1
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine Personengesellschaft,
handelte mit PKW und lieferte diese in den Streitjahren 2000 bis
2003 insbesondere nach Italien. Gesellschafter und
Geschäftsführer der Klägerin waren S.R. und
P.R.
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2
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Als „Käufer“ der Fahrzeuge
traten mehrere in Italien ansässige
„Gebietsimporteure“ auf, die die PKW an
unterschiedliche gleichfalls in Italien ansässige
„Autohäuser“ verkauften.
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Die Klägerin ging davon aus, dass ihre
Lieferungen als innergemeinschaftliche Lieferungen an die
Gebietsimporteure steuerfrei seien. Im Hinblick auf diese
Lieferungen wurden die beiden Geschäftsführer der
Klägerin vom zuständigen Landgericht (LG) wegen
Umsatzsteuerhinterziehung im Inland zu jeweils zwei Jahren
Gefängnis auf Bewährung verurteilt, da Abnehmer der
Lieferungen nicht die Gebietsimporteure, sondern die
Autohäuser gewesen seien. Das LG begründete sein Urteil
insbesondere mit einem von den beiden Geschäftsführern
abgelegten Geständnis: „Die beiden Angeklagten haben in
der Hauptverhandlung ein umfassendes und glaubhaftes
Geständnis abgelegt. Sie haben anhand von zahlreichen ihnen
aus den Ermittlungsakten vorgehaltenen Urkunden und
Schriftstücken ausführlich, detailliert und glaubhaft
dargelegt, wie sie gegen Ende des Jahres 1999 in Kontakt zum
Inhaber des italienischen Autohauses ‘R...’ kamen, wie
dieser sie in die in Italien offensichtlich weitverbreiteten
illegalen Geschäftspraktiken einführte, ihnen W.E. als
Scheinabnehmer vorstellte und wie sie im weiteren Verlauf - vor
allem mit W.E. als Kontaktmann und Scheinabnehmer - zu weiteren
Autohäusern in Kontakt kamen und auch bei Verkäufen an
diese jeweils W.E. bzw. andere ihnen von ihren
Geschäftspartnern vorgegebene Personen oder Firmen als
Scheinabnehmer in ihre Ausgangsrechnungen aufnahmen. Ihnen sei
immer klar gewesen, so die Angeklagten weiter, dass es vor allem um
eine Steuerhinterziehung in Italien ging und dass die
Autohäuser auf einem den Angeklagten nicht im Einzelnen
bekannten Wege fingierte inneritalienische Rechnungen erhielten.
Tatsächlich wurden einzelne solcher fingierter Rechnungen
[...] bei der Durchsuchung der Geschäftsräume der
Angeklagten auch aufgefunden.“
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Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte
diese Verurteilung mit Urteil vom 12.5.2005 5 StR 36/05 (UR 2005,
546), da mit einer inhaltlich falschen Angabe eines Abnehmers der
Nachweis für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht
geführt werde und daher die Voraussetzungen für eine
steuerfreie Lieferung im vorliegenden Fall nicht vorlägen.
Weiter stützte der BGH sein Urteil darauf, dass angesichts der
in der Hauptverhandlung abgelegten umfassenden Geständnisse
der Angeklagten, die sie anhand von Urkunden und
Schriftstücken erläutert hätten, es keiner weiteren
tatsächlichen Feststellung in den Urteilsgründen
bedürfe. Insbesondere habe das LG ausdrücklich
festgestellt, dass die Angeklagten eingeräumt hätten,
ihnen sei auch klar gewesen, dass die Voraussetzungen für eine
Steuerbefreiung der Lieferungen nach Italien nicht vorgelegen
hätten und ihre diese Umsätze betreffenden
Steuererklärungen und Voranmeldungen insoweit falsch gewesen
seien.
