1
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I. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus
Aufwendungen für die Errichtung eines Carports, auf dessen
Dach eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) zur Erzeugung von Strom
aus solarer Strahlungsenergie betrieben wird.
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist Eigentümer eines Grundstücks in B. Im
Jahr 2008 (Streitjahr) erweiterte er die Dachfläche der auf
dem Grundstück vorhandenen Wagenremise durch den Anbau eines
Carports, der seither zum Unterstellen eines privat genutzten PKW
verwendet wird.
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3
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Im Anschluss an die Dacherweiterung
installierte der Kläger auf der Dachfläche eine
PV-Anlage, mit der er Strom erzeugt, den er an einen
Energieversorger veräußert. Über den Betrieb der
PV-Anlage hinausgehend ist der Kläger nicht unternehmerisch
tätig.
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In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für
September 2008 machte der Kläger Vorsteuerbeträge aus den
Anschaffungs-/Herstellungskosten der PV-Anlage und der
Dacherweiterung geltend.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) vertrat im Anschluss an eine beim Kläger
durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung die Auffassung,
dass Vorsteuerbeträge in Höhe von ... EUR, die auf die
Errichtung des Carports entfielen, nicht abziehbar seien, weil das
Gebäude nicht unternehmerisch genutzt werde und in keinem
einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der
unternehmerisch genutzten PV-Anlage stehe. Das FA änderte
daher mit Bescheid vom 11.5.2009 die Festsetzung der
Umsatzsteuer-Vorauszahlung für September 2008
entsprechend.
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Das gegen diesen Bescheid geführte
Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsbescheid vom
17.9.2009).
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit
dem Antrag, unter Änderung des Bescheids über die
Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für September 2008
vom 11.5.2009 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
17.9.2009 die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für September 2008 um
... EUR niedriger festzusetzen, ab.
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Es führte zur Begründung aus, der
Kläger sei im Hinblick auf den Betrieb der PV-Anlage zwar
Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes
(UStG).
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Die Errichtung des Carports sei jedoch
nicht i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG für
das Unternehmen des Klägers ausgeführt worden. Der
dafür von der Rechtsprechung geforderte unmittelbare und
direkte Zusammenhang zwischen der Eingangsleistung und dem
Unternehmen sei nicht gegeben.
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10
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Das Urteil ist in EFG 2010, 1366 = SIS 10 16 97 veröffentlicht.
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Das FG hat in dem am 21.12.2009 ohne
mündliche Verhandlung ergangenen Urteil nicht
berücksichtigt, dass am 26.11.2009 der Umsatzsteuerbescheid
für 2008 ergangen war, in dem der streitige Vorsteuerabzug
ebenfalls versagt wurde. Nachdem das FG davon Kenntnis erlangt
hatte, hat es nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss
vom 1.3.2010 richtiggestellt, dass sich das Urteil vom 21.12.2009
in dem Klageverfahren 16 K 377/09 auf den Umsatzsteuerbescheid
für 2008 vom 26.11.2009 bezieht.
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12
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Mit der vom Senat zugelassenen Revision
macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Errichtung des
Carports sei seiner unternehmerischen Tätigkeit zuzuordnen,
weil sie in unmittelbarem und direktem Zusammenhang mit der Nutzung
der PV-Anlage stehe.
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13
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Die Dacherweiterung sei zu dem Zweck
vorgenommen worden, eine größere PV-Anlage zu errichten,
um zu einer höheren Stromerzeugung zu gelangen. Die
nachträgliche Nutzung der Erweiterung auch als
Unterstellmöglichkeit für einen PKW sei dabei von
untergeordneter Bedeutung. Die Dachfläche wäre auch dann
erweitert worden, wenn dort kein PKW hätte untergestellt
werden können.
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14
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Die Erweiterung der Dachfläche werde
von ihm - wie nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erforderlich - zu
mehr als 10 Prozent für unternehmerische Zwecke
genutzt.
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15
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Der Kläger beantragt
sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils und
Änderung des Umsatzsteuerbescheids für 2008 vom
26.11.2009 weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von ... EUR
als abziehbar anzuerkennen.
