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Organschaft mit Tochterpersonengesellschaft

Organschaft mit Tochterpersonengesellschaft: Neben einer juristischen Person kann auch eine Personengesellschaft in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein, wenn Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind (Änderung der Rechtsprechung). (Hinweis aus BStBl 2017 II S. 548 auf BMF-Schreiben vom 26. Mai 2017 - III C 2 - S 7105/15/10002 = SIS 17 08 95) - Urt.; BFH 2.12.2015, V R 25/13; SIS 16 00 91

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Gesellschaften / Umsatzsteuer
Fundstellen
  1. BFH 02.12.2015, V R 25/13
    BStBl 2017 II S. 547
    DStR 2016 S. 219
    BFH/NV 2016 S. 500
    BFHE 251 S. 534

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 24.5.2017
    o.V. in NWB 6/2016 S. 395
    Dr. U. Grünwald in DStR 5/2016 S. 219
    J.H. in StuB 3/2016 S. 118
    B. Rätke in BBK 5/2016 S. 212
    Ch. Wäger in UR 5/2016 S. 173
    Ch. Levedag in GmbHR 4/2016 S. R 55
    B. Liegmann in BB 9/2016 S. 543
    Ch. Wäger in BFH/PR 4/2016 S. 112
    M. Brill in DStZ 5/2016 S. 133
    wt in UVR 4/2016 S. 100
    Streit in MWStR 6/2016 S. 240
    S. Pluskat in EWIR 9/2016 S. 265
    B. Fleckenstein-Weiland in BB 18/2016 S. 1052
    -/- in GmbH-Stpr 6/2016 S. 180
    KAM in Stbg 7-8/2016 S. M 8
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2
[UStG] § 2 Abs. 2 Nr. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG München, 13.03.2013, SIS 13 21 42, Organschaft, Zurechnung, Personengesellschaft, Umsatzsteuer, EG, EU
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Münster 23.3.2023, SIS 23 08 32, Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft, Eingliederungsmerkmale: 1. Nach höchstrichterlicher Recht...
  • BFH 16.3.2023, SIS 23 05 84, Erfordernis eines Änderungsantrags zur Vermeidung widerstreitender Steuerfestsetzung bei Organschaft: 1. ...
  • BFH 18.1.2023, SIS 23 04 64, Organschaft, Steuerschuldner und finanzielle Eingliederung: 1. Die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ergeben...
  • Sächsisches FG 6.12.2022, SIS 23 05 67, "Dinner-Show" mit mehrgängigem Menü und Unterhaltung durch Artisten und Musiker als einheitliche, komplex...
  • FG Münster 26.4.2022, SIS 22 11 22, Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft, Nichtsteuerbarkeit innerorganschaftl. Umsätze: 1. Nach st...
  • BFH 1.2.2022, SIS 22 15 86, Organschaft bei GmbH & Co. KG: 1. Für die wirtschaftliche Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mü...
  • Hessisches FG 27.1.2022, SIS 22 06 53, Berücksichtigung der Pro-Kopf-Betrachtung bei mittelbarer Anteilsvereinigung allenfalls im Rahmen des nic...
  • FG Münster 2.11.2021, SIS 21 21 10, Organschaft, Steuerschuldnerschaft, Bereitstellung von Flüssigfuttermittel als einheitliche Lieferung: 1....
  • BFH 26.8.2021, SIS 21 15 89, Drittwirkung der Steuerfestsetzung bei Organschaft: 1. Ist für eine Organgesellschaft entgegen § 2 Abs. 2...
  • FG Düsseldorf 24.11.2020, SIS 21 00 83, Finanzielle Eingliederung im Fall einer körperschaftsteuerlichen Organschaft: 1. Die finanzielle Einglied...
  • FG Düsseldorf 20.11.2020, SIS 21 19 83, Umsatzsteuerliche Organschaft, nicht steuerbare Innenumsätze der Komplementär-GmbH einer Einpersonen-GmbH...
  • BFH 28.10.2020, SIS 21 07 66, Grenzen der nachgelagerten Besteuerung von Einkünften aus ausländischen Altersvorsorgesystemen ("401(k) p...
  • FG Münster 7.4.2020, SIS 20 20 30, Organschaft, Voraussetzungen, Umsatzsteuerfestsetzung, Änderung, Berufung auf den Grundsatz von Treu und ...
  • BFH 12.2.2020, SIS 20 06 20, Zum Vorsteuerabzug einer Holding (Konzeptionskosten einer Holdingstruktur) bei angeblicher Dienstleistung...
  • BFH 11.12.2019, SIS 20 02 82, EuGH-Vorlage zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft: Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidu...
  • FG Berlin-Brandenburg 21.11.2019, SIS 19 20 60, EuGH-Vorlage, Personengesellschaft bei Beteiligung auch von nicht finanziell in das Unternehmen des Organ...
  • BFH 13.11.2019, SIS 19 19 21, Organschaft, wirtschaftliche Eingliederung im Umsatzsteuerrecht: 1. Zu einer wirtschaftlichen Eingliederu...
  • FG Baden-Württemberg 7.11.2019, SIS 20 13 21, Personengesellschaft als Organgesellschaft: 1. Die Eingliederung einer Personengesellschaft in das Untern...
  • FG Berlin-Brandenburg 27.6.2019, SIS 19 12 69, Personengesellschaft als umsatzsteuerliche Organgesellschaft trotz Gesellschafterstellung von Personen, d...
  • BFH 26.6.2019, SIS 19 15 03, Übertragung des Betriebsgrundstücks auf die bisherige Organgesellschaft im Rahmen der Beendigung der Orga...
  • BFH 17.1.2019, SIS 19 08 27, Thesaurierungsbegünstigung bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf eine Stiftung: Die unentgeltli...
  • FG München 24.10.2018, SIS 18 20 22, Grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung von Grundstücken an eine Obergesellschaft, Anwendungsbereich des §...
  • FG Baden-Württemberg 18.10.2018, SIS 18 19 73, Umsatzsteuerpflichtige, zur Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG führende Entnahme der auf dem Ehegatte...
  • BFH 19.7.2018, SIS 18 14 50, Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft (§ 7 Satz...
  • BFH 16.5.2018, SIS 18 10 59, Zu den Voraussetzungen der Berichtigung beim unrichtigen Steuerausweis: Die wirksame Berichtigung eines S...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 6.2.2018, SIS 18 07 61, Umsatzsteuerliche Organschaft, finanzielle Eingliederung im Falle einer Mehrheitsbeteiligung ohne Stimmre...
