Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Frist für Steuervergünstigung, Wiedereinsetzungsantrag, Ablaufhemmung

Frist für Steuervergünstigung, Wiedereinsetzungsantrag, Ablaufhemmung: Fällt der Ablauf der Frist für die Beantragung einer Steuervergütung mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist zusammen und wird ein entsprechender Antrag erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist und damit nach dem Erlöschen des Vergütungsanspruchs gestellt, kommt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO mit der Folge einer rückwirkenden Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO nicht in Betracht. - Urt.; BFH 24.1.2008, VII R 3/07; SIS 08 15 08

Kapitel:
Verschiedenes > Verschiedenes, u.a. Zoll, Verbrauchsteuer
Fundstellen
  1. BFH 24.01.2008, VII R 3/07
    BStBl 2008 II S. 462
    LEXinform 0587992

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 16.5.2008
    erl in StuB 10/2008 S. 406
    R.H. in DB 38/2008 S. 2051
Normen
[StromStG] § 10 Abs. 1
[StromStV] § 18 Abs. 1
[AO 1977] § 47, § 110 Abs. 1, § 171 Abs. 3
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Hamburg, 19.12.2006, SIS 07 12 03, Stromsteuer, Vergütung, Erlass, Festsetzungsfrist, Wiedereinsetzung
  • nach: 1 BvR 1692/08 (BVerfG), Ablaufhemmung, Antrag, Frist, Erstattung, Festsetzungsfrist, Steuererklärung, Steuervergütung, Verjährung, Verschulden, Wiedereinsetzung
Zitiert in... / geändert durch...
  • BMF 1.11.2021, SIS 21 19 03, Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO): Die Regelungen des AEAO zu §§ 26, 30, 89, 108,...
  • OFD Frankfurt 22.3.2021, SIS 21 22 25, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Die OFD Frankfurt a.M. hat ihre Rundverfügung zur Wiedereinsetzung...
  • BFH 23.9.2020, SIS 21 01 14, Anforderungen an einen Antrag i.S. des § 171 Abs. 3 AO bei Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung: 1. O...
  • FG Hamburg 19.12.2018, SIS 19 01 27, Verspätete Stellung eines Entlastungsantrags für Kerosin, Verwendung des richtigen Vordrucks: 1. Die Verw...
  • OFD Frankfurt 31.1.2018, SIS 18 02 82, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Die OFD Frankfurt a.M. hat die Abschnitte 1.5 und 1.6 ihrer Rundve...
  • BFH 26.9.2017, SIS 17 20 13, Keine nachträgliche Änderung der Stromsteuerfestsetzung bei Versäumung der Antragsfrist: 1. Die Festsetzu...
  • FG Köln 23.5.2017, SIS 17 22 96, Fristwahrender Einwurf einer Steuererklärung beim unzuständigen Finanzamt: Der Einwurf einer Steuererklär...
  • FG Köln 23.5.2017, SIS 17 22 97, Fristwahrender Einwurf einer Steuererklärung beim unzuständigen Finanzamt: Der Einwurf einer Steuererklär...
  • FG München 18.8.2016, SIS 18 21 51, Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, ladungsfähige Anschrift, Sachurteilsvoraussetzung, Fe...
  • FG Rheinland-Pfalz 25.2.2016, SIS 16 24 37, Antrag auf Entlastung von der Stromsteuer nach § 10 StromStG nach Verschmelzung: Der Antrag auf Stromsteu...
  • FG München 23.2.2016, SIS 16 12 89, Prüfungsinhalt bei Verpflichtungsklagen auf Erlass eines gebundenen Verwaltungsakts, Hemmung der Festsetz...
  • FG Hamburg 5.2.2016, SIS 16 10 89, Billigkeitserlass von Energiesteuer bei spätere Festsetzung der Energiesteuer wegen leichtfertiger Steuer...
  • FG München 4.2.2016, SIS 16 13 75, Verwendung von Erdgas für begünstigte Zwecke, Festsetzung der Energiesteuer als Voraussetzung für den Ver...
  • FG Düsseldorf 27.5.2015, SIS 15 18 18, Festsetzungsfrist für Stromsteuervergütungsansprüche: 1. Die einjährige Festsetzungsfrist für Stromsteuer...
  • FG Köln 6.5.2015, SIS 15 24 03, Fristenregelung des § 175 a AO, Erstattungsverfahren nach § 50 d Abs. 1 Satz 2 EStG, Fristberechnung nach...
  • FG Hamburg 30.4.2015, SIS 15 17 64, Einkommensteuer, Abgabenordnung, "Aufforderung" zur Abgabe einer Steuererklärung nach § 149 Abs. 1 Satz 2...
