Frist für Steuervergünstigung, Wiedereinsetzungsantrag, Ablaufhemmung: Fällt der Ablauf der Frist für die Beantragung einer Steuervergütung mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist zusammen und wird ein entsprechender Antrag erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist und damit nach dem Erlöschen des Vergütungsanspruchs gestellt, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO mit der Folge einer rückwirkenden Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO nicht in Betracht. - Urt.; BFH 24.1.2008, VII R 3/07; SIS 08 15 08
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) übersandte dem Beklagten und
Revisionskläger (Hauptzollamt - HZA - ) mit Schreiben vom
20.2.2006 die Kopie eines Antrages auf Gewährung einer
Stromsteuervergütung nach § 10 Abs. 1 des
Stromsteuergesetzes (StromStG), den sie nach eigenen Angaben
bereits am 15.12.2005 für das Jahr 2004 gestellt hatte. Mit
Schreiben vom 6.3.2006 wies die Klägerin ergänzend darauf
hin, dass sie den ersten Antrag fristgerecht mit der Post versandt
habe, so dass sie kein Verschulden daran treffe, dass er nicht beim
HZA eingegangen sei. Das HZA wies den Vergütungsantrag mit dem
Hinweis ab, dass der Antrag für das Jahr 2004 gemäß
§ 18 Abs. 1 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung
(StromStV) bis zum 31.12.2005 hätte gestellt werden
müssen.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene
Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) legte das Schreiben der
Klägerin vom 6.3.2006 als Antrag auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand aus (§ 110 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - )
und stellte fest, dass die Klägerin ohne Verschulden daran
gehindert gewesen sei, die Antragsfrist des § 18 Abs. 1
StromStV einzuhalten. Die Klägerin habe hinreichend glaubhaft
gemacht, dass der Brief von einer ihrer Mitarbeiterinnen am
15.12.2005 bei der Post aufgegeben worden sei, so dass die
Klägerin hinsichtlich des nicht fristgerechten Eingangs des
Schreibens beim HZA kein Verschulden treffe.
Im Streitfall sei der Ablauf der
einjährigen Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 1 AO)
gemäß § 171 Abs. 3 AO gehemmt gewesen. Denn
aufgrund der rechtlichen Wirkung der gewährten
Wiedereinsetzung gelte der Vergütungsantrag als vor dem
Fristende, also vor dem 31.12.2005, und damit vor Ablauf der
Festsetzungsfrist gestellt. Bei dieser Betrachtung komme es auf die
Frage nicht an, ob es überhaupt möglich sei, eine
Wiedereinsetzung in eine bereits abgelaufene Festsetzungsfrist zu
gewähren. Der Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz vom
22.1.2004 6 K 2157/01 (ZfZ 2004, 283 = SIS 04 16 33), das in einem
vergleichbaren Fall wegen des Erlöschens des
Vergütungsanspruchs infolge Fristablaufs eine Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand für ausgeschlossen gehalten habe,
könne nicht gefolgt werden. Denn die Wiedereinsetzung in die
Antragsfrist führe zum rückwirkenden Eintritt der
Ablaufhemmung und damit zum Aufleben des zunächst erloschenen
Vergütungsanspruchs. Diesem Ergebnis stehe das Urteil des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.8.1999 III R 57/98 (BFHE 191, 198,
BStBl II 2000, 330 = SIS 00 09 37) nicht entgegen. Da im Streitfall
die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StromStG vorlägen,
habe die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung der
beantragten Stromsteuervergütung.
