Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 28.11.2012 14
K 2735/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu
tragen.
1
|
I. Die Beteiligten streiten über die
Berechtigung der Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin) zum Vorsteuerabzug aus dem Bezug von
Projektentwicklungsleistungen für landwirtschaftliche Projekte
in X (Drittlandsgebiet) sowie aus Leistungen, die sie im
Zusammenhang mit der Einwerbung von Kapital durch die Ausgabe von
Kommanditanteilen bezogen hat. Streitig sind außerdem
anteilige Vorsteuern aus sonstigen Leistungsbezügen in
Höhe von 9.453 EUR.
|
|
|
2
|
Die Klägerin ist ein geschlossener
Fonds in der Rechtsform einer KG. Sie ist der erste von insgesamt
drei B-Fonds, die sich der Forstwirtschaft in X widmen und die von
der Q-GmbH vermarktet werden. Zweck der Klägerin ist
ausweislich ihres Gesellschaftsvertrages vom 23.7.2007 der Erwerb
und die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften im In- und
Ausland, die direkt oder indirekt den Besitz von Grundstücken
sowie deren Aufforstung und/oder landwirtschaftliche oder
forstwirtschaftliche Nutzung betreiben.
|
|
|
3
|
Die Klägerin ist Gesellschafterin
zweier Gesellschaften in X (Tochtergesellschaften): der I-S.A., die
Eigentümerin der Grundstücke und des Waldes ist, sowie
der P-S.A., die die Aufforstung, Pflege und Ernte des Waldes
betreibt. Diese ist mit einem Stammkapital von 10.000 US-$
ausgestattet und besitzt ansonsten kein Vermögen.
|
|
|
4
|
Laut Emissionsprospekt der Klägerin
sollte sie die Beteiligungen verwalten und kaufmännische
Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften erbringen; eine
weitere Geschäftstätigkeit war nicht vorgesehen. Die
Kapitaleinlage der Gründungskommanditisten der Klägerin
betrug insgesamt 862.500 EUR und ist vertraglich auf 1.200.000 EUR
begrenzt. Durch die Aufnahme weiterer Gesellschafter wurde das
Kommanditkapital bis Ende 2009 auf 7.800.000 EUR
erhöht.
|
|
|
5
|
Die Q-GmbH und die Klägerin schlossen
im Juli 2007 eine Vertriebsvereinbarung, deren Gegenstand die
Vermittlung von Kommanditanteilen sowie die Erbringung
sämtlicher Marketing-Maßnahmen, die zur Platzierung der
Kommanditanteile erforderlich sind, war. Art und Umfang der
Maßnahmen bestimmte die Q-GmbH. Diese war verpflichtet, die
Konzeption und die Koordination der Marketing-Aktivitäten
auszuführen.
|
|
|
6
|
Die Klägerin und die Q-GmbH schlossen
am 23.7.2007 ferner einen Projektentwicklungsvertrag ab. Die Q-GmbH
übernahm darin die Prüfung der wirtschaftlichen
Tragfähigkeit eines Investitions-, Finanzierungs- und
Ertragskonzeptes, die Erstellung von Planrechnungen bis zur
Konzeption eines Fondsmodells für die Realisierung des
Anlageprojekts, das Erstellen eines gestatteten Emissionsprospektes
und von Gesellschafts-, Kauf- und Treuhandverträgen, die
Auswahl von geeigneten Grundstücken in X, die Beratung und
Unterstützung beim Grundstückskauf, die Klärung von
dinglichen Belastungen, die Verhandlungen mit Behörden,
Kreditinstituten und anderen Interessengruppen sowie die Beratung
beim Projektaufbau.
|
|
|
7
|
Die Klägerin führte auf der
Grundlage zweier Beraterverträge kaufmännische
Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften in X aus. In den
Beraterverträgen verpflichtete sich die Klägerin zur
Beratung bei betriebswirtschaftlichen Fragen der Aufforstung, der
Materialwirtschaft, des Vertriebs, des Verwaltungs-, Rechnungs- und
Personalwesens sowie des Unternehmensbestandes. Die Klägerin
übernahm ferner die Erstellung von Wirtschaftsplänen und
war für die Beschaffung von Vergleichsdaten des Marktumfelds
bezüglich des Kaufs und Verkaufs von Plantagen und anderen
wirtschaftlich nutzbaren Grundstücken in X verantwortlich.