  • Thüringer FG 17.12.2014, SIS 15 17 99, Kein Hinausschieben des Ablaufs der Festsetzungsfrist aufgrund der Fristenregelung des § 108 Abs. 3 BGB, ...
  • OFD Frankfurt 29.10.2014, SIS 15 18 70, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Ergänzend zum AEAO zu § 110 gibt eine Rundverfügung der OFD Frankf...
  • BMF 31.1.2014, SIS 14 08 32, AEAO, Neubekanntmachung: Das Bundesfinanzministerium hat die Neufassung des Anwendungserlasses zur Abgabe...
  • BFH 27.11.2013, SIS 14 04 75, Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist durch Antrag des Steuerpflichtigen: 1. Die Hemmung des Ablaufs der Fe...
  • BFH 27.11.2013, SIS 14 10 67, Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist durch Antrag des Steuerpflichtigen: 1. Die Hemmung des Ablaufs der Fe...
  • FG Hamburg 11.9.2013, SIS 14 02 28, Energiesteuerentlastung nach § 51 EnergieStG: Für einen Entlastungsantrag gem. § 51 EnergieStG gelten die...
  • FG Hamburg 6.3.2013, SIS 13 15 65, Energiesteuer, Frist für Anträge nach § 53 EnergieStG: 1. Die Frist für Anträge nach § 53 EnergieStG ergi...
  • BFH 21.2.2013, SIS 13 14 72, Zur Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist bei ressortfremden Grundlagenbescheiden: Grundlagenbescheide ress...
  • FG Hamburg 3.12.2012, SIS 13 09 55, Antragsfrist für eine Steuerentlastung gemäß § 53 EnergieStG: Mit der Formulierung "beim Hauptzollamt" in...
  • FG Hamburg 8.6.2012, SIS 12 23 47, Stromsteuer, Stromsteuerentlastung: 1. Zu den Voraussetzungen an die Leichtfertigkeit einer Steuerverkürz...
  • Sächsisches FG 13.4.2011, SIS 11 31 82, Pflicht zur Verwendung des richtigen Vordrucks für die Vergütung von Mineralölsteuer, keine Hinweispflich...
  • BFH 2.3.2011, SIS 11 23 14, Festsetzungsfrist nicht wiedereinsetzungsfähig, § 181 Abs. 5 Satz 1 AO als eigenständige Änderungsvorschr...
  • BFH 8.10.2010, SIS 11 04 71, Keine Anwendung des § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 AO auf Steuererstattungsanträge: 1. § 169 Abs. 1 Satz 3 Nr....
  • BMF 28.7.2010, SIS 10 19 17, AEAO, Änderung Juli 2010: Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom 2.1.2008 (BStBl 2008 I S. 26 = SIS ...
  • FG Münster 21.5.2010, SIS 11 04 49, Antragsveranlagung für 2003, auch wenn der Antrag nach dem 28.12.2007 gestellt worden ist: Eine Antragsve...
  • FG Hamburg 1.3.2010, SIS 10 16 88, Entlastung von Verbrauchsteuern: 1. Die Festsetzungsfristen des § 169 Abs. 2 AO sind nicht wiedereinsetzu...
  • FG Düsseldorf 19.11.2009, SIS 10 06 93, Voraussetzungen für die Gewährung von Eigenheimzulage für ein in den Niederlanden gelegenes Einfamilienha...
  • FG München 14.10.2009, SIS 10 07 94, Festsetzungsfrist und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim Antrag auf Vergütung von Stromsteuer: 1....
  • Sächsisches FG 24.6.2009, SIS 09 24 02, Mineralölsteuer, Auslegung eindeutiger Vergütungsanträge auf amtlichem Vordruck, Reichweite der Ablaufhem...
  • BFH 12.5.2009, SIS 09 29 26, Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der in § 18 Abs. 1 StromStV normierten Antrags...
  • FG Düsseldorf 20.8.2008, SIS 09 11 65, Voraussetzungen der Verjährung eines Erstattungsanspruch nach § 25 a MinöStG und Möglichkeiten einer Verj...
  • BFH 1.7.2008, SIS 08 41 66, Zwingende Vordruckverwendung bei Antrag auf Mineralölsteuervergütung: 1. Wer eine Mineralölsteuervergütun...
  • FG Hamburg 20.6.2008, SIS 08 37 00, Verjährung des Kaffeesteuer-Vergütungsanspruchs: 1. Die Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO läuft...
  • FG Düsseldorf 8.5.2008, SIS 08 30 91, Kindergeld, Verjährung: 1. Die Festsetzungsfrist für das in den einzelnen Monaten eines Kalenderjahres zu...
Fachaufsätze
  • LIT 01 67 09 R. Hintze, DB 38/2008 S. 2051: Wiedereinsetzung in eine gesetzliche Antragsfrist nach Eintritt der Festsetzungsverjährung - Zugleich ein...