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Mit den Umsatzsteuerbescheiden 2000 bis
2002 vom 22.3.2004 und den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden
Januar bis Juli 2003 vom 31.3.2004 versagte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Steuerbefreiung
für innergemeinschaftliche Lieferungen und setzte die
Umsatzsteuer für die Streitjahre 2000 bis 2003 entsprechend
höher fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Zwar seien die Fahrzeuge tatsächlich nach Italien verbracht
worden. Die Lieferungen seien jedoch steuerpflichtig, da sich die
Klägerin mit ihren Lieferungen an Warenumsätzen ihrer
Abnehmer beteiligt habe, die auf Steuerhinterziehung angelegt
gewesen seien. Die Klägerin habe mit ihren italienischen
Abnehmern kollusiv zusammengewirkt, um Lieferungen an
Zwischenhändler vorzutäuschen und dadurch die
tatsächlichen Abnehmer zu verdecken. Sie habe einen
Zwischenerwerb der Gebietsimporteure fingiert und durch
entsprechende Rechnungsstellung vorgetäuscht, die PKW an diese
zu liefern. Dabei stützte sich das FG auf die Feststellungen
des LG im Strafverfahren. Danach sei den Geschäftsführern
der Klägerin bewusst gewesen, dass die Autohäuser als
wirkliche Abnehmer der Klägerin die Erwerbsumsatzsteuer
dadurch umgingen, dass sie sich von den Gebietsimporteuren
Rechnungen über Inlandslieferungen in Italien mit Ausweis
italienischer Umsatzsteuer ausstellen ließen. Die Beteiligung
der Klägerin an einer Mehrwertsteuerhinterziehung in Italien
ergebe sich aus einer Zusammenschau der von der Klägerin
vorgelegten, zweifelsfrei falschen Übernahme- und
Beförderungserklärungen der angeblichen Abholer, den von
der Klägerin gelöschten, aber wieder lesbar gemachten
Daten, (Kauf-)Angeboten der Klägerin sowie den
Annahmeerklärungen der objektiv wahren Abnehmer, der Tatsache,
dass weitaus die überwiegende Zahl der Fälle
Bargeldgeschäfte seien, bestätigt durch die Akquisition
von Kunden auf der zweiten Händlerstufe, um dann angeblich
Verträge mit Kunden auf der ersten Händlerstufe
abzuschließen, sowie den bei den Durchsuchungen vorgefundenen
weiteren Unterlagen, einschließlich der von der
Gesellschafterin geführten Schwarzgeldliste. Die Einlassung
der Klägerin, dass es sich bei den Angeboten an die
„Kunden ihrer Gebietsimporteure“ und deren
Annahmeerklärungen lediglich um Werbeaktionen oder
Akquisitionsmaßnahmen der Klägerin, um die
„Übermittlung von Daten“ an die Kunden der
„Gebietsimporteure“ oder um „Hinweis(e) auf eine
Erwerbsmöglichkeit über den italienischen
Gebietsimporteur“ gehandelt habe, sei durch den objektiven
Erklärungsinhalt der fraglichen Schriftstücke widerlegt
worden. Es sei völlig unglaubwürdig, dass die
Klägerin die Fahrzeuge an ihre angeblichen Kunden, die
Gebietsimporteure, verkauft haben wolle, hierüber aber
keinerlei Geschäftspapiere vorlegen könne, da diese
Verkäufe ausschließlich mündlich oder telefonisch
erfolgt seien. Weiter sei unerfindlich, wie diese Verkäufe
angesichts der umfangreichen Beschreibungen der gehandelten PKW
nach Motorisierung, Farben und Ausstattungen sowie 17-stelligen
Fahrgestellnummern ohne jegliche Dokumentation praktikabel
gehandhabt worden sein sollten.
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Während des finanzgerichtlichen
Verfahrens erging am 24.7.2008 der Umsatzsteuerjahresbescheid 2003,
der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
Gegenstand des Verfahrens wurde. Einen Protokollberichtigungsantrag
lehnte das FG ab.
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Das Urteil des FG ist in EFG 2010, 673 =
SIS 10 07 29 veröffentlicht.
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Die Klägerin stützt ihre Revision
auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Der
unmittelbare Kontakt zum jeweiligen Autohaus sei dadurch zustande
gekommen, dass entweder der Gebietsimporteur die Klägerin
aufgefordert habe, ein Verkaufsangebot für einen bestimmten
Fahrzeugtyp für ein Autohaus abzugeben, wobei die
Klägerin dann unmittelbar in Verbindung zum Autohaus getreten
sei, oder dass Autohäuser die Klägerin unmittelbar
angesprochen hätten, oder dass die Klägerin selbst, aber
mit Wissen und Billigung der Gebietsimporteure, Autohäuser auf
die Liefermöglichkeit „marktlich stark
nachgefragter“ Fahrzeuge hingewiesen habe. Sie habe es dabei
übernommen, den „Abgabepreis“ des
Gebietsimporteurs für den „Verkauf“ an das
Autohaus „vorzuverhandeln“. Dieser Preis habe für
den Gebietsimporteur einen Aufschlag enthalten, der sich prozentual
nach dem Verkaufspreis der Klägerin gerichtet habe. Sie, die
Klägerin, habe den Gebietsimporteuren somit
„Akquisitionstätigkeit“ und
„Kalkulationsarbeit“ abgenommen. P.R. habe die
Fahrzeuge nach Italien verbracht, sie dort dem Gebietsimporteur
übergeben und den Kaufpreis bar vereinnahmt.