Für diese Leistungen war mit beiden Tochtergesellschaften
jeweils ein pauschales Honorar in Höhe von 10.000 EUR
jährlich vereinbart. Außerdem vermietete die
Klägerin ab 1.9.2007 Büroräume an die Q-GmbH zur
Nutzung als „Büro für Verwaltung und
Vertrieb“ umsatzsteuerfrei unter.
|
|
|
8
|
Mit ihrer Umsatzsteuererklärung
für das Streitjahr (2007) erklärte die Klägerin
Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen zu 19 % in
Höhe von 11.246 EUR und machte Vorsteuern in Höhe von
90.798,57 EUR geltend. Diese entfielen in Höhe von 43.181 EUR
auf Einwerbung von Kommanditkapital, 27.873 EUR auf
Projektentwicklungsleistungen, 9.453 EUR auf Büroausstattung,
10.164 EUR auf sonstige Leistungen.
|
|
|
9
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) ließ im Anschluss an eine bei der
Klägerin durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung im
Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 14.4.2009 die von der Klägerin
geltend gemachten Vorsteuern nicht zum Abzug zu, weil sie im
Zusammenhang mit Aufwendungen für die Beschaffung des
Kommanditkapitals angefallen seien.
|
|
|
10
|
Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) ließ Vorsteuern in Höhe von 11.664
EUR zum Abzug zu und wies die Klage im Übrigen ab. Zur
Begründung führte das FG aus, die Klägerin sei
infolge ihrer Beratungs- und Vermietungstätigkeit
Unternehmerin. Dabei führe sie sowohl steuerpflichtige
Tätigkeiten, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen,
als auch steuerfreie Tätigkeiten, die den Vorsteuerabzug
ausschließen, aus. Daneben führe die Klägerin durch
die Aufnahme von Gesellschaftern sowie das Halten und Verwalten von
Beteiligungen nichtwirtschaftliche Tätigkeiten aus.
|
|
|
11
|
Die auf ihre Beratungstätigkeit
entfallenden Vorsteuern seien in Höhe von 10.164,07 EUR
abzugsfähig. Von den sonstigen Vorsteuern in Höhe von
9.453,86 EUR sei darüber hinaus ein im Schätzungswege zu
ermittelnder Teil abzugsfähig. Dieser belaufe sich auf 15 %
und betrage 1.418 EUR, so dass insgesamt Vorsteuern in Höhe
von 11.664 EUR abzugsfähig seien.
|
|
|
12
|
Ein weitergehender Anspruch auf
Vorsteuerabzug bestehe nicht, weil die Vorsteuern unmittelbar und
ausschließlich in Zusammenhang mit der Aufnahme von
Gesellschaftern, d.h. einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit,
stünden. Die von der Klägerin bezogenen Dienstleistungen
könnten auch nicht als Kostenelemente einer von der
Klägerin ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit
angesehen werden, weil sie mit dem durch die Ausgabe der
Kommanditanteile erworbenen Kapital keine steuerpflichtige
wirtschaftliche Tätigkeit finanziert habe.
|
|
|
13
|
Was die Beraterverträge mit ihren
Tochtergesellschaften in X anbelange, bestünden Zweifel daran,
ob die I-S.A. überhaupt wirtschaftlich tätig geworden
sei, denn tätig gewesen sei nur die Betriebsgesellschaft
P-S.A. Diese sei aber mit einem Stammkapital von nur 10.000 US-$
ausgestattet gewesen. Die Kosten für die Eingangsleistungen
seien nicht als allgemeine Aufwendungen Bestandteile des Preises
der von der Klägerin erbrachten Leistungen. Hierfür
spreche das Verhältnis des relativ geringen pauschalen
Entgeltes von jeweils 10.000 EUR jährlich zu den bilanzierten
Beteiligungswertansätzen zum 31.12.2007 in Höhe von ca.
