Nachzahlungszinsen, Verbot des Werbungskostenabzugs: § 12 Nr. 3 EStG schließt den Abzug von Nachzahlungszinsen i.S. des § 233 a AO als Werbungskosten unabhängig davon aus, ob der Steuerpflichtige den nachzuzahlenden Betrag - wie den Differenzbetrag zwischen festgesetzten Einkommensteuervorauszahlungen und festgesetzter Einkommensteuer - vor der Nachzahlung zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen eingesetzt hat. - Urt.; BFH 2.9.2008, VIII R 2/07; SIS 08 44 59
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob Nachzahlungszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften
aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit den Zinseinnahmen aus
der Anlage des nachgezahlten Steuerbetrages zu berücksichtigen
sind.
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) und sein Vater veräußerten im Februar 1998
einen Teilbetrieb sowie eine Beteiligung. Den
Veräußerungsgewinn legten sie in Höhe von
40.000.000 DM auf ihren gemeinsamen Konten als Festgeld an.
Zusätzlich führten sie ein gemeinsames Girokonto. Nach
dem Tod des Vaters im Oktober 1998 gingen die Konten auf den
Kläger als Alleinerben über. Die insoweit erzielten
Zinserträge aus den Jahren 1998 bis 2001 wurden der
Einkommensteuer unterworfen. Im Dezember 1998 setzte der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Vorauszahlungen
zur Einkommensteuer 1998 im Hinblick auf den
Veräußerungsgewinn herauf; der Kläger leistete
für das Jahr 1998 Einkommensteuervorauszahlungen in Höhe
von insgesamt 7.941.488 DM.
Mit dem Einkommensteuerbescheid für
1998 vom 6.4.2001 setzte das FA die Einkommensteuer 1998 in
Höhe von 10.046.061 DM fest und berechnete für die
Differenz zum Vorauszahlungsbetrag (2.104.573 DM)
Nachzahlungszinsen in Höhe von 105.228 DM (5 % des
Differenzbetrages).
Mit Einspruch gegen den Bescheid des FA
über den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2001 vom
11.4.2003 (aus nicht streitigen Gründen geändert durch
Bescheid vom 6.4.2005) begehrte der Kläger, diese
Nachzahlungszinsen als Werbungskosten bei seinen Einkünften
aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit der Festgeldanlage des
Veräußerungsgewinns verlusterhöhend zu
berücksichtigen. Denn die Nachzahlungszinsen stünden im
wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Zinseinnahmen aus der
Festgeldanlage, soweit sie in Höhe von 174.350,66 DM auf den
Differenzbetrag zwischen den geleisteten
Einkommensteuervorauszahlungen für 1998 und der für
dieses Jahr festgesetzten und entrichteten Einkommensteuer 1998
entfielen. Er habe den Veräußerungsgewinn nämlich
zum Teil vorsorglich zur Bezahlung von ggf. nachzuentrichtenden
Steuern - zinsbringend - zurückgelegt. Aufgrund dieses
wirtschaftlichen Zusammenhangs seien die Nachzahlungszinsen
Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG); der Ablehnung des
Werbungskostenabzugs unter Hinweis auf § 12 EStG stehe das
objektive Nettoprinzip entgegen.
Das FA wies den Einspruch wegen fehlenden
wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den Nachzahlungszinsen und
den Zinserträgen als unbegründet zurück. Die
Nachzahlungszinsen seien zum Zeitpunkt der Zinseinahmen aus der
Festgeldanlage des Veräußerungsgewinns noch nicht
festgesetzt gewesen. Im Übrigen seien sie unabhängig
davon angefallen, dass der Kläger die
Einkommensteuernachzahlung mit den Beträgen aus der
Festgeldanlage vorgenommen habe.
Die dagegen erhobene Klage hat das
Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2007, 936 = SIS 07 11 63
veröffentlichten Urteil abgewiesen. Mit der Revision rügt
der Kläger Verletzung materiellen Rechts.
Im Streitfall seien die Nachzahlungszinsen
(als Werbungskosten abziehbarer) Aufwand für die
Möglichkeit der Kapitalnutzung - in Höhe der später
festgesetzten Einkommensteuernachzahlung - gewesen. Wirtschaftlich
stelle sich der Liquiditätsvorteil als Kredit des FA dar,
für den der Steuerpflichtige Zinsen - in Form der
Nachzahlungszinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung
(AO) - gezahlt habe. Damit bestehe zwischen Nachzahlungszinsen und
dem Zinsertrag aus der Anlage des später nachgezahlten
Betrages ein hinreichender wirtschaftlicher Zusammenhang. Auf die
Gründe für die Gewährung des
Liquiditätsvorteils, wie eine verspätete Abgabe der
Steuererklärung oder eine verspätete Bearbeitung der
Steuererklärung durch das FA, komme es nicht an.
