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Zur Vorsteuerberichtigung beim letzten Abnehmer einer Lieferkette wegen ihm außerhalb der Lieferkette gewährten Herstellerrabatten

Zur Vorsteuerberichtigung beim letzten Abnehmer einer Lieferkette wegen ihm außerhalb der Lieferkette gewährten Herstellerrabatten: Erstattet der erste Unternehmer in einer Lieferkette dem letzten Abnehmer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts durch nachträglich ausgezahlte Gutschriften, ist dessen Vorsteuerabzug nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in der bis zum 15.12.2004 gültigen Fassung zu berichtigen. - Urt.; BFH 15.2.2012, XI R 24/09; SIS 12 11 30

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Vorsteuerabzug
Fundstellen
  1. BFH 15.02.2012, XI R 24/09
    BStBl 2013 II S. 712
    DStR 2012 S. 903
    LEXinform 0927334

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 11.9.2013
    -/- in NWB 19/2012 S. 1573
    jh in StuB 10/2012 S. 413
    H.J.L. in BFH/PR 7/2012 S. 249
    H.F.L. in StC 7-8/2012 S. 12
    St.F. in UR 12/2012 S. 485
    JB in DStZ 13/2012 S. 455
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 20 Abs. 1 Buchst. b
[UStG] § 10 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a. F., § 17 Abs. 1 Satz 4
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 29.05.2009, SIS 10 03 95, Berichtigung, Vorsteuerabzug, Rabatt
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 10.12.2020, SIS 21 07 70, Herstellerrabatt als Entgeltbestandteil des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Arzneimitteln: 1. Das Ent...
  • BFH 22.1.2020, SIS 20 04 99, Zur Rückwirkung und zu den Voraussetzungen einer berichtigenden Rechnung: 1. Die Rückwirkung einer Rechnu...
  • BFH 6.6.2019, SIS 19 15 07, Zur Körperschaftsteuerpflicht von Stiftungen: 1. Die Körperschaftsteuerpflicht einer Stiftung beginnt mit...
  • FG Münster 28.3.2019, SIS 19 07 85, Leistungskette, Rabattgewährung und Frage der Minderung der Bemessungsgrundlage: Im Wege der richtlinienk...
  • FG des Saarlandes 23.8.2018, SIS 18 16 52, Auch bei Unternehmern mit abweichendem Wirtschaftsjahr Maßgeblichkeit der im Kalenderjahr des Spendenabzu...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • BFH 22.6.2016, SIS 16 17 69, Steuerfreie Leistungen eines Erziehungsbeistands: 1. Ein selbständiger Erziehungsbeistand kann sich für d...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BFH 17.12.2015, SIS 16 04 62, Zur ehrenamtlichen Tätigkeit des Vorstandes eines Sparkassenverbandes: 1. Ehrenamtlich werden u.a. jene T...
  • FG Hamburg 15.7.2015, SIS 15 22 08, Heranziehung des Besitzers geschmuggelter Zigaretten bei unklarem Reiseweg der Zigaretten ins Steuergebie...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • FG Münster 12.2.2015, SIS 15 12 20, Frage der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Rittleistungen eines Berufsjockeys: 1. Die streitbefa...
  • BFH 4.12.2014, SIS 15 00 73, Vorsteuerkorrektur bei Rabattgewährung innerhalb einer in einem anderen Mitgliedstaat beginnenden Lieferk...
  • BFH 11.11.2014, SIS 15 03 91, Zwischenhändler eingeschmuggelter Zigaretten kann neben dem Schmuggler Schuldner der Tabaksteuer sein: Em...
  • BFH 3.7.2014, SIS 14 22 33, Keine Entgeltminderung bei Zentralregulierung: Preisnachlässe, die ein Zentralregulierer seinen Anschluss...
  • BFH 2.7.2014, SIS 14 30 14, Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Sportpferd: Die e...
  • BFH 5.6.2014, SIS 14 21 64, Keine Vorsteuerkorrektur beim letzten inländischen Unternehmer einer Lieferkette bei Rabattgewährung durc...
  • BFH 27.2.2014, SIS 14 15 60, Keine Entgeltminderung bei Vermittlung: Aufgrund des EuGH-Urteils vom 16.1.2014 C-300/12 Ibero Tours (DSt...
  • BFH 27.2.2014, SIS 14 21 39, Keine Entgeltminderung bei Vermittlung: Aufgrund des EuGH-Urteils Ibero Tours hält der Senat nicht daran ...
  • BFH 11.12.2013, SIS 14 06 89, EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug einer sog. Führungsholding, Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirt...
  • BFH 11.12.2013, SIS 14 06 90, EuGH-Vorlage zum Vorsteuerabzug einer sog. Führungsholding, Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirt...
  • BFH 21.2.2013, SIS 13 14 72, Zur Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist bei ressortfremden Grundlagenbescheiden: Grundlagenbescheide ress...
  • Sächsisches FG 18.12.2012, SIS 13 15 26, Vorsteuerabzug bei Einzelhändler: 1. Ein Rabatt, der einem Einzelhändler auf bei einem Großhändler getäti...
  • BFH 10.7.2012, SIS 12 26 96, EuGH-Vorlage zur Frage des Anwendungsbereichs des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Personenbeförderungsl...
  • BFH 10.7.2012, SIS 12 26 97, EuGH-Vorlage zur Frage des Anwendungsbereichs des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Personenbeförderungsl...
  • BFH 16.5.2012, SIS 12 27 89, Steuerfreie Veräußerung gebrauchter Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit: Die Veräußerung gebrauchter...
  • BFH 26.4.2012, SIS 12 16 84, EuGH-Vorlage zur Minderung des Entgelts bei Rabattgewährung durch Reisebüros, die als Vermittler tätig si...