1.100.000 EUR sowie der Vergleich zwischen den Leistungsentgelten
und den wesentlich höheren vorsteuerbelasteten Aufwendungen
der Klägerin. Das FG sah schließlich keinen Zusammenhang
der von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuern mit dem
beabsichtigten Verkauf von CO2-Zertifikaten; objektive
Anhaltspunkte hierfür hätten sich nicht ergeben.
|
|
|
14
|
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
der Revision. Das FG verkenne, dass Kosten, die im Zusammenhang mit
der Aufnahme von Gesellschaftern entstünden, immer allgemeine
Kosten seien. Auf den vom FG angestellten Vergleich zwischen den
Kosten und den von den Tochtergesellschaften an die Klägerin
gezahlten Vergütungen komme es ebenso wenig an wie auf die
eigenen umsatzsteuerpflichtigen Leistungen der
Tochtergesellschaften.
|
|
|
15
|
Selbst wenn das Einfließen der im
Zusammenhang mit der Aufnahme von Gesellschaftern entstandenen
Kosten im Einzelfall überprüft werden müsse, seien
jedenfalls die vom FG angewandten Kriterien ungeeignet. Denn der
Vergleich zwischen den bilanzierten Beteiligungswerten zum
31.12.2007 in Höhe von ca. 1.100.000 EUR und den relativ hohen
vorsteuerbelasteten Aufwendungen einerseits und dem im
Verhältnis dazu relativ geringen pauschalen Entgelt von 10.000
EUR jährlich sei nicht aussagekräftig, weil dies nur die
Verhältnisse im Gründungsjahr abbilde. Hinsichtlich der
Aufteilung der Kosten, die nicht der Aufnahme von Gesellschaftern
zuzuordnen seien, bleibe unklar aufgrund welcher
Schätzungsmethode das FG zu einem abzugsfähigen Anteil
von 15 % gekommen sei.
|
|
|
16
|
Daneben macht die Klägerin
Verfahrensfehler geltend. Das FG habe gegen die
Sachaufklärungspflicht verstoßen und eine
Überraschungsentscheidung getroffen.
|
|
|
17
|
Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 14.4.2009 sowie
die Einspruchsentscheidung vom 23.6.2010 dahingehend zu
ändern, dass Vorsteuern in Höhe von 90.798,57 EUR
anerkannt werden.
|
|
|
18
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
19
|
Zur Begründung seines Antrags
führt das FA aus, das FG habe zutreffend entschieden, dass der
Hauptzweck der Klägerin in dem Vertrieb von Kommanditanteilen
bestehe. Hierbei handle es sich um eine nichtwirtschaftliche
Tätigkeit, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtige. Es seien
keine Leistungen der Q-GmbH für den wirtschaftlichen Bereich
der Klägerin festzustellen gewesen. Bei der Schätzung der
aufzuteilenden Kosten habe das FG offensichtlich einen
Investitionsschlüssel angewandt. Das sei nicht zu
beanstanden.
|
|
|
20
|
Der Senat hat mit Beschluss vom 13.11.2014
gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m.
§ 251 der Zivilprozessordnung (ZPO) das Ruhen des Verfahrens
bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen
Union (EuGH) in den verbundenen Rechtssachen Larentia & Minerva
C-108/14 und Marenave C-109/14 (Vorlagebeschlüsse des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.12.2013 XI R 17/11, BFHE 244, 79,
BStBl II 2014, 417 = SIS 14 06 89, und XI R 38/12, BFHE 244, 94,
BStBl II 2014, 428 = SIS 14 06 90) angeordnet.
|
|
|
21
|
Der EuGH hat mit Urteilen vom 16.7.2015
Larentia & Minerva und Marenave C-108/14 und C-109/14
(EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50) entschieden und die vom BFH
gestellten Fragen im vorliegend interessierenden Umfang wie folgt
beantwortet:
|
|
|
22
|
„1. Art. 17 Abs. 2 und 5 der Sechsten
Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie
2006/69/EG des Rates vom 24.7.2006 geänderten Fassung ist wie
folgt auszulegen:
|
|
- Kosten, die im Zusammenhang mit dem
Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften von einer
Holdinggesellschaft getragen werden, die an deren Verwaltung
teilnimmt und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit
ausübt, sind als Teil der allgemeinen Aufwendungen der
Holdinggesellschaft anzusehen, und die für diese Kosten
bezahlte Mehrwertsteuer ist grundsätzlich vollständig
abzuziehen, es sei denn, dass bestimmte nachgelagerte Umsätze
gemäß der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die
Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung mehrwertsteuerfrei sind.
