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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) vermietete und verpachtete als
vermögensverwaltende Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(GbR) ein Gebäude mit 23 Wohnungen, sieben Büro- und
Gewerbeeinheiten, einem Hotel und einem Restaurant. Der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) gestattete der
Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2001 die Berechnung der
Steuer nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs.
1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) für die Jahre 1997 und
1998. Zugleich wies das FA darauf hin, dass diese Art der
Steuerberechnung aufgrund des Überschreitens der Umsatzgrenze
nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ab 1999 nicht mehr
möglich sei. Die Klägerin berechnete die Steuer
gleichwohl auch in den Jahren 1999 bis 2001 (Streitjahre) nach
vereinnahmten Entgelten.
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Im Rahmen einer Außenprüfung
stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin hinsichtlich
der Vermietung und Verpachtung der Büro- und Gewerbeeinheiten,
des Hotels und des Restaurants sowie hinsichtlich der Vermietung
zweier Wohnungen nach § 9 UStG auf die Steuerfreiheit nach
§ 4 Nr. 12 UStG verzichtet hatte und dass die
steuerpflichtigen Umsätze ab 1998 die Umsatzgrenze des §
20 Abs. 1 Nr. 1 UStG überschritten.
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Im Anschluss an eine
Außenprüfung erließ das FA geänderte
Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2001, in denen es
die Steuer nach vereinbarten Entgelten gemäß § 13
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG berechnete. Hiergegen legte die
Klägerin Einspruch ein. Das FA wies die Einsprüche durch
die Einspruchsentscheidungen vom 19.7.2004 als unbegründet
zurück.
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Einen darüber hinaus mit Schreiben vom
2.1.2003 gestellten Antrag auf Erleichterung nach § 148 der
Abgabenordnung (AO) lehnte das FA mit Bescheid vom 22.7.2003 ab und
wies den hiergegen eingelegten Einspruch gleichfalls mit
Einspruchsentscheidung vom 19.7.2004 als unbegründet
zurück.
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Die Klägerin erhob hiergegen Klage zum
Finanzgericht (FG) mit dem Antrag, die Umsatzsteuerbescheide in
Gestalt der Einspruchsentscheidungen für die Jahre 1999 bis
2001 aufzuheben und das FA anzuweisen, die Umsatzsteuer nach
vereinnahmten Entgelten zu berechnen, hilfsweise den Bescheid vom
22.7.2003 wegen Bewilligung nach § 148 AO in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 19.7.2004 aufzuheben und das FA
anzuweisen, die Bewilligung nach § 148 AO zu erteilen und die
Umsatzbesteuerung ab dem Jahre 1999 nach vereinnahmten Entgelten
festzusetzen.
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Das FG gab der Klage insoweit statt, als es
unter Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1999
bis 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung und der darin
enthaltenen Versagung der Gestattung zur Berechnung der Steuer nach
vereinnahmten Entgelten dem FA aufgab, über die Gestattung
nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG sowie in Folge über
die Berechnung der Umsatzsteuer nach pflichtgemäßem
Ermessen und nach Maßgabe der Rechtsauffassung des FG neu zu
befinden.
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Das FG stützte sein in EFG 2010, 606 =
SIS 10 07 85 veröffentlichtes Urteil darauf, dass mit der
Einführung der AO 1977 die Buchführungspflicht
eingeschränkt worden und bei § 20 UStG eine
Regelungslücke entstanden sei. Der ursprünglichen Absicht
des Gesetzgebers, nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern
generell die Möglichkeit zur Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten zu eröffnen, werde durch die
Einschränkung der Buchführungspflicht bei gleichzeitiger
Beibehaltung des § 20 Abs. 1 UStG nicht mehr Rechnung
getragen. Dies beruhe nicht auf einer beabsichtigten Änderung.
Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, einem
Vermietungsunternehmer die Steuerberechnung nach vereinnahmten
Entgelten zu versagen, wenn dies buchführungspflichtigen, aber
aus Billigkeitsgründen befreiten Unternehmern möglich
sei. Das FA habe daher das ihm nach § 20 UStG zustehende
Ermessen bisher nicht ausgeübt, da es davon ausgegangen sei,
dass eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten aus
rechtlichen Gründen nicht in Betracht komme. Da keine
Ermessensreduktion auf Null vorliege, habe das FA die
Ermessensentscheidung nachzuholen.
