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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine Hochschule in der Rechtsform einer
Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 2
Satz 1 Nr. 3 und § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die
Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen).
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Im Anschluss an eine
Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) davon aus, dass die
Klägerin neben ihren bereits versteuerten Umsätzen
weitere steuerpflichtige Leistungen erbracht habe. Im Einzelnen
handelte es sich um die der Firma P im Rahmen von vier
Verträgen gegen Vergütung gestattete Aufstellung von
Automaten auf dem Hochschulgelände, die entgeltliche
Überlassung von Personal und Sachmitteln an
Hochschulbedienstete, die insbesondere im medizinischen Bereich
tätig waren, für deren Nebentätigkeiten auf der
Grundlage der Verordnung über die Nebentätigkeiten des
wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den
Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HNtV-NW) und um eine
Zahlung der Stadt Y (Stadt) an die Klägerin, die auf einer
vertraglichen Verpflichtung der Stadt beruhte, ein medizinisches
Institut als Aus- und Weiterbildungsstätte in Abstimmung mit
der Klägerin zu betreiben und diese bei einer
„Kostenüberdeckung“ an einem
„Mehrertrag“ bis zu einer bestimmten Höchstgrenze
zu beteiligen.
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Das FA erließ geänderte
Umsatzsteuerbescheide, mit denen die Umsatzsteuer für die
Streitjahre (1993 und 1994) von 114.410,96 DM auf 304.798 DM (1993)
und von 109.267,03 DM auf 322.765 DM (1994) erhöht wurde. Die
als steuerpflichtig erfassten Entgelte beliefen sich im Bereich der
Gestattung der Automatenaufstellung auf 113.837,39 DM (1993) und
auf 75.340,96 DM (1994) sowie im Bereich der Überlassung von
Personal und Sachmitteln auf 1.132.014 DM (1993) und 1.317.080 DM
(1994). Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte hinsichtlich
anderer Streitpunkte Erfolg, wurde aber im Übrigen als
unbegründet zurückgewiesen.
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Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen
gerichteten Klage statt. Die Einnahmen aus der Automatenaufstellung
seien als Vermögensverwaltung einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts nicht umsatzsteuerpflichtig. Auch
hinsichtlich der Überlassung von Personal und Sachmitteln
für Nebentätigkeiten der Hochschulbediensteten liege
keine unternehmerische Tätigkeit vor, da die Klägerin
insoweit ihre Tätigkeit nach der HNtV-NW auf
öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeübt habe. Es komme
dann die Annahme einer Unternehmerstellung zur Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen nach nationalem Recht nicht in Betracht.
Zwar verstoße das nationale Recht insoweit gegen die Sechste
Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG); dies sei jedoch unerheblich, da
eine Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu Lasten der Klägerin
nicht möglich sei. Hinsichtlich des Instituts fehle es an
einer unternehmerischen Tätigkeit. Es liege eine
Gewinnabführung aus einer „Kostenüberdeckung“
vor.
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Das Urteil des FG ist in EFG 2009, 1060 =
SIS 09 16 75 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision rügt das FA
Verletzung materiellen Rechts. Die Gestattung der
Automatenaufstellung führe zu einem Betrieb gewerblicher Art.
Insoweit fehle es an einer hoheitlichen Tätigkeit. Es liege
auch keine nichtsteuerbare Vermögensverwaltung vor. Die
Gestellung von Personal und Sachmitteln auf der Grundlage der
HNtV-NW sei nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes
1993 (UStG) i.V.m. § 4 des Körperschaftsteuergesetzes
(KStG) im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art erfolgt. Es
handele sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit. Aus der
HNtV-NW ergebe sich kein hoheitliches Handeln der Klägerin.
Die Klägerin habe insoweit vielmehr wie ein
privatwirtschaftlicher Unternehmer gehandelt, der sich durch den
Einsatz vorhandener Mittel weitere Einnahmequellen erschlossen
habe. Es handele sich nicht um eine der Klägerin
eigentümliche und vorbehaltene Aufgabe, die zur Annahme eines
Hoheitsbetriebs führe, zumal auch kein
öffentlich-rechtlicher Benutzungszwang bestehe. Sei der
Leistungsempfänger zur Inanspruchnahme der Leistung nicht
verpflichtet, sondern könne er die Leistung auch bei Privaten
nachfragen, könne zumindest eine
Wettbewerbsbeeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden. Dem
stehe die Abrechnung durch Verwaltungsakt nicht entgegen, da dies
auf dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis beruhe.
Eine Tätigkeit erfolge demgegenüber nur im Rahmen einer
öffentlich-rechtlichen Sonderregelung, wenn sie zur
Ausübung hoheitlicher Befugnisse führe. Die danach
erforderlichen Sanktionsbefugnisse lägen auf der Grundlage der
HNtV-NW nicht vor.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Sache an das FG
zurückzuverweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Nach den Feststellungen des FG zum nicht
revisiblen Landesrecht sei sie, die Klägerin, mit der
Überlassung von Personal und Sachmitteln aufgrund der HNtV-NW
aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung
tätig gewesen. Es bestehe kein zusätzliches Erfordernis,
dass hoheitliche Befugnisse ausgeübt werden müssten.