  • FG Baden-Württemberg 31.1.2018, SIS 18 05 48, Finanzielle Eingliederung als Voraussetzung für umsatzsteuerrechtliche Organschaft bei mittelbarer hälfti...
  • FG Bremen 14.12.2017, SIS 17 24 10, Keine körperschaft- bzw. gewerbesteuerrechtliche Organschaft bei nur 50%iger Beteiligung des vermeintlich...
  • BFH 6.12.2017, SIS 17 25 70, Grundsteuerbefreiung bei Öffentlich-Privater Partnerschaft: Die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG erforderlich...
  • FG des Saarlandes 16.11.2017, SIS 17 24 12, Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nach Umwandlung, Gewerbesteuer als Veräußerungskosten, keine Anwe...
  • BFH 27.9.2017, SIS 17 20 63, Grundsteuerbefreiung bei Öffentlich-Privater Partnerschaft: 1. Die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG erforderl...
  • OFD Frankfurt 11.7.2017, SIS 17 14 44, Umsatzsteuerliche Organschaft: Die OFD Frankfurt a.M. hat ihre Rundverfügung zur umsatzsteuerlichen Organ...
  • FG Berlin-Brandenburg 21.6.2017, SIS 17 15 21, Beteiligung einer Steuerberatungs-GmbH als Kommanditistin an mehreren GmbH & Co. KGs und Auslagerung von ...
  • FG Münster 13.6.2017, SIS 17 14 94, Mehrstufige Organschaft: 1. Für die Annahme einer Organschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist erforder...
  • BMF 26.5.2017, SIS 17 08 95, Umsatzsteuerrechtliche Organschaft: Als Konsequenz aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs u...
  • BFH 10.5.2017, SIS 17 12 40, Organisatorische Eingliederung durch Beherrschungsvertrag: Unterstellt eine juristische Person gemäß oder...
  • FG Düsseldorf 14.3.2017, SIS 17 11 09, Abzug von Schulgeldzahlungen als außergewöhnliche Belastungen: 1. Aufwendungen für den Besuch einer Priva...
  • FG Münster 12.1.2017, SIS 17 05 09, Zuwendung an Mitgesellschafter einer PersG: Die Einlage eines Kommanditisten, die auf einem gesellschafts...
  • FG Rheinland-Pfalz 8.12.2016, SIS 17 01 04, Auswirkungen eines Gesamtplans auf den Zeitpunkt der Beendigung einer Organschaft: 1. Die Beendigung der ...
  • BFH 24.11.2016, SIS 16 27 88, Überentnahmen wegen der Entnahme von Wirtschaftsgütern, die bereits vor dem 1.1.1999 zum Betriebsvermögen...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 15.9.2016, SIS 17 02 67, Fiktiver Dividendenanteil bei Formwechseln von Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft, keine Minderu...
  • FG Münster 13.9.2016, SIS 16 27 34, Frage des Vorliegens einer Haupt- oder Nebenleistung bei Verpachtung von Einrichtungsgegenständen an Pfle...
  • OFD Frankfurt 11.7.2016, SIS 16 17 49, Umsatzsteuerliche Organschaft: Die OFD Frankfurt a.M. hat ihre Rundverfügung zur umsatzsteuerlichen Organ...
  • BFH 1.6.2016, SIS 16 14 50, Vorsteuerabzug einer geschäftsleitenden Holding, Organschaft, GmbH & Co. KG als juristische Person i.S. d...
  • OFD Frankfurt 24.5.2016, SIS 16 14 26, Umsatzsteuerliche Organschaft, BFH-Rechtsprechung: Die OFD Frankfurt a.M. hat zur umsatzsteuerlichen Orga...
  • FG Baden-Württemberg 14.4.2016, SIS 16 22 30, Keine umsatzsteuerliche Organschaft bei Schwestergesellschaften: 1. Es liegt keine Organschaft zwischen e...
  • BFH 19.1.2016, SIS 16 04 58, Vorsteuerabzug einer geschäftsleitenden Holding, Organschaft, GmbH & Co. KG als juristische Person i.S. d...
  • BFH 2.12.2015, SIS 16 02 74, Organschaft und Eingliederungsvoraussetzungen: 1. Finanziell eingegliedert i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG...
Fachaufsätze
  • LIT 03 80 36 H.-H. Heidner, DB 12/2019 S. 626: Die neuere Rechtsprechung des BFH zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft - Lit.; H.-H. Heidner, DB 12/20...
  • LIT 03 11 86 -, WPg 4/2016 S. 246: Konzernbesteuerung bei der Umsatzsteuer - Lit.; -, WPg 4/2016 S. 246; BFH v. 2.12.2015 V R 25/13 = SIS 16...
  • LIT 03 12 90 R. Feldgen, BB 10/2016 S. 606: Umsatzsteuerliche Organschaft - Neuordnung der Konzernbesteuerung? - Lit.; R. Feldgen, BB 10/2016 S. 606;...
  • LIT 03 13 68 H.-M. Grambeck, StuB 7/2016 S. 268: Grundsatzentscheidungen des BFH zur umsatzsteuerlichen Organschaft - Anmerkungen zu den BFH-Urteilen vom ...
  • LIT 03 14 06 J. Brinkmann/T. Walter-Yadegardjam, DStR 11/2016 S. 650: Die Einbeziehung von Personengesellschaften in die umsatzsteuerliche Organschaft - Anmerkungen zu den BFH...
  • LIT 03 14 42 C. Hudasch/C. Höink, UVR 4/2016 S. 106: Die Ausgestaltung der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auf dem unionsrechtl...
  • LIT 03 14 44 M. Szabó/W. Tausch, UVR 4/2016 S. 121: Die aktuelle Rechtsprechung des V. Senats des BFH zur umsatzsteuerlichen Organschaft - Lit.; M. Szabó/W. ...
  • LIT 03 15 81 J. Röhrbein/Z.-A. Schneider, UVR 5/2016 S. 138: Finanzielle Eingliederung von Tochterpersonengesellschaften in das Unternehmen von juristischen Personen ...
  • LIT 03 15 84 M. Szabó/W. Tausch, UVR 5/2016 S. 148: Vorsteuerabzug einer geschäftsleitenden Holding und GmbH & Co. KG als Organgesellschaft - Lit.; M. Szabó/...
  • LIT 03 16 81 M. Winter, MwStR 8/2016 S. 331: "Teleologische Extension" versus "unionsrechtskonforme Auslegung"? - Lit.; M. Winter, MwStR 8/2016 S. 331...
  • LIT 03 26 52 U. Grünwald, WPg 19/2016 S. 1097: Personengesellschaft als Organgesellschaft? - Lit.; U. Grünwald, WPg 19/2016 S. 1097; UStG § 2 Abs. 2 Nr....

