1
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I. Streitig ist die Höhe des
Vorsteuerabzugs einer Holding aus Eingangsrechnungen im
Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung, wenn das dadurch
eingeworbene Kapital zum Erwerb von Anteilen an
Tochtergesellschaften dient und die Holding diesen gegenüber
später steuerpflichtige Dienstleistungen erbringt.
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2
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine
„Beteiligungsgesellschaft“ in der Rechtsform einer GmbH
& Co. KG, war im Streitjahr (2005) als sog.
„Dachfonds“ an zwei - ebenfalls in der Rechtsform einer
GmbH & Co. KG betriebenen - Tochtergesellschaften als
Kommanditistin beteiligt. Ihre Kommanditeinlagen betrugen jeweils
über 98 %. Die Tochtergesellschaften waren jeweils
Eigentümerinnen eines von ihnen im internationalen
Schiffsverkehr betriebenen Vollcontainerschiffes.
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3
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Die Klägerin schloss mit ihren
Tochtergesellschaften am 1.3.2005 einen
„Dienstleistungsvertrag“. Danach erbrachte sie
gegenüber den Tochtergesellschaften „administrative
Leistungen“ und stand ihnen als „allgemeiner
betriebswirtschaftlicher Berater“ zur Seite. Insbesondere
übernahm sie die Organisation und Durchführung von
Gesellschafterversammlungen, die Beratung bei betrieblichen
Abläufen, Beratungen auf dem Gebiet des Chartermarktes, die
Beratung in Finanzierungsfragen, die Vermittlung von Kontakten zu
Hafen- und anderen in- oder ausländischen Behörden
für die Tochtergesellschaften, die Beratung bei
anlässlich dieser Vermittlung geführten Gesprächen
sowie die Vermittlung von Rechts-, Steuerberatungs- und
Wirtschaftsprüfungsleistungen.
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4
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Für diese Dienstleistungen erhielt sie
ab dem Jahr 2006 eine Vergütung in Höhe von jährlich
... EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Für die Beratung in der
Gründungsphase und für die Beratung zur laufenden
Tätigkeit in der Zeit bis zum Ablauf des Streitjahres 2005
erhielt sie eine Pauschalvergütung in Höhe von ... EUR
zuzüglich Umsatzsteuer.
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Die Klägerin warb im Streitjahr 2005
mithilfe der A-GmbH Kapital in Höhe von ... EUR ein, wovon sie
... EUR für die Erbringung ihrer Kommanditeinlage bei den
Tochtergesellschaften verwandte.
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6
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Für Aufwendungen der Klägerin im
Zusammenhang mit der Einwerbung des Kapitals durch die A-GmbH und
für die Erstellung eines von der B-GmbH erstellten
Prospektgutachtens fiel Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ...
EUR an, die die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung
für 2005 als Vorsteuer geltend machte.
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7
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) ließ davon zuletzt nur ... EUR (= 22,31 %)
zum Vorsteuerabzug zu. Denn das von der Klägerin insgesamt
eingeworbene Kapital in Höhe von ... EUR diene in Höhe
von ... EUR (= 77,69 %) ihrem nichtwirtschaftlichen Bereich des
Haltens von Anteilen an den Tochtergesellschaften, für den ein
Vorsteuerabzug ausscheide.
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8
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Das Niedersächsische Finanzgericht
(FG) wies die Klage mit Urteil vom 12.5.2011 16 K 411/07 ab (vgl.
EFG 2011, 1751 = SIS 11 31 46).
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9
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin
geltend, der Streitfall entspreche in allen wesentlichen Punkten
den Sachverhaltsgestaltungen der Urteile des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) vom 27.9.2001 C-16/00 - Cibo
Participations - (Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6 = SIS 01 13 23) und vom 29.10.2009 C-29/08 - SKF - (Slg. 2009, I-10413,
BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71). Hieraus folge, dass das Halten
von Beteiligungen unmittelbar mit dem entgeltlichen Eingreifen in
die Verwaltung der Tochtergesellschaften zusammenhänge, wenn
eine Muttergesellschaft anlässlich eines Beteiligungserwerbs
Dienstleistungen beziehe, um später gegenüber ihren
daraufhin gegründeten bzw. erworbenen Tochtergesellschaften
eigene umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu erbringen. Dann sei die
Holdinggesellschaft im Ganzen wirtschaftlich tätig, so dass
bei einem Beteiligungserwerb anfallende Kosten vollumfänglich
den allgemeinen Kosten des Unternehmens zuzuordnen und die damit im
Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge insgesamt abziehbar
seien.
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10
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Hilfsweise bringt die Klägerin im
Revisionsverfahren erstmals vor, der von ihr geltend gemachte
Vorsteuerabzug stehe ihr jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer
mit ihren Tochtergesellschaften bestehenden Organschaft zu. Eine
Organschaft - wozu das FG ggf. Feststellungen nachzuholen habe -
komme mit Blick auf die EuGH-Urteile vom 9.4.2013 C-85/11 -
Kommission/Irland - (DStR 2013, 806 = SIS 13 17 65,
Mehrwertsteuerrecht - MwStR - 2013, 238) und vom 25.4.2013 C-480/10
- Kommission/Schweden - (MwStR 2013, 276, UR 2013, 423 = SIS 13 20 10) auch mit ihren Tochtergesellschaften als Organgesellschaften in
Betracht, obwohl diese als Kommanditgesellschaften die Rechtsform
einer Personengesellschaft hätten. Deshalb seien ihr die
Umsätze ihrer Tochtergesellschaften zuzurechnen, so dass ihr
der Vorsteuerabzug vollumfänglich zu gewähren
sei.
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11
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG sowie den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für 2005 vom
24.9.2007 aufzuheben, hilfsweise, das Urteil des FG aufzuheben und
die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen.