Unerheblich sei, ob es zu Wettbewerbsverzerrungen komme, da das
nationale Recht insoweit die Richtlinie 77/388/EWG unzutreffend
umgesetzt habe und ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung das
Wettbewerbskorrektiv nicht als steuerbegründendes Merkmal
gegen den Unternehmer angewendet werden dürfe. Selbst wenn auf
den Wettbewerb abzustellen wäre, bestehe zumindest kein
wettbewerbsrelevanter Markt, da die Hochschullehrer gehalten seien,
Einrichtungen und Personal des Dienstherrn in Anspruch zu nehmen,
weshalb die Genehmigung hierzu bereits durch die HNtV-NW erteilt
werde. Private könnten diese Leistungen nicht ebenso
erbringen.
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II. A. Der erkennende Senat konnte nach
Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den Richter am
Bundesfinanzhof X mit Beschluss vom 21.12.2009 in seiner
geschäftsplanmäßigen Besetzung entscheiden.
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B. Auf die Revision des FA ist das Urteil des
FG aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Zwar hat die Klägerin im Zusammenhang mit der
Institutsüberlassung keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen
erbracht, wie das FG insoweit zutreffend entschieden hat. Die
Klägerin war jedoch entgegen dem FG-Urteil aufgrund der gegen
Entgelt und durch privatrechtlichen Vertrag erteilten Gestattung,
Automaten auf dem Universitätsgelände der Klägerin
aufzustellen, Unternehmer und erbrachte insoweit steuerpflichtige
Leistungen. Ob die Klägerin auch im Rahmen der
öffentlich-rechtlich und gleichfalls gegen Entgelt erfolgten
Überlassung von Personal und Sachmitteln unternehmerisch
tätig war, kann der Senat nicht entscheiden, da das FG keine
Feststellungen zum möglichen Vorliegen von
Wettbewerbsverzerrungen getroffen hat.
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1. Juristische Personen des öffentlichen
Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer
Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG)
und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder
beruflich tätig, soweit keiner der in § 2 Abs. 3 Satz 2
UStG geregelten Sonderfälle vorliegt. Nach § 1 Abs. 1 Nr.
6 KStG sind „Betriebe gewerblicher Art“ von
juristischen Personen des öffentlichen Rechts
unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. § 4 KStG
hat folgenden Wortlaut:
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„(1) Betriebe gewerblicher Art von
juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des
§ 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle
Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen
Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der
Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der
Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich
herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht
erforderlich.
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(2) Ein Betrieb gewerblicher Art ist auch
unbeschränkt steuerpflichtig, wenn er selbst eine juristische
Person des öffentlichen Rechts ist.
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(3) Zu den Betrieben gewerblicher Art
gehören auch Betriebe, die der Versorgung der Bevölkerung
mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem
öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen.
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(4) Als Betrieb gewerblicher Art gilt die
Verpachtung eines solchen Betriebs.
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(5) Zu den Betrieben gewerblicher Art
gehören nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung
der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Für die
Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte
nicht aus.“
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§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG ist nach
ständiger Rechtsprechung des Senats unter
Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG
richtlinienkonform auszulegen (vgl. z.B. Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27.2.2003 V R 78/01, BFHE 201, 554,
BStBl II 2004, 431 = SIS 03 26 68, unter II.3., und vom 5.2.2004 V
R 90/01, BFHE 205, 323, BStBl II 2004, 795 = SIS 04 23 49, unter
II.4.b bb). Diese Bestimmung lautet:
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„Staaten, Länder, Gemeinden und
sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht
als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben
oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der
öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang
mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle,
Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.
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Falls sie jedoch solche Tätigkeiten
ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie für diese
Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine
Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren
Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
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Die vorstehend genannten Einrichtungen
gelten in jedem Fall als Steuerpflichtige in Bezug auf die in
Anhang D aufgeführten Tätigkeiten, sofern der Umfang
dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.
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Die Mitgliedstaaten können die
Tätigkeiten der vorstehend genannten Einrichtungen, die nach
Artikel 13 oder 28 von der Steuer befreit sind, als
Tätigkeiten behandeln, die ihnen im Rahmen der
öffentlichen Gewalt obliegen.“
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2. Ob und in welchem Umfang eine juristische
Person des öffentlichen Rechts Unternehmer ist, bestimmt sich
ausgehend vom Wortlaut von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m.
§ 4 KStG nach umsatzsteuerrechtlichen Grundsätzen.