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 13.3.2013 3 K 235/10 = SIS 13 21 42 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

 

1

I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Aktiengesellschaft, als Organträger - ebenso wie eine andere Tochtergesellschaft - nichtsteuerbare Leistungen an zwei Tochter-Kommanditgesellschaften (KGs) als Organgesellschaften erbracht hat.

 

 

2

Die Klägerin war im Streitjahr 2001 Alleingesellschafterin der O-GmbH und der VuB-GmbH, die ab 1.2.2001 als B-GmbH firmierte. Die O-GmbH erbrachte als Servicegesellschaft Catering- und Reinigungsleistungen.

 

 

3

Geschäftsführer der O-GmbH war Herr K. K war zudem vertretungsbefugter Generalbevollmächtigter der Klägerin. Geschäftsführer der B-GmbH war Herr S. S war bei der Klägerin angestellt.

 

 

4

Die Klägerin war darüber hinaus Kommanditistin mit einem Kapitalanteil von 100 % bei der Kb-KG und der Gf-KG. Komplementär ohne Geschäftsanteil war jeweils die B-GmbH. Die Kb-KG war im Vorjahr aus einer formwechselnden Umwandlung der Kb-GmbH entstanden. Ebenso war es bei der Gf-KG, die Rechtsnachfolgerin der Gf-GmbH war.

 

 

5

Beide KGs betrieben Altenheime und erbrachten dabei Leistungen, die sie als umsatzsteuerfrei ansahen. Die Klägerin und ihre Tochtergesellschaft O-GmbH erbrachten Leistungen gegen Entgelt an beide KGs.

 

 

6

Durch Gesellschafterbeschlüsse vom 1.2.2001 brachte die Klägerin ihre Anteile an beiden KGs in die B-GmbH ein, wodurch es zu einer sog. Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beider KGs bei der B-GmbH kam.

 

 

7

Im Anschluss an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) davon aus, dass die Klägerin und die mit ihr organschaftlich nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) verbundene O-GmbH umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die beiden KGs erbracht haben. Aufgrund der im Vorjahr erfolgten formwechselnden Umwandlungen seien die KGs - anders als die jeweilige GmbH vor der Umwandlung - nicht mehr als Organgesellschaften anzusehen. Daher lägen umsatzsteuerpflichtige Leistungen der Klägerin und ihrer Organgesellschaft, der O-GmbH, an die beiden KGs vor. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

 

 

8

Demgegenüber gab das Finanzgericht (FG) in dem in EFG 2013, 1434 = SIS 13 21 42 veröffentlichten Urteil der Klage statt. In Bezug auf die beiden KGs lägen die Eingliederungsvoraussetzungen in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht vor. Dass die Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG juristische Person sein müsse, sei unbeachtlich, da diese Vorschrift unionsrechtskonform dahingehend zu erweitern sei, dass es sich bei der Organgesellschaft auch um eine Personengesellschaft in der hier vorliegenden Rechtsform der GmbH & Co. KG handeln könne. Es sei mit dem Grundsatz der Rechtsformneutralität in seiner Ausprägung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) nicht vereinbar, die Wirkung der Organschaft auf juristische Personen als Organgesellschaft zu beschränken. Eine derartige Differenzierung sei auch nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) unzulässig.

 

 

9

Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt. Nach nationalem Recht seien die Voraussetzungen einer Organschaft nicht erfüllt. Die Einschränkung des Kreises der Organgesellschaften auf juristische Personen sei auch nicht unionsrechtswidrig. Der nationale Gesetzgeber dürfe Typisierungen vornehmen.

 

 

10

Der Senat hat mit Beschluss vom 23.4.2014 das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des EuGH in der verbundenen Rechtssache C-108/14 Larentia + Minerva und C-109/14 Marenave Schiffahrt (Vorlagebeschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.12.2013 XI R 17/11, BFHE 244, 79, BStBl II 2014, 417 = SIS 14 06 89, und vom 11.12.2013 XI R 38/12, BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428 = SIS 14 06 90) angeordnet.

 

 

11

Mit Urteil vom 16.7.2015 (EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50) hat der EuGH in dieser verbundenen Rechtssache wie folgt entschieden:

 

 

12

„2. Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, eine Gruppe von Personen zu bilden, die als ein Mehrwertsteuerpflichtiger behandelt werden können, allein den Einheiten vorbehält, die juristische Personen sind und mit dem Organträger dieser Gruppe durch ein Unterordnungsverhältnis verbunden sind, es sei denn, dass diese beiden Anforderungen Maßnahmen darstellen, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

 

3. Bei Art. 4 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung kann nicht davon ausgegangen werden, dass er unmittelbare Wirkung hat, so dass Steuerpflichtige dessen Inanspruchnahme gegenüber ihrem Mitgliedstaat geltend machen könnten, falls dessen Rechtsvorschriften nicht mit dieser Bestimmung vereinbar wären und nicht in mit ihr zu vereinbarender Weise ausgelegt werden könnten.“

 

 

13

Das FA macht geltend, der Begriff der juristischen Person sei nicht auslegungsfähig. Das FG habe sich nicht mit der Frage befasst, ob eine Gleichstellung mit einer juristischen Person möglich sei, sondern sich damit begnügt, dass eine KG eingliederungsfähig sei. Die Beschränkung auf juristische Personen diene der Vermeidung der Steuerhinterziehung und der Steuerumgehung. Erforderlich seien Durchgriffsmöglichkeiten. Die steuerlich für die Organschaft verantwortliche Person müsse in der Lage sein, die Geschäfte der Gruppe zu steuern.

