Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 26.5.2016 11 K
10290/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu
tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine OHG, ist
Organträgerin zweier GmbHs, die im Handel mit Kfz tätig
sind.
|
|
|
2
|
Die O-GmbH führte im Rahmen ihres
Handelsgewerbes auch sog. „Streckengeschäfte“
durch: Sie veräußerte jeweils ein neues Kfz
(Neufahrzeug) und nahm dafür - neben einer Geldleistung (sog.
Baraufgabe) - u.a. ein gebrauchtes Kfz (Altfahrzeug) des
Käufers in Zahlung. Das Altfahrzeug veräußerte sie
später jeweils weiter und nahm dafür z.T. erneut ein
gebrauchtes Kfz in Zahlung (Folgegeschäft).
|
|
|
3
|
Die Klägerin versteuerte diese
Umsätze zunächst vollumfänglich gemäß den
Regelungen der Finanzverwaltung in Abschn. 10.5 Abs. 4 des
Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE).
|
|
|
4
|
Am 30.4.2013 schrieb die O-GmbH allerdings
neun Kunden, die im Juni 2010 Neufahrzeuge erworben hatten, an und
teilte ihnen mit, dass die in Zahlung genommenen Altfahrzeuge bei
der Weiterveräußerung den in der Rechnung über die
Lieferung des Neufahrzeugs ausgewiesenen Preis für die
Inzahlungnahme nicht erreicht hätten. Es habe sich eine
Entgeltminderung mit einem weniger an Umsatzsteuer in näher
bezifferter Höhe ergeben. Sie, die Klägerin, komme damit
ihrer Verpflichtung nach § 14c Abs. 1 Satz 2 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) nach. Auf die Zahlungsvereinbarung habe
der Vorgang keinen Einfluss.
|
|
|
5
|
In ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung
für das Jahr 2013 (Streitjahr) vom 9.10.2014 minderte die
Klägerin - entgegen Abschn. 10.5 Abs. 4 Satz 8 UStAE - die
Bemessungsgrundlage der Lieferungen der Neufahrzeuge auch um alle
Verluste der Folgegeschäfte.
|
|
|
6
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) vertrat dagegen im Umsatzsteuerbescheid für
das Streitjahr vom 29.7.2015 die Auffassung, die
Bemessungsgrundlage der Lieferung des Neufahrzeugs mindere sich nur
um den gemeinen Wert des bei der Lieferung in Zahlung genommenen
Altfahrzeugs. Er könne nicht um den Verlust aus
Gebrauchtwagenverkäufen der Folgegeschäfte gemindert
werden, wie sich aus Abschn. 10.5 Abs. 4 Satz 8 UStAE ergebe. Der
Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom
5.11.2015).
|
|
|
7
|
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Es führte aus, entgegen der Auffassung der Beteiligten sei
nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht auf den
gemeinen Wert des in Zahlung genommenen Gebrauchtfahrzeugs
abzustellen, sondern auf den subjektiven Wert, den die
Klägerin den empfangenen Gegenleistungen (Altfahrzeugen)
beigemessen habe. Dieser sei zu schätzen. Der in Abschn. 10.5
Abs. 4 Sätze 2 und 3 UStAE niedergelegten Auffassung der
Finanzverwaltung folge das FG nicht.
|
|
|
8
|
Mit der Revision rügt die
Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Zwar sei sie mit dem
FA der Auffassung, dass das Entgelt für die Lieferung des
Neufahrzeugs anhand des gemeinen Werts des Altfahrzeugs
zuzüglich der Baraufgabe zu bestimmen sei. Zu Unrecht gehe das
FA allerdings davon aus, dass sich der gemeine Wert des
Altfahrzeugs nur aus dem Verkauf des Altfahrzeugs bestimmen lasse,
nicht hingegen aus nachfolgenden Verkäufen weiterer Fahrzeuge.