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Hiergegen wendet sich das FA mit seiner
Revision, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt.
Das Urteil verletze § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG. Eine
Befreiung nach § 148 AO liege nicht vor. Eine abweichende
Beurteilung komme nach bestehender Gesetzeslage nicht in
Betracht.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Da § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG auf
nach § 148 AO von der Buchführungspflicht befreite
Unternehmer anzuwenden sei, gelte dies auch für die der
Buchführungspflicht von vornherein nicht unterliegenden
Unternehmer, zumal ansonsten ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1
des Grundgesetzes (GG) vorliege.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§
126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die
Klägerin ist zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten
nicht berechtigt, da sie die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1
Satz 1 UStG nicht erfüllt. Entgegen dem FG-Urteil liegt auch
keine Regelungslücke vor, die eine Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten aufgrund einer teleologischen Extension
oder Analogie ermöglichen würde.
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1. Soweit sich die
Klage gegen die Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2001 richtet, konnte
sie bereits im Hinblick auf die fehlende Gestattung der
Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten keinen Erfolg
haben.
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2. Auch der Hilfsantrag der Klägerin auf
Gestattung der Ist-Besteuerung hat keinen Erfolg. Nach den
Feststellungen des FG hat die Klägerin zwar keinen
ausdrücklichen Antrag auf Gestattung der Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG gestellt,
sondern mit Schreiben vom 2.1.2003
die Bewilligung von Erleichterungen gemäß § 148 AO
beantragt. Dieser Antrag war jedoch so
auszulegen, dass er den Belangen des Antragstellers entspricht und
zu dem von ihm angestrebten Erfolg führen kann (vgl. z.B.
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.11.2008 V R 24/06, HFR
2009, 817 = SIS 08 45 03, unter II.1.b bb). Im Hinblick auf das
eindeutige Begehren der Klägerin, eine Gestattung des FA zur
Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten zu erhalten, war das
Schreiben vom 2.1.2003 zumindest auch als Antrag i.S. von § 20
Abs. 1 Satz 1 UStG auszulegen.
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3. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG in der in
den Streitjahren geltenden Fassung konnte das FA auf Antrag gestatten, dass ein
Unternehmer,
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1. dessen
Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) im vorangegangenen
Kalenderjahr nicht mehr als 250.000 DM betragen hat,
oder
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2. der von der
Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund
jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig
Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist,
oder
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3. soweit er
Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines
freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) ausführt,
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die Steuer nicht
nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG),
sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.
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Die Klägerin hat nach den Feststellungen
des FG die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in
1998 und in den Streitjahren überschritten und auch keine
Umsätze als Angehöriger eines freien Berufs i.S. von
§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ausgeführt. Eine
Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten war daher nach diesen
Vorschriften nicht möglich.
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Hiergegen kann sich die Klägerin nicht
auf den von ihr angenommenen Regelungszweck des § 20 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 UStG berufen, wonach diese Vorschrift nicht
buchführungspflichtigen Unternehmern die Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten ermöglichen solle. Denn § 20 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 UStG stellt auf eine betragsmäßige
Umsatzgrenze ab, bei deren Überschreiten die Steuerberechnung
nach vereinnahmten Entgelten nicht in Betracht kommt, wobei die
Regelung nicht nach dem Bestehen einer Buchführungspflicht
differenziert.
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4. Überschreitet ein Unternehmer die
Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, kann die
Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß
§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zu gestatten sein. Diese
Vorschrift setzt seit ihrer zum 1.1.1977 in Kraft getretenen
Änderung durch Art. 17 Nr. 9 des
Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14.12.1976 (BGBl I
1976, 3341, BStBl I 1976, 694) voraus, dass der Unternehmer
von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund
jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig
Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist. Nach
§ 148 Satz 1 AO können die Finanzbehörden für
einzelne Fälle oder bestimmte Gruppen von Fällen
Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung der durch die
Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs-
und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die
Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird.
Derartige Erleichterungen können gewerblichen Unternehmern
sowie Land- und Forstwirten bewilligt werden, die nach § 141
Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet sind, Bücher zu führen und
auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu
machen.
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Da die Klägerin Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens
gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielte,
unterlag sie nicht der Buchführungspflicht nach § 141
Abs. 1 Satz 1 AO und konnte daher auch nicht von dieser
gemäß § 148 AO befreit werden, so dass die
Voraussetzungen für eine Steuerberechnung nach vereinnahmten
Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG nicht
vorliegen. Das FA hat deshalb die von der Klägerin beantragte
Erleichterung nach § 148 AO zutreffend abgelehnt.
