Organträger, Wechsel, Vorsteuerabzug der Organgesellschaft: 1. Wechselt der Organträger infolge einer Veräußerung der Anteile an der Organgesellschaft zeitlich nach dem Bezug einer Leistung durch die Organgesellschaft, aber noch vor Erhalt der Rechnung, steht das Recht zum Vorsteuerabzug aus diesem Leistungsbezug nicht dem neuen Organträger zu. - 2. Die Berechtigung des Organträgers zum Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen der Organgesellschaft richtet sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs, nicht der Rechnungserteilung. - Urt.; BFH 13.5.2009, XI R 84/07; SIS 09 22 11
I. Streitig ist der Vorsteuerabzug aus
Eingangsleistungen einer Organgesellschaft, wenn der
Organträger nach Leistungsbezug, aber noch vor Erhalt der
Rechnung infolge einer Veräußerung der Anteile an der
Organgesellschaft wechselt.
Die P Betriebsgesellschaft mbH (P)
gehörte zunächst zum Organkreis der X e.G. i.L. (X). Mit
Vertrag vom 11.11.1997 verkaufte X die Geschäftsanteile an der
P mit Wirkung zum 1.2.1998 an eine zum Konzern der Klägerin
und Revisionsklägerin (Klägerin) gehörende
Gesellschaft. Zum gleichen Zeitpunkt gliederte die Klägerin
die P als Organgesellschaft in ihr Unternehmen ein.
Die P hatte im Kalenderjahr 1997 und im
Januar 1998 Leistungen von der Firma H (H) bezogen, die erst nach
dem 1.2.1998 in Rechnung gestellt wurden.
Den von der Klägerin insoweit geltend
gemachten Vorsteuerabzug lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) ab. Der Einspruch gegen den am 4.11.2003
geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr 1998
blieb ohne Erfolg. Das FA ging in der Einspruchsentscheidung davon
aus, dass die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1
Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) einen
Leistungsbezug für das Unternehmen voraussetze. Die
Leistungen, für die die Klägerin einen Vorsteuerabzug
beanspruche, seien an die P noch während des Bestehens des
Organschaftsverhältnisses zur X ausgeführt worden. Dieser
Leistungsbezug sei nicht der Klägerin, sondern der bisherigen
Organträgerin X zuzurechnen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als
unbegründet ab. Der Vorsteuerabzug der Klägerin als
Organträgerin scheitere daran, dass die Leistungen der H nicht
für das Unternehmen der Klägerin getätigt worden
seien. Bezüglich der Frage, für welches Unternehmen eine
Leistung erbracht worden sei und wem die Berechtigung zum Abzug der
Vorsteuer zustehe, sei auf die Verhältnisse beim Bezug der
Leistung abzustellen. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), nach der
das Recht auf Vorsteuerabzug gemäß Art. 17 Abs. 1 der
Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) entstehe, sobald die
Lieferung oder Dienstleistung bewirkt werde (vgl. EuGH-Urteile vom
8.6.2000 Rs. C-400/98 - Breitsohl -, Slg. 2000, I-4321 = SIS 00 09 86, Randnr. 36; vom 29.4.2004 Rs. C-152/02 - Terra Baubedarf -,
Slg. 2004, I-5583 = SIS 04 23 36). Danach stehe der Klägerin
der Vorsteuerabzug nicht zu, weil sie zum Zeitpunkt der
Ausführung der Leistungen nicht Organträgerin der P
gewesen sei.
Der spätere Rechnungszugang führe
zu keinem anderen Ergebnis, weil die Rechnung lediglich zur
Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug erforderlich sei.
Unmaßgeblich sei auch, dass die Leistungen zivilrechtlich an
die Organgesellschaft erbracht worden seien.
Das Urteil des FG ist in EFG 2008, 341 =
SIS 08 07 02 veröffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision
rügt die Klägerin die Verletzung von § 2 Abs. 2 Nr.
2 UStG und § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und den
Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 4.11.2003 in der Fassung der
Einspruchsentscheidung vom 22.12.2005 dahingehend zu ändern,
dass weitere Vorsteuerbeträge in Höhe von 22.650 DM zum
Abzug zugelassen werden,
hilfsweise, die im Schriftsatz vom
20.4.2009 auf Seite 9 formulierte Frage dem EuGH
vorzulegen.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Die Klägerin kann als Organträgerin
nicht den Abzug der Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen
beanspruchen, die von der Organgesellschaft P bereits vor dem
Beginn der Organschaft zwischen der Klägerin und P bezogen,
aber erst während des Bestehens dieser Organschaft in Rechnung
gestellt wurden. Dem FG ist darin zu folgen, dass für die
Entscheidung, welcher der beiden Organträgerinnen das Recht
auf Vorsteuerabzug zusteht, auf die Verhältnisse beim Bezug
der Leistung und nicht auf den späteren Zeitpunkt der
Rechnungserteilung abzustellen ist.
