1
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I. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin),
eine GmbH, im Streitjahr 2004 den von ihr in Anspruch genommenen
Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der bis zum 15.12.2004 gültigen
Fassung (a.F.) berichtigen muss, weil sie außerhalb einer
Lieferkette nachträglich gewährte Herstellerrabatte
erhalten hatte.
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Die Klägerin war u.a. im
Baustoffhandel tätig. Sie bezog im Streitjahr Zement von der
D-GmbH, die ihrerseits den Zement von der Z-AG bezog. Die Z-AG
gewährte der Klägerin außerhalb der Lieferkette
Rabatte in Form von nachträglich ausgezahlten Gutschriften.
Die Z-AG minderte unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes
der Europäischen Union (EuGH) vom 15.10.2002 C-427/98 -
Kommission/Deutschland - (Slg. 2002, I-8315 = SIS 02 98 74, BStBl
II 2004, 328 = SIS 02 98 74) ihre steuerpflichtigen Umsätze
für das Kalenderjahr 2004 in Höhe der gewährten
Rabatte und berichtigte den von ihr geschuldeten Steuerbetrag
entsprechend.
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3
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Anlässlich einer Betriebsprüfung
bei der Klägerin durch das Finanzamt für Groß- und
Konzernbetriebsprüfung D vertrat der Prüfer die
Auffassung, dass korrespondierend zu der Steuerminderung der Z-AG
der Vorsteuerabzug bei der Klägerin als Empfängerin der
Rabatte zu mindern sei. Dementsprechend änderte der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) mit Bescheid vom
24.10.2006 den Umsatzsteuerbescheid für 2004. Hiergegen legte
die Klägerin Einspruch ein. Das FA änderte während
des Einspruchsverfahrens den Umsatzsteuerbescheid für 2004 mit
Bescheid vom 19.2.2008 erneut und nahm die Vorsteuerkürzung,
soweit sie den Zeitraum 1. Januar bis 30.4.2004 betraf, wieder
zurück. Im Übrigen blieb der Einspruch ohne
Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) wies die sich
anschließende Klage als unbegründet ab. Die ab dem
16.12.2004 geltende Neuregelung des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG,
wonach ein durch die Änderung der Bemessungsgrundlage
wirtschaftlich begünstigter Unternehmer seinen Vorsteuerabzug
auch dann berichtigen müsse, wenn er nicht
Leistungsempfänger der Ausgangsumsätze sei, sei auf den
Streitfall nicht anzuwenden. Alle relevanten Vorgänge
(Rabattgewährung durch die Z-AG) lägen im Streitjahr vor
diesem Zeitpunkt.
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Die Vorsteuer könne jedoch nach §
17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. berichtigt werden. Der Wortlaut
der Vorschrift sei nicht eindeutig. Er schließe nicht aus,
dass „der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt
worden ist“ im Sinne dieser Berichtigungsvorschrift auch der
sei, an den der Umsatz auf einer späteren Stufe innerhalb
einer Lieferkette ausgeführt werde. Zur Vermeidung
systemwidriger Vorsteuerüberhänge müsse jede
Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage und
die damit einhergehende Minderung der Umsatzsteuer korrespondierend
eine Minderung der Vorsteuer des Unternehmers nach sich ziehen, bei
dem die geminderte Bemessungsgrundlage wirtschaftlich die
Aufwendungen für seine Eingangsleistungen reduziere. Dies
gelte selbst dann, wenn der Gesetzgeber entsprechend der
früher von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung
ursprünglich die Vorstellung gehabt habe, eine Änderung
der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage könne nur
innerhalb einer konkreten Leistungsbeziehung in Betracht kommen.
Denn § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. sei im Lichte der
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) und der dazu ergangenen
Rechtsprechung des EuGH auszulegen.
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Das Urteil ist in EFG 2010, 456 = SIS 10 03 95 veröffentlicht.