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Die mit den Autohäusern geführten
Preisverhandlungen hätten nicht zum Abschluss von
Kaufverträgen zwischen ihr, der Klägerin, und den
Autohäusern geführt. Die Autohäuser hätten auf
einer „Geschäftsabwicklung“ über die
Gebietsimporteure bestanden und vertragliche Beziehungen nur zu den
Gebietsimporteuren unterhalten wollen; die Gebietsimporteure
hätten Wert auf ihren „Gebietsschutz“ gelegt. Es
hätten keine rechtsgeschäftlichen Scheinbeziehungen
vorgelegen. Die Beteiligten hätten mit Rechtsbindungswillen
Lieferbeziehungen auf zwei Handelsstufen gewollt. Die
Gebietsimporteure seien zur Zahlung der Kaufpreise verpflichtet
gewesen. Ihre Geschäftsführer hätten im
Strafverfahren nie eingeräumt, Scheingeschäfte mit den
Gebietsimporteuren abgeschlossen zu haben, die unmittelbare
Lieferungen an die Autohäuser verdecken sollten. Bei den
Preisen, die sie den Autohäusern angeboten habe, habe es sich
nur um allgemeine, unverbindliche Preisempfehlungen der Hersteller
gehandelt. Auch Barzahlungsgeschäfte erfolgten mit
gesetzlichen Zahlungsmitteln und seien nicht anrüchig. Die
beiderseitigen Leistungen hätten Zug um Zug erfolgen sollen.
Sie habe sich über die Identität ihrer
Geschäftspartner, der Gebietsimporteure, Gewissheit verschafft
und sich deren Umsatzsteuer-Identifikationsnummern bestätigen
lassen. Diese hätten weiter versichert, ihren
umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Die
Gebietsimporteure seien an den einzelnen Ausstattungsmerkmalen der
Fahrzeuge nicht interessiert gewesen.
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Das FG habe nicht dargelegt, in welcher
Weise der Steuerbetrug in Italien, an dem sie beteiligt gewesen
sein soll, erfolgt sei. Im Übrigen lägen auch die
objektiven Voraussetzungen der Steuerfreiheit vor. Die PKW seien
den Gebietsimporteuren übergeben worden.
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Das FG habe weiter gegen den Grundsatz der
Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen und damit §
81 FGO verletzt. Der in Italien ansässige G, den die
Klägerin als Zeugen benannt habe, hätte nach § 363
Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) konsularisch vernommen werden
müssen. Weiter habe das FG auch § 96 Abs. 1 Satz 3 FGO
verletzt. Das FG habe sich keine eigene Überzeugung gebildet,
sondern das Urteil des LG wie eine präjudizielle Entscheidung
behandelt. Die Verwertung eines Strafurteils im Urkundenbeweis sei
nicht zulässig, da sie gegen dessen Feststellungen
substantiierte Einwendungen mit Beweisanträgen erhoben habe.