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16
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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17
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Es ist der Auffassung, ein Vorsteuerabzug
aus den Gebäudeaufwendungen komme nicht in Betracht. Da die
PV-Anlage kein wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes sei,
habe der Kläger als Betreiber der Anlage nicht die
Möglichkeit, den privat als PKW-Unterstellplatz genutzten
Carport insgesamt dem Unternehmen zuzuordnen.
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18
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II. Die Revision des Klägers ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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19
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1. Das Urteil des FG muss nicht aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben werden, obwohl es zu
einem im Zeitpunkt der Entscheidung materiell nicht mehr wirksamen
Verwaltungsakt ergangen ist.
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20
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a) Das FG hat in dem angefochtenen Urteil vom
21.12.2009 über die Rechtmäßigkeit des
Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheids für September 2008 vom
17.9.2009 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids war aber
während des Klageverfahrens der Umsatzsteuerbescheid für
2008 vom 26.11.2009 getreten und gemäß § 68 Satz 1
FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. z.B. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.5.2005 V R 31/03, BFHE 210, 167,
BStBl II 2005, 671 = SIS 05 31 27, unter II.1.b).
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21
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b) Damit ist das FG-Urteil zu einem rechtlich
nicht mehr existierenden Bescheid ergangen. Es kann deshalb in der
Regel keinen Bestand haben (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23.8.2007 V R
10/05, BFHE 217, 332 = SIS 07 34 84; vom 6.12.2007 V R 61/05, BFHE
221, 55, BStBl II 2008, 695 = SIS 08 16 95, jeweils unter II.1.,
m.w.N.).
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22
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c) Es widerspräche jedoch dem Sinn und
Zweck des § 68 Satz 1 FGO - der darin besteht, das Verfahren
fortsetzen zu können -, wenn die Vorentscheidung im
Rechtsmittelverfahren auch dann zwingend aufzuheben und die Sache
zurückzuverweisen wäre, wenn - wie hier - durch den
Änderungsbescheid kein neuer Streitpunkt in das Verfahren
eingeführt worden ist.
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23
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Aus prozessökonomischen Gründen
reicht deshalb in einem solchen Fall eine Richtigstellung in der
Rechtsmittelentscheidung aus (vgl. BFH-Beschluss vom 29.8.2003 II B
70/03, BFHE 203, 174, BStBl II 2003, 944 = SIS 03 46 56;
BFH-Urteile vom 31.5.2006 II R 32/04, BFH/NV 2006, 2232 = SIS 06 44 58; vom 13.12.2006 VIII R 31/05, BFHE 216, 214, BStBl II 2007, 393
= SIS 07 07 88; BFH-Beschlüsse vom 7.8.2008 I B 161/07, BFH/NV
2008, 2053 = SIS 08 41 60; vom 14.8.2009 II B 43/09, BFH/NV 2009,
2012 = SIS 09 36 46; BFH-Urteil vom 19.5.2010 I R 62/09, BFHE 230,
18, BFH/NV 2010, 1919 = SIS 10 22 48, unter B.I.2.).
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24
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Diese Richtigstellung hat das FG durch
Beschluss vom 1.3.2010 unter Hinweis auf den BFH-Beschluss in BFHE
203, 174, BStBl II 2003, 944 = SIS 03 46 56 bereits
vorgenommen.
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2. Das FG hat zu Unrecht den streitigen
Vorsteuerabzug mit der Begründung versagt, die Errichtung des
Carports sei nicht i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1
UStG für das Unternehmen des Klägers ausgeführt
worden.
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26
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a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG
kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für
Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein
Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für
steuerfreie Umsätze verwendet.
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27
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Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2
Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom
17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie
77/388/EWG), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der
Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner
besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland
geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für
Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen
Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm
geschuldeten Steuer abzuziehen.
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28
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aa) Der Unternehmer ist nach diesen
Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen
für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der
Richtlinie 77/388/EWG) und damit für seine wirtschaftlichen
Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen
(wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt (vgl.
