Vorsteuerabzug bei Erwerb und Umbau eines für gemischte Nutzung vorgesehenen Gebäudes: 1. Für den Umfang des Vorsteuerabzugs bei Erwerb und erheblichem Umbau eines Gebäudes, das anschließend vom Erwerber für steuerpflichtige und steuerfreie Verwendungsumsätze vorgesehen ist, ist vorgreiflich zu entscheiden, ob es sich bei den Umbaumaßnahmen nur um Erhaltungsaufwand am Gebäude oder um anschaffungsnahen Aufwand zur Gebäudeanschaffung handelt oder ob insgesamt die Herstellung eines neuen Gebäudes anzunehmen ist. - 2. Vorsteuerbeträge, die den Gegenstand selbst (Gebäude) oder die Erhaltung, Nutzung oder Gebrauch des Gegenstandes betreffen, sind gesondert zu beurteilen. - 3. Handelt es sich insgesamt um Aufwendungen für das Gebäude selbst, kommt nur eine Aufteilung der gesamten Vorsteuerbeträge nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab in Betracht (§ 15 Abs. 4 UStG 1991). Dieser kann ein Flächenschlüssel oder ein Umsatzschlüssel sein. Ein sog. Investitionsschlüssel ist nicht zulässig. - 4. Der Umfang der abziehbaren Vorsteuerbeträge auf sog. Erhaltungsaufwendungen an dem Gebäude kann sich danach richten, für welchen Nutzungsbereich des gemischt genutzten Gebäudes die Aufwendungen vorgenommen werden. - 5. Ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab i.S. des § 15 Abs. 4 UStG 1991 für die Vorsteuerbeträge auf den Erwerb (bzw. die Herstellung) eines gemischt genutzten Gegenstands, der einem bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid für den entsprechenden Besteuerungszeitraum zugrunde liegt, ist - auch für nachfolgende Besteuerungszeiträume - bindend und der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt auch dann, wenn ggf. noch andere "sachgerechte" Ermittlungsmethoden in Betracht kommen, wie z.B. die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der mit dem Gegenstand ausgeführten Umsätze (gegenstandsbezogener Umsatzschlüssel). - 6. Der gewählte (sachgerechte) Aufteilungsmaßstab ist auch maßgebend für eine mögliche Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG 1991; die Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Erstjahr gestaltet die für das Erstjahr "maßgebende" Rechtslage für die Verwendungsumsätze. - Urt.; BFH 28.9.2006, V R 43/03; SIS 06 45 68
(Anmerkung der Redaktion:
vgl. auch BMF-Schreiben vom 22.5.2007, IV A 5 - S 7306/03/0003,
BStBl 2007 I S. 482 = SIS 07 16 88)
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine 1991 gegründete Gesellschaft
bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschaftszweck war der Erwerb
eines bebauten Grundstücks, dessen Instandsetzung,
Modernisierung, Dachgeschossausbau, Schaffung neuer Wohnungen sowie
die Verwaltung des Grundstücks. Das Grundstück wurde im
Dezember 1991 zu einem Preis von 1,5 Mio. DM erworben. Das darauf
im Jahr 1903 errichtete Gebäude stand leer.
Ebenfalls noch im Dezember 1991 beauftragte
die Klägerin einen Generalübernehmer mit der
Durchführung der Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen zu
einem Festpreis. U.a. wurden fünf Atelierwohnungen und eine
vom vierten Geschoss ins Dachgeschoss erweiterte Maisonette-Wohnung
mit insgesamt 450 qm Wohnfläche neu geschaffen. Der Aufwand
für die Generalübernehmerleistungen betrug 10.276.443
DM.