Nach § 9 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) sei der Wert
anzusetzen, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der
Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung
zu erzielen wäre. Dabei seien alle Umstände, die den
Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Unter
gewöhnlichem Geschäftsverkehr sei der Handel zu
verstehen, der sich nach den marktwirtschaftlichen Grundsätzen
von Angebot und Nachfrage vollziehe und bei dem jeder
Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern freiwillig in
Wahrung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen zu handeln in
der Lage sei. Der Weiterverkauf des in Zahlung genommenen
Altfahrzeugs und die sich daran anschließende erneute
Inzahlungnahme (Streckengeschäft) könne nicht
unberücksichtigt bleiben. Ein etwaig gewährter
Preisnachlass im Rahmen des Weiterverkaufs des Altfahrzeugs sei zu
berücksichtigen. Erst in dem Zeitpunkt, in dem ein in Zahlung
genommenes Altfahrzeug ausschließlich gegen Geld
veräußert werde, könne dessen gemeiner Wert
hinreichend konkret bestimmt werden.
|
|
|
9
|
Eine Nichtberücksichtigung der
weiteren Inzahlungnahme(n) verstoße außerdem gegen den
Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Dem Fiskus
dürfe in der Gesamtschau aller Umsätze nur derjenige
Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endverbraucher
tatsächlich wirtschaftlich aufgewendet habe.
|
|
|
10
|
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 5.11.2015
aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013 vom
29.7.2015 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer um
2.578,99 EUR herabgesetzt wird.
|
|
|
11
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
12
|
Es verteidigt die angegriffene
Verwaltungsauffassung und trägt vor, die hiervon abweichenden
Ausführungen des FG beinhalteten keine abweichende
Rechtsauffassung.
|
|
|
13
|
II. Die Revision ist unbegründet; sie ist
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
14
|
Das FG hat zutreffend angenommen, dass
entgegen der Auffassung der Beteiligten für die Bestimmung des
Werts des Altfahrzeugs ein subjektiver Wert anzusetzen und die
Verwendung eines fremdüblichen Marktpreises unzulässig
ist. Soweit die Finanzverwaltung in Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE eine
Vereinfachungsregelung vorsieht, kann die Klägerin diese nur
ganz oder gar nicht in Anspruch nehmen.
|
|
|
15
|
1. Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht
kein Streit darüber, dass die Klägerin Organträgerin
der O-GmbH ist und die O-GmbH mit ihren im Streitfall zu
beurteilenden Lieferungen von Neufahrzeugen an ihre Kunden
umsatzsteuerpflichtige Umsätze im Inland ausgeführt
hat.
|
|
|
16
|
a) Da die Gegenleistung jeweils (teilweise) in
einer Lieferung bestand, liegen die Voraussetzungen für einen
Tausch i.S. des § 3 Abs. 12 Satz 1 UStG vor; die Vorschrift
erfasst auch den Fall, dass als Entgelt für eine Leistung eine
Barzahlung mit einer Lieferung verbunden wird (BFH-Urteile vom
21.4.2005 V R 11/03, BFHE 211, 50, BStBl II 2007, 63 = SIS 05 47 50, unter II.2., Rz 30; vom 11.7.2012 XI R 11/11, BFHE 238, 560,
BStBl II 2018, 146 = SIS 12 33 92, Rz 20, m.w.N.; im Falle von
Lieferungen sog. Tausch mit Baraufgabe).
|
|
|
17
|
b) Die Besteuerung von Tauschumsätzen
verstößt auch nicht gegen Unionsrecht; denn bei
Tauschverträgen, bei denen die Gegenleistung per definitionem
in einer Sachleistung besteht, und Umsätzen, bei denen die
Gegenleistung in Geld erbracht wird, handelt es sich unter
wirtschaftlichen und geschäftlichen Gesichtspunkten um zwei
gleichartige Situationen (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union - EuGH - Serebryannay vek vom 26.9.2013
C-283/12, EU:C:2013:599, DStRE 2014, 476 = SIS 13 30 49, Rz 39,
m.w.N.; BFH-Urteil vom 15.4.2010 V R 10/08, BFHE 229, 406, BStBl II
2010, 879 = SIS 10 18 85, Rz 25; a.A. Stadie, UStG, 3. Aufl.,
§ 1 Rz 87 ff.).
|
|
|
18
|
2. Das FG hat weiter zutreffend angenommen,
dass - entgegen der Auffassung der Beteiligten - die
Bemessungsgrundlage dieses Umsatzes nicht anhand objektiver Werte
(gemeiner Wert o.Ä.), sondern anhand subjektiver Werte zu
bestimmen ist.
|
|
|
19
|
a) Der Umsatz wird u.a. bei Lieferungen nach
dem Entgelt bemessen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 UStG). Beim Tausch
(§ 3 Abs. 12 Satz 1 UStG), bei tauschähnlichen
Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) und bei Hingabe an
Zahlungs statt gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für
den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 Satz 2 UStG).