Ihr seien die Ausgangsrechnungen der Gebietsimporteure und die dort
ausgewiesenen Bruttopreise nicht bekannt gewesen. Die italienische
Strafverfolgungsbehörde habe die Anklage wegen Steuerbetrugs
gegen die Geschäftsführer der Klägerin und die
italienischen Beteiligten eingestellt, wie sich aus erst jetzt
vorliegenden Unterlagen ergebe.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 2000 bis 2002 vom
22.3.2004 sowie den Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 24.7.2008 unter
Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2.4.2004 dahingehend zu
ändern, dass die Umsatzsteuer 2000 auf ./. 373.102,02 EUR, die
Umsatzsteuer 2001 auf ./. 654.157,32 EUR, die Umsatzsteuer 2002 auf
./. 618.896,23 EUR und die Umsatzsteuer 2003 auf ./. 254.957,77 EUR
festgesetzt wird, hilfsweise, den Rechtsstreit zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG Baden-Württemberg
zurückzuverweisen und die Zuziehung des Bevollmächtigten
für das außergerichtliche Vorverfahren für
notwendig zu erklären, hilfsweise ein
Vorabentscheidungsersuchen zu folgender Frage an den Gerichtshof
der Europäischen Union (EuGH) zu richten: Ist ein
Mitgliedstaat befugt, dem in seinem Hoheitsgebiet
umsatzsteuerpflichtigen ansässigen Lieferanten die
Umsatzsteuer-Befreiung für solche innergemeinschaftliche
Lieferungen auch dann zu versagen, die tatsächlich an
umsatzsteuerpflichtige Unternehmen eines anderen Mitgliedstaates
durchgeführt, indes wiederum an andere Unternehmen desselben
in Rechnung gestellt wurden, wodurch die tatsächliche
Lieferbeziehung zwischen Lieferant und Abnehmer verschleiert und
die Erwerbsumsatzsteuer im anderen Mitgliedstaat umgangen werden
konnte, jedoch die Strafverfolgungsbehörden des anderen
Mitgliedstaates in Kenntnis dieses Sachverhalts ihrer Beurteilung
zufolge mangels strafrechtlicher Relevanz desselben die
aufgenommenen Ermittlungen gegen sämtliche Beteiligten wieder
eingestellt haben.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Es liege weder ein Verfahrensfehler noch
ein Verstoß gegen materielles Recht vor. Im Hinblick auf die
Geständnisse komme es auf die Gründe, aus denen die
Strafverfahren in Italien eingestellt worden seien, nicht
an.
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II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.
2 FGO). Die Lieferungen der Klägerin sind nicht als
innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei.
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1. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind
unter den Voraussetzungen von § 6a des Umsatzsteuergesetzes
1999 (UStG) steuerfrei.
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a) Die Steuerfreiheit für die
innergemeinschaftliche Lieferung setzt gemäß § 6a
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer oder der
Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige
Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Darüber
hinaus bestehen bei Lieferungen an Unternehmer oder juristische
Personen weitere, in der Person des Erwerbers zu erfüllende
Voraussetzungen. Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a und
b, Nr. 3 UStG muss es sich beim Abnehmer der Lieferung entweder um
einen Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein
Unternehmen erworben hat, oder um eine juristische Person handeln,
die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung
nicht für ihr Unternehmen erworben hat; der Erwerb des
Gegenstands der Lieferung muss in allen Fällen beim Abnehmer
in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der
Umsatzbesteuerung unterliegen.
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Die Steuerfreiheit beruht auf Art. 28c Teil A
Buchst. a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom
17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie
77/388/EWG). Danach sind steuerfrei „a) die Lieferungen
von Gegenständen im Sinne des Artikels 5, die durch den
Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung
nach Orten außerhalb des in Artikel 3 bezeichneten Gebietes,
aber innerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert
werden, wenn diese Lieferungen an einen anderen Steuerpflichtigen
oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt
werden, der/die als solcher/solche in einem anderen Mitgliedstaat
als dem des Beginns des Versands oder der Beförderung der
Gegenstände handelt“.
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b) Der Unternehmer hat die Voraussetzungen der
Steuerfreiheit nach § 6a Abs. 1 UStG gemäß §
6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1999 durch Belege und
buchmäßige Aufzeichnungen nachzuweisen. Dieser Beleg-
und Buchnachweis beruht auf dem ersten Satzteil des Art. 28c Teil A
der Richtlinie 77/388/EWG (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
12.5.2009 V R 65/06, BFHE 225, 264, BStBl II 2010, 511 = SIS 09 25 68, unter II.B.1.b). Danach legen die Mitgliedstaaten Bedingungen
„zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen
Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung
von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und
Mißbrauch“ fest, wobei sie die Grundsätze der
Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit und des
Vertrauensschutzes zu beachten haben (EuGH-Urteil vom 7.12.2010
C-285/09, R, UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnr. 45). Der Unternehmer
hat den Beweis für die Steuerfreiheit einschließlich der
von den Mitgliedstaaten aufgestellten Bedingungen zu erbringen
(EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnr. 46).
