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Zur Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen an einen sogenannten Lotsendienst für Gründungswillige

Zur Umsatzsteuerbefreiung von Leistungen an einen sogenannten Lotsendienst für Gründungswillige: Leistungen eines Rechtsanwalts gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines Lotsendienstes für Gründungswillige sind nicht umsatzsteuerfrei. - Urt.; BFH 29.3.2017, XI R 6/16; SIS 17 09 89

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 29.03.2017, XI R 6/16 (ECLI:DE:BFH:2017:U.290317.XIR6.16.0)
    BFHE 257 S. 471
    DStR 2017 S. 1386
    HFR 2017 S. 630
    BFH/NV 2017 S. 1145

    Anmerkungen:
    -/- in NWB 25/2017 S. 1860
    M. Brill in DStZ 16/2017 S. 578
    Möller in MwStR 15/2017 S. 630
    W. Tausch in UVR 9/2017 S. 261
    A. Treiber in BFH/PR 9/2017 S. 303
Normen
[UStG] § 4 Nr. 21
[RL 2006/112/EG] Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, Art. 132 Abs. 1 Buchst. j
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 09.03.2016, SIS 16 13 14, Steuerfreier Umsatz, Unterricht, Einrichtung, Unionsrecht
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 09.03.2016, SIS 16 13 14, Steuerfreier Umsatz, Unterricht, Einrichtung, Unionsrecht
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Baden-Württemberg 16.3.2023, SIS 23 11 16, Umsatzsteuerbarkeit der Aufstockungsbeträge zum bisherigen Gehalt, nicht aber der Abfindungen, die im Zus...
  • Niedersächsisches FG 5.9.2022, SIS 23 03 91, Leistungen aus einer Tätigkeit als Schuldnerberater nicht gemäß § 4 Nr. 18 UStG steuerfrei: 1. Bei der Be...
  • BFH 21.4.2022, SIS 22 12 70, Keine Steuerfreiheit der Umsätze aus dem Betrieb einer Cafeteria eines Altersheims: Betreibt ein Altershe...
  • Schleswig-Holsteinisches FG 2.3.2022, SIS 22 07 90, Umsatzsteuerbefreiung von Reitkursen sowie Beherbergung und Verköstigung für Jugendliche und Kinder auf R...
  • BFH 1.2.2022, SIS 23 12 11, Unterrichtsleistung ohne direkten, unmittelbaren, persönlichen Kontakt zur lehrenden Person: 1. Der BFH h...
  • BFH 15.12.2021, SIS 22 11 47, Zur Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 und 22 UStG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL: Judounter...
  • BFH 15.12.2021, SIS 22 11 50, Zur Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG und Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL: - Die Tätigkeit ...
  • BFH 24.3.2021, SIS 21 13 76, Steuerfreiheit des Betriebs von Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften: Der Betrieb von Flüchtlingsunte...
  • BFH 24.2.2021, SIS 21 10 30, Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Gutachtertätigkeiten im Auftrag des MDK (Nachfolgeentscheidung...
  • FG Berlin-Brandenburg 14.8.2019, SIS 20 08 08, Nicht im Rahmen des regulären Unterrichts in der Freizeit der Schüler an Schulen durchgeführte Gewaltpräv...
  • FG Berlin-Brandenburg 8.5.2019, SIS 19 10 72, Nachweis der Existenz von Schwester-Personengesellschaften zur mehrfachen Inanspruchnahme der umsatzsteue...
  • BFH 10.4.2019, SIS 19 12 39, EuGH-Vorlage zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Gutachtertätigkeiten im Auftrag des MDK: 1. Liegt...
  • Hessisches FG 17.12.2018, SIS 19 09 02, Umsatzsteuerliche Behandlung der entgeltlichen Überlassung von Freiwilligen im Rahmen eines Freiwilligend...
  • FG Düsseldorf 9.11.2018, SIS 19 07 55, Umsatzsteuerbefreiung für den Betrieb von Flüchtlingsheimen: 1. Die von einem gewerblichen Betreiber an K...
  • FG München 13.9.2018, SIS 18 17 90, Steuerfreiheit für Schwimmschulen, Unterrichtserteilung durch die Gesellschafter einer GbR: 1. Umsätze ei...
  • Hessisches FG 19.6.2018, SIS 18 19 59, Steuerbefreiung für naturpädagogische Leistungen aus dem Betrieb einer Naturschule: 1. Der Betrieb einer ...
  • FG Baden-Württemberg 14.6.2018, SIS 18 11 16, Schwimmkurse einer privaten Schwimmlehrerin für Kinder von ein bis drei Jahren umsatzsteuerfrei, Säugling...
  • FG Berlin-Brandenburg 28.2.2018, SIS 18 07 42, Keine Umsatzsteuerbefreiung von an sog. Lotsendienste für Gründungswillige erbrachten qualifizierten Bera...
  • BGH 7.9.2017, SIS 18 06 30, Zur Untreue eines Finanzbeamten bei Entscheidungen im Zusammenhang mit dem InvZulG 1999: Ein Finanzbeamte...
  • FG Münster 15.8.2017, SIS 17 19 74, Frage der Steuerbefreiung von Kursen im Baby- und Kleinkinder-Schwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness: 1...

