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Entscheidung durch den BFH ohne mündliche Verhandlung, Aufwendungen nach § 33 EStG, Grundsatz der freien Beweiswürdigung

Entscheidung durch den BFH ohne mündliche Verhandlung, Aufwendungen nach § 33 EStG, Grundsatz der freien Beweiswürdigung: 1. Der BFH kann mit Einverständnis der originär Beteiligten auch dann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn das dem Verfahren beigetretene BMF auf eine solche nicht verzichtet hat. - 2. Der erkennende Senat hält an der bisherigen Rechtsprechung des BFH, wonach Aufwendungen nach § 33 EStG nur abzugsfähig sind, wenn die medizinische Indikation der ihnen zugrundeliegenden Behandlung durch ein amtsärztliches oder vertrauensärztliches Gutachten oder ein Attest eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers nachgewiesen ist, nicht länger fest (Änderung der Rechtsprechung). - 3. Die erforderlichen Feststellungen und Würdigungen sind vielmehr vom FG nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu treffen. Dabei wird es mangels medizinischer Sachkunde seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung regelmäßig durch die Erhebung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens gerecht. - 4. Von den Beteiligten vorgelegte Sachverständigengutachten sind im finanzgerichtlichen Verfahren als Privatgutachten zu behandeln und damit lediglich als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen. - 5. Der Verzicht auf die Inanspruchnahme von staatlichen Transferleistungen steht dem Abzug von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG nicht entgegen. - Urt.; BFH 11.11.2010, VI R 17/09; SIS 11 01 54

Kapitel:
Privatbereich > Außergewöhnliche Belastungen (allgemeine)
Fundstellen
  1. BFH 11.11.2010, VI R 17/09
    BStBl 2011 II S. 969
    DStR 2011 S. 115
    NJW 2011 S. 1101
    LEXinform 0179856

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 21.11.2011
    St.G. in NWB 4/2011 S. 256
    W.B. in DB 9/2011 S. M 10
    H.H. in DStR 5/2011 S. 204
    AK in DStZ 4/2011 S. 101
    St.Sch. in BFH/PR 4/2011 S. 134
    St.G. in HFR 3/2011 S. 291
    N.B. in AktStR 2/2011 S. 259
Normen
[EStG] § 33
[GG] Art. 103 Abs. 1
[FGO] § 57, § 90, § 121 Satz 1, § 122
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Hessisches FG, 31.01.2008, SIS 09 38 11, Außergewöhnliche Belastung, Legasthenie, Internat, Nachweis, Attest, Amtsarzt
Zitiert in... / geändert durch...
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  • FG Rheinland-Pfalz 20.9.2013, SIS 14 01 95, Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen, Biophysikalische Informations-The...
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  • FG Baden-Württemberg 24.4.2013, SIS 13 16 00, Doppelbett mit motorisch verstellbarem Einlegerahmen keine außergewöhnliche Belastung: 1. Ein Bett mit mo...
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  • FG Rheinland-Pfalz 23.3.2011, SIS 11 24 94, Aufwendungen für ein kontraststarkes Fernsehgerät als außergewöhnliche Belastung: Aufwendungen für die An...
  • Niedersächsisches FG 17.2.2011, SIS 11 21 21, Sanierung eines Fertighauses als außergewöhnliche Belastung: 1. Zum Begriff der agB nach § 33 Abs. 1 EStG...
  • Sächsisches FG 24.1.2011, SIS 11 09 90, Kein Abzug von Aufwendungen für Krankengymnastik, Gesundheitssport und die Teilnahme an einer "Krankenkas...
  • BFH 9.12.2010, SIS 11 08 87, Kosten behinderungsbedingter Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastungen: 1. Kosten für die behind...
  • BFH 11.11.2010, SIS 11 06 79, Verzicht auf mündliche Verhandlung durch beigetretenes BMF entbehrlich, Verzicht auf amtsärztliches Attes...
Fachaufsätze
  • LIT 02 10 69 H. Haupt, DStR 5/2011 S. 204: Steuerliche Entlastungen bei außergewöhnlichen Belastungen - Anmerkungen zu den BFH-Urteilen vom 2.9.2010...
  • LIT 02 11 24 St. Geserich, NWB 4/2011 S. 256: Krankheitskosten: Verzicht auf vorheriges amtsärztliches Attest - freie Beweiswürdigung im Rahmen des § 3...
  • LIT 02 13 57 W. Bergkemper, DB 9/2011 S. M 10: Verzicht auf amtsärztliches Attest im Rahmen des § 33 EStG - BFH-Urteil vom 11.11.2010, VI R 17/09 = SIS ...
  • LIT 02 16 71 R. Eicke/M. Philipp, NWB 19/2011 S. 1611: Wirtschaftliches Eigentum an Forderungen in ABS-Transaktionen - Steuerliche Vorgaben für den Forderungsve...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen zur Behandlung einer Lese- und Rechtschreibschwäche des Sohnes der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) J steuerlich zu berücksichtigen sind.

