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Keine Differenzbesteuerung bei Veräußerung eines betrieblich genutzten PKW durch einen Kioskbetreiber

Keine Differenzbesteuerung bei Veräußerung eines betrieblich genutzten PKW durch einen Kioskbetreiber: Die Veräußerung eines PKW, den ein Kioskbetreiber als Gebrauchtwagen ohne Vorsteuerabzugsberechtigung erworben und in seinem Unternehmen betrieblich genutzt hat, unterliegt bei richtlinienkonformer Auslegung nicht der Differenzbesteuerung nach § 25 a UStG, sondern ist nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu versteuern. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 11.10.2011, IV D 2 - S 7421/07/10002, BStBl 2011 I S. 983 = SIS 11 32 86) - Urt.; BFH 29.6.2011, XI R 15/10; SIS 11 27 08

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Differenzbesteuerung
Fundstellen
  1. BFH 29.06.2011, XI R 15/10
    BStBl 2011 II S. 839
    DStR 2011 S. 1618
    LEXinform 0927833

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 12.10.2011
    jh in StuB 17/2011 S. 685
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 26 a
[RL 2006/112] Art. 311 Abs. 1 Nr. 5
[UStG 1999] § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 25 a
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Münster, 18.05.2010, SIS 10 24 49, Differenzbesteuerung, Wiederverkäufer, Ersatzbeschaffung, Handel, Nachhaltigkeit
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 22.1.2020, SIS 20 04 99, Zur Rückwirkung und zu den Voraussetzungen einer berichtigenden Rechnung: 1. Die Rückwirkung einer Rechnu...
  • BMF 17.7.2019, SIS 19 10 48, Umsatzsteuer, Identität des erworbenen und veräußerten Gegenstands: Der Europäische Gerichtshof und der B...
  • FG München 19.12.2017, SIS 18 01 68, Ermäßigter Umsatzsteuersatz für zum Heizen bestimmte und verwendete Holzhackschnitzel als "Brennholz", Be...
  • FG Hamburg 16.11.2017, SIS 17 25 21, Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung bei Pfandversteigerungen durch Pfandleihhäuser: 1. Verst...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • FG Berlin-Brandenburg 4.11.2015, SIS 15 29 36, Anderweitig bestehende Unternehmereigenschaft umfasst auch gelegentlich ausgeübte Handelstätigkeit, Nachw...
  • FG München 16.7.2015, SIS 15 24 11, Vorsteuerabzug aus einer Anzahlungsrechnung für ein bezahltes, aber tatsächlich wegen Betrugsabsicht des ...
  • OFD Karlsruhe 19.2.2015, SIS 15 06 52, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BFH 11.11.2014, SIS 15 03 91, Zwischenhändler eingeschmuggelter Zigaretten kann neben dem Schmuggler Schuldner der Tabaksteuer sein: Em...
  • BFH 2.7.2014, SIS 14 30 14, Kein ermäßigter Umsatzsteuersatz bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Sportpferd: Die e...
  • OFD Karlsruhe 15.1.2013, SIS 13 11 33, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BFH 16.5.2012, SIS 12 27 89, Steuerfreie Veräußerung gebrauchter Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit: Die Veräußerung gebrauchter...
  • OFD Karlsruhe 28.2.2012, SIS 12 28 12, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BFH 15.2.2012, SIS 12 11 30, Zur Vorsteuerberichtigung beim letzten Abnehmer einer Lieferkette wegen ihm außerhalb der Lieferkette gew...
  • BMF 12.12.2011, SIS 11 41 62, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31.12.2011: Der UStAE wurde in zahlreichen Punkten geändert...
  • BMF 11.10.2011, SIS 11 32 86, Veräußerung von Anlagevermögen, Differenzbesteuerung: Als Konsequenz aus dem BFH-Urteil vom 29.6.2011 (BF...

 

1

I. Streitig ist, ob die Veräußerung eines PKW im Jahr 2003 (Streitjahr) der Differenzbesteuerung nach § 25a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) unterliegt.

 

 

2

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb eine Lotto- und Totoannahmestelle, einen Einzelhandel (Kiosk) mit Tabakwaren, Zeitungen, Zeitschriften und Süßwaren sowie eine Reiseagentur. Er erwarb von dem Autohaus H in regelmäßigen Abständen (ca. alle zwei Jahre, einmal nach ca. einem Jahr) einen neuen oder gebrauchten PKW, den er jeweils seinem Unternehmen zuordnete und den er im Zusammenhang mit einer Ersatzbeschaffung jeweils in Zahlung gab.