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 9.3.2016 2 K 2320/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

 

1

I. Streitig ist, ob Leistungen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten Lotsendienstes für Gründungswillige von der Umsatzsteuer zu befreien sind.

 

 

 

 

2

Der Kläger führte in den Streitjahren 2009 und 2010 neben Umsätzen aus der Tätigkeit als selbständiger Rechtsanwalt die Unterrichtung von Gründungswilligen durch. Nach den vorgelegten Leistungsvereinbarungen wurde er hierbei von der ... GmbH (GmbH), einem sogenannten Lotsendienst, jeweils mit der Durchführung individueller Qualifizierungen für Existenzgründer beauftragt.

 

 

 

 

3

Die Verträge sahen eine mehrere Stunden umfassende qualifizierende juristische Beratung der in den Verträgen namentlich aufgeführten Gründungswilligen vor, bei denen es vorwiegend um zivilrechtliche und wirtschaftsrechtliche Themen gehen sollte. Die Leistungen waren ausdrücklich nur für die Zeit vor der von den Beratenen geplanten Unternehmensgründung zu erbringen. Seine Leistungen wurden dem Kläger von der GmbH mit jeweils 50 EUR pro Stunde vergütet.

 

 

 

 

4

Den Vereinbarungen zwischen der GmbH und dem Kläger lag eine vom Brandenburgischen Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie erlassene „Richtlinie ... zur Förderung der qualifizierenden Beratung von Gründungswilligen in der Vorgründungsphase, von Existenzgründerinnen und -gründern in der Startphase sowie bei der Begleitung von Unternehmensnachfolgen“ vom 24.1.2007 (Amtsblatt für Brandenburg 2007 Nr. 9, 524) zugrunde. Danach gewährte das Land Brandenburg die Finanzierung der als Lotsendienste bezeichneten Maßnahmen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds sowie eigenen Haushaltsmitteln. Die konkrete Wahrnehmung der Lotsendienste war gemäß 2.1.1 ff. der Richtlinie vom 24.1.2007 durch externe (private) Leistungserbringer vorgesehen.

 

 

 

 

5

Parallel zu den zuvor beschriebenen Qualifizierungsleistungen durch externe, regional gegliederte Lotsendienste sah die zuvor zitierte Richtlinie vom 24.1.2007 auch vor, dass an den Hochschulen des Landes Brandenburg Lotsendienste mit dem entsprechenden Tätigkeitsfeld der Vorgründungsberatung gründungswilliger Studenten und Absolventen eingerichtet wurden. Diese Hochschul-Lotsendienste sollten u.a. auch in vergleichbarer Art und Weise die vom Kläger durchgeführten Aufgaben wahrnehmen. Diese universitären Lotsendienste werden seit 2007 an den Brandenburger Hochschulen für die Teilnehmer kostenlos angeboten.