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) übersandte dem Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt - HZA - ) mit Schreiben vom 20.2.2006 die Kopie eines Antrages auf Gewährung einer Stromsteuervergütung nach § 10 Abs. 1 des Stromsteuergesetzes (StromStG), den sie nach eigenen Angaben bereits am 15.12.2005 für das Jahr 2004 gestellt hatte. Mit Schreiben vom 6.3.2006 wies die Klägerin ergänzend darauf hin, dass sie den ersten Antrag fristgerecht mit der Post versandt habe, so dass sie kein Verschulden daran treffe, dass er nicht beim HZA eingegangen sei. Das HZA wies den Vergütungsantrag mit dem Hinweis ab, dass der Antrag für das Jahr 2004 gemäß § 18 Abs. 1 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) bis zum 31.12.2005 hätte gestellt werden müssen.

 

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) legte das Schreiben der Klägerin vom 6.3.2006 als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (§ 110 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - ) und stellte fest, dass die Klägerin ohne Verschulden daran gehindert gewesen sei, die Antragsfrist des § 18 Abs. 1 StromStV einzuhalten. Die Klägerin habe hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Brief von einer ihrer Mitarbeiterinnen am 15.12.2005 bei der Post aufgegeben worden sei, so dass die Klägerin hinsichtlich des nicht fristgerechten Eingangs des Schreibens beim HZA kein Verschulden treffe.

 

Im Streitfall sei der Ablauf der einjährigen Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 1 AO) gemäß § 171 Abs. 3 AO gehemmt gewesen. Denn aufgrund der rechtlichen Wirkung der gewährten Wiedereinsetzung gelte der Vergütungsantrag als vor dem Fristende, also vor dem 31.12.2005, und damit vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt. Bei dieser Betrachtung komme es auf die Frage nicht an, ob es überhaupt möglich sei, eine Wiedereinsetzung in eine bereits abgelaufene Festsetzungsfrist zu gewähren. Der Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz vom 22.1.2004 6 K 2157/01 (ZfZ 2004, 283 = SIS 04 16 33), das in einem vergleichbaren Fall wegen des Erlöschens des Vergütungsanspruchs infolge Fristablaufs eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für ausgeschlossen gehalten habe, könne nicht gefolgt werden. Denn die Wiedereinsetzung in die Antragsfrist führe zum rückwirkenden Eintritt der Ablaufhemmung und damit zum Aufleben des zunächst erloschenen Vergütungsanspruchs. Diesem Ergebnis stehe das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.8.1999 III R 57/98 (BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330 = SIS 00 09 37) nicht entgegen. Da im Streitfall die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StromStG vorlägen, habe die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Stromsteuervergütung.

 

Mit der Revision rügt das HZA die Verletzung von Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Regelung des § 110 AO finde lediglich auf verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche Fristen Anwendung, die vom Steuerpflichtigen auch eingehalten werden könnten. Die Wiedereinsetzung in eine abgelaufene Festsetzungsfrist komme daher nicht in Betracht. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der Eintritt der Festsetzungsverjährung nach § 47 AO zum Erlöschen des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis führe. Eine Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung sei daher unzulässig. Entgegen der Ansicht des FG könne ein kraft Gesetzes erloschener Anspruch nicht wieder aufleben. Im Streitfall liege weder ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO noch eine Anfechtung eines Steuerbescheids nach Ablauf der Festsetzungsfrist vor, die eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen könnten. Eine Ablaufhemmung könne nur dann in Betracht gezogen werden, wenn der Antrag vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt worden sei. Schließlich habe der Gesetzgeber bei der Konzeption der Regelung des § 18 Abs. 1 StromStV das Zusammenfallen des Endes der Antragsfrist mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist bewusst in Kauf genommen. Der Steuerpflichtige sei nicht daran gehindert, den Antrag fristgerecht zu stellen. Insoweit sei die Regelung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Das HZA beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage.