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12
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Der Senat legt dem EuGH die im Leitsatz
bezeichneten Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor und setzt
das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
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1. Die maßgeblichen Vorschriften und
Bestimmungen
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a) Nationales Recht
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aa) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) sieht vor, dass der Unternehmer die
gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem
anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt
worden sind, als Vorsteuer abziehen kann. Die Ausübung des
Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2
UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14,
14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.
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Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach
§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der
Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet, wobei
allerdings u.a. bei steuerfreien Umsätzen für die
Seeschifffahrt (§ 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 UStG) die
Vorsteuer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG abziehbar ist.
Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen
gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich
erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene
sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von
Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist
gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der
jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum
Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen
wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann nach § 15
Abs. 4 Satz 2 UStG die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege
einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des
nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem
Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug
ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug
berechtigen, ist nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG nur
zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung
möglich ist.
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bb) Ein - zum Vorsteuerabzug berechtigter -
Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer
eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig
ausübt, wobei das Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG
die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des
Unternehmers umfasst. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2
Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung
von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt
oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern
tätig wird.
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19
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Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird
die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht
selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach
dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell,
wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des
Organträgers eingegliedert ist (Organschaft).
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b) Unionsrecht
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aa) Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der im
Streitjahr 2005 geltenden Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates
vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG)
ist der Steuerpflichtige, der Gegenstände und Dienstleistungen
für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt,
die von ihm im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer
für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem
anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden
bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, von der von ihm
geschuldeten Steuer abzuziehen. Art. 168 Buchst. a der seit dem
1.1.2007 geltenden Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006
über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL)
enthält eine entsprechende Bestimmung. Bei Umsätzen
für die Seeschifffahrt sind Art. 17 Abs. 3 Buchst. b i.V.m.
Art. 15 Nr. 5 der Richtlinie 77/388/EWG zu beachten (jetzt: Art.
169 Buchst. b i.V.m. Art. 148 Buchst. c der MwStSystRL).
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22
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Soweit Gegenstände und Dienstleistungen
von einem Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet
werden, für die nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie
77/388/EWG ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für
Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, ist der
Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie
77/388/EWG nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig,
der auf den Betrag der erstgenannten Umsätze entfällt.
Art. 173 Abs. 1 der MwStSystRL enthält eine entsprechende
Bestimmung.
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23
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bb) Als - zum Vorsteuerabzug berechtigter -
Steuerpflichtiger gilt nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie
77/388/EWG, wer eine der in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und
unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu
welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Art. 9 Abs. 1 der
MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung.
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24
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Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG steht es vorbehaltlich der Konsultation nach Art. 29 der
Richtlinie 77/388/EWG jedem Mitgliedstaat frei, im Inland
ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber
durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und
organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind,
zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Art. 11 Abs. 1
der MwStSystRL enthält eine entsprechende Bestimmung.
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2. Zum Vorsteuerabzug einer Holding
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26
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a) Die Klägerin ist eine Holding.
Darunter versteht man eine Gesellschaft, deren
Unternehmensgegenstand darin besteht, unmittelbar oder mittelbar
auf Dauer Beteiligungen an einem oder mehreren rechtlich
selbständigen Unternehmen zu halten und zu verwalten (vgl.
z.B. Lutter, in Lutter, Holding-Handbuch, 4. Aufl., § 1 Rz 11;
Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 3 II.2.c, S.
52).
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27
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In der Praxis werden drei Formen von Holdings
unterschieden (vgl. z.B. Abschn. 2.3. Abs. 3 Sätze 2 bis 4 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses):
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- Eine sog. Finanzholding ist eine Holding,
deren Zweck sich auf das Halten und Verwalten
gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen beschränkt und die
keine Leistungen gegen Entgelt erbringt.
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- Eine sog. Führungs- oder
Funktionsholding ist eine Holding, die im Sinne einer einheitlichen
Leitung aktiv in das laufende Tagesgeschäft ihrer
Tochtergesellschaften eingreift.
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- Eine sog. gemischte Holding ist eine
Holding, die nur gegenüber einigen Tochtergesellschaften
geschäftsleitend tätig wird, während sie
Beteiligungen an anderen Tochtergesellschaften lediglich hält
und verwaltet.
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28
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b) Nach
ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs
(BFH) ist eine Holding, deren einziger Zweck im Erwerb von
Beteiligungen an anderen Unternehmen besteht, ohne dass sie -
unbeschadet ihrer Rechte als Aktionärin oder Gesellschafterin
- unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser
Gesellschaften eingreift, kein Mehrwertsteuerpflichtiger i.S. von
Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG und somit nicht zum Vorsteuerabzug
gemäß Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG
berechtigt (vgl. EuGH-Urteile vom
20.6.1991 C-60/90 - Polysar Investments -, Slg. 1991,
I-3111, HFR 1993, 48, Rz 17; vom
14.11.2000 C-142/99 - Floridienne und Berginvest -, Slg. 2000,
I-9567, BFH/NV Beilage 2001, 37 = SIS 01 03 02, Rz 17; - Cibo Participations - in Slg. 2001,
I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz
18; vom 6.9.2012 C-496/11 - Portugal Telecom -, HFR 2012, 1119, UR 2012, 762 = SIS 12 25 04,
Rz 31; BFH-Urteile vom 30.7.1992 V R 95/87, BFH/NV 1993, 202, unter
II.2. zu a; vom 3.4.2008 V R 76/05, BFHE 221, 443, BStBl II 2008,
905 = SIS 08 25 80, unter II.2.; vom 9.2.2012 V R 40/10, BFHE 236,
258, BStBl II 2012, 844 = SIS 12 06 37, Rz 28).