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a) Aufgrund der Verweisung in § 2 Abs. 3
Satz 1 UStG gilt der Grundsatz umsatzsteuerrechtlicher und damit
richtlinienkonformer Auslegung auch für § 4 KStG
(BFH-Urteil vom 20.8.2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BFH/NV 2009,
2080 = SIS 09 33 08, Leitsatz 1 und unter II.2.a cc zu § 4
Abs. 1 und 5 KStG). Daher wird § 4 KStG im Rahmen der durch
§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG angeordneten Verweisung, die aus
Vereinfachungsgründen nur dazu dient, den Wortlaut dieser
Vorschrift nicht im Rahmen des UStG zu wiederholen, zum Bestandteil
des Umsatzsteuerrechts, so dass die von § 4 KStG verwendeten
Begriffe für die Bestimmung der Unternehmereigenschaft
juristischer Personen des öffentlichen Rechts
umsatzsteuerrechtlich und damit ggf. anders als bei einer
ausschließlich körperschaftsteuerrechtlichen Anwendung
dieser Vorschrift auszulegen sind.
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b) § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG definiert den
im gemeinschaftlichen Mehrwertsteuerrecht nicht vorgesehenen
Begriff des „Betriebs gewerblicher Art“
dahingehend, dass eine juristische Person des öffentlichen
Rechts eine „nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit
zur Erzielung von Einnahmen“ ausübt. Dies entspricht
der allgemeinen Unternehmerdefinition in § 2 Abs. 1 UStG.
Danach ist Unternehmer, wer nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen
tätig ist und dadurch eine unternehmerische (wirtschaftliche)
Tätigkeit ausübt (vgl. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG).
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Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG sind - ebenso
wie nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG - Gewinnerzielungsabsicht und
eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
unerheblich. Soweit § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG für
wirtschaftliche Tätigkeiten in der Land- und Forstwirtschaft -
anders als nach § 2 Abs. 1 UStG - eine Ausnahme regelt, wird
dies durch § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG ausdrücklich
korrigiert.
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Die somit von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG und
§ 2 Abs. 1 UStG zur Bestimmung der Unternehmereigenschaft
verwendeten Begriffe entsprechen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG. Danach ist hinsichtlich der wirtschaftlichen
Tätigkeit als Grundvoraussetzung der Unternehmerdefinition
nicht zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts
und anderen Personen zu differenzieren. Ob eine wirtschaftliche
Tätigkeit vorliegt, ist daher für alle Unternehmer und
damit für juristische Personen des öffentlichen Rechts
wie für andere Personen nach denselben Grundsätzen zu
prüfen. Dementsprechend setzt die Anwendung der für
Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehenden
Sonderregelungen des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG nach
ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) voraus, dass es sich um eine
wirtschaftliche Tätigkeit i.S. von Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG handelt (EuGH-Urteile vom 26.6.2007 C-284/04,
T-Mobile, Slg. 2007, I-5189, BFH/NV Beilage 2007, 402 = SIS 07 23 27 Rdnr. 48, und C-369/04, Hutchison 3G, Slg. 2007, I-5247, BFH/NV
Beilage 2007, 407 = SIS 07 23 29 Rdnr. 42, zur Vergabe von
UMTS-Lizenzen; vom 13.12.2007 C-408/06, Götz, Slg. 2007,
I-11295, BFH/NV Beilage 2008, 147 = SIS 08 10 52, und vom
29.10.2009 C-246/08, Kommission/Finnland, BFH/NV 2009, 2115 = SIS 09 37 70 Rdnr. 53).
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Damit eine Tätigkeit wirtschaftlicher Art
ist, muss es sich entsprechend der allgemeinen Definition in Art. 4
Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG auch bei juristischen Personen des
öffentlichen Rechts um eine nachhaltig und gegen Entgelt
ausgeübte Tätigkeit handeln (EuGH-Urteile Götz in
Slg. 2007, I-11295, BFH/NV Beilage 2008, 147 Rdnrn. 14 und 18, und
Kommission/Finnland in BFH/NV 2009, 2115 = SIS 09 37 70 Rdnr. 37).
Dementsprechend begründen weder Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie
77/388/EWG noch § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 KStG
die Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand, sondern
schränken sie ein (BFH-Urteil vom 28.10.2004 V R 19/04, BFH/NV
2005, 725 = SIS 05 18 57, unter II.1.).
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c) Die umsatzsteuerrechtliche Auslegung des
Begriffs der wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. von § 2 Abs.
3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG kann dazu
führen, dass Tätigkeiten, die im Bereich der
Körperschaftsteuer als sog. Vermögensverwaltung
juristischer Personen des öffentlichen Rechts nicht besteuert
werden, gleichwohl umsatzsteuerbar sind.
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aa) Nach der h.M. zum
Körperschaftsteuerrecht fällt z.B. die langfristige
Vermietung unbeweglichen Vermögens als (bloße)
„Vermögensverwaltung“ nicht unter § 4
Abs. 1 KStG (vgl. z.B. Heger in Gosch,
Körperschaftsteuergesetz, § 4 Rz 50, m.w.N.;
Sauter/Bollweg in Erle/Sauter, KStG, § 4 Rz 13, m.w.N.).