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Die Klägerin stützt ihre Revision
auf die Verletzung von § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. Die
vom FG getroffene Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut dieser
Berichtigungsvorschrift sei unzulässig. Das FG nehme damit
einen Akt der Rechtsetzung vor, der dem Gesetzgeber vorbehalten
sei. Deutschland habe vor der Änderung des UStG mit Wirkung
vom 16.12.2004 die im Streitfall einschlägige Bestimmung des
Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG bewusst nicht in
nationales Recht umgesetzt. Die Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 4
UStG sei daher nicht nur klarstellend, sondern
rechtsbegründend. Sie könne nur auf Sachverhalte
Anwendung finden, die - anders als im Streitfall - nach dem
16.12.2004 verwirklicht worden seien. Eine Rückwirkung sei
§ 17 Abs. 1 Satz 4 UStG nicht beigelegt worden.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für
2004 vom 19.2.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
4.11.2008 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2004
auf ... EUR festgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Es trägt vor, die Auslegung des dem
§ 17 UStG zugrunde liegenden Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der
Richtlinie 77/388/EWG durch die Rechtsprechung des EuGH sei von der
Finanzverwaltung zunächst nicht geteilt worden. Die Verwaltung
habe sich mit Veröffentlichung des EuGH-Urteils -
Kommission/Deutschland - in BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74 unter
gleichzeitiger Bekanntgabe des Schreibens des Bundesministeriums
der Finanzen (BMF) vom 19.12.2003 IV B 7 - S 7200 - 101/03 (BStBl I
2004, 443 = SIS 03 53 62) dieser Auslegung jedoch angeschlossen. Da
die betroffenen Unternehmer erst mit Veröffentlichung dieses
BMF-Schreibens im BStBl I vom 30.4.2004 von der Änderung der
Verwaltungsauffassung erfahren hätten, sei aus
Vertrauensschutzgründen von einer Vorsteuerberichtigung
für vor dem 30.4.2004 erhaltene Preisnachlässe abgesehen
worden, wie dies im Streitfall durch den Änderungsbescheid vom
19.2.2008 geschehen sei. Die mit Wirkung vom 16.12.2004 erfolgte
Änderung des § 17 Abs. 1 UStG durch das Gesetz zur
Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht und zur
Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz -
EURLUmsG - ) vom 9.12.2004 (BGBl I 2004, 3310) sei nach der
Gesetzesbegründung zu Art. 5 Nr. 12 des EURLUmsG (BRDrucks
605/04, 69 bis 71) lediglich klarstellend.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur antragsgemäßen Herabsetzung der Umsatzsteuer
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Eine Rechtsgrundlage zur Berichtigung des von der Klägerin
in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs ist nicht vorhanden.
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1. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG wird der
Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt
bemessen; nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG ist Entgelt alles, was
der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten
(abzüglich der Umsatzsteuer). Hat sich diese
Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz
geändert, so haben nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. der
Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür
geschuldeten Steuerbetrag (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F.)
und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden
ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug (§
17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F.) entsprechend zu berichtigen.
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a) Für die an die Klägerin von der
D-GmbH ausgeführten Umsätze (Zementlieferungen) hat sich
die Bemessungsgrundlage, das Entgelt, nicht gemindert. Es fehlt
mithin insoweit an den Voraussetzungen, an die die
Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F.
anknüpft.
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b) Der Umsatz, dessen Bemessungsgrundlage sich
nachträglich geändert hat, wurde nicht an die
Klägerin, sondern (von der Z-AG) an die D-GmbH
ausgeführt.
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Erstattet der erste Unternehmer in einer
Lieferkette dem letzten Abnehmer - wie im Streitfall die Z-AG der
Klägerin - einen Teil des von diesem gezahlten
Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass,
mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz
des ersten Unternehmers - hier der Umsatz der Z-AG an die D-GmbH -
(vgl. EuGH-Urteile vom 24.10.1996 C-317/94 - Elida Gibbs -, Slg.
1996, I-5339 = SIS 97 04 27, BStBl II 2004, 324, UR 1997, 265 = SIS 97 04 27; C-288/94 - Argos Distributors Ltd. -, Slg. 1996, I-5311,
UR 1997, 263 = SIS 97 02 21; in Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004,
328 = SIS 02 98 74; Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
12.1.2006 V R 3/04, BFHE 213, 69, BStBl II 2006, 479 = SIS 06 16 30, unter II.1.b; vom 13.7.2006 V R 46/05, BFHE 214, 463, BStBl II
2007, 186 = SIS 06 45 69, unter II.2.; vom 13.3.2008 V R 70/06,
BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997 = SIS 08 31 27, unter II.1.b aa).
Diese - die Z-AG - konnte daher den für ihren Umsatz an ihren
Abnehmer der nächsten Stufe - die D-GmbH - geschuldeten
Steuerbetrag nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F. zu ihren
Gunsten berichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 213, 69, BStBl II
2006, 479 = SIS 06 16 30, unter II.1.b). Der von der D-GmbH an die
Klägerin ausgeführte Umsatz ist hiervon nicht
betroffen.
