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I. Sachverhalt
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Streitig ist, ob für Umsätze aus
Personenbeförderungsleistungen mit Mietwagen - im Streitfall
Krankenfahrten mit nicht hierfür besonders eingerichteten
Fahrzeugen im Auftrag von Krankenkassen - der ermäßigte
Steuersatz anwendbar ist, der nach nationalem Recht für
Personenbeförderungsleistungen mit Kraftdroschken (Taxen) im
Nahverkehr gilt.
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3
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die u.a.
über eine Genehmigung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4,
§§ 9 ff., § 46 Abs. 2 des
Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) für den Verkehr mit
Mietwagen verfügt, nicht jedoch über eine Genehmigung
für den Verkehr mit Taxen (§ 47 PBefG).
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4
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In den Streitjahren 2006 und 2007
führte die Klägerin im Auftrag von Krankenkassen
Krankenfahrten mit hierfür nicht besonders eingerichteten
Fahrzeugen durch.
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Sie erkannte am 27.11.2007 gegenüber
der Krankenkasse A den zum 1.10.2007 zwischen dieser und dem Taxi-
und Mietwagenunternehmerverband (V) geschlossenen Vertrag zur
Durchführung von Krankenfahrten für Versicherte der
Krankenkasse A mittels Taxiunternehmen an und verpflichtete sich,
alle in diesem Vertrag vereinbarten Bedingungen zu erfüllen.
Gegenstand des Vertrages ist nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 1 die
Beteiligung der im V organisierten Taxiunternehmen an der
Durchführung von planbaren Krankenfahrten, die für die
Versicherten der Krankenkasse A im Zusammenhang mit einer Leistung
der Krankenkasse notwendig werden. Gemäß § 5 Abs. 1
des Vertrages gilt für die Vergütung der Krankenfahrten
die Gebührenvereinbarung nach Anlage 1 des Vertrages.
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Die Klägerin erklärte die
Umsätze entsprechend einer Beanstandung durch eine
Umsatzsteuer-Sonderprüfung des Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) mit dem allgemeinen
Steuersatz (§ 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - ).
Ihre Einsprüche, mit denen sie eine Besteuerung mit dem
ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG)
begehrte, blieben ohne Erfolg. Der Klage wurde nur aus anderen,
hier nicht streitigen Gründen teilweise stattgegeben.
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Das Finanzgericht (FG) entschied, die
Klägerin könne für die betreffenden
Beförderungsleistungen nicht den ermäßigten
Steuersatz beanspruchen, da sie mangels entsprechender Genehmigung
keine Beförderung im Verkehr mit Taxen erbracht habe. Eine
Ausdehnung der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b
UStG auf die von der Klägerin als Mietwagenunternehmerin
durchgeführten Fahrten sei verfassungsrechtlich nicht geboten.
Allerdings handele es sich bei den vorliegenden Krankenfahrten im
Auftrag von Krankenkassen um eine besondere Fallkonstellation, in
der eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung möglich
erscheine. Für Taxiunternehmen mit Betriebssitz in X bestehe
aufgrund der Verordnung der Stadt X über die
Beförderungsentgelte und -bedingungen für den Verkehr von
Taxen nach entsprechender Genehmigung die Möglichkeit,
Beförderungsleistungen gegenüber Krankenkassen zu
erbringen, die nicht der strengen Bindung an
Beförderungspreise unterlägen, sondern auf Vereinbarungen
mit den Krankenkassen beruhten. Beförderungsleistungen von
Taxiunternehmern, die derartigen Verträgen unterfielen,
fehlten die wesentlichen Merkmale des öffentlichen
Nahverkehrs, auf denen die Begünstigung des § 12 Abs. 2
Nr. 10 Buchst. b UStG ihrem Sinn und Zweck nach beruhe.
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Letztlich könne dies jedoch
dahinstehen, da auch eine verfassungsrechtlich zu beanstandende
Ungleichbehandlung nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf
Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führe. Die
Klägerin werde durch die zu niedrige Besteuerung ihrer
Konkurrenten nicht rechtsschutzlos gestellt, sondern könne ihr
Recht außerhalb dieses Verfahrens mit einem Antrag auf volle
Besteuerung der in Rede stehenden „Taxi“-Umsätze
verfolgen. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität
gewährleiste den Schutz vor zu niedriger Besteuerung von
Konkurrenten (Hinweis auf Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - vom 8.6.2006 C-430/04 -
Feuerbestattungsverein Halle e.V. -, Slg. 2006, I-4999, UR 2006,
459, HFR 2006, 830 = SIS 06 29 77; Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 5.10.2006 VII R 24/03, BFHE 215, 32, BStBl II 2007, 243 =
SIS 06 48 80).