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29
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aa) Eingriffe einer
Holding in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie
Beteiligungen erworben hat, sind eine wirtschaftliche
Tätigkeit i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG,
wenn sie die Durchführung von Transaktionen
einschließen, die gemäß Art. 2 der Richtlinie
77/388/EWG der Mehrwertsteuer unterliegen, wie etwa das Erbringen
von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und
technischen Dienstleistungen der Holding an ihre
Tochtergesellschaften (vgl. EuGH-Urteile - Cibo Participations - in Slg. 2001, I-6663,
BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 22; -
Portugal Telecom - in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762 = SIS 12 25 04,
Rz 34; BFH-Urteile in BFHE 221, 443, BStBl II 2008, 905 = SIS 08 25 80, unter II.2.; vom 27.1.2011 V R 38/09, BFHE 232, 278, BStBl II
2012, 68 = SIS 11 06 16, Rz 15; in BFHE 236, 258, BStBl II 2012,
844 = SIS 12 06 37, Rz 29).
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30
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bb) Eine Holding, die derartige
Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften erbringt, kann
(daneben) auch einen nichtwirtschaftlichen Bereich haben (vgl.
EuGH-Urteile - Floridienne und Berginvest - in Slg. 2000, I-9567,
BFH/NV Beilage 2001, 37, Rz 6, 20 und 32; - Cibo Participations -
in Slg. 2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz 8, 10, 22 und 44;
vom 13.3.2008 C-437/06 - Securenta -, Slg. 2008, I-1597 = SIS 08 16 67, BStBl II 2008, 727 = SIS 08 16 67, Rz 11, 26 ff.; - SKF - in
Slg. 2009, I-10413, BFH/NV 2009, 2099 = SIS 09 37 71, Rz 20, 61 f.;
- Portugal Telecom - in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762 = SIS 12 25 04, Rz 15 f., 47; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II
2012, 844 = SIS 12 06 37, Rz 30).
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31
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c) Eine Holding kann
die von ihr für den Bezug von Dienstleistungen auf der
Eingangsstufe entrichtete Mehrwertsteuer nur dann als Vorsteuer
abziehen, wenn entweder die Eingangsumsätze direkt und
unmittelbar mit zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen
zusammenhängen oder wenn die Kosten für die fraglichen
Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der Holding
gehören und - als solche - Kostenelemente der von ihr
erbrachten Dienstleistungen sind (vgl. EuGH-Urteile
- Cibo Participations - in Slg.
2001, I-6663, BFH/NV Beilage 2002, 6, Rz
31; vom 26.5.2005 C-465/03 - Kretztechnik -, Slg. 2005,
I-4357, UR 2005, 382 = SIS 05 30 12, Rz 35 f.; vom 8.2.2007 C-435/05 - Investrand -, Slg.
2007, I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289 = SIS 07 08 93,
Rz 23 f.; - Securenta - in Slg.
2008, I-1597, BStBl II 2008, 727 = SIS 08 16 67, Rz 27; - SKF - in Slg. 2009, I-10413, BFH/NV
2009, 2099 = SIS 09 37 71, Rz 57
f.; - Portugal Telecom - in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762 =
SIS 12 25 04, Rz 36 f.; BFH-Urteil in BFHE 236, 258, BStBl II 2012,
844 = SIS 12 06 37, Rz 21).
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32
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d) Es obliegt den
nationalen Gerichten, festzustellen, ob von einer Holding bezogene
Dienstleistungen insgesamt einen direkten und unmittelbaren
Zusammenhang mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden
wirtschaftlichen Tätigkeiten auf der Ausgangsstufe aufweisen
oder ob diese Dienstleistungen von der Holding sowohl für
wirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, für die ein
Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für wirtschaftliche
Tätigkeiten, für die dieses Recht nicht besteht, oder
aber ob sie von der Holding sowohl für wirtschaftliche
Tätigkeiten als auch für nichtwirtschaftliche
Tätigkeiten verwendet werden (vgl. EuGH-Urteil -
Portugal Telecom - in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762 = SIS 12 25 04,
Rz 48).
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33
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e) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf
den Streitfall steht der Klägerin grundsätzlich ein Recht
auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, Art. 17
Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG zu, soweit sie
Eingangsleistungen für die administrativen und
kaufmännischen Dienstleistungen bezog, die sie gegenüber
ihren Tochtergesellschaften erbrachte.
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aa) Diese Leistungen berechtigen als
steuerbare und steuerpflichtige Ausgangsumsätze
grundsätzlich zum Vorsteuerabzug. Sie sind - wenn nicht die
Voraussetzungen einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1
UStG oder die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der
Richtlinie 77/388/EWG vorliegen (s. dazu nachfolgend unter 4. und
5.) - keine (nicht steuerbaren) Innenleistungen eines
Organträgers an Organgesellschaften, für die ein Recht
auf Vorsteuerabzug nicht gegeben ist (vgl. Meyer in
Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 85; Reiß in
Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2 Rz 99; vgl. auch
BFH-Urteil vom 18.1.2005 V R 53/02, BFHE 208, 491, BStBl II 2007,
730 = SIS 05 17 51, unter II.1.).
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35
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bb) Allerdings dürfte nach Auffassung des
Senats ein vollständiger Vorsteuerabzug ausscheiden und die
Klägerin die auf die anlässlich der Kapitalbeschaffung
bezogenen Dienstleistungen entfallene Vorsteuer nur insoweit in
Abzug bringen können, als sie gegenüber ihren
Tochtergesellschaften administrative und kaufmännische
Dienstleistungen erbrachte.
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36
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Denn die im Zusammenhang mit der Einwerbung
des Kapitals stehenden Eingangsleistungen der Klägerin dienten
zumindest auch - wenn nicht sogar in erster Linie - dem (nicht
steuerbaren) Erwerb und dem (nicht steuerbaren) Halten der
Beteiligungen an den Tochtergesellschaften. Diese
Eingangsleistungen hatten mithin nicht - wie für einen
(vollständigen) Vorsteuerabzug erforderlich - ihren
„ausschließlichen Entstehungsgrund“ (vgl.