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21
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c) Erbringt der Unternehmer den Beleg- und
Buchnachweis nicht vollständig, erweisen sich Nachweisangaben
als unzutreffend oder bestehen berechtigte und nicht durch den
Unternehmer ausgeräumte Zweifel an der inhaltlichen
Richtigkeit der Angaben (vgl. BFH-Urteile in BFHE 225, 264, BStBl
II 2010, 511 = SIS 09 25 68, unter II.B.2.b; vom 17.2.2011 V R
28/10, BFH/NV 2011, 1448 = SIS 11 22 57, unter II.2.c), ist die
Lieferung steuerpflichtig, wenn diese Mängel den
„sicheren Nachweis“ der materiellen
Anforderungen verhindern (EuGH-Urteil vom 27.9.2009 C-146/05,
Collée, Slg. 2007, I-7861 Rdnr. 31 = SIS 08 00 30).
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22
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Darüber hinaus ist die Lieferung auch
steuerpflichtig, wenn - obwohl die Voraussetzungen für die
Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung objektiv
vorliegen - der Steuerpflichtige unter Verstoß gegen die auf
dem ersten Satzteil des Art. 28c Teil A der Richtlinie 77/388/EWG
beruhenden Pflichten zum Beleg- und Buchnachweis die Identität
des Erwerbers verschleiert, um diesem im Bestimmungsmitgliedstaat
eine Mehrwertsteuerhinterziehung zu ermöglichen (EuGH-Urteil R
in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnr. 51 und Leitsatz. BFH-Urteile in
BFH/NV 2011, 1448 = SIS 11 22 57 und vom 17.2.2011 V R 30/10,
BFH/NV 2011, 1451 = SIS 11 22 58, jeweils unter II.2.c).
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2. Die Klägerin ist nach diesen
Grundsätzen nicht berechtigt, die Steuerfreiheit ihrer
Lieferungen objektiv nachzuweisen, wie das FG zutreffend
entschieden hat. Ihre Lieferungen sind aufgrund ihrer Beteiligung
an einer Umsatzsteuerhinterziehung steuerpflichtig.
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a) Der EuGH begründet in seinem Urteil R
in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 die Steuerpflicht trotz Vorliegens
der objektiven Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der
innergemeinschaftlichen Lieferung damit, dass die Vorlage von
Scheinrechnungen oder die Übermittlung unrichtiger Angaben
sowie sonstige Manipulationen die genaue Erhebung der Steuer
verhindern und das ordnungsgemäße Funktionieren des
Mehrwertsteuersystems in Frage stellen. Das Ausstellen unrichtiger
Rechnungen berechtigt dabei die Mitgliedstaaten aufgrund der ihnen
nach dem ersten Satzteil des Art. 28c Teil A der Richtlinie
77/388/EWG eingeräumten Befugnisse, die Steuerfreiheit zu
versagen, wobei die Grundsätze der
Verhältnismäßigkeit, der Neutralität, der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes der Steuerpflicht nicht
entgegenstehen, wenn sich der Lieferer dadurch vorsätzlich an
einer Steuerhinterziehung beteiligt, dass er die Identität des
wahren Erwerbers verschleiert, um diesem zu ermöglichen,
Mehrwertsteuer zu hinterziehen (EuGH-Urteil R in UR 2011, 15 = SIS 11 00 36 Rdnrn. 48 bis 55). Dementsprechend geht auch das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) davon aus, dass „die
Steuerfreiheit jedenfalls nicht eingreift, wenn die
Erwerbsbesteuerung in einem anderen Mitgliedstaat unterlaufen
wird“ (BVerfG-Beschluss vom 16.6.2011 2 BvR 542/09,
juris, unter C.I.1.b bb). Maßgeblich ist insoweit der
zwischen innergemeinschaftlicher Lieferung und
innergemeinschaftlichem Erwerb bestehende Besteuerungszusammenhang
und die damit bezweckte Verlagerung des Steueraufkommens auf den
Bestimmungsmitgliedstaat durch die dort beim Abnehmer als
Steuerschuldner vorzunehmende Besteuerung, die es nicht
zulässt, die Steuerfreiheit nach § 6a UStG trotz
absichtlicher Täuschung über die Person des Abnehmers
(Erwerbers) in Anspruch zu nehmen (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 1448
= SIS 11 22 57, und in BFH/NV 2011, 1451 = SIS 11 22 58, jeweils
unter II.2.).
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b) Im Streitfall hat das FG die Steuerfreiheit
der von der Klägerin ausgeführten Lieferungen zu Recht
verneint.
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aa) Das FG stützt die Steuerpflicht der
innergemeinschaftlichen Lieferungen darauf, dass nicht die
Gebietsimporteure, die die Klägerin nach ihren Belegen und
buchmäßigen Aufzeichnungen als Abnehmer geführt
hat, sondern die Autohäuser Abnehmer ihrer Lieferungen waren.