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9
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Schließlich begründe auch das
Gemeinschaftsrecht keinen Anspruch der Klägerin auf Anwendung
des ermäßigten Steuersatzes auf die von ihr erbrachten
Leistungen.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Nach Art. 12 Abs.
3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m. Anhang H Kategorie 5 der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) könnten die
Mitgliedstaaten auf die Beförderung von Personen und des
mitgeführten Gepäcks einen ermäßigten
Steuersatz anwenden. Die Umsatzsteuer müsse jedoch auch hier
wettbewerbsneutral ausgestaltet sein. Die vorliegende
Wettbewerbsverzerrung könne dadurch beseitigt werden, dass ihr
- der Klägerin - durch Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 10
Buchst. b UStG über den Wortlaut hinaus auch als
Mietwagenunternehmerin der ermäßigte Steuersatz
gewährt werde. Dies sei auch geboten, da anderweitige
Rechtsschutzmöglichkeiten wie Konkurrentenklagen wegen zu
niedriger Besteuerung erst noch zu ermittelnder konkurrierender
Taxiunternehmer ihr nicht zumutbar seien.
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11
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die
Umsatzsteuerbescheide für 2006 und für 2007 dahingehend
zu ändern, dass die Umsätze aus Krankenfahrten dem
ermäßigten Steuersatz unterworfen werden, hilfsweise,
die Sache dem EuGH vorzulegen.
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12
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Der Senat legt dem EuGH die im Leitsatz
bezeichneten Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor und setzt
das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
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1. Die maßgeblichen Vorschriften und
Bestimmungen
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a) Nationales Recht
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aa) Nach der in dem jeweiligen Streitjahr
geltenden Fassung des § 12 Abs. 1 UStG betrug die Steuer
für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % (2006) bzw. 19 %
(2007) der Bemessungsgrundlage.
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Der Steuersatz ermäßigte sich nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG in der für das
Streitjahr 2006 geltenden Fassung auf 7 % für die
Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr mit Ausnahme
der Bergbahnen, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im
genehmigten Linienverkehr mit Kfz, im Kraftdroschkenverkehr und die
Beförderungen im Fährverkehr
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aa) innerhalb einer Gemeinde oder
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bb) wenn die Beförderungsstrecke nicht
mehr als 50 km betrug.
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Mit Wirkung vom Streitjahr 2007 wurde der
Begriff „Kraftdroschkenverkehr“ durch die
Wörter „Verkehr mit Taxen“ ersetzt (Art. 7
Nr. 5 Buchst. b des Jahressteuergesetzes 2007). Dabei handelt es
sich „um eine redaktionelle Änderung“, da
die Verwendung des Begriffs „Kraftdroschke“ bei
Einführung des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG in
Anlehnung an das PBefG erfolgte, und in diesem Gesetz der Begriff
„Kraftdroschke“ zwischenzeitlich durch den
Begriff „Taxen“ ersetzt worden war (BTDrucks
16/2712, 75).
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bb) Das PBefG in der in den Streitjahren
geltenden Fassung vom 8.8.1990 (BGBl I 1990, 1690) definiert den
Verkehr mit Taxen als die Beförderung von Personen mit
PKW, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen
bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast
bestimmten Ziel ausführt (§ 47 Abs. 1 PBefG). Der
Unternehmer kann Beförderungsaufträge auch während
einer Fahrt oder am Betriebssitz entgegennehmen (§ 47 Abs. 1
Satz 2 PBefG).
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20
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Die Beförderungsentgelte und -bedingungen
werden gemäß § 51 Abs. 1 PBefG für Taxen durch
Rechtsverordnung festgesetzt. Für den Pflichtfahrbereich, dem
räumlichen Geltungsbereich der festgesetzten
Beförderungsentgelte (§ 47 Abs. 4 PBefG), sind
Sondervereinbarungen - zwischen dem örtlichen Taxigewerbe und
Großkunden - unter den weiteren Voraussetzungen des § 51
Abs. 2 PBefG zulässig.