 

 

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Im Mai 1995 wandte sich die Klägerin auf Anregung einer Beratungsstelle an eine Legasthenie-Therapeutin mit der Bitte zu prüfen, ob bei ihrem Sohn J eine Lese- und Rechtschreibschwäche vorliege. Aufgrund verschiedener Tests diagnostizierte die Therapeutin in ihrem Analysebericht vom 2.10.1995 eine „eindeutige und schwere Lese- und Rechtschreibschwäche“, aufgrund derer J bereits eine starke Verunsicherung entwickelt und die sein Sozialverhalten nachteilig beeinflusst habe. Im Rahmen einer Bescheinigung zur Vorlage bei der Grundschule bestätigte auch die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Y am 12.1.1996 das Vorliegen einer Legasthenie. In der Folgezeit nahm J innerhalb des schulischen Rahmens an einem Differenzierungsunterricht teil und besuchte wöchentlich eine zweistündige Lerntherapie. An drei Tagen in der Woche nahm er auch an einer Hausaufgabenbetreuung in einer Kleingruppe einer pädagogischen Werkstatt teil. In ihrem Abschlussbericht vom 12.8.1998 führte die Therapeutin aus, der bisherige Verlauf sowie abschließende Tests hätten zu ihrer Empfehlung und zu dem Entschluss der Mutter geführt, J einer fachlich versierten Schule mit angeschlossenem Internat anzuvertrauen. Auch ein Jugendpsychiater der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Y gelangte aufgrund ambulanter Untersuchungen in seinem Bericht vom 4.12.1998 zu dem Ergebnis, ein Verbleib des Sohnes auf einer Regelschule mit begleitender Legasthenietherapie werde die Situation kaum günstig beeinflussen. Die von der Mutter angestrebte Lösung einer Beschulung in einer entsprechenden Einrichtung halte er für eine der weiteren Entwicklung durchaus zuträgliche Maßnahme. Der Junge brauche den geschützten Rahmen, in welchem die Lese- und Rechtschreibschwäche nur einen Teilaspekt der Förderung und Betreuung darstelle. Nach seiner Einschätzung liege bei J eine seelische Behinderung i.S. des § 35a des Achten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VIII - (Kinder- und Jugendhilfegesetz - KJHG - ) vor. Seit dem 1.8.1998 besucht J eine staatlich anerkannte Privatschule mit einem integrierten Legastheniezentrum, in deren Rahmen auch eine Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche i.S. des § 35a SGB VIII (KJHG) durchgeführt wird. Vor Abschluss des Schulvertrags, nämlich am 18.7.1998, hatte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen gemäß § 35a SGB VIII (KJHG) beim Jugendamt des zuständigen Landkreises gestellt. Ziel des Antrags war es, eine Übernahme der Schulkosten zu erreichen. Im Rahmen der Antragstellung war die Klägerin auch darüber informiert worden, dass sie verpflichtet sei, im Rahmen ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einen angemessenen Kostenbeitrag zu leisten. In der Folgezeit wurde der Antrag auf Kostenübernahme von den Klägern jedoch nicht mehr weiterverfolgt.