1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
kann der Unternehmer als Vorsteuerbeträge abziehen die in
Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer
für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen
Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden
sind.
a) Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) kann der Unternehmer Vorsteuerbeträge
erst in dem Besteuerungszeitraum abziehen, in dem alle
materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Zu diesen
Voraussetzungen gehört eine Rechnung mit gesondertem Ausweis
der Umsatzsteuer (vgl. Urteil vom 1.7.2004 V R 33/01, BFHE 206,
463, BStBl II 2004, 861 = SIS 04 35 04; Beschluss vom 31.7.2007 V B
156/06, BFH/NV 2008, 416 = SIS 08 11 64).
b) Diese Rechtslage steht im Einklang mit dem
Gemeinschaftsrecht. Danach ist zwischen der Entstehung des Rechts
auf Vorsteuerabzug (Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) und
dessen Ausübung (Art. 18 der Richtlinie 77/388/EWG) zu
unterscheiden. Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht
gemäß Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG, sobald
die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird
(vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2000, I-4321 = SIS 00 09 86, Randnr. 36;
in Slg. 2004, I-5583 = SIS 04 23 36, Randnr. 31). Die Ausübung
des Rechts auf Vorsteuerabzug ist nach dem EuGH-Urteil in Slg.
2004, I-5583 = SIS 04 23 36 (Randnr. 32) in der Regel an den Besitz
der Originalrechnung oder des Dokuments geknüpft (vgl. Art. 18
Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG),
das nach den vom jeweiligen Mitgliedstaat festgelegten Kriterien
als Rechnung betrachtet werden kann. Der Vorsteuerabzug nach Art.
17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ist für den
Erklärungszeitraum vorzunehmen, in dem beide nach Art. 18 Abs.
2 Unterabs. 1 dieser Richtlinie erforderlichen Voraussetzungen
erfüllt sind (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-5583 = SIS 04 23 36, Randnr. 34).
c) Für den Streitfall folgt daraus, dass
der Vorsteuerabzug erst in dem Zeitpunkt geltend gemacht werden
konnte, in dem auch eine Rechnung über den Leistungsbezug
vorlag.
2. Die Frage, wem das Recht auf Vorsteuerabzug
zusteht, wenn bei einem Leistungsbezug durch eine Organgesellschaft
der Organträger vor Erteilung der Rechnung gewechselt hat, ist
bislang weder höchstrichterlich entschieden noch im Schrifttum
ausdrücklich behandelt worden. In der Literatur ist aber
umstritten, wem das Recht auf Vorsteuerabzug zusteht, wenn die
Rechnung erst nach Beendigung der Organschaft erteilt wird.
a) Überwiegend wird vertreten, dass
Vorsteuerbeträge aus Leistungsbezügen der
Organgesellschaft vor Beendigung der Organschaft auch dann dem
Organträger zustehen, wenn die Rechnung erst nach Beendigung
der Organschaft bei der Organgesellschaft eingeht und von dieser
beglichen wird (vgl. Klenk in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer,
§ 2 Rz 136 a.E., unter Bezugnahme auf Oberfinanzdirektion
Hannover, Verfügung vom 11.10.2004 S 7105 -49- StO 171, DStR
2005, 157 = SIS 05 08 61; Heidner in Bunjes/Geist, UStG, 9. Aufl.,
§ 15 Rz 75; Lippross, Umsatzsteuer, 22. Aufl., S. 343;
Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 37 Rz 99).
b) Nach anderer Auffassung ist dagegen
für die Zurechnung der Vorsteuerbeträge entscheidend, zu
welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG
vorgelegen haben; erst zu diesem Zeitpunkt entstehe die
grundsätzliche Vorsteuerabzugsberechtigung (vgl.
Flückiger in Plückebaum/Malitzky/Widmann,
Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 2 Abs. 2 Rz 336; im Ergebnis
ebenso Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz,
§ 2 Rz 723.1 und 725).
3. Der Senat ist der Auffassung, dass für
den hier zu entscheidenden Fall eines Wechsels des
Organträgers der überwiegenden Meinung in der Literatur
zur Vorsteuerabzugsberechtigung bei Beendigung einer Organschaft zu
folgen ist. Auch durch den Wechsel des Organträgers wird die
bisherige Organschaft beendet.
a) Für die Frage, welchem
Organträger der Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen der
Organgesellschaft zusteht, ist maßgeblich auf die
Verhältnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezugs durch die
Organgesellschaft abzustellen. Denn mit dem Leistungsbezug ist die
Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug verknüpft (Art. 17
Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG).