EuGH-Urteil - Investrand - in Slg. 2007,
I-1315, BFH/NV Beilage 2007, 289, Rz 33; Senatsurteil vom
14.3.2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667 = SIS 12 24 86, Rz 38) in
der späteren Erbringung der (steuerbaren und
steuerpflichtigen) Dienstleistungen an ihre
Tochtergesellschaften.
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37
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Bei derartigen Dienstleistungen, die sowohl
für wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für
nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werden, kann die
Vorsteuer vielmehr nur insoweit in Anspruch genommen werden, als
die Aufwendungen hierfür der wirtschaftlichen Tätigkeit
zuzurechnen sind (vgl. BFH-Urteile vom 3.3.2011 V R 23/10, BFHE
233, 274, BStBl II 2012, 74 = SIS 11 18 30, Rz 31; in BFHE 236,
258, BStBl II 2012, 844 = SIS 12 06 37, Rz 25).
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38
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Nach Auffassung des Senats führen deshalb
von einer Holding an ihre Tochtergesellschaft erbrachte - ggf. nur
geringfügige - steuerbare und steuerpflichtige
Dienstleistungen nicht zwingend dazu, dass nicht nur die
ausgeführten Dienstleistungen, sondern auch das (an sich nicht
steuerbare) Erwerben und Halten der Beteiligung selbst als zum
vollständigen Vorsteuerabzug führende unternehmerische
Tätigkeit angesehen werden müssen. Fraglich ist aber, ob
dem die Grundsätze des EuGH-Urteils - Cibo Participations - (Slg. 2001, I-6663,
BFH/NV Beilage 2002, 6) entgegenstehen.
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39
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3. Zur ersten Vorlagefrage
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40
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a) Die Richtlinie
77/388/EWG regelt nicht, welche Methoden oder Kriterien die
Mitgliedstaaten anwenden müssen, wenn sie Bestimmungen
erlassen, die eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge danach
zulassen, ob sich die entsprechenden Aufwendungen auf
wirtschaftliche oder auf nichtwirtschaftliche Tätigkeiten
beziehen. Daher und damit die Steuerpflichtigen die notwendigen
Berechnungen anstellen können, obliegt es den Mitgliedstaaten,
unter Beachtung der dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zugrunde
liegenden Prinzipien die hierfür geeigneten Methoden und
Kriterien festzulegen (vgl. EuGH-Urteil - Securenta - in
Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727 = SIS 08 16 67, Rz 34).
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41
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Die Festlegung der Methoden und Kriterien zur
Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und
nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne der Richtlinie
77/388/EWG steht im Ermessen der Mitgliedstaaten, die bei der
Ausübung ihres Ermessens Zweck und Systematik dieser
Richtlinie berücksichtigen und daher eine Berechnungsweise
vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der
Eingangsaufwendungen jeder dieser beiden Tätigkeiten
tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. EuGH-Urteile - Securenta - in Slg. 2008, I-1597, BStBl II
2008, 727 = SIS 08 16 67, Rz 35 ff.,
39; - Portugal Telecom - in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762 =
SIS 12 25 04, Rz 42 und 44). Die Mitgliedstaaten dürfen bei der Ausübung
ihres Ermessens ggf. einen Investitionsschlüssel, einen
Umsatzschlüssel oder jeden anderen geeigneten Schlüssel
verwenden und sind nicht verpflichtet, sich auf eine einzige dieser
Methoden zu beschränken (vgl. EuGH-Urteil - Securenta -
in Slg. 2008, I-1597, BStBl II 2008, 727 = SIS 08 16 67,
Rz 38).
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42
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b) Eine derartige Regelung hat der deutsche
Gesetzgeber bisher nicht erlassen.
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43
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Deshalb besteht in der Praxis bei
Eingangsumsätzen, die der wirtschaftlichen und der
nichtwirtschaftlichen Tätigkeit einer Holding dienen,
hinsichtlich der erforderlichen Vorsteueraufteilung - trotz der
Möglichkeit, in geeigneten Fällen insoweit § 15 Abs.
4 UStG analog anzuwenden (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 236, 258,
BStBl II 2012, 844 = SIS 12 06 37, Rz 25, m.w.N.) - eine erhebliche
Rechtsunsicherheit.
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44
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So wird hinsichtlich der erforderlichen
Vorsteueraufteilung die Aufschlüsselung anhand eines
Umsatzschlüssels, d.h. nach dem Verhältnis der
Erlöse aus der operativen Tätigkeit zu den Erlösen
aus der Beteiligung, für vertretbar gehalten (vgl. z.B.
Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 29.1.2003
97/13/0012, abrufbar unter www.ris.bka.gv.at). Dies wird im
Schrifttum weit überwiegend abgelehnt (Beiser, Steuer- und
Wirtschaftskartei - SWK - 2009, S 330, S 334; ders., BB 2009, 1324,
1326; Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528, 2532 ff.; Pamperl,
Österreichische Steuer-Zeitung - ÖStZ - 2012, 251, 254;
Pernegger, ÖStZ 2008, 478, 482 f.; Robisch, UR 2008, 881, 883)
und eine Aufteilung nach den Investitionen in die wirtschaftlichen
Tätigkeiten einerseits und in den Bereich
nichtwirtschaftlicher Tätigkeiten andererseits als
sachgerechter angesehen (sog. Investitionsschlüssel, vgl. z.B.
