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Musikschule, Bescheinigung der Landesbehörde als Grundlagenbescheid

Musikschule, Bescheinigung der Landesbehörde als Grundlagenbescheid: 1. Bei der Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. - 2. Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG kann Rückwirkung zukommen, ohne dass dem der Grundsatz der Rechtssicherheit entgegensteht. - Urt.; BFH 20.8.2009, V R 25/08; SIS 09 33 07

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Umsatzsteuer-Freiheit
Fundstellen
  1. BFH 20.08.2009, V R 25/08
    BStBl 2010 II S. 15
    LEXinform 0179378

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 15.12.2009
    wt in UVR 12/2009 S. 365
    erl in StuB 1/2010 S. 35
    S.M. in BFH/PR 1/2010 S. 19
Normen
[RL 77/388/EWG] Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j
[AO 1977] § 175
[UStG 1980] § 4 Nr. 21
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Niedersächsisches FG, 17.07.2008, SIS 09 01 01, Bestandskraft, Bescheinigung, Änderung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 20.12.2022, SIS 22 21 75, Umsatzsteuer-Anwendungserlass, Änderungen zum 31. Dezember 2022 (Einarbeitung von Rechtsprechung und reda...
  • FG Berlin-Brandenburg 5.7.2021, SIS 21 14 72, Umsatzsteuerliche Behandlung von Tennistrainerhonoraren: 1. Der Begriff "die dem Schul- und Bildungszweck...
  • BFH 22.8.2019, SIS 19 16 57, Steuerfreie Leistungen eines Dirigenten: 1. Die Leistungen eines Dirigenten, dem die zuständige Landesbeh...
  • BFH 19.2.2019, SIS 19 08 59, Änderung von Steuerbescheiden aufgrund von Grundlagenbescheiden, die nicht sämtliche Tatbestandsmerkmale ...
  • FG München 25.10.2018, SIS 19 16 33, Bindung des HZA an die Beurteilung der Voraussetzungen zur Erteilung einer Einfuhrlizenz durch die BLE: 1...
  • FG Köln 26.4.2018, SIS 18 10 70, Bescheinigung einer Denkmalbehörde als Grundlagenbescheid: 1. § 171 Abs. 10 AO enthält keine dahingehende...
  • BFH 20.6.2017, SIS 17 20 58, Abzugsfähigkeit von Schulgeldzahlungen an andere Einrichtungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG: Di...
  • BVerwG 27.4.2017, SIS 17 18 21, Umsatzsteuer-Befreiung für eine Schüler-Nachhilfeeinrichtung, Frage der notwendigen Qualifikation der Leh...
  • BVerwG 27.4.2017, SIS 17 16 01, Anforderungen an die erforderliche Eignung von Nachhilfelehrkräften: 1. Nachhilfeunterricht kann im Sinne...
  • FG Baden-Württemberg 23.9.2016, SIS 16 27 21, Kraftfahrzeugsteuer bereits aufgrund Zulassung, Zulassungsbescheinigung Teil I und II als Grundlagenbesch...
  • BFH 20.4.2016, SIS 16 15 34, Zur Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist bei ressortfremden Grundlagenbescheiden vor Inkrafttreten von § 1...
  • FG München 16.7.2015, SIS 15 24 09, Unionsrechtliche Steuerbefreiung für von Musiker privat erteilten Musikunterricht, unionsrechtlich befrei...
  • FG Rheinland-Pfalz 9.10.2014, SIS 15 02 06, Frage der Umsatzsteuerpflicht von Kampfsportkursen: 1. Umsätze aus dem Angebot von Kampfsportkursen sind ...
  • FG Nürnberg 26.8.2014, SIS 14 29 55, Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen privater Bildungseinrichtungen, Rechtsnatur der Bescheinigung der zus...
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  • FG Berlin-Brandenburg 30.7.2014, SIS 15 06 66, Leistungen der freien Mitarbeiter des Besucherdienstes beim Deutschen Bundestag nicht umsatzsteuerbefreit...
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  • BFH 26.10.2011, SIS 12 10 16, Stromsteuerrechtliche Verwendererlaubnis kein Grundlagenbescheid: Die nach § 9 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Strom...
  • FG Hamburg 16.6.2011, SIS 11 32 30, Nachhilfeunterricht kann auch ohne Bescheinigung der Landesbehörde umsatzsteuerfrei erteilt werden: 1. Di...
  • VG Berlin 27.1.2011, SIS 11 19 74, Umsatzsteuergesetz für Sprachkurse: Steuerbefreiung nach dem Umsatzsteuergesetz für Sprachkurse, die sich...
  • FG Berlin-Brandenburg 19.1.2011, SIS 11 17 29, Umsatzsteuerbarkeit und -steuerpflicht der Dozententätigkeit im Besucherdienst des Deutschen Bundestages ...
  • OFD Niedersachsen 8.12.2010, SIS 11 09 46, Einführung eines Umsatzsteuer-Anwendungserlasses: Eine ausführliche Verwaltungsanweisung erläutert die Ne...
  • BMF 1.10.2010, SIS 10 33 27, UStAE: Verwaltungsregelung zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes - Umsatzsteuer-Anwendungserlass. - Verw...
  • OFD Niedersachsen 17.9.2010, SIS 10 36 50, Folgebescheide, Anpassung an Grundlagenbescheide: Die OFD Niedersachsen hat die Verfügung zur Anpassung v...
  • Niedersächsisches FG 16.9.2010, SIS 10 38 40, Keine Verwirkung der Steuerfestsetzung bei Grundlagenbescheiden: 1. Verwirkung setzt voraus, dass sich de...
  • FG Berlin-Brandenburg 21.4.2010, SIS 11 28 53, Auf § 9 Abs. 4 StromStG (Stromsteuergesetz) beruhende Erteilung einer Erlaubnis zum steuerbegünstigten Be...
  • BFH 18.2.2010, SIS 10 11 57, Steuerfreie Leistungen eines Orchestermusikers gegenüber seinem Orchester: 1. Ein Orchestermusiker kann a...