Dieses Ergebnis wird teilweise auf die fehlende Wettbewerbsrelevanz
der Vermögensverwaltung (Heger, a.a.O.), teilweise auf §
14 der Abgabenordnung gestützt, der allerdings die
Vermögensverwaltung nur von einem „wirtschaftlichen
Geschäftsbetrieb“ ausnimmt (Satz 1) und u.a.
bestimmt, dass eine Vermögensverwaltung „in der
Regel“ vorliegt, wenn unbewegliches Vermögen
vermietet oder verpachtet wird (vgl. Sauter/Bollweg in Erle/Sauter,
a.a.O.). Teilweise wird aus der Fiktion in § 4 Abs. 4 KStG
hergeleitet, dass grundsätzlich die Vermögensverwaltung
nicht unter § 4 Abs. 1 KStG fällt (vgl. Stadie in
Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 861).
Nach anderer Auffassung handelt es sich bei der
Vermögensverwaltung um ein „negatives
Tatbestandsmerkmal“, das allerdings nicht mehr in den
Tatbestand des § 4 KStG hineingelesen werden sollte (Stein in
Gail/Goutier/Grützner, KStG, § 4 Rz 67).
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bb) Ist der Begriff der wirtschaftlichen
Tätigkeit für juristische Personen des öffentlichen
Rechts und andere Personen einheitlich auszulegen (s. oben II.2.b)
kommt dem Begriff der sog. Vermögensverwaltung
umsatzsteuerrechtlich keine Bedeutung zu. Maßgeblich ist, ob
eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuerrechts
vorliegt. Ist dies wie z.B. bei der Vermietung unbeweglichen
Vermögens durch eine Privatperson zu bejahen (vgl. § 4
Nr. 12 UStG und Art. 13 Teil B Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie
77/388/EWG), liegt entgegen der Auffassung der Klägerin auch
bei einer derartigen Vermietung durch eine juristische Person des
öffentlichen Rechts umsatzsteuerrechtlich eine wirtschaftliche
Tätigkeit vor, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich
körperschaftsteuerrechtlich (vgl. z.B. BFH-Urteil vom
13.3.1974 I R 7/71, BFHE 112, 61, BStBl II 1974, 391 = SIS 74 02 22) um „Vermögensverwaltung“ handelt.
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Soweit der XI. Senat des BFH davon ausgegangen
ist, dass die Verpachtung von Räumen im Bereich der
Umsatzsteuer eine vermögensverwaltende und damit
nichtunternehmerische Tätigkeit sei (BFH-Urteil vom 11.6.1997
XI R 33/94, BFHE 182, 454, BStBl II 1999, 418 = SIS 97 17 58), hat
der erkennende Senat diese Rechtsprechung spätestens durch den
BFH-Beschluss vom 20.12.2007 V R 70/05 (BFHE 221, 80, BStBl II
2008, 454 = SIS 08 13 69, unter III.1., m.w.N. zur Rechtsprechung
des Senats) aufgegeben, wonach die auf privatrechtlicher Grundlage
erfolgende Vermietung unbeweglichen Vermögens im Rahmen der
richtlinienkonformen Auslegung von § 2 Abs. 3 UStG eine
wirtschaftliche (unternehmerische) Tätigkeit ist. Einer
Abweichungsanfrage an den XI. Senat bedurfte es dabei nicht, da der
erkennende Senat im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich
für Umsatzsteuer zuständig war.
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cc) Die Klägerin beruft sich für
ihre Auffassung, die Vermögensverwaltung unterliege nicht der
Umsatzsteuer, zu Unrecht auf das EuGH-Urteil vom 4.6.2009 C-102/08,
Salix (BFH/NV 2009, 1222 = SIS 09 21 00, erster Leitsatz) und das
nachfolgende Urteil des erkennenden Senats vom 20.8.2009 V R 70/05
(BFH/NV 2009, 2077 = SIS 09 33 72). Diese Entscheidungen betreffen
die Ermächtigung der Mitgliedstaaten nach Art. 4 Abs. 5
Unterabs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG. Zur Ausübung dieser
Ermächtigung, abweichend von Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 bis 3
der Richtlinie 77/388/EWG bestimmte Tätigkeiten der
öffentlichen Hand auch dann „als Tätigkeiten zu
behandeln, die ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt
obliegen“, bedarf es einer ausdrücklichen Regelung
des Mitgliedstaates. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob eine
wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, da Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 77/388/EWG zwingend umzusetzen ist und durch § 2
Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 UStG auch
umgesetzt wurde.