Niedersächsisches FG in EFG 2011, 1751 = SIS 11 31 46, unter
I.1.d; Beiser, SWK 2009, S 330, S 334; Pamperl, ÖStZ 2012,
251, 254; Pernegger, ÖStZ 2008, 478, 482; wohl auch Behrens,
BB 2012, 2147, 2151). Daneben wird auch eine Aufteilung anhand
betriebswirtschaftlicher Größen für möglich
gehalten; insoweit komme z.B. die Anzahl der mit der Beteiligung
befassten Personen (Robisch, UR 2008, 881, 884), die im
Zusammenhang mit der Beteiligung anfallende Arbeitszeit
(Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528, 2532 ff.; Robisch, UR 2008, 881,
884) oder die Einzelkosten für das Halten der Beteiligungen
(Eggers/Ahrens, DB 2013, 2528, 2532 ff.) in Betracht. Aus Sicht des
beschließenden Senats droht deshalb eine uneinheitliche
Anwendung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten.
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45
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Diese Rechtsunsicherheit besteht auch im
Streitfall. Denn nach Auffassung des FG ist die vom FA zur
Vorsteueraufteilung gewählte Schätzungsmethode nach dem
Investitionsschlüssel grundsätzlich nicht zu beanstanden,
da die Klägerin keinen sachgerechteren
Aufteilungsmaßstab vorgeschlagen habe. Das FA habe allerdings
auch bei Zugrundelegung eines Investitionsschlüssels einen
überhöhten Vorsteuerabzug gewährt, weil das nicht
für den Beteiligungserwerb aufgewandte Kapital auch mit den
Ausgangsumsätzen in dem nichtwirtschaftlichen Bereich, wie
z.B. für die Verwaltung von Beteiligungen, im Zusammenhang
stehen könne. Indes sei das Gericht aus prozessualen
Gründen an einer Verböserung der Umsatzsteuerfestsetzung
zu Lasten der Klägerin gehindert.
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46
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c) Angesichts dieser Rechtsunsicherheit bei
der Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen
und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten und weil insoweit eine
(möglichst) einheitliche Rechtspraxis in den Mitgliedstaaten
erforderlich ist, ersucht der Senat den EuGH um nähere
Hinweise zu der von ihm geforderten Berechnungsweise, die objektiv
widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen den
wirtschaftlichen und den nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten
tatsächlich zuzurechnen ist (vgl. EuGH-Urteile - Securenta - in Slg. 2008, I-1597, BStBl II
2008, 727 = SIS 08 16 67, Rz 33 und 39,
und - Portugal Telecom - in HFR 2012, 1119, UR 2012, 762 =
SIS 12 25 04, Rz 42 und 44, m.w.N.).
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47
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Dabei verkennt der
Senat nicht, dass sich diese Berechnungsweise nicht für alle
denkbaren Fälle einer Aufteilung der
Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und
nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten exakt bestimmen lässt. Vorliegend geht es nach
Auffassung des Senats aber um eine bei Holdings typische
Fallgestaltung, die unionsweit einheitlich beurteilt werden
sollte.
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48
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4. Zur zweiten Vorlagefrage
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49
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a) Im Streitfall stellt sich ferner die Frage,
ob die Voraussetzungen einer Organschaft nach Art. 4 Abs. 4
Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG vorliegen.
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50
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Wäre das der Fall, dann würde die
Klägerin mit ihren Tochtergesellschaften zu einem einzigen
Steuerpflichtigen verschmelzen (vgl. EuGH-Urteil vom 22.5.2008
C-162/07 - Ampliscientifica und Amplifin -, Slg. 2008, I-4019, UR
2008, 534 = SIS 08 27 52, Rz 19; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.1.2002 V R 37/00, BFHE 197,
357, BStBl II 2002, 373 = SIS 02 06 40, unter II.2.b) und für
die Frage des Vorsteuerabzugs der Klägerin wäre nicht auf
ihre - dann nicht steuerbaren - Dienstleistungsumsätze
gegenüber ihren Tochtergesellschaften, sondern auf die
(steuerbaren und zum Vorsteuerabzug berechtigenden)
Ausgangsumsätze der Tochtergesellschaften gegenüber
Dritten abzustellen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.5.2005 V R 31/03,
BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671 = SIS 05 31 27, unter II.2.a;
Senatsurteil vom 29.10.2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II
2009, 256 = SIS 08 43 30, unter II.2.d).
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51
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aa) In diesem Fall könnte
möglicherweise der (nicht steuerbare) Erwerb und das (nicht
steuerbare) Halten der Beteiligungen an den Tochtergesellschaften
nicht als vorsteuerabzugsschädlich zu berücksichtigen
sein, weil dann der Erwerb und das Halten von Beteiligungen an
Gesellschaften wie die Aufnahme eines Gesellschafters zur
Beschaffung zusätzlichen Kapitals als wirtschaftliche
Tätigkeit im Allgemeinen zu beurteilen sein könnte.
Für insoweit bezogene Dienstleistungen könnte ein
uneingeschränktes Recht auf Vorsteuerabzug bestehen (vgl.
EuGH-Urteile vom 26.6.2003 C-442/01 - KapHag -, Slg. 2003, I-6851,
BFH/NV Beilage 2003, 228 = SIS 03 29 37, Rz 43; - Kretztechnik - in
Slg. 2005, I-4357, UR 2005, 382 =
SIS 05 30 12, Rz 36 f.; BFH-Urteil vom 1.7.2004 V R 32/00, BFHE
205, 555, BStBl II 2004, 1022 = SIS 04 29 06, unter II.3.c bb;
Grünwald, MwStR 2013, 328, 331 f.).
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52
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bb) Der Senat hält es aber auch insoweit
nicht für ausgeschlossen, dass für einen Bereich
nichtwirtschaftlicher Tätigkeit entsprechend der
Grundsätze der unter II.2.b bb genannten EuGH-Urteile
gleichwohl kein Recht auf Vorsteuerabzug gegeben sein könnte.
Insoweit könnte entscheidend sein, dass die nach § 2 Abs.