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Im Pflichtfahrbereich besteht nach § 22
i.V.m. § 47 Abs. 4 PBefG eine Beförderungspflicht. Die
Unternehmer des Taxenverkehrs unterliegen einer Betriebspflicht,
die allgemein auf die ordnungsmäßige Einrichtung und
Aufrechterhaltung des Betriebs gerichtet ist (§ 21 PBefG) und
deren Umfang durch Rechtsverordnung noch weiter ausgestaltet werden
kann, insbesondere auch durch Vorschriften über das
Bereithalten von Taxen in Sonderfällen einschließlich
eines Bereitschaftsdienstes (§ 47 Abs. 3 Nr. 1 PBefG).
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22
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cc) Verkehr mit Mietwagen ist nach
§ 49 Abs. 4 Satz 1 PBefG die Beförderung von Personen mit
PKW, die nur im ganzen zur Beförderung angemietet werden und
mit denen der Unternehmer Fahrten ausführt, deren Zweck, Ziel
und Ablauf der Mieter bestimmt und die nicht Verkehr mit Taxen nach
§ 47 PBefG sind.
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23
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Mit Mietwagen dürfen nur
Beförderungsaufträge ausgeführt werden, die am
Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind
(§ 49 Abs. 4 Satz 2 PBefG). Nach Ausführung des
Beförderungsauftrages hat der Mietwagen unverzüglich zum
Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn, er hat vor der Fahrt
von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der
Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag
erhalten (§ 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG). Der Eingang des
Beförderungsauftrages am Betriebssitz oder in der Wohnung hat
der Mietwagenunternehmer buchmäßig zu erfassen und die
Aufzeichnung ein Jahr aufzubewahren (§ 49 Abs. 4 Satz 4
PBefG). Annahme, Vermittlung und Ausführung von
Beförderungsaufträgen, das Bereithalten des Mietwagens
sowie Werbung für Mietwagenverkehr dürfen weder allein
noch in ihrer Verbindung geeignet sein, zur Verwechslung mit dem
Taxenverkehr zu führen (§ 49 Abs. 4 Satz 5 PBefG). Den
Taxen vorbehaltene Zeichen und Merkmale dürfen für
Mietwagen nicht verwendet werden (§ 49 Abs. 4 Satz 6
PBefG).
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24
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Für Unternehmer des Mietwagenverkehrs
besteht keine Betriebs- und Beförderungspflicht (§ 49
Abs. 4 Satz 7 PBefG). Sie unterliegen anders als die
Taxiunternehmer (§ 51 PBefG) keinen Tarifvorschriften, sondern
können ihr Entgelt frei vereinbaren.
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dd) Die Beförderung von Personen mit
Kraftdroschken (Taxen) und mit Mietwagen bedarf der Genehmigung
(§ 2 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 46 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 PBefG),
wobei für den Verkehr mit Taxen eine besondere
Zulassungsschranke besteht, wonach die Genehmigung zu versagen ist,
wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch
beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des
beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner
Funktionsfähigkeit bedroht wird (§ 13 Abs. 4 Satz 1
PBefG).
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b) Unionsrecht
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Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der
im Streitjahr 2006 geltenden Richtlinie 77/388/EWG und nach Art. 98
Abs. 1 der im Streitjahr 2007 geltenden Richtlinie 2006/112/EG des
Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
- MwStSystRL - (Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU - Nr.
L 347/1) können die Mitgliedstaaten (neben dem Normalsatz)
einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden. Diese
ermäßigten Sätze werden als ein Prozentsatz der
Besteuerungsgrundlage festgelegt, der nicht niedriger als 5 % sein
darf, und sind nur auf Lieferungen von Gegenständen und
Dienstleistungen der in Anhang H (Art. 12 Abs. 3 Buchst. a
Unterabs. 3 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG) bzw. der in Anhang
III (Art. 98 Abs. 2, Art. 99 Abs. 1 MwStSystRL) genannten
Kategorien anwendbar.
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28
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Anhang H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Anhang
III MwStSystRL enthält ein Verzeichnis der Gegenstände
und Dienstleistungen, auf die ermäßigte
Mehrwertsteuersätze angewandt werden können. Die
jeweilige Kategorie 5 des Anhangs H der Richtlinie 77/388/EWG bzw.
des Anhangs III MwStSystRL lässt dies für die
„Beförderung von Personen und des mitgeführten
Gepäcks“ zu. Darunter fallen die Umsätze der
Klägerin, die unstreitig in der Beförderung von Personen
bestehen. Insoweit wäre die Bundesrepublik Deutschland befugt,
dafür in ihrem nationalen Umsatzsteuerrecht einen
ermäßigten Steuersatz anzuwenden.
