsetzungsfrist und
Feststellungsfrist bei steuerrechtlichen Grundlagenbescheiden
auseinanderfallen können, weil auch für die
Feststellungsfrist die Ablaufhemmungstatbestände
maßgeblich sind.
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Der AO liegt danach ein Regelungssystem
zugrunde, wonach Grundlagenbescheide, soweit eine
ausdrückliche von der Festsetzungsfrist des betreffenden
Steuerbescheides (Folgebescheides) abweichende Regelung zur
Feststellungsfrist für den Grundlagenbescheid fehlt,
steuerrechtlich nur zu berücksichtigen sind, wenn sie
innerhalb der Festsetzungsfrist für den betreffenden
(Folge-)Steuerbescheid erlassen worden sind.
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bb) Bei Grundlagenbescheiden ressortfremder
Behörden ist § 171 Abs. 10 AO lückenhaft und deshalb
aufgrund einer teleologischen Reduktion einschränkend
dahingehend auszulegen, dass die von dieser Vorschrift angeordnete
Ablaufhemmung - wie in den Fällen der Ablaufhemmung nach
§ 171 Abs. 3, 4 bis 6, 9 und 13 AO - voraussetzt, dass der
Grundlagenbescheid noch vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist
für die Steuer, für die der Grundlagenbescheid bindend
ist, bekanntgegeben wird.
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(1) Eine Regelungslücke liegt vor, wenn
eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h.
ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung
nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf
bestimmte Tatbestände widerspricht. Dass eine gesetzliche
Regelung nur rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig
anzusehen ist („rechtspolitische Fehler“),
reicht nicht aus. Ob eine Regelungslücke oder lediglich ein
sog. rechtspolitischer Fehler vorliegt, ist unter Heranziehung des
Gleichheitsgrundsatzes zu ermitteln, wobei auf die Wertungen und
die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist.
Die Unvollständigkeit muss sich bereits aus der dem Gesetz
immanenten Zwecksetzung ergeben und nicht nur aus einer
selbständigen kritischen Würdigung des Gesetzes. Auch bei
einem eindeutigen Gesetzeswortlaut kann eine Gesetzeslücke
vorliegen (BFH-Urteil vom 11.2.2010 V R 38/08, BFHE 229, 385, BStBl
II 2010, 873 = SIS 10 15 98, unter II.5.a, m.w.N. zur
BFH-Rechtsprechung).
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Liegt eine sog. Gesetzeslücke vor, ist
diese in einer dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der
Gesetzessystematik entsprechenden Weise zu schließen. Zur
Lückenfüllung kommen insbesondere Analogie, teleologische
Extension oder Reduktion in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 229, 385,
BStBl II 2010, 873 = SIS 10 15 98, unter II.5.a). Dies ist Aufgabe
der Fachgerichte (vgl. z.B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts
vom 3.4.1990 1 BvR 1186/89, BVerfGE 82, 6, NJW 1990, 1593, unter
C.I.1.).
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(2) Danach enthält § 171 Abs. 10 AO
eine Regelungslücke. Denn nach ihrem Grundgedanken und System
dienen die §§ 169 ff. AO dazu, Rechtssicherheit und
Rechtsfrieden dadurch herzustellen, dass Steueransprüche nur
innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden können
(vgl. BFH-Urteile vom 31.1.1989 VII R 77/86, BFHE 156, 30, BStBl II
1989, 442 = SIS 89 10 50, unter II.3.b; vom 26.2.2008 VIII R 1/07,
BFHE 220, 229, BStBl II 2008, 659 = SIS 08 25 83, unter II.3.a bb;
vom 24.1.2008 VII R 3/07, BFHE 220, 214, BStBl II 2008, 462 = SIS 08 15 08, unter II.2.b; vom 12.5.2009 VII R 5/08, BFH/NV 2009, 1602
= SIS 09 29 26, unter 3.; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, vor §§ 169 ff. AO Rz 5).