Im letzteren Fall darf das Abzugsrecht nur nach den in Art. 17 Abs.
5 der Richtlinie vorgesehenen Modalitäten vorgenommen
werden.
|
|
- Kosten, die im Zusammenhang mit dem
Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften von einer
Holdinggesellschaft getragen werden, die nur bei einigen von ihnen
an der Verwaltung teilnimmt, hinsichtlich der übrigen dagegen
keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, sind nur zum Teil
als Teil der allgemeinen Aufwendungen der Holdinggesellschaft
anzusehen, so dass die für diese Kosten bezahlte
Mehrwertsteuer nur im Verhältnis zu den der wirtschaftlichen
Tätigkeit inhärenten Kosten nach von den Mitgliedstaaten
festgelegten Aufteilungskriterien abgezogen werden kann, die bei
der Ausübung dieser Befugnis Zweck und Systematik der Sechsten
Richtlinie berücksichtigen und insoweit eine Berechnungsweise
vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der
Eingangsaufwendungen der wirtschaftlichen und der
nichtwirtschaftlichen Tätigkeit tatsächlich zuzurechnen
ist, was zu prüfen Sache der nationalen Gerichte
ist.“
|
|
|
23
|
Der Senat hat mit Beschluss vom 17.8.2015
das Verfahren wieder aufgenommen.
|
|
|
24
|
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Wie das FG im
Ergebnis zu Recht entschieden hat, steht der Klägerin
über den vom FG anerkannten Vorsteuerabzug hinaus kein
weitergehender Anspruch auf Vorsteuerabzug zu.
|
|
|
25
|
1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des
Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr
maßgeblichen Fassung (UStG) kann der Unternehmer die
gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem
anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt
worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der
Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für
Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze
verwendet.
|
|
|
26
|
a) Diese Vorschriften beruhen auf Art. 168 der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wonach der
Steuerpflichtige, der Gegenstände und Dienstleistungen
für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt
ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer
für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem
anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der
von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. § 15 UStG ist
entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen (vgl.
z.B. BFH-Urteil vom 3.7.2008 V R 51/06, BFHE 222, 128, BStBl II
2009, 213 = SIS 08 41 89 zu Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
- Richtlinie 77/388/EWG - ).
|
|
|
27
|
b) Im Hinblick auf den weiter erforderlichen
direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen Eingangs- und
Ausgangsumsatz wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die
BFH-Urteile vom 9.2.2012 V R 40/10 (BFHE 236, 258, BStBl II 2012,
844 = SIS 12 06 37, Rz 21 ff.), vom 9.12.2010 V R 17/10 (BFHE 232,
243, BStBl II 2012, 53 = SIS 11 06 15, Rz 12 ff.), vom 13.1.2011 V
R 12/08 (BFHE 232, 261, BStBl II 2012, 61 = SIS 11 06 14, Rz 22
ff.) und vom 27.1.2011 V R 38/09 (BFHE 232, 278, BStBl II 2012, 68
= SIS 11 06 16, Rz 30 ff.) Bezug genommen.
|
|
|
28
|
c) Die Klägerin ist Unternehmer i.S. von
§ 15 Abs. 1 UStG. Unternehmer ist gemäß § 2
Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit
selbständig ausübt. Dem entspricht unionsrechtlich Art. 9
MwStSystRL, wonach als Steuerpflichtiger gilt, wer eine
wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck
und Ergebnis selbständig ausübt.