 

 

14

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

15

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

16

Die Einbeziehung der Tochterpersonenhandelsgesellschaft sei insbesondere aus Gründen des Unionsrechts und unter Berücksichtigung des Neutralitätsgrundsatzes geboten. Das nationale Recht sei richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine Differenzierung zwischen juristischer Person und sonstigen Einheiten nicht möglich sei. Maßgeblich seien die kapitalistische Struktur der GmbH & Co. KG und deren Nähe zur juristischen Person. Der Wortlaut setze der richtlinienkonformen Auslegung keine Grenzen. Dabei sei auch der Begriff des Zusammenschlusses in § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berücksichtigen. Diese Vorschrift sei auf Personengesellschaften anwendbar. Auf eine richtlinienkonforme Extension oder eine Gesetzesanalogie komme es insoweit nicht an. Die GmbH & Co. KG sei im Rahmen von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG einer juristischen Person gleichzusetzen. Der Gesetzgeber habe das Ziel der Gleichbehandlung nicht aus dem Blick verloren. Gleiches ergebe sich unter den Gesichtspunkten einer Rechtsfortbildung oder einer Analogie. Vorzugswürdig sei eine Gesamtanalogie zu beiden Alternativen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Die hierfür erforderliche planwidrige Regelungslücke ergebe sich aus der unzureichenden Umsetzung des Unionsrechts. Dem stehe das Rechtsstaatsprinzip nicht entgegen, da es sich um eine den Steuerpflichtigen begünstigende Regelung handele. Eine teleologische Extension spreche für ihre Rechtsauffassung. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erweitere denn Begriff der juristischen Person. Die Beschränkung auf juristische Personen verhindere weder missbräuchliche Praktiken noch Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung. Dass eine Unterordnung diesen Zielen diene, sei nicht ersichtlich. Eine enge Verbundenheit reiche aus. Diese Verbundenheit liege vor. Sie sei einzige Gesellschafterin bei allen Gesellschaften gewesen und habe sich bei diesen in den Gesellschafterversammlungen jederzeit durchsetzen können.

 

 

17

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG beschränkt die Organschaft auf die Eingliederung juristischer Personen. Dies ist wegen des bei Personengesellschaften grundsätzlich bestehenden Einstimmigkeitsprinzips auch sachlich gerechtfertigt. Eine aus Gründen der Rechtsformneutralität erforderliche Erweiterung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist mit Blick auf die mit dieser Vorschrift getroffene gesetzgeberische Grundentscheidung nur in engem Umfang und deshalb lediglich bei den Personengesellschaften möglich, bei denen Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Unionsrecht. Im zweiten Rechtsgang sind weitere Feststellungen zum Gesellschafterkreis der Personengesellschaften zu treffen.

 

 

18

1. Die Organschaft setzt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Eingliederung einer juristischen Person voraus und schließt damit die Personengesellschaft aus dem Kreis der eingliederbaren Personen aus.

 

 

19

a) Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).

 

 

20

Die Organschaft dient der Verwaltungsvereinfachung (BTDrucks V/48 § 2; BTDrucks IV/1590, S. 36; zum gesetzlichen Festhalten an der vorkonstitutionellen Organschaft des UStG 1934, RStBl 1934, 1549 ff.; zum Vereinfachungszweck vgl. Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rz 784, und zum Unionsrecht EuGH-Urteil Larentia + Minerva (EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 41). Da anhand der Organschaft über die Person des Steuerschuldners zu entscheiden ist, müssen die Voraussetzungen hierfür rechtssicher ausgestaltet sein (BFH-Urteil vom 22.4.2010 V R 9/09, BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597 = SIS 10 18 70, unter II.3.b bb, und zum Unionsrecht EuGH-Urteil Tomoiagã vom 9.7.2015, C-144/14, EU:C:2015:452 = SIS 15 15 54, Rz 34 f.). Das verhindert rechtliche Irrtümer und damit verbundene Steuerumgehungen (vgl. allgemein EuGH-Urteil Larentia + Minerva, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 41).

 

 

21

b) § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG definiert den Begriff der juristischen Person nicht.

 

 

22

aa) Mangels eigenständiger steuerrechtlicher Begriffsbildung ist das zivil- und gesellschaftsrechtliche Verständnis der juristischen Person maßgeblich. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG verwendet mit der „juristischen Person“ eine im Zivilrecht geläufige Terminologie und nimmt den darin ausgedrückten Tatbestand auf (vgl. BVerfG-Beschluss vom 27.12.1991 2 BvR 72/90, BStBl II 1992, 212 = SIS 92 03 11, unter 1.a cc)). Juristische Person ist daher eine Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, wie etwa eine GmbH (vgl. § 13 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG - ) oder eine Aktiengesellschaft (§ 1 Abs. 1 des Aktiengesetzes - AktG - ).

 

 

23

bb) Nicht zu den juristischen Personen gehören Personenhandelsgesellschaften wie OHG oder KG. Diese können zwar unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs - HGB - ), begründen diese aber nicht aufgrund einer eigenen Rechtspersönlichkeit (vgl. § 1 Abs. 1 AktG).