2 Nr. 2 Satz 1 UStG und Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG mögliche gemeinsame Behandlung mehrerer Personen
als ein Steuerpflichtiger lediglich die Zusammenfassung mehrerer
wirtschaftlicher Tätigkeiten in einer Person und keine
Ausweitung des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer auf
nichtwirtschaftliche Tätigkeiten begründen
könnte.
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53
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b) Nach nationalem Recht (§ 2 Abs. 2 Nr.
2 Satz 1 UStG) liegt eine Organschaft schon deshalb nicht vor, weil
die Tochtergesellschaften der Klägerin als
Personengesellschaften keine juristischen Personen im Sinne dieser
Vorschrift sind.
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54
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aa) Während nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs.
2 der Richtlinie 77/388/EWG mehrere „Personen“
zusammen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden dürfen,
gestattet § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nur die Eingliederung
„juristischer Personen“ und nicht die
Eingliederung von Personengesellschaften in das Unternehmen eines
Organträgers.
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55
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bb) Kommanditgesellschaften wie die
Tochtergesellschaften der Klägerin sind keine juristischen
Personen (vgl. nur Karsten Schmidt, a.a.O., § 3 I.2.a, S.
46).
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56
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Eine
Kommanditgesellschaft ist nach der gesetzlichen Definition in
§ 161 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) eine Gesellschaft,
deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter
gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, wobei bei einem oder bei
einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den
Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten
Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten),
während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine
Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich
haftende Gesellschafter). Die Kommanditgesellschaft kann unter
ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen,
Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben,
vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 161 Abs. 2 i.V.m.
§ 124 Abs. 1 HGB). Sie ist aber keine juristische Person (vgl.
z.B. Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 21.1.1993 IX ZR
275/91, BGHZ 121, 179, unter II.2.; vom 17.5.1995 VIII ZR 70/94,
NJW 1995, 2159, unter II.2.b bb; vom 29.1.2001 II ZR 331/00, BGHZ
146, 341 = SIS 01 08 15, unter A.I.4.).
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57
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cc) Eine
Kommanditgesellschaft kann Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1
Satz 1 UStG sein (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.12.1980 V R 142/73,
BFHE 132, 497, BStBl II 1981, 408 = SIS 81 25 32, unter 2.; vom
12.2.2009 V R 61/06, BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828 = SIS 09 16 49, unter II.3.a) und als Organträger i.S. des § 2 Abs. 2
Nr. 2 Satz 1 UStG fungieren (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE
210, 167, BStBl II 2005, 671 = SIS 05 31 27, unter II.2.; vom
22.4.2010 V R 9/09, BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597 = SIS 10 18 70, Rz 13).
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58
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Allerdings kann eine
Kommanditgesellschaft nach ständiger Rechtsprechung des BFH -
als Personengesellschaft - nicht als juristische Person i.S. des
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG angesehen werden und mithin
umsatzsteuerrechtlich nicht als Organgesellschaft in ein anderes
Unternehmen eingegliedert sein (vgl. BFH-Urteile vom
7.12.1978 V R 22/74, BFHE 127, 262, BStBl II 1979, 356 = SIS 79 01 75, unter I.5.; vom 8.2.1979 V R 101/78, BFHE 127, 267, BStBl II
1979, 362 = SIS 79 01 77, unter 5. und 6.; vom 26.6.1986 V R 57/77,
juris; in BFHE 210, 167, BStBl II 2005, 671 = SIS 05 31 27, unter
II.2.b cc). Dem folgt die herrschende Meinung in der Literatur
(vgl. Meyer in Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 69;
Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2 Rz 89 f., 101;
Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2 Rz 98.15;
Bunjes/Korn, UStG, 12. Aufl., § 2 Rz 112; Radeisen in
Schwarz/Widmann/Radeisen, Umsatzsteuer, § 2 Rz 214).
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59
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c) Unabhängig von dem Charakter der
Tochtergesellschaften als Personengesellschaften scheitert im
Streitfall die Anwendung von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG
möglicherweise auch - wozu ggf. Feststellungen des FG
nachzuholen wären - daran, dass im Sinne dieser Vorschrift die
Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse
finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch „in das
Unternehmen des Organträgers eingegliedert“ sein
muss.
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60
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Diese von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG
geforderte Eingliederung setzt nach ständiger Rechtsprechung
des BFH voraus, dass ein Über- und
Unterordnungsverhältnis zwischen dem Organträger und der
Organgesellschaft als „untergeordneter Person“
besteht (vgl. z.B. Urteile in BFHE
210, 167, BStBl II 2005, 671 = SIS 05 31 27, unter II.2.a aa; in
BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597 = SIS 10 18 70, Rz 20; vom
8.8.2013 V R 18/13, BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747 = SIS 13 23 09, Rz 22, m.w.N.; ebenso BGH-Urteil vom 19.3.2013 1 StR 318/12,
Der Konzern 2013, 574, unter B.II.1.a bb (1) (b)).
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61
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Deshalb liegt eine finanzielle Eingliederung
i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nur dann vor, wenn der
Organträger finanziell in der Weise an der Organgesellschaft
beteiligt ist, dass er seinen Willen durch Mehrheitsbeschluss in
der Gesellschafterversammlung durchsetzen kann (vgl. z.B.
Senatsurteil vom 1.12.2010 XI R 43/08, BFHE 232, 550, BStBl II
2011, 600 = SIS 11 09 25, Rz 28; BFH-Urteil in BFHE 242, 433,
BFH/NV 2013, 1747 = SIS 13 23 09, Rz 24, m.w.N.).
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62
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Eine organisatorische Eingliederung i.S. von
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG setzt nach neuerer Rechtsprechung
des V. Senats des BFH voraus, dass der Organträger die mit der
finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der
Beherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden
Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die
Organgesellschaft durch die Art und Weise der
Geschäftsführung beherrschen und seinen Willen bei der
Organgesellschaft durchsetzen können muss (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 242, 433, BFH/NV 2013, 1747 = SIS 13 23 09, Rz 25, 28 f., 30
ff.).