Der Kläger und sein Vater hätten
seit Anfang 1998 aufgrund einer zwischen ihnen getroffenen
Vereinbarung jedenfalls den Betrag von 2.104.573 DM
zurückgelegt, um die im März 2001 erfolgte Nachzahlung
leisten zu können. Diesen Betrag habe der Kläger von
vorneherein zinsbringend angelegt.
Im Übrigen sei die Auffassung des
Bundesfinanzhofs (BFH) abzulehnen, das steuerrechtliche Schicksal
von Schuldzinsen hänge allein von der Verwendung des
Darlehensbetrages ab. Denn es gebe keine allgemeingültigen
Kriterien für eine richtige Kreditzuordnung. Die Auffassung
des BFH müsse auch vor dem Hintergrund der Einfügung des
§ 4 Abs. 4a EStG überdacht werden. Schließlich
stünde § 12 EStG einem Abzug der Nachzahlungszinsen als
Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
nicht entgegen, wenn ein ausreichender wirtschaftlicher
Zusammenhang mit einer bestimmten Einkunftsart bestehe. Andernfalls
liege ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip vor. Einer
der Ausnahmefälle für die Durchbrechung dieses Prinzips
sei im Streitfall nicht gegeben.
Der Kläger beantragt
sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den
verbleibenden Verlustabzug auf den 31.12.2001 unter Änderung
des angefochtenen Änderungsbescheids vom 6.4.2005 durch
Berücksichtigung weiterer Werbungskosten bei den
Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 105.228
DM höher festzustellen, hilfsweise dem
Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 12 EStG
insoweit verfassungswidrig ist, als er die Absetzung von
Nachzahlungszinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten
untersagt.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Die Einkommensteuer setze zwar eine
einkommensteuerrelevante Erwerbssphäre voraus, sei aber selbst
der Privatsphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen; dies gelte
gleichermaßen für die steuerlichen Nebenleistungen.
Hinzu komme, dass der Kläger sich bewusst aus wirtschaftlichen
Gründen für eine zinsbringende und deshalb
steuerpflichtige Kapitalanlage, nicht aber für die
gleichermaßen mögliche Beantragung höherer
Vorauszahlungen entschieden habe.
Die Nachzahlungszinsen stünden nicht
im Zusammenhang mit einer Darlehensaufnahme. Der Kläger habe
keinen Kredit vom FA erhalten, sondern Eigenkapital zur
Einkünfteerzielung eingesetzt, so dass insoweit
grundsätzlich keine Schuldzinsen anfallen könnten. Die
bloße Widmung dieses Eigenkapitals für spätere
Steuerzahlungen sei unerheblich; der Liquiditätsvorteil durch
eine spätere Zahlung der Steuern stelle keine Kreditierung
dar, die zum Schuldzinsenabzug führe.
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
Zu Recht hat das FG die Abziehbarkeit der
Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO als Werbungskosten bei
den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen im
Zusammenhang mit den Zinseinnahmen aus der Festgeldanlage
desjenigen Betrages verneint, den er zur Zahlung der Differenz
zwischen Einkommensteuervorauszahlung und der
Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 1998 verwandt
hat. Ferner bestehen gegen die Verfassungsmäßigkeit des
§ 12 Nr. 3 EStG keinerlei Bedenken, so dass auch der
Hilfsantrag des Klägers unbegründet ist.
1. Nach § 10d Abs. 4 EStG in der für
das Streitjahr 2001 geltenden Fassung ist der am Schluss eines
Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag getrennt nach
Einkunftsarten gesondert festzustellen.
a) Verbleibender Verlustvortrag sind die bei
der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht
ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach
§ 10d Abs. 1 EStG abgezogenen und die nach § 10d Abs. 2
EStG abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss
des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten
verbleibenden Verlustvortrag. Feststellungsbescheide sind zu
erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach
§ 10d Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden
Beträge ändern und deshalb der entsprechende
Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist;
Entsprechendes gilt nach § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG, wenn der
Erlass, die Aufhebung oder die Änderung des Steuerbescheids
mangels steuerlicher Auswirkungen - wie im Streitfall -
unterbleibt.