Die Bauarbeiten an dem leer stehenden
Gebäude begannen Ende 1991; die Fertigstellung war am
29.12.1992. Das Gebäude wurde erst ab September 1992 nach
Durchführung einzelner Baumaßnahmen sukzessive
vermietet. Es hatte nach Fertigstellung folgende
Nutzungsflächen:
Wohnfläche Altbau
|
2.806 qm
|
Dachgeschoss (neu)
|
450
qm
|
Gewerbefläche Altbau
|
|
(Erdgeschoss und teilweise Keller)
|
500 qm
|
insgesamt
|
3.756 qm
|
Die Klägerin verzichtete hinsichtlich
der Vermietung des gewerblich genutzten Teils auf die
Umsatzsteuerbefreiung und machte deshalb in ihren
Umsatzsteuererklärungen für 1991 und 1992 aus den von ihr
in den Jahren 1991 und 1992 insgesamt für das Gebäude
bezogenen Eingangsleistungen Vorsteuerbeträge pauschal nach
dem Verhältnis der Nutzflächen (Wohnraum und
Gewerbefläche) in Höhe von 63.850,14 DM (für 1991)
und in Höhe von 119.684,07 DM (für 1992) geltend; diesen
Erklärungen folgte der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) zunächst.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung beanstandete das FA, dass die Klägerin
die im Generalübernehmervertrag in Rechnung gestellte
Umsatzsteuer pauschal nach der Nutzfläche auf Wohnraum oder
Gewerberaum aufgeteilt habe, ohne die Baukosten zuvor den
verschiedenen Bereichen zuzuordnen. Diese Aufteilung sei nicht
sachgerecht, weil der Umfang der Baumaßnahmen zwischen
Wohnbereich, einschließlich des Neubaus, und dem
Gewerbebereich ausweislich der Baubeschreibungen sehr stark
voneinander abweiche. Da die Klägerin selbst die
Eingangsleistungen, die den einzelnen Bereichen
ausschließlich zuzuordnen waren, nicht selbst bezifferte,
ermittelte das FA die Bemessungsgrundlage für diesen Teil der
Vorbezüge, die dem gewerblichen und dem für Wohnzwecke
genutzten Bereich zuzuordnen waren, im Schätzwege; lediglich
die Vorsteuerbeträge der Leistungen, die nicht
ausschließlich dem Gewerbebereich bzw. dem Wohnbereich
zuzuordnen waren, berücksichtigte das FA nach Maßgabe
des Flächenschlüssels. Insgesamt waren nach Auffassung
des FA danach für die Jahre 1991 und 1992
Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt (d.h. für
beide Jahrte) 122.128 DM abziehbar. Das FA korrigierte jedoch nicht
die Vorsteuerbeträge des jeweiligen Jahres, sondern
kürzte lediglich im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid
für 1992 (das Streitjahr) den bisher von der Klägerin
für 1992 geltend gemachten Vorsteuerabzug um 61.400 DM. Die
Umsatzsteuer für 1992 setzte es danach auf ./. 58.284 DM fest.
Der Umsatzsteuerbescheid für 1991 ist
bestandskräftig.
Mit der nach erfolglosem Einspruch
eingelegten Klage begehrte die Klägerin zunächst - wie
zuvor in ihrer Umsatzsteuererklärung für 1992 - die
Anerkennung der von ihr nach dem Flächenschlüssel geltend
gemachten Vorsteuerbeträge; im Laufe des Klageverfahrens
beantragte sie schließlich den Abzug der gesamten
Vorsteuerbeträge nach dem sog. Umsatzschlüssel.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Es führte im Wesentlichen aus, eine Zuordnung der
Bauaufwendungen zu einzelnen Baumaßnahmen (Dachgeschossausbau
und Modernisierung und Instandsetzung) scheide deswegen aus, weil
die Klägerin einen Generalübernehmervertrag abgeschlossen
habe, der die gesamte Baumaßnahme umfasse. Zwar stehe der
Aufteilung die Vereinbarung eines Pauschalpreises nicht entgegen;
gegen eine Aufteilung spreche aber, dass die Klägerin mit dem
Abschluss eines Generalübernehmervertrages sich gerade nicht
mit den Einzelheiten der Baumaßnahmen hätte befassen
wollen. Auch hätten die Initiatoren einer
Bauherrengemeinschaft - wie hier der Klägerin - ein
schutzwürdiges Interesse daran, dass die Anleger in ihre
Kalkulationsgrundlagen keine Einsichten nehmen können.
Der Wechsel zur - ebenfalls i.S. des §
15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1991) sachgerechten -
Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel sei hinzunehmen.
Das FA trägt mit der (vom FG
zugelassenen) Revision gegen das Urteil im Wesentlichen vor: bei
Herstellung bzw. Renovierung und Ausbau eines gemischt genutzten
Gebäudes dürften Vorsteuerbeträge für
Eingangsleistungen, die sich eindeutig einem der beiden
Nutzungsteile zuordnen ließen, nicht nach § 15 Abs. 4
UStG 1991 aufgeteilt werden. Im Übrigen habe das FG nicht
beachtet, dass die Klägerin an die im bestandskräftigen
Umsatzsteuerbescheid für 1991 gewählte Aufteilung nach
dem Flächenschlüssel gebunden sei.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen,
hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und
dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die
Frage vorzulegen, ob der Steuerpflichtige über die Aufteilung
des Vorsteuerabzuges im Rahmen des Art. 17 Abs. 5 der Sechsten
Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) nach Grund und Umfang bereits im
Jahr des Leistungsbezuges und mit bindender Wirkung auch für
nachfolgende Kalenderjahre entscheiden muss.