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2. Zur Anrufung des EuGH
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a) Rechtslage nach nationalem Recht
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31
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Entgegen der Auffassung des FG unterliegt der
Kraftdroschken- bzw. Taxenverkehr als Teil des öffentlichen
Nahverkehrs dem ermäßigten Steuersatz nach § 12
Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG auch insoweit, als der Taxiunternehmer
seine Leistung aufgrund einer nach § 51 Abs. 2 Nr. 4 PBefG
genehmigungs- bzw. anzeigebedürftigen Sondervereinbarung - wie
hier derjenigen zwischen dem örtlichen Taxigewerbe und der
Krankenkasse A als Großkundin - erbringt. Denn die
Sondervereinbarung lässt die Betriebs- und
Beförderungspflicht des Taxiunternehmers unberührt, wie
auch das Beförderungsentgelt nicht dem freien Spiel des
Marktes überlassen bleibt; vielmehr hat die
Genehmigungsbehörde vorrangig die Interessen der vom
Preisrecht abhängigen Taxiunternehmen zu berücksichtigen,
da ansonsten die bei dem Abschluss von Sondervereinbarungen immer
eine gewichtige Rolle spielende Marktstärke der
Großkunden diesen Prüfungsvorrang tangieren könnte
(vgl. Fielitz/Grätz, PBefG, § 51 Rz 10).
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32
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Dagegen unterliegen die von der Klägerin
mit ihren Mietwagen erbrachten Personenbeförderungsleistungen
nach nationalem Recht dem allgemeinen Steuersatz nach § 12
Abs. 1 UStG. Denn Mietwagen fallen weder vom Wortlaut der
nationalen Bestimmung in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG
noch nach dem Sinn und Zweck der Regelung unter den Begriff
„Kraftdroschke“ („Taxi“), so
dass der ermäßigte Steuersatz keine Anwendung
findet.
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33
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aa) Da ein „Mietwagen“ nach
der nationalen Gesetzgebung begrifflich keine
„Kraftdroschke“ bzw. kein
„Taxi“ ist, kann sich die Klägerin nicht
mit Erfolg auf den Wortlaut der Vorschrift berufen.
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34
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bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus
der gebotenen Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift.
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Von der Steuervergünstigung des § 12
Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG sollen Personenbeförderungen im
öffentlichen Nahverkehr, zu denen auch der besonderen
Anforderungen unterliegende Betrieb von Kraftdroschken bzw. Taxen
gehört, erfasst werden (vgl. BFH-Urteile vom 31.5.2007 V R
18/05, BFHE 217, 88, BStBl II 2008, 206 = SIS 07 28 50; vom
19.7.2007 V R 68/05, BFHE 219, 224, BStBl II 2008, 208 = SIS 07 37 85).
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36
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Der Gesetzgeber knüpft die
Steuerermäßigung für die Personenbeförderung
in § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG an zwei Voraussetzungen:
die Beförderungsart (Schienenbahnverkehr,
Kraftdroschkenverkehr bzw. Verkehr mit Taxen usw.) und die
Beförderungsstrecke (Nahverkehr innerhalb einer Gemeinde oder
auf einer Beförderungsstrecke von nicht mehr als 50 km).
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37
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Seit je herrscht Einvernehmen darüber,
dass die Vorschrift den ermäßigten Steuersatz lediglich
für die Beförderung von Personen im Taxenverkehr
festsetzt, nicht aber für den Mietwagenverkehr, weil beide
Formen der Personenbeförderung durch das PBefG eindeutig
voneinander abgegrenzt sind. Eine Begründung für die
unterschiedliche Behandlung von Kraftdroschken- und
Mietwagenverkehr lässt sich allerdings den Gesetzesmaterialien
zum UStG nicht entnehmen (vgl. Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 11.2.1992 1 BvL 29/87,
BVerfGE 85, 238, NJW 1992, 1815 = SIS 92 25 05, unter A.I.).
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38
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cc) Die von der Klägerin begehrte
richtlinienkonforme Auslegung ist gleichfalls nicht
möglich.
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39
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Zwar hat sich ein Gericht bei der Auslegung
des nationalen Umsatzsteuerrechts so weit wie möglich am
Wortlaut und Zweck der einschlägigen unionsrechtlichen
Bestimmungen auszurichten (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 11.7.2002
C-62/00 - Marks & Spencer -, Slg. 2002, I-6325, UR 2002, 436 =
SIS 02 89 98, Rz 24, m.w.N.). Eine richtlinienkonforme Auslegung
kommt aber nur in Betracht, wenn es im konkreten Fall verschiedene
Auslegungsmöglichkeiten gibt. Eine Auslegung gegen den
Wortlaut und Wortsinn des Gesetzestextes ist nicht möglich
(BFH-Urteil vom 15.2.2012 XI R 24/09, BFHE 236, 267, BFH/NV 2012,
1081 = SIS 12 11 30).