|
|
|
29
|
aa) Zwar ist eine Holdinggesellschaft, deren
einziger Zweck der Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen
ist, ohne dass sie - unbeschadet ihrer Rechte als Aktionärin
oder Gesellschafterin - unmittelbar oder mittelbar in die
Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift, kein
Mehrwertsteuerpflichtiger i.S. von Art. 9 MwStSystRL und somit
nicht zum Vorsteuerabzug gemäß Art. 168 MwStSystRL
berechtigt (EuGH-Urteile Larentia & Minerva und Marenave,
EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 18; Cibo Participations vom
27.9.2001 C-16/00, EU:C:2001:495, Rz 18, und Portugal Telecom vom
6.9.2012 C-496/11, EU:C:2012:557 = SIS 12 25 04, Rz 31).
|
|
|
30
|
bb) Nimmt aber die Holdinggesellschaft
Eingriffe in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie
Beteiligungen erworben hat, vor, z.B. durch das Erbringen von
administrativen, finanziellen, kaufmännischen oder technischen
Dienstleistungen, übt sie insoweit eine wirtschaftliche
Tätigkeit i.S. von Art. 9 MwStSystRL aus. Kosten, die im
Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren
Tochtergesellschaften von einer solchen Holdinggesellschaft
getragen werden, eröffnen hinsichtlich der für diese
Kosten bezahlten Mehrwertsteuer gemäß Art. 168
MwStSystRL grundsätzlich ein Recht auf vollständigen
Vorsteuerabzug (EuGH-Urteile Larentia & Minerva und Marenave,
EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50, Rz 25).
|
|
|
31
|
cc) Nach den Feststellungen des FG hat die
Klägerin Beratungsleistungen bei betriebswirtschaftlichen
Fragen der Aufforstung, der Materialwirtschaft, des Vertriebs, des
Verwaltungs- und Rechnungswesens, des Personalwesens sowie des
Unternehmensbestandes erbracht, sie hat Wirtschaftspläne
erstellt und war für die Beschaffung von Vergleichsdaten des
Marktumfelds bezüglich des Kaufs und Verkaufs von Plantagen
und anderen wirtschaftlich nutzbaren Grundstücken in X
verantwortlich. Sie hat damit administrative und kaufmännische
Dienstleistungen an ihre Gesellschaften erbracht und damit in die
Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften in X eingegriffen; sie ist
Unternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 UStG.
|
|
|
32
|
d) Der Klägerin steht aber kein
weitergehender Anspruch auf Vorsteuerabzug als vom FG anerkannt
zu.
|
|
|
33
|
aa) Die Leistungen, die die Klägerin
aufgrund der Vertriebsvereinbarung bezogen hat, berechtigen sie
nicht zum Vorsteuerabzug, weil sie diese nicht i.S. des § 15
Abs. 1 UStG für ihr Unternehmen bezogen hat. Es hat sich
insoweit um Leistungen für die Einwerbung von Kommanditkapital
gehandelt. Unionsrechtlich setzt der Vorsteuerabzug
gemäß Art. 168 MwStSystRL voraus, dass die
Leistungsbezüge des Steuerpflichtigen „für die
Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden“,
d.h., die Mehrwertsteuer kann nur abgezogen werden, wenn die
Eingangsumsätze direkt und unmittelbar mit zum Abzug
berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängen. Das Recht
auf Abzug der für den Bezug von Gegenständen oder
Dienstleistungen auf der Eingangsstufe entrichteten Mehrwertsteuer
ist nur gegeben, wenn die hierfür getätigten Aufwendungen
zu den Kostenelementen der auf der Ausgangsstufe versteuerten, zum
Abzug berechtigenden Umsätze gehören (EuGH-Urteile
Larentia & Minerva und Marenave, EU:C:2015:496 = SIS 15 18 50,
Rz 23; Cibo Participations, EU:C:2001:495, Rz 31; Portugal Telecom,
EU:C:2012:557 = SIS 12 25 04, Rz 36).
|
|
|
34
|
Zwar sind Kosten, die im Zusammenhang mit dem
Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften von einer
Holdinggesellschaft getragen werden, die an deren Verwaltung
teilnimmt und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit
ausübt, als der wirtschaftlichen Tätigkeit dieser
Gesellschaft zugeordnet anzusehen. Folglich eröffnet die
für diese Kosten bezahlte Mehrwertsteuer gemäß Art.