Bei einer Organschaft ist zivilrechtlich zwar
die Organgesellschaft aus den von ihr abgeschlossenen
Verträgen berechtigt und verpflichtet. Umsatzsteuerrechtlich
übt sie jedoch die gewerbliche Tätigkeit nicht
selbständig aus (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG); die
Organgesellschaft ist keine Unternehmerin. Ihr Unternehmen ist Teil
des Unternehmens des Organträgers (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2
Satz 3 UStG zur grenzüberschreitenden Organschaft).
Leistungsbezüge der Organgesellschaft von Dritten werden
während des Bestehens der Organschaft dem Organträger
zugerechnet (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.1995 V R 71/93, BFH/NV 1996,
273). Die Folge ist, dass die Leistungen insoweit
umsatzsteuerrechtlich für das Unternehmen des
Organträgers ausgeführt werden und bei diesem das Recht
auf Vorsteuerabzug entsteht. Da die Organgesellschaft nicht selbst
Inhaberin dieses Rechts sein kann, weil sie nicht Unternehmerin ist
(vgl. BFH-Urteil vom 17.1.2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II
2002, 373 = SIS 02 06 40, unter II.2.b aa), muss das
Vorsteuerabzugsrecht unmittelbar beim Organträger entstehen,
und zwar unabhängig von einer Rechnung.
Aus diesem Grund kann nicht der Auffassung der
Klägerin gefolgt werden, dass die Vorsteuerbeträge aus
Eingangsleistungen der Organgesellschaft erst mit der
Rechnungserteilung dem Organträger zugerechnet werden
könnten. Die Erteilung einer Rechnung über erbrachte
Leistungen hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die
Entstehung des Vorsteuerabzugsrechts, sondern dient lediglich dazu,
dass der Leistungsempfänger sein bereits entstandenes
Vorsteuerabzugsrecht ausüben kann.
b) Die Zurechnung der Leistungsbezüge der
Organgesellschaft beim Organträger und die damit verbundene
Entstehung seines Rechts auf Vorsteuerabzug stehen im Einklang mit
dem Gemeinschaftsrecht.
Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG steht es vorbehaltlich der Konsultation nach Art. 29 der
Richtlinie 77/388/EWG jedem Mitgliedstaat frei, im Inland
ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber
durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und
organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind,
zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. Hierunter
fällt auch die Regelung über die Organschaft nach
deutschem Umsatzsteuerrecht (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 273,
m.w.N.). Die danach zulässige Behandlung mehrerer Personen
„als einen Steuerpflichtigen“ hat
zwangsläufig zur Folge, dass schon die Eingangsleistungen der
Organgesellschaft für das Unternehmen des Organträgers
erbracht werden.
c) Das EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-5583 = SIS 04 23 36 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn diese
Entscheidung setzt sich - wie die Klägerin zutreffend
ausführt - mit dem für den Vorsteuerabzug
maßgeblichen Besteuerungszeitraum auseinander. Ihr kann aber
nicht entnommen werden, dass für die personelle Zurechnung des
Rechts auf Vorsteuerabzug auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung
abzustellen ist.
d) Dem BFH-Urteil vom 7.12.2006 V R 2/05 (BFHE
216, 375, BStBl II 2007, 848 = SIS 07 07 85) kann ebenfalls nichts
Gegenteiliges entnommen werden. Denn dieses Urteil betrifft §
17 UStG, der einen eigenständigen materiell-rechtlichen
Berichtigungsanspruch gegenüber den Änderungsvorschriften
der Abgabenordnung begründet und nicht zu einer
rückwirkenden Änderung der ursprünglichen
Steuerfestsetzung führt. Der Tatbestand dieser Vorschrift
wurde in dem vom BFH entschiedenen Fall erst verwirklicht, als die
frühere Organgesellschaft bereits als Unternehmerin
selbständig tätig war. Damit ist die Problematik des
Streitfalls nicht vergleichbar.
e) Durch die Versagung des Vorsteuerabzugs
gegenüber dem neuen Organträger wird entgegen der Ansicht
der Klägerin der Neutralitätsgrundsatz nicht
verletzt.