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40
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dd) Die unterschiedliche Behandlung von
Kraftdroschken- bzw. Taxenverkehr und Mietwagenverkehr nach
nationalem Recht ist verfassungsgemäß. Insbesondere ist
kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art.
3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - ) und auch nicht gegen das in
Art. 12 Abs. 1 GG verankerte Grundrecht der
Berufsausübungsfreiheit gegeben (BVerfG-Beschluss in BVerfGE
85, 238, NJW 1992, 1815 = SIS 92 25 05; BFH-Urteile vom 30.10.1969
V R 99/69, BFHE 97, 267, BStBl II 1970, 78 = SIS 70 00 42; vom
5.3.1992 V R 97/88, BFH/NV 1992, 775).
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41
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Die unterschiedliche Behandlung liegt nach der
nationalen Rechtsprechung im öffentlichen Interesse. Denn der
Allgemeinheit soll mit dem Taxenverkehr ein dem Kontrahierungszwang
unterliegendes öffentliches Verkehrsmittel für
individuelle Fahrten zu einem festgelegten Tarif zur Verfügung
stehen. Das im PBefG niedergelegte gesetzgeberische Ziel, den
Betrieb des Taxenverkehrs in einem gewissen Umfang vor der
Konkurrenz des durch die Vorgaben des PBefG weniger belasteten
Mietwagenverkehrs zu schützen, darf danach -
zusätzlich zu den einschlägigen Regelungen dieses
Gesetzes - auch dadurch verwirklicht werden, dass das UStG dem
Kraftdroschken- bzw. Taxigewerbe günstigere
umsatzsteuerrechtliche Rahmenbedingungen als den
Mietwagenunternehmen einräumt (vgl. BVerfG-Beschluss in
BVerfGE 85, 238, NJW 1992, 1815 = SIS 92 25 05; BFH-Urteile in BFHE
97, 267, BStBl II 1970, 78 = SIS 70 00 42, und in BFH/NV 1992,
775).
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42
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b) Zu den Vorlagefragen
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43
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aa) Nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3
der Richtlinie 77/388/EWG und nach Art. 98 MwStSystRL haben die
Mitgliedstaaten unter der Voraussetzung, dass der Grundsatz der
steuerlichen Neutralität beachtet wird, der dem gemeinsamen
Mehrwertsteuersystem zugrunde liegt, die Möglichkeit, konkrete
und spezifische Aspekte einer Kategorie von Dienstleistungen i.S.
des Anhangs H der Richtlinie 77/388/EWG bzw. des Anhangs III
MwStSystRL mit einem ermäßigten Mehrwertsteuersatz zu
belegen (vgl. EuGH-Urteile vom 11.10.2001 C-267/99 - Adam -, Slg.
2001, I-7467 = SIS 01 13 15, Rz 35, 36; vom 23.10.2003 C-109/02 -
Kommission/Deutschland -, Slg. 2003, I-12691 = SIS 04 01 30, Rz 19;
vom 6.5.2010 C-94/09 - Kommission/Frankreich -, Slg. 2010, I-4261,
UR 2010, 454, HFR 2010, 781 = SIS 10 18 78, Rz 26, m.w.N.).
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44
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Diese den Mitgliedstaaten eingeräumte
Möglichkeit einer selektiven Anwendung des
ermäßigten Mehrwertsteuersatzes ist u.a. dadurch
gerechtfertigt, dass Befreiungen oder Ausnahmevorschriften eng
auszulegen sind (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2010, I-4261, UR 2010,
454, HFR 2010, 781 = SIS 10 18 78, Rz 29, m.w.N.).
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45
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bb) Der nationale Gesetzgeber hat von der
Ermächtigung in Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 i.V.m.
Anhang H Kategorie 5 der Richtlinie 77/388/EWG in selektiver Weise
dadurch Gebrauch gemacht, dass nicht jegliche
„Beförderung von Personen und des mitgeführten
Gepäcks“ dem ermäßigten Steuersatz
unterworfen wird, sondern nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b
UStG in dem hier relevanten Rahmen nur in dem vorgesehenen
örtlichen Umfang und nur bei einer Beförderung durch
Verkehrsmittel des öffentlichen Nahverkehrs, zu dem
entsprechend dem Willen des Gesetzgebers Kraftdroschken bzw. Taxen,
nicht aber Mietwagen gehören.