168 MwStSystRL ein Recht auf vollständigen Vorsteuerabzug
(EuGH-Urteile Larentia & Minerva und Marenave, EU:C:2015:496 =
SIS 15 18 50, Rz 25). Die Kosten für die Einwerbung von
Kapital in der vorliegenden Größenordnung
(Kapitaleinlage der Gründungskommanditisten: 862.500 EUR;
bilanzierte Beteiligungswertansätze zum 31.12.2007: 1.100.000
EUR; Erhöhung des Kommanditkapitals bis 2009 auf 7.800.000
EUR) sind aber Kosten, die nicht im Zusammenhang mit dem Erwerb von
Beteiligungen an Tochtergesellschaften mit einem Stammkapital von
10.000 US-$ stehen, weil es des eingeworbenen Kapitals jedenfalls
nicht in dieser Größenordnung bedurfte. Der Einwand der
Klägerin hiergegen, dass für die Verhältnisse im
Gründungsjahr Besonderheiten gälten, greift nicht durch,
weil nicht erkennbar ist, dass sich der Umfang der von der
Klägerin an ihre Tochtergesellschaften erbrachten
Beratungsleistungen in den Folgejahren verändert haben
könnte.
|
|
|
35
|
Hinzu kommt, dass die Beteiligungen an den
Tochtergesellschaften schon vor der Ausgabe der Kommanditanteile
bestanden.
|
|
|
36
|
bb) Die Klägerin hat nicht dargelegt,
dass bzw. welche der übrigen von ihr bezogenen Leistungen
(sonstige Leistungen, Leistungen aus dem Projektentwicklungsvertrag
und die Lieferungen für die Büroausstattung)
ausschließlich ihrer wirtschaftlichen (unternehmerischen)
Tätigkeit zuzuordnen sind.
|
|
|
37
|
Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug
geltend macht, trägt die Darlegungs- und Feststellungslast
für alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begründen
(ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 23.10.2014 V R
23/13, BFHE 247, 480, BStBl II 2015, 313 = SIS 14 33 32, Rz 18; vom
1.9.2010 V R 39/08, BFHE 231, 308, BStBl II 2011, 658 = SIS 11 02 01, Rz 31, zu der in § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. § 90
Abs. 2 der Abgabenordnung - AO - getroffenen Darlegungs- und
Beweislastregelung bei Auslandssachverhalten; EuGH-Urteil Evita-K
vom 18.7.2013 C-78/12, EU:C:2013:486 = SIS 13 27 66, Rz 37;
BFH-Beschlüsse vom 3.2.2016 V B 35/15, BFH/NV 2016, 794 = SIS 16 07 44, Rz 12; vom 26.2.2014 V S 1/14 (PKH), BFH/NV 2014, 917 =
SIS 14 13 73, Leitsatz 1 und Rz 6).
|
|
|
38
|
cc) Da somit davon auszugehen ist, dass die
Klägerin die übrigen Leistungen sowohl für ihre
wirtschaftliche als auch für ihre nichtwirtschaftliche
Tätigkeit verwendet hat, ist eine Vorsteueraufteilung analog
§ 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 236,
258, BStBl II 2012, 844 = SIS 12 06 37, Rz 32; vom 3.3.2011 V R
23/10, BFHE 233, 274, BStBl II 2012, 74 = SIS 11 18 30, Leitsatz
4). Das FG hat insoweit insgesamt Vorsteuern in Höhe von
11.664 EUR anerkannt, was einem Anteil von etwa 25 % entspricht. Im
Rahmen der analog § 15 Abs. 4 UStG maßgeblichen
wirtschaftlichen Zurechnung aufgrund einer sachgerechten
Schätzung stand der Klägerin jedenfalls kein darüber
hinausgehender Anspruch auf Vorsteuerabzug zu.
|
|
|
39
|
(1) Dabei ist zu berücksichtigen, dass
die aufgrund des Projektentwicklungsvertrages bezogenen Leistungen
zu einem nicht unerheblichen Teil im Zusammenhang mit der Ausgabe
von Kommanditanteilen standen (z.B. Prüfung der
wirtschaftlichen Tragfähigkeit eines Investitions-,
Finanzierungs- und Ertragskonzeptes, die Erstellung von
Planrechnungen bis zur Konzeption eines Fondsmodells für die
Realisierung des Anlageprojekts, das Erstellen eines gestatteten
Emissionsprospektes und von Gesellschafts-, Kauf- und
Treuhandverträgen) und für einen weiteren Teil
ungeklärt ist, ob sie der unternehmerischen
Beratungstätigkeit oder der Ausgabe von Kommanditanteilen
zuzuordnen sind (Verhandlungen mit Behörden, Kreditinstituten
und anderen Interessengruppen sowie die Beratung beim
Projektaufbau). Allein die Auswahl von geeigneten Grundstücken
in X, die Beratung und Unterstützung beim Grundstückskauf
und die Klärung von dinglichen Belastungen stehen in
erkennbarem Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit
der Klägerin.