 

 

 

 

6

In seinen Umsatzsteuererklärungen für 2009 und Voranmeldungen für das I. bis III. Kalendervierteljahr 2010 behandelte der Kläger die Umsätze aus der Tätigkeit im Rahmen des Lotsendienstes als steuerfrei. Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Ansicht, dass diese Umsätze steuerpflichtig seien, und erließ am 2.3.2011 einen entsprechenden Bescheid über Umsatzsteuer für 2009 sowie am 1.3.2011 Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das I. bis III. Kalendervierteljahr 2010.

 

 

 

 

7

Im anschließenden Einspruchsverfahren erließ das FA nach Zustimmung zur Umsatzsteuererklärung des Klägers für diesen Besteuerungszeitraum am 9.8.2012 einen Änderungsbescheid und wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 6.9.2012 als unbegründet zurück. Das FA erließ während des Klageverfahrens zuletzt am 22.4.2013 einen Änderungsbescheid über Umsatzsteuer für 2010.

 

 

 

 

8

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur aus hier nicht streitigen Gründen statt und wies sie im Übrigen ab. Es vertrat die Auffassung, dass die streitigen Beratungsleistungen des Klägers nicht steuerfrei seien. Weder lägen die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor, noch komme eine Umsatzsteuerbefreiung durch unmittelbare Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, i oder j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) in Betracht.

 

 

 

 

9

Das Urteil des FG ist in EFG 2016, 1124 = SIS 16 13 14 veröffentlicht.

 

 

 

 

10

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 4 Nr. 21 UStG. Überdies ergebe sich die Steuerbefreiung aus Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, g und j MwStSystRL.

 

 

 

 

11

Er trägt im Wesentlichen vor, die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG könne nicht an der fehlenden Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde scheitern. Der ablehnende Bescheid der Landesbehörde gegenüber der GmbH sei nichtig.

 

 

 

 

12

Er, der Kläger, könne sich auch unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lägen vor. Insbesondere handele es sich bei ihm um eine „Einrichtung“ i.S. dieser Vorschrift. In vergleichbaren Fällen würde die Befreiung gewährt. Dies sei ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

 

 

 

13

Es lägen weiter die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL vor. Nur weil er, der Kläger, als Subunternehmer die Aufgabe der Daseinsfürsorge übernehme, könnten die Leistungen nicht steuerpflichtig werden. Es handele sich bei ihm in Bezug auf die streitigen Schulungsmaßnahmen um eine Einrichtung mit sozialem Charakter.

 

 

 

 

14

Ebenso würden die Voraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL vorliegen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) ergebe sich nicht, dass die Entgeltlichkeit der Leistungen des als Dritter in die Leistungserbringung eingeschalteten Trägers einer Bildungseinrichtung für die Steuerbefreiung maßgeblich sein soll. Auch auf diese Vorschrift könne er sich unmittelbar berufen.

 

 

 

 

15

Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung sowie der Einspruchsentscheidung vom 6.9.2012 und Änderung der Bescheide vom 2.3.2011 und 22.4.2013 die Umsatzsteuer für 2009 auf ... EUR und für 2010 auf ... EUR festzusetzen.

 

 

 

 

16

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

 

 

17

Es trägt vor, die Beratungsleistungen des Klägers seien entgegen der Ansicht des FG schon vom Grundsatz her nicht steuerfrei.

 

 

 

 

18

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

 

 

 

 

19

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

 

 

20

Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Leistungen des Klägers gegenüber Nichterwerbstätigen im Rahmen eines sogenannten Lotsendienstes für Gründungswillige nicht von der Umsatzsteuer befreit sind. Weder kommt eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG (1.) noch eine solche nach Unionsrecht in Betracht (2.).