 

 

3

Mit ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres 2002 machten die Kläger Aufwendungen für die Internatsunterbringung des Sohnes in Höhe von 19.944 EUR als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Ausweislich der vorgelegten Bescheinigung der Schule setzt sich dieser Betrag folgendermaßen zusammen:

 

 

 

 

Schulbeitrag

1.416 EUR

 

Unterkunft/Verpflegung/Betreuung

13.620 EUR

 

Legasthenietherapie

4.908 EUR

 

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid 2002 - zuletzt - vom 19.1.2006 nicht, da diese mit dem erhaltenen Kindergeld/Kinderfreibetrag abgegolten seien. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

 

 

5

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

 

 

6

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 31.1.2008 9 K 1661/05 und die Einspruchsentscheidung vom 13.5.2005 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 - zuletzt - vom 19.1.2006 in der Weise zu ändern, als Aufwendungen in Höhe von 19.944 EUR als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG berücksichtigt werden.

 

 

7

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

Mit Erklärung vom 22.12.2009 ist das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dem Verfahren wegen der Frage beigetreten, ob und wieweit für die Anerkennung von Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Erforderlichkeit deshalb schwer zu beurteilen ist, ein grundsätzlich vor der Behandlung ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten über die medizinische Notwendigkeit vorzulegen ist.

 

 

9

II. Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

10

1. Der Senat erkennt gemäß § 90 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung. Denn Kläger und Beklagter haben wirksam auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

 

11

Ein entsprechender Verzicht des BMF liegt zwar nicht vor; er ist aber auch nicht erforderlich. Denn das BMF erlangt durch den Beitritt zum Verfahren zwar die verfahrensrechtliche Stellung eines Beteiligten (§ 122 Abs. 2 Satz 4 FGO i.V.m. § 57 Nr. 4 FGO); über das Verfahren zu disponieren, vermag es deshalb jedoch nicht. Dies können nur Kläger und Beklagter als die ursprünglichen Verfahrensbeteiligten. Der Anspruch auf verfahrensrechtliche Gleichbehandlung des beigetretenen BMF erschöpft sich darin, innerhalb der von den originär Beteiligten einvernehmlich vorgegebenen Rahmenbedingungen wie Revisionskläger und Revisionsbeklagter behandelt zu werden. Damit könnte das BMF nicht auf der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestehen, wenn die Hauptbeteiligten - wie im Streitfall - auf eine solche verzichtet haben (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.10.2005 V R 64/00, BFHE 212, 132, BStBl II 2006, 212 = SIS 06 02 15; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 90 FGO Rz 7; vgl. auch Seer in Tipke/Kruse, a.a.O., § 122 FGO Rz 34). Denn es wäre mit Sinn und Zweck des § 122 Abs. 2 Satz 4 FGO nicht vereinbar, wenn das BMF die Möglichkeit hätte, ein Verfahren gegen den Willen der Hauptbeteiligten fortzusetzen oder zu verlängern (Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 122 FGO Rz 38, 39, m.w.N.). Diese Beschränkung der Verfahrensrechte des Beigetretenen verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, da das BMF im schriftlichen Verfahren im nämlichen Umfang wie die Hauptbeteiligten gehört wird. Im Übrigen hat das nach § 122 Abs. 2 FGO beigetretene BMF, im Gegensatz zu einem Beteiligten i.S. des § 57 Nr. 3 FGO, die Möglichkeit, sich mit der originär beteiligten Finanzbehörde abzustimmen und dadurch Einfluss auf den Gang des Verfahrens zu nehmen.

 

 

12

2. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. BFH-Urteil vom 29.9.1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418 = SIS 89 24 01).

 

 

13

a) In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Sie sind auch dann zwangsläufig, wenn sie der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen, unter der ein unterhaltsberechtigtes minderjähriges Kind des Steuerpflichtigen leidet (BFH-Urteil vom 15.3.2007 III R 28/06, BFH/NV 2007, 1841 = SIS 07 32 08).