 

 

3

Im Juli 2003 gab der Kläger einen von ihm betrieblich genutzten PKW, den er im September 2001 als Gebrauchtwagen von dem Autohaus H wegen Anwendung der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG ohne Umsatzsteuer für 33.900 DM erworben hatte, im Rahmen des Erwerbs eines anderen PKW von H für 11.000 EUR in Zahlung. Auf dieses Veräußerungsgeschäft wandte der Kläger die Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG an. Da der Verkaufspreis unter dem Einkaufspreis lag, erklärte er insoweit keine Umsatzsteuer.

 

 

4

Im Rahmen einer beim Kläger im Jahr 2005 durchgeführten Außenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die Differenzbesteuerung auf den Weiterverkauf des PKW nicht anwendbar sei, da der Kläger nicht Wiederverkäufer i.S. des § 25a UStG sei. Nach Abschn. 276a Abs. 2 Satz 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) - nunmehr Abschn. 25a.1. Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - gelte als Wiederverkäufer ein Unternehmer, der - anders als der Kläger - üblicherweise mit gebrauchten Gegenständen handele.

 

 

5

Daraufhin erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) am 31.5.2005 einen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2003, in dem er nunmehr auch Umsatzsteuer auf die Lieferung des PKW in Höhe von 1.516,80 EUR berücksichtigte.

 

 

6

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 25.9.2006) erhobenen Klage statt. Es führte zur Begründung aus, nach der Legaldefinition des § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG gelte als Wiederverkäufer u.a., wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handele. Darunter falle nach Wortlaut und richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift auch derjenige Unternehmer, der - wie der Kläger - gewerbsmäßig mit neuen beweglichen Gegenständen handele. Die Auslegung der Finanzverwaltung in Abschn. 276a Abs. 2 Satz 2 UStR, nach der als Wiederverkäufer nur der Unternehmer gelte, der im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit üblicherweise Gebrauchtgegenstände erwerbe und verkaufe, finde keine Grundlage im Gesetz. Die Differenzbesteuerung sei allerdings nur insoweit anwendbar, als die in Art. 26a Teil A Buchst. e der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) genannten Gebrauchtgegenstände etc. wiederverkauft würden. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt.

 

 

7

Das Urteil ist in EFG 2010, 1459 = SIS 10 24 49 veröffentlicht.

 

 

8

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es macht zur Begründung im Wesentlichen geltend, der Kläger sei kein Wiederverkäufer i.S. des § 25a UStG.

 

 

9

Soweit er eine Lotto- und Totoannahmestelle bzw. eine Reiseagentur betreibe, erbringe er Leistungen, die keine Lieferungen von beweglichen körperlichen Gegenständen i.S. des § 25a UStG seien. Die im Rahmen des Einzelhandels umgesetzten Waren (Tabakwaren, Zeitschriften und Süßigkeiten) seien eindeutig nicht zum Gebrauch, sondern zum Verbrauch bestimmt, so dass der Kläger auch mit dieser Tätigkeit nicht die Tatbestandsmerkmale eines Wiederverkäufers erfülle. Bei diesen Waren handele es sich zudem nicht um Gebrauchtgegenstände, auf die neben Abschn. 276a Abs. 2 Satz 2 UStR auch Art. 26a Teil A Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG und nunmehr Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112 EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem - MwStSystRL - (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 347/1) abstelle.

 

 

10

Da die Veräußerung des PKW, die der Differenzbesteuerung unterworfen werden solle, selbst ein einmaliger Vorgang ohne Wiederholungsabsicht gewesen sei, der für sich betrachtet nicht das Merkmal der Nachhaltigkeit erfülle, fehle es insoweit an der nötigen Gewerbsmäßigkeit des Handelns. Der PKW sei auch nicht i.S. von Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL „zum Zwecke des Wiederverkaufs“ erworben worden.