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5. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG
enthält für den Fall, dass ein nicht zur Buchführung
verpflichteter Unternehmer andere als die in § 20 Abs. 1 Satz
1 Nr. 3 UStG bezeichneten Umsätze ausführt und dabei die
Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ständig
überschreitet, keine Regelungslücke und kann daher
entgegen dem Urteil des FG nicht erweiternd ausgelegt werden.
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a) Eine Regelungslücke liegt vor, wenn ein bestimmter Sachbereich zwar
gesetzlich geregelt ist, jedoch keine Vorschrift für
Fälle enthält, die nach dem Grundgedanken und dem System
des Gesetzes hätten mitgeregelt werden müssen
(BFH-Urteile vom 9.8.1989 X R 30/86, BFHE 158, 45, BStBl II 1989,
891 = SIS 90 02 08, unter 2.a, und vom 8.12.1994 V R 33/93, BFH/NV
1995, 666, unter II.3.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn
eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h.
ergänzungsbedürftig ist und wenn ihre Ergänzung
nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf
bestimmte Tatbestände widerspricht. Dass eine gesetzliche
Regelung nur rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig
anzusehen ist („rechtspolitische Fehler“),
reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 12.10.1999 VIII R 21/97,
BFHE 190, 343, BStBl II 2000, 220 = SIS 00 03 70, unter II.2.b aa;
ebenso BFH-Urteile vom 24.1.1974 IV R 76/70, BFHE 111, 329, BStBl
II 1974, 295 = SIS 74 01 58, unter 2.a; vom 13.7.1989 V R 110/84,
BFHE 158, 157, BStBl II 1989, 1036 = SIS 90 04 43, unter II.4.a;
vom 14.9.1994 I R 136/93, BFHE 175, 406, BStBl II 1995, 382 = SIS 95 08 77, unter II.3.; vom 25.7.1995 VIII R 25/94, BFHE 178, 418,
BStBl II 1996, 684 = SIS 96 01 18, unter II.2.a; vom 26.2.2002 IV R
39/01, BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697 = SIS 02 93 27, unter 2.b
aa, und vom 29.3.2006 X R 55/04, BFH/NV 2006, 1641 = SIS 06 33 97,
unter II.3.b aa).
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Ob eine
Regelungslücke oder lediglich ein sog. rechtspolitischer
Fehler vorliegt, ist unter Heranziehung des Gleichheitsgrundsatzes
zu ermitteln, wobei auf die Wertungen und die Entstehungsgeschichte
des Gesetzes zurückzugreifen ist (BFH-Urteil in BFHE
190, 343, BStBl II 2000, 220 = SIS 00 03 70, unter II.2.b aa;
ebenso BFH-Urteile in BFHE 111, 329, BStBl II 1974, 295 = SIS 74 01 58, unter 2.b; in BFHE 175, 406, BStBl II 1995, 382 = SIS 95 08 77,
unter II.3.; in BFHE 199, 374, BStBl II 2002, 697 = SIS 02 93 27,
unter 2.b aa, und in BFH/NV 2006, 1641 = SIS 06 33 97, unter II.3.b
aa). Die Unvollständigkeit muss sich
bereits aus der dem Gesetz immanenten Zwecksetzung ergeben und
nicht nur aus einer selbständigen kritischen Würdigung
des Gesetzes (BFH-Urteil vom 19.7.1972 I R 164/68, BFHE 106, 441,
BStBl II 1972, 858 = SIS 72 04 88, unter I.3.). Auch bei einem
eindeutigen Gesetzeswortlaut kann eine Gesetzeslücke vorliegen
(BFH-Urteile vom 2.7.1997 I R 32/95, BFHE 183, 496, BStBl II 1998,
176 = SIS 98 02 89, unter II.2.b aa, und vom 21.10.1997 IX R 29/95,
BFHE 184, 466, BStBl II 1998, 142 = SIS 98 08 79, unter
3.a).