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war u.a. als selbständiger Musiklehrer an der Musikschule H e.V. (Musikschule) tätig. Er reichte für das Streitjahr 2004 eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung ein, aus der sich eine Umsatzsteuer von 0 EUR ergab. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) folgte dem nicht und setzte mit Bescheid vom 19.9.2005 Umsatzsteuer fest, da die Leistungen des Klägers mangels Bescheinigung nicht steuerfrei seien. Den hiergegen zunächst eingelegten Einspruch nahm der Kläger zurück. Mit Schreiben vom 27.2.2006 beantragte der Kläger, den Umsatzsteuerbescheid vom 19.9.2005 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu ändern, da seine Unterrichtsleistungen an der Musikschule steuerfrei seien. Das FA lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 8.3.2006 ab, da keine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) vorliege und die Voraussetzungen des § 173 AO nicht erfüllt seien. Hiergegen legte der Kläger erfolglos Einspruch ein.

 

Während des Einspruchsverfahrens bescheinigte das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) zum einen mit Bescheid vom 27.7.2006, dass die Musikschule gemäß § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG unter anderem mit dem Erteilen von Musikunterricht in den Kursen Instrumentenkarussell, Bariton, Posaune, Tenorhorn, Trompete, Tuba, Bläserklassen ab der Unterstufe (Anfänger) durch den Kläger auf einen Beruf (Aufnahmeprüfung an einer Fachhochschule für Musik) oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegenden Prüfung (Abitur) ordnungsgemäß vorbereite. Die Bescheinigung wurde mit Wirkung ab dem 1.9.2001 zur Vorlage beim FA erteilt. Am gleichen Tag bescheinigte das Niedersächsische MWK zum anderen mit Wirkung ab 1.1.2001, dass der vom Kläger als selbständiger Musiklehrer erteilte Musikunterricht in den Kursen Bariton, Posaune, Tenorhorn, Trompete, Tuba ab der Unterstufe (Anfänger) geeignet sei, seine Schüler und Vertragspartner i.S. des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG auf einen Beruf (Aufnahmeprüfung an einer Fachhochschule für Musik) oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung (Abitur) ordnungsgemäß vorzubereiten.

 