 

1

I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, im Streitjahr 2004 den von ihr in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der bis zum 15.12.2004 gültigen Fassung (a.F.) berichtigen muss, weil sie außerhalb einer Lieferkette nachträglich gewährte Herstellerrabatte erhalten hatte.

 

 

2

Die Klägerin war u.a. im Baustoffhandel tätig. Sie bezog im Streitjahr Zement von der D-GmbH, die ihrerseits den Zement von der Z-AG bezog. Die Z-AG gewährte der Klägerin außerhalb der Lieferkette Rabatte in Form von nachträglich ausgezahlten Gutschriften. Die Z-AG minderte unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 15.10.2002 C-427/98 - Kommission/Deutschland - (Slg. 2002, I-8315 = SIS 02 98 74, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74) ihre steuerpflichtigen Umsätze für das Kalenderjahr 2004 in Höhe der gewährten Rabatte und berichtigte den von ihr geschuldeten Steuerbetrag entsprechend.

 

 

3

Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der Klägerin durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D vertrat der Prüfer die Auffassung, dass korrespondierend zu der Steuerminderung der Z-AG der Vorsteuerabzug bei der Klägerin als Empfängerin der Rabatte zu mindern sei. Dementsprechend änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) mit Bescheid vom 24.10.2006 den Umsatzsteuerbescheid für 2004. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Das FA änderte während des Einspruchsverfahrens den Umsatzsteuerbescheid für 2004 mit Bescheid vom 19.2.2008 erneut und nahm die Vorsteuerkürzung, soweit sie den Zeitraum 1. Januar bis 30.4.2004 betraf, wieder zurück. Im Übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg.

 

 

4

Das Finanzgericht (FG) wies die sich anschließende Klage als unbegründet ab. Die ab dem 16.12.2004 geltende Neuregelung des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG, wonach ein durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigter Unternehmer seinen Vorsteuerabzug auch dann berichtigen müsse, wenn er nicht Leistungsempfänger der Ausgangsumsätze sei, sei auf den Streitfall nicht anzuwenden. Alle relevanten Vorgänge (Rabattgewährung durch die Z-AG) lägen im Streitjahr vor diesem Zeitpunkt.