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dd) Gegen die durch eine
Vermögensverwaltung begründete Unternehmerstellung
juristischer Personen des öffentlichen Rechts spricht
schließlich auch nicht der von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG
und von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG verwendete Begriff
„Betrieb gewerblicher Art“ selbst. Denn § 4
Abs. 1 Satz 1 KStG definiert die Voraussetzungen für einen
„Betrieb gewerblicher Art“. Im Übrigen
lassen sich aus dieser Sammelbezeichnung für steuerbare
Tätigkeiten der juristischen Personen des öffentlichen
Rechts keine Rechtsfolgen ableiten, wie sich bereits daraus ergibt,
dass eine gewerbliche Tätigkeit ein Handeln in
Gewinnerzielungsabsicht voraussetzt (vgl. § 15 Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes), es auf eine derartige Absicht aber
für den „Betrieb gewerblicher Art“ nach der
ausdrücklichen Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG nicht
ankommt.
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d) Das Tatbestandsmerkmal
„Einrichtung“ in § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG
setzt lediglich voraus, dass sich die Tätigkeit der
juristischen Person des öffentlichen Rechts von deren
sonstiger Tätigkeit funktionell abgrenzen lässt
(BFH-Beschluss vom 3.2.2010 I R 8/09, DStR 2010, 645 = SIS 10 06 49, unter II.2.a). Dies liegt bei einer nachhaltigen und zur
Erzielung von Einnahmen ausgeübten Tätigkeit vor.
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e) Soweit § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG weiter
voraussetzt, dass sich die wirtschaftliche Tätigkeit der
juristischen Person des öffentlichen Rechts aus ihrer
Gesamtbetätigung herausheben muss, hat der Senat die
Maßgeblichkeit absoluter Gewinn- oder Umsatzgrenzen, wie sie
in Abschn. 6 der Körperschaftsteuer-Richtlinien vorgesehen
sind, ausdrücklich verneint (BFH-Urteil vom 25.10.1989 V R
111/85, BStBl II 1990, 868, BFH/NV 1990, 533 = SIS 90 25 05), da
diese Grenzen weder mit dem Erfordernis der
Gleichmäßigkeit der Besteuerung noch mit dem notwendigen
Ausschluss von Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zu
privaten Unternehmen vereinbar sind (BFH-Urteil vom 11.1.1979 V R
26/74, BFHE 127, 83, BStBl II 1979, 746 = SIS 79 03 86, unter 4.
und 5.). Für eine einschränkende Auslegung dieses
Kriteriums im Rahmen der Anwendung von § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG
über § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG spricht im Übrigen, dass
für das Erfordernis des „wirtschaftlichen
Heraushebens“ aus der Gesamtbestätigung zumindest
keine ausdrückliche Grundlage in Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie
77/388/EWG besteht.
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3. In Übereinstimmung mit den
vorstehenden Grundsätzen hat das FG zu Recht entschieden, dass
die Klägerin bei der Gestattung der Automatenaufstellung und
bei der Überlassung von Personal und Sachmitteln, nicht aber
auch bei der Institutsüberlassung wirtschaftlich
(unternehmerisch) tätig ist.
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a) Die Klägerin erbrachte bei der
Gestattung der Automatenaufstellung und bei der Überlassung
von Personal und Sachmitteln Leistungen gegen Entgelte, die sie
entweder frei vereinbarte (Gestattung der Automatenaufstellung)
oder die zumindest nach § 15 HNtV-NW (Überlassung von
Personal und Sachmitteln) „kostendeckend zu
bemessen“ waren. Auch ein nur kostendeckender
Aufwendungsersatz ist Entgelt (BFH-Urteil vom 5.12.2007 V R 60/05,
BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486 = SIS 08 17 97, unter II.1.a).
Soweit die Klägerin hiergegen einwendet, es handele sich bei
der gesetzlichen Pflicht zur kostendeckenden Bemessung nur um eine
„Absichtserklärung“, die in der Praxis
keine Rolle spiele, da die Entgelte nicht nach dem Aufwand der
Klägerin, sondern „umsatzabhängig“
nach den Einnahmen des Hochschulbediensteten aufgrund der
Verwendung von Personal und Sachmitteln bemessen werden, und es
daher nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils
Kommission/Finnland in BFH/NV 2009, 2115 = SIS 09 37 70 am
erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und
Entgelt fehle, folgt der Senat dem nicht. Für einen
Verstoß gegen eine § 15 HNtV-NW wahrende
Entgeltbemessung bestehen aufgrund der für den Senat bindenden
Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) keinerlei
Anhaltspunkte. Weiter betrifft das EuGH-Urteil Kommission/Finnland
in BFH/NV 2009, 2115 = SIS 09 37 70 den Sonderfall einer
Leistungserbringung gegen ein Entgelt, das nach den
Einkommensverhältnissen des Leistungsempfängers bemessen
wird und - anders als z.B. ein umsatzabhängiges Entgelt - in
keiner Beziehung zur betreffenden Leistung steht (vgl. auch
Widmann, UR 2010, 221). Demgegenüber geht es im Streitfall
allenfalls um eine Leistungserbringung gegen ein vom Umsatz des
Leistungsempfängers abhängiges Entgelt.