Mit der Revision rügt das HZA die
Verletzung von Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Regelung des § 110 AO
finde lediglich auf verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche
Fristen Anwendung, die vom Steuerpflichtigen auch eingehalten
werden könnten. Die Wiedereinsetzung in eine abgelaufene
Festsetzungsfrist komme daher nicht in Betracht. Zu
berücksichtigen sei ferner, dass der Eintritt der
Festsetzungsverjährung nach § 47 AO zum Erlöschen
des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis führe. Eine
Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung sei daher
unzulässig. Entgegen der Ansicht des FG könne ein kraft
Gesetzes erloschener Anspruch nicht wieder aufleben. Im Streitfall
liege weder ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO noch eine Anfechtung eines Steuerbescheids
nach Ablauf der Festsetzungsfrist vor, die eine Abweichung von
diesem Grundsatz rechtfertigen könnten. Eine Ablaufhemmung
könne nur dann in Betracht gezogen werden, wenn der Antrag vor
Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt worden sei. Schließlich
habe der Gesetzgeber bei der Konzeption der Regelung des § 18
Abs. 1 StromStV das Zusammenfallen des Endes der Antragsfrist mit
dem Ablauf der Festsetzungsfrist bewusst in Kauf genommen. Der
Steuerpflichtige sei nicht daran gehindert, den Antrag fristgerecht
zu stellen. Insoweit sei die Regelung verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden.
Das HZA beantragt die Aufhebung des
erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage.
Die Klägerin beantragt die
Zurückweisung der Revision.
Dabei schließt sie sich im
Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Es sei unstreitig,
dass Wiedereinsetzung in eine abgelaufene
Festsetzungsverjährungsfrist nach § 110 Abs. 1 AO nicht
gewährt werden könne. Im Streitfall gehe es jedoch um die
Antragsfrist nach § 18 Abs. 1 StromStV, was das HZA verkenne.
Aufgrund der Fiktionswirkung der Wiedereinsetzung sei die
Festsetzungsfrist überhaupt nicht betroffen; der
Vergütungsanspruch sei nie erloschen. Das FG habe sich auch
nicht in Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung
gesetzt. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die
Auffassung des HZA zu einer verfassungswidrigen Rechtslage
führe. Denn danach könne es aufgrund des Zusammenfallens
des Endes der Antragsfrist mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist
eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist des § 18
Abs. 1 StromStV in keinem Fall geben. Dies sei jedoch mit der
Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG - ) und
dem Gehörsanspruch des Art. 103 Abs. 1 GG unvereinbar. Im
Übrigen gebe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in
ständiger Rechtsprechung der Rechtsrichtigkeit den Vorrang
gegenüber der Rechtssicherheit.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur
Abweisung der Klage. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass der
erloschene Vergütungsanspruch durch Wiedereinsetzung in die
versäumte Antragsfrist wieder zur Entstehung gelangt.
1. Der Anspruch der Klägerin auf eine
Stromsteuervergütung nach § 10 Abs. 1 StromStG ist
infolge des Ablaufs der Festsetzungsfrist erloschen (§ 169
Abs. 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. § 47 AO).
Gemäß § 155 Abs. 4 AO sind die
für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften auf die
Festsetzung von Steuervergütungen sinngemäß
anzuwenden. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine
Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht
mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist.
Diese beträgt für Verbrauchsteuern und
Verbrauchsteuervergütungen ein Jahr (§ 169 Abs. 2 Nr. 1
AO). Im Streitfall macht die Klägerin einen Anspruch auf
Vergütung der Stromsteuer nach § 10 Abs. 1 StromStG
für den im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31.12.2004 zu
betrieblichen Zwecken entnommenen und für begünstigte
Zwecke i.S. von § 9 Abs. 3 StromStG verwendeten Strom geltend.
Gemäß § 18 Abs. 1 StromStV ist die Vergütung
der Steuer für innerhalb eines Kalenderjahres entnommenen
Strom bis zum 31. Dezember des folgenden Kalenderjahres schriftlich
beim HZA zu beantragen. Folglich hätte die Klägerin einen
entsprechenden Antrag bis zum 31.12.2005 stellen müssen. Nach
den Feststellungen des FG ging ein entsprechender Antrag jedoch
erst am 21.2.2006 beim HZA ein.