 

 

24

Hieran hat sich durch das gewandelte Verständnis zur Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft nichts geändert. Zwar hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, nach der die Personenhandelsgesellschaft kein gegenüber ihren Gesellschaftern verschiedenes Rechtssubjekt war, so dass „Träger der im Namen der Gesellschaft begründeten Rechte und Pflichten“ die „gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter“ waren (so z.B. noch BGH-Urteil vom 24.1.1990 IV ZR 270/88, BGHZ 110, 127). Demgegenüber erkennt der BGH nunmehr die Rechtsfähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (BGH-Urteil vom 29.1.2001 II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 = SIS 01 08 15, Leitsatz. vgl. zur Personenhandelsgesellschaft BGH-Urteil vom 5.3.2008 IV ZR 89/07, BGHZ 175, 374, unter II.2.a(3)). Wie der BGH aber zugleich ausdrücklich klargestellt hat, wird die Personengesellschaft durch die Anerkennung dieser Rechtsfähigkeit nicht zur juristischen Person (BGH-Urteil in BGHZ 146, 341 = SIS 01 08 15, unter A.I.4., Rz 13; vgl. auch EuGH-Urteil Larentia + Minerva, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 37).

 

 

25

c) Die Eingliederung einer Personengesellschaft kommt nicht entsprechend früherer BFH-Rechtsprechung aufgrund eines organschaftsähnlichen Verhältnisses in Betracht.

 

 

26

aa) Der BFH ist in seiner Rechtsprechung zunächst davon ausgegangen, dass zwischen einem Gesellschafter und seiner Personenhandelsgesellschaft ein sog. organschaftsähnliches Verhältnis bestehen könne. Die sich hieraus ergebende Unselbständigkeit beruhte auf § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wobei sich der BFH für die Bestimmung der Unselbständigkeit an § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und damit an den Voraussetzungen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung orientierte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.11.1964 V 245/61 S, BFHE 81, 506, BStBl III 1965, 182 = SIS 65 01 06).

 

 

27

bb) Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat später aufgegeben und entschieden, dass eine Personengesellschaft des Handelsrechts nicht i.S. von § 2 Abs. 2 UStG unselbständig sein kann (BFH-Urteil vom 8.2.1979 V R 101/78, BFHE 127, 267, BStBl II 1979, 362 = SIS 79 01 77). Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Erwägungsgründe des historischen Gesetzgebers, nach denen der „Begriff der Organschaft ... nur noch bei juristischen Personen anwendbar“ ist, entschied der Senat, dass eine Ausdehnung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG auf „nichtrechtsfähige Personenvereinigungen“ dem Wortlaut des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers widerspricht.

 

 

28

cc) Der erkennende Senat hält an seinem Urteil in BFHE 127, 267, BStBl II 1979, 362 = SIS 79 01 77 im Interesse einer einfachen und rechtssicheren Bestimmung des Steuerschuldners für den Organträger im Grundsatz weiter fest (vgl. auch zu § 13b UStG BFH-Urteil vom 22.8.2013 V R 37/10, BFHE 243, 20, BStBl II 2014, 128 = SIS 13 31 06, unter II.3.a):

 

 

29

(1) Einfach und rechtssicher kann über die finanzielle Eingliederung als Voraussetzung für die Organschaft entschieden werden, wenn der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschluss in der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. zuletzt BFH-Urteil vom 8.8.2013 V R 18/13, BFHE 242, 433 = SIS 13 23 09, unter II.2.a, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Maßgeblich ist im Regelfall die einfache Stimmenmehrheit bei der Beschlussfassung der Gesellschafter, so dass eine Beteiligung von mehr als 50 v.H. der Stimmrechte in der Organgesellschaft ausreicht, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für die allgemeine Beschlussfassung in der Organgesellschaft erforderlich ist (BFH-Urteil in BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597 = SIS 10 18 70, unter II.2., m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Weicht die kapitalmäßige Beteiligung von den Stimmrechten ab (z.B. aufgrund „stimmrechtsloser Geschäftsanteile“ bei der GmbH oder aufgrund von „Vorzugsaktien“ ohne Stimmrecht bei der Aktiengesellschaft), ist auf das Verhältnis der gesellschaftsrechtlichen Stimmrechte abzustellen. Im Interesse der Rechtsklarheit sind Stimmbindungsvereinbarungen oder Stimmrechtsvollmachten dabei grundsätzlich ohne Bedeutung. Dementsprechend hat der BFH eine finanzielle Eingliederung auf der Grundlage derartiger Rechtsgeschäfte in der Vergangenheit nicht bejaht (vgl. BFH-Urteile vom 22.11.2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167 = SIS 02 04 42, unter II.1.b, und vom 30.4.2009 V R 3/08, BFHE 226, 144, BStBl II 2013, 873 = SIS 09 26 36, unter II.2.b cc). „Stimmbindungsvereinbarungen“ und „Stimmrechtsvollmachten“ können bei der Prüfung der finanziellen Eingliederung somit nur zu berücksichtigen sein, wenn sie sich ausschließlich aus Regelungen der Satzung wie etwa bei einer Einräumung von Mehrfachstimmrechten („Geschäftsanteil mit Mehrstimmrecht“) ergeben.

 

 

30

(2) Während über die finanzielle Eingliederung einer juristischen Person rechtssicher, einfach und ohne Nachweisschwierigkeiten entschieden werden kann, trifft dies auf die Personengesellschaft nicht zu:

 

 

31

(a) Das gesellschaftsrechtliche Stimmrecht beruht bei juristischen Personen auf den Regelungen der notariell zu beurkundenden Satzung (vgl. zur GmbH § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG und zur Aktiengesellschaft § 23 und §§ 8 ff., insbesondere § 12 AktG). Die den Gesellschaftern obliegenden Entscheidungen sind bei den juristischen Personen nach dem Mehrheitsprinzip zu treffen (§ 47 Abs. 1 GmbHG und § 133 Abs. 1 AktG). Daher ist es dem Gesellschafter, der über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt, möglich, seinen Willen in der Gesellschaft durchzusetzen.

 

 

32

Die Übertragung von Geschäftsanteil und Aktie und des mit ihnen verbundenen Stimmrechts ist zudem rechtssicher nachvollziehbar (vgl. bei der GmbH § 15 Abs. 3 GmbHG und bei der Aktiengesellschaft § 67 AktG und die Inhaberschaft am Wertpapier). Zudem bestehen für Mehrheitsbeteiligungen Meldepflichten (vgl. § 20 Abs. 4 AktG).