 

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Dabei schließt sie sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Es sei unstreitig, dass Wiedereinsetzung in eine abgelaufene Festsetzungsverjährungsfrist nach § 110 Abs. 1 AO nicht gewährt werden könne. Im Streitfall gehe es jedoch um die Antragsfrist nach § 18 Abs. 1 StromStV, was das HZA verkenne. Aufgrund der Fiktionswirkung der Wiedereinsetzung sei die Festsetzungsfrist überhaupt nicht betroffen; der Vergütungsanspruch sei nie erloschen. Das FG habe sich auch nicht in Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung gesetzt. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Auffassung des HZA zu einer verfassungswidrigen Rechtslage führe. Denn danach könne es aufgrund des Zusammenfallens des Endes der Antragsfrist mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist des § 18 Abs. 1 StromStV in keinem Fall geben. Dies sei jedoch mit der Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes - GG - ) und dem Gehörsanspruch des Art. 103 Abs. 1 GG unvereinbar. Im Übrigen gebe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in ständiger Rechtsprechung der Rechtsrichtigkeit den Vorrang gegenüber der Rechtssicherheit.

 

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass der erloschene Vergütungsanspruch durch Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist wieder zur Entstehung gelangt.

 

1. Der Anspruch der Klägerin auf eine Stromsteuervergütung nach § 10 Abs. 1 StromStG ist infolge des Ablaufs der Festsetzungsfrist erloschen (§ 169 Abs. 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. § 47 AO).

 

Gemäß § 155 Abs. 4 AO sind die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften auf die Festsetzung von Steuervergütungen sinngemäß anzuwenden. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO sind eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Diese beträgt für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen ein Jahr (§ 169 Abs. 2 Nr. 1 AO). Im Streitfall macht die Klägerin einen Anspruch auf Vergütung der Stromsteuer nach § 10 Abs. 1 StromStG für den im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31.12.2004 zu betrieblichen Zwecken entnommenen und für begünstigte Zwecke i.S. von § 9 Abs. 3 StromStG verwendeten Strom geltend. Gemäß § 18 Abs. 1 StromStV ist die Vergütung der Steuer für innerhalb eines Kalenderjahres entnommenen Strom bis zum 31. Dezember des folgenden Kalenderjahres schriftlich beim HZA zu beantragen. Folglich hätte die Klägerin einen entsprechenden Antrag bis zum 31.12.2005 stellen müssen. Nach den Feststellungen des FG ging ein entsprechender Antrag jedoch erst am 21.2.2006 beim HZA ein.

 

Im Streitfall begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Klägerin eine Stromsteuervergütung begehrt, also mit Ablauf des 31.12.2004 (§ 170 Abs. 1 AO), und endete mit Ablauf des 31.12.2005. Weder § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO noch § 170 Abs. 3 AO finden im Streitfall Anwendung. Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass ein Vergütungsantrag gemäß § 10 Abs. 1 StromStG, der vom Steuerpflichtigen nach Belieben gestellt werden kann, keine Steueranmeldung nach § 8 Abs. 1 StromStG darstellt, für deren Abgabe eine gesetzliche Verpflichtung besteht (vgl. zur vergleichbaren Problematik bei einem Anspruch nach dem Investitionszulagengesetz: BFH-Urteil vom 29.3.2001 III R 1/99, BFHE 194, 331, BStBl II 2001, 432 = SIS 01 08 12). Auch eine Anzeige nach § 138 oder § 139 AO liegt nicht vor. Schließlich geht es im Streitfall weder um eine Aufhebung noch um eine Änderung oder Berichtigung einer bereits erfolgten Steuerfestsetzung. Es bleibt daher beim Beginn der Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2004, so dass im Zeitpunkt des Eingangs des Vergütungsantrages am 21.2.2006 die einjährige Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war. Wie das FG zutreffend erkannt hat, ist der Vergütungsanspruch mit Ablauf der Festsetzungsfrist (31.12.2005) gemäß § 47 AO erloschen.