BFH-Urteil vom 3.3.2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261
= SIS 11 18 30, unter II.1.b, m.w.N.).
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29
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bb) Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm
bezogene Leistung zugleich für seine wirtschaftliche und seine
nichtwirtschaftliche Tätigkeit zu verwenden, kann er den
Vorsteuerabzug grundsätzlich nur insoweit in Anspruch nehmen,
als die Aufwendungen hierfür seiner wirtschaftlichen
Tätigkeit zuzurechnen sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 233, 274,
BFH/NV 2011, 1261 = SIS 11 18 30, unter II.1.c, m.w.N.).
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cc) Anders ist es nur bei der Lieferung eines
Gegenstandes, den der Unternehmer sowohl für steuerpflichtige
wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für private Zwecke
verwenden will.
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In diesem Fall kann er den Gegenstand
insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und aufgrund dieser
Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug
berechtigt sein; er hat dann aber die private Verwendung des
Gegenstandes als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a
Nr. 1 UStG zu versteuern (vgl. Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - vom 8.5.2003 Rs. C-269/00 -
Seeling -, Slg. 2003, I-4101, BStBl II 2004, 378 = SIS 03 27 13, Rz
40 bis 43; BFH-Urteile vom 24.7.2003 V R 39/99, BFHE 203, 206,
BStBl II 2004, 371 = SIS 03 42 94; vom 11.4.2008 V R 10/07, BFHE
221, 456, BStBl II 2009, 741 = SIS 08 31 45, unter II.3.b; vom
17.12.2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798 = SIS 09 12 87, unter
II.3.c; in BFHE 233, 274, BFH/NV 2011, 1261 = SIS 11 18 30, unter
II.1.c; Lange, UR 2008, 23, jeweils m.w.N.).
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32
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b) Das FG ist - wie bereits das FA - mit Recht
davon ausgegangen, dass der Kläger als Unternehmer tätig
wurde und deshalb nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt war.
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33
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aa) Der Betrieb einer PV-Anlage erfüllt
die Voraussetzungen einer unternehmerischen Tätigkeit, weil er
als Nutzung eines Gegenstandes - wie vorliegend - der nachhaltigen
Erzielung von Einnahmen dient (vgl. BFH-Urteile in BFHE 221, 456,
BStBl II 2009, 741 = SIS 08 31 45, unter II.1., m.w.N.; vom
18.12.2008 V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292 = SIS 09 10 10, unter II.2., m.w.N.; Abschn. 2.5. des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ).
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34
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bb) Der - ansonsten nicht unternehmerisch
tätige - Kläger hat bereits bei Bezug der hier streitigen
Leistungen als Steuerpflichtiger (Unternehmer) zu gelten, weil er
zu diesem Zeitpunkt die durch objektive Anhaltspunkte belegte
Absicht hatte, eine derartige Tätigkeit durch Betrieb einer
PV-Anlage auszuüben, und erste Investitionsausgaben für
diese Zwecke getätigt hat (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil vom
8.6.2000 Rs. C-400/98 - Breitsohl -, Slg. 2000, I-4321 = SIS 00 09 86, BStBl II 2003, 452 = SIS 00 09 86; BFH-Beschluss vom 29.8.2002
V R 65/01, BFH/NV 2003, 211 = SIS 03 08 74; BFH-Urteil in BFH/NV
2009, 798 = SIS 09 12 87, unter II.3.b).
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35
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c) Im Streitfall liegt auch der für den
Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang
zwischen Eingangs- und zum Abzug berechtigenden
Ausgangsumsätzen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 233, 274,
BFH/NV 2011, 1261 = SIS 11 18 30, unter II.1.b; vom 15.10.2009 XI R
82/07, BFHE 227, 238, BStBl II 2010, 247 = SIS 09 36 66, unter
II.1.b, jeweils m.w.N.) vor.