 

 

33

(b) Demgegenüber gilt bei den Personengesellschaften das Einstimmigkeitsprinzip (vgl. § 709 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - zur GbR, § 119 Abs. 1 HGB zur OHG und § 161 Abs. 2 HGB zur KG). Ein hiervon abweichendes Mehrheitsprinzip steht einer Mehrheitsentscheidung durch nur einen Gesellschafter entgegen, da dann im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu entscheiden sein soll (vgl. § 709 Abs. 2 BGB, § 119 Abs. 2 HGB). Selbst wenn aufgrund darüber hinaus abweichender Regelungen ein Gesellschafter Mehrheitsentscheidungen durchsetzen kann, bestehen zumindest Nachweisschwierigkeiten. Denn abgesehen von Sonderfällen wie etwa der Einbringung von Grundstücken in eine Gesamthand (vgl. § 311b BGB) besteht für den Abschluss und die Änderung von Gesellschaftsverträgen bei Personengesellschaften keinerlei Formzwang. Gesellschaftsvertragliche Stimmrechtsvereinbarungen, die von den §§ 709 BGB und 119 HGB abweichen, können daher auch mündlich getroffen und geändert werden (zur formlosen Änderung trotz Schriftformklausel vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24.7.1996 I R 115/95, BFHE 181, 281, BStBl II 1997, 138 = SIS 97 05 15, Leitsätze 1 und 2).

 

 

34

Im Kontext des nationalen Rechts, in dem über die Organschaft ohne besonderes Feststellungsverfahren mit Rückwirkung für alle unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung) stehenden Besteuerungszeiträume der Vergangenheit in jedem Stadium des Besteuerungs- oder Rechtsbehelfsverfahrens neu entschieden werden kann, besteht damit bei Personengesellschaften im Allgemeinen keine hinreichende Grundlage, um die Person des Steuerschuldners einfach und rechtssicher bestimmen zu können (vgl. auch die Grundsatzentscheidung des Senats vom 2.12.2015 V R 15/14, von der ein anonymisierter Abdruck beiliegt). Über die Organschaft und die mit ihr - wie im Streitfall - erstrebten günstigen Rechtsfolgen kann auch aus Gründen der allgemeinen Missbrauchsprävention nicht mit Wirkung für die Vergangenheit nach Maßgabe von Vereinbarungen entschieden werden, die nahestehende Personen z.B. mündlich getroffen haben (wollen). Unbeschadet ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit folgt daraus nicht, dass sie auch Grundlage für die Besteuerung sein müssen.

 

 

35

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass an die - aufgrund der Organschaft vom Zivilrecht abweichende - Feststellung des Steuerschuldners höhere Anforderungen zu stellen sind, als bei der bloßen Prüfung, ob z.B. Leistungen gegen Entgelt i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt werden. Denn das nationale Recht (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) und das Unionsrecht (Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG; Art. 11 MwStSystRL) behandeln die verbundenen Personen zusammen als einen Steuerpflichtigen, wobei § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Steuerpflicht ausschließlich auf den Organträger verlagert, indem die juristische Person gegenüber dem Organträger als unselbständig angesehen wird.

 

 

36

2. Trotz des vom nationalen Gesetzgeber grundsätzlich vorgesehenen Ausschlusses der Personengesellschaft aus dem Kreis der eingliederungsfähigen Personen, kann die Personengesellschaft ausnahmsweise auf der Grundlage einer teleologischen Erweiterung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wie eine juristische Person als eingegliedert angesehen werden. Erforderlich ist, dass die finanzielle Eingliederung wie bei einer juristischen Person zu bejahen ist. Dies setzt voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, so dass die erforderliche Durchgriffsmöglichkeit selbst bei - der stets möglichen - Anwendung des Einstimmigkeitsprinzips gewährleistet ist.

 

 

37

a) „Teleologische Extension“ (BFH-Urteil vom 11.2.2010 V R 38/08, BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873 = SIS 10 15 98, unter II.) setzt eine Regelungslücke voraus. Die Norm muss gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig sein. Ihre Ergänzung darf nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widersprechen. Dass eine gesetzliche Regelung rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist („rechtspolitische Fehler“), reicht nicht aus. Ihre Unvollständigkeit erschließt sich vielmehr aus dem gesetzesimmanenten Zweck und kann auch bei einem eindeutigen Wortlaut vorliegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873 = SIS 10 15 98, unter II.5.a, und vom 21.2.2013 V R 27/11, BFHE 240, 487, BStBl II 2013, 529 = SIS 13 14 72, unter II.4.b bb, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung). Die Gesetzeslücke ist in einer dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik entsprechenden Weise durch Analogie, teleologische Extension oder Reduktion zu schließen (BFH-Urteil in BFHE 229, 385, BStBl II 2010, 873 = SIS 10 15 98, unter II.5.a). Dies ist Aufgabe der Fachgerichte (vgl. z.B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3.4.1990 1 BvR 1186/89, BVerfGE 82, 6, NJW 1990, 1593, unter C.I.1.).

 

 

38

b) Die teleologische Extension einer umsatzsteuerrechtlichen Norm kann auch aus Gründen des Verfassungsrechts notwendig sein.

 

 

39

aa) Nach der Rechtsprechung des BVerfG wie auch des erkennenden Senats ist die Bindung an die Grundrechte des Grundgesetzes (GG) auch im Bereich der unionsrechtlich harmonisierten Umsatzbesteuerung zu beachten, soweit das Unionsrecht „den Mitgliedstaaten einen Umsetzungsspielraum einräumt“ (BVerfG-Beschluss vom 20.3.2013 1 BvR 3063/10, UR 2013, 468 = SIS 13 24 81, unter III.1.; BFH-Urteil vom 22.7.2010 V R 4/09, BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590 = SIS 10 36 33, unter II.4.e).

 

 

40

Daher sind im Bereich der Organschaft auch verfassungsrechtliche Vorgaben zu beachten. Zwar beruht die Organschaft unionsrechtlich auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Nach der Rechtsprechung des EuGH bedarf die sich aus der Richtlinie ergebende Voraussetzung der engen Verbindungen aber einer Präzisierung auf nationaler Ebene durch nationale Rechtsvorschriften, die den konkreten Umfang solcher Verbindungen bestimmen (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 50).