 

 

 

 

21

1. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG ist, wie das FG zutreffend angenommen hat, nicht gegeben; es fehlt jedenfalls an der erforderlichen Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb i.V.m. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG.

 

 

 

 

22

a) Nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer an privaten Schulen und anderen allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtungen steuerfrei, soweit diese die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG erfüllen. Nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ist erforderlich, dass die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass u.a. auf einen Beruf ordnungsgemäß vorbereitet wird. Bei der Bescheinigung i.S. des § 4 Nr. 21 UStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung, der die Finanzbehörden als auch die FG bindet (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21.2.2013 V R 27/11, BFHE 240, 487, BStBl II 2013, 529 = SIS 13 14 72, Rz 16; vom 28.5.2013 XI R 35/11, BFHE 242, 250, BStBl II 2013, 879 = SIS 13 22 89, Rz 50; vom 20.4.2016 XI R 6/14, BFHE 253, 499, BStBl II 2016, 828 = SIS 16 15 34, Rz 21).

 

 

 

 

23

b) Danach fehlt es im Streitfall an einer entsprechenden Bescheinigung. Die zuständige Landesbehörde hat mit Bescheid vom 20.3.2012 der GmbH die Erteilung einer Bescheinigung abgelehnt. Auf den Vortrag des Klägers, dass dieser Bescheid fehlerhaft oder sogar nichtig sei, kommt es nicht an. Es fehlt an einer Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG (hier die Erteilung der Bescheinigung durch die zuständige Landesbehörde). Der Kläger ist dadurch nicht in seinen Rechten verletzt. Gegen den ablehnenden Bescheid der zuständigen Behörde hätte er im Klageverfahren vorgehen können (vgl. zur im Einzelfall erforderlichen Klageerhebung auch Craig, EFG 2016, 1126).

 

 

 

 

24

2. Zu Recht ist das FG auch davon ausgegangen, dass der Kläger sich für eine Steuerfreiheit seiner Leistungen nicht auf das Unionsrecht berufen kann.

 

 

 

 

25

a) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Richtlinie 77/388/EWG - ) kommt nicht in Betracht.

 

 

 

 

26

aa) Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25.4.2013 V R 7/11, BFHE 241, 475, BStBl II 2013, 976 = SIS 13 20 29, Rz 21; vom 18.2.2016 V R 46/14, BFHE 253, 421, BFH/NV 2016, 1120 = SIS 16 09 18, Rz 27; jeweils m.w.N.).

 

 

 

 

27

bb) Danach befreien die Mitgliedstaaten folgende Umsätze von der Steuer: „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen ..., einschließlich derjenigen, die durch ... Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden“.

 

 

 

 

28

Der Begriff „Einrichtung“ ist grundsätzlich weit genug, um auch natürliche Personen (vgl. EuGH-Urteil Gregg vom 7.9.1999 C-216/97, EU:C:1999:390, UR 1999, 419 = SIS 00 01 53, Rz 21) und private Einheiten mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. dazu EuGH-Urteile Kingscrest Associates und Montecello vom 26.5.2005 C-498/03, EU:C:2005:322, UR 2005, 453 = SIS 05 30 13, Rz 35 und 40; MDDP vom 28.11.2013 C-319/12, EU:C:2013:778, HFR 2014, 177 = SIS 13 32 46, Rz 28 und 31) zu erfassen.

 

 

 

 

29

Nach den EuGH-Urteilen Kügler vom 10.9.2002 C-141/00 (EU:C:2002:473, UR 2002, 513 = SIS 02 97 10, Rz 54 und 58) und Zimmermann vom 15.11.2012 C-174/11 (EU:C:2012:716, UR 2013, 35 = SIS 13 02 30, Rz 26) legt Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Vielmehr ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben die nationalen Behörden im Einklang mit dem Unionsrecht und unter der Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Zu diesen gehören

 

-

das Bestehen spezifischer Vorschriften, bei denen es sich um nationale oder regionale Rechts- oder Verwaltungsvorschriften, Steuervorschriften oder Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit handeln kann,

 

-

das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuerpflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse,

 

-

die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einer ähnlichen Anerkennung kommen, und

 

-

die Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch Krankenkassen oder durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit.