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Die Klägerin war weiter nachhaltig
tätig, da sie ihre Leistungen über einen längeren
Zeitraum erbrachte. Im Streitfall sind schließlich sowohl die
Gestattung der Automatenaufstellung und auch die Überlassung
von Personal und Sachmitteln eine aus der Gesamtbetätigung
herausgehobene wirtschaftliche Tätigkeit, da die Klägerin
in beiden Bereichen erhebliche Entgelte erzielte. Im Streitfall ist
daher nicht zu entscheiden, ob das Erfordernis des wirtschaftlichen
Heraushebens mit Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG zu vereinbaren
ist. Ob es sich bei dieser wirtschaftlichen Tätigkeit der
Klägerin nach körperschaftsteuerrechtlichen
Grundsätzen um eine Vermögensverwaltung handelte, ist
umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung.
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b) Wie das FG zu Recht entschieden hat, war
die Klägerin demgegenüber bei der
Institutsüberlassung nicht wirtschaftlich tätig, da die
Überlassung nur gegen eine Überschussbeteiligung
erfolgte. Wie bei einer nur im Rahmen einer allgemeinen
Gewinnbeteiligung vergüteten Gesellschafterleistung fehlte der
für eine steuerbare Leistung erforderliche unmittelbare
Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt (vgl. BFH-Urteil in BFHE
219, 455, BStBl II 2009, 486 = SIS 08 17 97, unter II.1.a).
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4. Entgegen der Auffassung der Klägerin
lagen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4
Abs. 5 KStG, wonach eine juristische Person des öffentlichen
Rechts nicht als Unternehmer handelt, wenn sie bei ihrer
Tätigkeit öffentliche Gewalt ausübt, hinsichtlich
der Gestattung der Automatenaufstellung nicht vor. Die
Klägerin erbrachte insoweit umsatzsteuerpflichtige
Leistungen.
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a) § 4 Abs. 5 KStG definiert den Begriff
Ausübung öffentlicher Gewalt nicht, sondern ordnet in
Satz 2 dieser Vorschrift nur an, dass allein Zwangs- und
Monopolrechte noch keine Ausübung öffentlicher Gewalt
begründen.
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b) Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH
(Urteil vom 14.12.2000 C-446/98, Fazenda Pública, Slg. 2000,
I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 = SIS 01 05 43 Rdnr. 16, m.w.N.)
legt der erkennende Senat den Begriff der öffentlichen Gewalt
unter Beachtung des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG
umsatzsteuerrechtlich und daher richtlinienkonform aus (vgl. z.B.
BFH-Urteile in BFHE 201, 554, BStBl II 2004, 431 = SIS 03 26 68,
unter II.3., m.w.N.; vom 18.12.2003 V R 66/01, BFH/NV 2004, 985 =
SIS 04 23 21; in BFHE 205, 323, BStBl II 2004, 795 = SIS 04 23 49,
unter II.4.b bb, m.w.N.; vom 12.10.2004 V R 15/02, BFH/NV 2005, 388
= SIS 05 12 75; vom 1.7.2004 V R 64/02, BFH/NV 2005, 252 = SIS 05 08 18; in BFHE 221, 80, BStBl II 2008, 454 = SIS 08 13 69, unter
II.2.b bb; vom 3.7.2008 V R 51/06, BFHE 222, 128, BStBl II 2009,
213 = SIS 08 41 89, unter II.2.b; BFH-Beschluss vom 31.7.2007 V B
44/06, BFH/NV 2007, 2365 = SIS 08 01 74). Entscheidend ist danach
insbesondere, ob die juristische Person (Einrichtung) des
öffentlichen Rechts im Rahmen einer
öffentlich-rechtlichen Sonderregelung oder unter den gleichen
rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer
tätig ist (EuGH-Urteil Fazenda Pública in Slg. 2000,
I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 Rdnr. 17, m.w.N.).
Maßgeblich sind hierfür die im nationalen Recht
vorgesehenen Ausübungsmodalitäten, wobei das
Gebrauchmachen hoheitlicher Befugnisse für eine einer
öffentlich-rechtlichen Sonderregelung unterliegenden
Tätigkeit spricht (EuGH-Urteil Fazenda Pública in Slg.
2000, I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 Rdnrn. 21 f.).
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Unerheblich sind demgegenüber Gegenstand
oder Zielsetzung der Tätigkeit (EuGH-Urteil Fazenda
Pública in Slg. 2000, I-11435, BFH/NV Beilage 2001, 40 Rdnr.