Im Streitfall begann die Festsetzungsfrist mit
Ablauf des Kalenderjahres, für das die Klägerin eine
Stromsteuervergütung begehrt, also mit Ablauf des 31.12.2004
(§ 170 Abs. 1 AO), und endete mit Ablauf des 31.12.2005. Weder
§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO noch § 170 Abs. 3 AO finden
im Streitfall Anwendung. Es bedarf keiner näheren Darlegung,
dass ein Vergütungsantrag gemäß § 10 Abs. 1
StromStG, der vom Steuerpflichtigen nach Belieben gestellt werden
kann, keine Steueranmeldung nach § 8 Abs. 1 StromStG
darstellt, für deren Abgabe eine gesetzliche Verpflichtung
besteht (vgl. zur vergleichbaren Problematik bei einem Anspruch
nach dem Investitionszulagengesetz: BFH-Urteil vom 29.3.2001 III R
1/99, BFHE 194, 331, BStBl II 2001, 432 = SIS 01 08 12). Auch eine
Anzeige nach § 138 oder § 139 AO liegt nicht vor.
Schließlich geht es im Streitfall weder um eine Aufhebung
noch um eine Änderung oder Berichtigung einer bereits
erfolgten Steuerfestsetzung. Es bleibt daher beim Beginn der
Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2004, so dass im Zeitpunkt
des Eingangs des Vergütungsantrages am 21.2.2006 die
einjährige Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war. Wie das
FG zutreffend erkannt hat, ist der Vergütungsanspruch mit
Ablauf der Festsetzungsfrist (31.12.2005) gemäß §
47 AO erloschen.
2. Entgegen der Rechtsauffassung des FG kann
die durch den Ablauf der Festsetzungsfrist eingetretene Rechtsfolge
nicht dadurch rückwirkend beseitigt werden, dass der
Klägerin nach § 110 Abs. 1 AO Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand in die versäumte Antragsfrist gewährt wird.
Selbst wenn der Auslegung des FG zu folgen wäre, nach der das
Vorbringen der Klägerin in ihrem Schreiben vom 6.3.2006 als
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gedeutet werden
könnte, kann ein solcher Antrag nicht dazu führen, den
Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO
rückwirkend zu hemmen. Denn es ist zu berücksichtigen,
dass der Vergütungsantrag und der Wiedereinsetzungsantrag erst
nach Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt worden sind, d.h. zu
einem Zeitpunkt, zu dem der geltend gemachte Anspruch aus dem
Steuerschuldverhältnis bereits erloschen war.
a) Nach § 110 Abs. 1 AO ist
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der
Steuerpflichtige ohne Verschulden an der Einhaltung einer
gesetzlichen Frist gehindert war. Ob die in § 18 Abs. 1
StromStV normierte Antragsfrist einer Wiedereinsetzung fähig
ist, oder ob es sich um eine Ausschlussfrist handelt, braucht der
Senat nicht abschließend zu entscheiden. Jedenfalls
gehören zu den in § 110 Abs. 1 AO genannten Fristen
solche, die dem Steuerpflichtigen kein bestimmtes Verhalten
nahelegen und von diesem nicht durch eine entsprechende Ausrichtung
seines Handelns befolgt werden können. Nicht
wiedereinsetzungsfähig sind daher die gesetzlichen Fristen,
die von den Finanzbehörden als Verwaltungsträger im
Verwaltungsverfahren zu beachten sind. Daher kommt nach
ständiger Rechtsprechung des BFH eine Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand in eine abgelaufene Festsetzungsfrist nicht in
Betracht (BFH-Urteil in BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330 = SIS 00 09 37, sowie BFH-Entscheidungen vom 21.10.1996 VI R 4/94, BFH/NV
1997, 330, und vom 13.6.1995 I B 108/94, BFH/NV 1996, 104 = SIS 95 20 97).