II. Die Revision des FA ist begründet,
sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1991 kann
der Unternehmer die Vorsteuerbeträge für Lieferungen und
Leistungen abziehen, die von anderen Unternehmern für sein
Unternehmen ausgeführt worden sind. Diese Voraussetzungen sind
erfüllt.
2. Ausgeschlossen ist nach § 15 Abs. 2
Nr. 1 UStG 1991 der Vorsteuerabzug u.a. für Lieferungen, die
der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze
verwendet. Verwendet der Unternehmer eine für sein Unternehmen
bezogene Leistung (Lieferung oder sonstige Leistung) nur zum Teil
zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug
ausschließen, so ist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG 1991
der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der
den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen
wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 der Vorschrift kann der
Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer
sachgerechten Schätzung ermitteln.
§ 15 UStG 1991 beruht auf Art. 17 der
Richtlinie 77/388/EWG. Nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG ist der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug befugt,
„soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für
Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet
werden“.
a) Nach der Rechtsprechung des EuGH zu dieser
Bestimmung kann ein Steuerpflichtiger, der sowohl Umsätze
tätigt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch solche,
die nicht dazu berechtigen, die Mehrwertsteuer, mit der die
bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen belastet sind,
abziehen, sofern diese Leistungen direkt und unmittelbar mit den
zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen
(Verwendungsumsätze) zusammenhängen. Dieser Zusammenhang
ergibt sich grundsätzlich daraus, dass die Aufwendungen
für den Bezug der Eingangsumsätze Teil der Kosten der
Ausgangsumsätze sind (vgl. EuGH-Urteile vom 8.6.2000 C-98/98,
Midland Bank plc, Slg. 2000, 4177 = SIS 00 09 97 RandNr. 33, und
vom 26.5.2005 Rs. C-465/03, Kretztechnik AG, Slg. 2005, 4357 = SIS 05 30 12 RandNr. 35, mit Nachweisen).
Wie der EuGH im Midland-Urteil in Slg. 2000,
4177 = SIS 00 09 97 RandNr. 33 weiter ausführt, kommt es
für die Bestimmung des Zusammenhangs zwischen
Eingangsumsätzen und Ausgangsumsätzen
(Verwendungsumsätze) nicht darauf an, ob Art. 17 Abs. 2, 3
oder - wie im Streitfall für gemischt genutzte
Leistungsbezüge - Abs. 5 dieser Vorschrift anzuwenden ist.
Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG ist
gemeinschaftsrechtliche Grundlage zu § 15 Abs. 4 UStG 1991 und
regelt den Umfang der Berechtigung zum Vorsteuerabzug bei
„gemischter“ Verwendung von
Eingangsumsätzen.
b) Das Merkmal „Verwendung eines
Gegenstands“ gemäß Art. 17 Abs. 2 der
Richtlinie 77/388/EWG verlangt nach der EuGH-Rechtsprechung
für die steuerneutrale Anwendung des Mehrwertsteuersystems
eine enge Auslegung. Insbesondere ist zwischen der Verwendung des
Gegenstands selbst und der von Gegenständen und
Dienstleistungen zur Erhaltung oder zum Gebrauch des
Gegenstands (bzw. für seine Nutzung und Wartung) zu
unterscheiden (vgl. zu Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie
77/388/EWG: EuGH-Urteile vom 25.5.1993 C-193/91, Mohsche Gerhard,
Slg. 1993, I-2615, UR 1993, 309 = SIS 93 15 30, und vom 8.3.2001
Rs. C-415/98, Bakcsi, Slg. 2001, I-1831 = SIS 01 06 82, BFH/NV
Beilage 2001, 52, UR 2001, 149 = SIS 01 06 82 RandNr. 33).
Bei Anschaffung oder Herstellung eines
Gegenstands „als solchem“ sind die
Vorsteuerbeträge auf die Aufwendungen für den Gegenstand
abziehbar, „soweit der Gegenstand“ für
Zwecke besteuerter Umsätze verwendet wird.