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH
soll durch die Regelung über den Vorsteuerabzug der
Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner
wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten
Mehrwertsteuer entlastet werden (vgl. EuGH-Urteile vom 22.2.2001
Rs. C-408/98 - Abbey National -, Slg. 2001, I-1361 = SIS 01 05 49,
Randnr. 24; vom 6.7.2006 Rs. C-439/04, C-440/04 - Kittel und
Recolta Recycling -, Slg. 2006, I-6161 = SIS 06 33 36, Randnr. 48).
Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleiste somit die
Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller
wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck
oder ihrem Ergebnis (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I-6161 = SIS 06 33 36, Randnr. 48).
Der Neutralitätsgrundsatz gebietet jedoch
nicht, einen Organträger von einer Steuer zu entlasten, die
zwar einer in seinem Unternehmen eingegliederten Organgesellschaft
in Rechnung gestellt wurde, aber Eingangsleistungen betrifft, die
nicht für das Unternehmen dieses Organträgers
ausgeführt wurden. Denn dem Empfänger einer Rechnung ist
der Vorsteuerabzug nicht unabhängig vom Vorliegen der
übrigen Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug allein
deshalb zu gewähren, weil die Umsatzsteuer in der Rechnung
gesondert ausgewiesen ist (vgl. BFH-Urteil vom 11.10.2007 V R
27/05, BFHE 219, 266, BStBl II 2008, 438 = SIS 08 14 81, unter
II.6.a).
Die Maßgeblichkeit der Verhältnisse
zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs hat zudem nicht zur Folge, dass
der Vorsteuerabzug gänzlich entfällt. Auch wenn die
Rechnung erst zu einem Zeitpunkt erteilt wird, in dem die
Organgesellschaft in das Unternehmen des neuen Organträgers
eingegliedert ist, kann der frühere Organträger mit
dieser Rechnung sein Vorsteuerabzugsrecht ausüben. Die
Rechnung ist - wie vor dem Organträgerwechsel - an die
Organgesellschaft gerichtet. Der Organträger ist aus
Rechnungen zum Vorsteuerabzug berechtigt, die Dritte der
Organgesellschaft erteilen (vgl. Lippross, a.a.O., S. 341). Die
Zuordnung dieser Rechnung zum früheren Organträger ergibt
sich aus dem Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung,
der nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UStG in der Rechnung
anzugeben ist. Die Rechnung ist akzessorisch, d.h. sie folgt dem
Leistungsbezug nach, der Grundlage der Rechnung ist. Für diese
Zuordnung spricht auch, dass das beim früheren
Organträger entstandene Vorsteuerabzugsrecht diesem nicht
durch die nach dem Organträgerwechsel erteilte Rechnung
entzogen werden kann. Dementsprechend wurde - wie in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen wurde - der
früheren Organträgerin X der Vorsteuerabzug für die
vor dem Organträgerwechsel ausgeführten und nach dem
Organträgerwechsel in Rechnung gestellten Eingangsleistungen
der Organgesellschaft P tatsächlich gewährt.
4. Eine Vorlage an den EuGH gemäß
Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft ist nicht erforderlich.
Die Klägerin hat im Hilfsantrag die Frage
formuliert, ob die Bestimmungen in Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Art.
18 Abs. 1 Buchst. a, Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie
77/388/EWG dahingehend auszulegen sind, dass bei der Lieferung von
Gegenständen an eine Organgesellschaft zur Zeit des
Organschaftsverhältnisses und Rechnungserteilung nach dessen
Ende der Vorsteuerabzug von dem Steuerpflichtigen vorzunehmen ist,
der zivilrechtlich Leistungsempfänger war und als solcher in
der Rechnung benannt ist. Diese Frage ist bei
wortlautgemäßem Verständnis für die
Entscheidung des Streitfalls nicht erheblich, weil die
zivilrechtliche Leistungsempfängerin, die Organgesellschaft P,
weder im Zeitpunkt des Leistungsbezugs noch im Zeitpunkt des
Erhalts der Rechnung „Steuerpflichtige“ i.S. des
Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG war. Soweit die
Klägerin damit sinngemäß als
klärungsbedürftig ansieht, ob Eingangsleistungen der
Organgesellschaft dem Organträger zuzurechnen sind, so dass
bei diesem das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, hat der Senat
keine Zweifel an der von ihm dazu vertretenen Rechtsauffassung, die
auf der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung
beruht.
5. Im Streitfall sind die Leistungen, für
die der Vorsteuerabzug begehrt wird, von der Organgesellschaft P zu
einem Zeitpunkt bezogen worden, als sie noch nicht in das
Unternehmen der Klägerin eingegliedert war. Insoweit fehlt es
daher an einer Leistung für das Unternehmen der Klägerin,
sodass sie den Vorsteuerabzug nicht beanspruchen kann.