 

 

 

30

cc) Allerdings sollen durch Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit werden. Durch diese Vorschrift werden nicht alle dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer befreit, sondern nur diejenigen, die in ihr einzeln aufgeführt und sehr genau beschrieben sind (vgl. EuGH-Urteile Kommission/Deutschland vom 20.6.2002 C-287/00, EU:C:2002:388, HFR 2002, 852 = SIS 02 93 22, Rz 45; Horizon College vom 14.6.2007 C-434/05, EU:C:2007:343, BFH/NV 2007, Beilage 4, 389 = SIS 07 34 67, Rz 14; Canterbury Hockey Club und Canterbury Ladies Hockey Club vom 16.10.2008 C-253/07, EU:C:2008:571, HFR 2009, 87 = SIS 08 43 13, Rz 18; Mìsto Žamberk vom 21.2.2013 C-18/12, EU:C:2013:95, UR 2013, 338 = SIS 13 11 63, Rz 18; VDP Dental Laboratory u.a. vom 26.2.2015 C-144/13, C-154/13 und C-160/13, EU:C:2015:116, UR 2015, 474 = SIS 15 08 39, Rz 45). Folglich kann nicht jede Person, die eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausübt, als eine vom Mitgliedstaat anerkannte Einrichtung angesehen werden. So hat der EuGH die Berufsgruppe der Rechtsanwälte von der Befreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausgeschlossen, da Dienstleistungen i.S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL nur eines der Ziele des Anwaltsberufs darstellen können (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a. vom 28.7.2016 C-543/14, EU:C:2016:605, UR 2016, 634 = SIS 16 17 44, Rz 60 ff.).

 

 

 

 

31

dd) Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erbrachte die streitigen Dienstleistungen. Selbst wenn diese Dienstleistungen als solche unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL fallen würden, stellen sie nur einen Teil seiner anwaltlichen Tätigkeit dar, die für die Qualifizierung als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht ausreicht (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a., EU:C:2016:605, UR 2016, 634 = SIS 16 17 44, Rz 60 ff.).

 

 

 

 

32

b) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) scheidet gleichfalls aus.

 

 

 

 

33

aa) Wie bei Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL kann sich ein Steuerpflichtiger auch auf diese Vorschrift unmittelbar berufen (vgl. BFH-Urteile vom 19.5.2005 V R 32/03, BFHE 210, 175, BStBl II 2005, 900 = SIS 05 31 28; vom 18.8.2005 V R 71/03, BFHE 211, 543, BStBl II 2006, 143 = SIS 06 01 79; vom 21.3.2007 V R 28/04, BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999 = SIS 07 23 55, unter II.2.c aa, Rz 25).

 

 

 

 

34

bb) Nach dieser Vorschrift wird u.a. die „Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen ... durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung“ von der Steuer befreit. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Einrichtung anerkannt ist. Die Rechtsprechung zur unternehmerbezogenen Anerkennung im Sozialbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL) ist dabei grundsätzlich auch auf den Unterrichtsbereich (Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL) zu übertragen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 59, BStBl II 2010, 999 = SIS 07 23 55, unter II.2.c dd (2), Rz 33; in BFHE 253, 421, BFH/NV 2016, 1120 = SIS 16 09 18, Rz 47; vom 10.8.2016 V R 38/15, BFHE 254, 448, BFH/NV 2016, 1864 = SIS 16 21 07, Rz 18).

 

 

 

 

35

cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze fehlt es im Streitfall an einer Einrichtung mit sozialem Charakter (s. oben zu II.2.a), so dass der Kläger auch nach dieser Vorschrift keine Steuerbefreiung erlangen kann.

 

 

 

 

36

c) Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL kommt - wie das FG zutreffend entschieden hat - ebenfalls nicht in Betracht.