b) Das vom FG dargelegte Verständnis von
§ 110 Abs. 1 und § 171 Abs. 3 AO und die Annahme einer
rückwirkenden Ablaufhemmung kämen einer Wiedereinsetzung
in eine bereits abgelaufene Festsetzungsfrist gleich. Sinn und
Zweck der Festsetzungsverjährung stehen einem solchen Ergebnis
jedoch entgegen. Die Festsetzungsfrist dient der Rechtssicherheit
und dem Rechtsfrieden; denn die Erweisbarkeit eines Anspruchs wird
um so schwieriger, je mehr Zeit nach Entstehung des Anspruchs
verstrichen ist (BFH-Entscheidungen vom 28.9.2000 III R 43/97, BFHE
193, 28, BStBl II 2001, 211 = SIS 01 03 56; vom 18.6.1998 V R
24/97, BFH/NV 1999, 281 = SIS 98 50 12; vom 31.1.1989 VII R 77/86,
BFHE 156, 30, BStBl II 1989, 442 = SIS 89 10 50, und
BVerfG-Beschluss vom 22.10.1981 1 BvR 172/81, Steuerrechtsprechung
in Karteiform, Einkommensteuergesetz 1974, § 46, Rechtsspruch
2). Im Gegensatz zur Verwirkung, die ebenfalls dazu führt,
dass der Anspruchsinhaber dauerhaft daran gehindert ist, seinen
Anspruch geltend zu machen, treten die Rechtsfolgen der
Festsetzungsverjährung durch bloßen Zeitablauf ein. Nach
Ablauf der in § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO festgelegten Frist
sollen Rechtssicherheit und Rechtsfrieden herrschen. Dabei dient
die Regelung sowohl dem Interesse des Steuerpflichtigen als auch
den Belangen der Finanzverwaltung. Die am
Steuerschuldverhältnis Beteiligten sollen nach Ablauf der
Festsetzungsfrist darauf vertrauen dürfen, dass sie
endgültig nicht mehr in Anspruch genommen werden.
Schließlich dient die Festsetzungsverjährung auch dem
Allgemeininteresse an einem geordneten Arbeitsablauf der
Finanzverwaltung (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 281 = SIS 98 50 12).
Eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist
und damit ein Hinausschieben des Eintritts der
Festsetzungsverjährung sieht das Gesetz nur für den Fall
vor, dass ein Antrag auf Steuerfestsetzung vor Ablauf der
Festsetzungsfrist gestellt worden ist (§ 171 Abs. 3 AO). In
dieser Situation soll der Finanzverwaltung die Möglichkeit
eingeräumt werden, den Antrag sorgfältig zu prüfen,
indem es einer Bescheidung des Antrages unter Zeitdruck noch vor
Ablauf der regulären Festsetzungsfrist nicht bedarf. Im
Interesse des Steuerpflichtigen an einer sachgerechten Entscheidung
und im Interesse der Finanzverwaltung an einer
ordnungsgemäßen Ausübung ihrer Befugnisse sind die
Hemmung des Fristablaufs und der damit verbundene Fortbestand der
Rechtsunsicherheit hinzunehmen. Hat es der Steuerpflichtige dagegen
unterlassen, einen Antrag auf Steuerfestsetzung bzw. einen
Vergütungsantrag innerhalb der Festsetzungsfrist zu stellen,
muss die Finanzverwaltung nicht mehr damit rechnen, einen Antrag
bescheiden und einen Vergütungsanspruch befriedigen zu
müssen. Ist innerhalb der Festsetzungsfrist kein Antrag des
Steuerpflichtigen eingegangen, ist das Erlöschen des Anspruchs
aus dem Steuerschuldverhältnis unabweisbar. Selbst bei
unverschuldeter Säumnis des Steuerpflichtigen kann eine
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO mit
dem Ziel einer rückwirkenden Ablaufhemmung nach § 171
Abs. 3 AO nicht gewährt werden (Kruse in Tipke/ Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 10;
Frotscher in Schwarz, AO, § 171 Rz 9a; Klein/Rüsken, AO,
9. Aufl., § 171 Rz 11; a.A. ohne nähere Begründung
Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 171 AO Rz 19, und
Hartmann in Beermann/Gosch, AO § 171 Rz 17).