 

 

41

Übt der nationale Gesetzgeber daher die sich aus Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ergebende Regelungsermächtigung aus, hat er somit im Rahmen der zu seinen Gunsten bestehenden Regelungs- und Präzisierungsbefugnisse die allgemeinen verfassungsrechtlichen Bindungen zu beachten.

 

 

42

bb) Zielt der „umsatzsteuerrechtliche Belastungsgrund ... auf die umsatzsteuerliche Erfassung jedes Unternehmers, mag dieser in der Rechtsform einer juristischen Person, in der Rechtsform einer gewerblichen Personengesellschaft oder als freiberuflich Tätiger Umsätze erbringen (...)“ (BVerfG-Beschluss in UR 2013, 468 = SIS 13 24 81, unter III.2.a aa), so ist es gleichwohl mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn z.B. nur Freiberufler-Personenunternehmen, die weder buchführungspflichtig sind noch freiwillig Bücher führen, nicht aber auch buchführungspflichtige Freiberufler-Kapitalgesellschaften die Vorteile der Ist-Besteuerung in Anspruch nehmen können. Denn deren Anwendungsbereich beruht nicht auf „einer allein rechtsformbezogenen Differenzierung“, sondern hängt nach § 20 Satz 1 UStG maßgebend davon ab, ob die Unternehmen Bücher führen (BVerfG-Beschluss in UR 2013, 468 = SIS 13 24 81, unter III.3. zum Senatsurteil in BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590 = SIS 10 36 33, unter II.3.b cc 4., in Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 22.7.1999 V R 51/98, BFHE 189, 211, BStBl II 1999, 630 = SIS 99 20 44).

 

 

43

So wie das Gebot einer rechtsformneutralen Besteuerung unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Gesetzeszwecks den Anwendungsbereich einer gesetzlichen Vorschrift einzuschränken vermag (vgl. das Senatsurteil in BFHE 231, 260, BStBl II 2013, 590 = SIS 10 36 33, unter II.3.b cc (4), zur Einschränkung von § 20 Abs. 1 Nr. 3 UStG a.F. auf die Unternehmer, die auch freiwillig keine Bücher führen), kann es - umgekehrt - den Regelungsbereich einer nach ihrem Gesetzeswortlaut zu eng gefassten Norm erweitern.

 

 

44

c) Danach ist § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG teleologisch erweiternd auszulegen:

 

 

45

aa) § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG stellt mit dem Erfordernis der Eingliederung einer juristischen Person nur vordergründig auf ein rechtsformbezogenes Merkmal ab, das aber nach dem Normzweck dieser Regelung dazu dient, die Voraussetzungen der Organschaft leicht und einfach festzustellen und damit zu der mit der Organschaft angestrebten Verwaltungsvereinfachung und Missbrauchsvermeidung (s. oben unter II.1.c cc (2) (b)) beiträgt. Dementsprechend trifft das Gesetz in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG grundsätzlich eine sachlich vertretbare Unterscheidung danach, ob die einzugliedernde Gesellschaft eine juristische Person ist und verstößt deshalb nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

 

 

46

Erlauben die mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG verfolgten Regelungsziele unter Berücksichtigung der Besonderheiten des nationalen Gesellschaftsrechts im Allgemeinen die Begrenzung auf eingegliederte juristische Personen und damit einen Ausschluss der Personengesellschaft (s. oben II.1.c cc (2) (b)), rechtfertigt dies nicht den Ausschluss der Personengesellschaften, bei denen das dort grundsätzlich bestehende Einstimmungsprinzip (s. oben II.1.c cc (2) (b)) von vornherein ohne Bedeutung ist und daher bereits abstrakt einer finanziellen Eingliederung nicht entgegenstehen kann. Ein Ausschluss auch derartiger Personengesellschaften ist mit dem - auf die Beschränkung juristischer Personen verfolgten - Regelungsziel des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht zu vereinbaren. Damit liegt eine Regelungslücke vor, da ein bestimmter Sachbereich zwar gesetzlich geregelt ist, aber keine Vorschrift für die Fälle enthält, die nach dem Grundgedanken und dem System des Gesetzes hätten mitgeregelt werden müssen. Es handelt sich daher um eine Regelung, die gemessen an ihrem Zweck unvollständig und ergänzungsbedürftig ist.

 

 

47

bb) Die bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestehende Gesetzeslücke ist entsprechend dem Gesetzeszweck in der Weise zu schließen, dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erweiternd auch auf die Personengesellschaft anzuwenden ist, bei der neben dem Organträger Gesellschafter nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind (Änderung der Rechtsprechung). Trifft dies auf alle Gesellschafter der Personengesellschaft zu, kann der Organträger seinen Willen durchsetzen, so dass dem allgemeinen Einstimmigkeitsprinzip bei der Personengesellschaft (s. oben II.1.c cc (2) (b)) von vornherein keine Bedeutung zukommt. Denn sind die Mitgesellschafter bei der Personengesellschaft finanziell in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert, ist das bei der Personengesellschaft grundsätzlich bestehende Einstimmigkeitserfordernis allgemein ungeeignet, einer Willensdurchsetzung des Organträgers bei der Organgesellschaft entgegenzustehen. Ist neben dem Organträger z.B. eine Personengesellschaft Mitgesellschafter, kommt es dementsprechend darauf an, dass auch in Bezug auf deren Gesellschafter eine finanzielle Eingliederung ausnahmslos - in einer bis zum Organträger reichenden Organkette - zu bejahen ist.

 

 

48

Dies steht nicht im Widerspruch zu der vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung der Organschaft auf bestimmte Tatbestände, sondern erweitert den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur unter strikter Beachtung der dieser Vorschrift zugrunde liegenden Wertungen der Rechtssicherheit, Verwaltungsvereinfachung und Missbrauchsvermeidung.