Vorsteuerbeträge auf Leistungsbezüge
(Gegenstände oder sonstige Leistungen), die Nutzung, Gebrauch
oder Erhaltung des Gegenstands betreffen, sind gesondert zu
beurteilen.
Die Auswirkungen der getrennten Beurteilung
zeigen sich u.a. bei der Besteuerung der Entnahme eines Gegenstands
(vgl. Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG und die dazu
ergangene, vorbezeichnete EuGH-Rechtsprechung) als auch bei der
Vorsteuerberichtigung bei Wirtschaftsgütern
(Investitionsgütern) mit mehrjähriger Nutzungsdauer.
Für den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder
Herstellungskosten solcher Gegenstände (sowie aus deren
nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten) gilt die
Vorsteuerberichtigungsregelung nach § 15a UStG 1991/Art. 20
der Richtlinie 77/388/EWG. Für Erhaltungsaufwendungen an
diesen Gegenständen (Wirtschaftsgütern) greift die
Regelung (nach der im Streitjahr geltenden Fassung des § 15a
UStG 1991) nicht ein.
aa) Wird z.B. ein Gebäude (als
Gegenstand) angeschafft oder hergestellt, das
„gemischt“ für steuerfreie und
steuerpflichtige Umsätze verwendet werden soll, kann nicht
darauf abgestellt werden, welche Aufwendungen in bestimmte Teile
des Gebäudes eingehen (z.B. Wohnungsteil oder Gewerbeteil).
Die Zurechnung der Vorsteuerbeträge ist weder nach einem sog.
„Investitionsschlüssel“ (vgl. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18.11.2004 V R 16/03, BFHE 208, 461,
BStBl II 2005, 503 = SIS 05 17 00) noch nach einer räumlichen
(sog. „geographischen“) Anbindung zulässig;
maßgebend ist vielmehr die „prozentuale“
Aufteilung der Verwendung des gesamten Gebäudes zu
steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen (vgl. EuGH-Urteil
vom 4.10.1995 C-291/92, Armbrecht, Slg. 1995, I-2775 = SIS 96 01 22
RandNr. 21, BStBl II 1996, 392 = SIS 96 01 22). Daraus folgt
regelmäßig eine Ermittlung der nicht abziehbaren
Vorsteuerbeträge gemäß § 15 Abs. 4 UStG 1991
im Wege einer sachgerechten Schätzung. Sachgerechte
Aufteilungsmaßstäbe können der Umsatzschlüssel
oder der Flächenschlüssel sein (vgl. BFH-Urteil in BFHE
208, 461, BStBl II 2005, 503 = SIS 05 17 00, unter II. 3.).
bb) Aufwendungen zur Nutzung, Erhaltung oder
Unterhaltung des Gegenstands gehören nicht zu den
Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Wirtschaftsgut
(den „Gegenstand selbst“). Vorsteuerbeträge
auf derartige Erhaltungsaufwendungen sind sofort - nach
Maßgabe der Besonderheiten der Verwendung - abziehbar. Hier
sind die Besonderheiten der Verwendungsumsätze, denen sie
dienen, maßgebend. Betreffen z.B. die Erhaltungsaufwendungen
nur den zur steuerfreien Vermietung vorgesehenen Wohnteil, scheidet
der Vorsteuerabzug in vollem Umfang gemäß § 15 Abs.
2 UStG 1991 aus.
3. Mit diesen Grundsätzen decken sich die
vom FG im Streitfall angewandten Kriterien zur Zuordnung und
Aufteilung der Vorsteuerbeträge nicht. Das Urteil war daher
aufzuheben.
Das FG lehnte eine Zuordnung der einzelnen
Bauaufwendungen zu einzelnen Baumaßnahmen (Dachgeschossausbau
um 450 qm Wohnfläche mit zusätzlichen Wohnungen,
Modernisierung und Instandsetzung) zu Unrecht allein mit der
Begründung ab, die Klägerin habe einen
Generalübernehmervertrag für die gesamte
Baumaßnahme abgeschlossen, von
„Einzelheiten“ entlastet sein wollen und
könne überdies die Kalkulation des
Generalübernehmers nicht einsehen. Zur Frage, ob die
Generalübernehmerleistungen Herstellungsleistungen für
das Gebäude selbst oder lediglich Erhaltungsaufwendungen daran
waren, hat es keine Feststellungen getroffen. Wie unter 2.
ausgeführt, ist jedoch entscheidungserheblich, ob die
Klägerin mit dem Erwerb des Altbaus und den Bauarbeiten daran
aufgrund des zugleich abgeschlossenen
Generalübernehmervertrags insgesamt ein „neues
Gebäude“ angeschafft oder hergestellt hat.