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36
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aa) Eine PV-Anlage besteht im Wesentlichen aus
Solarzellen, die in sog. Solarmodulen zusammengefasst werden, einem
Wechselrichter, der den Gleichstrom umwandelt und einem
Einspeisezähler. Die Solarmodule benötigen eine
Halterung, um sie in einem bestimmten Winkel auszurichten. Bei
einer sog. „Auf-Dach-Montage“ - wie vorliegend -
werden die Solarmodule ohne Eingriff in die Dichtigkeit der
Dachhaut mit einem Gestell auf das bestehende Dach installiert
(vgl. FG München, Urteil vom 27.7.2009 14 K 595/08, EFG 2009,
1977 = SIS 09 35 84; Hessisches FG, Urteil vom 20.1.2011 11 K
2735/08, Recht der Erneuerbaren Energien - REE - 2011, 107 = SIS 11 14 06, unter 2.a).
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37
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bb) Der Carport, für dessen Errichtung
die streitigen Vorsteuerbeträge angefallen sind, diente der
vom Kläger betriebenen Dach-PV-Anlage. Da das Dach für
die Installation der PV-Anlage erforderlich war, besteht ein
direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen den geltend
gemachten Vorsteuerbeträgen und den vom Kläger mittels
seiner PV-Anlage ausgeführten steuerpflichtigen
Ausgangsumsätzen.
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38
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cc) Dem kann nicht entgegengehalten werden,
dass eine PV-Anlage auch unabhängig von einer Dachfläche
zum Zweck der Stromerzeugung betrieben werden kann und dass eine
Bodeninstallation einer PV-Anlage durchaus möglich und
üblich ist. Denn der Unternehmer ist in seiner Entscheidung
frei, in welcher Form er sein Unternehmen betreibt.
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39
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Hinzu kommt, dass der Betreiber einer
PV-Anlage nach dem im Streitjahr 2008 geltenden § 11 Abs. 2
Satz 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG
2004) vom 21.7.2004 (BGBl I 2004, 1918) dann eine erhöhte
Vergütung für den von ihm erzeugten Strom beanspruchen
konnte, wenn - wie im Streitfall - die Anlage auf einem
Gebäude angebracht war (vgl. dazu Urteile des
Bundesgerichtshofs vom 29.10.2008 VIII ZR 313/07, Gewerbearchiv
2010, 129; vom 17.11.2010 VIII ZR 277/09, BGHZ 187, 311, NJW 2011,
380 = SIS 11 02 77; vom 9.2.2011 VIII ZR 35/10, Neue Zeitschrift
für Verwaltungsrecht-Rechtsprechung-Report 2011, 364, REE
2011, 78). Die Vergütung betrug nach dieser Vorschrift statt
mindestens 45,7 Cent pro Kilowattstunde (§ 11 Abs. 1 EEG 2004)
- je nach Leistung der Anlage - mindestens 57,4 Cent, 54,6 Cent
oder 54 Cent pro Kilowattstunde.
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40
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d) Im Streitfall kann der Kläger aus den
Rechnungen über die Leistungen zur Herstellung des Carports
aufgrund einer Unternehmenszuordnung grundsätzlich den vollen
Vorsteuerabzug geltend machen.
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41
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aa) Während der Kläger das Dach des
Carports durch die PV-Anlage teilweise unternehmerisch nutzte,
verwendete er den Carport im Übrigen zum Unterstellen eines
privat genutzten PKW.
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42
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bb) Diese teilweise unternehmerische und
teilweise private Nutzung des Carports ermöglicht eine volle
Zuordnung des Carports zum Unternehmen (siehe dazu unter II.2.a
cc). Diese Zuordnung hat der Kläger vorgenommen, indem er in
der Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2008 die gesamten
Vorsteuerbeträge geltend gemacht hat.
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43
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Dieser Zuordnungsmöglichkeit steht nicht
entgegen, dass nach der Auffassung des FA eine auf dem Dach eines
Gebäudes montierte PV-Anlage gemäß § 94 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs kein wesentlicher Bestandteil des
Gebäudes ist. Denn die nationale zivilrechtliche Beurteilung
der Verhältnisse ist in diesem Zusammenhang unerheblich (vgl.
z.B. EuGH-Urteil vom 4.10.1995 Rs. C-291/92 - Armbrecht -, Slg.