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2. Entgegen der Vorentscheidung und der von
der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung (BMF-Schreiben in BStBl
I 2004, 443 = SIS 03 53 62, Rz 14) kann § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 UStG a.F. nicht richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden,
dass - wie das FG entschied - Unternehmer im Sinne dieser
Vorschrift (= „Unternehmer, an den dieser Umsatz
ausgeführt worden ist“) auch der ist, an den der
Umsatz, dessen Bemessungsgrundlage sich geändert hat, zwar
nicht ausgeführt wurde, der aber Leistungsempfänger auf
einer späteren Stufe innerhalb einer Lieferkette war (vgl.
Nieskens, UR 2004, 441, unter II.4.; a.A. ders. in UR 2004, 640;
ders. in UR 2005, 57, unter III.3.c cc; Klenk in
Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 17 Rz 53; Stadie in
Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 17 Rz
139).
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a) Die Rechtsprechung ist sowohl nach
nationalem (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.4.2010 IV R 5/08, BFHE 229,
524, BStBl II 2010, 912 = SIS 10 22 52, unter II.2.b bb, m.w.N.)
als auch nach Unionsrecht (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 27.11.2003
C-497/01 - Zita Modes -, Slg. 2003, I-14393, BFH/NV Beilage 2004,
128 = SIS 04 01 39, Rz 34, m.w.N.) verpflichtet, den Sinn und Zweck
einer Norm unter Berücksichtigung ihrer Einordnung in das
Gesetz und damit ihres systematisch-teleologischen Zusammenhangs zu
ermitteln. Ein Gericht hat sich bei der Auslegung des nationalen
Umsatzsteuerrechts so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck
der einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen auszurichten
(vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 11.7.2002 C-62/00 - Marks & Spencer
-, Slg. 2002, I-6325, UR 2002, 436 = SIS 02 89 98, Rz 24,
m.w.N.).
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b) Die hiernach gebotene richtlinienkonforme
Auslegung kommt nur in Betracht, wenn es im konkreten Fall
verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt (vgl. z.B.
BFH-Urteile vom 2.4.1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998,
695 = SIS 98 17 31, unter II.3.b; vom 22.1.2004 V R 41/02, BFHE
204, 371, BStBl II 2004, 757 = SIS 04 16 94, unter II.1.;
Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung,
§ 4 AO Rz 246, m.w.N.). Lässt der Gesetzestext mehrere
Auslegungen zu und ist nur eine mit dem Unionsrecht vereinbar, so
ist - wie bei der verfassungskonformen Auslegung im Hinblick auf
das Grundgesetz - der Auslegung der Vorzug zu geben, nach der die
Norm nicht als unionsrechtswidrig einzustufen ist (vgl. z.B.
BFH-Urteile vom 8.9.2010 XI R 40/08, BFHE 231, 343, BStBl II 2011,
661 = SIS 11 01 97, unter II.4.; vom 29.6.2011 XI R 15/10, BFHE
233, 470, BStBl II 2011, 839 = SIS 11 27 08, unter II.2.; zur
verfassungskonformen Auslegung vgl. Klein/Gersch, AO, 10. Aufl.,
§ 4 Rz 33, m.w.N.).
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c) Die in der Vorentscheidung getroffene
richtlinienkonforme Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
UStG a.F. ist nach vorgenannten Grundsätzen nicht
möglich. Sie geht über Wortlaut und Wortsinn des
Gesetzestextes hinaus. Der Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 UStG a.F. (Vorsteuerberichtigung bei dem „Unternehmer,
an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist“) ist -
entgegen dem FG - eindeutig. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs
bei der Klägerin wäre danach nur bei einer Änderung
der Bemessungsgrundlage für den zwischen der Klägerin und
der D-GmbH ausgeführten Umsatz vorzunehmen; das Entgelt
für diesen Umsatz ist aber - wie dargelegt - unverändert
(vgl. Stadie in Rau/Dürrwachter, a.a.O., § 17 Rz 139;
ferner BFH-Urteil in BFHE 213, 69, BStBl II 2006, 479 = SIS 06 16 30, unter II.1.b). Diese Regelung ist mithin nicht
auslegungsfähig (vgl. Nieskens, UR 2004, 441, unter II.4.).