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Dieser auch für die Auslegung des §
171 Abs. 10 AO zu beachtende Normzweck wird für den Fall
ressortfremder Grundlagenbescheide nicht verwirklicht, wenn diese
wie Feststellungsbescheide der Finanzbehörden i.S. von
§§ 179 ff. AO auch bei einer Bekanntgabe nach Ablauf der
regulären Festsetzungsfristen des § 169 AO zu einer
Ablaufhemmung gemäß § 171 Abs. 10 AO führen
würden, ohne dass für den Erlass derartiger
Grundlagenbescheide - wie nach § 181 AO - zeitliche Grenzen
bestehen. Eine für ressortfremde Grundlagenbescheide zeitlich
unbegrenzte Änderungsmöglichkeit ist nicht lediglich ein
rechtspolitischer Fehler. Die Verselbständigung der
Feststellung einzelner für die Besteuerung vorgreiflicher
Umstände und Beurteilungen rechtlicher Art
(Besteuerungsgrundlagen, vgl. BFH-Urteil vom 9.5.2000 VIII R 40/99,
BFH/NV 2001, 17 = SIS 01 50 13) aus verfahrensökonomischen
Gründen - z.B. mit Rücksicht auf Sachnähe (z.B.
BFH-Beschluss vom 15.9.2011 I R 53/10, BFH/NV 2012, 23 = SIS 11 38 83 zu § 51a des Einkommensteuergesetzes) - hat unabhängig
davon, ob die abgeschichtete Feststellung den Finanzbehörden
oder einer ressortfremden Behörde obliegt, lediglich dienende
Funktion gegenüber der Steuerfestsetzung (Begründung zu
§ 162 EGAO 1974, BTDrucks VI/1982, 157; z.B. BFH-Urteile vom
12.6.2002 XI R 26/01, BFHE 198, 395, BStBl II 2002, 681 = SIS 02 93 36; vom 31.10.2000 VIII R 14/00, BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156
= SIS 01 05 78).
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(3) Die im Anwendungsbereich des § 171
Abs. 10 AO bei sog. ressortfremden Grundlagenbescheiden bestehende
Regelungslücke ist dadurch zu schließen, dass derartige
Grundlagenbescheide ebenso wie die in § 171 Abs. 3, 4 bis 6, 9
und 13 AO ausdrücklich geregelten Sachverhalte nur dann eine
Ablaufhemmung begründen, wenn die Bekanntgabe dieser
Grundlagenbescheide noch vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist
für die Steuer, für die der Grundlagenbescheid bindend
ist, erfolgt. Damit trägt der Senat den vom BVerwG
(BVerwG-Urteil vom 11.10.2006 10 C 4/06, NJW 2007, 714) und im
Schrifttum (vgl. z.B. Kruse, a.a.O., § 171 AO Rz 93; a.A.
Bannitza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 171 AO Rz 206)
geäußerten Bedenken gegen eine zeitlich unbegrenzte
Ablaufhemmung bei ressortfremden Grundlagenbescheiden Rechnung.
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(4) Der teleologischen Reduktion des §
171 Abs. 10 AO bei der Bekanntgabe ressortfremder
Grundlagenbescheide steht die mit Wirkung ab 1.1.2011 in Kraft
getretene Neuregelung in § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 3 UStG
nicht entgegen. Zwar gilt für die Erteilung der in § 4
Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG genannten Bescheinigung § 181
Abs. 1 und 5 AO entsprechend. Die erst nach den Streitjahren in
Kraft getretene Neuregelung ist jedoch für die Beurteilung, ob
nach der in den Streitjahren bis 1992 bestehenden Rechtslage eine
Regelungslücke vorlag und ob der Gesetzgeber eine in den
Streitjahren bestehende Regelungslücke für spätere
Besteuerungszeiträume geschlossen hat, nicht von
Bedeutung.