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46
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cc) Der Senat hält es für
zweifelhaft, ob die nationale selektive Regelung in § 12 Abs.
2 Nr. 10 Buchst. b UStG, die eine unterschiedliche Behandlung der
Mietwagenumsätze und Kraftdroschken- bzw. Taxenumsätze im
Hinblick auf den anwendbaren Steuersatz zur Folge hat, mit dem
Grundsatz der steuerlichen Neutralität im Einklang steht.
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47
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aaa) Der Grundsatz der Neutralität
verbietet es insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in
Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der
Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. z.B. EuGH-Urteil
in Slg. 2010, I-4261, UR 2010, 454, HFR 2010, 781 = SIS 10 18 78,
Rz 40; vom 10.11.2011 C-259/10 und C-260/10 - The Rank Group -, UR
2012, 104, HFR 2012, 98 = SIS 11 39 83, Rz 32, m.w.N.), so dass
solche Waren oder Dienstleistungen einem einheitlichen Steuersatz
zu unterwerfen sind (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 3.5.2001 C-481/98 -
Kommission/Frankreich -, Slg. 2001, I-3369, UR 2001, 352 = SIS 01 07 76, Rz 22; in Slg. 2001, I-7467; in Slg. 2003, I-12691, Rz
20).
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48
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Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der
Grundsatz der steuerlichen Neutralität bereits dann verletzt,
wenn zwei aus der Sicht des Verbrauchers gleiche oder gleichartige
Dienstleistungen, die dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers
befriedigen, hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich
behandelt werden (vgl. z.B. EuGH-Urteil in UR 2012, 104, HFR 2012,
98 = SIS 11 39 83, Rz 36).
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49
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Dienstleistungen sind gleichartig, wenn sie
ähnliche Eigenschaften haben und beim Verbraucher nach einem
Kriterium der Vergleichbarkeit in der Verwendung denselben
Bedürfnissen dienen und wenn die bestehenden Unterschiede die
Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers, die eine oder die
andere dieser Dienstleistungen zu wählen, nicht erheblich
beeinflussen (EuGH-Urteil in UR 2012, 104, HFR 2012, 98 = SIS 11 39 83, Rz 44).
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50
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bbb) Aus maßgeblicher Sicht des
Durchschnittsverbrauchers dienen sowohl Taxen bzw. Kraftdroschken
als auch Mietwagen mit Fahrergestellung der
Personenbeförderung, was für eine Vergleichbarkeit der
Leistungen spricht. Andererseits bestehen hinsichtlich der
Bedingungen der Personenbeförderung - auch im Falle einer
Sondervereinbarung zwischen dem örtlichen Taxigewerbe und
Großkunden - wesentliche Unterschiede, so etwa bei der
Festlegung der Fahrpreise sowie der Betriebs- und
Beförderungspflicht, die ausschließlich auf den
aufgezeigten rechtlichen Vorgaben zur Regelung der jeweiligen
Tätigkeitsbereiche im nationalen PBefG beruhen.
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ccc) Nach der Rechtsprechung des EuGH
können die unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben im PBefG
möglicherweise dazu führen, dass keine gleichartigen
Dienstleistungen vorliegen und damit kein Verstoß gegen das
Neutralitätsprinzip gegeben ist.
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52
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Der EuGH hat im Zusammenhang mit Art. 13 Teil
B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG im Anschluss an die
Rechtssache - Linneweber - (EuGH-Urteil vom 17.2.2005 C-453/02 und
C-462/02 - Linneweber und Akritidis -, Slg. 2005, I-1131, UR 2005,
194 = SIS 05 16 75) entschieden, dass bei der Beurteilung der
Vergleichbarkeit von Glücksspielen hinsichtlich der
Gewährung der Mehrwertsteuerbefreiung bei der Prüfung des
Grundsatzes der Neutralität die unterschiedlichen
Lizenzkategorien für die Glücksspiele und
unterschiedlichen rechtlichen Regelungen hinsichtlich ihrer
Aufsicht und Regulierung nicht zu berücksichtigen sind
(EuGH-Urteil in UR 2012, 104, HFR 2012, 98 = SIS 11 39 83, Rz 51).