 

 

11

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

12

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

13

Er tritt dem Vorbringen des FA entgegen und macht im Wesentlichen geltend, maßgebend für den Begriff des Wiederverkäufers sei allein die Legaldefinition in § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, deren Voraussetzungen er erfülle, weil er als Kioskbetreiber gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handele. Die Einschränkung des Begriffs des Wiederverkäufers durch Abschn. 276a Abs. 2 Satz 2 UStR und auch die vom FA vorgenommene Differenzierung der Nachhaltigkeit bezüglich einzelner Umsatzarten hätten keine gesetzliche oder unionsrechtliche Grundlage. Die Auslegung einer Gesetzesvorschrift gegen ihren klaren Wortlaut sei nicht statthaft.

 

 

14

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung).

 

 

15

Die Veräußerung des PKW durch den Kläger im Juli 2003 an das Autohaus H ist als Lieferung, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt hat, gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar. Sie unterliegt nicht der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG, weil der Kläger dabei entgegen der Auffassung des FG nicht als Wiederverkäufer im Sinne dieser Vorschrift gehandelt hat.

 

 

16

1. Nach § 25a Abs. 1 UStG setzt die Differenzbesteuerung für Lieferungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG von beweglichen körperlichen Gegenständen voraus, dass der Unternehmer ein Wiederverkäufer ist (Nr. 1), die Gegenstände an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert wurden und für diese Lieferung Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben oder die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde (Nr. 2) und es sich bei den Gegenständen nicht um Edelsteine oder Edelmetalle handelt (Nr. 3).

 

 

17

Der Umsatz wird dabei gemäß § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt; bei Lieferungen i.S. des § 3 Abs. 1b UStG und in den Fällen des § 10 Abs. 5 UStG tritt an die Stelle des Verkaufspreises der Wert nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG.

 

 

18

Die Regelung bewirkt, dass der Wiederverkäufer durch den Abzug des Vorumsatzes im Ergebnis so gestellt wird, als hätte ihm aus dem Erwerb der Ware ein Vorsteuerabzug zugestanden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.4.1997 XI R 87/96, BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585 = SIS 97 19 39, unter II.5.a). Dadurch sollen insbesondere Wettbewerbsnachteile vermindert werden, die sich für unternehmerisch tätige Wiederverkäufer im Verhältnis zu privaten (nichtunternehmerischen) Verkäufern ohne die Sonderregelung des § 25a UStG ergeben würden (vgl. BFH-Urteile in BFHE 182, 444, BStBl II 1997, 585 = SIS 97 19 39, unter II.5.a; vom 23.4.2009 V R 52/07, BFHE 226, 123, BStBl II 2009, 860 = SIS 09 28 69, unter II.1.c cc).

 

 

19

2. Als Wiederverkäufer gilt nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt oder solche Gegenstände im eigenen Namen öffentlich versteigert.

 

 

20

a) § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG ist richtlinienkonform auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 2.3.2006 V R 35/04, BFHE 213, 139, BStBl II 2006, 675 = SIS 06 31 21, unter II.2.; vom 18.12.2008 V R 73/07, BFHE 223, 546, BStBl II 2009, 612 = SIS 09 13 25, unter II. 2.; in BFHE 226, 123, BStBl II 2009, 860 = SIS 09 28 69, unter II.1.c dd).

 

 

21

aa) Die zum 1.1.1995 in Kraft getretene Neufassung des § 25a UStG beruht nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 12/7686, S. 7) auf Art. 26a der Richtlinie 77/388/EWG i.d.F. des Art. 1 Nr. 3 der Richtlinie 94/5/EG (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1994 Nr. L 60, S. 16).

 

 

22

bb) Die Auslegung des einzelstaatlichen Steuergesetzes, das - wie hier § 25a UStG - Unionsrecht umsetzt, ist richtlinienkonform vorzunehmen. Sie hat sich soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten und muss die dazu ergangenen Erkenntnisse des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) berücksichtigen (vgl. BFH-Urteile vom 2.4.1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695 = SIS 98 17 31, unter II.3.b bb; vom 17.6.2004 V R 61/00, BFHE 206, 457, BStBl II 2004, 970 = SIS 04 35 30, unter II.2.; vom 27.4.2006 V R 53/04, BFHE 213, 256, BStBl II 2007, 16 = SIS 06 30 03, unter II.1.c, jeweils m.w.N.).