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Für eine wirtschaftliche Eingliederung
i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG schließlich ist es
charakteristisch, dass die Organgesellschaft im Gefüge des
übergeordneten Organträgers als dessen Bestandteil
erscheint (BFH-Urteil vom 20.8.2009 V R 30/06, BFHE 226, 465, BStBl
II 2010, 863 = SIS 09 33 08, unter II.2.c aa, m.w.N.).
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64
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d) Der Senat hält es aber aufgrund der
neueren Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteile - Kommission/Irland -
in DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238 = SIS 13 17 65, Rz 36; -
Kommission/Schweden - in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423 = SIS 13 20 10, Rz 35, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL) für zweifelhaft,
ob die nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, die
die Behandlung von im Inland ansässigen Personen als ein
Steuerpflichtiger von weiteren bzw. anderen Bedingungen als den in
der unionsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage genannten
Voraussetzungen abhängig macht, mit Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2
der Richtlinie 77/388/EWG sowie dem Grundsatz der
Rechtsformneutralität in Einklang steht.
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65
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Nach der neueren Rechtsprechung des EuGH sieht
Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für die
Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit vor, den
Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen für die Bildung
einer Mehrwertsteuergruppe aufzubürden als diejenigen, die in
dieser Bestimmung genannt sind (vgl. EuGH-Urteile -
Kommission/Irland - in DStR 2013, 806, MwStR 2013, 238 = SIS 13 17 65, Rz 36; - Kommission/Schweden - in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423
= SIS 13 20 10, Rz 35, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL).
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66
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aa) Dadurch ist erstens fraglich geworden, ob
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG als Organgesellschaften nur
juristische Personen zulassen darf. Zweitens ist zweifelhaft, ob
der BFH die Behandlung mehrerer Personen als ein Steuerpflichtiger
davon abhängig machen darf, dass ein Verhältnis der
Über- und Unterordnung besteht, während das Unionsrecht
gegenseitige Beziehungen ausreichen lässt.
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67
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bb) Zwar ermöglicht das Unionsrecht den
Mitgliedstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um
zu verhindern, dass die Behandlung mehrerer Personen als ein
Steuerpflichtiger Steuerhinterziehungen oder Steuerumgehungen
möglich macht (EuGH-Urteile - Kommission/Irland - in DStR
2013, 806, MwStR 2013, 238 = SIS 13 17 65, Rz 49; -
Kommission/Schweden - in MwStR 2013, 276, UR 2013, 423 = SIS 13 20 10, Rz 38, jeweils zu Art. 11 der MwStSystRL; vgl. auch EuGH-Urteil
- Ampliscientifica und Amplifin - in Slg. 2008, I-4019, 217, UR
2008, 534 = SIS 08 27 52, Rz 29).
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68
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Es erscheint dem Senat jedoch fernliegend,
dass die gegenüber Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG zusätzlichen bzw. anderen Bedingungen in § 2
Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG derartige erforderliche Maßnahmen
sind.
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cc) Jedenfalls dürfte § 2 Abs. 2 Nr.
2 Satz 1 UStG gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der
Rechtsformneutralität verstoßen, weil danach nur
juristische Personen Organgesellschaften sein können und
folglich Unternehmen in Abhängigkeit von ihrer Rechtsform in
sachlich nicht gerechtfertigter Weise unterschiedlich behandelt
werden (vgl. z.B. Birkenfeld, UR 2008, 2, 4; Boor, UR 2013, 729,
737; Dahm/Hamacher, IStR 2013, 820, 826 f.; Hahne, DStR 2008, 910,
913; Hartman, Die Vereinbarkeit der umsatzsteuerrechtlichen
Organschaft mit dem Europäischen Unionsrecht, Diss. 2013, S.
125 ff.; Hummel, UR 2010, 207, 211; Schnarrenberger, Die
umsatzsteuerliche Organschaft, Diss. 2013, S. 119 ff.; Langer in
Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG,
Rz 14; Scharpenberg in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz,
§ 2 Rz 355).
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70
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Der Grundsatz der Neutralität der
Mehrwertsteuer verlangt in seiner Ausprägung der
Rechtsformneutralität (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil vom
10.9.2002 C-141/00 - Kügler -, Slg. 2002, I-6833, HFR 2002,
1146 = SIS 02 97 10, Rz 30, m.w.N.; BFH-Urteil vom 14.5.2008 XI R
70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912 = SIS 08 33 08, unter
II.1.a aa, m.w.N.), dass die Rechtsform des Steuerpflichtigen im
Umsatzsteuerrecht grundsätzlich unerheblich ist (vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 26.9.2007 V R 54/05, BFHE 219, 241, BStBl II 2008,
262 = SIS 08 01 99, unter II.1.b, m.w.N.), und gebietet eine
weitgehende Gleichbehandlung von Kapital- und
Personengesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 6.9.2007 V R 16/06,
BFH/NV 2008, 1710 = SIS 08 36 14, unter II.3.; Senatsurteil in BFHE
232, 550, BStBl II 2011, 600 = SIS 11 09 25, Rz 42).
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71
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dd) Allerdings wurde die Ermächtigung zur
Bildung einer Mehrwertsteuergruppe gerade deshalb in Art. 4 Abs. 4
Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG aufgenommen, weil die
nationale Regelung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG - wie auch
diejenige in den Niederlanden - unionsrechtlich abgesichert werden
sollte (vgl. z.B. Anhörung des Wirtschafts- und
Sozialausschusses zu dem Vorschlag der Richtlinie 77/388/EWG vom
31.1.1974, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG -
Nr. C 139 vom 12.11.1974, S. 17; BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002,
373 = SIS 02 06 40, unter II.2.b bb).