Dieses Ergebnis werde nicht dadurch infrage gestellt, dass der EuGH
in bestimmten Ausnahmefällen anerkannt habe, dass unter
Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen
Wirtschaftszweige Unterschiede im rechtlichen Rahmen und in der
rechtlichen Regelung der betreffenden Lieferungen von
Gegenständen oder Dienstleistungen, wie die etwaige
Erstattungsfähigkeit eines Arzneimittels oder der Umstand,
dass der Leistungserbringer möglicherweise
Universaldienstverpflichtungen unterliegt, aus der Sicht des
Verbrauchers zu einer Unterscheidbarkeit im Hinblick auf die
Befriedigung seiner eigenen Bedürfnisse führen
könnten (EuGH-Urteil in UR 2012, 104, HFR 2012, 98 = SIS 11 39 83, Rz 50, m.w.N.).
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Ein Verstoß gegen das
Neutralitätsprinzip wäre demnach dann nicht gegeben, wenn
die Rechtsprechung des EuGH zu bestimmten Ausnahmefällen auf
den Streitfall übertragbar wäre (vgl. EuGH-Urteil in UR
2012, 104, HFR 2012, 98 = SIS 11 39 83, Rz 50, mit Hinweis auf
EuGH-Urteile in Slg. 2001, I-3369, UR 2001, 352 = SIS 01 07 76; vom
23.4.2009 C-357/07 - TNT Post UK -, Slg. 2009, I-3025, UR 2009, 348
= SIS 09 18 49).
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ddd) Der Senat hält es für denkbar,
dass der Streitfall mit den Sachverhalten vergleichbar ist,
über die der EuGH in der Rechtssache - Kommission/Frankreich -
(Urteil in Slg. 2001, I-3369, UR 2001, 352 = SIS 01 07 76) und in
der Rechtssache - TNT Post UK - (Urteil in Slg. 2009, I-3025, UR
2009, 348 = SIS 09 18 49) befunden hat.
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(1) In der Rechtssache - Kommission/Frankreich
- (EuGH-Urteil in Slg. 2001, I-3369, UR 2001, 352 = SIS 01 07 76)
hat der EuGH entschieden, dass der niedrigere Steuersatz von 2,1 %
für die im Rahmen der sozialen Sicherheit
erstattungsfähigen Arzneimittel im Vergleich zu dem für
die übrigen Arzneimittel geltenden ermäßigten
Steuersatz von 5,5 % in Frankreich unionsrechtskonform sei. In den
Gründen seiner Entscheidung führt der EuGH aus, dass
erstattungsfähige und nicht erstattungsfähige
Arzneimittel keine gleichartigen Erzeugnisse seien, die miteinander
in Wettbewerb stünden (Rz 25, 27).
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(2) In der Rechtssache - TNT Post UK -
(EuGH-Urteil in Slg. 2009, I-3025, UR 2009, 348 = SIS 09 18 49) hat
der EuGH im Zusammenhang mit der Wahrung des
Neutralitätsprinzips ausgeführt, dass es für die
Beurteilung der Vergleichbarkeit der Umsätze nicht allein auf
die Gegenüberstellung einzelner Leistungen ankommt, sondern
auf ihren Kontext (Rz 38).
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(3) Der Senat hält es für
möglich, dass auch in Fällen, in denen es um
unterschiedliche rechtliche Regelungen zur Sicherstellung der im
allgemeinen Interesse liegenden Versorgung der Bevölkerung
(hier: mit Beförderungsleistungen im Nahverkehr) geht, keine
vergleichbaren Leistungen anzunehmen sind.
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Denn in der Rechtssache - TNT Post UK - hat
der EuGH ausdrücklich hervorgehoben, dass der Zweck der
Steuerbefreiung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie
77/388/EWG für Dienstleistungen der
„öffentlichen Posteinrichtungen“ in der
Förderung einer Tätigkeit von allgemeinem Interesse
bestehe (EuGH-Urteil in Slg. 2009, I-3025, UR 2009, 348 = SIS 09 18 49, Rz 46). Dem entspricht in der Rechtssache -
Kommission/Frankreich - der Hinweis auf den Zweck der Anwendung
eines ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf
erstattungsfähige Arzneimittel, der „offensichtlich
im sozialen Interesse“ liege (vgl. EuGH-Urteil in Slg.
2001, I-3369, UR 2001, 352 = SIS 01 07 76, Rz 32).
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eee) Der Senat hält es für
möglich, dass bei der Beantwortung der Vorlagefrage auch
Erwägungen des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts zu
berücksichtigen sein könnten (vgl. z.B. EuGH-Urteil in
Slg. 2001, I-3369, UR 2001, 352 = SIS 01 07 76, Rz 29).