19, m.w.N.). Es ist daher ohne Belang, ob die juristische Person
des öffentlichen Rechts durch ihre Tätigkeit
öffentliche Aufgaben wahrnimmt, die ihr aus Gründen des
Gemeinwohls und unabhängig von jedem unternehmerischen oder
geschäftlichen Ziel durch Gesetz zugewiesen sind (EuGH-Urteil
Kommission/Finnland in BFH/NV 2009, 2115 = SIS 09 37 70 Rdnr. 40;
vgl. auch BFH-Urteil vom 28.11.1991 V R 95/86, BFHE 167, 207, BStBl
II 1992, 569 = SIS 92 11 38, unter B.I.2.b).
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Dieser Abgrenzung folgt im Übrigen auch
der I. Senat des BFH (Beschluss in DStR 2010, 645 = SIS 10 06 49,
unter II.2.c aa). Danach ist eine Ausübung öffentlicher
Gewalt „insoweit ausgeschlossen, als sich die
Körperschaft durch ihre Einrichtungen in den allgemeinen
wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit
entfaltet, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines
privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet
(...). Dann bewegt sich auch die juristische Person des
öffentlichen Rechts in Bereichen der unternehmerischen Berufs-
und Gewerbeausübung, in denen private Unternehmen durch den
Wettbewerb mit Körperschaften des öffentlichen Rechts
ihrerseits nicht benachteiligt werden dürfen“.
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c) Die Klägerin hat im Streitfall die
Automatenaufstellung auf dem Universitätsgelände auf
privatrechtlicher Grundlage gestattet und handelte daher als
Unternehmer.
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Die Umsätze aus dieser Tätigkeit
sind auch nicht nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei. Wie
das FG insoweit zutreffend entschieden hat, gehört die
Gestattung der Automatenaufstellung nicht zu der nach dieser
Vorschrift steuerfreien Vermietung und Verpachtung von
Grundstücken (vgl. EuGH-Urteil vom 12.6.2003 C-275/01,
Sinclair Collis, Slg. 2003, I-5965, BFH/NV Beilage 2003, 216 = SIS 03 29 11).
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5. Der Senat kann nicht entscheiden, ob die
Klägerin mit der Überlassung von Personal und Sachmitteln
in Ausübung öffentlicher Gewalt tätig war. Die Sache
war daher an das FG zurückzuverweisen.
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a) Nach den Feststellungen des FG erfolgte die
Überlassung von Personal und Sachmitteln durch die
Klägerin für die Nebentätigkeiten der bei ihr
Beschäftigten auf der Grundlage der Bestimmungen der HNtV-NW,
denen das FG öffentlich-rechtlichen Charakter beigemessen hat.
An diese Rechtsauslegung der landesrechtlichen Bestimmungen der
HNtV-NW ist der Senat im Revisionsverfahren gebunden, da nach
§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO die Prüfung des angefochtenen
Urteils nur im Hinblick auf die Verletzung von Bundesrecht erfolgt
(BFH-Urteile vom 8.1.1998 V R 32/97, BFHE 185, 283, BStBl II 1998,
410 = SIS 98 13 34; vom 19.5.1983 IV R 205/79, BFHE 139, 41, BStBl
II 1983, 670 = SIS 83 20 27). Entgegen der Auffassung des FA kommt
es bei richtlinienkonformer Auslegung im Übrigen nicht auf die
Ausübung hoheitlicher Sanktionsbefugnisse an. Ausreichend ist
vielmehr, dass die Klägerin als Körperschaft des
öffentlichen Rechts im Rahmen einer Sonderregelung des
öffentlichen Rechts tätig war.
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b) Für die Ausübung
öffentlicher Gewalt i.S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG
i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG ist bei richtlinienkonformer
Auslegung nicht nur Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG, sondern auch Unterabs. 2 dieser Bestimmung zu
berücksichtigen. Selbst wenn nach den
Ausübungsmodalitäten der Tätigkeiten
grundsätzlich eine Ausübung öffentlicher Gewalt
vorliegt, „gelten“ die juristischen Personen
(Einrichtungen) des öffentlichen Rechts nur als
Nichtunternehmer (Nichtsteuerpflichtige), wenn dies „nicht
zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen
würde“. Auch ohne wörtliche Übernahme von
Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ergibt sich das
Kriterium der Wettbewerbsverzerrung bereits unmittelbar aus dem
Begriff des „Hoheitsbetriebs“ i.S. von § 2
Abs. 3 Satz 1 UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG selbst. Denn
die öffentliche Hand kann das ihr von dieser Vorschrift
eingeräumte Besteuerungsprivileg nicht in Anspruch nehmen,
wenn sie - wenn auch nur ungewollt - in Wettbewerb zur privaten
Wirtschaft tritt (BFH-Urteil vom 14.3.1990 I R 156/87, BFHE 161,
46, BStBl II 1990, 866 = SIS 90 19 19, unter II.4.a).