|
|
|
20
|
b) Der BFH hatte diesbezüglich
früher angenommen, es komme nicht darauf an, was die
Vertragsparteien vereinbart hätten oder wovon sie ausgegangen
seien, denn nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 3 Satz 2 UStG 1973
(jetzt: § 10 Abs. 2 Satz 2 UStG) sei der Wert nach objektiven
Maßstäben zu bestimmen (vgl. BFH-Beschluss vom
12.11.1987 V B 52/86, BFHE 151, 474, BStBl II 1988, 156 = SIS 88 04 29, unter II.2., Rz 14; BFH-Urteile vom 24.11.1988 V R 30/83, BFHE
155, 210, BStBl II 1989, 210 = SIS 89 02 34, unter 2.d, Rz 22; vom
7.3.1995 XI R 72/93, BFHE 177, 171, BStBl II 1995, 518 = SIS 95 14 24, unter II.2., Rz 18; vom 28.3.1996 V R 33/95, BFH/NV 1996, 936 =
SIS 96 22 52, unter II.1., Rz 9). Mangels besonderer
Bewertungsvorschriften des UStG wendete der BFH zur Ermittlung des
objektiven Werts die Vorschriften des BewG an (vgl. BFH-Urteil vom
21.5.1992 V R 66/86, BFH/NV 1995, 343 = SIS 92 23 25, unter II.2.,
Rz 25; BFH-Beschluss in BFHE 151, 474, BStBl II 1988, 156 = SIS 88 04 29, unter II.2., Rz 15).
|
|
|
21
|
c) Allerdings muss nach der Rechtsprechung des
EuGH die Gegenleistung in Geld ausgedrückt werden können
und einen subjektiven Wert darstellen, da die Besteuerungsgrundlage
die tatsächlich erhaltene Gegenleistung ist und nicht ein nach
objektiven Maßstäben geschätzter Wert (vgl.
EuGH-Urteile Genossenschaft Coöperatieve
Aardappelenbewaarplaats vom 5.2.1981 C-154/80, EU:C:1981:38, UR
1981, 100, Rz 13; Naturally Yours Cosmetics vom 23.11.1988
C-230/87, EU:C:1988:508, HFR 1990, 276, Rz 16; Orfey Balgaria vom
19.12.2012 C-549/11, EU:C:2012:832, UR 2013, 215 = SIS 13 07 76, Rz
44 und 47). Als subjektiver Wert ist derjenige Wert festzustellen,
den der Empfänger der Leistung beimisst, die er sich
verschaffen will und deren Wert dem Betrag entspricht, den er zu
diesem Zweck aufzuwenden bereit ist (EuGH-Urteile Empire Stores vom
2.6.1994 C-33/93, EU:C:1994:225, BB 1994, 1621 = SIS 94 15 63, Rz
19; Argos Distributors vom 24.10.1996 C-288/94, EU:C:1996:398, HFR
1997, 113 = SIS 97 02 21, Rz 16; Astra Zeneca UK vom 29.7.2010
C-40/09, EU:C:2010:450, DStR 2010, 1623 = SIS 10 26 22, Rz 28;
Orfey Balgaria, EU:C:2012:832, UR 2013, 215 = SIS 13 07 76, Rz 45;
BFH-Urteil vom 1.8.2002 V R 21/01, BFHE 200, 101, BStBl II 2003,
438 = SIS 03 05 86, m.w.N.). Er umfasst alle Ausgaben
einschließlich der Nebenleistungen, die der Empfänger
der jeweiligen Leistung aufwendet, um die fragliche Leistung zu
erhalten (vgl. z.B. zu Versandkosten EuGH-Urteil Bertelsmann vom
3.7.2001 C-380/99, EU:C:2001:372, UR 2001, 346 = SIS 01 09 78).
|
|
|
22
|
d) Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH
angeschlossen (Urteile vom 16.4.2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475,
BStBl II 2008, 909 = SIS 08 25 75; in BFHE 238, 560, BStBl II 2018,
146 = SIS 12 33 92; s.a. BFH-Urteile in BFHE 200, 101, BStBl II
2003, 438 = SIS 03 05 86, unter II.3.a, Rz 24; in BFHE 229, 406,
BStBl II 2010, 879 = SIS 10 18 85, Rz 34; ebenso z.B. Bunjes/Korn,
UStG, 16. Aufl., § 10 Rz 49 f.; Wagner in Sölch/Ringleb,
Umsatzsteuer, § 10 Rz 265 f., 285 ff., 291 ff.; Tehler in
Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 10 Rz 204 f., 216 ff.; a.A.
für Lieferungen mit Marktwert Lippross, UR 2017, 821, 824 f.)
und zur Begründung ausgeführt, dass die unter II.2.b
zitierte ältere Rechtsprechung des BFH durch die
Rechtsprechung des EuGH überholt ist. Der Wert des anderen
Umsatzes wird in richtlinienkonformer Auslegung des § 10 Abs.