 

 

14

b) Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl (BFH-Urteil vom 17.7.1981 VI R 77/78, BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711 = SIS 81 22 55; vom 13.2.1987 III R 208/81, BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427 = SIS 87 12 04, und vom 20.3.1987 III R 150/86, BFHE 149, 539, BStBl II 1987, 596 = SIS 87 16 03).

 

 

15

c) Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf (BFH-Urteile vom 1.2.2001 III R 22/00, BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40, und vom 3.12.1998 III R 5/98, BFHE 187, 503, BStBl II 1999, 227 = SIS 99 06 03, m.w.N.). Eine derart typisierende Behandlung der Krankheitskosten ist zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre geboten (BFH-Urteil in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40). Dies gilt aber nur dann, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und vorgenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 18.6.1997 III R 84/96, BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805 = SIS 98 03 08), also medizinisch indiziert sind.

 

 

16

d) Für die mitunter schwierige Trennung von echten Krankheitskosten einerseits und lediglich gesundheitsfördernden Vorbeuge- oder Folgekosten andererseits fordert der BFH seit dem Urteil vom 14.2.1980 VI R 218/77 (BFHE 130, 54, BStBl II 1980, 295 = SIS 80 01 59, betreffend Badekur auf Ibiza) in ständiger Rechtsprechung regelmäßig die Vorlage eines zeitlich vor der Leistung von Aufwendungen erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Gutachtens bzw. eines Attestes eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers, aus dem sich die Krankheit und die medizinische Indikation der den Aufwendungen zugrundeliegenden Behandlung zweifelsfrei entnehmen lässt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 133, 545, BStBl II 1981, 711 = SIS 81 22 55, betreffend Frischzellenbehandlung; vom 11.1.1991 III R 70/88, BFH/NV 1991, 386 = SIS 91 14 06, betreffend Frischzellenbehandlung und rezeptfreie Arzneimittel; vom 11.12.1987 III R 95/85, BFHE 152, 131, BStBl II 1988, 275 = SIS 88 05 07, betreffend Heilkur; in BFHE 149, 222, BStBl II 1987, 427 = SIS 87 12 04, betreffend Gruppensitzung bei den Anonymen Alkoholikern; in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40, betreffend Ayur-Veda-Behandlung; BFH-Beschluss vom 15.11.2007 III B 205/06, BFH/NV 2008, 368 = SIS 08 11 24, betreffend Delfintherapie).

 

 

17

e) Auch bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, verlangt der BFH diesen formalisierten Nachweis (beispielsweise BFH-Urteile vom 9.8.1991 III R 54/90, BFHE 165, 272, BStBl II 1991, 920 = SIS 91 21 02, betreffend Bett mit motorgetriebener Oberkörperaufrichtung; vom 9.8.2001 III R 6/01, BFHE 196, 492, BStBl II 2002, 240 = SIS 02 02 17, betreffend Asbestsanierung der Außenfassade eines Wohnhauses; vom 23.5.2002 III R 52/99, BFHE 199, 287, BStBl II 2002, 592 = SIS 02 85 77, betreffend Neuanschaffung von Mobiliar wegen Formaldehydemission; vom 21.4.2005 III R 45/03, BFHE 209, 365, BStBl II 2005, 602 = SIS 05 30 39, betreffend Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Wohngruppe; in BFH/NV 2007, 1841 = SIS 07 32 08, betreffend Beseitigung von Birken; BFH-Beschlüsse vom 10.12.2004 III B 56/04, juris, betreffend Asbestbeseitigung; vom 24.11.2006 III B 57/06, BFH/NV 2007, 438 = SIS 07 06 86, betreffend Aufwendungen für Fettabsaugung).