 

 

5

Die Vorsteuer könne jedoch nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. berichtigt werden. Der Wortlaut der Vorschrift sei nicht eindeutig. Er schließe nicht aus, dass „der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist“ im Sinne dieser Berichtigungsvorschrift auch der sei, an den der Umsatz auf einer späteren Stufe innerhalb einer Lieferkette ausgeführt werde. Zur Vermeidung systemwidriger Vorsteuerüberhänge müsse jede Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage und die damit einhergehende Minderung der Umsatzsteuer korrespondierend eine Minderung der Vorsteuer des Unternehmers nach sich ziehen, bei dem die geminderte Bemessungsgrundlage wirtschaftlich die Aufwendungen für seine Eingangsleistungen reduziere. Dies gelte selbst dann, wenn der Gesetzgeber entsprechend der früher von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung ursprünglich die Vorstellung gehabt habe, eine Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage könne nur innerhalb einer konkreten Leistungsbeziehung in Betracht kommen. Denn § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. sei im Lichte der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) und der dazu ergangenen Rechtsprechung des EuGH auszulegen.

 

 

6

Das Urteil ist in EFG 2010, 456 = SIS 10 03 95 veröffentlicht.

 

 

7

Die Klägerin stützt ihre Revision auf die Verletzung von § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. Die vom FG getroffene Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut dieser Berichtigungsvorschrift sei unzulässig. Das FG nehme damit einen Akt der Rechtsetzung vor, der dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Deutschland habe vor der Änderung des UStG mit Wirkung vom 16.12.2004 die im Streitfall einschlägige Bestimmung des Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bewusst nicht in nationales Recht umgesetzt. Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG sei daher nicht nur klarstellend, sondern rechtsbegründend. Sie könne nur auf Sachverhalte Anwendung finden, die - anders als im Streitfall - nach dem 16.12.2004 verwirklicht worden seien. Eine Rückwirkung sei § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht beigelegt worden.

 

 

8

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 19.2.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4.11.2008 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2004 auf ... EUR festgesetzt wird.

 

 

9

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

10

Es trägt vor, die Auslegung des dem § 17 UStG zugrunde liegenden Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG durch die Rechtsprechung des EuGH sei von der Finanzverwaltung zunächst nicht geteilt worden. Die Verwaltung habe sich mit Veröffentlichung des EuGH-Urteils - Kommission/Deutschland - in BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74 unter gleichzeitiger Bekanntgabe des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 19.12.2003 IV B 7 - S 7200 - 101/03 (BStBl I 2004, 443 = SIS 03 53 62) dieser Auslegung jedoch angeschlossen. Da die betroffenen Unternehmer erst mit Veröffentlichung dieses BMF-Schreibens im BStBl I vom 30.4.2004 von der Änderung der Verwaltungsauffassung erfahren hätten, sei aus Vertrauensschutzgründen von einer Vorsteuerberichtigung für vor dem 30.4.2004 erhaltene Preisnachlässe abgesehen worden, wie dies im Streitfall durch den Änderungsbescheid vom 19.2.2008 geschehen sei. Die mit Wirkung vom 16.12.2004 erfolgte Änderung des § 17 Abs. 1 UStG durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz - EURLUmsG - ) vom 9.12.2004 (BGBl I 2004, 3310) sei nach der Gesetzesbegründung zu Art. 5 Nr. 12 des EURLUmsG (BRDrucks 605/04, 69 bis 71) lediglich klarstellend.

 

 

11

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur antragsgemäßen Herabsetzung der Umsatzsteuer (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Eine Rechtsgrundlage zur Berichtigung des von der Klägerin in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs ist nicht vorhanden.

 

 

12

1. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG wird der Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen; nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist Entgelt alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten (abzüglich der Umsatzsteuer). Hat sich diese Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert, so haben nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F.) und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F.) entsprechend zu berichtigen.

 

 

13

a) Für die an die Klägerin von der D-GmbH ausgeführten Umsätze (Zementlieferungen) hat sich die Bemessungsgrundlage, das Entgelt, nicht gemindert. Es fehlt mithin insoweit an den Voraussetzungen, an die die Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. anknüpft.

 

 

14

b) Der Umsatz, dessen Bemessungsgrundlage sich nachträglich geändert hat, wurde nicht an die Klägerin, sondern (von der Z-AG) an die D-GmbH ausgeführt.