 

 

23

cc) Zwar hat der Gesetzgeber die Differenzbesteuerung durch § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG im Gegensatz zu Art. 26a Teil B Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG nicht auf die Lieferung von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen und Antiquitäten beschränkt, sondern auf sämtliche bewegliche Gegenstände erstreckt. Ausweislich der Gesetzesbegründung geschah dies zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten; stattdessen wurde allgemein auf die in § 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG bezeichnete Voraussetzung abgestellt, dass für den Erwerb der Gegenstände kein Vorsteuerabzugsrecht bestand (vgl. BTDrucks 12/7686, S. 7).

 

 

24

Dadurch wird aber nicht ausgeschlossen, den Begriff des Wiederverkäufers in § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG im Übrigen - also abgesehen von den von der Vorschrift erfassten Gegenständen - richtlinienkonform auszulegen.

 

 

25

b) Nach Art. 26a Teil A Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG ist „steuerpflichtiger Wiederverkäufer“ jeder Steuerpflichtige, der im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten kauft oder zur Deckung seines unternehmerischen Bedarfs verwendet oder zum Zwecke des Wiederverkaufs einführt, gleich, ob er auf eigene Rechnung oder aufgrund eines Einkaufs- oder Verkaufskommissionsvertrags auf fremde Rechnung handelt.

 

 

26

aa) Wie der EuGH dazu klargestellt hat, bezieht sich die Wendung „zum Zwecke des Wiederverkaufs“ nicht nur auf das ihr unmittelbar nachfolgende Verb „einführt“, sondern auch auf Erwerbsumsätze und auf Umsätze zur Deckung des unternehmerischen Bedarfs. Auch dabei muss der Wiederverkäufer also „zum Zwecke des Wiederverkaufs“ handeln (vgl. EuGH-Urteil vom 8.12.2005 Rs. C-280/04 - Jyske Finans -, Slg. 2005, I-10683, BFH/NV Beilage 2006, 131, IStR 2006, 58 = SIS 06 06 80, Rz 30 bis 32).

 

 

27

Dementsprechend wird der „steuerpflichtige Wiederverkäufer“ seit dem 1.1.2007 in Art. 311 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL definiert als „jeder Steuerpflichtige, der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zum Zwecke des Wiederverkaufs Gebrauchtgegenstände, Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten kauft, seinem Unternehmen zuordnet oder einführt ...“.

 

 

28

Eine inhaltliche Änderung des zuvor geltenden Rechts bedeutet diese Klarstellung nicht (vgl. Nr. 3 der Vorbemerkungen zur MwStSystRL).

 

 

29

bb) Allerdings kann als „steuerpflichtiger Wiederverkäufer“ i.S. von Art. 26a Teil A Buchst. e der Richtlinie 77/388/EWG (auch) ein Unternehmen angesehen werden, das „im Rahmen seiner normalen Tätigkeit“ Fahrzeuge wieder verkauft, die es für seine Leasingtätigkeit als Gebrauchtwagen erworben hatte, und für das der Wiederverkauf im Augenblick der Anschaffung des Gebrauchtgegenstandes nicht das Hauptziel, sondern nur sein zweitrangiges und dem der Vermietung untergeordnetes Ziel darstellt (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-10683, BFH/NV Beilage 2006, 131, IStR 2006, 58, Rz 44).

 

 

30

c) Danach ist § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG dahin zu verstehen, dass der Unternehmer bei der konkreten Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, die der Differenzbesteuerung unterworfen werden soll, als Wiederverkäufer gehandelt haben muss (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 213, 139, BStBl II 2006, 675 = SIS 06 31 21, unter II.2.; FG Köln, Urteil vom 15.4.2004 11 K 2507/03, EFG 2004, 1333 = SIS 04 25 67; Mößlang in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 25a Rz 17; Radeisen in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 25a Rz 39; wohl a.A. Meyer, EFG 2010, 1460).

 

 

31

Dies ist nur der Fall, wenn der gelieferte Gegenstand - zumindest nachrangig - zum Zweck des Wiederverkaufs erworben wurde und der Wiederverkauf zur normalen Tätigkeit des Unternehmers gehört.

 

 

32

aa) Dieses Auslegungsergebnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers, der dem Begriff des Wiederverkäufers in § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG solche gewerbsmäßigen Händler zuordnen wollte, „die im Rahmen ihres Unternehmens oder eines abgrenzbaren Teilbereichs üblicherweise Gegenstände zum Zwecke des Wiederverkaufs einkaufen und sie anschließend, ggf. nach Instandsetzung, wieder verkaufen“ (vgl. BTDrucks 12/7686, S. 7).