Das für die Klägerin günstigere nationale Recht geht
in diesem Fall dem Unionsrecht vor (vgl. z.B. BFH-Urteil vom
25.11.2004 V R 4/04, BFHE 208, 470, BStBl II 2005, 415 = SIS 05 17 02, unter II.A.4.c, m.w.N.).
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3. Über seinen Wortlaut hinaus ist §
17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. nicht anzuwenden. Einer
teleologischen Extension steht entgegen, dass der Gesetzgeber bis
zur Änderung des § 17 Abs. 1 UStG durch das EURLUmsG mit
Wirkung ab 16.12.2004 es - in Kenntnis der Problematik -
unterlassen hatte, die nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie
77/388/EWG vorgesehenen Maßnahmen bei Rabattgewährungen
außerhalb einer Lieferkette - wie im Streitfall - in
nationales Recht umzusetzen.
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a) Der ursprüngliche Vorsteuerabzug wird
nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG nach den
von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten berichtigt,
„wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des
Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der
Erklärung geändert haben, insbesondere bei ... erlangten
Rabatten ...“
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Hierzu führte der EuGH für den Fall,
dass eine Vergütung nicht an den Leistungsempfänger des
Rabattgewährenden, sondern an einen anderen zum Vorsteuerabzug
berechtigten Abnehmer einer Lieferkette gewährt wird, der die
Ware für sein Unternehmen verwendet, aus, „ein
Vorsteuerüberhang, der sich aus der nachträglichen
Erstattung eines Gutscheins ergäbe, [kann] dadurch verhindert
werden, dass bei dem Endabnehmer eine Berichtigung des
Vorsteuerabzugs nach Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie
77/388/EWG vorgenommen wird. Diese Vorschrift sieht nämlich
vor, dass der ursprüngliche Vorsteuerabzug berichtigt werden
kann, wenn sich die Faktoren, die bei der Festsetzung des
Vorsteuerabzugsbetrags berücksichtigt werden, nach Abgabe der
Erklärung geändert haben“ (EuGH-Urteil in Slg.
2002, I-8315, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74, Rz 66).
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b) Eine dementsprechende Vorsteuerberichtigung
war im UStG ursprünglich nicht vorgesehen. Erst mit § 17
Abs. 1 Satz 4 UStG i.d.F. des EURLUmsG wurde Art. 20 Abs. 1 Buchst.
b der Richtlinie 77/388/EWG insoweit in nationales Recht umgesetzt
und eine Berichtigung der abgezogenen Vorsteuer für den Fall
angeordnet, dass ein anderer Unternehmer als der, für den der
Umsatz ausgeführt wurde, durch die Änderung der
Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt wird.
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aa) Sowohl die Rechtsprechung des BFH (vgl.
noch Beschluss vom 14.4.1983 V B 28/81, BFHE 138, 113, BStBl II
1983, 393 = SIS 83 11 23) als auch die Finanzverwaltung (vgl. noch
BMF-Schreiben vom 25.5.1998 IV C 3 - S 7200 - 29/98, BStBl I 1998,
627 = SIS 98 13 36) gingen hinsichtlich § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 UStG a.F. davon aus, dass sich eine Entgeltminderung nur in der
jeweiligen Leistungsbeziehung ergeben könne.
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bb) Die Bundesregierung teilte zum
Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 UStG a.F. in ihrem
Antwortschreiben vom 10.11.1992 auf eine Anfrage der
Europäischen Kommission mit, dass „Voraussetzung
für eine Berichtigung der Steuer und Vorsteuer nach § 17
Abs. 1 UStG ... eine Änderung der Bemessungsgrundlage für
den Umsatz des Lieferers an seinen unmittelbaren
Abnehmer“ sei (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-8315,
BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74, Rz 11).
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26
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cc) Auch nach Ergehen der EuGH-Urteile - Elida
Gibbs - in Slg. 1996, I-5339, BStBl II 2004, 324, UR 1997, 265 =
SIS 97 04 27 und - Argos Distributors Ltd. - in Slg. 1996, I-5311,
UR 1997, 263 = SIS 97 02 21 vertrat die deutsche Regierung noch
2002 im Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen
Kommission gegen Deutschland vor dem EuGH die Ansicht, dass eine
Verminderung der Besteuerungsgrundlage des Herstellers in den
Fällen, in denen der Hersteller und der, dem der Gutschein
letztlich erstattet werde, nicht in einer unmittelbaren
Vertragsbeziehung zueinander stünden, dem Grundsatz der
Neutralität der Mehrwertsteuer widerspreche; deshalb habe sie
das einschlägige nationale Recht nicht an die Entscheidung des
EuGH im Urteil Elida Gibbs (Slg. 1996, I-5339, BStBl II 2004, 324,
UR 1997, 265 = SIS 97 04 27) angepasst (vgl. EuGH-Urteil in Slg.