 

 

15

Erstattet der erste Unternehmer in einer Lieferkette dem letzten Abnehmer - wie im Streitfall die Z-AG der Klägerin - einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers - hier der Umsatz der Z-AG an die D-GmbH - (vgl. EuGH-Urteile vom 24.10.1996 C-317/94 - Elida Gibbs -, Slg. 1996, I-5339 = SIS 97 04 27, BStBl II 2004, 324, UR 1997, 265 = SIS 97 04 27; C-288/94 - Argos Distributors Ltd. -, Slg. 1996, I-5311, UR 1997, 263 = SIS 97 02 21; in Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74; Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12.1.2006 V R 3/04, BFHE 213, 69, BStBl II 2006, 479 = SIS 06 16 30, unter II.1.b; vom 13.7.2006 V R 46/05, BFHE 214, 463, BStBl II 2007, 186 = SIS 06 45 69, unter II.2.; vom 13.3.2008 V R 70/06, BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997 = SIS 08 31 27, unter II.1.b aa). Diese - die Z-AG - konnte daher den für ihren Umsatz an ihren Abnehmer der nächsten Stufe - die D-GmbH - geschuldeten Steuerbetrag nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F. zu ihren Gunsten berichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 213, 69, BStBl II 2006, 479 = SIS 06 16 30, unter II.1.b). Der von der D-GmbH an die Klägerin ausgeführte Umsatz ist hiervon nicht betroffen.

 

 

16

2. Entgegen der Vorentscheidung und der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung (BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 443 = SIS 03 53 62, Rz 14) kann § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. nicht richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass - wie das FG entschied - Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift (= „Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist“) auch der ist, an den der Umsatz, dessen Bemessungsgrundlage sich geändert hat, zwar nicht ausgeführt wurde, der aber Leistungsempfänger auf einer späteren Stufe innerhalb einer Lieferkette war (vgl. Nieskens, UR 2004, 441, unter II.4.; a.A. ders. in UR 2004, 640; ders. in UR 2005, 57, unter III.3.c cc; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 17 Rz 53; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 17 Rz 139).

 

 

17

a) Die Rechtsprechung ist sowohl nach nationalem (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.4.2010 IV R 5/08, BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912 = SIS 10 22 52, unter II.2.b bb, m.w.N.) als auch nach Unionsrecht (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 27.11.2003 C-497/01 - Zita Modes -, Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004, 128 = SIS 04 01 39, Rz 34, m.w.N.) verpflichtet, den Sinn und Zweck einer Norm unter Berücksichtigung ihrer Einordnung in das Gesetz und damit ihres systematisch-teleologischen Zusammenhangs zu ermitteln. Ein Gericht hat sich bei der Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen auszurichten (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 11.7.2002 C-62/00 - Marks & Spencer -, Slg. 2002, I-6325, UR 2002, 436 = SIS 02 89 98, Rz 24, m.w.N.).

 

 

18

b) Die hiernach gebotene richtlinienkonforme Auslegung kommt nur in Betracht, wenn es im konkreten Fall verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2.4.1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695 = SIS 98 17 31, unter II.3.b; vom 22.1.2004 V R 41/02, BFHE 204, 371, BStBl II 2004, 757 = SIS 04 16 94, unter II.1.; Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 246, m.w.N.). Lässt der Gesetzestext mehrere Auslegungen zu und ist nur eine mit dem Unionsrecht vereinbar, so ist - wie bei der verfassungskonformen Auslegung im Hinblick auf das Grundgesetz - der Auslegung der Vorzug zu geben, nach der die Norm nicht als unionsrechtswidrig einzustufen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8.9.2010 XI R 40/08, BFHE 231, 343, BStBl II 2011, 661 = SIS 11 01 97, unter II.4.; vom 29.6.2011 XI R 15/10, BFHE 233, 470, BStBl II 2011, 839 = SIS 11 27 08, unter II.2.; zur verfassungskonformen Auslegung vgl. Klein/Gersch, AO, 10. Aufl., § 4 Rz 33, m.w.N.).

