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Kosten behinderungsbedingter Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastungen

Kosten behinderungsbedingter Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastungen: 1. Kosten für die behinderungsbedingte Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Einrichtung können außergewöhnliche Belastungen sein. - 2. Ist das FG auf Grund eines von einem fachkundigen Arzt erstellten Gutachtens von der Notwendigkeit der Unterbringung überzeugt, bedarf es nicht mehr eines amtsärztlichen Attestes. - Urt.; BFH 9.12.2010, VI R 14/09; SIS 11 08 87

Kapitel:
Privatbereich > Behinderte
Fundstellen
  1. BFH 09.12.2010, VI R 14/09
    BStBl 2011 II S. 1011
    DStR 2011 S. 569
    NJW 2011 S. 1904
    LEXinform 0179900

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 30.11.2011
    -/- in NWB 13/2011 S. 1035
    St.Sch. in BFH/PR 6/2011 S. 222
    KAM in Stbg 8/2011 S. M 11
    B.K. in Stbg 12/2011 S. M 1
Normen
[EStG] § 33
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Köln, 29.11.2007, SIS 09 18 08, Außergewöhnliche Belastung, Heimunterbringung, Nachweis, Pflege, Behinderung
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Köln 30.9.2020, SIS 21 04 82, Aufwendungen für die Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft: 1. Die Unterbringung eines 50-jährige...
  • FG Münster 11.12.2017, SIS 18 03 15, Kosten für einen privaten Sicherheitsdienst als außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen für einen priv...
  • BFH 4.10.2017, SIS 17 21 51, Aufwendungen für die Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim, Ansatz einer Haushaltsersparnis für be...
  • BFH 30.3.2017, SIS 17 11 98, Aufwendungen für die Beschäftigung von privaten Arbeitskräften durch eine vollstationär untergebrachte Pe...
  • FG Nürnberg 4.5.2016, SIS 16 17 93, Kürzung der Heimunterbringungskosten um einen Haushaltsersparnisbetrag: Werden Heimunterbringungskosten a...
  • BFH 14.11.2013, SIS 14 13 14, Aufwendungen für die Unterbringung im Seniorenwohnstift als außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen fü...
  • BFH 14.11.2013, SIS 14 08 63, Aufwendungen für die Unterbringung im Seniorenwohnstift als außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen fü...
Fachaufsätze
  • LIT 02 31 74 B. Kaminski, Stbg 12/2011 S. M 1: Über Steuergesetzgebung und Steuermoral - Gesetzliche Korrektur des BFH-Urteils vom 9.12.2010, VI R 14/09...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Der 1939 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist durch Beschluss des Amtsgerichts (AG) X vom 9.1.1960 wegen Geistesschwäche entmündigt worden. 1993 bestellte das AG Y seine Schwester zur Regelung aller Angelegenheiten als Betreuerin. Auf Anforderung des AG Y erstellte der Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie am 1.12.2000 ein „nervenärztliches Gutachten“ über den Kläger. Darin heißt es u.a.:

 

 

2

„Das Denkvermögen ist aufgrund der Intelligenzminderung eingeschränkt. Kompliziertere Denkvorgänge kann Herr ... nicht vollziehen. Er kann seinen Namen schreiben, kann auch einfache Drei-Wort-Sätze schreiben. Auch einfache Rechenaufgaben im Zahlenbereich bis 20 kann er durchführen und er kann bis über 100 zählen. Er kann mit Messer und Gabel essen, muss zur Körperpflege nicht besonders angehalten werden, räumt sein Zimmer auf und hält Ordnung.

 

 

3

Die intellektuellen Umstellungsfähigkeiten sind gering. Ausgeprägt neue Aufgaben kann er nicht selbständig lösen. Er ist hier auf die Hilfe der Betreuer und auf ein förderndes und stabiles Umfeld angewiesen.

 

 

 

4

Insgesamt möchte ich die an mich gestellten Fragen wie folgt beantworten:

 

 

1.

Bei Herrn ... liegt eine geistig und seelische Behinderung vor.

 

 

2.

Diagnostisch handelt es sich um eine frühkindliche Hirnschädigung mit intellektueller Einschränkung vom Grad einer Imbezilität.