Hierfür hat das FG insbesondere die Angebote der Klägerin
an die Autohäuser sowie deren Annahmeerklärungen, das
Vorliegen von Bargeldgeschäften und die Akquisition von Kunden
auf der zweiten Händlerstufe (Autohäuser), um dann
angeblich Verträge mit Kunden auf der ersten Händlerstufe
(Gebietsimporteure) abzuschließen, angeführt. Die
Einlassung der Klägerin, dass es sich bei den Angeboten an die
Autohäuser und deren Annahmeerklärungen lediglich um
Werbeaktionen oder Akquisitionsmaßnahmen der Klägerin
oder um die „Übermittlung von Daten“ an die
Autohäuser oder um „Hinweis(e) auf eine
Erwerbsmöglichkeit über den italienischen
Gebietsimporteur“ gehandelt habe, sah das FG als durch
den objektiven Erklärungsinhalt der nach ihrer Vernichtung
durch die Klägerin wieder rekonstruierten Schriftstücke
als widerlegt an. Das FG hielt es weiter für
unglaubwürdig, dass die Klägerin die fraglichen Fahrzeuge
an ihre angeblichen Kunden, die Gebietsimporteure, verkauft haben
wolle, hierüber aber keinerlei Geschäftspapiere
vorlägen. Es sei unerfindlich, wie diese Verkäufe
angesichts der umfangreichen Beschreibungen der gehandelten Kfz
nach Motorisierung, Farben und Ausstattungen sowie 17-stelligen
Fahrgestellnummern ohne jegliche Dokumentation praktikabel
gehandhabt worden sein sollten.
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Die Feststellung, welcher Leistungsbeziehung
die Verschaffung der Verfügungsmacht zuzurechnen ist, und
mithin die Feststellung, ob Rechnungsempfänger und
Leistungsempfänger identisch sind, obliegt dem FG als
Tatsacheninstanz und ist im Wesentlichen das Ergebnis einer
tatsächlichen Würdigung. Der BFH kann solche
Tatsachenwürdigungen nur daraufhin überprüfen, ob
sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen sind und mit den
Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang
stehen. Ist das zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung
selbst dann bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur
möglich wäre (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 4.9.2003 V R 9,
10/02, BFHE 203, 389, BStBl II 2004, 627 = SIS 03 51 76, unter
II.3.).
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28
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Danach ist es im Streitfall revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden, dass das FG entgegen der Belege und
buchmäßigen Aufzeichnungen der Klägerin die
Autohäuser und nicht die Gebietsimporteure als Abnehmer der
durch die Klägerin ausgeführten Lieferungen angesehen hat
und weiter die von der Klägerin behaupteten mündlichen
Vertragsabschlüsse mit den Gebietsimporteuren nicht der
Besteuerung zugrunde zu legen waren. Die Feststellungen des FG
rechtfertigen insoweit die Annahme, dass es sich bei diesen
Vertragsabschlüssen allenfalls um Scheingeschäfte i.S.
von § 41 der Abgabenordnung (AO) handelte (vgl. hierzu
BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 1448 = SIS 11 22 57, und in 2011, 1451,
jeweils unter II.2.b).
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29
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bb) Im Hinblick auf die Geständnisse der
beiden Geschäftsführer im Strafverfahren bestehen auch
keine revisionsrechtlichen Bedenken gegen das Urteil des FG, soweit
es hieraus die vorsätzliche Beteiligung der Klägerin an
einer Steuerhinterziehung in Italien abgeleitet hat. Daher kam es
auch nicht auf die Verfahrenseinstellungen in Italien an.
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cc) Die Klägerin hat in Bezug auf die
Feststellungen des FG keine begründeten Verfahrensrügen
vorgebracht.
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(1) Das FG hat nicht gegen den Grundsatz der
Unmittelbarkeit der Beweiserhebung (§ 81 FGO)
verstoßen.
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Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom
10.1.1978 VII R 106/74, BFHE 124, 305, 308, BStBl II 1978, 311 =
SIS 78 01 70) ist es grundsätzlich zulässig,
strafgerichtliche Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren
zu verwerten; allerdings dürfen Feststellungen, gegen die
unter Beweisangebot substantiierte Einwendungen vorgebracht werden,
nicht ohne eigene Beweisaufnahme (§ 76 Abs. 1, § 81 FGO)
übernommen werden.