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Liegt nach diesen
Grundsätzen eine Gesetzeslücke vor, ist diese in einer
dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der
Gesetzessystematik entsprechenden Weise zu schließen. Zur
Lückenfüllung kommen insbesondere Analogie, teleologische
Extension oder Reduktion in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 183, 496,
BStBl II 1998, 176 = SIS 98 02 89, unter II.2.b cc). Dies ist
Aufgabe der Fachgerichte (vgl. z.B. Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom 3.4.1990 1 BvR 1186/89, BVerfGE 82,
6, NJW 1990, 1593, unter C.I.1.).
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b) § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG enthielt
bei seinem Inkrafttreten 1967 keine Regelungslücke. Für
die Klägerin bestand bereits nach damaliger Rechtslage keine
Berechtigung zur Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten.
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Die nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG
1967 mögliche Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten
aufgrund einer nach § 161 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung
(RAO) zu erteilenden Befreiung kam nach dem BFH-Urteil vom 17.9.1987 IV R 31/87 (BFHE 151, 64, BStBl II
1988, 20 = SIS 87 23 06, unter II.2.) nur bei besonderen Härten in Betracht, die sich
z.B. aus dem Überschreiten der nach § 20 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 UStG 1967 bestehenden Umsatzgrenze von 250.000 DM
durch außergewöhnliche und
einmalige Geschäftsvorfälle ergeben konnten.
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Danach war die Klägerin unter der Geltung
des UStG 1967 nicht zur Steuerberechnung nach vereinnahmten
Entgelten berechtigt, da das Überschreiten der Umsatzgrenze
bei ihr nicht auf einem einmaligen und außergewöhnlichen
Geschäftsvorfall beruht.
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c) Eine Regelungslücke ist auch nicht
aufgrund der Einschränkung der Buchführungspflicht durch
die AO 1977 entstanden.
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aa) Seit dem Inkrafttreten der AO 1977
verweist § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht mehr auf § 161
Abs. 2 RAO, sondern auf § 148 AO. Danach können die
Finanzbehörden Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung
der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-,
Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich
bringt und die Besteuerung nicht beeinträchtigt wird. Nach
§ 148 AO kann der Steuerpflichtige von der seit Inkrafttreten
der AO 1977 gemäß § 141 AO nur noch für
gewerbliche Unternehmer sowie für Land- und Forstwirte
bestehenden Buchführungspflicht befreit werden.
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Da gemäß § 141 AO nicht mehr
alle Unternehmer, sondern nur noch gewerbliche Unternehmer sowie
Land- und Forstwirte der Buchführungspflicht unterliegen,
kommt bei anderen als den von dieser Vorschrift genannten
Unternehmern wie z.B. bei Vermietern mit Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG eine Befreiung von
der Buchführungspflicht nicht mehr in Betracht.
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bb) Für Unternehmer, die mit ihren
Umsätzen die Grenze von 250.000 DM überschreiten und
daher bereits nach dem UStG 1967 nicht zur Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten berechtigt waren, hat sich aufgrund des
Entfallens der Buchführungspflicht durch die AO 1977 die
Rechtslage nicht geändert. Sie sind weiterhin nach § 20
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht berechtigt, die Steuer nach
vereinnahmten Entgelten zu berechnen.
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Zu einer Änderung ist es daher nur
insoweit gekommen, als für alle Unternehmer, die aufgrund
einmaliger Geschäftsvorfälle die Umsatzgrenze des §
20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG überschreiten, eine Befreiung nach
§ 161 Abs. 2 RAO und damit eine Steuerberechnung nach §
20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in Betracht kam, während diese
Möglichkeit nach § 148 AO i.V.m § 20 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 UStG nur noch für gewerbliche Unternehmer sowie für
Land- und Forstwirte besteht.
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32
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Ob aufgrund dieser Änderung für
Unternehmer, die weder gewerbliche Unternehmer noch Land- und
Forstwirte sind, und die aufgrund einmaliger
Geschäftsvorfälle die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 UStG überschreiten, eine Regelungslücke
entstanden ist, die eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 UStG rechtfertigt, braucht der Senat nach den
Verhältnissen des Streitfalls nicht zu entscheiden, da das
Überschreiten der Umsatzgrenze durch die Klägerin nicht
auf einem einmaligen Geschäftsvorfall beruht.
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d) Die Klägerin kann sich auch nicht auf
eine Ungleichbehandlung zu den von §
20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder Abs. 2 UStG erfassten Umsätzen
berufen.