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So enthält etwa die Verordnung (EG) Nr.
1370/2007 (VO Nr. 1370/2007) des europäischen Parlaments und
des Rates vom 23.10.2007 über öffentliche
Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (ABlEU Nr. L
315/1 vom 3.12.2007, S. 1) Regelungen, ob und wie die
zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unter Einhaltung
des Gemeinschaftsrechts im Bereich des öffentlichen
Personenverkehrs Ausgleichsleistungen gewähren dürfen, um
die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu
gewährleisten, die u.a. zahlreicher, sicherer,
höherwertig oder preisgünstiger sind als diejenigen, die
das freie Spiel des Marktes ermöglicht hätte (vgl. Art. 1
Abs. 1 VO Nr. 1370/2007).
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Es ist denkbar, dass die der genannten VO
zugrunde liegenden Überlegungen auch bei der Frage der
Vereinbarkeit der Gewährung eines ermäßigten
Umsatzsteuersatzes (nur) für Personenbeförderungen mit
Taxen mit dem Neutralitätsprinzip zu beachten sind (vgl. auch
EuGH-Urteil vom 24.7.2003 C-280/00 - Altmark Trans GmbH -, Slg.
2003, I-7747, NJW 2003, 2515).
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dd) Die Antwort des EuGH auf die Vorlagefragen
ist im Streitfall entscheidungserheblich.
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aaa) Wäre nach Auffassung des EuGH ein
Verstoß des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG gegen das
Unionsrecht i.V.m. dem Neutralitätsprinzip zu bejahen - ohne,
dass es auf die Beantwortung der 2. Vorlagefrage ankommt -,
wäre der Klage stattzugeben. Denn bei einer Verletzung des
Unionsrechts wäre ein einheitlicher Steuersatz unterschiedslos
auf die von Taxen und Mietwagen erbrachten
Personenbeförderungsleistungen im Geltungsbereich des §
12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG anzuwenden (vgl. z.B. EuGH-Urteile
in Slg. 2001, I-3369, UR 2001, 352 = SIS 01 07 76, Rz 22; in Slg.
2001, I-7467; in Slg. 2003 I-12691, Rz 20). Der Senat versteht
diese Rechtsprechung des EuGH dahingehend, dass wenn die
Bedingungen oder Beschränkungen, von denen ein Mitgliedstaat
eine Steuerermäßigung abhängig macht, gegen den
Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstoßen, sich
dieser Mitgliedstaat nicht auf diese Bedingungen oder
Beschränkungen berufen kann (vgl. für die Steuerbefreiung
für Glücksspiele mit Geldeinsatz: EuGH-Urteil in Slg.
2005, I-1131, UR 2005, 194 = SIS 05 16 75, Rz 37). Da für die
von Taxen erbrachten Personenbeförderungsleistungen nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG der ermäßigte
Steuersatz gilt, kommt als einheitlicher Steuersatz im Streitfall
ebenfalls nur der ermäßigte Steuersatz in Betracht.
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Die Klägerin dürfte danach im Falle
eines Verstoßes des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG
gegen das Unionsrecht i.V.m. dem Neutralitätsprinzip -
entgegen der Auffassung des FG - nicht lediglich darauf verwiesen
werden können, diesen Verstoß ggf. im Wege von
Konkurrentenklagen gegen Betreiber von Taxiunternehmen mit dem Ziel
zu beseitigen, dass deren Umsätze ebenfalls mit dem
allgemeinen Umsatzsteuersatz besteuert werden.
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bbb) Wäre nach Auffassung des EuGH ein
Verstoß gegen das Unionsrecht i.V.m. dem
Neutralitätsprinzip nur unter den in der 2. Vorlagefrage
genannten Bedingungen zu bejahen, müsste die Sache wegen des
Streitjahrs 2007 an das FG zur Feststellung zurückverwiesen
werden, ob und ggf. in welchem Umfang die Klägerin
Personenbeförderungen auf der Grundlage der von ihr im
November 2007 anerkannten Sondervereinbarung durchgeführt
hat.
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ccc) Läge nach Auffassung des EuGH kein
Verstoß des § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b UStG gegen das
Unionsrecht i.V.m. dem Neutralitätsprinzip vor, wäre die
Klage abzuweisen.
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3. Rechtsgrundlage für die Anrufung des
EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise
der Europäischen Union.
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Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf
§ 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung.
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