 

 

33

bb) Nur diese Auslegung des Wortlauts des § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG wird dem Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer gerecht. Dieser verlangt, dass Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer nicht unterschiedlich behandelt werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-10683, BFH/NV Beilage 2006, 131, IStR 2006, 58, Rz 39).

 

 

34

Es würde aber zu einer sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung gleichartiger Umsätze führen, wenn die Veräußerung von unternehmerisch genutzten Gegenständen, die ohne Vorsteuerabzug erworben wurden, umsatzsteuerrechtlich allein deshalb unterschiedlich behandelt würde, weil der eine Unternehmer ein Händler ist und der andere Dienstleistungen erbringt.

 

 

35

Die Anwendung der Differenzbesteuerung kann in beiden Fällen nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Wiederverkauf des Gegenstandes bei seinem Erwerb zumindest nachrangig beabsichtigt war und dieser Wiederverkauf aufgrund seiner Häufigkeit zur normalen Tätigkeit des Unternehmers gehört. Nur in einem solchen Fall würde die Versagung der Differenzbesteuerung zu einem sachlich nicht gerechtfertigten Vorteil für Gebrauchtwarenhändler führen, die in den Genuss der Regelung über die Differenzbesteuerung kommen (vgl. dazu EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-10683, BFH/NV Beilage 2006, 131, IStR 2006, 58, Rz 40).

 

 

36

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers überschreitet der erkennende Senat mit dieser Gesetzesauslegung die ihm zustehenden Befugnisse nicht.

 

 

37

Am Wortlaut einer Norm braucht der Richter nicht haltzumachen. Seine Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes) bedeutet nicht Bindung an dessen Buchstaben mit dem Zwang zu wörtlicher Auslegung, sondern Gebundensein an Sinn und Zweck des Gesetzes. Die Interpretation ist Methode und Weg, auf dem der Richter den Inhalt einer Gesetzesbestimmung unter Berücksichtigung ihrer Einordnung in die gesamte Rechtsordnung erforscht, ohne durch den formalen Wortlaut des Gesetzes begrenzt zu sein (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 19.6.1973 1 BvL 39/69, 1 BvL 14/72, BVerfGE 35, 263, unter C.III., m.w.N.).

 

 

38

Eine einschränkende Auslegung des Wortlauts einer Norm im Wege einer teleologischen Reduktion gehört zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen und ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 30.3.1993 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90, BVerfGE 88, 145, unter C.II.2., m.w.N.).

 

 

39

So kann auch eine richtlinienkonforme Auslegung dazu führen, dass eine nach ihrem Wortlaut weit gefasste Vorschrift einschränkend auszulegen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 8.9.2010 XI R 40/08, BFHE 231, 343, BFH/NV 2011, 538 = SIS 11 01 97, unter II.4.c).

 

 

40

3. Im Streitfall hat der Kläger als Betreiber einer Lotto- und Totoannahmestelle, eines Einzelhandels (Kiosk) mit Tabakwaren, Zeitungen, Zeitschriften und Süßwaren sowie einer Reiseagentur den PKW nicht „im Rahmen seiner normalen Tätigkeit“ veräußert. Der An- und Verkauf von PKW gehört nicht zum „normalen Tätigkeitsfeld“ (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-10683, BFH/NV Beilage 2006, 131, IStR 2006, 58, Rz 42) des Klägers, ebenso wenig wie dies bei einer Steuerberatungsgesellschaft der Fall ist (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 213, 139, BStBl II 2006, 675 = SIS 06 31 21, unter II.2.b).

 

 

41

Dass der Kläger in regelmäßigen Abständen (ca. alle zwei Jahre, einmal nach ca. einem Jahr) einen neuen oder gebrauchten PKW kaufte, den er jeweils seinem Unternehmen zuordnete und den er im Zusammenhang mit einer Ersatzbeschaffung jeweils in Zahlung gab, reicht nicht aus, um dies als seine normale Tätigkeit anzusehen.

 

 

42

Der Kläger ist mithin - was er und das FG übersehen - nicht schon deshalb Wiederverkäufer i.S. des § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG, weil er im Rahmen seines Einzelhandels (Kiosk) gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen wie Tabakwaren, Zeitungen, Zeitschriften und Süßwaren handelt.