Diese Möglichkeit wird jedenfalls durch
die vorhandenen Feststellungen nahe gelegt, nach denen die
Klägerin das Grundstück mit dem leer stehenden (also noch
nicht zweckbestimmt genutzten) Altbau (1903) für 1,5 Mio. DM
erwarb und sofort mit einem vielfachen Aufwand (über 10 Mio.
DM) „renovierte“ und um insgesamt sechs
Wohnungen erweiterte. Nach der neueren BFH-Rechtsprechung zu
Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern
i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs - HGB -
(grundlegend: Urteil vom 12.9.2001 IX R 39/97, BFHE 198, 74, BStBl
II 2003, 569 = SIS 02 09 29) kann in solchen Fällen sog.
anschaffungsnaher Aufwand zur Anschaffung eines Gebäudes oder
auch Herstellung als neues Gebäude angenommen werden.
Maßgebend ist im Wesentlichen, dass das erworbene (bei
Anschaffung nicht verwendete) Gebäude erst durch Aufwendungen
zur Erweiterung und wesentlichen Verbesserung ein
anschließend für den Erwerber verwendbares Gebäude
wird. Entscheidend ist die Zweckbestimmung durch den Erwerber.
Diese Grundsätze können auch
für die umsatzsteuerrechtliche Abgrenzung der Anschaffung oder
Herstellung eines Wirtschaftsguts von den Erhaltungsmaßnahmen
an dem Wirtschaftsgut herangezogen werden (vgl. Senatsurteil vom
5.6.2003 V R 32/02, BFHE 203, 200, BStBl II 2004, 28 = SIS 03 41 40).
4. Die danach erforderlichen Feststellungen
und deren Gesamtwürdigung kann der Senat nicht vornehmen. Die
Sache ist an das FG zurückzuverweisen, das diese
Würdigung vorzunehmen hat.
a) Bliebe es dann bei dem vom FG (bisher aus
anderen Gründen) gefundenen Ergebnis, so käme
grundsätzlich nur eine Aufteilung aller angefallenen
Vorsteuerbeträge nach den Verwendungsumsätzen der
Klägerin mit dem Gebäude (steuerpflichtige und
steuerfreie Vermietung) in Betracht (zum Aufteilungsmaßstab
s.u. 4. b).
Die vom FA mit seiner Revision angestrebte
Zuordnung und Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach (vorweg)
ausschließlicher Zurechnung von einzelnen Bauleistungen zu
Vermietungsumsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen
(neu geschaffene Wohnungen) und solchen, die ihn nicht
ausschließen, käme grundsätzlich nur in Betracht,
wenn die Bauaufwendungen durch den Generalübernehmer im
Wesentlichen bloße
„Erhaltungsmaßnahmen“ an dem erworbenen
Gebäude oder eigenständige „nachträgliche
Herstellungskosten“ (z.B. ein Anbau) gewesen sein
sollten. Erhaltungsmaßnahmen können den verschiedenen
Nutzungsanteilen am Gegenstand (hier: Gebäude)
verhältnismäßig einfach unmittelbar zugeordnet
werden (wie z.B. Renovierungsmaßnahmen entweder in steuerfrei
vermieteten Räumen oder in steuerpflichtig verwendeten
gewerblichen Räumen). Diese Alternative wird das FG ggf. zu
prüfen haben, falls die im Streitfall nahe liegende
einheitliche Herstellung nicht vorgelegen haben sollte.
b) Bei seiner erneuten Entscheidung wird das
FG insbesondere auch - entgegen seiner im angefochtenen Urteil
vertretenen Ansicht - zu berücksichtigen haben, dass ein
sachgerechter Aufteilungsmaßstab i.S. des § 15 Abs. 4
UStG 1991 für die Vorsteuerbeträge aus dem Erwerb eines
Gegenstands (also für das sog. Abzugsjahr), der einem
bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid für diesen
Besteuerungszeitraum zugrunde liegt, sowohl den Unternehmer als
auch das FA bindet.