 

 

49

cc) Der erkennende Senat weicht damit nicht von der Rechtsprechung des XI. Senats des BFH ab. Soweit dieser in seinen Vorlagebeschlüssen in BFHE 244, 79, BStBl II 2014, 417 = SIS 14 06 89, und in BFHE 244, 94, BStBl II 2014, 428 = SIS 14 06 90 davon ausgegangen ist, dass eine Personengesellschaft nicht Organgesellschaft sein kann, haben diese Entscheidungen, denen kein abschließender Charakter zukommt, keine Bindungswirkung (vgl. z.B. Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 28a; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 4). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es um die Beurteilung im Anschluss an das auf die BFH-Vorlage ergangene EuGH-Urteil geht.

 

 

50

3. Eine weitergehende Organschaft, die allgemein eine Eingliederung von Personengesellschaften ermöglichen würde, ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht.

 

 

51

a) Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Diese Regelung dient der „Verwaltungsvereinfachung“ und der „Verhinderung bestimmter Missbräuche“ (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 40).

 

 

52

b) Der Steuerpflichtige kann sich gegenüber dem nationalen Recht nicht auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen.

 

 

53

aa) Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG erfüllt „nicht die Voraussetzungen, um unmittelbare Wirkung zu entfalten“, sondern hat nur „bedingten Charakter“. Dies beruht darauf, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene enge Verbindung in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht einer „Präzisierung auf nationaler Ebene“ bedarf und die „Anwendung nationaler Rechtsvorschriften voraussetzt, die den konkreten Umfang dieser Verbindungen bestimmen“ (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 50 f.).

 

 

54

bb) Entscheiden sich Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG dafür, Regelungen zur Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen zu schaffen, haben sie bei der Ausübung der ihnen zustehenden Präzisierungsbefugnis die hierfür unionsrechtlich bestehenden Anforderungen zu berücksichtigen.

 

 

55

(1) Die Mitgliedstaaten haben zu beachten, dass sie die nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG mögliche Zusammenfassung zu einem Steuerpflichten nicht von weiteren als den in dieser Bestimmung genannten Bedingungen abhängig machen dürfen (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 38) und dass das Unionsrecht die Regelung zur Mehrwertsteuergruppe nicht allein den Einheiten vorbehält, die juristische Person sind (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Leitsatz 2). Auf eine Unterordnung darf nur ausnahmsweise abgestellt werden, etwa wenn dies zur z.B. „Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen“ erforderlich und geeignet ist (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 39 ff.). Hierüber hat das nationale Gericht zu entscheiden (EuGH-Urteil Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 43).

 

 

56

(2) Die auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG getroffenen Regelungen haben - wie stets - den Grundsatz der Rechtssicherheit zu beachten. Danach müssen „die Vorschriften des Unionsrechts eindeutig sein“ und ihre Anwendung muss für die Betroffenen vorhersehbar sein, „wobei dieses Gebot der Rechtssicherheit in besonderem Maß gilt, wenn es sich um Vorschriften handelt, die finanzielle Konsequenzen haben können, denn die Betroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen durch diese Vorschriften auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen“. Zudem „müssen die Rechtsnormen der Mitgliedstaaten auf den vom Unionsrecht erfassten Gebieten eindeutig formuliert sein, so dass den betroffenen Personen die klare und genaue Kenntnis ihrer Rechte und Pflichten ermöglicht wird, und die innerstaatlichen Gerichte in die Lage versetzt werden, deren Einhaltung sicherzustellen“ (EuGH-Urteil Tomoiagã, EU:C:2015:452 = SIS 15 15 54, Rz 35, m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung). Bei der Regelung zur Organschaft als Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen handelt es sich aufgrund der damit verbundenen Verlagerung der Steuerschuld von der Organgesellschaft auf den Organträger „um Vorschriften ..., die finanzielle Konsequenzen haben können“.

 

 

57

c) Unter Berücksichtigung dieser Erfordernisse besteht für den nationalen Gesetzgeber eine hinreichende unionsrechtliche Grundlage, die Regelung zur Organschaft im Grundsatz auf die Eingliederung juristischer Personen zu beschränken.

 

 

58

aa) Die Einschränkung der Organschaft auf die Eingliederung juristischer Personen dient nicht dazu, die Umsatzbesteuerung rechtsformabhängig auszugestalten, sondern soll den unionsrechtlich auch vom EuGH anerkannten Präzisierungsvorbehalt rechtssicher ausfüllen (s. oben unter II.1.c cc).

 

 

59

bb) Kann aufgrund der Besonderheiten des nationalen Gesellschaftsrechts im Regelfall nur bei juristischen Personen mit der erforderlichen Klarheit und damit rechtssicher über die Eingliederungsvoraussetzungen entschieden werden (s. oben II.1.c cc), rechtfertigt dies die grundsätzliche Einschränkung auf eine Eingliederung juristischer Personen. Zudem trägt der erkennende Senat den Erfordernissen des Unionsrechts, insbesondere dem Ziel einer im Grundsatz rechtsformneutralen Besteuerung (s. oben II.2.c), dadurch Rechnung, dass er in Sonderfällen, in denen die Eingliederungsvoraussetzungen auch in Bezug auf Tochterpersonengesellschaften zweifelsfrei vorliegen, § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG teleologisch erweiternd auslegt (s. oben II.2.c).

 

 

60

4. Danach hat das FG im Streitfall die Eingliederung der beiden KGs zu Unrecht aufgrund einer allgemeinen Gleichstellung von juristischen Personen und Personengesellschaften bejaht. Beide KGs sind indes nur dann Organgesellschaften der Klägerin, wenn z.B. neben der Klägerin als mögliche Organträgerin nur die B-GmbH als Gesellschafterin an den beiden KGs beteiligt gewesen wäre und in Bezug auf die B-GmbH eine finanzielle Eingliederung in das Unternehmen der Klägerin besteht. Zwar erscheint dies nach Aktenlage möglich, jedoch bestehen noch Unklarheiten in Bezug auf die zahlreichen Umwandlungsvorgänge. Daher sind ausdrückliche Feststellungen zum Gesellschafterkreis der beiden KGs und der finanziellen Eingliederung dieser Gesellschafter in das Unternehmen der Klägerin nachzuholen.

 

 

61

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.