 

 

19

c) Die in der Vorentscheidung getroffene richtlinienkonforme Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. ist nach vorgenannten Grundsätzen nicht möglich. Sie geht über Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes hinaus. Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. (Vorsteuerberichtigung bei dem „Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist“) ist - entgegen dem FG - eindeutig. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei der Klägerin wäre danach nur bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage für den zwischen der Klägerin und der D-GmbH ausgeführten Umsatz vorzunehmen; das Entgelt für diesen Umsatz ist aber - wie dargelegt - unverändert (vgl. Stadie in Rau/Dürrwachter, a.a.O., § 17 Rz 139; ferner BFH-Urteil in BFHE 213, 69, BStBl II 2006, 479 = SIS 06 16 30, unter II.1.b). Diese Regelung ist mithin nicht auslegungsfähig (vgl. Nieskens, UR 2004, 441, unter II.4.). Das für die Klägerin günstigere nationale Recht geht in diesem Fall dem Unionsrecht vor (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 25.11.2004 V R 4/04, BFHE 208, 470, BStBl II 2005, 415 = SIS 05 17 02, unter II.A.4.c, m.w.N.).

 

 

20

3. Über seinen Wortlaut hinaus ist § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. nicht anzuwenden. Einer teleologischen Extension steht entgegen, dass der Gesetzgeber bis zur Änderung des § 17 Abs. 1 UStG durch das EURLUmsG mit Wirkung ab 16.12.2004 es - in Kenntnis der Problematik - unterlassen hatte, die nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Maßnahmen bei Rabattgewährungen außerhalb einer Lieferkette - wie im Streitfall - in nationales Recht umzusetzen.

 

 

21

a) Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten berichtigt, „wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben, insbesondere bei ... erlangten Rabatten ...“

 

 

22

Hierzu führte der EuGH für den Fall, dass eine Vergütung nicht an den Leistungsempfänger des Rabattgewährenden, sondern an einen anderen zum Vorsteuerabzug berechtigten Abnehmer einer Lieferkette gewährt wird, der die Ware für sein Unternehmen verwendet, aus, „ein Vorsteuerüberhang, der sich aus der nachträglichen Erstattung eines Gutscheins ergäbe, [kann] dadurch verhindert werden, dass bei dem Endabnehmer eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 77/388/EWG vorgenommen wird. Diese Vorschrift sieht nämlich vor, dass der ursprüngliche Vorsteuerabzug berichtigt werden kann, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der Erklärung geändert haben“ (EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74, Rz 66).

 

 

23

b) Eine dementsprechende Vorsteuerberichtigung war im UStG ursprünglich nicht vorgesehen. Erst mit § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG i.d.F. des EURLUmsG wurde Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG insoweit in nationales Recht umgesetzt und eine Berichtigung der abgezogenen Vorsteuer für den Fall angeordnet, dass ein anderer Unternehmer als der, für den der Umsatz ausgeführt wurde, durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt wird.

 

 

24

aa) Sowohl die Rechtsprechung des BFH (vgl. noch Beschluss vom 14.4.1983 V B 28/81, BFHE 138, 113, BStBl II 1983, 393 = SIS 83 11 23) als auch die Finanzverwaltung (vgl. noch BMF-Schreiben vom 25.5.1998 IV C 3 - S 7200 - 29/98, BStBl I 1998, 627 = SIS 98 13 36) gingen hinsichtlich § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. davon aus, dass sich eine Entgeltminderung nur in der jeweiligen Leistungsbeziehung ergeben könne.

 

 

25

bb) Die Bundesregierung teilte zum Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 UStG a.F. in ihrem Antwortschreiben vom 10.11.1992 auf eine Anfrage der Europäischen Kommission mit, dass „Voraussetzung für eine Berichtigung der Steuer und Vorsteuer nach § 17 Abs. 1 UStG ... eine Änderung der Bemessungsgrundlage für den Umsatz des Lieferers an seinen unmittelbaren Abnehmer“ sei (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74, Rz 11).