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72
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Dementsprechend hat
die Kommission der Europäischen Union im Rahmen der gegen die
Bundesrepublik Deutschland zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG
1980 am 4.10.1985 erhobenen Vertragsverletzungsklage die Regelung
der Organschaft als solche nicht beanstandet, sondern - nur -
gerügt, dass die deutsche Regelung seinerzeit noch nicht auf
das Inland beschränkt war (vgl. ABlEG Nr. C 285 vom 8.11.1985,
S. 6, Rs. C-298/85; BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II
2002, 373 = SIS 02 06 40, unter II.2.b bb).
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73
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Was das von § 2
Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG geforderte Über- und
Unterordnungsverhältnis betrifft, ist zudem darauf
hinzuweisen, dass der EuGH in seinem zu Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2
der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Urteil -
Ampliscientifica und Amplifin - in Slg. 2008, I-4019, UR 2008, 534
= SIS 08 27 52, Rz 19 die Formulierung „untergeordnete Person oder die untergeordneten
Personen im Sinne dieser Vorschrift“ verwendet hat. Dies könnte wiederum für das
Erfordernis einer Über- und Unterordnung sprechen (vgl. in
diesem Sinne BFH-Urteil in BFHE 229, 433, BStBl II 2011, 597 = SIS 10 18 70, Rz 20).
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74
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5. Zur dritten Vorlagefrage
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75
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a) Der Senat neigt dazu, dass eine
richtlinienkonforme Auslegung, wonach unter die in § 2 Abs. 2
Nr. 2 Satz 1 UStG genannten „juristische
Personen“ auch Personengesellschaften fallen und eine
finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische
„Eingliederung“ unabhängig von einem
Über- und Unterordnungsverhältnis bereits bei
gegenseitigen finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen
„Beziehungen“ gegeben sein kann, nicht
möglich ist.
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76
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Zwar hat sich ein Gericht bei der Auslegung
des nationalen Umsatzsteuerrechts so weit wie möglich am
Wortlaut und Zweck der einschlägigen unionsrechtlichen
Bestimmungen auszurichten (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 11.7.2002
C-62/00 - Marks & Spencer -, Slg. 2002, I-6325, UR 2002, 436 =
SIS 02 89 98, Rz 24, m.w.N.). Eine richtlinienkonforme Auslegung
kommt aber nur in Betracht, wenn es im konkreten Fall verschiedene
Auslegungsmöglichkeiten gibt. Der Senat hat jedoch Zweifel, ob
eine Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes -
wie sie hier bei § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG
möglicherweise vorzunehmen wäre - möglich ist (vgl.
z.B. EuGH-Urteil vom 24.1.2012 C-282/10 - Dominguez -, NJW 2012,
509, Rz 25, m.w.N.; Senatsurteil vom 15.2.2012 XI R 24/09, BFHE
236, 267, BStBl II 2013, 712 = SIS 12 11 30). Denn das nationale
Recht unterscheidet „juristische Personen“ (vgl.
§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG) und
„Personenvereinigungen“ (vgl. § 2 Abs. 1
Satz 3 UStG), wobei letzteres Tatbestandsmerkmal weiter ist und
insbesondere auch Personengesellschaften umfasst (Meyer in
Offerhaus/Söhn/Lange, § 2 UStG Rz 26; Klenk in
Sölch/Ringleb, a.a.O., § 2 Rz 25; vgl. auch Senatsurteil
vom 29.8.2012 XI R 40/10, BFH/NV 2013, 182 = SIS 13 01 29, Rz
20).
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b) Deshalb stellt sich dem Senat die Frage, ob
sich ein Steuerpflichtiger unmittelbar auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs.
2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen kann.
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aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH und des
BFH kann sich ein Steuerpflichtiger in Ermangelung
fristgemäß erlassener Umsetzungsmaßnahmen auf
Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und
hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht
richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen (vgl.
z.B. EuGH-Urteil - Kügler - in Slg. 2002, I-6833, HFR 2002,
1146 = SIS 02 97 10, Rz 51; Senatsurteil vom 28.5.2013 XI R 35/11,
BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879 = SIS 13 22 89, Rz 33).
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Diese Voraussetzungen werden hinsichtlich Art.
4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (Art. 11 Abs. 1 der
MwStSystRL) teilweise bejaht (vgl. z.B. Hartman, a.a.O., S. 144 f.;
Schnarrenberger, a.a.O., S. 125 f.) und teilweise verneint (vgl.
z.B. Hummel, UR 2010, 207, 212 f.; Boor, UR 2013, 729, 737).
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bb) Gegen die Möglichkeit, sich auf Art.
4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zu berufen,
könnte sprechen, dass diese Bestimmung nicht hinreichend genau
ist, soweit sie verlangt, dass Personen „durch
gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische
Beziehungen eng miteinander verbunden sind“.
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Allerdings könnten insofern
möglicherweise die von der Europäischen Kommission in
ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat
über die Option der MwSt-Gruppe gemäß Art. 11 der
MwStSystRL vom 2.7.2009 (KOM (2009) 325 - endgültig -, UR
2009, 632, unter 3.3.4) heranzuziehen sein.
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cc) Im Falle einer Berufbarkeit auf Art. 4
Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG hätte es der
jeweilige Steuerpflichtige in der Hand, die Rechtsfolgen dieser
Bestimmung eintreten zu lassen oder nicht.
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Nach der Rechtsprechung des BFH sehen
allerdings weder das UStG noch das
Unionsrecht ein Wahlrecht für den Eintritt der Rechtsfolgen
einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft vor (vgl. BFH-Urteile in BFHE 197, 357,
BStBl II 2002, 373 = SIS 02 06 40, unter II.2.b dd; in BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256 = SIS 08 43 30,
unter II.1.c).
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6. Rechtsgrundlage für die Anrufung des
EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise
der Europäischen Union.
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7. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf
§ 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung.
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