§
b) Die vom Kläger begehrte Erhöhung
des verbleibenden Verlustvortrags bei den Einkünften aus
Kapitalvermögen um den Betrag der Nachzahlungszinsen setzt
nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG voraus, dass ihre Zahlung
Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen
aus dieser Einkunftsart sind, d.h. mit dieser Einkunftsart in
wirtschaftlichem Zusammenhang steht (Beschluss des Großen
Senats des BFH vom 4.7.1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II
1990, 817 = SIS 90 21 11).
aa) Daran fehlt es schon dann, wenn der
jeweilige Aufwand einen der Tatbestände des § 12 Nr. 1
bis 5 EStG erfüllt und damit schon nach dem Einleitungssatz
des § 12 EStG („... dürfen weder bei den
einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte
abgezogen werden ...“) eine Zurechnung zu den
Werbungskosten ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.1.1992 X
R 155/90, BFH/NV 1992, 458; von Bornhaupt, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rz A 91; Kreft in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 29). Zu den danach
gemäß § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbaren Steuern vom
Einkommen gehören nach dem zweiten Halbsatz der Vorschrift
auch die darauf entfallenden Nebenleistungen, zu denen
gemäß § 3 Abs. 4 AO auch festgesetzte Zinsen
gehören (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 458 zu
Aussetzungszinsen; zu Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO
BFH-Beschlüsse vom 18.6.2003 IX B 199/02, BFH/NV 2003, 1326 =
SIS 03 41 91; vom 10.8.2005 VIII B 324/04, BFH/NV 2006, 47 = SIS 06 02 50).
bb) Selbst wenn man die Regelung des § 12
Nr. 3 EStG außer Betracht ließe, würde die
Abziehbarkeit der streitigen Nachzahlungszinsen voraussetzen, dass
sie zumindest wirtschaftlich als Zinsen auf ein vom FA
gewährtes Darlehen angesehen werden könnten und - diese
Voraussetzung unterstellt - in einem objektiven Zusammenhang mit
der Kapitalüberlassung stünden sowie subjektiv zur
Förderung dieser Nutzungsüberlassung bestimmt gewesen
wären (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1326 = SIS 03 41 91, sowie vom 13.12.2005 VIII B 74/05, BFH/NV 2006, 740 = SIS 06 15 21). Maßgeblich dafür ist der Verwendungszweck der
Darlehensvaluta (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH¯Urteile vom 19.8.1998 X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II
1999, 353 = SIS 99 02 20; vom 1.7.2003 VIII R 30/02, BFH/NV 2003,
1560 = SIS 03 49 49).
Danach besteht ein wirtschaftlicher
Zusammenhang bei Schuldzinsen für ein Darlehen nur, soweit es
tatsächlich zum Erzielen von Einkünften verwendet worden
ist (z.B. Beschlüsse des Großen Senats des BFH in BFHE
161, 290, BStBl II 1990, 817 = SIS 90 21 11, unter C.II.2. der
Entscheidungsgründe, und vom 8.12.1997 GrS 1-2/95, BFHE 184,
7, BStBl II 1998, 193 = SIS 98 03 26, unter B.I.1. und 2. der
Entscheidungsgründe; BFH-Urteile vom 2.8.1994 IX R 21/91,
BFH/NV 1995, 203, und vom 29.7.1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl
II 1997, 772 = SIS 97 23 22). Ein bloßer rechtlicher
Zusammenhang reicht nicht aus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 80,
BStBl II 1997, 772 = SIS 97 23 22, m.w.N.). Auch kann der
wirtschaftliche Zusammenhang nicht allein durch einen bloßen
Willensakt des Steuerpflichtigen begründet werden
(BFH-Beschluss vom 22.2.1994 IX B 119/93, BFH/NV 1994, 778 = SIS 94 20 17; BFH-Urteil vom 24.4.1997 VIII R 53/95, BFHE 183, 155, BStBl
II 1997, 682 = SIS 97 23 03, unter II.1.c der
Entscheidungsgründe, jeweils m.w.N.). Dagegen steht der
Annahme einer wirtschaftlichen Veranlassung durch die
Einkünfteerzielung nicht entgegen, dass der Steuerpflichtige
vorhandene Eigenmittel nicht zum Bestreiten der mit Darlehen
finanzierten Aufwendungen eingesetzt hat. Denn er ist frei, wie er
Fremd- und Eigenmittel verwendet; seine tatsächlich
durchgeführte Entscheidung ist der Besteuerung zugrunde zu
legen (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss in BFHE 184, 7, BStBl II 1998,
193 = SIS 98 03 26, unter B.I.2. der Entscheidungsgründe;
BFH-Urteil vom 27.10.1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999,
676 = SIS 99 05 12).
2. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat
das FG zu Recht die Abziehbarkeit der Nachzahlungszinsen als
Werbungskosten verneint.
a) Dies folgt schon aus der Regelung in §
12 Nr. 3 EStG. Sie schließt einen Abzug der
Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO als Werbungskosten aus.
Denn sie erstreckt das Abzugsverbot für die Einkommensteuer
auch auf die auf diese Steuer entfallenden Nebenleistungen, zu
denen gemäß § 3 Abs. 4 AO die Nachzahlungszinsen
gehören (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1326 = SIS 03 41 91; in BFH/NV 2006, 47 = SIS 06 02 50) und weist sie damit
der nichtsteuerbaren Privatsphäre zu.
Gegen die Regelung des § 12 Nr. 3 EStG
bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere
ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers, er habe die aus der
Festgeldanlage des Betrages erzielten Zinsen nur um den Preis der
später fällig werdenden Nachzahlungszinsen erzielen
können, auch vor dem Hintergrund des objektiven Nettoprinzips
keine Beanstandungen. Denn das (objektive) Nettoprinzip gebietet
allein den Abzug der mit der Einkünfteerzielung
zusammenhängenden Aufwendungen. Es lässt jedoch den
Grundsatz unberührt, dass Vorgänge in der
Privatsphäre des Steuerpflichtigen - wie im Streitfall nach
der ausdrücklichen Regelung in § 12 Nr. 3 EStG die
Einkommensverwendung durch Zahlung von Steuern und Nebenleistungen
- einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigt werden.
b) Abgesehen davon war der zur Erzielung der
Zinseinnahmen angelegte Veräußerungsgewinn Eigenkapital,
dessen Einsatz eine Geltendmachung von Fremdkapitalkosten
unabhängig davon ausschließt, dass der Steuerpflichtige
die zur Einkünfteerzielung eingesetzten Mittel auch durch
Fremdfinanzierung hätte aufbringen können (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676 = SIS 99 05 12 zur
Maßgeblichkeit der tatsächlich gewählten
Finanzierungsform für die einkommensteuerrechtliche
Beurteilung).
c) Des Weiteren hatte der Kläger die
Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO unabhängig
von der Art der zwischenzeitlichen Verwendung des
Veräußerungsgewinns zu zahlen. Denn nach der
ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom
19.3.1997 I R 7/96, BFHE 182, 293, BStBl II 1997, 446 = SIS 97 16 40) beruht § 233a AO als Rechtsgrundlage der streitigen
Nachzahlungszinsen auf einer zulässigen gesetzlichen
Typisierung, die durch Vollverzinsung des nachzuversteuernden
Betrages im Interesse der Gleichmäßigkeit der
Besteuerung und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen die
Folgen der unterschiedlichen Steuererhebungsformen beseitigt (vgl.
BTDrucks 8/1410, S. 4) und nicht vorrangig Liquiditätsvorteile
auf Seiten des Steuerpflichtigen abschöpfen, sondern vor allem
mit Hilfe der Sollverzinsung die Zinsnachteile auf Seiten des
Steuergläubigers ausgleichen soll. Deshalb hat der Gesetzgeber
den auszugleichenden Zinsvorteil und -nachteil im Interesse der
Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung typisierend
auf 0,5 % pro Monat festgesetzt, ohne dass es darauf ankommt, ob im
Einzelfall der Steuerpflichtige einen Zinsvorteil erzielt bzw. der
Steuergläubiger einen Zinsnachteil erlitten hat (vgl.
BFH-Urteile vom 20.9.1995 X R 86/94, BFHE 178, 555, BStBl II 1996,
53 = SIS 96 04 52, und in BFHE 182, 293, BStBl II 1997, 446 = SIS 97 16 40). Diese Typisierung ist nach der BFH-Rechtsprechung selbst
für den Fall tatsächlich nicht erzielter Zinsvorteile
schon deshalb nicht unbillig, weil der Steuerpflichtige der
Belastung durch die Sollverzinsung ohne Weiteres durch
nachträgliche Anpassung der Vorauszahlungen in Höhe der
erwarteten Nachzahlung ausweichen kann (vgl. BFH-Entscheidung in
BFHE 182, 293, BStBl II 1997, 446 = SIS 97 16 40).