aa) Ist die Umsatzsteuerfestsetzung für
das Jahr der Anschaffung oder Herstellung eines gemischt genutzten
Gegenstandes formell bestandskräftig und hat der Unternehmer
oder - bei Fehlen oder Abweichung von der
Umsatzsteuererklärung - das FA ein i.S. des § 15 Abs. 4
UStG 1991 sachgerechtes Aufteilungsverfahren angewandt, ist dieser
Maßstab (auch für die nachfolgenden Kalenderjahre des
Berichtigungszeitraumes) bindend. Zur Vermeidung von Wiederholungen
verweist der Senat auf sein Urteil vom 2.3.2006 V R 49/05 (BFH/NV
2006, 2004 = SIS 06 35 36).
bb) Unerheblich ist insoweit, ob ggf. noch
andere „sachgerechte“ Ermittlungsmethoden in
Betracht kommen, wie z.B. die Aufteilung der Vorsteuerbeträge
nach dem Verhältnis der mit dem Gegenstand ausgeführten
Umsätze (gegenstandsbezogener Umsatzschlüssel).
cc) Die Frage, ob und inwieweit der
Steuerpflichtige, der ein Wahlrecht ausgeübt hat, an die
ausgeübte Wahl gebunden ist, kann - entgegen der Auffassung
der Klägerin - nicht allgemein und für alle in Betracht
kommenden Fälle einheitlich beantwortet werden (BFH-Urteil vom
10.7.1991 X R 79/90, BFHE 165, 75 = SIS 91 20 20). Sofern diese
Frage nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist (wie z.B. in
§ 19 Abs. 2 UStG 1991), kommt es auf die materiell-rechtliche
Eigenart und Wirkungsweise des einzelnen Wahlrechts an. Einer
nachträglichen Änderung des ausgeübten Wahlrechts
stehen die Grundsätze zum Sofortabzug der Vorsteuer bei Bezug
der entsprechenden Leistungen entgegen (ausführlich
Senatsurteil in BFH/NV 2006, 2004 = SIS 06 35 36).
dd) Der festgesetzte (sachgerechte)
Aufteilungsmaßstab ist auch maßgebend für eine
mögliche Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG 1991
(BFH-Urteile in BFH/NV 2006, 2004 = SIS 06 35 36, sowie vom
5.2.1998 V R 101/96, BFHE 185, 524, BStBl II 1998, 492 = SIS 98 15 37; vom 17.8.2001 V R 1/01, BFHE 196, 345, BStBl II 2002, 833 = SIS 01 14 07; BFH-Beschluss vom 16.11.2004 V B 173/03, BFH/NV 2005, 584
= SIS 05 16 21, m.w.N.). Die Bindung an den einmal gewählten -
sachgerechten - Aufteilungsschlüssel wird nicht dadurch in
Frage gestellt, dass der Unternehmer bei der Ermittlung des
Aufteilungspotentials selbst nicht „sachgerecht“
verfahren ist.
c) Bei seiner Entscheidung wird das FG auch zu
berücksichtigen haben, in welchem Umfang die
Vorsteuerbeträge bereits in dem bestandskräftigen
Umsatzsteuerbescheid für 1991 berücksichtigt worden
sind.
5. Eine Vorlage an den EuGH kommt nicht in
Betracht. An der Auslegung des Gemeinschaftsrechts bestehen keine
„vernünftigen Zweifel“. Denn durch
EuGH-Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass Art. 17 der
Richtlinie 77/388/EWG den Zeitpunkt festlegt, in dem das Recht auf
Vorsteuerabzug entsteht, dass maßgeblich insoweit allein der
Zeitpunkt des Leistungsbezuges ist (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom
2.6.2005 Rs. C-378/02, Waterschap Zeeuws Vlaandern, Slg. 2005, 4685
= SIS 05 30 09 RandNr. 37f, m.w.N.), sowie dass nationale
verfahrensrechtliche Änderungsmöglichkeiten (wie §
164 der Abgabenordnung - AO 1977 - ) den entstandenen Anspruch auf
Vorsteuer (abgesehen von Missbrauch oder falscher Erklärung)
nicht mehr berühren können (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom
8.6.2000 Rs. C-396/98, Schloßstraße, Slg. 2000, 4279,
UVR 2000, 308 = SIS 00 09 96 RandNr. 52). Im Übrigen haben die
Mitgliedstaaten hinsichtlich der Aufteilungsmodalitäten die in
Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG bezeichneten
Spielräume.