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33
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Diesen Grundsätzen entsprechend ist es
nicht zu beanstanden, dass das FG seinem Urteil die in dem
Strafurteil gegen die beiden Geschäftsführer der
Klägerin enthaltenen Feststellungen zugrunde gelegt hat,
aufgrund derer die Vereinbarungen der Klägerin mit den
Gebietsimporteuren als Scheingeschäfte anzusehen sind, die die
tatsächlich bestehenden Lieferbeziehungen zwischen der
Klägerin und den Autohäusern verdecken sollten.
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34
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Die Feststellungen des Strafurteils des LG
beruhten insbesondere auf dem Geständnis der
Geschäftsführer der Klägerin und den - nach ihrer
Vernichtung durch die Geschäftsführer der Klägerin -
wieder lesbar gemachten digitalen Geschäftsunterlagen. Es kann
dahingestellt bleiben, ob in dem Vorbringen der Klägerin vor
dem FG ein Widerruf des Geständnisses liegt oder ob darin nur
Einwendungen gegen die Richtigkeit der Feststellungen des LG zu
sehen sind. Denn mangels plausibler Darlegung von Gründen, aus
denen sich die Unrichtigkeit der gegenüber dem LG gemachten
Angaben ergibt, ist die im Kern lediglich abweichende
Würdigung der unstrittig zwischen der Klägerin und den
Autohäusern unmittelbar bestehenden Kontakte kein
substantiierter Angriff gegen die Grundlagen des Strafurteils,
durch das die Geschäftsführer der Klägerin wegen
Umsatzsteuerhinterziehung verurteilt wurden. Daher ist die
Einlassung der Klägerin im Verfahren vor dem FG nur als
schlichtes Bestreiten zu werten, das nicht geeignet ist, Zweifel an
den Tatsachenfeststellungen des LG aufkommen zu lassen (vgl.
BFH-Beschluss vom 22.3.1988 VII B 193/87, BFH/NV 1988, 722).
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(2) Auch die Aufklärungsrüge der
Klägerin hat keinen Erfolg.
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(3) Nur solche Verfahrensfehler sind zu
prüfen, die der Beteiligte innerhalb der
Revisionsbegründungsfrist in einer den Anforderungen des
§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO genügenden Weise
schlüssig gerügt hat (BFH-Urteile vom 17.12.2008 XI R
64/06, BFH/NV 2009, 798 = SIS 09 12 87, m.w.N.; vom 5.10.1999 VII R
25/98, BFH/NV 2000, 235 = SIS 00 51 73).
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37
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Zur schlüssigen Darlegung bei
verzichtbaren Verfahrensfehlern (§ 155 FGO i.V.m. § 295
ZPO) - hier die Rüge, das FG habe seine Pflicht zur
Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO)
durch Nichtvernehmung von Zeugen bzw. der Klägerin verletzt -
gehört auch der Vortrag, dass die Verletzung der betreffenden
Verfahrensvorschrift in der Vorinstanz gerügt wurde, sofern
sich die Rüge nicht schon aus dem angegriffenen Urteil ergibt
(ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom
29.4.2009 VI B 126/08, BFH/NV 2009, 1267 = SIS 09 21 56; vom
10.10.2008 VIII B 20-22/08, BFH/NV 2009, 183 = SIS 09 02 73; vom
16.7.2008 X B 202/07, BFH/NV 2008, 1681 = SIS 08 35 92; vom
9.9.2005 I B 40/05, BFH/NV 2006, 101 = SIS 06 03 07;
Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz
103). Die bloße Behauptung, den Verfahrensmangel gerügt
zu haben, genügt nicht; die Rüge muss aus dem Protokoll
oder aus dem angefochtenen Urteil ersichtlich sein (BFH-Urteil vom
14.9.1993 VIII R 84/90, BFHE 174, 233, BStBl II 1994, 764 = SIS 94 15 61). Darüber hinaus ist gegebenenfalls weiter vorzutragen,
dass eine Protokollierung der Rüge verlangt und - im Falle der
Weigerung des Gerichts, die Protokollierung vorzunehmen - eine
Protokollberichtigung gemäß § 94 FGO i.V.m. den
§§ 160 Abs. 4, 164 ZPO beantragt worden sei
(BFH-Beschlüsse vom 6.4.2006 XI S 21/05, BFH/NV 2006, 1330 =
SIS 06 26 39; vom 5.11.2004 VIII B 172/04, juris; vom 9.11.1999 II
B 14/99, BFH/NV 2000, 582 = SIS 00 54 52; vom 4.3.1992 II B 201/91,
BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562 = SIS 92 13 90). Um diese
Rüge vornehmen zu können, ist es Sache des jeweiligen
Beteiligten, sich über den Inhalt des Protokolls zu
informieren und von sich aus das Protokoll einzusehen.