 

 

18

3. An diesem formalisierten Nachweisverlangen hält der erkennende Senat nicht länger fest. Denn derartige Nachweispflichten ergeben sich nicht aus dem Gesetz und widersprechen dem in § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO geregelten Grundsatz der freien Beweiswürdigung (z.B. FG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 18.5.1992 5 K 2586/90, EFG 1992, 465 = SIS 93 05 09, und vom 19.4.1993 5 K 2348/92, EFG 1993, 675 = SIS 93 20 08; Niedersächsisches FG, Urteil vom 9.9.1997 VIII 619/92, EFG 1999, 168 = SIS 99 07 01; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, § 33 EStG Rz 26; Rößler, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 2005, 296; FR 1987, 464; Deutsche Steuerzeitung 1993, 723; Seer in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 96 FGO Rz 29; Schmidt-Troje in Beermann/ Gosch, FGO § 96 Rz 16; Fu in Schwarz, FGO § 96 Rz 48).

 

 

19

a) Das Erfordernis einer vorherigen amts- oder vertrauensärztlichen Begutachtung zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit einer Maßnahme, die auch zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG) gehören könnte, bezweckte vornehmlich, Gefälligkeitsgutachten zu vermeiden, die deshalb naheliegen, weil auch Maßnahmen der Lebensführung der Gesundheit förderlich sein können und weil ein langjährig behandelnder Arzt deshalb im Interesse seines Patienten die therapeutische Zwangsläufigkeit weniger streng beurteilen könnte. Eine vorherige Begutachtung soll vor allem deshalb erforderlich sein, weil sich frühere Gegebenheiten - z.B. die Umweltbelastung nach Beseitigung emittierender Gegenstände oder der Gesundheitszustand vor der streitigen Behandlung - im Nachhinein regelmäßig nicht oder jedenfalls nicht zuverlässig feststellen lassen.

 

 

20

b) Die Intention, der ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Steuervorteilen entgegenzuwirken (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 2.4.1998 III R 67/97, BFHE 186, 79, BStBl II 1998, 613 = SIS 98 18 06; in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40, und vom 23.5.2002 III R 24/01, BFHE 199, 296, BStBl II 2002, 567 = SIS 02 84 94), trägt das formalisierte Nachweisverlangen nach Auffassung des erkennenden Senats jedoch nicht.

 

 

21

aa) Zum einen teilt der erkennende Senat die unbestimmte Sorge nicht, die freie Ärzteschaft neige dazu, Gefälligkeitsgutachten zu erstellen. Einen derartigen Generalverdacht vermag jedenfalls allein das regelmäßig von einem besonderen Vertrauen getragene Verhältnis zwischen Arzt und Patient nicht zu begründen. Auch ist das Verlangen nach einer amtsärztlichen oder vergleichbaren Stellungnahme zur Missbrauchsabwehr nicht erforderlich. Denn durch ein von einem Beteiligten vorgelegtes, beispielsweise vom behandelnden Arzt erstelltes Sachverständigengutachten kann der Nachweis der Richtigkeit des klägerischen Vortrags und damit der medizinischen Indikation einer Heilmaßnahme nicht geführt werden. Vielmehr ist ein von einem Beteiligten vorgelegtes Sachverständigengutachten im finanzgerichtlichen Verfahren lediglich als Privatgutachten zu behandeln und damit als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen (BFH-Beschluss vom 23.2.2010 X B 139/09, BFH/NV 2010, 1284 = SIS 10 15 37, m.w.N.). Das formalisierte Nachweisverlangen bewirkt lediglich eine Beschränkung der Beweismittel und steht damit im Widerspruch zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Die Beschränkung des Freibeweises ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass über gleichartige Sachverhalte in einer Vielzahl von Verfahren zu entscheiden ist und es sich bei der Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen im Rahmen des Zumutbaren der Nachweispflicht genügt ist, um eine rechtliche Wertung handelt. Zwar mag es dem BFH in diesem Bereich nicht verwehrt sein, Kriterien zur Konkretisierung von Nachweispflichten aufzustellen. Diese Befugnis findet aber jedenfalls ihre Grenzen, wenn ein Sachverhalt - wie vorliegend - aus anderen Quellen mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 7.11.1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34 = SIS 96 01 13). Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen nur ein Amtsarzt oder etwa der Medizinische Dienst einer öffentlichen Krankenversicherung nach § 278 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), nicht aber ein anderer Mediziner die erforderliche Sachkunde und Objektivität besitzen soll, um die medizinische Indikation von nicht nur für Kranke nützliche Maßnahmen sachverständig beurteilen zu können.