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt (veröffentlicht in EFG 2008, 1933 = SIS 09 01 01). Materiell-rechtlich seien die Leistungen, die der Kläger an die Musikschule erbracht habe, aufgrund der Bescheinigung des Niedersächsischen MWK vom 27.7.2006 nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei. Der Kläger habe als selbständiger Lehrer mit seinen Kursen in den Fächern Bariton, Posaune, Tenorhorn, Trompete, Tuba unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck der Musikschule dienenden Unterricht erteilt. Das Niedersächsische MWK habe u.a. für das Streitjahr 2004 bescheinigt, dass der Kläger mit seiner selbständigen Unterrichtstätigkeit an der Musikschule ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereite. Der bestandskräftige Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 19.9.2005 sei nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO aufzuheben. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG setze für die Steuerfreiheit der Umsätze die Erteilung einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde über die ordnungsgemäße Vorbereitung auf einen Beruf voraus. Diese Bescheinigung binde im Umfang der durch diese Vorschrift geregelten Aussage die Finanzbehörden. Die Bescheinigung stelle im Umfang ihrer Bindungswirkung einen Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10 AO dar. Zwar sei die Bescheinigung der Landesbehörde nur ein Tatbestandsmerkmal des § 4 Nr. 21 UStG. Daneben habe die Finanzbehörde in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob die fragliche Einrichtung allgemeinbildend oder berufsbildend sei. Liege keine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung vor, sei der Steuerbescheid trotz Vorlage einer Bescheinigung der Landesbehörde nicht zu ändern. Unzutreffend sei entgegen der Auffassung des FA, dass eine Änderung des Steuerbescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nur in Betracht komme, wenn der Grundlagenbescheid Bindungswirkung hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsmerkmale der Steuerbefreiungsvorschrift entfalte. Diese einschränkende Auslegung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO finde in dessen Wortlaut keinen Anhalt. Dass aufgrund der Neuregelung in § 175 Abs. 2 Satz 2 AO eine Änderung aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht in Betracht komme, sei somit unerheblich.

 

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Eine Änderung des Umsatzsteuerbescheides sei nicht möglich. Zwar sei in § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG vorgesehen, dass die zuständige Landesbehörde die ordnungsgemäße Vorbereitung auf einen Beruf bescheinige. Diese Bescheinigung binde insoweit auch die Finanzbehörden. Ob die Voraussetzungen der Steuerfreiheit im Übrigen vorlägen - insbesondere, ob es sich um eine allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung handele -, entscheide die Finanzbehörde jedoch in eigener Zuständigkeit. Grundlagenbescheide seien nach der Legaldefinition des § 171 Abs. 10 AO alle Feststellungsbescheide, Steuerbescheide und alle anderen Verwaltungsakte, die für die Festsetzung einer Steuer bindend seien. Bindungswirkung habe ein Verwaltungsakt aber nur, wenn die Bindungswirkung durch Gesetz ausdrücklich angeordnet sei. Bloße Zuständigkeitsvorschriften oder die allgemeine Verpflichtung der Behörden, die von anderen Verwaltungsbehörden erlassenen Verwaltungsakte zu beachten, reichten für die Annahme eines Grundlagenbescheids nicht aus. Im Streitfall komme der maßgeblichen Bescheinigung nur insoweit Grundlagencharakter zu, als die Finanzbehörden an die Feststellung gebunden seien, dass eine Einrichtung auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereite. Eine weiter gehende Bindungswirkung, die eine Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zuließe, komme der Bescheinigung nicht zu.

 

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Der Umsatzsteuerbescheid 2004 sei gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, da es sich bei der Bescheinigung des Niedersächsischen MWK um einen Grundlagenbescheid handele. Auch Bescheide anderer Behörden, die keine Finanzbehörden seien, könnten Grundlagenbescheide sein, wie die Rechtsprechung zu Schwerbehindertenausweisen zeige. Da die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG Tatbestandsmerkmal für die Umsatzsteuerbefreiung sei, komme der Bescheinigung rechtliche Außenwirkung zu.

 

II. Die Revision des FA ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Leistungen des Klägers sind nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb i.V.m. Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei und der bestandskräftige Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 19.9.2005 war nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, weil es sich bei der Bescheinigung des Niedersächsischen MWK vom 27.7.2006 um einen Grundlagenbescheid handelte.

 

1. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 21 UStG

 

„a)

die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemein bildender oder berufsbildender Einrichtungen,

 

 

aa)

wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder

 

 

 

 

bb)

wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, daß sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten,

 

b)

die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Unterrichtsleistungen selbständiger Lehrer

 

 

aa)

an Hochschulen im Sinne der §§ 1 und 70 des Hochschulrahmengesetzes und öffentlichen allgemein bildenden oder berufsbildenden Schulen oder

 

 

 

 

bb)

an privaten Schulen und anderen allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit diese die Voraussetzungen des Buchstabens a erfüllen;“.

 

Die Vorschrift beruhte im Streitjahr 2004 gemeinschaftsrechtlich auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG. Steuerfrei waren danach

 

„i)

die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung;

 

 

j)

den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht“.

 

2. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Steuerfreiheit der durch den Kläger erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb i.V.m. Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG bejaht.