 

 

26

cc) Auch nach Ergehen der EuGH-Urteile - Elida Gibbs - in Slg. 1996, I-5339, BStBl II 2004, 324, UR 1997, 265 = SIS 97 04 27 und - Argos Distributors Ltd. - in Slg. 1996, I-5311, UR 1997, 263 = SIS 97 02 21 vertrat die deutsche Regierung noch 2002 im Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Deutschland vor dem EuGH die Ansicht, dass eine Verminderung der Besteuerungsgrundlage des Herstellers in den Fällen, in denen der Hersteller und der, dem der Gutschein letztlich erstattet werde, nicht in einer unmittelbaren Vertragsbeziehung zueinander stünden, dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer widerspreche; deshalb habe sie das einschlägige nationale Recht nicht an die Entscheidung des EuGH im Urteil Elida Gibbs (Slg. 1996, I-5339, BStBl II 2004, 324, UR 1997, 265 = SIS 97 04 27) angepasst (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74, Rz 17 bis 20, 34). Gegen den Neutralitätsgrundsatz werde auch verstoßen, wenn von einer formellen Berichtigung der Besteuerungsgrundlage des Herstellers, die auch den Vorsteuerabzug des Einzelhändlers berühre, abgesehen werde, da die Steuerpflichtigen nur bei einem System, bei dem sich die Steuerschuld des Lieferanten und der Vorsteuerabzug des Abnehmers betragsmäßig entsprächen, nicht von der Mehrwertsteuer belastet würden (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74, Rz 36).

 

 

27

dd) Hiernach ist nicht davon auszugehen, dass eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs für einen Fall wie diesen bereits durch § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. getroffen gewesen wäre. Der Vorschrift des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG kommt mithin - entgegen der Ansicht des FA - rechtsbegründende Funktion zu.

 

 

28

Soweit in den Gesetzesmaterialien zu Art. 5 Nr. 12 des EURLUmsG (BRDrucks 605/04, 70) - worauf das FA hinweist - ausgeführt wird, „§ 17 UStG ist klarstellend dahin zu ergänzen, dass sich die Bemessungsgrundlage bei dem Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt und den finanziellen Aufwand für die Vergütung des Gutscheins trägt, mindert, während bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, der Vorsteuerabzug unverändert bleibt“, ergibt sich nichts anderes. Angesichts dessen, dass der Gesetzgeber - bewusst - jahrelang davon abgesehen hat, § 17 UStG an die EuGH-Rechtsprechung im Urteil Elida Gibbs (Slg. 1996, I-5339, BStBl II 2004, 324, UR 1997, 265 = SIS 97 04 27) anzupassen, kann vor einer bloßen „Klarstellung“ der Rechtslage durch § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG keine Rede sein.

 

 

29

4. Soweit der V. Senat des BFH in einem Urteil, das Preisnachlässe einer Einkaufsgenossenschaft gegenüber ihren Mitgliedern betrifft, zum Preisnachlass des ersten Unternehmers einer Lieferkette an den Zwischenhändler ausgeführt hat, dass sich beim Empfänger des Preisnachlasses auch im entsprechenden Umfang der Vorsteuerabzug mindere bzw. im entsprechenden Umfang zu berichtigen sei (BFH-Urteil in BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997 = SIS 08 31 27, unter II.1.b aa), handelt es sich um ein nicht entscheidungserhebliches obiter dictum, dem der erkennende Senat aus den dargelegten Gründen nicht folgt und das auch keine Vorlage an den Großen Senat des BFH nach § 11 Abs. 2 FGO wegen Abweichung gebietet (vgl. z.B. Senatsurteil vom 9.2.2011 XI R 35/09, BFHE 233, 86, BStBl II 2011, 1000 = SIS 11 18 67; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz 11, m.w.N.).

 

 

30

5. Die Klägerin hat - wie das FG zu Recht entschied - ihren Vorsteuerabzug auch nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG i.d.F. des Art. 5 Nr. 14 Buchst. a EURLUmsG zu berichtigen.

 

 

31

Nach den Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, liegen alle umsatzsteuerrelevanten Vorgänge (Rabattgewährung durch die Z-AG) im Streitjahr vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des EURLUmsG am 16.12.2004 (Art. 22 Abs. 1 des am 15.12.2004 verkündeten EURLUmsG). Dies ist zwischen den Beteiligten im Übrigen auch unstreitig. Da der Gesetzgeber eine rückwirkende Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht vorgesehen hat, kann diese Regelung - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - nur auf Sachverhalte Anwendung finden, die nach dem 15.12.2004 verwirklicht worden sind.

 

 

32

6. Das Urteil des FG war danach aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Senat kann auf Grundlage der Feststellungen des FG selbst entscheiden.