 

 

3.

Meine Diagnosen beruhen auf der Kenntnis des Untersuchten seit 1977 und erneuten nervenärztlichen Untersuchungen am 30.8. und 27.11.2000.

 

 

4.

Herr ... ist nicht in der Lage, die nachfolgenden Bereich[e] selbst zu besorgen: Gesundheitsfürsorge, Bestimmung des Aufenthaltes, Wohnungsangelegenheiten und Vermögensangelegenheiten.

 

 

...

 

 

6.

Die seelisch-geistige Behinderung wird bei Herrn ... lebenslang bestehen.

 

 

7.

Weitere Hilfsmöglichkeiten, die eine Betreuung ganz oder teilweise entbehrlich machten, bestehen nicht.“

 

5

Der Kläger lebt seit 1977 in einer sozial-therapeutischen Einrichtung für geistig behinderte Menschen in Y. Durch seine Arbeit in den sozial-therapeutischen Werkstätten dieser Einrichtung bezog er im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielte er Einkünfte aus Rentenbezügen, Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (2003) machte er die Kosten der Heimunterbringung in Höhe von 20.420 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) lehnte dies ab, weil der Kläger seine Pflegebedürftigkeit nicht hinreichend nachgewiesen habe.

 

 

6

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in EFG 2009, 1647 = SIS 09 18 08 veröffentlichten Gründen statt.

 

 

7

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

 

8

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

9

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

10

II. Die Revision des FA ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

 

 

11

Das FG hat zu Recht die streitigen Heimunterbringungskosten des Klägers als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt.

 

 

12

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, können nicht nochmals nach § 33 EStG berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 15.4.2010 VI R 51/09, BFHE 229, 206, BStBl II 2010, 794 = SIS 10 18 72, m.w.N.). Krankheitskosten sind regelmäßig eine außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG.

 

 

13

a) Zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim. Liegt ein durch Krankheit veranlasster Aufenthalt in einem Heim vor, stellen sich die Aufwendungen für die Heimunterbringung als Krankheitskosten dar (BFH-Urteile vom 24.2.2000 III R 80/97, BFHE 191, 280, BStBl II 2000, 294 = SIS 00 07 50; vom 23.5.2002 III R 24/01, BFHE 199, 296, BStBl II 2002, 567 = SIS 02 84 94; vom 18.4.2002 III R 15/00, BFHE 199, 135, BStBl II 2003, 70 = SIS 02 85 76; s. auch R 33.3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 2008). Es gelten die allgemeinen Grundsätze über die Abziehbarkeit von Krankheitskosten (Schmidt/Loschelder, EStG, 29. Aufl., § 33 Rz 35, Stichwort Altersheim).

 

 

14

b) Nach diesen Grundsätzen sind die Aufwendungen des Klägers als Krankheitskosten abziehbar. Das FG hat unter Bezugnahme auf das im Rahmen des Betreuungsverfahrens vorgelegte ärztliche Gutachten nach § 118 Abs. 2 FGO für das Revisionsgericht bindend festgestellt, dass der Kläger im Streitjahr krankheitsbedingt im Heim untergebracht war. Das FG hat zu Recht kein amtsärztliches Attest verlangt (BFH-Urteil in BFHE 199, 296, BStBl II 2002, 567 = SIS 02 84 94; s. im Übrigen zur Notwendigkeit der Vorlage eines amtsärztlichen Attests Senatsentscheidung vom 11.11.2010 VI R 17/09, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2011, 503 = SIS 11 01 54). Dem Abzug der Kosten steht nicht entgegen, dass dem Kläger keine Pflegekosten in Rechnung gestellt worden sind (vgl. Senatsentscheidung vom 13.10.2010 VI R 38/09, BFHE 231, 158 = SIS 10 42 46).

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Auch wenn für das bisherige Verlangen eines amtsärztlichen Attests keine gesetzliche Grundlage besteht, hängt die Entscheidung in Grenzfällen von der überzeugenden Darstellung ab, dass die Unterbringung aus Krankheitsgründen – nicht aus Gründen der Lebensführung – erfolgt ist. Im Zweifel dürfte sich daher nach wie vor eine amtsärztliche Begutachtung empfehlen.