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c) Entgegen der Auffassung der Klägerin
führt diese Auslegung nicht zu einer Beschränkung der
unionsrechtlich vorgegebenen Steuerbefreiung. Unionsrechtliche
Grundlage der Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 20 (kulturelle
Dienstleistungen) und § 4 Nr. 21 UStG (Privatschulen) ist Art.
13 der Richtlinie 77/388/EWG. Unionsrechtliche Ansprüche
werden aber nur im Rahmen der jeweils geltenden innerstaatlichen
Verfahrensvorschriften gewährleistet (vgl. BFH-Urteil vom
16.9.2010 V R 46/09, juris). Auch der Hinweis der Klägerin auf
die sog. „Emmotschen Fristenhemmung“ nach dem
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 25.7.1991
C-208/90, Emmot (Slg. 1991, I-4269 = SIS 91 26 03,
Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 137) führt
zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese setzt voraus, dass die
entsprechende Richtlinie nicht ordnungsgemäß in
nationales Recht umgesetzt worden und die Geltendmachung des
Anspruchs unzumutbar erschwert oder versperrt war (BFH-Urteil vom
21.3.1996 XI R 36/95, BFHE 179, 563, BStBl II 1996, 399 = SIS 96 13 26). Im Streitfall ist jedoch nicht ersichtlich, dass die
Klägerin von der Beantragung der Grundlagenbescheide in nicht
verjährter Zeit abgehalten worden ist.
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Der Senat weicht entgegen der Auffassung der
Klägerin in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung
eingegangenen Schriftsatz vom 25.2.2013 nicht i.S. des § 11
FGO von den BFH-Urteilen vom 13.12.1985 III R 204/81 (BFHE 145,
545, BStBl II 1986, 245 = SIS 86 05 03) und vom 9.8.1983 VIII R
55/82 (BFHE 139, 341, BStBl II 1984, 86 = SIS 84 02 44) ab. Eine
Anrufung des Großen Senats des BFH ist daher entgegen der
Auffassung der Klägerin nicht erforderlich.
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d) Eine Abweichung liegt nur bei einer
entscheidungserheblichen Rechtsfrage vor (z.B. BFH-Beschluss vom
21.10.1985 GrS 2/84, BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207 = SIS 86 05 43; BFH-Urteile vom 15.2.2012 XI R 24/09, BFHE 236, 267 = SIS 12 11 30, unter II.4.; vom 17.9.2002 IX R 68/98, BFHE 199, 493, BStBl II
2003, 2 = SIS 03 02 17, unter II.1.b) und setzt daher einen
gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt voraus (z.B. BFH-Beschluss
vom 5.3.1979 GrS 5/77, BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570 = SIS 79 02 89; BFH-Urteil vom 9.8.1989 I R 181/85, BFHE 158, 31, BStBl II
1989, 990 = SIS 89 22 56, unter II.3.c (4)). Liegen den
Entscheidungen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde, ergeben sich
daraus andere rechtliche Wertungen und die Beurteilung anderer
Rechtsfragen. Bei Ausführungen, die verallgemeinernd über
den entschiedenen Fall hinausgehen, handelt es sich mithin
allenfalls um ein obiter dictum, das regelmäßig die
Annahme einer Abweichung i.S. des § 11 FGO nicht indiziert
(vgl. dazu BFH-Urteile vom 2.9.2008 VIII R 2/07, BFHE 223, 15,
BStBl II 2010, 25 = SIS 08 44 59, unter II.2.e; in BFHE 236, 267 =
SIS 12 11 30, unter II.4.; vom 26.5.1993 X R 72/90, BFHE 171, 455,
BStBl II 1993, 855 = SIS 93 19 15; BFH-Beschluss vom 22.7.1977 III
B 34/74, BFHE 123, 112, BStBl II 1977, 838 = SIS 77 04 65;
Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz
11, m.w.N.). Eine Anrufung des Großen Senats ist in diesem
Falle nicht erforderlich (z.B. BFH-Urteile vom 31.7.1990 VII R
60/89, BFHE 162, 1, BStBl II 1990, 1071 = SIS 91 04 53, und in BFHE
158, 31, BStBl II 1989, 990 = SIS 89 22 56).