 

 

22

bb) Zum anderen vermag der erkennende Senat die Notwendigkeit eines vor Beginn einer medizinischen Behandlung erstellten Gutachtens nicht zu erkennen. Schon bisher hat der BFH ein nachträgliches - wenn auch in der Regel amtsärztliches - Attest zum Nachweis der medizinischen Indikation genügen lassen, wenn vom Steuerpflichtigen nicht erwartet werden konnte, dass er die Notwendigkeit der vorherigen amtsärztlichen Begutachtung erkennt, weil der BFH erstmals ein derartiges Erfordernis für bestimmte Aufwendungen aufgestellt hat (z.B. BFH-Urteile in BFHE 195, 144, BStBl II 2001, 543 = SIS 01 08 40; vom 17.12.1997 III R 35/97, BFHE 185, 34, BStBl II 1998, 298 = SIS 98 10 04). Ferner hat der BFH ein nachträgliches Attest zugelassen, wenn aufgrund der besonderen Verhältnisse in den neuen Bundesländern in einer Übergangsphase ein unverschuldeter Beweisnotstand zuzubilligen war (BFH-Urteile in BFHE 186, 79, BStBl II 1998, 613 = SIS 98 18 06, und vom 10.10.1996 III R 118/95, BFH/NV 1997, 337 = SIS 97 08 03). Darüber hinaus konnte ein nachträgliches Attest ausnahmsweise ausreichen, wenn der Amtsarzt den früheren Gesundheitszustand aufgrund von apparatemedizinischen Befunden zuverlässig beurteilen kann (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1841 = SIS 07 32 08).

 

 

23

Diese Unterscheidung erscheint dem erkennenden Senat nicht sachgerecht. Insbesondere die zuletzt genannte Ausnahme verlangt ein hohes Maß an medizinischem Sachverstand, der Finanzbehörden und Finanzgerichten regelmäßig fehlt. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist daher angezeigt, vom Verlangen einer vorherigen Begutachtung Abstand zu nehmen (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2001 14 K 217/00, EFG 2002, 467 = SIS 02 57 04) und zu den allgemeinen Beweisregeln zurückzukehren.

 

 

24

cc) Danach hat der Steuerpflichtige die Entstehung außergewöhnlicher Belastungen zur Überzeugung des Gerichts nachzuweisen. Als Nachweisverpflichteter trägt er das Risiko, dass ein gerichtlich bestellter Sachverständiger im Nachhinein die medizinische Indikation der streitigen Behandlung möglicherweise nicht mehr verlässlich feststellen kann. Dieser Gefahr kann der Steuerpflichtige entgehen, wenn er vor Beginn der Behandlung auf eigene Initiative ein amts- oder vertrauensärztliches Zeugnis einholt oder im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens gemäß § 155 FGO i.V.m. §§ 485 ff. der Zivilprozessordnung die medizinische Indikation der Heilbehandlung feststellen lässt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 130, 54, BStBl II 1980, 295 = SIS 80 01 59, und vom 30.4.1981 VI R 123/80, juris). Die Entscheidung, eine vorherige Begutachtung durchführen zu lassen, obliegt jedoch dem Steuerpflichtigen als dem Herrn des finanzgerichtlichen Verfahrens und darf nicht von der Rechtsprechung zum ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal erhoben werden (s. auch BVerfG-Beschluss in BStBl II 1996, 34 = SIS 96 01 13).

 

 

25

4. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist.