c) Der Ansicht der Klägerin, dass
aufgrund der zu gewährenden Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand der Vergütungsanspruch zu keinem Zeitpunkt erloschen
war, vermag der Senat nicht zu folgen. Denn der Ablauf der
Festsetzungsfrist wird nicht bereits durch die bloße
Möglichkeit gehemmt, dass der Steuerpflichtige innerhalb der
in § 110 Abs. 2 und 3 AO festgelegten Fristen einen Antrag auf
Wiedereinsetzung stellen könnte. Vielmehr läuft die
Festsetzungsfrist unabhängig davon ab, ob der Antrag infolge
eines schuldhaften Verhaltens des Steuerpflichtigen oder ohne
dessen Verschulden nicht fristgerecht bei der Finanzbehörde
eingegangen ist. Ist die Festsetzungsfrist verstrichen, ohne dass
ein Antrag gestellt worden ist, tritt durch bloßen Zeitablauf
die in § 47 AO angeordnete Rechtsfolge ein. Zu diesem
Zeitpunkt ist nämlich ungewiss, ob der Steuerpflichtige
überhaupt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand zu stellen beabsichtigt. Lässt er die Dinge auf sich
beruhen, liegt es auf der Hand, dass das
Steuerschuldverhältnis durch Erlöschen des Anspruchs
beendet ist. Auch Sinn und Zweck der Festsetzungsverjährung
stehen der Auffassung der Klägerin entgegen.
Ist ein Vergütungsanspruch aufgrund des
Eintritts der Festsetzungsverjährung nach § 47 AO
erloschen, kommt eine rückwirkende Anwendung von § 171
Abs. 3 AO nicht mehr in Betracht. Wie bereits ausgeführt,
gehört die Festsetzungsfrist zu den nicht
wiedereinsetzungsfähigen Fristen. Daher scheidet auch eine
Wiedereinsetzung in die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO
aus. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach
§ 110 Abs. 1 AO wegen Versäumung einer zur Ablaufhemmung
führenden Antragsfrist geht somit in den Fällen ins
Leere, in denen die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen und der
geltend gemachte Anspruch erloschen ist.
3. Dieses Ergebnis begegnet keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist der Gesetzgeber
nicht daran gehindert, eine gesetzliche Antragsfrist so zu
bemessen, dass ihr Ablauf mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist
zusammenfällt.
Bei der Ausgestaltung von Verwaltungsverfahren
kommt dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit zu,
insbesondere der Vorrang, zwischen Erfordernissen der
Rechtssicherheit und der Herstellung der Gerechtigkeit im
Einzelfall abzuwägen (BVerfG-Beschluss vom 20.4.1982 2 BvL
26/81, BVerfGE 60, 253, 268). Unter Berücksichtigung dieses
Grundsatzes begegnet die Normierung nicht
wiedereinsetzungsfähiger Festsetzungsfristen (§ 169 Abs.
2 AO) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn diese Fristen
dienen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden; sie
gewährleisten damit die Durchsetzung des Rechtsstaatsprinzips.
Diese Zielsetzung legitimiert zugleich eine Beschränkung der
in § 171 Abs. 3 AO eröffneten Möglichkeit, den
Ablauf der Verjährungsfrist zu hemmen. Nur für den Fall,
dass der Antrag vor Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist
gestellt worden ist, tritt nach dem eindeutigen Wortlaut der
gesetzlichen Bestimmung eine Hemmung des Fristablaufs ein.
Da das FG zu einem von der Rechtsauffassung
des Senats abweichenden Ergebnis gelangt ist, war das
erstinstanzliche Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Das
HZA hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und
die Vergütung der Stromsteuer für das Jahr 2004 zu Recht
abgelehnt. Die Klage ist daher abzuweisen.