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Dementsprechend ist es auch dem
körperschaftsteuerrechtlichen Begriff der Ausübung
öffentlicher Gewalt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1
KStG nach ständiger Rechtsprechung des I. Senats des BFH
wesensimmanent, dass es durch die Ausübung der
öffentlichen Gewalt nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen
darf (BFH-Urteile vom 25.1.2005 I R 63/03, BFHE 209, 195, BStBl II
2005, 501 = SIS 05 18 96, unter II.2.; vom 7.11.2007 I R 52/06,
BFHE 219, 563, BStBl II 2009, 248 = SIS 08 15 02; vom 29.10.2008 I
R 51/07, BFHE 223, 232 = SIS 08 43 31, unter II.1., und
BFH-Beschluss in DStR 2010, 645 = SIS 10 06 49, unter II.2.c
aa).
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c) Das sich unmittelbar aus dem Begriff der
Ausübung öffentlicher Gewalt (Hoheitsbetrieb) ergebende
Wettbewerbskriterium verstößt entgegen der Auffassung
der Klägerin weder gegen das Erfordernis der Besteuerung durch
„eine verbindliche, konkrete bestimmte und klare Regelung
im Gesetz“ noch gegen den Wortlaut des § 4 Abs. 5
KStG, da der BFH einen mangels gesetzlicher Erläuterung
auslegungsbedürftigen Begriff in Übereinstimmung mit dem
Normzweck der Regelung einschränkend auslegt. Aufgrund dieser,
sich bereits unmittelbar aus § 4 Abs. 5 KStG ergebenden
Beurteilung ist das Kriterium der Wettbewerbsverzerrung auch bei
Anwendung von § 4 Abs. 5 KStG über § 2 Abs. 3 Satz 1
UStG - entgegen der Auffassung der Klägerin - hinreichend
„verankert“.
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Die Klägerin übersieht die bereits
zum UStG 1951 und zum UStG 1967 ergangene Rechtsprechung des
Senats, nach der die öffentliche Hand, wenn sie in Wettbewerb
zur privaten Wirtschaft tritt, keine hoheitliche Tätigkeit
ausübt, da der private Unternehmer nach dem Grundsatz der
Gleichmäßigkeit der Besteuerung durch den Wettbewerb
öffentlich-rechtlicher Körperschaft nicht benachteiligt
werden darf (BFH-Urteile vom 17.2.1972 V R 55/69, BFHE 105, 183,
BStBl II 1972, 555 = SIS 72 03 26, unter 1.; ebenso zum UStG 1967
vom 26.5.1977 V R 15/74, BFHE 123, 70, BStBl II 1977, 813 = SIS 77 04 53, unter 1., und in BFHE 127, 83, BStBl II 1979, 746 = SIS 79 03 86, unter 4.). Soweit der Senat in diesen Urteilen neben dem
Wettbewerbskriterium nicht auf die Ausübungsmodalitäten
der Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen
Rechts abgestellt hat (s. oben II.4.b), hat der Senat hieran im
Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung des UStG 1980 nicht
festgehalten (s. die Rechtsprechungsnachweise unter II.4.b).
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d) Die Sache ist nicht spruchreif, da das FG
zur Frage, ob die Behandlung der Klägerin als
Nichtsteuerpflichtige zu größeren
Wettbewerbsverzerrungen führt, keine Feststellungen getroffen
hat.
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Bei der im zweiten Rechtsgang nachzuholenden
Prüfung wird das FG zu berücksichtigen haben, dass keine
Wettbewerbsverzerrungen vorliegen, wenn private Anbieter entweder
keine vergleichbaren Leistungen erbringen oder aber die Leistungen
privater Anbieter - wie z.B. bei der Überlassung von
Einrichtungen und der damit verbundenen Gestellung von
medizinischem Hilfspersonal nach § 4 Nr. 16 UStG als mit dem
Betrieb eines Krankenhauses eng verbundener Umsatz - steuerfrei
sind (vgl. zur Steuerfreiheit Abschn. 100 Abs. 2 Nr. 4 der
Umsatzsteuer-Richtlinien 1992). Denn die Nichtbesteuerung der
öffentlichen Hand kann für den Fall, dass die Leistungen
privater Wettbewerber steuerfrei sind, nicht zu einer
Wettbewerbsverzerrung führen. Dass die Bundesrepublik
Deutschland die nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der Richtlinie
77/388/EWG bestehende Ermächtigung, steuerfreie
Tätigkeiten als im Rahmen der öffentlichen Gewalt
obliegend zu behandeln, nicht ausgeübt hat (BFH-Urteil in
BFH/NV 2009, 2077 = SIS 09 33 72), ist dabei ohne Bedeutung. Denn
diese Ermächtigung gestattet nur, steuerfreie - und damit in
privatrechtlicher Handlungsform ausgeübte - Tätigkeiten
als Ausübung öffentlicher Gewalt zu behandeln, betrifft
aber nicht den Umkehrfall, dass eine juristische Person des
öffentlichen Rechts in öffentlich-rechtlicher
Handlungsform tätig ist.
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