 

 

 

 

37

aa) Ein Steuerpflichtiger kann sich grundsätzlich unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL berufen (vgl. z.B. EuGH-Urteil Haderer vom 14.6.2007 C-445/05, EU:C:2007:344, UR 2007, 592 = SIS 07 23 30, Rz 38; BFH-Urteile vom 27.9.2007 V R 75/03, BFHE 219, 250, BStBl II 2008, 323 = SIS 08 02 00, unter II.5., Rz 37; in BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687, Rz 15 ff.).

 

 

 

 

38

bb) Steuerfrei ist danach der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht. Nach dem zu dieser Bestimmung ergangenen EuGH-Urteil Eulitz vom 28.1.2010 C-473/08, (EU:C:2010:47, UR 2010, 174 = SIS 10 02 41, Rz 38) kommt es auf „Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht“ beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben (vgl. EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592 = SIS 07 23 30, Rz 26). Dem hat sich der BFH angeschlossen (vgl. BFH-Urteile vom 20.3.2014 V R 3/13, BFH/NV 2014, 1175 = SIS 14 15 62, Rz 20; in BFHE 245, 433, BFH/NV 2014, 1687, Rz 17; jeweils m.w.N.).

 

 

 

 

39

Der Unterricht wird von einem Privatlehrer i.S. dieser Vorschrift erteilt, wenn der Unterricht „privat“ erteilt wird (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 18.11.2015 XI B 61/15, BFH/NV 2016, 435 = SIS 16 02 73, Rz 21 f., m.w.N.). Dies kann auch gegenüber einer Einzelperson erfolgen. Erforderlich ist aber, dass der Unternehmer Träger der Bildungseinrichtung ist, an der die Bildungsmaßnahmen erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil Eulitz, EU:C:2010:47, UR 2010, 174 = SIS 10 02 41, Rz 52 ff.). Der Unternehmer muss auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung handeln (vgl. EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592 = SIS 07 23 30, Rz 30). Daher sind Leistungen, die an einer anderen Bildungseinrichtung ausgeführt werden, in der Regel nicht „privat“ (vgl. Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 4 Nr. 21 Rz 32; Philipowski, UR 2010, 166; Korn, DStR 2010, 688, 690; Tehler in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 21 Rz 339, der aber eine Präzisierung durch den EuGH fordert). Ob dies voraussetzt, dass der Unternehmer eigene Vertragsbeziehungen zu dem Unterrichteten unterhalten muss, ist streitig (ablehnend EuGH-Urteil Haderer, EU:C:2007:344, UR 2007, 592 = SIS 07 23 30, Rz 32; Oelmaier in Sölch/Ringleb, a.a.O., § 4 Nr. 21 Rz 34; Tehler in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 4 Nr. 21 Rz 340; Philipowski, UR 2010, 161, 166; Kulmsee in Reiß/Kraeusel/ Langer, UStG § 4 Nr. 21 Rz 101; a.A. Lippross, Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 739; zweifelnd auch Stadie, UStG, 3. Aufl., § 4 Nr. 21 Rz 12). Schädlich ist aber eine Zwischenschaltung eines Dritten auf der Seite des Leistenden (vgl. Korn, DStR 2010, 688, 690; Kulmsee in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 4 Nr. 21 Rz 101).

 

 

 

 

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cc) Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Streitfall daran, dass der Kläger selbst Träger der Bildungseinrichtung ist. Die GmbH, nicht aber der Kläger, war Träger der Bildungseinrichtung Lotsendienst, an der er die Unterrichtung Gründungswilliger vornahm und Ausbildungsleistungen für die Teilnehmer an diesen Maßnahmen erbrachte (vgl. EuGH-Urteil Eulitz, EU:C:2010:47, UR 2010, 174 = SIS 10 02 41, Rz 52 ff.). Er war somit nicht „Privatlehrer“ i.S. von Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL.

 

 

 

 

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.