1995, I-2775, BStBl II 1996, 392 = SIS 96 01 22; BFH-Urteile vom
8.11.1995 XI R 63/94, BFHE 179, 189, BStBl II 1996, 114 = SIS 96 06 51, unter II.2.a; vom 23.9.2009 XI R 18/08, BFHE 227, 226, BStBl II
2010, 313 = SIS 10 02 02, unter II.1.b).
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44
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e) Die Vorentscheidung ist von anderen
Grundsätzen ausgegangen und daher aufzuheben.
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45
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3. Die Sache ist nicht spruchreif; es sind
weitere Feststellungen zu treffen.
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46
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Den Vorsteuerabzug aus den Leistungen zur
Errichtung des Carports kann der Kläger nur dann beanspruchen,
wenn er den gesamten Carport zu mindestens 10 Prozent
unternehmerisch nutzt.
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47
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a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt als
nicht für das Unternehmen ausgeführt u.a. die Lieferung
eines Gegenstandes, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent
für sein Unternehmen nutzt (sog. unternehmerische
Mindestnutzung). Die Vorschrift beruht auf Art. 27 der Richtlinie
77/388/EWG (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, §
15 Rz 441 ff.; Lippross, Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 402 f.,
jeweils m.w.N.).
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48
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§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ist im Streitfall
anwendbar, weil der errichtete Carport dem Kläger geliefert
worden ist. Es handelt sich um eine Werklieferung i.S. von § 3
Abs. 4 UStG (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20.1.1997 V R 5/96, BFH/NV
1997, 811 = SIS 97 23 55; Leonard in Bunjes/Geist, UStG, 10. Aufl.,
§ 3 Rz 181).
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49
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b) Bei der Ermittlung der nach § 15 Abs.
1 Satz 2 UStG erforderlichen unternehmerischen Mindestnutzung von
10 Prozent darf nicht nur die innere Nutzfläche des Carports
berücksichtigt werden.
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50
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aa) Für den Vorsteuerabzug aus
Baumaßnahmen ist bei der Herstellung eines neuen
Gebäudes - wie hier die Neuerrichtung des Carports - auf die
Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes abzustellen
(vgl. BFH-Urteile vom 28.9.2006 V R 43/03, BFHE 215, 335, BStBl II
2007, 417 = SIS 06 45 68; vom 22.11.2007 V R 43/06, BFHE 219, 450,
BStBl II 2008, 770 = SIS 08 10 89; vom 13.8.2008 XI R 53/07, BFH/NV
2009, 228 = SIS 09 03 07; vom 25.3.2009 V R 9/08, BFHE 225, 230,
BStBl II 2010, 651 = SIS 09 19 46, unter II.2.; vom 10.12.2009 V R
13/08, BFH/NV 2010, 960 = SIS 10 12 67; Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen vom 30.9.2008, BStBl I 2008, 896 =
SIS 08 36 29; Abschn. 15.17. Abs. 7 Sätze 1 und 2 UStAE).
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51
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bb) Die für die Beurteilung des
Vorsteuerabzugs somit maßgeblichen
Verwendungsverhältnisse des gesamten Gebäudes umfassen
nicht nur die innere Nutzfläche des Gebäudes, wenn wie im
Streitfall das Gebäude - teilweise - dadurch unternehmerisch
genutzt wird, dass auf dessen Dach eine PV-Anlage installiert
wird.
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52
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Vielmehr muss die unternehmerische Nutzung des
Daches mitberücksichtigt werden, weil dadurch Umsätze
i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ausgeführt wurden,
die nicht der Nutzfläche innerhalb des Gebäudes
zugeordnet werden können.
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53
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4. Der Senat kann auf der Grundlage der bisher
getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, wie hoch der
unternehmerische Nutzungsanteil des Carports liegt und ob die
10-Prozent-Grenze des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erreicht
wird.
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54
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a) Die im Streitfall erforderliche Aufteilung
der Vorsteuerbeträge auf die wirtschaftlichen und die privaten
Tätigkeiten eines Unternehmers ist in § 15 UStG nicht
geregelt.