|
|
|
40
|
(2) Im Streitfall kann auch offen bleiben, ob
ein weitergehender Vorsteuerabzug im Rahmen einer Schätzung
nach § 15 Abs. 4 UStG nicht bereits daran scheitert, dass die
Steuer auf Leistungsentgelte - sofern keine Investitions- oder
Fehlmaßnahmen vorliegen - eine Obergrenze für den
Vorsteuerabzug darstellt (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 236, 258,
BStBl II 2012, 844 = SIS 12 06 37, Rz 33, 34). Denn im Streitfall
beschränkte sich die wirtschaftliche Tätigkeit der
Klägerin - abgesehen von der Untervermietung von
Büroräumen - auf Beratungsleistungen an ihre beiden
Tochtergesellschaften in einer Größenordnung von jeweils
10.000 EUR jährlich. Nach den Verhältnissen des
Streitfalls kommt der wirtschaftlichen Tätigkeit der
Klägerin gegenüber ihrer nichtwirtschaftlichen
Tätigkeit eine nur untergeordnete Bedeutung zu. Hierfür
spricht das Verhältnis der vereinbarten jährlichen
Leistungsentgelte von 20.000 EUR zu den bilanzierten
Beteiligungswertansätzen zum 31.12.2007 in Höhe von
1.100.000 EUR, der Kapitaleinlage der Gründungskommanditisten
in Höhe von 862.500 EUR und der Erhöhung des
Kommanditkapitals bis 2009 auf 7.800.000 EUR. Bestätigt wird
dies durch einen Vergleich zwischen den tatsächlich erzielten
Leistungsentgelten in Höhe von 11.246 EUR und den mehr als
40-fach höheren vorsteuerbelasteten Aufwendungen der
Klägerin im Streitjahr.
|
|
|
41
|
2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel
(§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.
|
|
|
42
|
a) Bei verzichtbaren Verfahrensmängeln
(§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO), zu denen auch die von der
Klägerin gerügte Verletzung der
Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) gehört,
geht das Rügerecht schon durch das bloße Unterlassen
einer rechtzeitigen Rüge verloren. Die durch einen
Rechtsanwalt fachkundig vertretene Klägerin hat in der
mündlichen Verhandlung vor dem FG weder Beweisanträge
gestellt noch die Verletzung einer von Amts wegen - auch ohne
entsprechenden Beweisantrag - gebotenen Sachaufklärung
gerügt. Sie hat auch keinen Sachverhalt geschildert, aufgrund
dessen eine solche Rüge entbehrlich hätte sein
können (ständige Rechtsprechung, z.B.
BFH-Beschluss vom 23.10.2015 IX B
92/15, BFH/NV 2016, 217 = SIS 16 00 50, Leitsatz 1 sowie Rz 2).
|
|
|
43
|
b) Es liegt auch keine
Überraschungsentscheidung vor. Das ist nur der Fall, wenn das
Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht
erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt
stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der
auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst
unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer
Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht
rechnen musste (BFH-Beschluss in BFH/NV
2016, 217 = SIS 16 00 50, Rz 6). Die Frage der Berechtigung zum
Vorsteuerabzug aus den ganz oder teilweise im Zusammenhang mit der
Ausgabe von Kommanditanteilen stehenden Leistungsbezügen ist
vom FG nicht erst mit dem Endurteil in das Verfahren eingebracht
worden, sondern war, wie aus der von der Klägerin selbst im
Zuge der Klageerhebung vorgelegten Einspruchsentscheidung des FA
vom 23.6.2010 hervorgeht, bereits Gegenstand des
außergerichtlichen Vorverfahrens. Dass das FG nach
Beweislastgrundsätzen entschieden hat, ist keine
überraschende Wendung, sondern verfahrensrechtlich
üblich, wenn der Sachverhalt nach Ansicht des FG ausermittelt
ist.
|
|
|
44
|
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|