 

a) Der Kläger erbrachte als selbständiger Lehrer unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen im Sinne des Einleitungssatzes von § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG. Nach den Feststellungen des FG unterrichte der Kläger als selbständiger Lehrer Kurse in unterschiedlichen Instrumentenfächern. Es handelte sich hierbei - wie das FG zutreffend entschieden hat - um unmittelbar den Schul- und Bildungszweck dienende Unterrichtsleistungen, da der Musikunterricht ein geistiges Gut vermittelt, das Gegenstand der Allgemeinbildung ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3.5.1989 V R 83/84, BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815 = SIS 89 18 29, unter II. 2. d). Es kommt im Übrigen nicht darauf an, ob die jeweilige Unterrichtsleistung auf eine Berufsausbildung oder Prüfung vorbereitet (BFH-Urteile in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815 = SIS 89 18 29, unter II. 2. d, und vom 10.1.2008 V R 52/06, BFHE 221, 295, UR 2008, 276 = SIS 08 12 03, unter II. 2. a aa; vgl. auch Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 14.6.2007 Rs. C-434/05, Horizon College, Slg. 2007, I-4793, BFH/NV Beilage 2007, 389, UR 2007, 587 = SIS 07 34 67 Rn. 26).

 

b) Der Kläger war auch - wie von § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG vorausgesetzt - an einer privaten Schule tätig, die die Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erfüllt. Zwar ergibt sich dies entgegen dem FG-Urteil nicht aus der durch das Niedersächsische MWK für den Kläger selbst erteilten Bescheinigung vom 27.7.2006. Nach der durch das Niedersächsische MWK darüber hinaus für die Musikschule selbst erteilten Bescheinigung vom gleichen Tag bereitete jedoch auch die Musikschule mit ihrem Musikunterricht in den in der Bescheinigung aufgeführten Kursen (wie sie vom Kläger durchgeführt worden sind) auf die Aufnahmeprüfung bei Musikfachhochschulen und die Abiturprüfung vor, so dass es sich bei der Musikschule um eine berufs- und prüfungsvorbereitende Einrichtung handelte, die aufgrund dieser Leistungen weiter auch als allgemeinbildend und berufsbildend anzusehen ist.

 

3. Das FG hat weiter zutreffend entschieden, dass der bestandskräftige Umsatzsteuerbescheid auch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG aufgrund der Bescheinigung zu ändern war. Danach ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird.

 

a) Der Umsatzsteuerjahresbescheid vom 19.9.2005 war bestandskräftig, da der Kläger den gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch zurückgenommen hatte.

 

b) Der Bescheid stand nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO). Der Kläger hatte für das Streitjahr eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abgegeben, aus der sich eine Steuerschuld von 0 EUR ergab. Zwar stand diese Steueranmeldung nach § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, da sie weder zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer noch zu einer Steuervergütung führte (§ 168 Satz 2 AO). Bei dem durch das FA erlassenen Umsatzsteuerbescheid vom 19.9.2005 handelte es sich daher nicht um einen Erstbescheid, sondern um einen auf § 164 Abs. 2 Satz 1 AO gestützten Änderungsbescheid. Da der Steuerbescheid vom 19.9.2005 keinen Vorbehalt der Nachprüfung enthielt, galt jedoch der Vorbehalt der Nachprüfung als aufgehoben. Ein Steuerbescheid ist nur dann wirksam unter Vorbehalt gestellt, wenn die Kennzeichnung des Vorbehalts für den Steuerpflichtigen eindeutig erkennbar ist (z.B. BFH-Urteile vom 2.12.1999 V R 19/99, BFHE 190, 288, BStBl II 2000, 284 = SIS 00 05 99; vom 15.3.2007 III R 57/06, BFH/NV 2007, 1461 = SIS 07 23 83). Denn der kraft Gesetzes für eine Steueranmeldung geltende Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn das FA nach Eingang der Steuererklärung erstmals einen Steuerbescheid ohne Nachprüfungsvorbehalt erlässt (BFH-Urteil in BFHE 190, 288, BStBl II 2000, 284 = SIS 00 05 99).

 

c) Wie das FG zutreffend entschieden hat, handelt es sich bei der Bescheinigung des Niedersächsischen MWK um einen Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10 AO, der Grundlage für eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist.