2 Satz 2 UStG durch den subjektiven Wert für die
tatsächlich erhaltene und in Geld ausdrückbare
Gegenleistung bestimmt; soweit dieser nicht ermittelt werden kann,
ist er nach § 162 der Abgabenordnung zu schätzen
(BFH-Urteile in BFHE 200, 101, BStBl II 2003, 438 = SIS 03 05 86;
in BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909 = SIS 08 25 75). Dies gilt aus
den unter II.1.a genannten Gründen auch für den Tausch
mit Baraufgabe, auf den § 3 Abs. 12 UStG auch anwendbar
ist.
|
|
|
23
|
Aus Rz 28 des BFH-Beschlusses vom 30.9.2008 XI
B 74/08 (BFH/NV 2008, 2066 = SIS 08 41 69) ergibt sich - entgegen
der Auffassung von Lippross (Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 882;
derselbe, UR 2017, 821, 824 und Fn. 21) - insoweit nichts anderes;
denn dort wurde vom FG auf die tatsächlich erhaltenen
(„vereinnahmten“) Geldbeträge
abgestellt.
|
|
|
24
|
e) Auch die Finanzverwaltung wendet diese
Rechtsprechung grundsätzlich an (s. Abschn. 10.5 Abs. 1
Sätze 2 ff. UStAE).
|
|
|
25
|
f) Nach diesen Grundsätzen hat das FG das
Entgelt zutreffend anhand von subjektiven Werten ermittelt. Der
Einwand der Klägerin, die Bewertung sei jedenfalls bei der
Lieferung von Gegenständen anhand von objektiven Werten
vorzunehmen, greift nicht durch. Unionsrechtlich ist auch bei der
Lieferung von Gegenständen im Grundsatz ein subjektiver Wert
anzusetzen, wie sich aus Art. 80 der Richtlinie 2006/112/EG des
Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) ergibt. Der Ansatz des Normalwerts als objektiver Wert
darf unionsrechtlich nur in den dort genannten Fällen
erfolgen. Die in Art. 80 Abs. 1 MwStSystRL aufgestellten
Tatbestandsmerkmale sind erschöpfend, so dass nationale
Rechtsvorschriften nicht auf der Grundlage dieser Bestimmung
vorsehen können, dass die Steuerbemessungsgrundlage in anderen
als den in ihr aufgezählten Fällen der Normalwert des
Umsatzes (als objektiver Wert) ist (EuGH-Urteile Balkan and Sea
Properties und Provadinvest vom 26.4.2012 C-621/10 und C-129/11,
EU:C:2012:248, UR 2012, 435 = SIS 12 19 37, Rz 51; Orfey Balgaria,
EU:C:2012:832, UR 2013, 215 = SIS 13 07 76, Rz 47).
|
|
|
26
|
3. Die Klägerin kann auch aus Abschn.
10.5 Abs. 4 UStAE keine für sie günstigeren Rechtsfolgen
ableiten; denn der Senat ist nicht befugt, diese
Verwaltungsanweisung selbst auszulegen.
|
|
|
27
|
a) Aus Vereinfachungsgründen kann zwar
die anzusetzende Bemessungsgrundlage - nach Wahl des Unternehmers -
aufgrund entsprechender Verwaltungsvorschriften u.a. bei
Umsätzen i.S. des § 3 Abs. 12 UStG geschätzt werden
(vgl. BFH-Urteile vom 5.6.2014 XI R 2/12, BFHE 246, 244, BStBl II
2015, 785 = SIS 14 25 65, Rz 30; vom 5.6.2014 XI R 3/12, BFH/NV
2015, 64 = SIS 14 32 83, Rz 29, zur Schätzung nach
lohnsteuerrechtlichen bzw. nach ertragsteuerrechtlichen Werten).
Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE ist zwar an sich ungeeignet für die
Ermittlung der umsatzsteuerrechtlich anzusetzenden
Bemessungsgrundlage, weil er den unter II.2. genannten
Grundsätzen nicht entspricht; gleichwohl wird es vom BFH im
Interesse einer erleichterten Ermittlung der Bemessungsgrundlage
nicht beanstandet, wenn ein Unternehmer nach seiner Wahl von einer
Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung Gebrauch macht
(BFH-Urteile vom 19.5.2010 XI R 32/08, BFHE 230, 272, BStBl II
2010, 1079 = SIS 10 27 01, Rz 28; in BFHE 246, 244, BStBl II 2015,
785 = SIS 14 25 65, Rz 32).
|
|
|
28
|
b) Allerdings ist in solchen Fällen die
Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung eine einheitliche
Schätzung, die von einem Unternehmer nur insgesamt oder gar
nicht in Anspruch genommen werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE
230, 272, BStBl II 2010, 1079 = SIS 10 27 01, Rz 31). Für die
Auslegung einer solchen Verwaltungsvorschrift ist nicht
maßgeblich, wie das Gericht eine solche Verwaltungsanweisung
versteht, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und
verstanden wissen wollte; das Gericht darf daher solche
Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur darauf
überprüfen, ob die Auslegung durch die Behörde
möglich ist (vgl. BFH-Urteile vom 1.7.2003 VIII R 80/00,
BFH/NV 2004, 23 = SIS 03 52 46, unter II.4.b, Rz 22; vom 13.1.2011
V R 43/09, BFHE 233, 58, BStBl II 2011, 610 = SIS 11 13 62, Rz 16).
Die Gerichte können die Finanzbehörden nicht zwingen,
Vereinfachungsregelungen, die durch allgemeine
Verwaltungsanweisungen angeordnet werden, auf einen Fall
anzuwenden, der nach deren Auffassung nicht von der
Verwaltungsanweisung gedeckt ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.9.2011 III
R 82/08, BFHE 235, 336, BStBl II 2012, 734 = SIS 12 03 22, Rz 21,
m.w.N.).
|
|
|
29
|
c) Ausgehend davon kann die Klägerin aus
Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE nicht ableiten, dass Folgeverkäufe
bei der Ermittlung des gemeinen Werts einzubeziehen sind.
|
|
|
30
|
aa) Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE ist, wie Abschn.
10.5 Abs. 1 Sätze 2 ff. UStAE zeigen, kein
„Nichtanwendungserlass“ der Finanzverwaltung,
sondern eine (zulässige, vgl. BFH-Urteil in BFHE 246, 244,
BStBl II 2015, 785 = SIS 14 25 65, Rz 30) auf die Kfz-Branche
bezogene Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung für die
im Rahmen des § 3 Abs. 12 UStG erforderliche Schätzung
(vgl. dazu im Einzelnen Wagner, UVR 2011, 379, 382 ff., sowie in
Sölch/Ringleb, a.a.O., § 10 Rz 318), mit der im Ergebnis
u.a. verhindert wird, dass der Neuwagenverkäufer (hier: die
Klägerin) den von ihm für den Neuwagen aufgewendeten
Betrag (und damit die Gewinnspanne) dem Käufer offenlegen muss
(zur Zulässigkeit einer Pflicht zur Offenlegung s. EuGH-Urteil
Kommission/Deutschland vom 8.2.2018 C-380/16 = SIS 18 00 70,
EU:C:2018:76, Mehrwertsteuerrecht 2018, 312, Rz 62 ff.).
|
|
|
31
|
Der Senat darf Abschn. 10.5 Abs. 4 UStAE daher
aus den unter II.3.b genannten Gründen nicht selbst
auslegen.
|
|
|
32
|
bb) Die vom FA vertretene Auslegung der
Verwaltungsanweisung ist angesichts des Abschn. 10.5 Abs. 4 Satz 8
UStAE möglich. Die Nichtanwendung auf die Klägerin ist
frei von Willkür.
|
|
|
33
|
cc) Soweit die Klägerin mit den
objektiven Werten der Finanzverwaltung nicht einverstanden sein
sollte, steht es ihr frei, die Vereinfachungsregelung nicht in
Anspruch zu nehmen und die Bewertung anhand subjektiver Werte
vorzunehmen (und dabei im Ergebnis den von ihr für den
jeweiligen Neuwagen aufgewendeten Betrag dem Käufer in der
Rechnung zu offenbaren).