 

2. Entgegen der Rechtsauffassung des FG kann die durch den Ablauf der Festsetzungsfrist eingetretene Rechtsfolge nicht dadurch rückwirkend beseitigt werden, dass der Klägerin nach § 110 Abs. 1 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die versäumte Antragsfrist gewährt wird. Selbst wenn der Auslegung des FG zu folgen wäre, nach der das Vorbringen der Klägerin in ihrem Schreiben vom 6.3.2006 als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gedeutet werden könnte, kann ein solcher Antrag nicht dazu führen, den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO rückwirkend zu hemmen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass der Vergütungsantrag und der Wiedereinsetzungsantrag erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt worden sind, d.h. zu einem Zeitpunkt, zu dem der geltend gemachte Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bereits erloschen war.

 

a) Nach § 110 Abs. 1 AO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn der Steuerpflichtige ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist gehindert war. Ob die in § 18 Abs. 1 StromStV normierte Antragsfrist einer Wiedereinsetzung fähig ist, oder ob es sich um eine Ausschlussfrist handelt, braucht der Senat nicht abschließend zu entscheiden. Jedenfalls gehören zu den in § 110 Abs. 1 AO genannten Fristen solche, die dem Steuerpflichtigen kein bestimmtes Verhalten nahelegen und von diesem nicht durch eine entsprechende Ausrichtung seines Handelns befolgt werden können. Nicht wiedereinsetzungsfähig sind daher die gesetzlichen Fristen, die von den Finanzbehörden als Verwaltungsträger im Verwaltungsverfahren zu beachten sind. Daher kommt nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in eine abgelaufene Festsetzungsfrist nicht in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 191, 198, BStBl II 2000, 330 = SIS 00 09 37, sowie BFH-Entscheidungen vom 21.10.1996 VI R 4/94, BFH/NV 1997, 330, und vom 13.6.1995 I B 108/94, BFH/NV 1996, 104 = SIS 95 20 97).

 

b) Das vom FG dargelegte Verständnis von § 110 Abs. 1 und § 171 Abs. 3 AO und die Annahme einer rückwirkenden Ablaufhemmung kämen einer Wiedereinsetzung in eine bereits abgelaufene Festsetzungsfrist gleich. Sinn und Zweck der Festsetzungsverjährung stehen einem solchen Ergebnis jedoch entgegen. Die Festsetzungsfrist dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden; denn die Erweisbarkeit eines Anspruchs wird um so schwieriger, je mehr Zeit nach Entstehung des Anspruchs verstrichen ist (BFH-Entscheidungen vom 28.9.2000 III R 43/97, BFHE 193, 28, BStBl II 2001, 211 = SIS 01 03 56; vom 18.6.1998 V R 24/97, BFH/NV 1999, 281 = SIS 98 50 12; vom 31.1.1989 VII R 77/86, BFHE 156, 30, BStBl II 1989, 442 = SIS 89 10 50, und BVerfG-Beschluss vom 22.10.1981 1 BvR 172/81, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz 1974, § 46, Rechtsspruch 2). Im Gegensatz zur Verwirkung, die ebenfalls dazu führt, dass der Anspruchsinhaber dauerhaft daran gehindert ist, seinen Anspruch geltend zu machen, treten die Rechtsfolgen der Festsetzungsverjährung durch bloßen Zeitablauf ein. Nach Ablauf der in § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO festgelegten Frist sollen Rechtssicherheit und Rechtsfrieden herrschen. Dabei dient die Regelung sowohl dem Interesse des Steuerpflichtigen als auch den Belangen der Finanzverwaltung. Die am Steuerschuldverhältnis Beteiligten sollen nach Ablauf der Festsetzungsfrist darauf vertrauen dürfen, dass sie endgültig nicht mehr in Anspruch genommen werden. Schließlich dient die Festsetzungsverjährung auch dem Allgemeininteresse an einem geordneten Arbeitsablauf der Finanzverwaltung (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 281 = SIS 98 50 12).

 

Eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist und damit ein Hinausschieben des Eintritts der Festsetzungsverjährung sieht das Gesetz nur für den Fall vor, dass ein Antrag auf Steuerfestsetzung vor Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt worden ist (§ 171 Abs. 3 AO). In dieser Situation soll der Finanzverwaltung die Möglichkeit eingeräumt werden, den Antrag sorgfältig zu prüfen, indem es einer Bescheidung des Antrages unter Zeitdruck noch vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist nicht bedarf. Im Interesse des Steuerpflichtigen an einer sachgerechten Entscheidung und im Interesse der Finanzverwaltung an einer ordnungsgemäßen Ausübung ihrer Befugnisse sind die Hemmung des Fristablaufs und der damit verbundene Fortbestand der Rechtsunsicherheit hinzunehmen. Hat es der Steuerpflichtige dagegen unterlassen, einen Antrag auf Steuerfestsetzung bzw. einen Vergütungsantrag innerhalb der Festsetzungsfrist zu stellen, muss die Finanzverwaltung nicht mehr damit rechnen, einen Antrag bescheiden und einen Vergütungsanspruch befriedigen zu müssen. Ist innerhalb der Festsetzungsfrist kein Antrag des Steuerpflichtigen eingegangen, ist das Erlöschen des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis unabweisbar. Selbst bei unverschuldeter Säumnis des Steuerpflichtigen kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO mit dem Ziel einer rückwirkenden Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO nicht gewährt werden (Kruse in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 10; Frotscher in Schwarz, AO, § 171 Rz 9a; Klein/Rüsken, AO, 9. Aufl., § 171 Rz 11; a.A. ohne nähere Begründung Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 171 AO Rz 19, und Hartmann in Beermann/Gosch, AO § 171 Rz 17).

 

c) Der Ansicht der Klägerin, dass aufgrund der zu gewährenden Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Vergütungsanspruch zu keinem Zeitpunkt erloschen war, vermag der Senat nicht zu folgen. Denn der Ablauf der Festsetzungsfrist wird nicht bereits durch die bloße Möglichkeit gehemmt, dass der Steuerpflichtige innerhalb der in § 110 Abs. 2 und 3 AO festgelegten Fristen einen Antrag auf Wiedereinsetzung stellen könnte. Vielmehr läuft die Festsetzungsfrist unabhängig davon ab, ob der Antrag infolge eines schuldhaften Verhaltens des Steuerpflichtigen oder ohne dessen Verschulden nicht fristgerecht bei der Finanzbehörde eingegangen ist. Ist die Festsetzungsfrist verstrichen, ohne dass ein Antrag gestellt worden ist, tritt durch bloßen Zeitablauf die in § 47 AO angeordnete Rechtsfolge ein. Zu diesem Zeitpunkt ist nämlich ungewiss, ob der Steuerpflichtige überhaupt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu stellen beabsichtigt. Lässt er die Dinge auf sich beruhen, liegt es auf der Hand, dass das Steuerschuldverhältnis durch Erlöschen des Anspruchs beendet ist. Auch Sinn und Zweck der Festsetzungsverjährung stehen der Auffassung der Klägerin entgegen.

 

Ist ein Vergütungsanspruch aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung nach § 47 AO erloschen, kommt eine rückwirkende Anwendung von § 171 Abs. 3 AO nicht mehr in Betracht. Wie bereits ausgeführt, gehört die Festsetzungsfrist zu den nicht wiedereinsetzungsfähigen Fristen. Daher scheidet auch eine Wiedereinsetzung in die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO aus. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO wegen Versäumung einer zur Ablaufhemmung führenden Antragsfrist geht somit in den Fällen ins Leere, in denen die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen und der geltend gemachte Anspruch erloschen ist.

 

3. Dieses Ergebnis begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, eine gesetzliche Antragsfrist so zu bemessen, dass ihr Ablauf mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist zusammenfällt.

 

Bei der Ausgestaltung von Verwaltungsverfahren kommt dem Gesetzgeber eine weite Gestaltungsfreiheit zu, insbesondere der Vorrang, zwischen Erfordernissen der Rechtssicherheit und der Herstellung der Gerechtigkeit im Einzelfall abzuwägen (BVerfG-Beschluss vom 20.4.1982 2 BvL 26/81, BVerfGE 60, 253, 268). Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes begegnet die Normierung nicht wiedereinsetzungsfähiger Festsetzungsfristen (§ 169 Abs. 2 AO) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn diese Fristen dienen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden; sie gewährleisten damit die Durchsetzung des Rechtsstaatsprinzips. Diese Zielsetzung legitimiert zugleich eine Beschränkung der in § 171 Abs. 3 AO eröffneten Möglichkeit, den Ablauf der Verjährungsfrist zu hemmen. Nur für den Fall, dass der Antrag vor Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist gestellt worden ist, tritt nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Hemmung des Fristablaufs ein.

 

Da das FG zu einem von der Rechtsauffassung des Senats abweichenden Ergebnis gelangt ist, war das erstinstanzliche Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Das HZA hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Vergütung der Stromsteuer für das Jahr 2004 zu Recht abgelehnt. Die Klage ist daher abzuweisen.