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aa) Nach § 20
Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG kann die Steuer für
Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines
freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG nach
vereinnahmten Entgelten berechnet werden. Nach der amtlichen
Gesetzesbegründung soll die Vorschrift sicher stellen, dass
„den Angehörigen der freien Berufe, deren
Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als 250.000
Deutsche Mark betragen hat, auch künftig die Besteuerung nach
vereinnahmten Entgelten gestattet werden kann. Die Ergänzung
war erforderlich, da § 141 AO 1977 - im Gegensatz zur Regelung
in § 161 RAO - die Angehörigen der freien Berufe nicht
mehr zur Buchführung verpflichtet und somit auch § 148 AO
1977, der die Bewilligung von Erleichterungen vorsieht, für
Angehörige der freien Berufe nicht mehr gilt“
(BTDrucks 7/5458 S. 13).
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bb) Die zwischen den nicht
buchführungspflichtigen Angehörigen der freien Berufe und
den gleichfalls nicht buchführungspflichtigen
nichtgewerblichen Vermietern bestehende Differenzierung
hinsichtlich der Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten
führt nicht zu einer nach Art. 3 Abs. 1 GG zu beanstandenden
Ungleichbehandlung.
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Anders als bei den steuerpflichtigen
Umsätzen der Angehörigen der freien Berufe beruht die
Steuerpflicht der gemäß § 4 Nr. 12 UStG
steuerfreien Vermietung unbeweglichen Vermögens auf dem
Verzicht nach § 9 UStG. Aufgrund dieser Besonderheit ist eine
Gleichbehandlung des auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze
verzichtenden Vermieters mit den Angehörigen der freien
Berufe, deren Umsätze nicht aufgrund eines derartigen
Verzichts, sondern kraft Gesetzes steuerpflichtig sind, nicht
geboten. Insoweit ist weiter zu berücksichtigen, dass für
die z.B. nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreien Umsätze freier
Berufe keine Möglichkeit zum Verzicht nach § 9 UStG
besteht. Im Hinblick auf diese Unterschiede war der Gesetzgeber
nicht verpflichtet, die Möglichkeit zur Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten bei Überschreiten der Umsatzgrenze
nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG auch nicht
buchführungspflichtigen Unternehmern einzuräumen, bei
denen die Steuerpflicht auf einem Verzicht nach § 9 UStG
beruht. Aus diesem Grund ist auch keine Gleichbehandlung zu den dem
§ 20 Abs. 2 UStG unterliegenden Unternehmern geboten.
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e) Ein Anspruch auf Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten ergibt sich auch nicht aus Art. 10 Abs. 2
Unterabs. 3 der Sechsten Richtlinie des
Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie
77/388/EWG). Nach Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 der
Richtlinie 77/388/EWG treten
Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem
die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird.
Unterabs. 3 dieser Bestimmung ermächtigt die Mitgliedstaaten
Sonderregelungen zu treffen:
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„Abweichend von den vorstehenden
Bestimmungen können die Mitgliedstaaten vorsehen, daß
der Steueranspruch für bestimmte Umsätze oder für
Gruppen von Steuerpflichtigen zu den folgenden Zeitpunkten
entsteht:
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– entweder spätestens bei der
Ausstellung der Rechnung ...
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– oder spätestens bei der
Vereinnahmung des Preises
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– oder im Falle der Nichtausstellung
oder verspäteten Ausstellung der Rechnung ..., binnen einer
bestimmten Frist nach dem Zeitpunkt des Eintretens des
Steuertatbestands.“
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Nach der zu
Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) hat der
„Gemeinschaftsgesetzgeber ... den Mitgliedstaaten einen
erheblichen Spielraum einräumen wollen“ (EuGH-Urteil
vom 26.10.1995 C-144/94, Italittica S.P.A., Slg. 1995, I-3653, HFR
1996, 100 = SIS 96 04 32 Rdnr. 15). Eine gemeinschaftsrechtliche
Verpflichtung bei Überschreiten der Umsatzgrenze des § 20
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG auch den nicht
buchführungspflichtigen Unternehmern die Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten zu ermöglichen, wenn die Steuerpflicht
ihrer Umsätze auf einem Verzicht nach § 9 UStG beruht,
besteht danach nicht.
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6. Das Urteil des FG
entspricht nicht diesen Grundsätzen und war daher aufzuheben.
Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen, da die
Voraussetzungen für eine Gestattung der Steuerberechnung nach
vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1
UStG nicht vorliegen.
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