 

aa) Die AO definiert in § 171 Abs. 10 AO den Grundlagenbescheid als einen Verwaltungsakt, der für die Festsetzung einer Steuer bindend ist, ohne die Voraussetzungen der Bindungswirkung näher zu bestimmen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist für die Annahme einer Bindungswirkung grundsätzlich eine gesetzliche Regelung erforderlich. Ohne gesetzlich angeordnete Bindungswirkung hat der BFH einen Grundlagenbescheid nur dort für möglich gehalten, wo Sachverhalte zu beurteilen sind, die die Finanzbehörde mangels eigener Sachkunde nicht selbst nachzuprüfen vermag (BFH-Entscheidungen vom 10.6.1988 III R 232/84, BFHE 154, 68, BStBl II 1988, 981 = SIS 88 20 32; vom 11.4.2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679 = SIS 05 31 02; s. auch Klein/Rüsken, AO, 9. Aufl., § 171 Rz 102; Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 90). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Über die in § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG aufgeführte Voraussetzung der Berufs- oder Prüfungsvorbereitung hat nicht das FA, sondern die zuständige Landesbehörde in einem gesonderten Bescheinigungsverfahren zu entscheiden. Die Bescheinigung der Landesbehörde ist dabei für das FA bindend und der Nachprüfung durch das FG entzogen (BFH-Urteil in BFHE 157, 458, BStBl II 1989, 815 = SIS 89 18 29, erster Leitsatz). Die durch die zuständige Landesbehörde zu erteilende Bescheinigung ist daher ein Grundlagenbescheid i.S. von § 171 Abs. 10 AO (noch offen gelassen durch BFH-Urteil in BFHE 221, 295, UR 2008, 276 = SIS 08 12 03, unter II. 3.).

 

bb) Unerheblich ist entgegen der Auffassung des FA, dass im Bescheinigungsverfahren nur über eine, nicht aber über alle Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG zu entscheiden ist.

 

Nach der Rechtsprechung des BFH steht es dem Vorliegen eines Grundlagenbescheides i.S. von § 171 Abs. 10 AO nicht entgegen, dass sich die verbindlichen Feststellungen auf einzelne Voraussetzungen einer steuerrechtlichen Vorschrift beschränken (BFH-Urteile vom 15.10.1996 IX R 47/92, BFHE 181, 312, BStBl II 1997, 176 = SIS 97 04 06, unter 1. b zur Bindungswirkung der Bescheinigung nach § 82i Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, und vom 21.8.2001 IX R 20/99, BFHE 196, 191, BStBl II 2003, 910 = SIS 01 13 79, unter II. 1. b zur Bindungswirkung der Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes). Dass im Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nr. 21 UStG nicht über alle Voraussetzungen der Steuerfreiheit zu entscheiden ist, spielt daher für das Vorliegen eines Grundlagenbescheides keine Rolle.

 

d) Der Korrektur des bestandskräftigen Steuerbescheides steht auch nicht § 175 Abs. 2 Satz 2 UStG entgegen. Danach gilt die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung nicht als rückwirkendes Ereignis. Die Regelung bezieht sich nur auf die Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Änderung bei rückwirkendem Ereignis), nicht aber auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO (Änderung bei Grundlagenbescheid) und betrifft daher nur Bescheinigungen, denen nicht der Charakter eines durch eine Behörde erlassenen Grundlagenbescheides (§ 171 Abs. 10 AO) zukommt.

 

4. Die Rückwirkung, die sich aus der im Streitfall erst nach Entstehen des Steueranspruchs (§ 13 UStG) erteilten Bescheinigung ergibt, verstößt entgegen der vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) geäußerten Bedenken (BVerwG-Urteil vom 11.10.2006 10 C 4.06, NJW 2007, 714, BFH/NV Beilage 2007, 325 = SIS 07 10 30, unter 2.) nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Dieser gebietet zwar, dass der Unternehmer in der Lage sein muss, den Umfang der ihm damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (vgl. EuGH-Urteile vom 15.12.1987 326/85, NL/Kommission, Slg. 1987, 5091 Rn. 24, und vom 29.4.2004 C-17/01, Sudholz, Slg. 2004, I-4243 = SIS 04 18 23 Rn. 34). § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG entspricht jedoch den sich hieraus ergebenden Erfordernissen, da sich aus der Vorschrift klar und eindeutig ergibt, dass die Steuerfreiheit eine berufs- oder prüfungsvorbereitende Einrichtung voraussetzt und dies durch die zuständige Landesbehörde zu bescheinigen ist. Erfolgt die somit maßgebliche Beurteilung durch die Landesbehörde und dementsprechend die Erteilung der Bescheinigung erst nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung, verstößt dies ebenso wenig gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit wie die - außerhalb des gesonderten Bescheinigungsverfahrens - durch das FA z.B. im Rahmen einer Außenprüfung erst nach der Steuerentstehung vorgenommene Prüfung anderer Voraussetzungen der Steuerfreiheit.