 

 

26

a) Das FG wird im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob die Lese- und Rechtschreibschwäche im konkreten Fall Krankheitswert besitzt. Wenn eine solche Legasthenie im engeren Sinn einer medizinisch indizierten Behandlung unterworfen wird, können die entsprechenden Kosten unmittelbare Krankheitskosten sein. Dies gilt dann auch für Kosten einer auswärtigen Internatsunterbringung, selbst wenn diese zugleich der schulischen Ausbildung dient. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG steht dem Abzug des Schulgelds als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 Abs. 1 EStG in einem solchen Fall nicht entgegen (BFH-Beschluss vom 17.4.1997 III B 216/96, BFHE 183, 139, BStBl II 1997, 752 = SIS 97 15 05). Kosten, die um der schulischen Förderung des Kindes willen aufgewendet werden, sind allerdings nicht nach § 33 EStG anzuerkennen, auch wenn der Besuch der - auswärtigen - Schule aus sozialen, psychologischen oder pädagogischen Gründen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 17.7.1981 VI R 105/78, BFHE 133, 550 = SIS 81 22 56; vom 1.12.1978 VI R 149/75, BFHE 126, 302, BStBl II 1979, 78 = SIS 79 00 42, und vom 16.5.1975 VI R 132/72, BFHE 116, 130, BStBl II 1975, 536 = SIS 75 03 18). Derartige Aufwendungen sind lediglich als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG beschränkt abziehbar. Bei dieser Prüfung hat sich das FG zugleich zu vergegenwärtigen, dass Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung typisierend als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit des Grundes und der Höhe nach bedarf, wenn die Maßnahmen medizinisch indiziert sind. Weiter ist zu beachten, dass nicht nur das medizinisch Notwendige im Sinne einer Mindestversorgung von der Heilanzeige erfasst wird. Medizinisch indiziert (angezeigt) ist vielmehr jedes diagnostische oder therapeutische Verfahren, dessen Anwendung in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt (angezeigt) ist (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 259. Auflage, Indikation). Dieser medizinischen Wertung hat die steuerliche Beurteilung zu folgen.

 

 

27

b) Die erforderlichen Feststellungen hat das FG nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu treffen. Es hat dabei zu berücksichtigen, dass ein von einem Beteiligten vorgelegtes Sachverständigengutachten im finanzgerichtlichen Verfahren lediglich als Privatgutachten zu behandeln und damit als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen ist. Ein solches Gutachten kann daher nicht als Nachweis für die Richtigkeit des klägerischen Vortrags gewertet werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1284 = SIS 10 15 37, m.w.N.). Da weder das FA noch das FG die Sachkunde besitzen, um die medizinische Indikation der den Aufwendungen zugrundeliegenden Maßnahme zu beurteilen, ist das FG aufgrund seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung (§ 76 FGO) gehalten, gegebenenfalls von Amts wegen ein entsprechendes Gutachten zu erheben.

 

 

28

c) Der erkennende Senat weist weiter darauf hin, dass der Umstand, dass die Kläger ihren Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Menschen gemäß § 35a SGB VIII (KJHG) beim zuständigen Jugendamt nicht weiter verfolgt haben, vorliegend dem Abzug der streitigen Kosten als außergewöhnliche Belastung nicht entgegensteht.

 

 

29

aa) Zwar können Aufwendungen den Charakter der Zwangsläufigkeit verlieren, wenn der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Ersatz oder Erstattung von Krankheitskosten nicht geltend macht (BFH-Urteil in BFHE 183, 476, BStBl II 1997, 805 = SIS 98 03 08). Nach Auffassung des Senats besteht die Verpflichtung zur vorrangigen Inanspruchnahme anderer Ersatzmöglichkeiten allerdings nur im Rahmen der Zumutbarkeit (BFH-Urteil vom 20.9.1991 III R 91/89, BFHE 165, 525, BStBl II 1992, 137 = SIS 92 02 05, m.w.N.).