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e) Weder der III. Senat noch der VIII. Senat
des BFH haben über die im Streitfall entscheidungserhebliche
Frage der Wirkungen eines nach Eintritt der Festsetzungsfrist
erlassenen Grundlagenbescheides entschieden.
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aa) In dem von der Klägerin in Bezug
genommenen Urteil in BFHE 145, 545, BStBl II 1986, 245 = SIS 86 05 03 hat der III. Senat vielmehr entschieden, dass sich eine
zeitliche Beschränkung für die Anwendung von § 175
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aus den Vorschriften der
Festsetzungsverjährung ergibt (in BFHE 145, 545, BStBl II
1986, 245 = SIS 86 05 03, unter II.1.b). Zudem betrifft diese
Entscheidung einen bereits vor Erlass des streitigen
Steuerbescheides erlassenen Grundlagenbescheid. Im vorliegenden
Fall ist demgegenüber über die Wirkungen eines nach
Eintritt der Festsetzungsfrist erlassenen Grundlagenbescheides zu
entscheiden. Das ist ein anderer Sachverhalt. Soweit der III. Senat
ausführt, solange der Folgebescheid einen „ -
gleichgültig zu welchem Zeitpunkt erlassenen - „
Grundlagenbescheid nicht berücksichtige, sei die diesem
zugedachte Aufgabe noch nicht erfüllt, handelt es sich nur um
ein obiter dictum.
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bb) Auch eine Abweichung vom BFH-Urteil in
BFHE 139, 341, BStBl II 1984, 86 = SIS 84 02 44 liegt nicht vor.
Das Urteil betrifft die Frage, ob ein Steuerbescheid auch dann noch
nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert werden kann,
wenn der (innerhalb der Festsetzungsfrist des Folgebescheides
erlassene) Grundlagenbescheid bereits bei Erlass eines
früheren Steuerbescheides hätte berücksichtigt
werden können und damit einen anders gelagerten Sachverhalt
und eine andere Rechtsfrage betrifft.
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f) Aus denselben Gründen liegt auch keine
Abweichung vom BFH-Urteil vom 14.4.1988 IV R 219/85 (BFHE 153, 285,
BStBl II 1988, 711 = SIS 88 17 44) vor, weil dieses Urteil eine
Fallgestaltung betrifft, in der die Festsetzungsverjährung
noch nicht eingetreten war. Soweit der IV. Senat darüber
hinaus ausgeführt hat, eine zeitliche Beschränkung
für die Anwendung des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ergebe
sich lediglich aus den Vorschriften über die
Festsetzungsverjährung (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO) und
über die Feststellungsverjährung (§ 181 AO) und im
„übrigen ist eine Änderung des Folgebescheids nach
§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 nur ausgeschlossen, wenn die
Voraussetzungen für eine Verwirkung vorliegen“, war dies
nicht entscheidungserheblich.
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g) Ohne Erfolg rügt die Klägerin,
der Senat setze sich in Widerspruch zu „Regelungen im
Anwendungserlass“ zu § 175 Abs. 1 Satz 1 AO und den
Umsatzsteuer-Richtlinien zu § 4 Nr. 21 UStG bzw. dem
nachfolgenden Umsatzsteueranwendungserlass. Denn hierbei handelt es
sich um sog. norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, denen
keine Rechtsnormqualität zukommt und die die Gerichte nicht
binden (vgl. BFH-Beschluss vom 4.12.2008 XI B 250/07, BFH/NV 2009,
394 = SIS 09 06 06; vom 19.1.2010 VIII R 40/06, BFHE 228, 216,
BStBl II 2011, 254 = SIS 10 06 78; vom 26.4.1995 XI R 81/93, BFHE
178, 4, BStBl II 1995, 754 = SIS 95 17 45).
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