d) Ferner kann der Kläger die streitigen
Zinszahlungen auch nicht deshalb als Aufwand zur Erzielung von
Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen, weil nach
ständiger Rechtsprechung zu diesen Einkünften alle
Vermögensmehrungen gehören, die bei wirtschaftlicher
Betrachtung - unabhängig von einer Kapitalüberlassung
durch Darlehensvertrag oder andere Rechtsgründe - Entgelt
für eine Kapitalnutzung sind, selbst wenn es sich um eine vom
Schuldner erzwungene Kapitalüberlassung oder um die
Vorenthaltung von Kapital handelt (vgl. BFH-Urteile vom 8.4.1986
VIII R 260/82, BFHE 146, 408, BStBl II 1986, 557 = SIS 86 18 13;
vom 31.10.1989 VIII R 210/83, BFHE 160, 11, 15, BStBl II 1990, 532,
533 = SIS 90 12 34, m.w.N.; vom 8.11.2005 VIII R 105/03, BFH/NV
2006, 527 = SIS 06 11 68). Denn die steuerliche Erfassung der
Erträge aus der Verwendung des Kapitals erfolgt nach der
Rechtsprechung völlig unabhängig von der
steuerrechtlichen Erheblichkeit der Auszahlung oder sonstigen
Überlassung des Kapitals (vgl. BFH-Urteile vom 12.9.1985 VIII
R 306/81, BFHE 145, 320, 326, BStBl II 1986, 252, 255 = SIS 86 04 03; vom 20.5.1980 VIII R 64/78, BFHE 131, 297, 298, BStBl II 1981,
6, 7 = SIS 81 05 09, und vom 22.4.1980 VIII R 120/76, BFHE 130,
451, BStBl II 1980, 570 = SIS 80 02 92). Dementsprechend hat der
BFH die Steuerpflicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG für
Zinsen angenommen, die nach § 44 Abs. 1 des Ersten Buches
Sozialgesetzbuch (SGB I) für die verzögerte Auszahlung -
nicht steuerbarer - sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche
für das unberechtigte Vorenthalten der Rentenbezüge und
zum Ausgleich der mit der verspäteten Zahlung verbundenen
Nachteile geleistet werden und deshalb wirtschaftlich als Entgelt
für die Vorenthaltung von Kapital gewährt werden (vgl.
BFH-Urteil vom 13.11.2007 VIII R 36/05, BFHE 220, 35, BStBl II
2008, 292 = SIS 08 10 28).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass
der Differenzbetrag zwischen den Einkommensteuervorauszahlungen
einerseits sowie der festgesetzten Einkommensteuer andererseits
erst mit der Festsetzung durch den Steuerpflichtigen geschuldet
wurde (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19.4.2005 VIII R 12/04, BFHE 209,
409, BStBl II 2005, 683 = SIS 05 31 29) und schon deshalb nicht im
Sinne des Revisionsvorbringens von „vorenthaltenem
Kapital“ gesprochen werden kann.
e) Mit der Entscheidung weicht der Senat nicht
i.S. des § 11 FGO von Entscheidungen anderer Senate ab. Soweit
die Frage einer Abziehbarkeit von Nachzahlungszinsen als
Werbungskosten in der Vergangenheit angesprochen wurde, ist sie
schon unter Hinweis auf den fehlenden Zusammenhang zwischen Aufwand
und Einkünfteerzielung nicht bejaht worden; ebenso ist
uneingeschränkt auf die Zuordnung der Zinsen zu den kraft
Gesetzes (§ 12 Nr. 3 2. Halbsatz EStG) nicht abziehbaren
steuerlichen Nebenleistungen hingewiesen worden (vgl.
BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1326 = SIS 03 41 91; in BFH/NV
2006, 47 = SIS 06 02 50). Soweit der - eine Zulassung der Revision
wegen dieser Frage ablehnende - Beschluss in BFH/NV 2003, 1326 =
SIS 03 41 91 die Frage als geklärt angesehen und auf die
Anwendung der allgemeinen Grundsätze für den
Werbungskostenabzug von Darlehenszinsen hingewiesen hat, handelt es
sich mithin allenfalls um ein obiter dictum, das
regelmäßig die Annahme einer Abweichung i.S. des §
11 FGO nicht indiziert (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23.1.2001 VIII R
71/98, BFH/NV 2001, 894 = SIS 01 09 70; BFH-Beschluss vom 22.7.1977
III B 34/74, BFHE 123, 112, BStBl II 1977, 838 = SIS 77 04 65).