|
|
|
34
|
4. a) Der Ansicht der Klägerin, dem
Fiskus dürfe in der Gesamtschau aller Umsätze nur
derjenige Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der
Endverbraucher tatsächlich wirtschaftlich aufwende, kann im
vorliegenden Fall nicht gefolgt werden.
|
|
|
35
|
aa) Der Endverbraucher, d.h. der Käufer
des Neufahrzeugs, hat für den Erwerb des Neufahrzeugs sowohl
die Baraufgabe als auch das Altfahrzeug aufgewendet.
|
|
|
36
|
bb) Außerdem ist bei der
Umsatzbesteuerung jeder Umsatz für sich zu betrachten und
ändern vorausgehende oder nachfolgende Ereignisse nichts am
Charakter eines bestimmten Umsatzes in einer Lieferkette (vgl.
EuGH-Urteile Optigen u.a. vom 12.1.2006 C-354/03, C-355/03 und
C-484/03, EU:C:2006:16, UR 2006, 157 = SIS 06 07 07, Rz 47; X BV
vom 30.5.2013 C-651/11, EU:C:2013:346, UR 2013, 582 = SIS 13 17 64,
Rz 45 und 47).
|
|
|
37
|
cc) Aus der Rechtsprechung zu
Preisnachlässen in der Umsatzkette (vgl. z.B. EuGH-Urteile
Elida Gibbs vom 24.10.1996 C-317/94, EU:C:1996:400, BStBl II 2004,
324 = SIS 97 04 27; Ibero Tours vom 16.1.2014 C-300/12,
EU:C:2014:8, BStBl II 2015, 317 = SIS 14 00 62) folgt ebenfalls
nichts anderes. Die Klägerin ist nicht das erste Glied in der
Kette der Lieferungen des Altfahrzeugs, da sie das Altfahrzeug
erwirbt; vielmehr erbringt sie mehrere Lieferungen unmittelbar an
die Endverbraucher. Außerdem gewährt die Klägerin
dem Käufer des Neufahrzeugs keinen Rabatt, da der Käufer
des Neufahrzeugs in jedem Fall verpflichtet bleibt, ihr
unabhängig von etwaigen Preisabschlägen, die die
Klägerin bei Folgeverkäufen des Altfahrzeugs vornimmt,
den vereinbarten Preis zu zahlen (vgl. EuGH-Urteil Ibero Tours,
EU:C:2014:8, BStBl II 2015, 317 = SIS 14 00 62, Rz 30 und 31). Auf
die Zahlungsvereinbarung mit dem Käufer des Neufahrzeugs hatte
eine etwaige Weiterveräußerung unter Einstandspreis nach
den tatsächlichen Feststellungen des FG keinen Einfluss.
|
|
|
38
|
b) Der von der Klägerin gesehene
Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität ist
letztlich Folge des Umstands, dass im Rahmen der
Differenzbesteuerung von Folgeverkäufen nach § 25a Abs. 3
UStG eine negative Marge nicht berücksichtigt wird (vgl.
BTDrucks 11/5977, S. 3 und 4: „positiver
Unterschied“; ebenso Abschn. 25a.1 Abs. 11 Satz 3 UStAE;
Oelmaier in Sölch/ Ringleb, a.a.O., § 25a Rz 50; Stadie
in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 25a Rz
121; Langer in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 25a Rz 130;
Lippross, a.a.O., S. 1256 f.; Grebe/Raudszus, Der
Umsatz-Steuer-Berater 2015, 159, 164; zweifelnd Wäger in
Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 236 Rz 80).
Auch ein Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen (s. § 25a Abs. 5
Satz 3 UStG, Art. 322 f. MwStSystRL).
|
|
|
39
|
Außerdem ist die Klägerin in diesem
Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es dem Unternehmer freisteht,
ob sich die Gegenleistung bei einem Tauschvorgang auf den Austausch
von Lieferungen oder sonstigen Leistungen beschränkt oder ob
er die Erbringung seiner Leistung von einer (ggf.
zusätzlichen) Zahlung eines Geldbetrages abhängig macht
(vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 406, BStBl II 2010, 879 = SIS 10 18 85, Rz 25).
|
|
|
40
|
5. Einwendungen gegen die Ermittlung des
subjektiven Werts der Altfahrzeuge durch das FG hat die
Klägerin nicht erhoben.
|
|
|
41
|
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|