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Im Streitfall hat die Klägerin innerhalb
der Revisionsbegründungsfrist zwar behauptet, die
Nichterhebung beantragter Beweise in der mündlichen
Verhandlung gerügt zu haben. Dies ergibt sich aber weder aus
dem Sitzungsprotokoll noch aus dem angefochtenen Urteil selbst.
Dass sie eine Protokollierung der Rüge verlangt und - im Falle
der Weigerung des Gerichts, die Protokollierung vorzunehmen - eine
Protokollberichtigung gemäß § 94 FGO i.V.m. den
§§ 160 Abs. 4, 164 ZPO beantragt habe, hat sie nicht
vorgetragen, vielmehr hat sie erst nach Erhalt der Ladung zu der -
auf ihren Antrag nach § 90a Abs. 2 Satz 1 FGO anberaumten -
mündlichen Verhandlung die Berichtigung des Protokolls beim FG
beantragt. Über die Verfahrensrüge war danach nicht zu
entscheiden.
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Im Übrigen hat das FG den von der
Klägerin gestellten Protokollberichtigungsantrag mit Beschluss
vom 25.7.2011 abgelehnt.
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(4) Soweit die von der Klägerin für
erforderlich gehaltene Einvernahme des in Italien ansässigen
Zeugen G unterblieben ist, liegt gleichfalls kein Verfahrensfehler
vor.
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Nach ständiger Rechtsprechung ist ein im
Ausland ansässiger Zeuge bei Auslandssachverhalten nicht von
Amts wegen zu laden, sondern muss nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO
i.V.m. § 90 Abs. 2 AO in der mündlichen Verhandlung
gestellt werden (BFH-Beschlüsse vom 26.10.1998 I B 48/97,
BFH/NV 1999, 506 = SIS 98 54 51; vom 3.12.1996 I B 8, 9/96, BFH/NV
1997, 580 = SIS 97 22 98). Dies ist im Streitfall nicht erfolgt. Da
insoweit die Klägerin ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht
nach § 90 Abs. 2 AO nicht nachgekommen ist, durfte das FG ohne
Berücksichtigung dieses Beweismittels den Sachverhalt nach
freier Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO) würdigen. Ein
verfahrensfehlerhaftes Übergehen eines Beweisantrags liegt
nicht vor (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 506 = SIS 98 54 51).
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Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus,
dass die Vernehmung eines Zeugen im Ausland prozessrechtlich
zulässig ist (§ 155 FGO i.V.m. §§ 363, 364
ZPO). Hieraus folgt nicht, dass eine Vernehmung im Ausland bei
Nichtverfügbarkeit eines Zeugen ohne weiteres geboten ist. Das
FG muss vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen
prüfen, ob es von dieser Möglichkeit Gebrauch machen oder
von einer solchen Vorgehensweise Abstand nehmen will (BFH-Beschluss
in BFH/NV 1999, 506 = SIS 98 54 51). Diese Prüfung hat das FG
vorgenommen und hat hierzu im Urteil ausgeführt, dass, da es
entscheidend auf den persönlichen Eindruck und die
Glaubwürdigkeit des G angekommen wäre, eine konsularische
Vernehmung nicht in Betracht zu ziehen sei. Dies lässt
Ermessensfehler nicht erkennen (vgl. BFH-Beschluss vom 20.6.2006
VIII B 185/05, juris).
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(5) Schließlich liegt auch insoweit kein
Verfahrensfehler vor, als das FG in seinem Urteil auf das Protokoll
zur Hauptverhandlung vor dem LG Bezug genommen hat, da diesem
gegenüber dem der Klägerin und ihren
Geschäftsführern bekannten Urteil des LG keine
eigenständige Bedeutung zukommt, die Klägerin gegen die
Feststellungen des LG keine substantiierten Einwendungen erhoben
hat und das FG die Einlassungen der Klägerin für nicht
glaubhaft hielt.
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3. Im Hinblick auf die strafrechtlichen
Geständnisse der beiden Geschäftsführer der
Klägerin kam es auf das von der Klägerin angeregte
Vorabentscheidungsersuchen nicht an.
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