 

 

30

bb) Auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen, etwa nach dem SGB VIII, kann der Steuerpflichtige jedoch nicht verwiesen werden. Die Möglichkeit, - u.U. auch einkommensunabhängige - staatliche Transferleistungen zu erlangen, lässt die Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten nicht entfallen. Denn nur das disponible Einkommen darf der Einkommensteuer unterworfen werden. Deshalb ist der existenznotwendige (Familien)Bedarf, zu dem auch Aufwendungen zur Heilung und Linderung von Krankheiten zählen (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1841 = SIS 07 32 08; HHR/Kanzler, § 33 EStG Rz 6; Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz A 1; Schmidt/Loschelder, EStG, 29. Aufl., § 33 Rz 14), steuerfrei zu stellen. Im Übrigen wäre es mit den auch gerade im Steuerrecht Geltung beanspruchenden Grundsätzen der Folgerichtigkeit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (vgl. dazu BVerfG-Beschluss vom 7.11.2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 <31> = SIS 07 06 26, m.w.N.) unvereinbar, den Steuerpflichtigen vorliegend auf die Inanspruchnahme von Staatsleistungen zu verweisen. Außerdem besitzt im freiheitlichen Rechtsstaat des Grundgesetzes die selbstbestimmende Existenzsicherung Vorrang vor staatlichen Transferleistungen. Der Staat darf dem Bürger nicht auf der einen Seite das für die Bestreitung seiner eigenen Existenz erforderliche Einkommen durch Besteuerung entziehen, um ihm in einem zweiten Schritt durch staatliche Leistungen sein wirtschaftliches Dasein zu sichern (BVerfG-Beschluss vom 25.9.1992 2 BvL 14/91, BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413 = SIS 92 21 01, zu C.I.3.b).

 

 

31

d) Ein zusätzlicher Ausbildungsfreibetrag wegen auswärtiger Unterbringung des Kindes steht dem Steuerpflichtigen nicht zu. Der Senat entnimmt dies der Regelung des § 33a Abs. 5 EStG, durch die eine doppelte Steuerermäßigung, nach § 33 und § 33a EStG, vermieden werden soll (BFH-Urteile vom 17.12.2009 VI R 63/08, BFHE 227, 487, BStBl II 2010, 341 = SIS 10 02 66, und vom 26.6.1992 III R 8/91, BFHE 169, 37, BStBl II 1993, 278 = SIS 92 22 07).

 

 

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

In den Grenzbereichen medizinische Behandlung – Gesundheitsvorsorge empfiehlt es sich daher, wie schon bisher vor der Behandlung eine amtsärztliche Begutachtung einzuholen. Die vom BFH nunmehr eröffnete Möglichkeit der Nachreichung eines nachträglichen amtsärztlichen Attests hilft in allen Fällen nicht weiter, in denen dem Amtsarzt wegen Zeitablaufs oder zwischenzeitlicher Veränderung des Gesundheitszustands eine nachträgliche Begutachtung des Zustands vor Beginn der Maßnahme nicht mehr möglich erscheint.Ergänzend hebt die Entscheidung noch Folgendes hervor:

Grundsätzlich fehlt die Zwangsläufigkeit, wenn der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Ersatz von Krankheitskosten nicht geltend macht, z.B. gegen seine Krankenversicherung. Die Verpflichtung zur Inanspruchnahme anderweitiger Ersatzmöglichkeiten gilt jedenfalls im Rahmen der Zumutbarkeit. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht beim Verzicht auf staatliche Transferleistungen (Sozialleistungen nach dem SGB VIII). Wie der BFH bekräftigt, besitzt im freiheitlichen Rechtsstaat die selbstbestimmende Existenzsicherung Vorrang vor staatlichen Transferleistungen.

Den Klägern steht kein zusätzlicher Ausbildungsfreibetrag wegen auswärtiger Unterbringung zu, da eine doppelte Steuerermäßigung – nach § 33 und § 33a EStG – ausgeschlossen ist (§ 33a Abs. 5 EStG).Schließlich legt der BFH § 122 Abs. 2 FGO dahin aus, dass der dem Verfahren beigetretene BMF nicht auf einer mündlichen Verhandlung bestehen kann, wenn die Kläger und das FA (die originär Beteiligten) auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (ebenso das Urteil gleichen Datums VI R 16/09 = SIS 11 01 53).