2002, I-8315, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74, Rz 17 bis 20, 34).
Gegen den Neutralitätsgrundsatz werde auch verstoßen,
wenn von einer formellen Berichtigung der Besteuerungsgrundlage des
Herstellers, die auch den Vorsteuerabzug des Einzelhändlers
berühre, abgesehen werde, da die Steuerpflichtigen nur bei
einem System, bei dem sich die Steuerschuld des Lieferanten und der
Vorsteuerabzug des Abnehmers betragsmäßig
entsprächen, nicht von der Mehrwertsteuer belastet würden
(vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328 = SIS 02 98 74, Rz 36).
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27
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dd) Hiernach ist nicht davon auszugehen, dass
eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs für einen Fall wie
diesen bereits durch § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F.
getroffen gewesen wäre. Der Vorschrift des § 17 Abs. 1
Satz 4 UStG kommt mithin - entgegen der Ansicht des FA -
rechtsbegründende Funktion zu.
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Soweit in den Gesetzesmaterialien zu Art. 5
Nr. 12 des EURLUmsG (BRDrucks 605/04, 70) - worauf das FA hinweist
- ausgeführt wird, „§ 17 UStG ist klarstellend
dahin zu ergänzen, dass sich die Bemessungsgrundlage bei dem
Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt und den finanziellen
Aufwand für die Vergütung des Gutscheins trägt,
mindert, während bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz
ausgeführt worden ist, der Vorsteuerabzug unverändert
bleibt“, ergibt sich nichts anderes. Angesichts dessen,
dass der Gesetzgeber - bewusst - jahrelang davon abgesehen hat,
§ 17 UStG an die EuGH-Rechtsprechung im Urteil Elida Gibbs
(Slg. 1996, I-5339, BStBl II 2004, 324, UR 1997, 265 = SIS 97 04 27) anzupassen, kann vor einer bloßen
„Klarstellung“ der Rechtslage durch § 17
Abs. 1 Satz 4 UStG keine Rede sein.
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29
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4. Soweit der V. Senat des BFH in einem
Urteil, das Preisnachlässe einer Einkaufsgenossenschaft
gegenüber ihren Mitgliedern betrifft, zum Preisnachlass des
ersten Unternehmers einer Lieferkette an den Zwischenhändler
ausgeführt hat, dass sich beim Empfänger des
Preisnachlasses auch im entsprechenden Umfang der Vorsteuerabzug
mindere bzw. im entsprechenden Umfang zu berichtigen sei
(BFH-Urteil in BFHE 221, 429, BStBl II 2008, 997 = SIS 08 31 27,
unter II.1.b aa), handelt es sich um ein nicht
entscheidungserhebliches obiter dictum, dem der erkennende Senat
aus den dargelegten Gründen nicht folgt und das auch keine
Vorlage an den Großen Senat des BFH nach § 11 Abs. 2 FGO
wegen Abweichung gebietet (vgl. z.B. Senatsurteil vom 9.2.2011 XI R
35/09, BFHE 233, 86, BStBl II 2011, 1000 = SIS 11 18 67;
Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz
11, m.w.N.).
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30
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5. Die Klägerin hat - wie das FG zu Recht
entschied - ihren Vorsteuerabzug auch nicht nach § 17 Abs. 1
Satz 4 UStG i.d.F. des Art. 5 Nr. 14 Buchst. a EURLUmsG zu
berichtigen.
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31
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Nach den Feststellungen des FG, an die der
erkennende Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden
ist, liegen alle umsatzsteuerrelevanten Vorgänge
(Rabattgewährung durch die Z-AG) im Streitjahr vor dem
Zeitpunkt des Inkrafttretens des EURLUmsG am 16.12.2004 (Art. 22
Abs. 1 des am 15.12.2004 verkündeten EURLUmsG). Dies ist
zwischen den Beteiligten im Übrigen auch unstreitig. Da der
Gesetzgeber eine rückwirkende Anwendung des § 17 Abs. 1
Satz 4 UStG nicht vorgesehen hat, kann diese Regelung - worauf die
Klägerin zutreffend hinweist - nur auf Sachverhalte Anwendung
finden, die nach dem 15.12.2004 verwirklicht worden sind.
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32
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6. Das Urteil des FG war danach aufzuheben.
Die Sache ist spruchreif. Der Senat kann auf Grundlage der
Feststellungen des FG selbst entscheiden.
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