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55
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b) Im Rahmen des § 15 Abs. 4 UStG kommt
bei Gebäuden nach Auffassung der Finanzverwaltung als
sachgerechter Aufteilungsmaßstab „in der
Regel“ eine Aufteilung nach dem Verhältnis der
Nutzflächen in Betracht (vgl. Abschn. 15.17. Abs. 7 Satz 4
UStAE).
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56
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Nach Ansicht des Senats scheidet aber im
Streitfall die Ermittlung des abziehbaren Vorsteueranteils durch
eine Gegenüberstellung von Nutzflächen des Carports, die
einerseits unternehmerisch und die andererseits privat genutzt
werden, aus. Denn durch eine solche Aufteilung nach dem
Verhältnis der Nutzflächen lässt sich nicht objektiv
widerspiegeln, welcher Teil der Eingangsaufwendungen jedem dieser
beiden Bereiche wirtschaftlich zuzurechnen (vgl. § 15 Abs. 4
Satz 1 UStG) ist.
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57
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Nutzflächen innerhalb eines Gebäudes
und Nutzflächen auf dessen Dach sind nicht ohne weiteres zu
einer Gesamtnutzfläche zu addieren, weil sie in der Regel
nicht miteinander vergleichbar sind. Zudem macht es einen
Unterschied, ob eine PV-Anlage auf einem mit geringem Aufwand zu
errichtenden Gebäude - wie einem Carport - oder z.B. auf einem
Ein- oder Mehrfamilienhaus installiert ist (vgl. auch Abschn.
15.17. Abs. 7 Sätze 5 und 6 UStAE).
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58
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c) Der Senat hält für die Aufteilung
der Vorsteuerbeträge im Streitfall vielmehr - vorbehaltlich
einer anderen vom Kläger im zweiten Rechtsgang gewählten
sachgerechten Schätzungsmethode - die Anwendung eines
Umsatzschlüssels für sachgerecht.
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59
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aa) Da es sowohl an einem Umsatz für das
Innere des Carports als auch an einer entgeltlichen Nutzung der
Dachfläche fehlt, könnte insoweit jeweils auf einen
fiktiven Vermietungsumsatz abgestellt werden.
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60
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Hinsichtlich der Dachfläche wäre
abzustellen auf den fiktiven Umsatz, der sich ergäbe, wenn der
Kläger die Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer
PV-Anlage vermietet hätte. Grundstückseigentümer
betreiben oftmals eine PV-Anlage nicht selbst, sondern vermieten
die Dachfläche ihres Gebäudes zu diesem Zweck an einen
Dritten (vgl. z.B. Verfügung der Oberfinanzdirektion - OFD -
Niedersachsen vom 8.7.2010 - S 7300 - 616 - St 173, juris;
Verfügung der OFD Magdeburg vom 21.7.2010 - S 7300 - 122 - St
24, USt-Kartei ST § 15 Abs. 1 UStG Karte 7, juris;
Neufang/Bukowski, Der Steuerberater 2010, 115).
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bb) Einer derartigen oder ähnlichen
Anwendung eines Umsatzschlüssels im Streitfall steht § 15
Abs. 4 Satz 3 UStG nicht entgegen, wonach eine Ermittlung des nicht
abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem
Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug
ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug
berechtigen, nur zulässig ist, wenn keine andere
wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
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Dabei kann offen bleiben, ob § 15 Abs. 4
Satz 3 UStG möglicherweise unionsrechtswidrig ist (vgl. dazu
den Vorlagebeschluss des BFH vom 22.7.2010 V R 19/09, BFHE 231,
280, BStBl II 2010, 1090 = SIS 10 33 58). Denn im Streitfall ist
aus den dargelegten Gründen - soweit ersichtlich - keine
andere sachgerechte wirtschaftliche Zurechnung der
Vorsteuerbeträge als nach einem (fiktiven)
Umsatzschlüssel möglich.
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d) Das FG wird die erforderlichen
Feststellungen zur Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils
des Carports im zweiten Rechtsgang zu treffen haben.
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